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Nr. 323<br />
Zeitschrift für Bonner Studieren<strong>de</strong><br />
<strong>akut</strong><br />
Zeitschrift <strong>de</strong>s Studieren<strong>de</strong>nparlaments <strong>de</strong>r Universität Bonn<br />
Zeitschrift <strong>de</strong>s Studieren<strong>de</strong>nparlaments <strong>de</strong>r Universität Bonn<br />
II / 2010<br />
Vel:<br />
Ad :<br />
Vulputate:<br />
Lebenswege<br />
Ausgangspunkt Uni:<br />
Eine Reise durch die<br />
große Welt <strong>de</strong>r<br />
Möglichkeiten<br />
Warum in Gottes Namen?<br />
Lars Spohr will Priester wer<strong>de</strong>n.<br />
1. Ausgabe für das Wintersemester 2010/11<br />
WM 2010:<br />
Deutschland krankte am Schlandfi eber.<br />
<strong>akut</strong>-<strong>bonn</strong>.<strong>de</strong><br />
Buhrow über Bonn:<br />
„nur ein Mosaiksteinchen“
<strong>akut</strong><br />
Von Moritz Altner<br />
In medias res<br />
Wir befin<strong>de</strong>n uns im Januar <strong>de</strong>s Jahres<br />
2011. Die ganze Uni ist im Wahlkampf...<br />
Die ganze Uni? Nein! Ein von unbeugsamen<br />
Nichtwählern bevölkerter Campus<br />
hört nicht auf, <strong>de</strong>n Wahlkämpfern<br />
passiven Wi<strong>de</strong>rstand zu leisten.<br />
Wahre Vision o<strong>de</strong>r böser Traum?<br />
Diverse Wahlen zum Studieren<strong>de</strong>nparlament<br />
haben eines gemeinsam: Die<br />
Wahlbeteiligung ist erschreckend niedrig.<br />
Dieses Phänomen tritt nicht nur an<br />
<strong>de</strong>r Universität Bonn auf, es lässt sich vielerorts<br />
beobachten. Doch trotz<strong>de</strong>m sollten,<br />
ja müssen wir stutzig wer<strong>de</strong>n und<br />
mit jenen Fragen um uns werfen, welche<br />
uns schon <strong>de</strong>r Vorspann <strong>de</strong>r Sesamstraße<br />
lehrte: Wieso? Weshalb? Warum?<br />
Das Studieren<strong>de</strong>nparlament ist nicht<br />
<strong>de</strong>r Bun<strong>de</strong>stag, seine Befugnisse sind begrenzt,<br />
aber immerhin zahlen Studieren<strong>de</strong><br />
Steuern (Stu<strong>de</strong>ntenschafts-Beitrag)<br />
und haben - je<strong>de</strong>nfalls theoretisch - ein<br />
Interesse daran, zu bestimmen, was mit<br />
ihrem Geld geschieht. Eine Möglichkeit<br />
dazu bietet sich bei <strong>de</strong>n Wahlen zum 33.<br />
Studieren<strong>de</strong>nparlament <strong>de</strong>r Universität<br />
Bonn. Je<strong>de</strong> und je<strong>de</strong>r Studieren<strong>de</strong> hat<br />
das aktive und passive Wahlrecht und<br />
- Anzeige -<br />
Erwünscht. Der gute Vorsatz zum neuen Jahr<br />
kann sich einmischen - als Mitglied einer<br />
stu<strong>de</strong>ntischen Liste, als Einzelbewerber_<br />
in und nicht zuletzt als Wähler_in.<br />
Im kommen<strong>de</strong>n Januar steht nun also<br />
die Wahl zum Studieren<strong>de</strong>nparlament<br />
an. Wir wollen, dass die Wahlbeteiligung<br />
steigt, dass diese Wahl eine Wahl wird,<br />
die die ganze Universität beschäftigt.<br />
Willst du das auch? Dann mach mit!<br />
Wen<strong>de</strong> dich an <strong>de</strong>n Wahlausschuss.<br />
Dieser wird von Studieren<strong>de</strong>n gebil<strong>de</strong>t,<br />
die sich <strong>de</strong>r Organisation und <strong>de</strong>r Leitung<br />
<strong>de</strong>r Wahlen annehmen und <strong>de</strong>nen<br />
keine Frage zu blöd ist.<br />
Summe nostalgisch <strong>de</strong>n Sesamstraßenhit,<br />
lasse <strong>de</strong>ine Fragewut an <strong>de</strong>n<br />
Tasten aus und schicke <strong>de</strong>ine Mails zum<br />
Thema Studieren<strong>de</strong>nparlamentswahlen<br />
an sp-wahl@uni-<strong>bonn</strong>.<strong>de</strong>.<br />
Und natürlich berichten auch wir im<br />
Januar ausführlich mit einer eigenen<br />
Ausgabe über die Wahl zum 33. Studieren<strong>de</strong>nparlament<br />
<strong>de</strong>r Universität Bonn -<br />
Helfer_innen willkommen!
Angesagt. Editorial<br />
Moritz Altner<br />
Chefredakteur <strong>de</strong>r <strong>akut</strong><br />
Kommilitoninnen und<br />
Liebe Kommilitonen, nun habt<br />
ihr Gewissheit: Die vergangene Ausgabe<br />
<strong>de</strong>r <strong>akut</strong> war kein One-Hit-Won<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>nn<br />
ihr haltet schon die zweite in euren Hän<strong>de</strong>n.<br />
Entstan<strong>de</strong>n in schweißtreiben<strong>de</strong>r<br />
und nächtelanger Arbeit, begleitet durch<br />
<strong>de</strong>n motivieren<strong>de</strong>n Sound von WDR 4.<br />
Selbstverständlich geht es auch in diesem<br />
Heft darum, das Studieren<strong>de</strong>nleben<br />
in Bonn zu un-<br />
tersuchen. Wie<br />
gehabt fügen<br />
sich aktuelle<br />
M e l d u n g e n<br />
zur Hochschulpolitik<br />
in die<br />
Themenlandschaft<br />
<strong>de</strong>r Ausgabe.<br />
Das war<br />
diesmal garnicht<br />
schwer;<br />
<strong>de</strong>nn: Es geht<br />
um das pure Leben und insbeson<strong>de</strong>re<br />
um die verschie<strong>de</strong>nen Richtungen, die<br />
Studieren<strong>de</strong> einschlagen, um sich ihren<br />
persönlichen Weg zu bahnen. Studium,<br />
Karriere, Kin<strong>de</strong>r, Haus - das kann, muss<br />
aber nicht <strong>de</strong>r Weg zum Glück sein. Da-<br />
mp mpressum<br />
<strong>akut</strong> - Zeitschrift <strong>de</strong>s Studieren<strong>de</strong>nparlaments <strong>de</strong>r Universität Bonn<br />
Anschrift <strong>de</strong>r Redaktion: <strong>akut</strong>, Nassestr. 11, 53113 Bonn<br />
redaktion@<strong>akut</strong>-<strong>bonn</strong>.<strong>de</strong><br />
Herausgeber: Studieren<strong>de</strong>nparlament Studieren<strong>de</strong>nparlament <strong>de</strong>r Universität Bonn<br />
Redaktion: Redaktion: Moritz Moritz Altner (V.i.S.d.P.), Jule Böttner, Daniel Engelke, Leonard Feld,<br />
Anne Goertz, Katja Haberlandt, Lisa Homann, Jonas Jossen,<br />
Donya Kazemi und Torben Klausa<br />
Titelfoto:<br />
Sara Borgioni<br />
her haben wir mit Menschen gesprochen,<br />
die nicht diesem Diktum <strong>de</strong>r Gesellschaft<br />
folgend ihr Leben beschreiten. Verheiratete<br />
Studieren<strong>de</strong> mit Kind (S. 10), ein<br />
zukünftiger Priester (S. 12) und die Fernsehgröße<br />
Tom Buhrow (S. 8) beschreiben<br />
ihre Lebensentwürfe:<br />
Warum, weshalb und vor allem: Wie?<br />
Zu Leistungsdruck, perfekten Lebensläufen<br />
und Karriereknicks darf natürlich<br />
auch Wilhelm von Humboldt seinen Senf<br />
dazugeben (S. 16). Ihm wird schließlich<br />
in <strong>de</strong>r aktuellen Diskussion um <strong>de</strong>n Bildungsbegriff<br />
eine herausragen<strong>de</strong> Position<br />
zugewiesen.<br />
Ebenso herausragend war im vergangenen<br />
Sommer die Fußball-WM: Vuvuzela-tröten<strong>de</strong><br />
Hor<strong>de</strong>n auf Bonns Straßen,<br />
eine orakeln<strong>de</strong> Krake in Oberhausen und<br />
Vorzeigefußball <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Nationalmannschaft<br />
in Südafrika. Als Nachruf<br />
dazu ein unterhaltsam-kritischer Anti-<br />
Schland-Artikel ab Seite 5.<br />
Auch wer gelegentlich mit seinem<br />
Drahtesel für Ärger auf <strong>de</strong>r Straße sorgt,<br />
kann sich in dieser <strong>akut</strong> (S. 22) informieren:<br />
Der Rechtsanwalt Michael Homann<br />
klärt auf, wann Behör<strong>de</strong>n zur Kasse bitten.<br />
Ob rote Ampeln, Zebrastreifen o<strong>de</strong>r<br />
ausgestreckte Mittelfi nger: Hier ist für<br />
Gestaltung/Layout: Daniel Daniel Engelke, Moritz Moritz Altner und Torben Klausa Klausa<br />
Aufl age: 3.500 Exemplare<br />
Druck Druck und Verarbeitung: Druckla<strong>de</strong>n, Druckla<strong>de</strong>n, Euskirchenerstr. 30, 53121 53121 Bonn<br />
<strong>akut</strong><br />
je<strong>de</strong>n Verkehrssün<strong>de</strong>r etwas passen<strong>de</strong>s<br />
dabei.<br />
Darüber hinaus informiert Herr Professor<br />
Hillgruber über adrette Jurastu<strong>de</strong>ntinnen<br />
und <strong>de</strong>n Kult <strong>de</strong>r Hässlichkeit an<br />
<strong>de</strong>r Philosophischen Fakultät zu seiner<br />
Studienzeit (S.21).<br />
Unser Blick über <strong>de</strong>n Tellerrand hinaus<br />
ist in dieser Ausgabe auf <strong>de</strong>n Iran gerichtet.<br />
Einen Einblick in das Leben in Teheran<br />
kann <strong>de</strong>r interessierte Leser o<strong>de</strong>r die<br />
interessierte Leserin auf Seite 18 erhaschen.<br />
Nationale Grenzen gilt es auch bei <strong>de</strong>r<br />
stu<strong>de</strong>ntischen Initiative ESN zu überwin<strong>de</strong>n.<br />
Diese beför<strong>de</strong>rt und verwirklicht in<br />
Bonn mikrokosmisch die europäisch-makrokosmische<br />
Erasmus-I<strong>de</strong>e (S. 24).<br />
„Last“ aber <strong>de</strong>fi nitiv nicht „least“ stellen<br />
wir die Künstlerin Isabell Helger vor<br />
(S.26).<br />
Viel Spaß beim Blättern und Stöbern,<br />
Schmunzeln und Runzeln wünscht euch<br />
e<br />
u<br />
e<br />
r<br />
3
4<br />
<strong>akut</strong><br />
Inhaltsverzeichnis<br />
2<br />
3<br />
4<br />
5<br />
7<br />
8<br />
10<br />
12<br />
14<br />
16<br />
18<br />
20<br />
21<br />
22<br />
24<br />
25<br />
26<br />
28<br />
Erwünscht. Der gute Vorsatz zum Neuen Jahr<br />
Angesagt. Editorial<br />
Aufgeführt. Inhaltsverzeichnis<br />
Am Ball geblieben. Rassismus: Kein Märchen<br />
Verschoben. Senat verprellt Studieren<strong>de</strong><br />
Gemausert. Vom Sorgenfall zum Medienschall<br />
Geschaukelt. Das Ding mit <strong>de</strong>m Studium und <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong><br />
Begna<strong>de</strong>t. Auf <strong>de</strong>m Weg zum Priester<br />
Berufen. Bonner Mönche auf <strong>de</strong>m Kreuzberg<br />
Eingestan<strong>de</strong>n. Lernst du noch o<strong>de</strong>r lebst du schon?<br />
Unverhüllt. Eine iranische Momentaufnahme<br />
Ausgezahlt. Aktuelle Entwicklung <strong>de</strong>r Unifi nanzierung<br />
Rangezoomt. Profs in <strong>de</strong>n Blick genommen<br />
Verbockt. Regelmissachtung auf <strong>de</strong>m Drahtesel<br />
Angekommen. Hilfe für Erasmus-Studieren<strong>de</strong><br />
Unerhört. Ein Zwischenruf<br />
Einmalig. Die Kunstecke <strong>de</strong>r <strong>akut</strong><br />
Unterstützt. Werbeanzeige<br />
Aufgeführt. Inhaltsverzeichnis<br />
10 Lars<br />
Ups...<br />
Uns ist in <strong>de</strong>r letzten Ausgabe<br />
ein Fehler unterlaufen:<br />
Auf Seite 4 haben wir einen<br />
falschen Preis für das NRW-Ticket<br />
angegeben. Der richtige<br />
lautet 38,90€.<br />
Die zung - zu <strong>de</strong>r<br />
nächste Redaktionssit<br />
Du herzlich eingela<strong>de</strong>n bist<br />
- fi n<strong>de</strong>t irgendwann in <strong>de</strong>n<br />
Räumen <strong>de</strong>s AStA (Mensa<br />
Nassestraße 1. OG) statt. Näheres<br />
erfährst du auf unserer<br />
Internetseite<br />
www.<strong>akut</strong>-<strong>bonn</strong>.<strong>de</strong><br />
Spohr über<br />
Studium, Staat<br />
und Kirche<br />
Interview auf <strong>de</strong>r Terrasse <strong>de</strong>s Theologenkonvikts Collegium Albertinum am Bonner Rheinufer engelke-picture 2010
Am Ball geblieben. Rassismus. Kein Märchen<br />
Von Philip Saß, Marius Beckmann und Sven Schreiber<br />
Schland ist abgebrannt<br />
Eine völlig undiff erenzierte, wenig<br />
sachliche und eigentlich total überfl<br />
üssige Nachbetrachtung eines Fahnenmeeres<br />
vor, während und nach <strong>de</strong>r<br />
Fußball WM 2010.<br />
Patriotismus, Nationalismus - wie auch<br />
immer man es nennen mag - ungefährlich<br />
o<strong>de</strong>r harmlos? We<strong>de</strong>r noch! Nationen<br />
sind ein Produkt <strong>de</strong>s Nationalismus<br />
und <strong>de</strong>shalb kommen Erstere auch nie<br />
ohne Letzteren aus. Was zu Beginn <strong>de</strong>r<br />
nationalistischen Bewegungen im 19.<br />
Jahrhun<strong>de</strong>rt schon zu Antisemitismus<br />
und Franzosenhass führte und im Nationalsozialismus<br />
gipfelte, ist heute keineswegs<br />
aus allen Köpfen verschwun<strong>de</strong>n.<br />
Wer nicht <strong>de</strong>m nationalistischen Prinzip<br />
entspricht, wird nicht selten ausgegrenzt<br />
und sieht sich direkten Anfeindungen<br />
gegenübergestellt. Dass Großereignisse<br />
wie die WM entsprechend radikales<br />
Gedankengut beson<strong>de</strong>rs salonfähig machen,<br />
wissen natürlich auch die Neonazis<br />
und so verwun<strong>de</strong>rt es nicht, dass die<br />
NPD eigens zur WM zu einer Off ensive<br />
aufgerufen hat, um Patriotismus und Nationalismus<br />
<strong>de</strong>r Deutschen mal wie<strong>de</strong>r<br />
zu erwecken - auch wenn die Neonazis<br />
mittlerweile arge Probleme dabei haben:<br />
Gehören zu <strong>de</strong>n Leistungsträgern <strong>de</strong>r dt.<br />
Nationalmannschaft doch längst auch<br />
Spieler mit Migrationshintergrund. Im<br />
Folgen<strong>de</strong>n nun <strong>de</strong>r Versuch einer Chronik<br />
<strong>de</strong>s nationalen Ausnahmezustan<strong>de</strong>s:<br />
Es begann so um <strong>de</strong>n 15. Mai, „unser<br />
Kapitän“ wur<strong>de</strong> im englischen Pokalfi nale<br />
von Kevin<br />
Prince-Boateng,<br />
<strong>de</strong>m<br />
