Expertise-Umkehr-Effekt
Expertise-Umkehr-Effekt
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Instruktionspsychologie<br />
Lernereigenschaften
Überblick<br />
� Lernervorwissen<br />
�<strong>Expertise</strong>-<strong>Umkehr</strong>-<strong>Effekt</strong><br />
�Vorübungsprinzip<br />
�Imaginationseffekt<br />
� Räumliches Vorstellungsvermögen<br />
�„Fähigkeitsverstärkungs“-Hypothese<br />
�„Fähigkeitskompensations“-Hypothese<br />
2
Lernziele<br />
� Was versteht man unter dem <strong>Expertise</strong>-<br />
<strong>Umkehr</strong>-<strong>Effekt</strong>?<br />
� Welche Erklärungsansätze zum <strong>Expertise</strong>-<br />
<strong>Umkehr</strong>-<strong>Effekt</strong> kennen Sie?<br />
� Wie ist das räumliche Vorstellungsvermögen<br />
definiert?<br />
� Profitieren Lernende mit niedrigem oder mit<br />
hohem räumlichen Vorstellungsvermögen<br />
verstärkt von instruktionspsychologischen<br />
Gestaltungsprinzipien?<br />
3
Lernereigenschaften<br />
� Lernereigenschaften moderieren u.a.<br />
den Einfluss der Gestaltung der<br />
Lernmaterialien auf die Lernleistungen<br />
� Lernereigenschaften<br />
�<strong>Expertise</strong> bzw. Vorwissen<br />
�Räumliches Vorstellungsvermögen<br />
�Feld(un-)abhängigkeit<br />
�Weitere Lernereigenschaften<br />
4
Lernervorwissen<br />
� Vorwissen bzw. <strong>Expertise</strong> die am besten<br />
untersuchte Lernereigenschaft in der<br />
Instruktionspsychologie<br />
� Gestaltungsprinzipien<br />
�<strong>Expertise</strong>-<strong>Umkehr</strong>-<strong>Effekt</strong><br />
�Vorübungsprinzip<br />
�Imaginationseffekt<br />
5
<strong>Expertise</strong>-<strong>Umkehr</strong>-<strong>Effekt</strong> I<br />
� <strong>Expertise</strong>-<strong>Umkehr</strong>-<strong>Effekt</strong> = Vorwissen des Lernenden<br />
moderiert die Lernwirksamkeit von Gestaltungsprinzipien;<br />
zum Teil kehrt sich sogar der lernförderliche Einfluss von<br />
Gestaltungsprinzipien für Experten bzw. für Novizen um<br />
� Beispiel: Lernmaterialien, die für Experten aufgrund ihrer<br />
Gestaltung lernförderlich sind, sind für Novizen lernhinderlich<br />
� Empirische Befundlage: <strong>Effekt</strong> empirisch sehr gut und mit<br />
hoher praktischer Bedeutsamkeit belegt (Kalyuga, 2007)<br />
� Kritik: <strong>Expertise</strong>begriff � In aller Regel keine echten<br />
Experten als Versuchspersonen (Ausnahme: Oksa, Kalyuga<br />
& Chandler, 2010)<br />
6
<strong>Expertise</strong>-<strong>Umkehr</strong>-<strong>Effekt</strong> II<br />
� Erklärungsansätze<br />
�Cognitive Load<br />
�Motivation<br />
�Mentale Bilder<br />
�Zone der proximalen Entwicklung<br />
�Flow-Erleben<br />
7
Erklärungsansatz: Cognitive<br />
Load<br />
� Typische Erklärung zum <strong>Expertise</strong>-<strong>Umkehr</strong>-<strong>Effekt</strong><br />
� Bei Experten: Redundante Informationen führen zu<br />
Interferenzen mit eigenen vorhandenen Schemata<br />
� � Erhöhung der lernirrelevanten kognitiven Belastung bei<br />
Experten, die beispielsweise eine Animation mit (redundanter)<br />
Erklärung erhalten<br />
� Bei Novizen: Überlastung des Arbeitsgedächtnisses durch zu<br />
schwierige Lernmaterialien, die sie ohne zusätzliche<br />
Erklärungen nicht verstehen<br />
� � Erhöhung der lernirrelevanten kognitiven Belastung bei<br />
Novizen, die z.B. eine Animation ohne Erklärung erhalten<br />
8
Erklärungsansatz: Motivation<br />
� Berücksichtigung der Motivation der Lernenden<br />
� Bei Experten: Einfache, stark strukturierte und speziell für Novizen<br />
konzipierte Lernumgebungen und Aufgaben motivieren Experten nicht<br />
