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Kreise ziehen - Freundeskreis Missionarischer Dienste eV

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Hauskreise<br />

Zwischen Individualität und Großgemeinde<br />

Sie suchen für Ihre Gemeinde ein Praxismodell, das zeitgemäß<br />

und flexibel ist, vor allem 30-60 Jährige aus den unterschiedlichen<br />

Milieus anspricht, Sprachfähigkeit in Fragen und Antworten des<br />

Glaubens und die Spiritualität der Teilnehmenden fördert, kaum<br />

etwas kostet und ohne Hauptamtliche durchgeführt wird, einladend<br />

ist, für sich selber wirbt und so eine missionarische Dimension enthält,<br />

also das Priestertum aller Glaubenden umsetzt?<br />

Hauskreise als erprobte kleine christliche Gemeinschaften können<br />

eine positive Antwort auf die gegenwärtigen gesellschaftlichen und<br />

kirchlichen Entwicklungen sein.<br />

„Umgepflügt!“: die Lage der Kirche<br />

Die heutige Situation der Volkskirchen klingt dramatisch: jedes Jahr<br />

treten etwa 300.000 Protestanten aus der evangelischen Kirche<br />

aus. Immer weniger Kinder werden getauft, auch weil die Geburtenrate<br />

seit Jahren sinkt. Letzteres führt dazu, dass insgesamt die<br />

Bevölkerung in Deutschland immer älter wird. Das Sinken der Kirchenmitgliedszahlen<br />

und die Steuerreformen verringern die Kirchensteuereinnahmen<br />

drastisch und zwingen die Landeskirchen zu einschneidenden<br />

Einsparungen und zum Nachdenken über neue Wege<br />

zu den Menschen, zu den Konfessionslosen und den eigenen (oft<br />

‚distanzierten’) Mitgliedern. Kirchen und Gemeindehäuser werden<br />

multifunktional genutzt. Gemeinden bilden Regionen. Pastorinnen<br />

und Pastoren versuchen, durch Kooperationen die Mehrarbeit aufzufangen.<br />

Ehrenamtliche werden intensiver gesucht und gefördert.<br />

„In einer Situation, in der sich überlieferte volkskirchliche Strukturen<br />

immer weniger als tragfähig erweisen und Christen in die Rolle einer<br />

‚kognitiven’ Minderheit inmitten einer andersgläubigen bzw. nichtgläubigen<br />

Umwelt hineinwachsen, gewinnen Hauskreise und andere<br />

Kleinstgemeinden eine wachsende Bedeutung für den Gemeindeaufbau<br />

wie für die Darstellung und Fortexistenz von Kirche überhaupt.“<br />

( K.-H. Bieritz / Chr. Kähler )<br />

Parallel dazu hat sich für alle spürbar die gesellschaftliche Situation<br />

verändert. Während die einen noch vom Übergang des modernen<br />

Zeitalters in die Postmoderne reden, sehen andere den Wandel schon<br />

vollzogen und „das Ende der Spaßgesellschaft“ (P. Scholl-Latour)<br />

eingeläutet.<br />

„Zusammenfassend kann man sagen, dass Individualisierung ein<br />

Bedürfnis nach Informationen schafft sowie nach Orten, an denen<br />

Menschen frei und offen Gedanken austauschen können; zugleich<br />

auch nach Orten, an denen sie gastfreundliche Aufnahme finden, an<br />

denen sie nicht auf eine ihrer Rollen angesprochen werden, sondern<br />

wo man ihnen als Menschen, als einmaligen Personen begegnet“.<br />

(J. Hendriks)<br />

Martin Römer<br />

Pastor im Haus kirchlicher <strong>Dienste</strong>, Hannover<br />

Fachgebiet Missionarische <strong>Dienste</strong><br />

Hauskreise als kleine christliche Gemeinschaften<br />

Als Reaktion auf die Bedingungen in Gesellschaft und Kirche haben<br />

sich in der Kirchengeschichte immer wieder kleine christliche Gemeinschaften<br />

gebildet. Vor allem Gruppen von Christen, die sich in<br />

ihren eigenen Häusern trafen, Hausgemeinden oder -kirchen oder<br />

-kreise, werden immer wieder erwähnt.<br />

Im Neuen Testament (vgl. Röm 16,5; 1. Kor 16,19; Phlm 2; Kol 4,15<br />

und vor allem Apg 2,46) und in den ersten Jahrhunderten des Christentums<br />

war das antike Haus Arbeits- und Lebensmittelpunkt und<br />

damit auch Treffpunkt für Christen, um gemeinsam Schriften zu lesen,<br />

zu beten, zu essen und Gottesdienst zu feiern.<br />

Martin Luther wünschte sich in seiner Vorrede zur Schrift „Deutsche<br />

Messe“ (1526) neben der Messe in lateinischer Sprache und dem<br />

Gemeindegottesdienst in deutscher Sprache einen davon unterschiedenen<br />

Gottesdienst ernsthafter Christen. „Die dritte Weise […]<br />

dürfte nicht so öffentlich auf dem Platz unter allerlei Volk geschehen.<br />

Sondern diejenigen, die mit Ernst Christen sein wollen und das<br />

Evangelium mit der Tat und dem Munde bekennen, müssten sich mit<br />

Namen (in eine Liste) einzeichnen und sich etwa in einem Haufen für<br />

sich allein versammeln zum Gebet, (die Schrift) zu lesen, zu taufen,<br />

das Sakrament zu empfangen und andere christliche Werke zu üben.“<br />

Fast alle in den letzten Jahrzehnten zahlreich publizierten Gemeindeaufbau-<br />

und –entwicklungsmodelle von Fritz Schwarz („Überschaubare<br />

Gemeinde“) bis Bill Hybels (Willow Creek) enthalten verschiedene<br />

Vorschläge von ganzheitlich ausgerichteten Kleingruppen, in<br />

denen gemeinsam gelebt und geglaubt wird und die sich für andere<br />

einsetzen. Für die Basisgemeinden in Lateinamerika als auch die<br />

wachsenden Kirchen Asiens und die katholische Kirche in Südafrika<br />

sind „small christian (faith) com(m)unities“, in denen man sich austauscht<br />

und Glauben für den Alltag übersetzt, fundamental wichtig.<br />

Sie intensiveren und expandieren das Gemeindeleben. Ausgehend<br />

von der Voraussetzung, dass Christen nur in der Gemeinschaft existieren<br />

und nur kleinere verbindliche Gruppen jeden Einzelnen in<br />

einer Gemeinde umfassend betreuen können, haben sich in neuerer<br />

Zeit Zellgruppengemeinden gebildet und andere der Gemeindepflanzungsbewegung<br />

angeschlossen.<br />

fmd impulse 120<br />

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