„Ballack-Treter“,umgewemst<br />
und<br />
löste damit<br />
eine bis da-<br />
hinbeispiel- lose nationale Solidaritätskampagne aus.<br />
Binnen weniger Stun<strong>de</strong>n bil<strong>de</strong>ten sich<br />
Dutzen<strong>de</strong> Facebookgruppen mit so ausgefallenen<br />
Namen wie „82.000.000 gegen<br />
Boateng“ o<strong>de</strong>r „Wenn sich K.P. Boateng<br />
noch 1x nach Dtl traut bring ich ihn<br />
um!“ und fan<strong>de</strong>n rasch erheblichen Zulauf.<br />
Freilich blieben die Reaktionen nicht<br />
beim zwar völlig überzogenen, aber zumin<strong>de</strong>st<br />
in Ansätzen nachvollziehbaren<br />
Nachtrauern um <strong>de</strong>n Ausfall Ballacks, sie<br />
[pixelio.<strong>de</strong>/eckwe]<br />
zeigten vielmehr, aus welcher Richtung<br />
<strong>de</strong>r Wind in einigen <strong>de</strong>utschen Hirnen<br />
zu wehen scheint: „Boah scheiß Boateng!<br />
Immer diese Auslän<strong>de</strong>r.<br />
Raus mit ihm! Tötet ihn! Der hat<br />
bestimmt Aids und steckt auch<br />
noch alle an.“ Usw. Stilvoll ärgerten<br />
sich nur wenige in <strong>de</strong>r Gruppe<br />
„82.000.000 gegen <strong>de</strong>n Zaun,<br />
<strong>de</strong>r Träsch die WM kostete“.<br />
Schnitt. 29. Mai, Lena und Stefan Raab<br />
bestritten in Oslo <strong>de</strong>n Eurovision Song<br />
Contest, als Isra-<br />
els Anrufer sich<br />
doch tatsächlich<br />
erdreisteten,<br />
<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />
Beitrag nicht<br />
mit Punkten zu<br />
be<strong>de</strong>nken. Was<br />
folgte, waren diverse<br />
antisemitische antisemitische Ausfälle bei Twitter<br />
und Konsorten, während sich die Sieger<br />
in Norwegen in die <strong>de</strong>utsche Flagge einwickelten<br />
und mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r glaubwürdig<br />
überrascht in die Kameras starrten.<br />
Um etwa die gleiche Zeit ließen sich<br />
die bekennen<strong>de</strong>n antisemitischen Opas<br />
<strong>de</strong>r Band Bonfi re mit ihrer doch ein wenig<br />
peinlichen Rock-Interpretation <strong>de</strong>r<br />
dt. Nationalhymne in <strong>de</strong>n Charts nie<strong>de</strong>r.<br />
„Die Freu<strong>de</strong> ist groß / woran es auch liegt /<br />
sie schwenken dazu ihre Fahnen,<br />
es geht wie<strong>de</strong>r los / sie singen ihr Lied /<br />
unschuldig wie einst ihre Ahnen.“<br />
(Blumfeld – Deutschland <strong>de</strong>r Deutschen)<br />
<strong>akut</strong><br />
Dann endlich begann die WM. Begleitet<br />
von <strong>de</strong>n üblichen chauvinistischen<br />
Vorurteilen – Südafrika = unsicher und<br />
unzuverlässig, weil: Neger – wur<strong>de</strong> das<br />
unsägliche Vorgeplänkel mit Superlativen<br />
abgeschlossen: Schon nach wenigen<br />
Spielen galt die WM als schwächste aller<br />
Zeiten, was zum einen sicher an einer verhältnismäßig<br />
torarmen Vorrun<strong>de</strong> gelegen<br />
haben mag. Zum an<strong>de</strong>ren aber machte<br />
gera<strong>de</strong> die BILD in einer Art Stellvertreterkrieg<br />
gegen die afrikanische Kultur<br />
mobil: Die Vuvuzela, ein Instrument, das<br />
in <strong>de</strong>n Stadien zum Anfeuern <strong>de</strong>r Teams<br />
verwen<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, galt <strong>de</strong>r Springerpresse<br />
plötzlich als ungeheuer „nervig“, in einer<br />
Überschrift wur<strong>de</strong> sie gar als Verantwortliche<br />
eines „Tröööööööt-Wahnsinns“<br />
ausgemacht. Online übrigens stand unter<br />
diesen Hasstira<strong>de</strong>n stets die <strong>de</strong>zente Eigenwerbung<br />
für eine „Fan-Vuvuzela“. Ob<br />
zu<strong>de</strong>m mitteleuropäische Gesänge betrunkener<br />
Männer eher eine Wohltat für<br />
die Ohren darstellen, sei dahingestellt.<br />
Der erste Aufreger in Deutschland<br />
ereignete sich in<strong>de</strong>s nach nur einer<br />
Halbzeit: ZDF-Mo<strong>de</strong>ratorin Katrin Müller-<br />
Hohenstein fragte <strong>de</strong>n „Experten“ Oliver<br />
Kahn, ob das Tor für Miroslav Klose nicht<br />
Dann endlich begann die WM. Begleitet<br />
von <strong>de</strong>n üblichen chauvinistischen<br />
Vorurteilen – Südafrika = unsicher und<br />
unzuverlässig, weil: Neger.<br />
„ein innerer Reichsparteitag“ sei, „jetzt<br />
mal ganz im Ernst“. Kahn wirkte kurz<br />
verdutzt, sammelte sich dann aber und<br />
meinte, dass <strong>de</strong>r Treff er in <strong>de</strong>r Tat eine<br />
„Erlösung“ gewesen sei.<br />
Die Medien beruhigten sich nach kurzer<br />
Hysterie zwar und meinten, dass diese<br />
Äußerungen eigentlich gar nicht so<br />
schlimm gewesen seien – <strong>de</strong>nnoch twitterte<br />
NPD-Depp Udo Voigt „Es wäre für<br />
mich ein ‚Innerer Reichsparteitag‘, wenn<br />
Katrin Müller-Hohenstein sich nicht entschuldigen<br />
wür<strong>de</strong>“.<br />
Bela Rethy, <strong>de</strong>r eigentlich auch nicht<br />
im Verdacht steht, übermäßig viele arische<br />
Verwandte zu haben, machte zu<strong>de</strong>m<br />
mit diff usen Äußerungen auf sich<br />
aufmerksam. Er sprach <strong>de</strong>n Nationalspielern<br />
mit Migrationshintergrund, also<br />
etwa Özil, die vielbeschworenen „<strong>de</strong>utschen<br />
Tugen<strong>de</strong>n“ ab – was sich als Gegenentwurf<br />
zu Jens Jeremies und somit<br />
5
6<br />
<strong>akut</strong> Am Ball geblieben. Rassismus. Kein Märchen<br />
als Kompliment lesen lässt, aber eben<br />
auch einen Nachgeschmack hinterlassen<br />
kann.<br />
Die Vorrun<strong>de</strong> schließlich stand das<br />
<strong>de</strong>utsche Nationalteam durch, tatkräftig<br />
unterstützt von einem Weichtier namens<br />
„Paul“. Nicht Mesut Özil o<strong>de</strong>r Sami Khedira<br />
waren die Ent<strong>de</strong>ckungen <strong>de</strong>r WM, son<strong>de</strong>rn<br />
die Krake eines Oberhausener Zoos,<br />
die verblüff en<strong>de</strong>rweise stets richtig tippte,<br />
und so im folgen<strong>de</strong>n Turnierverlauf<br />
immer mehr an Einfl uss gewann.<br />
Nahm es die britische Presse vor <strong>de</strong>m<br />
Achtelfi nale noch auf die leichte Schulter,<br />
dass „Paul“ auf <strong>de</strong>n Behälter mit <strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>utschen Flagge schwamm, sahen es<br />
argentinische Medien vor <strong>de</strong>m Viertelfi<br />
nale mit wenig Wohlwollen, dass sich<br />
„Paul“ auch gegen ihr Land entschied.<br />
Und so kam es, wie es kommen musste:<br />
Nicht Mesut Özil o<strong>de</strong>r Sami Khedira<br />
waren die Ent<strong>de</strong>ckungen <strong>de</strong>r WM,<br />
son<strong>de</strong>rn die Krake eines<br />
Oberhausener Zoos.<br />
„Geschmacklos! Die Argentinier drohen<br />
unserem Kraken-Orakel Paul mit <strong>de</strong>m<br />
Kochtopf, wollen ihn in die Paella schnippeln.“,<br />
schrieb die BILD. Als Paul vor <strong>de</strong>m<br />
Halbfi nale plötzlich Spanien bevorzugte,<br />
überdachte das Blatt seinen Standpunkt,<br />
berichtete in unnachahmlicher Bigotterie<br />
von „Fan-Wut“ und stellte die „witzigsten<br />
Sprüche, Rezepte und Kommentare zu<br />
Pauls Tipp“ online. Glücklicherweise behielt<br />
„Paul“ Recht und sein Leben. Das<br />
nächste <strong>de</strong>utsche Sommermärchen war<br />
hingegen ausgeträumt.<br />
Apropos: Wie war das mit <strong>de</strong>n <strong>de</strong>utschen<br />
Fans? War wie<strong>de</strong>r alles so friedlich<br />
wie 2006 bei <strong>de</strong>r WM im eigenen Land?<br />
Gab es Menschen, die weniger Glück als<br />
„Paul“ hatten?<br />
Kurze Antwort: Nein, es war kein friedliches<br />
und off enes Volksfest, wie man uns<br />
weismachen wollte. Der Konkret-<br />
Verlag veröff entlichte eine Übersicht<br />
von nationalistischen Übergriff en<br />
während <strong>de</strong>r WM, zusammengefasst<br />
kommt man auf min<strong>de</strong>stens drei<br />
Menschen, die ihr Leben für, wenn man<br />
so möchte, ihr Land lassen mussten. Beson<strong>de</strong>rs<br />
beliebte Angriff sziele waren<br />
hierbei Linke, Spanier und Farbige. Die<br />
Ursachen sind meist, neben einer ganzen<br />
Menge Alkohol, in Dummheit, Primitivität<br />
und nationaler Gesinnung zu suchen<br />
– außer<strong>de</strong>m ließen sich viele „Fans“ leicht<br />
provozieren: Es braucht keine Nie<strong>de</strong>rlage<br />
<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Mannschaft, um aus Menschen<br />
mit durchschnittlichem Bierkonsum<br />
und einer reaktionären Weltsicht<br />
pöbeln<strong>de</strong> Partyrassisten zu machen, es<br />
reicht, wenn Menschen<br />
in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>n<br />
Gegner anfeuern, o<strong>de</strong>r<br />
(s.o.) wenn sie schwarz,<br />
links o<strong>de</strong>r Spanier sind.<br />
O<strong>de</strong>r wenn sie zufällig<br />
im selben Zug fahren:<br />
So warf ein <strong>de</strong>utscher<br />
Fußballfan in Wurzen<br />
(Sachsen) ein 15 Jahre<br />
altes Mädchen aus <strong>de</strong>r<br />
Bahn, nach<strong>de</strong>m er bereits<br />
an<strong>de</strong>re Fahrgäste<br />
beschimpft hatte.<br />
Wi<strong>de</strong>rlicher aber<br />
waren noch diverse<br />
an<strong>de</strong>re Vorfälle, so<br />
wur<strong>de</strong> z.B. in Berlin vor<br />
<strong>de</strong>m Spiel Deutschland<br />
- Ghana gezielt auf einen Farbigen<br />
losgegangen, <strong>de</strong>r nur mit Hilfe einer<br />
Gab es Menschen, die weniger Glück<br />
als „Paul“ hatten?<br />
eber in Bonn - seit Jahren<br />
wird Fußball gaaaaaanz groß<br />
Schlandfi<br />
gefeiert<br />
Museumsmeile in Bonn 2008<br />
zerbrochenen Flasche <strong>de</strong>n Angriff<br />
abwehren konnte und sich einige<br />
Rippen brach, ähnliches geschah in<br />
Saarbrücken. Die Polizei leitete anschließend<br />
Ermittlungen gegen die<br />
Angreifer ein, bezeichnen<strong>de</strong>rweise<br />
aber auch gegen die Opfer.<br />
In Hagen, Bochum, Dortmund und<br />
Köln wur<strong>de</strong>n spanische Autokorsos mit<br />
Flaschen und Steinen angegriff en. Szenen,<br />
die sich auch im Kreis Mettmann<br />
abspielten, dort wur<strong>de</strong>n fünf Personen<br />
wegen Körperverletzung, Sachbeschädigung<br />
und an<strong>de</strong>ren Delikten festgenommen.<br />
In Lü<strong>de</strong>nscheid und Düsseldorf<br />
wur<strong>de</strong>n feiern<strong>de</strong> Spanier regelrecht gejagt,<br />
es kam zu obligatorischen „Raus aus<br />
Deutschland“-Sprechchören.<br />
Dazu gab es naturgemäß eine Menge<br />
Naziquatsch: Spiegel Online veröff entlichte<br />
in einer Foto-Galerie ein Bild voller<br />
Deutschlandfahnen – im Schaufenster<br />
eines rechtsextremen La<strong>de</strong>ns, diverse<br />
Reichskriegsfl aggen hängen daneben.<br />
Einschlägige Nazilie<strong>de</strong>r und -<strong>de</strong>votionalien<br />
auf <strong>de</strong>r Fanmeile störten freilich auch<br />
die wenigsten, die Polizei schritt spät bis<br />
gar nicht ein.<br />
In Hannover ereignete sich in<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r<br />
seltsamste und <strong>de</strong>r einzige auch in <strong>de</strong>n<br />
Medien publik gewor<strong>de</strong>ne Fall: Drei Männer<br />
– ein Deutscher, zwei Italiener - stritten<br />
sich darüber, ob nun Deutschland (3)<br />
o<strong>de</strong>r Italien (4) mehr WM-Titel sammelte.<br />
Da es in Zeiten von Wikipedia nur noch<br />
eine Möglichkeit gibt, die Wahrheit herauszufi<br />
n<strong>de</strong>n, tat <strong>de</strong>r Deutsche dann das,<br />
was wohl je<strong>de</strong>r tun wür<strong>de</strong>: Er erschoss<br />
die bei<strong>de</strong>n Italiener und setzte sich per<br />
Flugzeug nach Mallorca ab.<br />
engelke-picture<br />
In Anlehnung an ernstgemeinte WM-<br />
Songs veröff entlichte die Hip-Hop-Formation<br />
K.I.Z. <strong>de</strong>n Song „Biergarten E<strong>de</strong>n“,<br />
<strong>de</strong>r sich auf ironische Weise am neuen<br />
Nationalismus abarbeitet. Dort heißt es<br />
etwa „Wie kann man diese Weltmacht<br />
doof fi n<strong>de</strong>n? / Der Adler fl iegt von Kamerun<br />
nach Elsass-Lothringen“ und „16 Bun<strong>de</strong>slän<strong>de</strong>r:<br />
Unser ganzer Stolz / Germany!<br />
Wir machen die 20 voll“.<br />
Statt diese Zeilen als Kritik an <strong>de</strong>r<br />
völlig überhöhten Schland-Euphorie zu<br />
verstehen, sahen die meisten Hörer auf<br />
Youtube – wo <strong>de</strong>r Song zuerst veröffentlicht<br />
wur<strong>de</strong> – ihre Meinung bestätigt<br />
und überboten sich in Liebesbekundungen<br />
für ihr Vaterland. K.I.Z., bekennen<strong>de</strong><br />
Antifas, stellten später wie<strong>de</strong>rholt klar,<br />
dass sie mit „Biergarten E<strong>de</strong>n“ einzig<br />
und allein Kritik üben und dumme Fans<br />
bloßstellen wollten. Was gelang – und<br />
ver<strong>de</strong>utlicht, wie stumpfsinnig als Patriotismus<br />
getarnter Nationalismus mitunter<br />
macht.<br />
Nicht nur, aber beson<strong>de</strong>rs während einer<br />
Fußball-WM.<br />
Die<br />
Autoren:<br />
Philip Saß studiert in Marburg<br />
Germanistik und Geschichte, trug<br />
während <strong>de</strong>r WM in <strong>de</strong>r Uni ein<br />
Ghana-Trikot. Danach vorsichtshalber<br />
nicht.