hinreichend, ihre kognitiven Kapazitäten zu investieren � Geringere<br />
Lernleistungen<br />
� Experten erleben diese Lernumgebungen zudem als zu einfach und nicht<br />
herausfordernd genug � Geringe Beschäftigungsdauer mit der<br />
Lernumgebung<br />
� Bei Novizen: Komplexe und für Experten konzipierte Lernumgebungen und<br />
Aufgaben motivieren Novizen nicht hinreichend, ihre kognitiven Kapazitäten<br />
zu investieren � Geringere Lernleistungen<br />
� Novizen erleben komplexe und für Experten konzipierte Lernumgebungen<br />
zudem als zu schwierig, zu herausfordernd und frustrierend � Geringe<br />
Beschäftigungsdauer mit der Lernumgebung<br />
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Erklärungsansatz: Mentale<br />
Bilder<br />
� Erklärungsansatz auf Basis des Prinzips individueller<br />
Unterschiede der CTML<br />
� Experten: Höhere Fähigkeit zur Generierung mentaler Bilder im<br />
Vergleich zu Novizen<br />
� � Experten sind weniger abhängig von der Präsentationsform der<br />
multimedialen Botschaft als Novizen<br />
� Novizen: Folgende Gestaltungsprinzipien besitzen für Novizen<br />
einen stärkeren Einfluss auf deren Lernleistungen:<br />
� Multimediaprinzip: Zu einem Text sollten geeignete Bilder hinzugefügt<br />
werden<br />
� Zeitliches und räumliches Kontiguitätsprinzip: Korrespondierende<br />
Informationen sollten simultan (z.B. gesprochene Erklärung zu einer<br />
Animation zeitgleich präsentieren) und nicht sukzessive sowie in<br />
räumlicher Nähe dargeboten werden<br />
� Prinzip der geteilten Aufmerksamkeit: Aufeinander bezogene<br />
Informationsquellen (z.B. Text und Bild) sollten integriert und nicht<br />
getrennt werden<br />
10
Erklärungsansatz: Zone der<br />
proximalen Entwicklung<br />
� Schnotz und Kürschner (2007)<br />
greifen die Zone der proximalen<br />
Entwicklung (ZPD) von Vygotski<br />
(1963) auf<br />
� ZPD = Differenz zwischen dem<br />
Niveau des selbständigen und<br />
durch bestmögliche Hilfe<br />
angeleiteten Problemlösens<br />
� Fortlaufende Anpassung der<br />
Aufgabenschwierigkeit � weder<br />
zu einfach noch zu schwer; Lernen<br />
innerhalb der ZPD optimal<br />
� Beispiel: Animation wird alleine<br />
oder mit Erklärung dargeboten<br />
� Experten befinden sich unter der<br />
Bedingung ohne Erklärung in der<br />
ZPD<br />
� Novizen befinden sich unter der<br />
Bedingung mit Erklärung in der ZPD<br />
Aufgabenschwierigkeit<br />
Lernmaterialien<br />
zu schwierig<br />
ZPD<br />
Lernmaterialien<br />
zu einfach<br />
<strong>Expertise</strong><br />
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Erklärungsansatz: Flow-Erleben<br />
� Diagonalenmodell zum Flow-<br />
Erleben von Csikszentmihalyi<br />
(1985)<br />
� Flow-Erleben = Zustand des<br />
völligen Aufgehens in einer<br />
Tätigkeit<br />
� � Tritt auf, wenn sich die<br />
Anforderungen einer Aufgabe und<br />
die aufgabenspezifischen<br />
Fähigkeiten der Person im<br />
Gleichgewicht befinden<br />
� Partielle empirische Stützung<br />
der Flow-Erklärung durch<br />
Krombass, Urhahne und Harms<br />
(2007)<br />
Aufgabenschwierigkeit<br />
Angst<br />
Flow-Erleben<br />
Langeweile<br />
<strong>Expertise</strong><br />
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Vorübungsprinzip<br />
� Vorübungsprinzip = Lernende erlangen tieferes Verständnis<br />
von Lerninhalten, wenn sie Namen und Charakteristika der<br />
zentralen Konzepte kennen<br />
� Beispiel:<br />
� Strategic scaffolding: z.B. bei einer Animation, welche einen<br />
komplexen Zusammenhang visualisiert, einzelne Teilelemente<br />
