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Polizeimuseum Düsseldorf – Transparenz und Schatten ...

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<strong>Polizeimuseum</strong> <strong>Düsseldorf</strong> <strong>–</strong> <strong>Transparenz</strong> <strong>und</strong> <strong>Schatten</strong><br />

Polizeigeschichte erscheint auf den ersten Blick wenig attraktiv <strong>und</strong> gibt für<br />

Ausstellungskonzeptionen <strong>und</strong> akademische Fingerübungen ein dem Alltag<br />

entrücktes, trockenes <strong>und</strong> verklärendes Sujet ab. Außerdem kommt einem<br />

ein studentisches Entwurfsprojekt für »die Polizei« reichlich merkwürdig vor.<br />

Umso erfreulicher zeigt sich die Realisierung des <strong>Düsseldorf</strong>er <strong>Polizeimuseum</strong>s<br />

in einem konsequenten historischen Zugang der Polizeihistoriker,<br />

dem Polizeipräsidium selbst <strong>und</strong> letztlich im gestalterischen Entwurf. Vor<br />

dem Hintergr<strong>und</strong> eines zunächst schwierigen Themas war das Anliegen des<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Polizeipräsidiums, sich kritisch mit der eigenen Geschichte <strong>–</strong><br />

vor allem während der Zeit des Nationalsozialismus <strong>–</strong> auseinanderzusetzen,<br />

beispielhaft. In einer jahrelangen Recherche- <strong>und</strong> Forschungsarbeit fand<br />

das Team der Historiker zu einer beachtenswerten inneren Konzeption zum<br />

Thema »Dienst am Volk? <strong>Düsseldorf</strong>er Polizisten im Spannungsfeld der<br />

Umbrüche 1919 - 1949«. Meist verschlafen die »Inhaltler«, die Historiker <strong>und</strong><br />

Kuratoren, das rechtzeitige Einbeziehen der Gestalter, Designer <strong>und</strong> Architekten<br />

<strong>–</strong> nicht in diesem Fall: Sehr rechtzeitig gab es erste <strong>und</strong> auch offene<br />

Gespräche mit den Fachbereichen Design <strong>und</strong> Architektur, Peter-Behrens-<br />

School of Architecture der FH <strong>Düsseldorf</strong>. Allein die Idee, Studierende<br />

mit der Ausstellungskonzeption zu beauftragen, war mutig <strong>und</strong> glücklich. Für<br />

die beide Fachbereiche, damals ohnehin beim Aufbau eines gemeinsamen<br />

Institutes zur Erforschung des Ausstellungsdesigns <strong>und</strong> in der Planung<br />

eines gemeinsamen Masters »Exhibition Design«, war die Anfrage eine rechte<br />

Gelegenheit <strong>und</strong> eine willkommene Entwurfsidee. In einem gemeinsamen<br />

Kurs von Designern <strong>und</strong> Architekten/Innenarchitekten entwarfen studentische<br />

Teams ihre eigene ganz speziellen Ausstellungskonzeptionen, die am Ende<br />

dann von einer professionellen Jury bewertet wurden. Von den Professoren<br />

Stefan Korschildgen, Philipp Teufel <strong>und</strong> Uwe J. Reinhardt sowie dem Lehrbeauftragten<br />

Udo Hasenbein betreut, entstanden in diesem semesterlangen<br />

Kurs völlig unterschiedliche wohl durchkomponierte gestalterische Entwürfe<br />

mit eigener Dramaturgie <strong>und</strong> szenografischen Eingriffen ins <strong>Polizeimuseum</strong>.<br />

Inhaltliche Recherchen <strong>und</strong> viele Gespräche mit den Wissenschaftlern <strong>und</strong><br />

der Polizei bildeten die Basis. Gr<strong>und</strong>fragen der Museumskonzeptionen<br />

waren: Wie lässt sich zu Beginn des 21. Jahrh<strong>und</strong>erts ein solcher tendenziell<br />

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trockener Stoff interessant wie zeitgemäß an den Bürger bringen? Wie kann<br />

es gelingen, diese Inhalte gerade auch jungen Menschen attraktiv zu vermitteln?<br />

Wie findet sich eine angemessene Präsentationssprache? Aufgabe<br />

war es, auf der Gr<strong>und</strong>lage der wissenschaftlichen Ausstellungskonzeption<br />

entsprechende Gestaltungs-Leitbilder zu entwickeln <strong>und</strong> diese architektonisch<br />

<strong>und</strong> grafisch realisierbar umzusetzen.<br />

Das Seminar entwickelte erfreulicherweise eine große Dynamik, einige besonders<br />

gute Entwürfe entstanden, von denen durchaus mehrere umsetztbar<br />

gewesen wären. Realistische Aufgaben mit der Chance auf eine angemessene<br />

Realisation sind für das <strong>Düsseldorf</strong>er Modell des Studiums, mit vielen<br />