Am Verschoben. Ball geblieben. Senat verprellt Rassismus. Studieren<strong>de</strong><br />
Kein Märchen. <strong>akut</strong><br />
<strong>akut</strong><br />
Von Moritz Altner<br />
Anträge von Studieren<strong>de</strong>n vertagt<br />
Auf <strong>de</strong>r Sitzung <strong>de</strong>s Senats am 4. November<br />
2010 haben die stu<strong>de</strong>ntischen<br />
Senatoren_innen und <strong>de</strong>r AStA zwei<br />
Anträge gestellt. Der erste Antrag bezog<br />
sich auf die Anwesenheitspfl icht in<br />
Seminaren und Vorlesungen. In einer<br />
Resolution aus <strong>de</strong>m Juli for<strong>de</strong>rt das Studieren<strong>de</strong>nparlament<br />
eine Lockerung <strong>de</strong>r<br />
Anwesenheitspfl ichten, vorallem in <strong>de</strong>n<br />
Vorlesungen. Diese Resolution wur<strong>de</strong><br />
nun im Senat als Antrag zur Diskussion<br />
gestellt. Diese Diskussion en<strong>de</strong>te mit ei-<br />
Die hängigeStudie- <strong>akut</strong> ist das<br />
politisch unab-<br />
ren<strong>de</strong>nmagazin <strong>de</strong>r Uni Bonn<br />
und wird vom Studieren<strong>de</strong>nparlament<br />
(SP) herausgegeben.<br />
Über die Hochschulpolitik hinaus<br />
sollen weitere Themen publiziert<br />
wer<strong>de</strong>n, die uns Studieren<strong>de</strong><br />
betreff en. Wir verstehen<br />
uns dabei als off ene Zeitschrift,<br />
bei <strong>de</strong>r ein Je<strong>de</strong>r und eine Je<strong>de</strong><br />
willkommen sind. Wir erscheinen<br />
in <strong>de</strong>r Regel zwei Mal pro<br />
Semester.<br />
Marius Beckmann studiert in<br />
Marburg auch Germanistik und<br />
Geschichte, tröstete sich während<br />
<strong>de</strong>r WM mit „Raven gegen<br />
Deutschland“ und Youtube-Vi<strong>de</strong>os<br />
<strong>de</strong>r Vodafone<strong>de</strong>ildin.<br />
Sven Schreiber studiert überraschen<strong>de</strong>rweise<br />
auch in Marburg<br />
Germanistik und Geschichte,<br />
zu<strong>de</strong>m wur<strong>de</strong> ihm<br />
von Deutschland-Fans die Sonnenbrille<br />
gestohlen.<br />
ner Überweisung <strong>de</strong>s Antrages an die<br />
Senatskommission für Forschung und<br />
Lehre.<br />
Der zweite Antrag beschäftigte sich<br />
mit <strong>de</strong>n Ausnahmeregelungen für die<br />
Zahlung von Studiengebühren. Hier<br />
sollten Härtefallregelungen und Ausnahmen<br />
für schwangere Stu<strong>de</strong>ntinnen und<br />
Studieren<strong>de</strong>, die Familienangehörige<br />
pfl egen, geschaff en und erweitert wer<strong>de</strong>n.<br />
Dieser Antrag wur<strong>de</strong> auf Initiative<br />
<strong>de</strong>s Dekans <strong>de</strong>r Philosophischen Fakultät<br />
- Anzeige -<br />
Professor Schulz nicht behan<strong>de</strong>lt.<br />
Bei<strong>de</strong> Anträge, die sich mit teilweise<br />
prekären Situationen von Studieren<strong>de</strong>n<br />
an dieser Universität beschäftigen, wur<strong>de</strong>n<br />
vom Senat also nicht abschließend<br />
beraten. Es entsteht dadurch <strong>de</strong>r Eindruck,<br />
es wür<strong>de</strong>n - von Lippenbekenntnissen<br />
<strong>de</strong>s Rektors Fohrmann abgesehen<br />
- Verbesserungen <strong>de</strong>r Studienbedingungen<br />
und Än<strong>de</strong>rungen an <strong>de</strong>r Bologna-<br />
Reform von <strong>de</strong>r Mehrheit <strong>de</strong>s Senats<br />
nicht gewünscht.<br />
7
<strong>akut</strong><br />
Von Torben Klausa<br />
Zurück zu <strong>de</strong>n Wurzeln<br />
Er ist das Para<strong>de</strong>beispiel dafür, dass<br />
man es auch mit „brotlosen Künsten“<br />
zu etwas bringen kann: Tom Buhrow<br />
studierte in <strong>de</strong>n Achtzigern an <strong>de</strong>r<br />
Universität Bonn Geschichte und Politik,<br />
heute ist er eines <strong>de</strong>r bekanntesten<br />
Nachrichten-Gesichter im <strong>de</strong>utschen<br />
Fernsehen.<br />
Der 52-Jährige erinnert sich noch gut<br />
an die Zweifel vor seiner Studiengangwahl<br />
En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Siebziger. „Klar, man muss<br />
wissen, dass man mit Geisteswissen-<br />
schaften – vor Allem wenn man nicht auf<br />
Lehramt studiert – limitierte Optionen<br />
hat, was man machen kann“, gibt Buhrow<br />
Gemausert. Vom Sorgenfall zum Medienschall<br />
Tom Buhrow schwatzt über sein Studium in Bonn<br />
8<br />
„Da haben sie gedacht, ich sei<br />
völlig ausgefl ippt.“<br />
Tom<br />
Buhrow nach seiner Re<strong>de</strong> - Bonner Universitätsfest am 10. Juli 2010 engelke-picture 2010<br />
zu. Und setzt gleich das große Aber nach:<br />
„Aber: Man soll das machen, was einem<br />
Spaß macht.“ Diese Erkenntnis sei damals<br />
seinen Eltern schwer zu vermitteln gewesen,<br />
erinnert sich <strong>de</strong>r Tagesthemen-<br />
„Ist <strong>de</strong>r Straßenbauarbeiter<br />
verpfl ichtet, einem zukünftigen<br />
Arzt sein Studium zu<br />
bezahlen?“<br />
Frontmann. „Die wollten auch, dass<br />
ich BWL o<strong>de</strong>r sowas mache – mögmöglichst noch eine Lehre bei <strong>de</strong>r Bank<br />
vorher.“ Und so sehr er sich auch<br />
damals gegen diese Vorstellung<br />
sträubte, zeigt er heute Verständnis:<br />
„Im Grun<strong>de</strong> genommen haben<br />
sie ja auch Recht, ich wür<strong>de</strong> meinen<br />
Kin<strong>de</strong>rn genau dasselbe sagen.“<br />
Irgendwann habe er damals aber gedacht:<br />
„Mensch, du hast doch MathemaMathematik<br />
immer gehasst. Und Geschichte hast<br />
du geliebt, also mach doch das, was dir<br />
Spaß macht!“ So hätte er seinen Studienwunsch<br />
irgendwie bei seinen Eltern<br />
durchgeboxt.<br />
Sein Berufsziel allerdings sei dagegen<br />
noch einmal schwieriger zu vermitteln<br />
gewesen: „Als ich<br />
gesagt habe, dass ich<br />
Journalist wer<strong>de</strong>n will,<br />
da gab‘s echte Schwie-<br />
engelke-picture<br />
„Das Studium ist<br />
nur ein<br />
Mosaiksteinchen.“<br />
rigkeiten. Da haben<br />
sie gedacht, ich sei<br />
völlig ausgefl ippt“, erzählt<br />
Buhrow lachend.<br />
„Aber“, und hier gibt ihm <strong>de</strong>r Erfolg wohl<br />
Recht, „das sehen sie mittlerweile auch<br />
an<strong>de</strong>rs.“<br />
Für Buhrow hängt die journalistische
Gemausert. Vom Sorgenfall zum Medienschall<br />
Karriere dabei nicht von einem geleckten<br />
Lebenslauf o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m perfekten Uni-Abschluss<br />
ab: „Das Studium ist nur ein Mosaiksteinchen,<br />
in unserem Job ist Praxis<br />
alles.“ Man solle „ein Fachstudium, das<br />
einem Spaß macht, wählen. Und dann<br />
wird alles an<strong>de</strong>re sich ergeben.“ Die interessantesten<br />
Lebensläufe seien meist<br />
nicht die von <strong>de</strong>r Stange, son<strong>de</strong>rn solche<br />
mit ein paar Windungen, mit Ecken und<br />
Kanten.<br />
Buhrow selbst war das Leben an und<br />
mit <strong>de</strong>r Uni eher fremd: „Die Universität<br />
hat es nie richtig verstan<strong>de</strong>n, mich zu packen.<br />
Ich hab nicht richtig teilgenommen<br />
am stu<strong>de</strong>ntischen Leben. Eigentlich sind<br />
diese sechs Jahre fast spurlos an mir vorübergegangen.“<br />
Er könne sowohl auf einige<br />
positive, als auch auf negative Erfahrungen<br />
an <strong>de</strong>r Bonner Uni zurückblicken.<br />
Insgesamt habe ihm aber sein Studium<br />
<strong>de</strong>r Geschichte vor allem „geholfen, die<br />
Gegenwart zu verstehen“.<br />
Die zu dieser Gegenwart gehören<strong>de</strong>n<br />
engelke-picture<br />
Studiengebühren sieht Buhrow mit gemischten<br />
Gefühlen. „Am besten ist natürlich,<br />
je<strong>de</strong> Art von Bildung ist umsonst.“<br />
Aber wenn man sich klarmache, dass<br />
„KiTas kosten, frühkindliche Erziehung<br />
kostet“ und die Universitätsausbildung<br />
nichts koste, „müsste es vielleicht eher<br />
umgekehrt sein“. Man müsse sich insbeson<strong>de</strong>re<br />
auch fragen: „Ist <strong>de</strong>r Straßenbauarbeiter<br />
verpfl ichtet, einem zukünftigen<br />
Arzt sein Studium zu bezahlen?“ Er stockt<br />
kurz, überlegt und sagt dann: „Schwierige<br />
Debatte, die unser Lieblingsthema in<br />
Deutschland berührt:“ Darauf jetzt senkt<br />
sich seine Stimme um mehrere Oktaven<br />
und er haucht in verschwörerischem Ton:<br />
„Die Frage <strong>de</strong>r sozialen Gerechtigkeit“<br />
a s<br />
„ T o m “ Thom<br />
Buhrow,<br />
Jahrgang 1958, studierte<br />
in Bonn Geschichte und<br />
Politik, bevor er 1985 sein<br />
Volontariat beim WDR<br />
begann. Nach mehreren<br />
Stationen unter an<strong>de</strong>rem<br />
als Korrespon<strong>de</strong>nt <strong>de</strong>r ARD<br />
in Paris und in Washington<br />
übernahm er im August<br />
2006 die Nachfolge <strong>de</strong>s<br />
Tagesthemen-Urgesteins<br />
Ulrich Wickert. Auch<br />
sportlich lässt sich <strong>de</strong>r<br />
52-Jährige nicht lumpen:<br />
Buhrow ist begeisterter<br />
Marathonläufer.<br />
<strong>akut</strong><br />
engelke-picture 2010<br />
9
<strong>akut</strong><br />
Marcos, <strong>de</strong>r bereits seinen Abschluss<br />
in Mathe und Philosophie in England<br />
machte und nun in Bonn seine Doktorarbeit<br />
schreibt und Uljana, die zurzeit<br />
Deutsch als Fremdsprache studiert, waren<br />
zum Zeitpunkt ihrer Verlobung eineinhalb<br />
Jahre zusammen. Bereits sehr<br />
früh waren sie sich zu<strong>de</strong>m einig, dass<br />
sie auf ein gemeinsames Kind nicht lange<br />
warten wollten. Doch eins nach <strong>de</strong>m<br />
10<br />
Von Anne Goertz und Lisa Homann<br />
Hochzeit, Kin<strong>de</strong>r, Bachelor<br />
Wie man<br />
Familie und<br />
Uni unter<br />
einen Hut<br />
bringt<br />
Sie wollten bei<strong>de</strong> ein Kind – doch <strong>de</strong>r erste<br />
Schritt war die Heirat.<br />
Erfolgreich studieren, eine harmonische<br />
Ehe führen und außer<strong>de</strong>m<br />
noch ein Kind erziehen – das Studieren<strong>de</strong>nleben<br />
von Marcos und Uljana<br />
entspricht so gar nicht <strong>de</strong>m Klischee.<br />
Das junge Ehepaar hat <strong>de</strong>r <strong>akut</strong> von<br />
seinem täglichen Kampf berichtet:<br />
Um KiTa-Plätze, gemeinsame Zeit und<br />
schwarze Zahlen auf <strong>de</strong>m Konto.<br />
Geschaukelt. Das Ding mit <strong>de</strong>m Studium und <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong><br />
an<strong>de</strong>ren: vor Erfüllung <strong>de</strong>s<br />
Kin<strong>de</strong>rwunsches wur<strong>de</strong> das<br />
Versprechen eingelöst und<br />
die Hochzeitsglocken läuteten.<br />
Absolut verfrüht? Nicht<br />
für Uljana. Sie fi n<strong>de</strong>t ihren Lebenslauf<br />
nicht außergewöhnlich. In Russland, ihrer<br />
Heimat, ist es<br />
üblich, dass<br />
bereits mit<br />
Anfang 20<br />
g e h e i r a t e t<br />
und mit <strong>de</strong>r Familiengründung begonnen<br />
wird. Neben <strong>de</strong>r Symbolik <strong>de</strong>r Heirat<br />
spielt auch die günstigere Steuerklasse<br />
für bei<strong>de</strong> eine Rolle – die Bindung ist eine<br />
emotionale aber auch formelle Angelegenheit,<br />
die für Uljana und Marcos einfach<br />
dazu gehörte, als sie bereit waren,<br />
Eltern zu wer<strong>de</strong>n. So sei die Frage <strong>de</strong>s<br />
Nachnamens schon geklärt, und auch<br />
sonst sei alles einfach einheitlicher und<br />
für ein Studium<br />
Beratungsstellen<br />
mit Kind fi n<strong>de</strong>t<br />
ihr auf unserer Website unter<br />
www.<strong>akut</strong>-<strong>bonn</strong>.<strong>de</strong>/kin<strong>de</strong>rwunsch<br />
geregelter.<br />
Sowohl für Uljana als auch für<br />
Marcos stellte ein Kind von Anfang<br />
an keinen Grund für einen<br />
Abbruch <strong>de</strong>s Studiums dar. Zurzeit<br />
befi n<strong>de</strong>t Uljana sich im Erziehungsurlaub<br />
und ge<strong>de</strong>nkt, alsbald<br />
ihr Studium wie<strong>de</strong>r aufzunehmen<br />
– dies ist relativ gut möglich, da<br />
sie keine Vorlesungen mehr besuchen<br />
muss.<br />
Doch mit <strong>de</strong>r 14 Monate alten<br />
Lena ist das Lernen und Lesen,<br />
die Studienvor- und Nachbereitung<br />
zuhause nur selten wie geplant<br />
umsetzbar. Dies war noch<br />
ein wenig einfacher, als ihre Tochter<br />
kleiner war – trotz so manch<br />
schlafl oser Nacht. Seit ihre Tochter<br />
allerdings laufen kann, ist sie stets<br />
unterwegs. Lena for<strong>de</strong>rt ständige<br />
Aufmerksamkeit und Beschäftigung.<br />
Somit müssen auch Freizeitbeschäftigungen<br />
und Hobbies<br />
hinter <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rerziehung vorerst<br />
zurücktreten.<br />
Eine Möglichkeit,<br />
ein<br />
bisschen Zeit<br />
für sich zu ha-<br />
Sie wollten bei<strong>de</strong> ein Kind – doch <strong>de</strong>r erste<br />
Schritt war die Heirat.<br />
ben, wäre die<br />
Aufnahme ihrer<br />
Tochter in<br />
einer Kin<strong>de</strong>rtagesstätte;<br />
vorzugsweise<br />
<strong>de</strong>r Uni-KiTa.<br />
Die Chance auf<br />
einen Betreuungsplatz<br />
hier<br />
ist aber gering,<br />
die Warteliste lang. Auch eine Tagesmutter<br />
schei<strong>de</strong>t für Marcos und Uljana aus:<br />
Zum einen<br />
fehle Lena<br />
dort <strong>de</strong>r<br />
Kontakt zu<br />
an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn,<br />
zum an<strong>de</strong>ren stün<strong>de</strong> die junge Familie<br />
so vor einem fi nanziellen Problem.<br />
Die Alternative Kin<strong>de</strong>rgarten schei<strong>de</strong>t<br />
ebenfalls aus, da hier nur knapp zehn<br />
Plätze für unter Dreijährige angeboten<br />
wer<strong>de</strong>n. Bei einem Termin stellten die<br />
jungen Eltern fest, dass ungefähr 20 Bewerber<br />
auf einen Platz kamen.<br />
So müssen sie nun warten und hoff en,<br />
zunächst auf <strong>de</strong>n August 2011: Wenn vie-
Geschaukelt. Das Ding mit <strong>de</strong>m Studium und <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong><br />
le <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r eingeschult wer<strong>de</strong>n, steigt<br />
die Chance auf einen <strong>de</strong>r begehrten Plätze.<br />
Uni und Staat haben sich die Unterstützung<br />
junger Familien groß auf die<br />
Fahnen geschrieben: Das Stu<strong>de</strong>ntenwerk<br />
<strong>de</strong>r Universität Bonn stellt Kin<strong>de</strong>rtages-<br />
Alltag, Studium,<br />
Familienleben<br />
einrichtungen für bis zu 90 Kin<strong>de</strong>r zur<br />
Verfügung. Wie oben bereits erwähnt,<br />
reicht diese Größenordnung bei weitem<br />
nicht aus.<br />
Die ebenfalls angebotenen Beratungsstellen<br />
für Eltern wer<strong>de</strong>n<br />
kaum wahrgenommen, wie<br />
Uljana und Marcos aus eigener<br />
Erfahrung wissen. Dies<br />
könnte eventuell an mangeln<strong>de</strong>r<br />
Werbung liegen.<br />
Auch sie haben nur zufällig die Flyer in<br />
<strong>de</strong>r Mensa ent<strong>de</strong>ckt. Genauere Informationen<br />
fi n<strong>de</strong>t man jedoch auch auf <strong>de</strong>r<br />
Homepage <strong>de</strong>r Uni Bonn (s. Infokasten).<br />
In fi nanzieller Hinsicht haben die bei<strong>de</strong>n<br />
insofern Glück, als dass Marcos neben<br />
seinem monatlichen Basisstipendium<br />
zusätzlich noch 400 Euro Zuschuss<br />
