Hallenbad im Reichenfeld - Poolbar.at
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<strong>Hallenbad</strong> <strong>im</strong> <strong>Reichenfeld</strong><br />
<strong>Reichenfeld</strong>gasse 10, A – 6800 Feldkirch.<br />
Analyse des Gebäudes nach seiner Errichtung 1965<br />
(& nach seiner Umwidmung 2000).<br />
Wien, <strong>im</strong> März 2000.<br />
Herwig Bauer, Student am Institut für Gebäudelehre, TU Wien, 2000.<br />
Gebäudek<strong>at</strong>egorie: Sportbau<br />
Name des Objektes: „Neubau Sporthalle Stella M<strong>at</strong>utina Feldkirch“<br />
Adresse: <strong>Reichenfeld</strong>gasse 10, 6800 Feldkirch (Vorarlberg), Österreich<br />
Architekt: Walter Bosshart<br />
Baujahr: 1963 - 1965<br />
Kurze Gebäudecharakteristik<br />
Mit seiner schnörkellosen Architektur bildet das frei stehende Gebäude – eine nachträgliche<br />
Ergänzung eines älteren Schulkomplexes - einen starken Kontrast zum ca. 80 m entfernten Bestand.<br />
Das Gebäude ist von <strong>at</strong>traktivem N<strong>at</strong>urraum umgeben. Es beherbergte ursprünglich auf einer<br />
rechteckigen Grundfläche von ca. 700 m2 <strong>im</strong> Erdgeschoss ein Lehrschw<strong>im</strong>m-becken, sanitäre Anlagen<br />
und Umkleide-Garderoben, <strong>im</strong> Obergeschoss eine Turnhalle von ca. 30 m Länge und den<br />
zugeordneten Geräteraum. Das Gesamtgebäude war für die gleichzeitige Nutzung von 4 Schulklassen,<br />
also ca. 120 Personen konzipiert. Die Erschließung erfolgte über einen einfachen Treppentrakt und<br />
Gänge. Die Basiskonstruktion bilden Stahlbetonrahmen sowie ein markantes Beton-Schalen-Dach. Die<br />
beiden geschlossenen Stirnfassaden aus verputzten Betonsteinen stehen zwischen den offenen<br />
plastischen Längsfassaden, deren reduzierte Komposition die Rhythmik der Innenraumgestaltung<br />
andeutet. Seit den 90er-Jahren wird das Gebäude für Veranstaltungen genutzt. 2000 kamen<br />
dementsprechend Gebäudeadaption und Umbauten zur Durchführung. Die max<strong>im</strong>al zulässige<br />
Besucheranzahl beträgt 450 <strong>im</strong> EG bzw. 1000 <strong>im</strong> Obergeschoss sowie 1000 <strong>im</strong> gesamten Gebäude.<br />
Grundriss Erdgeschoss (d)<br />
Perspektive (VIII)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 1
Name des Objekts Sporthalle Stella M<strong>at</strong>utina<br />
Adresse:<br />
PLZ:<br />
<strong>Reichenfeld</strong>gasse 10<br />
6800 Feldkirch<br />
Gebäudek<strong>at</strong>egorie Bäderbau, Sportbau (Kulturhaus, Saalbau)<br />
Neubau/Umbau/Zubau Neubau/Umbau<br />
Art der Auftragsvergabe freihändig<br />
Termine<br />
Auftragsvergabe Ca. 1960<br />
Baubeginn Frühjahr 1963<br />
Fertigstellung Mai 1965<br />
Übergabe Juni 1965<br />
Bauherr + Nutzer Rektor<strong>at</strong> Kolleg Stella M<strong>at</strong>utina (Karl Thüer SJ)<br />
An der Planung beteiligte Personen/Institutionen<br />
Entwurf Dipl.Ing. Arch.ETH.SIA Walter Bosshart-Erni<br />
Forchstraße 40, CH – Zürich 8<br />
Ausführungsplanung Dipl.Ing. Adolf Zerlauth. Dornbirn<br />
Tragwerksplanung Dipl.Ing. Adolf Zerlauth. Dornbirn<br />
Haustechnik, Schlosser- , Betriebe des Jesuiten-Ordens<br />
Spengler-, Maler- und<br />
Schreinerarbeiten<br />
Lichtplanung Architekt<br />
Verfliesung, Bodenbeläge,<br />
Fenster, Verglasungen<br />
An der Ausführung beteiligte Firmen<br />
Diverse Betriebe<br />
Örtliche Bauaufsicht Dipl.Ing. Adolf Zerlauth. Dornbirn<br />
Baumeister Weh, Feldkirch<br />
Kostenangaben:<br />
Nettoherstellungskosten,<br />
Preisbasis<br />
Flächenangaben:<br />
Grundstücksfläche 147.000 m2<br />
bebaute Fläche 695 m2<br />
Kosten für das Rohbecken, die Verfliesung <strong>im</strong> EG, Einrichtungen<br />
für Wasseraufbereitung: ATS 470.000.-. Gesamtkosten nicht<br />
feststellbar, da sämtliche Unterlagen zerstört.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 2
Nettogeschoßfläche KG: 350,08 m2<br />
EG: 646,91 m2<br />
OG: 632,54 m2<br />
Nutzfläche (inkl. VSF) KG: 98,23 m2<br />
EG: 547,88 m2<br />
OG: 610,74 m2<br />
Umbauter Raum 8.000 m2<br />
Größenangaben:<br />
Anzahl der Geschosse 3<br />
bauaufgabenspezifische<br />
Sport- und Schw<strong>im</strong>mhalle. Später Umbau zum Kulturhaus<br />
Angaben<br />
Städtebauliche Situ<strong>at</strong>ion Freistehend (<strong>im</strong> Zentrum eines Parks, Zentrumsnähe)<br />
Gebäudeform Block<br />
Konstruktion und M<strong>at</strong>erial M<strong>at</strong>erialien: Beton, Stahl, Ziegel, Glas<br />
KG: Stahlbetonwände, Stahlbetondecke<br />
EG: Stahlbeton-Rahmen in Gebäudequerrichtung. Stirnseitig<br />
Betonstein-Mauer.<br />
OG: Massivbau Beton, teilweise ausgefacht. Stirnseitig<br />
Betonstein-Mauer. Decke: Beton-Schalendach auf Stahlstützen<br />
Haustechnik konventionell (Heizung durch Zentrale <strong>im</strong> Stammhaus)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 3
Inhalt<br />
A. Einreichpläne 1962 (b)<br />
1. Der Faktor Zeit als Schlüssel zum Verständnis.......................................................................... 7<br />
2. Situ<strong>at</strong>ion: Zentrumsnähe auf allen Ebenen................................................................................ 8<br />