Bezügen zur Forschung mit <strong>und</strong> über Design, überaus wichtig.<br />

Die Gestaltung des Entwurfes von Stefanie Anten, Nina Krass <strong>und</strong> Caroline<br />

Rissel »<strong>Transparenz</strong> <strong>und</strong> <strong>Schatten</strong>« spiegelt die inhaltliche Arbeit <strong>und</strong> das<br />

Prinzip der Spurensuche der Historiker <strong>und</strong> überträgt dies auf die didaktische<br />

Erschließung der Ausstellungsinhalte durch die Besucher selbst. Aufarbeitung<br />

<strong>und</strong> Geschichte stehen sich gegenüber wie <strong>Transparenz</strong> <strong>und</strong> <strong>Schatten</strong>.<br />

Geschichte aufzuarbeiten bedeutet, <strong>Transparenz</strong> zu schaffen <strong>und</strong> gleichzeitig<br />

<strong>und</strong>urchsichtige <strong>Schatten</strong> auszumachen. Der Titel »<strong>Transparenz</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Schatten</strong>« ist zugleich Inhalt <strong>und</strong> Struktur. Die Geschichte der <strong>Düsseldorf</strong>er<br />

Polizei lässt sich damit genauso betiteln wie die Ausstellung selbst. Text-,<br />

Bild- <strong>und</strong> Objektinformationen sind auf mehreren Ebenen beziehungsweise<br />

in Schichten angeordnet: offensichtliche Grobinformation <strong>und</strong> »chiffrierte«<br />

Detailinformation, die sich erst bei wirklich genauem Hinsehen zeigen, aktive<br />

Anpassung des Blickwinkels. Umfang <strong>und</strong> Dramaturgie wurden fein abgestimmt.<br />

Die Abgeschiedenheit <strong>und</strong> Dunkelheit des Gr<strong>und</strong>steinraums wurden<br />

gestalterisch genutzt, um eine »zurückhaltende« Raumatmosphäre zu schaffen,<br />

in der die Exponate hell <strong>und</strong> klar »Licht ins Dunkle bringen«. Objekte <strong>und</strong><br />

Raum, Licht <strong>und</strong> <strong>Schatten</strong> ergeben so eine atmosphärische wie inhaltliche<br />

Einheit, die sich zu einem szenografischen Parcours führt. Der Besucher der<br />

Ausstellung wird bereits vor dem Gebäude <strong>und</strong> im Foyer »abgeholt« <strong>und</strong><br />

durch die Ergebnisse der Forschung geführt. Jede mysthische Präsentation<br />

wurde vermieden.<br />

Die Dauerausstellung erstreckt sich über zwei Ebenen des Präsidiums <strong>und</strong><br />

umfasst voneinander unabhängige Zugangsmöglichkeiten. Das Foyer wird


zur didaktischen <strong>und</strong> inhaltlichen Einführung genutzt. Der Besucher wird auf<br />

das Thema Polizeigeschichte eingestimmt. Den Kern der Ausstellung bildet<br />

der historische Gr<strong>und</strong>steinraum unterhalb des Foyers. Die oktogonale Raumform<br />

aufgreifend, werden dort überdimensionale Porträts von <strong>Düsseldorf</strong>er<br />

Polizisten gemäß des (kollektiv)biographischen Ansatzes gezeigt. Den Gr<strong>und</strong>steinraum<br />

außen umlaufend, erhält der Besucher einen chronologischen<br />

Überblick zur <strong>Düsseldorf</strong>er Polizeigeschichte zwischen 1919 <strong>und</strong> 1949. In<br />

den Raum hineinragend, wird in dreidimensionalen Modulen jeweils ein übergeordnetes<br />

Themenfeld der Polizeigeschichte wie etwa Radikalisierung,<br />

Kriegsverbrechen oder Entnazifizierung erläutert.<br />

Bereits in den Ausstellungselementen findet die Umsetzung des Konzeptes<br />

statt. Dabei handelt es sich um wandhohe, mehrteilige Glasmodule, die von<br />

unten mit Halogenröhren beleuchtet werden. Dreidimensionale Module, in<br />

den Raum hineinragend, bestehen aus mit transluzenter Folie beklebten Glasscheiben<br />

<strong>und</strong> einem keilartigen Glaskasten als Objektvitrine. Die vordere<br />

Glasscheibe trägt einen aus der Folie gestanzten Text. Durch die Buchstaben<br />

hindurch wird das Foto auf der dahinter liegenden Scheibe sichtbar. Die dritte<br />