für das Kind bezieht. Zu<strong>de</strong>m erhalten sie<br />
später neben <strong>de</strong>m bereits gezahlten Kin<strong>de</strong>rgeld<br />
auch gem. § 14 b BAföG einen<br />
Zuschuss zum BAföG in Höhe von 113<br />
Euro. Doch in Anbetracht <strong>de</strong>r Tatsache,<br />
dass sich bereits die Kosten einer Tagesmutter<br />
mit fünf Euro pro Stun<strong>de</strong> und 20<br />
Wochenstun<strong>de</strong>n auf monatlich knapp<br />
400 - 450 Euro belaufen, erscheint dieser<br />
Zuschlag nicht son<strong>de</strong>rlich hoch. Glücklicherweise<br />
übernimmt jedoch auch <strong>de</strong>r<br />
Staat auf Antrag die Hälfte dieser Betreuungskosten.<br />
So lässt sich<br />
im Großen und<br />
Ganzen sagen,<br />
dass ein Studium<br />
mit Kind zwar<br />
anstrengend ist,<br />
aber durchaus machbar, wie Uljana und<br />
Marcos beweisen. Zu<strong>de</strong>m zeigt sich, unter<br />
an<strong>de</strong>rem an <strong>de</strong>r Schaff ung neuer<br />
KiTa-Plätze, dass auch <strong>de</strong>r Staat Studie-<br />
Unterstützung von<br />
Staat und Uni?<br />
Mehr schlecht als recht.<br />
<strong>akut</strong><br />
ren<strong>de</strong> und Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> unterstützen<br />
und ermutigen will, <strong>de</strong>n Schritt zu wagen<br />
und früh mit <strong>de</strong>r Familienplanung zu beginnen.<br />
Film-Fotos: X Verleih AG<br />
11
<strong>akut</strong><br />
Wer glaubt, wird selig<br />
Der Weg zum Priesteramt in Bonn<br />
Es gab eine Zeit, da wollte Lars Spohr<br />
(34) unbedingt Lehrer wer<strong>de</strong>n – für<br />
Deutsch und Geschichte. Geschichte,<br />
die sei schon immer sein Steckenpferd<br />
gewesen, sagt er, wenn er<br />
über sein „erstes Leben – in<br />
Anführungszeichen“ spricht.<br />
Dieses erste Leben en<strong>de</strong>te<br />
im Jahr 2007, als er sich mit<br />
31 vom Berufsziel Lehrer,<br />
seinem politischen Engagement<br />
im Stadtrat Kerpen<br />
und <strong>de</strong>m weltlichen Leben<br />
verabschie<strong>de</strong>te und sich ans<br />
Collegium Albertinum in<br />
Bonn wen<strong>de</strong>te. Inzwischen<br />
studiert er im siebten Semester<br />
katholische Theologie an<br />
unserer Uni. Lars Spohr wird Priester.<br />
Zwar war er zu Beginn seines Erststudiums<br />
noch absolut vom Wunschberuf<br />
Lehrer überzeugt. Aber irgendwie drängte<br />
sich seit <strong>de</strong>r Einschreibung 1997 immer<br />
mehr die Frage auf, „ob das <strong>de</strong>nn schon<br />
alles gewesen sein soll.“ Dabei gab es keinen<br />
off ensichtlichen Auslöser. „Ich weiß<br />
gar nicht, warum. Irgendwie war diese<br />
Frage auf einmal da“, sagt Lars. In dieser<br />
Sinnkrise ent<strong>de</strong>ckte er <strong>de</strong>n Glauben für<br />
sich, lies sich fi rmen und begab sich auf<br />
die Suche nach <strong>de</strong>m „Dahinter“. Er wollte<br />
mehr über jene Zeitpunkte <strong>de</strong>s Lebens<br />
wissen, an <strong>de</strong>nen die Naturwissenschaften<br />
an ihre Grenzen stoßen: Was kam davor?<br />
Was kommt danach? Auf <strong>de</strong>r Suche<br />
nach Antworten hätten für ihn dann die<br />
12<br />
Von Leonard Feld und Torben Klausa<br />
„Soll das schon alles gewesen sein?“<br />
Argumente <strong>de</strong>r Atheisten zunehmend an<br />
Gewicht verloren. „Und dann war irgendwann<br />
einfach <strong>de</strong>r Wunsch da, Priester zu<br />
wer<strong>de</strong>n.“<br />
Er möchte mal aus <strong>de</strong>m Jenseits nicht<br />
auf ein von materialistischen Werten geprägtes<br />
Leben zurückgucken, sagt Lars.<br />
„Dazu ist natürlich Voraussetzung, man<br />
ist überzeugt, dass es ein Jenseits gibt,<br />
ein Leben nach <strong>de</strong>m Tod. Aber davon bin<br />
ich überzeugt. Denn wenn es das nicht<br />
gäbe, dann wäre das, was wir hier machen,<br />
wirklich sinnlos.“ So bewarb er sich<br />
am Collegium Albertinum, <strong>de</strong>m Bonner<br />
Studienhaus für die<br />
Priesterkandidaten<br />
<strong>de</strong>s Erzbistums Köln,<br />
um Aufnahme.<br />
Begna<strong>de</strong>t. Auf <strong>de</strong>m Weg zum Priester<br />
Fotos: Daniel Christoph Engelke<br />
Dort wird<br />
in min<strong>de</strong>stens zwei Aufnahmegesprächen<br />
und durch Einholung<br />
verschie<strong>de</strong>ner Eignungsgutachten<br />
<strong>de</strong>n Kandidaten auf <strong>de</strong>n Zahn<br />
gefühlt. „Warum möchte man<br />
Priester wer<strong>de</strong>n? Wie steht man<br />
zum Zölibat? Wie<br />
sieht‘s mit <strong>de</strong>r sexuellenOrientierung<br />
aus?“ Man will<br />
so früh wie möglich<br />
Ko mplik ationen<br />
und Problemen<br />
vorbeugen, schil<strong>de</strong>rt Lars.<br />
Das Zölibat ist für ihn ganz<br />
einfach eine Frage <strong>de</strong>r Prioritätensetzung.<br />
Bei seinem<br />
Dorfpfarrer habe er<br />
immer gewusst: „Wenn ich<br />
ein Problem habe, dann<br />
ist er für mich da. Und das rund um die<br />
Uhr. Aber wenn man dann Familie hat,<br />
dann for<strong>de</strong>rt auch diese ihr Recht. Dann<br />
k o m m e n<br />
die Urlaubsfahrten,<br />
die<br />
zusätzlichen<br />
Abendverans<br />
t a l t u n g e n<br />
und schließlich<br />
wer<strong>de</strong>n<br />
auch an die<br />
Familie <strong>de</strong>s<br />
G e is t lichen<br />
beson<strong>de</strong>re<br />
Anfor<strong>de</strong>rungen<br />
gestellt:<br />
„Wie kannst du dich <strong>de</strong>nn prügeln, du<br />
bist doch das Kind vom Pastor!‘“ Außer<strong>de</strong>m<br />
sehe er keinen Grund, <strong>de</strong>n Zölibat<br />
aufzuheben. Die evangelische Kirche<br />
habe schließlich ähnliche Probleme wie<br />
die katholische. Und auch <strong>de</strong>n Einwand,<br />
ein verheirateter Geistlicher stün<strong>de</strong> mehr<br />
im Leben als ein enthaltsamer, lässt Lars<br />
nicht gelten: „Völliger Quatsch!“<br />
Auch er ganz persönlich wünsche sich<br />
nicht <strong>de</strong>n Abschied vom Zölibat. Ob <strong>de</strong>r-<br />
„Man muss sich nur darüber<br />
im Klaren sein, dass man keine<br />
Beziehung eingehen darf. Das<br />
muss man können, da muss<br />
man bereit zu sein.“<br />
artige Enthaltsamkeit nicht ein täglicher<br />
Kampf sei? „Für mich ist das kein Kampf.<br />
Die Ehe ist ja auch die bewusste Entscheidung<br />
für etwas,<br />
nicht gegen<br />
etwas.“<br />
Er könne<br />
schließlich immer noch über die Straße<br />
gehen und bei einer hübschen Frau <strong>de</strong>n<strong>de</strong>nken: Och, das ist aber ein heißer Feger!<br />
„Deswegen gehen wir ja immer so gerne<br />
<strong>de</strong>n Hofgarten entlang“, scherzt Lars.<br />
„Man muss sich nur darüber im Klaren<br />
„Ja, Jung, mir han schon immer jedach,<br />
dat du ens Pastur wiers.“
Begna<strong>de</strong>t. Auf <strong>de</strong>m Weg zum Priester<br />
sein, dass man keine Beziehung eingehen<br />
darf. Das muss man können, da muss<br />
man bereit zu sein. Aber bisher kann ich<br />
sagen: Es fehlt mir nichts.“<br />
So sage man zwar <strong>de</strong>m sexuellen<br />
Bereich A<strong>de</strong>, erfahre aber als Priesterkandidat<br />
eine Partnerschaftlichkeit, Vertrautheit<br />
o<strong>de</strong>r Freundschaft, „die oftmals<br />
wahrscheinlich sogar über viele Ehen hinausgeht,<br />
die ich kenne“, glaubt Lars.<br />
Dennoch halten nicht alle Kandidaten<br />
die mehrjährige Ausbildung durch. Schon<br />
auf <strong>de</strong>m schwarzen Brett im Albertinum<br />
sieht man, wie sich in <strong>de</strong>n höheren Semestern<br />
die Reihen lichten. Manch einer<br />
<strong>de</strong>r jungen Männer fi n<strong>de</strong>t die große Liebe,<br />
an<strong>de</strong>re ziehen das Leben als Or<strong>de</strong>nsbru<strong>de</strong>r<br />
<strong>de</strong>m eines Priesters vor.<br />
Welche Meinung <strong>de</strong>nn seine Eltern zu<br />
seinem Berufswunsch hätten? „Ich hab<br />
zuerst nieman<strong>de</strong>m was gesagt in meiner<br />
Familie. Ich dachte mir: „Mal sehen, wie<br />
sie reagieren, wenn’s <strong>de</strong>nn mal soweit<br />
ist.“, grinst Lars. Und als er schließlich seinen<br />
Eltern die Bescheinigung über seine<br />
Aufnahme vorlegte, seien sie – wie er es<br />
nennt – „die Flucht nach vorne“ angetreten:<br />
„Ja, Jung, mir han schon immer jedach,<br />
dat du ens Pastur wiers.“<br />
An Humor mangelt es keinem <strong>de</strong>r Anwärter<br />
im Albertinum. Lars erinnert sich<br />
an eine Episo<strong>de</strong> mit einem beson<strong>de</strong>rs<br />
marienbegeisterten Kandidaten vor einigen<br />
Jahren. Zwei seiner Kommilitonen<br />
ließen aus einem höheren Stockwerk<br />
inengebete und Gottesdienste noch vor<br />
<strong>de</strong>m Frühstück, das um 7.30 Uhr beginnt,<br />
kosten manch einen Überwindung. Dazu<br />
sind Programmpunkte wie Hebräisch<br />
o<strong>de</strong>r die Vorlesung Fundamentaltheologie,<br />
die vor einiger Zeit noch ein gewisser<br />
Joseph Ratzinger hielt, teils lückenlos bis<br />
zum Aben<strong>de</strong>ssen aneinan<strong>de</strong>rgereiht.<br />
Dafür können die ungefähr 30 Priesteramtskandidaten<br />
allerdings auch ein<br />
bisschen Komfort genießen: Von <strong>de</strong>r eigenen<br />
Bibliothek<br />
über <strong>de</strong>n Zeitschriftenraum<br />
und<br />
die Hausbar bis<br />
hin zum Billardzimmer<br />
erinnert die<br />
Inneneinrichtung<br />
zwar an A<strong>de</strong>nauers<br />
Zeiten, die Freizeitbeschäf<br />
tigungen<br />
selbst sind aber<br />
durchaus mo<strong>de</strong>rn:<br />
Lars haben es strategischeComputerspiele<br />
angetan,<br />
gesteht er. So erobert<br />
<strong>de</strong>r 34-Jähri-<br />
ge in Stronghold 2 mit mittelalterlichen<br />
Kreuzzügen das Heilige Land. Und auch<br />
ein Blick in seine umfangreiche DVD-<br />
Sammlung, in <strong>de</strong>r sich neben Filmen mit<br />
Clint Eastwood auch zahlreiche Klassiker<br />
wie „Don Camillo und Peppone“ fi n<strong>de</strong>n<br />
lassen, <strong>de</strong>utet stark auf seine Berufung<br />
hin.<br />
Die einzige technische Einrichtung,<br />
die zu wünschen übrig lasse, sei <strong>de</strong>r Aufzug,<br />
erklärt Lars. Der bleibe regelmäßig<br />
stecken, was insbeson<strong>de</strong>re für Neuankömmlinge<br />
eine Charakterprüfung sei.<br />
Ihn jedoch habe es seltsamerweise noch<br />
nie erwischt.<br />
Vielleicht hat er einfach einen ganz<br />
beson<strong>de</strong>rs guten Draht nach oben.<br />
<strong>akut</strong><br />
Wer<br />
selbst die Berufung<br />
spürt,<br />
schaut am<br />
Besten auf die Homepage <strong>de</strong>s<br />
Albertinum. Auf regelmäßigen<br />
Informationswochenen<strong>de</strong>n können<br />
sich Interessierte einen Einblick<br />
in <strong>de</strong>n Weg zum Priesteramt<br />
verschaff en. Das nächste fi n<strong>de</strong>t<br />
am 12./13. Februar 2011 statt. Die<br />
Ausbildung zum Priester dauert<br />
in <strong>de</strong>r Regel sieben Jahre bis zur<br />
Weihe: Fünf Jahre an <strong>de</strong>r Uni und<br />
im Albertinum, zwei Jahre im<br />
Kölner Priesterseminar zur praktischen<br />
Ausbildung, woran sich ein<br />
begleitetes erstes Kaplansjahr anschließt.<br />
Insgesamt min<strong>de</strong>stens<br />
ein Jahr wohnen die Stu<strong>de</strong>nten<br />
während <strong>de</strong>s Studiums nicht in<br />
<strong>de</strong>r Wohngemeinschaft <strong>de</strong>s Seminars.<br />
Dies dient unter an<strong>de</strong>rem<br />
<strong>de</strong>r aka<strong>de</strong>mischen Weite und <strong>de</strong>r<br />
persönlichen Prüfung.<br />
13
<strong>akut</strong> Berufen. Bonner Mönche auf <strong>de</strong>m Kreuzberg<br />
Von Leonard Feld und Jonas Jossen<br />
Klosterbau, <strong>de</strong>r Wissen speist<br />
Mönche betreiben Sprachschule in Bonn<br />
Du hast öfters mal Stress? Du hast nie<br />
Zeit für dich? Du bist abhängig von<br />
Smartphones und Internet? Du suchst<br />
ein Leben abseits <strong>de</strong>s hektischen Alltags?<br />
Dann wähle die „Karriere“ <strong>de</strong>s<br />
Glaubens.<br />
In <strong>de</strong>r heutigen Zeit ist eine rein religiöse<br />
Lebensgestaltung für junge Menschen<br />
selten eine Option. Noch vor 150<br />
Jahren war es üblich, dass ein Kind <strong>de</strong>r<br />
Familie sein Leben <strong>de</strong>m Glauben widmete.<br />
Heute tritt die religiöse Überzeugung<br />
in <strong>de</strong>r Gesellschaft immer weiter zurück.<br />
Dabei belegt die weltweite kulturelle<br />
Verbreitung von Religionen und Weltanschauungen<br />
das Bedürfnis <strong>de</strong>r Menschen<br />
nach Antworten auf die elementaren<br />
Fragen <strong>de</strong>s Lebens. Schon Kant hat jene<br />
Fragen formuliert, mit <strong>de</strong>nen sich je<strong>de</strong>r<br />
Mensch einmal in seinem sterblichen Leben<br />
beschäftigt:<br />
Ein Kloster muss kein verschlossener<br />
Raum abseits <strong>de</strong>s normalen Lebens, keine<br />
Aussteigergemeinschaft sein.<br />
Was kann ich wissen? Was soll ich tun?<br />
Was darf ich hoff en? Was ist <strong>de</strong>r Mensch?<br />
Religion und Weltanschauung können<br />
<strong>de</strong>m Menschen Antwort und Sinngebung<br />
sein. Doch sind auch Menschen <strong>de</strong>r<br />
heutigen Konsumgesellschaft mit <strong>de</strong>n<br />
14<br />
Fotos: Sara Borgioni<br />
engelke-picture<br />
Meist sind es schwere Schicksalsschläge,<br />
die einem Menschen die grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Fragen <strong>de</strong>s Seins in Erinnerung rufen.<br />
I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>r Kirchen noch zu gewinnen?<br />
Ist ein Leben im Namen von Glauben<br />
und Kirche im 21. Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />
überhaupt noch <strong>de</strong>nkbar?<br />
An<strong>de</strong>rs als manch einer<br />
glauben mag, muss ein Kloster<br />
kein verschlossener Raum<br />
abseits <strong>de</strong>s normalen Lebens,<br />
keine Aussteigergemeinschaft<br />
sein. Tatsächlich kann ein religiös<br />
geprägtes Leben auch<br />
nah an <strong>de</strong>n Menschen und ihren<br />
grundlegen<strong>de</strong>n<br />
Bedürfnissen stehen.<br />
Nonnen und Mönche<br />
arbeiten in Krankenhäusern,<br />
Altersheimen<br />
und Schulen, wodurch sie einen<br />
großen Beitrag Beitrag für unsere<br />
Gesellschaft leisten.<br />
Viele entschei<strong>de</strong>n sich<br />
erst nach einem `weltlichen<br />
Leben´ dazu, aus <strong>de</strong>r<br />
Hektik Hektik auszubrechen auszubrechen und und sich sich <strong>de</strong>m <strong>de</strong>m AllAllgemeinwohl zu verschreiben. Meist Meist sind<br />
es schwere Schicksalsschläge, die einem<br />
Menschen die grundlegen<strong>de</strong>n Fragen<br />
<strong>de</strong>s Seins in Erinnerung rufen und Religion<br />
an Be<strong>de</strong>utung gewinnen lassen.<br />
Solche Menschen haben bis zu ihrer Entscheidung,<br />
sich in <strong>de</strong>n Dienst <strong>de</strong>r Religion<br />
zu stellen, einen gewöhnlichen Wer<strong>de</strong>gang<br />
von <strong>de</strong>r Schule über ein Studium<br />
bis hin zum Beruf hinter sich und fi n<strong>de</strong>n<br />
sich erst darauf in Klöstern o<strong>de</strong>r kirchlichen<br />
Instituten ein, um ihr Leben <strong>de</strong>r Gemeinschaft<br />
zu widmen.<br />