2.1 Feldkirch <strong>im</strong> 3-Länder-Eck ......................................................................................................... 8<br />
2.2 Räumlich klar determinierter Stadtraum .................................................................................... 9<br />
2.3 Gute Verkehrsanbindung als wichtiges Kriterium.................................................................... 10<br />
2.4 Das <strong>Reichenfeld</strong> als stadträumliches Trennungs- und Verbindungsstück .............................. 12<br />
2.5 Orientierung des <strong>Hallenbad</strong>es am Masterplan ........................................................................ 13<br />
3. Baugeschichte.......................................................................................................................... 16<br />
3.1. Die Anfänge des Gymnasiums “Stella M<strong>at</strong>utina“..................................................................... 16<br />
3.2 Aufbruchst<strong>im</strong>mung in den 60er-Jahren.................................................................................... 16<br />
3.3 Der politische Faktor ................................................................................................................ 17<br />
3.4 Der Faktor Geld ........................................................................................................................ 17<br />
3.5 Planänderungen....................................................................................................................... 17<br />
3.5.1 Planinterne Korrel<strong>at</strong>ion............................................................................................................. 18<br />
3.5.2 Korrel<strong>at</strong>ion zwischen Plan und Ausführung ............................................................................. 18<br />
3.6 Realis<strong>at</strong>ion ................................................................................................................................20<br />
3.7 Funktionen................................................................................................................................20<br />
3.8 Schließung................................................................................................................................21<br />
3.9 Umnutzung............................................................................................................................... 21<br />
3.10 Sanierung ................................................................................................................................. 22<br />
4. Reduzierter Sportbau-Typus .................................................................................................... 23<br />
5. Die Funktionen und der Faktor Zeit ......................................................................................... 24<br />
6. Walter Bosshart und sein Umfeld............................................................................................. 26<br />
7. Konstruktion ............................................................................................................................. 28<br />
8. Bauphysik, Gebäudetechnik .................................................................................................... 30<br />
9. Signale nach Außen - Baukörper und Fassade ....................................................................... 31<br />
10. Raumkomposition .................................................................................................................... 36<br />
11. Einfache Erschließung mit Mehrzweck .................................................................................... 36<br />
12. Etage zum Schw<strong>im</strong>men ........................................................................................................... 39<br />
13. Das Leerschw<strong>im</strong>mbecken........................................................................................................ 42<br />
13.1. Raum ........................................................................................................................................ 42<br />
13.2. M<strong>at</strong>erial, Licht & Farben ........................................................................................................... 44<br />
13.3. Kontakt ..................................................................................................................................... 46<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 4
14. Etage zum Turnen .................................................................................................................... 47<br />
14.1. Raum ........................................................................................................................................ 47<br />
14.2. M<strong>at</strong>erial ..................................................................................................................................... 48<br />