Ebene trägt wieder Text. Der Glaskasten mit einem Exponat durchstößt die<br />

drei Scheiben. Objekt, Foto <strong>und</strong> Text stehen immer zueinander in Bezug, Foto<br />

<strong>und</strong> Objekt in einem besonderen: Jedes Objekt befindet sich genau dort, wo<br />

es auch im Foto zu sehen ist.<br />

Der gesamte Kurs als Projekt mit einem eigenen dynamischen Prozess <strong>und</strong><br />

die Umsetzung des Gewinnerentwurfes von Stefanie Anten, Nina Krass <strong>und</strong><br />

Caroline Rissel »<strong>Transparenz</strong> <strong>und</strong> <strong>Schatten</strong>« beflügelten die Bemühungen<br />

um die Weiterentwicklung unseres Studienangebotes <strong>und</strong> dienten als Modell<br />

für unseren neuen viersemestrigen, forschungsorientierten Master »Exhibition<br />

Design« <strong>–</strong> seit 2008 forschen <strong>und</strong> unterrichten wir im edi <strong>–</strong> Exhibition Design<br />

Institute. Diese besondere Lehrveranstaltung schaffte für alle Beteiligten<br />

wertvolle Erfahrung während eines sonst oft zu theoretischen Studiums: Konkrete<br />

Anwendung beziehungsweise reale Umsetzung zeigt die reale hohe<br />

Komplexität von Gestaltung im Raum <strong>und</strong> das Zusammengreifen der Einzeldisziplinen.<br />

Stefan Korschildgen, Philipp Teufel, Uwe J. Reinhardt<br />

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<strong>Düsseldorf</strong>er Polizei in Demokratie <strong>und</strong> Diktatur zwischen 1919 bis 1949<br />

Vom Ersten Weltkrieg bis zum Untergang der Weimarer Republik<br />

Der Erste Weltkrieg, die »Urkatastrophe des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts«, veränderte<br />

die deutsche Gesellschaft gr<strong>und</strong>legend <strong>und</strong> hatte hierdurch auch einen tiefgreifenden<br />

Einfluss auf die Polizei, die immer mit <strong>und</strong> in der Gesellschaft<br />

agiert. Die Polizei war bereits mit Beginn des Ersten Weltkriegs von starken<br />

Veränderungen betroffen. Ein großer Teil der Polizisten wurde zum Militär<br />

eingezogen, auch in <strong>Düsseldorf</strong> kam es dadurch zu einer akuten Personalnot.<br />

Im Verlauf des Kriegs wuchs der Aufgabenkreis der Polizei ständig: Die<br />

Lebensmittelverteilung, die Überwachung von kriegswichtigen Anlagen <strong>–</strong><br />

eingeschlossen die Spionageabwehr, die Überwachung ausländischer<br />

Arbeitskräfte <strong>und</strong> Zensurmaßnahmen <strong>–</strong> gehörten nun zum Alltagsgeschäft<br />

der Polizei.<br />

Die Situation nach Kriegsende war für die Polizisten dann von zunehmender<br />

Unsicherheit geprägt. Zunächst wurden die Beamten entwaffnet. Zudem<br />

stellte die veränderte politische Lage die Polizeibeamten vor große Probleme.<br />

Als eine Folge des verlorenen Krieges wurden 1918 Teile der Rheinprovinz<br />

besetzt. Zunächst war nur das linksrheinische Gebiet betroffen, ab dem März<br />

1921 jedoch auch der rechtsrheinische Teil. Für <strong>Düsseldorf</strong> bedeutete dies<br />

von 1918 bis 1925 eine teilweise oder vollständige Besetzung durch belgische<br />

<strong>und</strong> französische Truppen. Die Alliierten wiesen etwa die Hälfte der<br />

staatlichen Schutzpolizei aus. Links- <strong>und</strong> Rechtsradikale sowie die Rheinlandseparatisten<br />

nutzten die Lage für ihre Zwecke aus. Ihren Höhepunkt fand<br />

diese Situation am 30. September 1923, dem »<strong>Düsseldorf</strong>er Blutsonntag«.<br />

Während eines Aufmarsches der Rheinlandseparatisten kam es zu Zusammenstößen<br />

zwischen diesen <strong>und</strong> der Schutzpolizei, bei denen die alliierten<br />

Besatzungstruppen auf Seiten der Separatisten standen. Hierbei starben<br />

acht Separatisten <strong>und</strong> fünf Polizeibeamte.<br />

Nach annähernd sieben Jahren unter alliierter Besetzung war die Polizeihoheit<br />

1925 wieder auf die Stadt <strong>Düsseldorf</strong> <strong>und</strong> den Staat Preußen übergegangen.<br />

Zum 1. Juli 1926 wurde die kommunale <strong>Düsseldorf</strong>er Polizei verstaatlicht.<br />

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