Auf <strong>de</strong>r Suche nach einem Kloster in<br />
Bonn stößt man auf <strong>de</strong>n Kreuzberg, eine<br />
mo<strong>de</strong>rne Glaubenseinrichtung und Wallfahrtsstätte<br />
oberhalb <strong>de</strong>r ehemaligen<br />
Bun<strong>de</strong>shauptstatt. Je<strong>de</strong>s Jahr pilgern<br />
viele Gläubige aus <strong>de</strong>r ganzen Republik<br />
dorthin, um die heilige Stiege kniend<br />
zu erklimmen o<strong>de</strong>r die Pieta, eine Marienstatue,<br />
zu verehren.<br />
Auf <strong>de</strong>m Kreuzberg wird man leicht<br />
fündig, wenn man nach beispielhaften<br />
Wer<strong>de</strong>gängen für <strong>de</strong>n beschriebenen<br />
„Quereinstieg“ in ein mo<strong>de</strong>rnes Kloster<br />
sucht. Hier leben neben indischen<br />
Or<strong>de</strong>nsschwestern auch Marienbrü<strong>de</strong>r.<br />
Diese Bru<strong>de</strong>rschaft <strong>de</strong>r Schönstattbewegung<br />
ist Teil einer Erneuerungsgemein-<br />
Erneuerungsgemein-<br />
schaft <strong>de</strong>r katholischen Kirche, die von<br />
Josef Kentenich 1914 gegrün<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>.<br />
Was kann ich wissen? Was soll ich tun?<br />
Was darf ich hoff en? Was ist <strong>de</strong>r Mensch?<br />
Ihr Ziel ist es nicht, ein Leben in Abgeschie<strong>de</strong>nheit<br />
und Stille zu führen, son-
Berufen. Bonner Mönche auf <strong>de</strong>m Kreuzberg<br />
<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Welt individuell, ihren Talenten<br />
entsprechend zu arbeiten. Seit 1980<br />
leitet eine Gemeinschaft <strong>de</strong>r Marienbrü<strong>de</strong>r<br />
am Kreuzberg das<br />
Zentrum für internationale<br />
Bildung und Kulturaustausch,<br />
das sich<br />
im Kloster befi n<strong>de</strong>t. In<br />
diesem Institut leben<br />
junge Menschen aus<br />
allen Teilen <strong>de</strong>r Welt,<br />
um in Intensivkursen<br />
Deutsch zu lernen.<br />
Zurzeit besuchen Studieren<strong>de</strong><br />
aus Indien,<br />
Burundi, Äthiopien, Benin, Israel, Guatemala,<br />
Nigeria, <strong>de</strong>r Dominikanischen Republik,<br />
<strong>de</strong>m Libanon,<br />
Kenia und Indonesien<br />
das Sprachinstitut.<br />
Viele von ihnen planen,<br />
in Deutschland<br />
zu promovieren. Hinter<br />
<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />
Nationalitäten<br />
stehen zu<strong>de</strong>m unterschiedliche<br />
Kulturen<br />
und Religionen. So<br />
wird das katholische Institut unter an<strong>de</strong>rem<br />
von Muslimen, Buddhisten und<br />
Ju<strong>de</strong>n bewohnt. Die Studieren<strong>de</strong>n fi -<br />
nanzieren ihren Deutschlandaufenthalt<br />
in <strong>de</strong>r Regel durch Stipendien <strong>de</strong>s KAAD<br />
(Katholischer Aka<strong>de</strong>mischer Austauschdienst)<br />
und <strong>de</strong>s DAAD (Deutscher Aka<strong>de</strong>mischer<br />
Austauschdienst).<br />
Ernest M. Kanzler lebt und arbeitet als<br />
Marienbru<strong>de</strong>r auf <strong>de</strong>m Kreuzberg. Auch<br />
sein Lebenslauf ist von einem beson<strong>de</strong>ren<br />
Lebensweg gezeichnet. Durch Kon-<br />
Kreuzbergkirche<br />
takte in <strong>de</strong>r Jugendarbeit wur<strong>de</strong><br />
Ernest M. Kanzler auf das Säkularinstitut<br />
<strong>de</strong>r Marienbrü<strong>de</strong>r aufmerksam.<br />
Zu Beginn seines Maschinenbaustudiums<br />
in Aachen wur<strong>de</strong> er<br />
Mitglied <strong>de</strong>r Gemeinschaft und<br />
engagierte sich fortwährend in <strong>de</strong>r<br />
entsprechen<strong>de</strong>n Hochschulgruppe.<br />
Seine Motivation zu diesem<br />
Schritt war die Hoff nung, die Kluft<br />
zwischen religiösen Werten und<br />
<strong>de</strong>r Berufswelt zu überbrücken. So<br />
nahm er sich neben <strong>de</strong>n Vorlesungen<br />
und Tutorien die Zeit durch re-<br />
<strong>akut</strong><br />
Kreuzbergkirche Kreuzbergkirche mit Klosteranbauten<br />
ligiöse Studien, <strong>de</strong>r Teilnahme<br />
an Gottesdiensten und durch<br />
gemeinsame Studieren<strong>de</strong>nwallfahrten<br />
seinem Glauben<br />
Ausdruck zu verleihen. Innerhalb<br />
<strong>de</strong>r Hochschulgruppe<br />
bot sich so die Möglichkeit<br />
<strong>de</strong>r Diskussion und Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />
mit religiösen<br />
Themen.<br />
Nach <strong>de</strong>m erfolgreichen<br />
Studienabschluss<br />
Ernest M. Kanzler in <strong>de</strong>r<br />
Industrie. Auf diese Weise<br />
wollte er,<br />
<strong>de</strong>r Aufgabe<br />
<strong>de</strong>r<br />
Marienbrü<strong>de</strong>rentsprechend,<br />
seine<br />
religiösenWer-<br />
arbeitete<br />
te und<br />
Vorstellungen aktiv in<br />
die Gesellschaft einbringen.<br />
Schließlich folgte er jedoch<br />
einer Anfrage seines Säkularinstituts und<br />
stellte seine ganze Arbeitskraft in <strong>de</strong>n<br />
Dienst <strong>de</strong>r Marienbru<strong>de</strong>rschaft. Heute leitet<br />
er <strong>de</strong>ren Internationale Bildungsstätte<br />
auf <strong>de</strong>m Kreuzberg mit Sprachinstitut in<br />
Poppelsdorf und kann seine Erfahrungen<br />
in vielfältiger Art und Weise im Umgang<br />
mit <strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n einsetzen.<br />
Auf diese Weise leisten die Marienbrü-<br />
<strong>de</strong>r einen großen Beitrag zur interkulturellen<br />
Verständigung und machen <strong>de</strong>n<br />
Bonner Kreuzberg zu einem Treff punkt<br />
verschie<strong>de</strong>ner Kulturen.<br />
Das Beispiel zeigt, dass es auch im<br />
21. Jahrhun<strong>de</strong>rt nicht unbedingt abwegig<br />
ist, sich Gedanken über eine<br />
kirchliche Laufbahn zu machen. Das<br />
Berufsfeld bietet vielfältige Möglichkeiten<br />
sich – auch ohne Smartphone<br />
& Co - in die Gesellschaft einzubringen.<br />
Ein Lebensweg für dich?<br />
Klösterlicher Fernsehraum - „Beam me up, Scotty!“<br />
Natürlich wird<br />
die <strong>akut</strong><br />
auf Recyclingpapier<br />
gedruckt.<br />
15
[flickr.com/andreas.zachmann]<br />
<strong>akut</strong><br />
Von Katja Haberlandt<br />
Humboldts Bildungsi<strong>de</strong>al<br />
Reformator und Diplomat, Sprachwissenschaftler<br />
und Staatstheoretiker:<br />
Wilhelm von Humboldt war einer <strong>de</strong>r<br />
gelehrtesten Männer seiner Zeit. Als Leiter<br />
<strong>de</strong>r preußischen Kultus- und Unterrichtsverwaltung<br />
gelang ihm die Reform<br />
eines <strong>de</strong>solaten preußischen Bildungswesens,<br />
von <strong>de</strong>r heutige Kultusminister<br />
nur träumen können. Dabei besuchte er<br />
selbst keine öff entliche Schule und fühlte<br />
sich immer mehr als Sprach- und Kulturwissenschaftler<br />
<strong>de</strong>nn als Politiker. Doch<br />
vielleicht war gera<strong>de</strong> dies <strong>de</strong>r Grund,<br />
warum er eine neue, am Menschen orientierte<br />
I<strong>de</strong>e von Bildung entwickelte<br />
und schließlich jene Universität in Berlin<br />
grün<strong>de</strong>te, die heute seinen Namen trägt.<br />
Humboldt fand sein Bildungsi<strong>de</strong>al im<br />
Menschenbild <strong>de</strong>r griechischen Antike,<br />
16<br />
Eingestan<strong>de</strong>n. Lernst du noch o<strong>de</strong>r lebst du schon?<br />
„Denken und Wissen sollten immer gleichen<br />
Schritt halten. Das Wissen bleibt sonst<br />
tot und unfruchtbar.“<br />
Wilhelm von Humboldt<br />
<strong>de</strong>ren Kultur er verehrte. Ziel <strong>de</strong>r Humboldtschen<br />
Bildung war die Entfaltung<br />
<strong>de</strong>s Individuums, die Ausbildung aller<br />
Fähigkeiten je<strong>de</strong>s einzelnen Menschen<br />
– dabei sei strikt zwischen allgemeiner<br />
Menschenbildung und fachlicher Berufsbildung<br />
zu diff erenzieren.<br />
Bildungsutopismus?<br />
I<strong>de</strong>en hatte er genug, was Sinn und<br />
Aufgabe <strong>de</strong>r Universität anging: Ein Ort<br />
sollte sie sein, an <strong>de</strong>m Lehren<strong>de</strong> und<br />
Lernen<strong>de</strong> in Freiheit diskutierten und<br />
stritten, universelle Bildung erwarben,<br />
individuelle Interessen entwickelten, ihre<br />
Charaktere ausformten. Es war ein huma-<br />
nistisches I<strong>de</strong>al, frei von jeglicher Einmischung<br />
durch <strong>de</strong>n Staat. „Einsamkeit und<br />
Freiheit“ seien existenziell zur völligen<br />
Entfaltung. Wissen als Entwicklungsprozess,<br />
als Diskurs, und nicht als Lernen von<br />
Faktenwissen.<br />
„I<strong>de</strong>enreichtum: Sehr gut,<br />
Durchhaltevermögen: Mangelhaft!“<br />
Nur ein Jahr lang war er „Direktor <strong>de</strong>r<br />
Sektion <strong>de</strong>s Kultus und öff entlichen Unterrichts<br />
in Preußen“: Per Kabinettsor<strong>de</strong>r<br />
vom 10. Februar 1809 wur<strong>de</strong> Wilhelm von<br />
Humboldt vom preußischen König berufen<br />
und schon 1810 legte er das Rücktrittsgesuch<br />
ein. Und doch hatte er <strong>de</strong>n<br />
Grundstein für eine geistige Entwicklung<br />
gelegt, die Preußen und Deutschland fast<br />
zweihun<strong>de</strong>rt Jahre lang prägen sollte.<br />
Aber was nützen I<strong>de</strong>en, wenn sie nur<br />
im Raum stehen? I<strong>de</strong>en müssen umgesetzt<br />
wer<strong>de</strong>n, und dies ist <strong>de</strong>r größte Kri-
Eingestan<strong>de</strong>n. Lernst du noch o<strong>de</strong>r lebst du schon?<br />
tikpunkt <strong>de</strong>r Humboldt-Gegner an Humboldts<br />
(I<strong>de</strong>al-)Vorstellungen von Bildung.<br />
Es fehle <strong>de</strong>r Praxisbezug, insbeson<strong>de</strong>re in<br />
wirtschaftlich unruhigen Zeiten sei eine<br />
größere Orientierung <strong>de</strong>r aka<strong>de</strong>mischen<br />
Ausbildung an <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s<br />
Arbeitsmarktes erfor<strong>de</strong>rlich. Doch gera<strong>de</strong><br />
diese Einfl ussnahme jedwe<strong>de</strong>r Interessen<br />
auf die wissenschaftlichen Inhalte, egal<br />
ob politischer, religiöser o<strong>de</strong>r wirtschaftlicher<br />
Art, wollte Humboldt um je<strong>de</strong>n<br />
Preis verhin<strong>de</strong>rn: Wissenschaft sei die Suche<br />
nach <strong>de</strong>r Wahrheit, und Bildung be<strong>de</strong>ute<br />
in erster Linie Menschenbildung,<br />
nicht fachliche Ausbildung. Denn: Die<br />
erste und unerlässliche Bedingung für<br />
die Bildung sei die Freiheit.<br />
Diese fehlt uns Studieren<strong>de</strong>n heute<br />
mehr <strong>de</strong>nn je. Lehrpläne und Studiengangordnungen<br />
lassen keinen Raum für<br />
Individualität. Und doch war nach Humboldt<br />
gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Einzelne Bezugspunkt<br />
<strong>de</strong>r Bildung. „Der wahre Zweck <strong>de</strong>s Menschen<br />
(…) ist die höchste und proportionierlichste<br />
Bildung seiner Kräfte zu<br />
einem Ganzen“ – und das sollte auf <strong>de</strong>r<br />
Universität geschehen, einer Schule, die<br />
<strong>de</strong>n ganzen Menschen bil<strong>de</strong>te, seinen Intellekt,<br />
Geist und Charakter.<br />
In unserer Zeit ist es ein Wagnis, sich<br />
die Freiheit<br />
zu nehmen<br />
und sich<br />
so zu entwickeln,<br />
wie es gut<br />
für einen<br />
ist und wie<br />
man selbst<br />
„Bildung ist etwas, das Menschen<br />
mit sich und für sich machen:<br />
Man bil<strong>de</strong>t sich. Ausbil<strong>de</strong>n<br />
können uns an<strong>de</strong>re, bil<strong>de</strong>n kann<br />
sich je<strong>de</strong>r nur selbst.“<br />
(Peter Bieri)<br />
es möchte.<br />
Für Humboldt stand fest, dass „die Mannigfaltigkeit<br />
<strong>de</strong>r Gesellschaft immer in<br />
<strong>de</strong>m Gra<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Einmischung <strong>de</strong>s Staates<br />
verloren“ gehe. Denn „wer für an<strong>de</strong>re räsoniert,<br />
<strong>de</strong>n hat man im Verdacht, dass er<br />
die Menschheit misskennt und aus Menschen<br />
Maschinen machen will“. Wir sind<br />
keine Maschinen und darum muss je<strong>de</strong>r<br />
von uns sich selbst entschei<strong>de</strong>n, welchen<br />
Lebensweg er einschlägt. Wir sollten uns<br />
trotz <strong>de</strong>r starren Studienvorgaben und<br />
<strong>de</strong>m Druck <strong>de</strong>s Arbeitsmarktes die Freiheit<br />
und Zeit nehmen, uns zu entwickeln<br />
und zu bil<strong>de</strong>n – egal in welcher Hinsicht.<br />
„Mannigfaltigkeit ist das höchste Gut,<br />
welches die Gesellschaft gibt“.<br />
Humboldts I<strong>de</strong>al ist heute in <strong>de</strong>r Universität<br />
vielleicht schwer umsetzbar, es<br />
<strong>akut</strong><br />
hin<strong>de</strong>rt uns aber nicht daran, es für uns<br />
persönlich zu verfolgen.<br />
von Humboldt, (* 22. Juni 1767; † 8. April 1835) war ein <strong>de</strong>utscher Gelehrter und Staatsmann.<br />
Während sein Bru<strong>de</strong>r Alexan<strong>de</strong>r durch Forschungen im Bereich <strong>de</strong>r Naturwissenschaften<br />
Wilhelm<br />
zu Ruhm gelangte, beschäftigte sich Wilhelm insbeson<strong>de</strong>re mit kulturwissenschaftlichen Zusammenhängen<br />
wie <strong>de</strong>r Bildungsproblematik, <strong>de</strong>r Staatstheorie, <strong>de</strong>r analytischen Betrachtung von Sprache, Literatur<br />
und Kunst und gestaltete als Reformator im Schul- und Hochschulwesen sowie als preußischer Diplomat<br />
aktiv die Politik seiner Zeit mit.<br />
17
<strong>akut</strong><br />
[flickr.com/ninara]<br />
Von Donya Kazemi<br />
Iranische Ansichten<br />
Ein Spaziergang durch Teheran<br />
Ich stehe am meydane enghelab und<br />
lasse meinen Blick durch die Millionen-Stadt<br />
Teheran schweifen. Ich sehe<br />
hohe, mo<strong>de</strong>rne, verglaste Gebäu<strong>de</strong>.<br />
Darin befi n<strong>de</strong>n sich luxuriöse Boutiquen.<br />
Ein Überbleibsel aus <strong>de</strong>r Schah-<br />
Zeit, als die Regierung noch <strong>de</strong>m Westen<br />
nacheiferte und immer und immer<br />
wie<strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnste Gebäu<strong>de</strong>komplexe<br />
aus <strong>de</strong>m Bo<strong>de</strong>n gestampft wur<strong>de</strong>n.<br />
Diese Zeiten sind vorbei. Das, was übrig<br />
geblieben ist, wird mit Not zusammengehalten.<br />
Die Regierung hat an<strong>de</strong>re<br />
Sorgen, da kann man sich nicht<br />
mehr um die Einkaufsstrassen o<strong>de</strong>r<br />
Shoppingzentren kümmern.<br />
Wenn ich mich so umsehe, könnte ich<br />
eigentlich genauso in Paris sein. Vielleicht<br />
nicht ganz, aber mit viel Phantasie <strong>de</strong>nke<br />
ich mir einfach die qualitativ eher zweitrangigen<br />
Autos weg und schon sitze ich<br />
mitten an <strong>de</strong>r Champs-Elysées.<br />
Nunja, vielleicht doch nicht. Es gibt<br />
noch ein paar Kleinigkeiten, die mich<br />
daran hin<strong>de</strong>rn, mich wie in Europa zu<br />
fühlen. Da ist dieser ältere Mann, <strong>de</strong>r sich<br />
mit <strong>de</strong>m Verkauf von Zigaretten an <strong>de</strong>r<br />
Straßenecke ein wenig Geld dazuverdienen<br />
möchte.<br />
Ob er eine Erlaubnis hat? Nein, ich<br />
18<br />
Unverhüllt. Eine iranische Momentaufnahme<br />
muss lachen, ich glaube nicht. Und da<br />