benennen und deren mögliches Verhalten erläutern<br />
� Pictorial scaffolding: z.B. unterstützende Illustrationen im<br />
Vorfeld einer komplexen Animation<br />
� Erklärung:<br />
� Ausstattung mit Vorwissen reduziert kognitive Belastung des<br />
Arbeitsgedächtnisses � Mehr kognitive Ressourcen zum<br />
Aufbau eines mentalen Modells zur Verfügung<br />
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Imaginationseffekt<br />
� Imaginationseffekt = Lernförderliche Wirkung durch<br />
Imagination bereits gelernter Arbeitsschritte<br />
� Der Lernende durchläuft das erworbene Verfahren dabei<br />
mental bzw. visualisiert zuvor einstudierte Vorgehensweisen<br />
im Arbeitsgedächtnis<br />
� Beispiele?<br />
� Moderierender Einfluss des Vorwissens: <strong>Effekt</strong> tritt nur bei<br />
Experten auf, bei Novizen eher gegenteiliger <strong>Effekt</strong><br />
� Erklärung:<br />
� Experten haben bereits Schemata zum Lerninhalt ausgebildet �<br />
Durch mentale Verbildlichung kommt es zur Automatisierung<br />
vorhandener Schemata<br />
� Novizen haben noch keine Schemata ausgebildet � Überforderung<br />
durch Imagination; Automatisierung vorhandener Schemata findet<br />
nicht statt<br />
14
Räumliches<br />
Vorstellungsvermögen I<br />
� Räumliches Vorstellungsvermögen = „In der Vorstellung<br />
räumlich zu sehen und zu denken, d.h. im Gedächtnis<br />
gespeicherte (mehrdimensionale) Vorstellungsbilder zu<br />
reproduzieren und mit ihnen mental zu operieren“ (Quaiser-<br />
Pohl, Lehmann, & Schirra, 2001)<br />
� Uneinheitlicher moderierender Einfluss des räumlichen<br />
Vorstellungsvermögens auf die Wirksamkeit von<br />
Gestaltungsprinzipien<br />
� Personen mit hohem räumlichen Vorstellungsvermögen<br />
profitieren verstärkt von Gestaltungsprinzipien<br />
� Personen mit niedrigem räumlichen Vorstellungsvermögen<br />
profitieren verstärkt von Gestaltungsprinzipien<br />
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Räumliches<br />
Vorstellungsvermögen II<br />
� Zwei konkurrierende Hypothesen:<br />
� „Fähigkeitsverstärkungs“-Hypothese (ability-as-enhancer<br />
hypothesis)<br />
� Prinzip individueller Unterschiede der CTML: Lernende mit hoher<br />
räumlicher <strong>Expertise</strong> können Bilder besser im visuellen Teil des<br />
Arbeitsgedächtnisses behalten � Höherer Nutzen durch Präsentation<br />
einer zusammenhängenden, multimedialen Botschaft<br />
� „Fähigkeitskompensations“-Hypothese (ability-as-compensator<br />
hypothesis)<br />
� Modell von Najjar: Lernende mit hohen kognitiven Fähigkeiten erzielen<br />
unabhängig von der Gestaltung der Lernmaterialien gute<br />
Lernergebnisse<br />
� Uneinheitliche empirische Befundlage zu den zwei Hypothesen<br />
� Kritik: Median-Split sowie Boden- und Deckeneffekte<br />
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Fazit<br />
� Vorwissen die am besten untersuchte Lernereigenschaft in<br />
der Instruktionspsychologie<br />
� Einfluss des Vorwissen vor allem im Rahmen des <strong>Expertise</strong>-<br />
<strong>Umkehr</strong>-<strong>Effekt</strong>es untersucht und klar belegt<br />
� Verschiedene Erklärungsansätze zum <strong>Expertise</strong>-<strong>Umkehr</strong>-<br />
<strong>Effekt</strong><br />
� Räumliches Vorstellungsvermögen wichtige<br />
Moderatorvariable bezüglich des Einflusses der Gestaltung<br />
der Lernmaterialien auf die Lernleistungen<br />
� Bis jetzt ungeklärt, ob Lernende mit hohen oder niedrigen<br />
räumlichen Kompetenzen verstärkt von einer adäquaten<br />
Gestaltung profitieren<br />
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