hinten, die bei<strong>de</strong>n jungen Frauen, die<br />
kichernd zu <strong>de</strong>m gut aussehen<strong>de</strong>n Jungen<br />
schauen. Eine <strong>de</strong>r Frauen, nennen<br />
wir sie Shirin, trägt ein hautenges Kleid,<br />
das eigentlich ihre Figur „kaschieren“<br />
sollte. Ihre Lippen sind geschminkt, die<br />
Viele <strong>de</strong>r jungen Iraner versuchen, im<br />
Ausland ihr Glück zu fi n<strong>de</strong>n.<br />
Augen getuscht. Ihre Haare? Die sind<br />
gestylt und schauen, wie unbeabsichtigt,<br />
aus <strong>de</strong>m rosafarbenen Kopftuch heraus.<br />
Ihre Kleidung ist perfekt abgestimmt, die<br />
Nägel manikürt und die Schuhe, wow, so<br />
etwas fi n<strong>de</strong>t man nicht einmal in Paris.<br />
Ich sehe aber<br />
auch die etwas<br />
an<strong>de</strong>re Seite: dort,<br />
auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Straßenseite sitzt<br />
eine junge Mutter<br />
mit ihrem kleinen<br />
Sohn. Sie ist schlicht in schwarz gehüllt,<br />
senkt <strong>de</strong>n Blick und scheint so… so unscheinbar.<br />
So wie sie verhalten sich hier<br />
viele. Schüchtern nimmt sie ihren Sohn an<br />
die Hand, <strong>de</strong>r damit beschäftigt ist, sein<br />
neues Spielzeugauto auf <strong>de</strong>m Bürgersteig<br />
auszutesten. Wirklich - man ist nicht<br />
in Europa. Wäre die junge Mutter nicht so<br />
versunken, hätte sie vielleicht gemerkt,<br />
wie <strong>de</strong>r junge Mann unseren bei<strong>de</strong>n<br />
hübschen Frauen einen kleinen Zettel<br />
zusteckt. Natürlich nur <strong>de</strong>r einen, Shirin,<br />
<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n schönen Schuhen. Zwar ist<br />
Bigamie im Iran nicht verboten, doch ein<br />
wenig Moral besitzt <strong>de</strong>r junge<br />
Herr scheinbar schon. Ein Lächeln<br />
noch, ein „Ruf an!“ und<br />
schon ist er weg. Verschwun<strong>de</strong>n<br />
in <strong>de</strong>r Menge. Ob sie anrufen wird?<br />
Ich glaube nicht. Die bei<strong>de</strong>n kichern, Shi- Shirin<br />
steckt <strong>de</strong>n Zettel ein. Vielleicht wirft<br />
sie die Nummer heute Abend weg. O<strong>de</strong>r<br />
sie legt sie zu <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Telefonnummern<br />
von jungen, gut aussehen<strong>de</strong>n Män-<br />
nern, die sie<br />
so tagtäglich<br />
a n g e b o t e n<br />
bekommt.<br />
Viele <strong>de</strong>r<br />
jungen Iraner<br />
versuchen,<br />
im Ausland ihr Glück zu fi n<strong>de</strong>n. Kana- Kanada,<br />
Schwe<strong>de</strong>n, Frankreich, Deutschland.<br />
Län<strong>de</strong>r, in die sie ihre Hoff nung stecken,<br />
freier und off ener leben zu können. Viele,<br />
die es nicht schaff en, aus fi nanziellen<br />
o<strong>de</strong>r familiären Grün<strong>de</strong>n, im Ausland ihr<br />
Glück zu suchen, versuchen sich ihr Le-<br />
Man kann alles haben, wenn man die<br />
nötigen Mittel hat und weiß, an welchen<br />
vertrauenswürdigen Händler man sich<br />
wen<strong>de</strong>n muss.<br />
Teheran
Unverhüllt. Eine iranische Momentaufnahme<br />
ben so „normal“ wie möglich zu gestalten.<br />
Bei <strong>de</strong>r einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Feier im<br />
Freun<strong>de</strong>skreis fi n<strong>de</strong>t man einen netten,<br />
heiratsfähigen Mann und eventuell wird<br />
mehr daraus. O<strong>de</strong>r aber man macht es<br />
wie viele an<strong>de</strong>re und nutzt Familie und<br />
Freun<strong>de</strong> als Heiratsvermittler. Wenn jemand<br />
von einem „guten Fang“ erfährt,<br />
erwähnt er nebenbei seine unglaublich<br />
hübsche Nichte, die als Jahresbeste ihr<br />
Physikstudium abgeschlossen hat. Und<br />
ihr gegenüber schwärmt man von <strong>de</strong>m<br />
jungen Mann, gebil<strong>de</strong>t, attraktiv, höfl ich<br />
und ein Ferienhäuschen am Meer hat er<br />
auch noch. Man muss sich eben von <strong>de</strong>r<br />
Menge abheben, auff allen.<br />
Hier haben die Frauen die Wahl, wen<br />
sie nehmen o<strong>de</strong>r eben nicht. Und da<br />
kann es schon mal sein, dass es mehrere<br />
Versuche, meh-<br />
rerepotenzielle Ehemänner<br />
gibt, mit <strong>de</strong>-<br />
nen man sich<br />
triff triff t, ins Café geht geht und und schaut, ob man,<br />
rein platonisch, platonisch, überhaupt miteinan<strong>de</strong>r<br />
miteinan<strong>de</strong>r<br />
auskommt.<br />
Wenn die erste Hür<strong>de</strong> geschaff t ist,<br />
teilt man seinen Eltern und <strong>de</strong>r Familie<br />
mit, dass man interessiert wäre. Es folgen<br />
Besuche, Einladungen,<br />
die Familien lernen<br />
sich kennen und wenn<br />
dann immer noch alles<br />
stimmt, kann mit<br />
<strong>de</strong>r Hochzeitsplanung<br />
begonnen wer<strong>de</strong>n. Iranische<br />
Hochzeiten gleichen<br />
nicht <strong>de</strong>n europäischen.<br />
Der größte Unterschied<br />
ist wohl, dass<br />
Frauen und Männer in<br />
getrennten Bereichen<br />
untergebracht wer<strong>de</strong>n,<br />
man soll sich beim Feiern<br />
schließlich nicht<br />
zu Nahe kommen. Die<br />
Großmutter sitzt mit<br />
ihrer Schwester zusammen,<br />
die Enkelin mit<br />
<strong>de</strong>r Cousine und die<br />
Tante mit <strong>de</strong>r glücklichen<br />
Brautmutter, die es<br />
kaum auf <strong>de</strong>n Beinen hält, weil ihre Tochter<br />
ja einen so tollen Mann gefun<strong>de</strong>n hat.<br />
Jetzt kann sie beruhigt sein, ihr Kind ist<br />
glücklich und das ist alles, was zählt.<br />
Je nach<strong>de</strong>m, in welchem Milieu man<br />
sich befi n<strong>de</strong>t, gibt es <strong>de</strong>n einen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Schluck Alkohol, meist aber nicht.<br />
Wo <strong>de</strong>r herkommt? Hm, man kann alles<br />
haben, wenn man die nötigen Mittel hat<br />
und weiß, an welchen vertrauenswürdigen<br />
Händler man sich wen<strong>de</strong>n muss.<br />
Es wird getanzt,<br />
die Musik<br />
ist laut und schrill,<br />
es wer<strong>de</strong>n Fotos<br />
gemacht, je<strong>de</strong>r<br />
möchte mit <strong>de</strong>r<br />
Braut zusammen<br />
auf einem Bild<br />
sein. Sie sieht<br />
heute beson<strong>de</strong>rs<br />
schön aus, in ihrem<br />
weißen Kleid,<br />
makellos geschminkt,selbstverständlich.<br />
Die<br />
Hochzeitsreise<br />
<strong>akut</strong><br />
geht ausnahmsweise nicht nach Venedig Iraner nie<strong>de</strong>rgelassen haben. Da muss es<br />
o<strong>de</strong>r New York. Man muss mit <strong>de</strong>m Vor- toll sein. Und was dann? Zurück in <strong>de</strong>n<br />
lieb nehmen, was man hat und so geht Iran?<br />
es für eine Wo- Ja, dafür schlägt ihr Herz, dort ist ihre<br />
che nach Isfa- Familie und dort fühlt sie sich wohl. Auch,<br />
han o<strong>de</strong>r Shiraz. wenn es auf Grund <strong>de</strong>r politischen Situ-<br />
Historisch sehr ation schon mal brenzlig wer<strong>de</strong>n kann.<br />
be<strong>de</strong>utsame Die Menschen sind off en, viel off ener<br />
iranische Städte. Kein Mailand, aber wer als in Europa, zumin<strong>de</strong>st hat sie das mal<br />
braucht das schon? Unsere junge Shirin, gehört. Man ist gastfreundlich, das Haus<br />
die <strong>de</strong>n Zettel von ihrem Verehrer wie<strong>de</strong>r immer voll, es ist viel los.<br />
ausgepackt hat, ihn sich anschaut und Aber, fragt sie sich, wäre es nicht noch<br />
scheinbar darüber nach<strong>de</strong>nkt, ihn doch schöner, in einem Land zu leben, in <strong>de</strong>m<br />
anzurufen? Nein, sie steckt ihn wie<strong>de</strong>r ich kurze Hosen und Röcke anziehen<br />
ein, zu <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>- kann und es keinen interessiert, ob mein<br />
ren, die sich in<br />
nackter Knöchel zu sehen ist o<strong>de</strong>r nicht!?<br />
ihrer Tasche sam- Durch die Strassen ziehen, ohne sich Sormeln.<br />
Sie ist 18<br />
gen zu machen, von alten, mürrischen<br />
Jahre alt, hat ihr<br />
Frauen belästigt zu wer<strong>de</strong>n, die meinen,<br />
Abitur mit Bra-<br />
sie wären die Wächter <strong>de</strong>r Sitte und die<br />
vour gemeistert<br />
Jugend sei sowieso viel zu verdorben,<br />
und möchte nun<br />
mit ihren engen, bunten Kopftücher und<br />
studieren. Am<br />
diesen Unmengen von Schminke. Und<br />
liebsten wür<strong>de</strong><br />
dann diese operierten Nasen. Pah!<br />
sie Mo<strong>de</strong><strong>de</strong>sign<br />
Sie weiß nicht, was besser wäre und<br />
machen, aber da-<br />
ich weiß es auch nicht. Das Leben wird<br />
von halten ihre<br />
durch die Regierung stark eingeschränkt,<br />
Eltern nicht viel.<br />
man schwappte, nach <strong>de</strong>r iranischen<br />
Die möchten,<br />
Revolution vor über dreißig Jahren, von<br />
dass Shirin Medi-<br />
einem Extrem ins nächste. Der Schah<br />
zin studiert, aber<br />
verbot das Kopftuch, die neue Regierung<br />
ihr Leben lang<br />
schreibt es vor. Das Land wan<strong>de</strong>lte sich<br />
kranke Menschen<br />
von einem Staat, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Westen verehrt<br />
behan<strong>de</strong>ln?<br />
und allem westlichen nacheifert in ein<br />
Nein, das wäre Land mit Verboten und einem Hass auf<br />
Teheran es doch auch.<br />
alles Westliche, alles Teufl ische. Die Frau<br />
Was sie will? Am<br />
soll sich be<strong>de</strong>cken, nicht ihre Reize off en<br />
liebsten wür<strong>de</strong> sie legen und damit die Männer verführen...<br />
erstmal ein Jahr durch die Welt reisen, Es ist Zeit, ich muss mich beeilen, die<br />
nach Europa, sie wür<strong>de</strong> gerne mal eine bei<strong>de</strong>n Mä<strong>de</strong>ls sind auch aufgebrochen.<br />
echte Sachertorte essen, mitten in Wien. Arm in Arm gehen sie los, heute Abend<br />
Dann wür<strong>de</strong> sie weiterfahren, nicht nach sind sie auf einer Hochzeit eingela<strong>de</strong>n<br />
Mailand, um sich Schuhe zu kaufen, nein, und angeblich kommt <strong>de</strong>r attraktive<br />
die bekommt sie auch in <strong>de</strong>n angesagten Mehdi. Der, <strong>de</strong>r Shirin schon bei <strong>de</strong>r letz-<br />
Tehraner Schuhlä<strong>de</strong>n. Sie möchte nach ten Feier so süß zugelächelt hatte. Viel-<br />
England und Italien, nach Deutschland leicht können sie sich heute Abend, ir-<br />
zum Oktoberfest, wo sie diese schönen, gendwie, ein wenig näher kommen? Rein<br />
lustigen Klei<strong>de</strong>r tragen, sie möchte weiterreisen<br />
nach Los Angeles, wo sich viele<br />
platonisch natürlich!<br />
Der Schah verbot das Kopftuch, die neue<br />
Regierung schreibt es vor.<br />
[flickr.com/Hamed Saber]<br />
[flickr.com/parseha]<br />
19
<strong>akut</strong><br />
Von Jonas Jossen<br />
Studiengebühren - aus und vorbei?<br />
Lange hatte man <strong>de</strong>rgleichen in<br />
Deutschland nicht mehr gesehen:<br />
Tausen<strong>de</strong> Stu<strong>de</strong>nten und Stu<strong>de</strong>ntinnen<br />
gehen gemeinsam auf die Straße,<br />
besetzen Hörsaale und <strong>de</strong>monstrieren<br />
vereint gegen das bestehen<strong>de</strong> Bildungssystem.<br />
Bologna wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Prozess gemacht,<br />
lautstark gefl ucht und geschimpft über<br />
das Verhalten <strong>de</strong>s Fiskus, <strong>de</strong>r mit seinem<br />
Streben nach europäischer Vergleichbarkeit<br />
manch’ gern gesehenes Diplom mit<br />
Füßen trat und die Bildung <strong>de</strong>m Konsumenten<br />
in Rechnung stellte. Von <strong>de</strong>m<br />
Stu<strong>de</strong>ntenle-<br />
ben unserer<br />
Elterngeneration<br />
ist nicht<br />
mehr viel übrig<br />
geblieben.<br />
In <strong>de</strong>n meis-<br />
ten Fächern<br />
bleibt keine Zeit über <strong>de</strong>n Tellerrand zu<br />
schauen; ganz zu schweigen von einer<br />
ausreichen<strong>de</strong>n Flexibilität für einen Nebenjob<br />
zur Finanzierung <strong>de</strong>s Studiums.<br />
Unter an<strong>de</strong>rem durch die Studiengebühren<br />
wird diese für viele Studieren<strong>de</strong> immer<br />
schwieriger.<br />
20<br />
Ausgezahlt. Aktuelle Entwicklung <strong>de</strong>r Unifi nanzierung<br />
Aus diesem Grund versucht die Regierung,<br />
eifrige, aber nicht so zahlungskräftige<br />
Abiturienten mit günstigen Krediten<br />
zu locken. Doch genauso wie das BAföG<br />
nutzen bei weitem<br />
nicht alle,<br />
die könnten,<br />
diese Angebote.<br />
Viele schreckt es ab, sich für ihr Studium<br />
Klingt ziemlich einfach, ist es aber nicht.<br />
zu verschul<strong>de</strong>n und angesichts <strong>de</strong>r Stu- Stu-<br />
dienabbrecherzahl von über einem Drittel<br />
ist es leicht verständlich, dass mancher<br />
es nicht riskieren möchte, am En<strong>de</strong><br />
ohne Studienabschluss aber mit roten<br />
Zahlen dazustehen. So machten die Studieren<strong>de</strong>n<br />
ihrem Frust Luft und ließen<br />
sich in manchen Städten nur durch <strong>de</strong>n<br />
Einsatz von Poli-<br />
zei aus <strong>de</strong>n Hörsälen<br />
vertreiben.<br />
Nichts <strong>de</strong>sto<br />
trotz wollte die<br />
schwarz-gelbe<br />
Regierung an<br />
<strong>de</strong>n Studienbeiträgen<br />
festhalten.<br />
Die Abreibung für diese Politik kam<br />
am 9. Mai: Rüttgers musste gehen und<br />
<strong>de</strong>r rot-grünen Kraft Platz machen.<br />
Mit einem Mal wird also alles an<strong>de</strong>rs.<br />
Das Diplom befreit sich aus <strong>de</strong>m Kerker<br />
<strong>de</strong>s Masters und startet gemeinsam mit<br />
Das Diplom befreit sich aus <strong>de</strong>m Kerker<br />
<strong>de</strong>s Masters und startet eine große Revolte.<br />
O<strong>de</strong>r etwa nicht?<br />
Humboldt eine große Revolte gegen die<br />
erdrücken<strong>de</strong> Enge von Credit-Points und<br />
Anwesenheitspfl icht. O<strong>de</strong>r etwa nicht?<br />
Der erste Erfolg scheint zumin<strong>de</strong>st<br />
zum Greifen<br />
nahe. Geht es<br />
nach <strong>de</strong>m Willen<br />
<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sregierung,<br />
wer<strong>de</strong>n die Studieren<strong>de</strong>n<br />
ab <strong>de</strong>m Wintersemester 2011/12 500€<br />
mehr in <strong>de</strong>r Tasche haben.<br />
Darüber hinaus soll sich jedoch nichts<br />
än<strong>de</strong>rn. Klingt ziemlich einfach, ist es<br />
aber nicht. Die rund 270 Millionen Euro<br />
Mehreinnahmen durch die Studiengebühren<br />
wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Hochschulen<br />
bereits in neues Lehrpersonal, wissenschaftliche<br />
Hilfskräfte, Tutorien, Bücher,<br />
Ausstattung und Ähnliches gesteckt und<br />
sind auch für alle folgen<strong>de</strong>n Semester<br />
eingeplant. Unweigerlich stellt sich daher<br />
die Frage, ob <strong>de</strong>r Kraftakt gelingt und<br />
die versprochenen 249 Millionen Euro<br />
aus Lan<strong>de</strong>sgel<strong>de</strong>rn angesichts <strong>de</strong>s großen<br />
Lochs im nordrhein-westfälischen<br />
Haushalt wirklich bei <strong>de</strong>n Universitäten<br />
ankommen. Wenn nicht, könnte das laut<br />
herausposaunte Wahlverspechen <strong>de</strong>r<br />
SPD ein schwerer Stein im Weg <strong>de</strong>r Min<strong>de</strong>rheitsregierung<br />
wer<strong>de</strong>n.
Rubrik Mein Prof.<br />
Rangezoomt. Profs in <strong>de</strong>n Blick genommen<br />
Name: Prof. Dr. Christian Hillgruber<br />
Geburtsdatum: 09.12.1963<br />
Fakultät: Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät<br />
Professur: Lehrstuhl für Öff entliches Recht<br />
Wie sind Sie darauf gekommen, Jura zu<br />
studieren?<br />
In <strong>de</strong>r Schule habe ich eine Einführung<br />
in die Rechtsphilosophie erhalten, die<br />
mich sehr beeindruckt hat. Ich habe mich<br />
aber auch immer sehr für Geschichte interessiert,<br />
so dass ich auch dieses Studienfach<br />
ernsthaft in Erwägung gezogen<br />
habe. Letztlich habe ich mich aber doch<br />
für die Rechtswissenschaft entschie<strong>de</strong>n<br />
und diesen Schritt nie bereut.<br />
Wie sind Sie als Stu<strong>de</strong>nt mit Prüfungsstress<br />
umgegangen? Welche Empfehlungen<br />
haben Sie für die heutigen Stu<strong>de</strong>nten?<br />
Natürlich war auch ich bei Übungsarbeiten,<br />
bei Klausuren mehr als bei Hausarbeiten,<br />
nervös, und nicht immer haben<br />
sich gleich die erwünschten Erfolge eingestellt.<br />
Man muss einen langen Atem<br />
haben, Jura ist etwas für geistige „Langstreckenläufer“.<br />
Was machte zu ihren Studienzeiten modisch<br />
einen Jurastu<strong>de</strong>nten aus? Ist es<br />
heute immer noch so wie damals?<br />
Jurastu<strong>de</strong>nten fi elen immer kleidungsmäßig<br />
auf, weil fast alle an<strong>de</strong>ren<br />
so schlampig geklei<strong>de</strong>t waren, dass eine<br />
saubere, nicht zerrissene Stoff hose schon<br />
auffi el. Auch die meisten Stu<strong>de</strong>ntinnen<br />
waren adrett geklei<strong>de</strong>t und daher sehr<br />
ansehnlich und trieben an<strong>de</strong>rs als die <strong>de</strong>r<br />
Philosophischen Fakultät keinen „Kult<br />
<strong>de</strong>r Hässlichkeit“.<br />
Wie wür<strong>de</strong>n Sie Ihre Studienzeit in einem<br />
Satz zusammenfassen?<br />
Es war eine erfüllte, spannen<strong>de</strong> und<br />
nicht zuletzt dank einer Reihe von spannen<strong>de</strong>n<br />
Seminaren sehr ertragreiche, am<br />
En<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Examensvorbereitung auch<br />
entsagungsvolle Zeit, die ich nicht missen<br />
möchte.<br />
Wollten Sie schon immer Professor wer<strong>de</strong>n?<br />
Weshalb haben Sie sich für die Universität<br />
Bonn entschie<strong>de</strong>n?<br />
Nein, dass ich die Rechtswissenschaft<br />
einmal berufl ich als Hochschullehrer betreiben<br />
wür<strong>de</strong>, das hat sich erst allmählich<br />
herauskristallisiert, nach <strong>de</strong>r Promotion,<br />
die mich begeistert und veranlasst<br />
hat, mich auch noch zu habilitieren. Nach<br />
Stationen in Hei<strong>de</strong>lberg und Erlangen<br />
erhielt ich <strong>de</strong>n Ruf auf die Nachfolge <strong>de</strong>s<br />
legendären Josef Isensee in Bonn. Da<br />
konnte ich nur sofort und entschie<strong>de</strong>n<br />
„ja“ sagen.<br />
Was halten Sie von <strong>de</strong>r momentanen Studiensituation<br />
an <strong>de</strong>r Universität Bonn?<br />
Das Juridicum ist sicherlich keine bezaubern<strong>de</strong><br />
Örtlichkeit. Aber die Kollegen<br />
sind fachlich hervorragend und auch in<br />
<strong>de</strong>r Lehre sehr engagiert. Bonn ist daher<br />
für Studieren<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Rechtswissenschaft<br />
eine vorzügliche Wahl.<br />
<strong>akut</strong><br />
Welche Fähigkeiten sollten Studieren<strong>de</strong><br />
- ungeachtet <strong>de</strong>r Fachrichtung - Ihrer<br />
Meinung nach aus <strong>de</strong>m Studium mitnehmen?<br />
Das Denken, das Vor<strong>de</strong>nken, das Mit<strong>de</strong>nken,<br />
das Nach<strong>de</strong>nken, zu <strong>de</strong>m angeleitet<br />
wor<strong>de</strong>n ist und das man jetzt<br />
selbständig praktiziert. Das, nicht Einzelkenntnisse<br />
und –erkenntnisse, sind das<br />
Entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> und machen <strong>de</strong>n Erfolg<br />
eines wissenschaftlichen Studiums an einer<br />
Universität aus.<br />
Welche Kneipe / welches Restaurant in<br />
Bonn können Sie <strong>de</strong>n Stu<strong>de</strong>nten empfehlen?<br />
Da ich – lei<strong>de</strong>r – nicht in Bonn studiert<br />
habe, kenne ich mich in <strong>de</strong>r Bonner Kneipenszene<br />
nicht aus. Aber ich gehe gerne<br />
mal ins „Treppchen“ o<strong>de</strong>r auch ins „Haus<br />
Daufenbach“ in <strong>de</strong>r Brü<strong>de</strong>rgasse. Sehr<br />
empfehlenswert!<br />
Haben Sie eine Marotte, die Ihnen zwar<br />
manchmal unangenehm ist, die Sie aber<br />
nicht mehr los wer<strong>de</strong>n?<br />
Ich habe sicherlich viele Marotten, u.a.<br />
kratze ich mich allzu oft am Kopf. Aber<br />
ich glaube, es gibt Schlimmeres.<br />
Was wollten Sie <strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n schon<br />
immer mal sagen?<br />
Seid nicht ängstlich, son<strong>de</strong>rn zuversichtlich,<br />
meinungsstark und off en für<br />
Gegenargumente! Lasst Euch einfach<br />
von Euren Hochschullehrern und –lehrerinnen<br />
in die faszinieren<strong>de</strong> geistige Welt<br />
<strong>de</strong>r Wissenschaft entführen. Die berufl iche<br />
Praxis kommt früh genug.<br />
Du Fakultät und<br />
studierst an <strong>de</strong>r<br />
Philosophischen<br />
pfl egst (k)einen Kult <strong>de</strong>r Hässlichkeit?<br />
Schreib uns <strong>de</strong>ine<br />
Meinung als Leserbrief:<br />
redaktion@<strong>akut</strong>-<strong>bonn</strong>.<strong>de</strong><br />
21
<strong>akut</strong><br />
Von Lisa Homann<br />
Fest im Sattel?<br />
Ein kurzer Höllenritt durchs<br />
<strong>de</strong>utsche Verkehrsrecht<br />
Wer kennt das nicht? Man möchte<br />
gera<strong>de</strong> die Straße unter Zuhilfenahme<br />
eines Zebrastreifens überqueren und<br />
schaut sich ordnungsgemäß um: weit<br />
und breit kein Auto in Sicht. Gera<strong>de</strong><br />
in <strong>de</strong>m Moment, in <strong>de</strong>m man zum<br />
ersten Schritt ansetzt, fährt jedoch<br />
ein Fahrradfahrer mit rasantem<br />
Tempo an einem vorbei, so dass<br />
man erschrocken innehalten muss.<br />
Doch auch diverse weitere Regeln <strong>de</strong>s<br />
Straßenverkehrs wer<strong>de</strong>n gern einmal<br />
von <strong>de</strong>n Fahrern <strong>de</strong>s zweirradigen<br />
Gefährts außer Acht gelassen.<br />
Aus diesem Grund halten wir eine<br />
kurze Übersicht über die “Do’s” und<br />
“Don’ts” im Straßenverkehr, gera<strong>de</strong><br />
als Radfahrer, für angebracht. In<br />
dieser Ausgabe fi n<strong>de</strong>t die <strong>akut</strong> hierfür<br />
Unterstützung bei Rechtsanwalt<br />
Michael Homann.<br />
Ein häufi ges Problem stellt <strong>de</strong>r Genuss<br />
von Alkohol o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Rauschmittel<br />
im Verkehr dar. Wie hoch fällt die Strafe<br />
22<br />
Verbockt. Verbockt<br />
Verbockt. . Regelmissachtung auf <strong>de</strong>m Drahtesel<br />
Rubrik Meine Rechte<br />
in <strong>de</strong>n meisten Fällen aus und was kann<br />
schlimmstenfalls auf einen zukommen?<br />
Der Alkoholkonsum und das<br />
anschließen<strong>de</strong> betrunkene Radfahren<br />
stellen eine Straftat dar.<br />
Im Falle einer absoluten Fahruntüchtigkeit,<br />
die bereits ab 1,6‰ einsetzt o<strong>de</strong>r<br />
aber einer verringerten Fahrtüchtigkeit,<br />
die von Fahrfehlern, Unfällen o<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren<br />
Ausfällen begleitet wird, ist sogar<br />
eine Anklage vor Gericht und eine Anordnung<br />
zur Durchführung einer MPU<br />
(medizinisch- psychologische Untersuchung)<br />
möglich, die je nach Ergebnis zu<br />
einem Entzug <strong>de</strong>r Fahrerlaubnis für KFZ<br />
führen kann.<br />
Bin ich als Radfahrer gezwungen, <strong>de</strong>n<br />
Radweg zu benutzen?<br />
Sofern beschil<strong>de</strong>rte Radwege vorhan<strong>de</strong>n<br />
sind, sind diese selbstverständlich<br />
zu benutzen. Bei einer Nichteinhaltung<br />
ist, wie folgt, zu diff erenzieren: Grundsätzlich<br />
ist mit einem Verwarnungsgeld<br />
in Höhe von 15€ zu rechnen, sollte es<br />
jedoch <strong>de</strong>r Fall sein, dass die Missachtung<br />
an<strong>de</strong>re Verkehrsteilnehmer behin-<br />
<strong>de</strong>rt, erhöht es sich auf 20€. Bei einer<br />
Gefährdung eines Verkehrsteilnehmers<br />
beträgt das Verwarnungsgeld bereits<br />
25€ und kommt es gar zu einem Unfall,<br />
liegt es bei einer Höhe von 30€.<br />
Doch man sollte bei Benutzung eines<br />
Radweges stets darauf achten, dass er<br />
auch in zugelassener Richtung benutzt<br />
wird. Auch hier ist die Erhöhung <strong>de</strong>s<br />
Verwarnungsgel<strong>de</strong>s von 15 auf<br />
30€ wie oben leicht möglich.<br />
Zusätzlich ist im Falle eines<br />
Unfalles ein Mitverschul<strong>de</strong>n<br />
bis hin, je nach<br />
Schwere <strong>de</strong>s Verstoßes,<br />
zu einem<br />
Alleinvers<br />
c h u l d e n<br />
mög- lich. In<br />
let z tem F a l l<br />
folgt die<br />
alleinige Haftung.<br />
Ein weiteres heikles Thema<br />
liegt in <strong>de</strong>r Benutzung eines<br />
Zebrastreifens, wie oben bereits angesprochen.<br />
Hier bieten sich zwei Alternativen<br />
an. Zum Einen: Ist es <strong>de</strong>m Radfahrer<br />
gestattet, selbst von <strong>de</strong>m Zebrastreifen<br />
Gebrauch zu machen o<strong>de</strong>r muss er beim<br />
Überqueren eines solchen von seinem<br />
Fahrrad absteigen? Die an<strong>de</strong>re Möglichkeit<br />
liegt darin, die Überquerungshilfe<br />
ungeachtet <strong>de</strong>r Regeln zu überfahren<br />
und die Fußgänger somit zum Stehenbleiben<br />
zu bewegen. Was erwartet einen<br />
bei einer Nichteinhaltung insbeson<strong>de</strong>re<br />
mit Blick auf <strong>de</strong>n Führerschein?<br />
Die erste Alternative ist, sofern keine<br />
beson<strong>de</strong>re Markierung für Fahrradfahrer<br />
vorhan<strong>de</strong>n ist, gleichzusetzen mit<br />
<strong>de</strong>m Befahren einer nicht freigegebenen<br />
Fußgängerzone o<strong>de</strong>r eines Gehwegs.<br />
Dies ist für Radfahrer nicht gestattet.<br />
Hier kann man ein Verwarnungsgeld<br />
von 10 bis 25€ erwarten. Die Höhe richtet<br />
sich wie oben danach, ob eine bloße<br />
Missachtung vorliegt, o<strong>de</strong>r ob eine<br />
Behin<strong>de</strong>rung an<strong>de</strong>rer Verkehrsteilnehmer,<br />
eine Gefährdung o<strong>de</strong>r ein Unfall<br />
aus <strong>de</strong>r Nichtbeachtung resultiert.<br />
Bei <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren Möglichkeit, sprich<br />
<strong>de</strong>m Überfahren eines Zebrastreifens<br />
ohne Rücksicht auf die Fußgänger, liegt<br />
das Min<strong>de</strong>stbußgeld bei 40€, erhöht<br />
sich jedoch auch hier auf bis zu 60€,<br />
wenn ein an<strong>de</strong>rer dadurch gefähr<strong>de</strong>t<br />
wird o<strong>de</strong>r es zu einem Unfall kommt.<br />
Zusätzlich ist zu bemerken, dass ab einem<br />
Bußgeld von 40€ auch ein Punkt im<br />
Kraftfahrtzentralregister in Flensburg zu<br />
<strong>de</strong>n Konsequenzen gehört.
Verbockt. Regelmissachtung auf <strong>de</strong>m Drahtesel<br />
Auch die Missachtung von Ampeln<br />
kommt häufi g mal vor. Insbeson<strong>de</strong>re das<br />
vorherige Auff ahren auf <strong>de</strong>n Bürgersteig<br />
und das Verlassen <strong>de</strong>sselben, sobald man<br />
die rote Ampel hinter sich gelassen hat.<br />
Auch hier lautet die Frage: Womit muss<br />
ich rechnen?<br />
Bei einer Missachtung<br />
einer roten Ampel<br />
liegt die Höhe <strong>de</strong>s<br />
Bußgel<strong>de</strong>s bei min<strong>de</strong>s-<br />
tens 45€. Sollte dadurch eine an<strong>de</strong>re<br />
Person gefähr<strong>de</strong>t wer<strong>de</strong>n, erhöht es<br />
sich auf 100€ und im Falle eines Unfalls<br />
muss man mit knapp 120€ rechnen.<br />
Zeigt die Ampel bereits länger<br />
als eine Sekun<strong>de</strong> rot an,<br />
liegt die Strafe bei 100 bis 180€.<br />
Bei einem kurzzeitigen Befahren <strong>de</strong>s<br />
Gehweges zur Umgehung, greifen wie<strong>de</strong>r<br />
oben genannte Bußgel<strong>de</strong>r, sofern<br />
dieser nicht als Radweg zugelassen ist.<br />
Auch hier gilt das oben Angesprochene:<br />
ab einer Bußgeldhöhe von 40€ ist ebenfalls<br />
mit einem Punkt in Flensburg zu<br />
rechnen.<br />
Zu guter Letzt folgt nun <strong>de</strong>r Klassiker: Die<br />
Beleidigung - sei es ein Antippen <strong>de</strong>s Zeigefi<br />
ngers an die Stirn, das Zeigen eines<br />
bestimmten Fingers o<strong>de</strong>r gar eine Äußerung;<br />
im Aff ekt hat sich fast je<strong>de</strong>r schonmal<br />
schuldig gemacht. Doch auch hier:<br />
Wie hoch fällt die Strafe aus?<br />
Wie bei Autofahrern wird auch bei Fuß-<br />
engelke-picture<br />
gängern und Radfahrern die Beleidigung<br />
streng geahn<strong>de</strong>t. Hier muss man noch<br />
einmal unterschei<strong>de</strong>n, ob sie gegenüber<br />
einem an<strong>de</strong>ren Verkehrsteilnehmer o<strong>de</strong>r<br />
aber gegenüber einem Polizisten geäußert<br />
wur<strong>de</strong>; hier kann es mal schnell<br />
d o p p e l t<br />
so hoch<br />
ausfallen.<br />
Eine gen<br />
a u e<br />
Höhe ist nicht zu benennen, da sie<br />
sich nach <strong>de</strong>n Tagessätzen richtet.<br />
Das be<strong>de</strong>utet, dass das Monatsgehalt<br />
unter Berücksichtigung etwaiger Unterhaltszahlungen<br />
zur Bestimmung<br />
herangezogen wird und ein Tagessatz<br />
ungefähr 1/30 <strong>de</strong>ssen entspricht.<br />
Grob lässt sich jedoch die Höhe auf einen<br />
Rahmen von 150 bis 4000€ festlegen. Am<br />
niedrigsten fallen hier noch verbale Beleidigungen<br />
o<strong>de</strong>r das Herausstrecken <strong>de</strong>r<br />
Zunge aus; Gesten wie das Zeigen <strong>de</strong>s<br />
Mittelfi ngers hingegen wer<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>m<br />
höchsten Bußgeld quittiert.<br />
Zeigt die Ampel bereits länger als<br />
eine Sekun<strong>de</strong> rot an,<br />
liegt die Strafe bei 100 bis 180€.<br />
Diese Frage ist an Sie persönlich gerichtet,<br />
Herr Homann. Sie hat auch nicht viel<br />
mit <strong>de</strong>n vorangehen<strong>de</strong>n Fragen zu tun,<br />
bzw. nur im entfernten Sinne. Halten Sie<br />
die Einführung eines Kennzeichens für<br />
Fahrradfahrer für angebracht?<br />
Ich persönlich kann diese I<strong>de</strong>e nur<br />
befürworten, <strong>de</strong>nn in je<strong>de</strong>m Fall muss<br />
ein Fahrradfahrer genauso zur Verant-<br />
<strong>akut</strong><br />
wortung gezogen wer<strong>de</strong>n wie ein Autofahrer<br />
und je<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re Teilnehmer<br />
<strong>de</strong>s Straßenverkehrs. Es geht nicht bloß<br />
darum, dass je<strong>de</strong>r, wie viele so schön<br />
sagen, seine gerechte Strafe fi n<strong>de</strong>t, son<strong>de</strong>rn<br />
man muss bei<strong>de</strong> Seiten betrachten.<br />
Zum Einen wäre <strong>de</strong>r Fahrer, <strong>de</strong>r sich<br />
<strong>de</strong>ssen bewusst ist, dass je<strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>ln<br />
entgegen <strong>de</strong>n Regeln <strong>de</strong>s Straßenverkehrs<br />
nachteilige Konsequenzen mit sich<br />
bringt, unabhängig davon, ob sich in <strong>de</strong>r<br />
Nähe eine Verkehrskontrolle befi n<strong>de</strong>t,<br />
wesentlich aufmerksamer und durchaus<br />
gewillter, diesen Regeln Folge zu leisten<br />
und zum An<strong>de</strong>ren ist auch eine nachträgliche<br />
Ermittlung <strong>de</strong>s Fahrers eher<br />
möglich, was in vielen Fällen die Arbeit<br />
erleichtert. Ohne ein solches Kennzeichen<br />
ist es meist schwierig, <strong>de</strong>n Fahrer<br />
lediglich anhand auff älliger Merkmale zu<br />
i<strong>de</strong>ntifi zieren.<br />
Sollten noch einige<br />
Fragen bezüglich<br />
an<strong>de</strong>rer Ordnungswidrigkeiten<br />
im Straßenverkehr<br />
für Radfahrer ungeklärt<br />
geblieben sein, lassen sich diese<br />
gegebenfalls mit Hilfe <strong>de</strong>s Bußgeldkatalogs<br />
für Fahrradfahrer<br />
u.a. auf<br />
www.adfc.<strong>de</strong> klären.<br />
Du kannst es besser!<br />
23
<strong>akut</strong> Angekommen. Hilfe für Erasmus-Studieren<strong>de</strong><br />
Von Leonard Feld und Donya Kazemi<br />
„Bei uns triff t sich Europa“<br />
Das Erasmus Stu<strong>de</strong>nt<br />
Network stellt sich vor<br />
Planst du einen Auslandsaufenthalt?<br />
Möchtest du ausländische Studieren<strong>de</strong><br />
an <strong>de</strong>iner Universität kennen lernen?<br />
O<strong>de</strong>r suchst du einfach nur eine<br />
multikulturelle Gruppe mit einem<br />
vielfältigen Programm, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r<br />
Spaß nicht zu kurz kommt?<br />
Das Erasmus Stu<strong>de</strong>nt Network, kurz<br />
ESN, bietet Erasmus Studieren<strong>de</strong>n die<br />
Möglichkeit, im Austausch mit <strong>de</strong>utschen<br />
Studieren<strong>de</strong>n, die vielfältige <strong>de</strong>utsche<br />
Kultur kennen zu lernen. ESN Deutschland<br />
betreut je<strong>de</strong>s Jahr an die 6000 Austauschstudieren<strong>de</strong><br />
aus allen Teilen Europas.<br />
Die Organisation ist europaweit an<br />
343 Hochschulen in 34 Län<strong>de</strong>rn vertreten.<br />
Dabei wer<strong>de</strong>n die Hochschulgruppen<br />
von ehrenamtlichen Studieren<strong>de</strong>n<br />
geleitet, die die Organisation von Ausfl ügen<br />
und Veranstaltungen übernehmen.<br />
In <strong>de</strong>n vergangenen Jahren organisierte<br />
ESN Bonn unter an<strong>de</strong>rem Besuche<br />
<strong>de</strong>s WDRs in Köln, Führungen durch <strong>de</strong>n<br />
Regierungsbunker in Ahrweiler und einen<br />
Ausfl ug zum Aachener Weihnachtsmarkt<br />
sowie Fahrten nach Frankfurt und<br />
Münster. Auch Kneipentouren und Parties<br />
stan<strong>de</strong>n auf <strong>de</strong>m Programm. Die Aktivitäten<br />
för<strong>de</strong>rn neben <strong>de</strong>m kulturellen<br />
Aspekt <strong>de</strong>n internationalen Austausch.<br />
Den ausländischen Studieren<strong>de</strong>n soll<br />
Die Räumlichkeiten<br />
S p i e l e a b e n d e<br />
fi n<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n<br />
<strong>de</strong>s Internationalen Clubs (Poppelsdorfer<br />
Allee 53) statt.<br />
Auch im Wintersemester 2010/<br />
2011 hat die Gruppe vieles geplant:<br />
Wie letztes Jahr wird es<br />
eine Führung <strong>de</strong>s WDRs (21.11.)<br />
geben, gefolgt von einer Bierprobe<br />
im „Club“ (24.11). Weitere tolle<br />
Ausfl üge und spontane Veranstaltungen<br />
fi n<strong>de</strong>t ihr auf <strong>de</strong>r ESN-<br />
Homepage:<br />
www.esn.uni-<strong>bonn</strong>.<strong>de</strong><br />
24<br />
durch die Betreuung <strong>de</strong>r Einstieg in das<br />
<strong>de</strong>utsche Stu<strong>de</strong>ntenleben erleichtert<br />
wer<strong>de</strong>n.<br />
Wie je<strong>de</strong> Hochschulgruppe lebt auch<br />
ESN von freiwilligem Engagement. Auch<br />
du kannst dazu beitragen, dass Austauschstudieren<strong>de</strong><br />
sich an ihrer Partneruniversität<br />
wohlfühlen und integrieren.<br />
Viele <strong>de</strong>utsche Studieren<strong>de</strong> fi n<strong>de</strong>n<br />
erst <strong>de</strong>n Weg dorthin, wenn sie selbst<br />
im Ausland waren und die Vorteile <strong>de</strong>s<br />
Netzwerks kennen gelernt haben. Lei<strong>de</strong>r<br />
sind diese Studieren<strong>de</strong>n dann bereits in<br />
höheren Semestern und stehen kurz vor<br />
<strong>de</strong>m Abschluss ihres Studiums. Daher<br />
sucht ESN Bonn immer neue Mitglie<strong>de</strong>r,<br />
gerne auch Studienanfänger, die bereit<br />
sind, in einen Austausch mit an<strong>de</strong>ren Kulturen<br />
zu treten. Schaut einfach auf <strong>de</strong>r<br />
Homepage vorbei und informiert euch!<br />
ESN freut sich über je<strong>de</strong>n Besucher, <strong>de</strong>r<br />
sich je<strong>de</strong>rzeit auch aktiv an <strong>de</strong>r Organisation<br />
von Veranstaltungen beteiligen<br />
kann. Auch wer nur mal reinschnuppern<br />
möchte ist je<strong>de</strong>rzeit willkommen. Frei<br />
nach <strong>de</strong>m Motto…<br />
„Es ist leicht Dinge zu<br />
bewegen und Menschen<br />
zusammen zu führen“
24<br />
[flickr.com/Curnen]<br />
- Anzeige -<br />
Unerhört. Ein Zwischenruf<br />
Von Jule Böttner<br />
Es wird Regen geben<br />
Dass es auch am 10. November 2010<br />
nass vom Himmel kommt, unterstützt<br />
unweigerlich die Gesamtatmosphäre.<br />
Ausgerufen ist <strong>de</strong>r Bildungsstreik – in<br />
Bonn. Diejenigen, die in alter Manier<br />
– und inzwischen mit triefend nassem<br />
Haar, einer roten Nase und (wenn vorhan<strong>de</strong>n)<br />
verlaufener Wimperntusche irgendwo<br />
zwischen einem kleinen roten<br />
Pkw und einem kleinen, aber laut tönen<strong>de</strong>n<br />
Lkw ihr Schritttempo gefun<strong>de</strong>n<br />
haben, gehen ihren Weg. Wenn es sein<br />
muss, treten sie auch in Pfützen, je mehr<br />
Wind aufkommt, <strong>de</strong>sto fester wird ihr<br />
Griff um <strong>de</strong>n Holzstab, an <strong>de</strong>ssen En<strong>de</strong><br />
eine Fahne weht.<br />
Ignoriert man die Vertreter <strong>de</strong>r öffentlichen<br />
Sicherheit, könnte man sagen,<br />
dass die Stadt, abgesehen von unserer<br />
tapferen Gruppe, fast leer ist. Man fragt<br />
sich, ob die Bonner nur Angst vor einer<br />
Herbstgrippe haben o<strong>de</strong>r ob sie sich einer<br />
Haltung anschließen, die auch <strong>de</strong>r<br />
weitaus größte Teil <strong>de</strong>r Bonner Studieren<strong>de</strong>nschaft<br />
einnimmt: Ignoranz.<br />
Das Bild, das hier gezeichnet wird,<br />
ist <strong>de</strong>mütigend. Es korrespondiert mit<br />
einem Hohn, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Zuhörer ergreift,<br />
<strong>akut</strong><br />
wenn er „Dies ist erst <strong>de</strong>r Anfang!“ aus<br />
<strong>de</strong>n Lautsprechern <strong>de</strong>r Entschlossenen<br />
vernimmt und für sich ergänzt „…vom<br />
En<strong>de</strong>“.<br />
Hier entsteht eine Lächerlichkeit. Und<br />
das, obgleich we<strong>de</strong>r das Mittel <strong>de</strong>r Demonstration<br />
noch <strong>de</strong>ssen Motivation<br />
– Protest gegen die Bildungspolitik – lächerlich<br />
sind.<br />
Muss nicht je<strong>de</strong> und je<strong>de</strong>r unabhängig<br />
vom eigenen politischen Standpunkt (sofern<br />
dieser innerhalb <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mokratischen<br />
Parteienlandschaft liegt) <strong>de</strong>njenigen, die<br />
sich aktiv in die Politik einbringen und zu<br />
bestimmten Themen konkrete Kritik und<br />
eigene Än<strong>de</strong>rungsvorschläge äußern,<br />
Respekt zollen?! Muss <strong>de</strong>r konsequent<br />
<strong>de</strong>mokratische Studieren<strong>de</strong> nicht in Abhängigkeit<br />
von <strong>de</strong>m eigenen politischen<br />
Standpunkt entwe<strong>de</strong>r – im Falle einer Zustimmung<br />
– <strong>de</strong>n Bildungsstreik bejahen<br />
o<strong>de</strong>r – im Falle einer Ablehnung – mit<br />
<strong>de</strong>n Streiken<strong>de</strong>n in einen Dialog treten?<br />
Kann es sein, dass im Falle einer<br />
schlichten Ignoranz Spott und Hohn nur<br />
<strong>de</strong>njenigen gebührt, die von ihrer vermeintlichen<br />
politischen Unberührtheit<br />
durch die Gänge <strong>de</strong>r Bonner Universität<br />
getragen wer<strong>de</strong>n?<br />
25
<strong>akut</strong><br />
Gut in Form<br />
ist Isabell Helger vor allem, wenn sie<br />
am Wochenen<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r eine ihrer vielen<br />
I<strong>de</strong>en auf <strong>de</strong>r Leinwand verwirklichen<br />
konnte. Denn erst das Malen ermöglicht<br />
<strong>de</strong>r Stu<strong>de</strong>ntin <strong>de</strong>r Germanistik und<br />
Kunstgeschichte als Gegengewicht<br />
zum Alltag eine ausgewogene Balance.<br />
Neben ihrem Studium schaff t sich die<br />
20-jährige damit die Gelegenheit, sich<br />
frei auszuprobieren.<br />
Dabei treten nun neben<br />
die anfangs ausschließlich<br />
naturalistischen Darstellungen<br />
Bildkompositionen mit immer<br />
abstrakteren Zügen. Isabells Ziel<br />
liegt nicht allein in einem Abbild<br />
– son<strong>de</strong>rn vielmehr im eigenen<br />
Ausdruck: Mit ihren abstrakten<br />
Werken möchte sie Blicke<br />
einfangen und die Fantasie <strong>de</strong>r<br />
Betrachter anregen. Dass bei<br />
einer Vertiefung in diese Bil<strong>de</strong>r<br />
Je<strong>de</strong>m jeweils an<strong>de</strong>re Formen<br />
und Kompositionselemente<br />
ins Auge fallen, die mit einer<br />
wie<strong>de</strong>rum individuellen<br />
Be<strong>de</strong>utung belegt wer<strong>de</strong>n,<br />
empfi n<strong>de</strong>t Isabell als<br />
faszinierend. Es beweist<br />
eine unglaubliche Vielfalt<br />
– sowohl innerhalb <strong>de</strong>s<br />
Werkes selbst als auch an<br />
möglichen Blickwinkeln <strong>de</strong>r<br />
Betrachter. Die facettenreichen<br />
Interpretationen sorgen für<br />
eine unerschöpfl iche Dynamik:<br />
Sie wer<strong>de</strong>n zur Inspiration für<br />
die kommen<strong>de</strong>n Stun<strong>de</strong>n vor<br />
<strong>de</strong>r Leinwand am nächsten<br />
Wochenen<strong>de</strong>.<br />
Kontakt: isi.helger@web.<strong>de</strong><br />
26<br />
Rubrik Kunstecke<br />
Die <strong>akut</strong> stellt<br />
stu<strong>de</strong>ntische<br />
Künstler vor<br />
Einmalig. Die Kunstecke <strong>de</strong>r <strong>akut</strong><br />
Na gut, zugegeben: Das Foto ist gestellt. Aber das Bild ist ein echter Helger.
„Orchi<strong>de</strong>e“<br />
Die<br />
Einmalig. Die Kunstecke <strong>de</strong>r <strong>akut</strong>.<br />
Hintergrundbild: „Dschungel“<br />
Ihr<br />
seid auch<br />
künstlerisch<br />
aktiv und<br />
sucht eine Plattform, um<br />
eure Werke einem interessierten<br />
Publikum zu päsentieren?<br />
Wir geben euch die<br />
Gelegenheit dazu. Egal ob<br />
Fotos, Zeichnungen o<strong>de</strong>r<br />
Texte: Schreibt einfach eine<br />
Mail an<br />
redaktion@<strong>akut</strong>-<strong>bonn</strong>.<strong>de</strong>.<br />
<strong>akut</strong> versteht sich als Plattform, auf<br />
<strong>de</strong>r kontroverse Diskussion gestattet<br />
und sogar gewünscht ist. Die namentlich gekennzeichneten<br />
Texte, die in diesem Heft abgedruckt<br />
sind, entsprechen daher nicht unbedingt<br />
<strong>de</strong>r Meinung <strong>de</strong>r Redaktion.<br />
„Kreation“<br />
„Zwiebeln“<br />
„Natur“<br />
<strong>akut</strong><br />
27<br />
Zwie
<strong>akut</strong><br />
könnte Ihre<br />
Anzeige ste- Hier<br />
hen. Wir freuen<br />
uns über Ihre Anfrage.