14.3. Licht & Farben .......................................................................................................................... 49<br />
14.4. Kontakt ..................................................................................................................................... 50<br />
15. Nutzungsänderung in den 90er-Jahren ................................................................................... 51<br />
15.1. Kommentar zum Standort ........................................................................................................ 51<br />
15.2. Identifik<strong>at</strong>ion ............................................................................................................................. 52<br />
15.3. Umweltverträglichkeit ............................................................................................................... 52<br />
15.4. Gebäudetauglichkeit ................................................................................................................ 52<br />
16. Die Sanierung........................................................................................................................... 53<br />
16.1. Planentwicklung ....................................................................................................................... 53<br />
16.2. Die Maßnahmen ....................................................................................................................... 53<br />
16.3. Raumwirkung ........................................................................................................................... 54<br />
16.4. Gebrauchstauglichkeit ............................................................................................................. 54<br />
16.4.1. Verkehrserschließung............................................................................................................... 54<br />
16.4.2. Außenraum ............................................................................................................................... 53<br />
16.4.3. Innenraum ................................................................................................................................56<br />
16.5. Sicherheit.................................................................................................................................. 57<br />
16.6. Persönliche Stellungnahme...................................................................................................... 57<br />
17. Liter<strong>at</strong>ur..................................................................................................................................... 58<br />
18. Bildm<strong>at</strong>erial............................................................................................................................... 59<br />
19. Plandokument<strong>at</strong>ion .................................................................................................................. 59<br />
B. Fotos des Zustandes <strong>im</strong> Jahr 2000 (II)..................................................................................... 60<br />
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A. Einreichpläne 1962 (b)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 6
1. Der Faktor Zeit als Schlüssel zum Verständnis<br />
Bei der Analyse des Gebäudes bildet der Faktor Zeit einen wesentlichen<br />
Schwerpunkt. Ein ausführliches Kapitel ist deshalb der geschichtlichen Entwicklung<br />
gewidmet, da politische, gesellschaftliche, finanzielle, funktionale und ideelle<br />
Parameter jener Zeit großen Einfluss auf die Entwicklung der Architektur und<br />
Nutzung des Gebäudes h<strong>at</strong>ten. Sie können häufig nur <strong>im</strong> Zusammenhang mit den<br />
Entwicklungen <strong>im</strong> Umfeld verstanden werden.<br />
Bossharts Vorstellungen des Gebäudes und schließlich die Umsetzung der Pläne<br />
ändern sich ganz offensichtlich <strong>im</strong> Lauf der Zeit. In diesem Kontext kann Architektur<br />
als dynamisches System verstanden werden, das sich mit wachsender Erkenntnis<br />
der sich permanent ändernden Parameter entwickelt. In den verschiedenen<br />
Entstehungsphasen stehen unterschiedliche Mittel zur Verfügung: In der ersten<br />
Entwurfsphase sind Änderungen <strong>im</strong> Kopf des Architekten leicht zu vollziehen, haben<br />
aber umso größere Konsequenzen, weil sie in grobem Maßstab st<strong>at</strong>t finden. Am<br />
bereits gezeichneten Entwurf sind Änderungen aufwendiger. Die Dynamik am<br />
schließlich gebauten Werk aufrecht zu erhalten, bedarf der größten Anstrengung.<br />
Flexible Strukturen erleichtern funktionale und bauliche Änderungen.<br />
In dieser Analyse wird der Zeitraum der Errichtung des Gebäudes ebenso behandelt<br />
wie die gegenwärtigen, neuen Umstände: Das ehemalige <strong>Hallenbad</strong> dient seit den<br />
90er Jahren als Kultur- und Jugendveranstaltungsgebäude und wurde <strong>im</strong> Frühjahr<br />
2000 dementsprechend saniert.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 7
2. Situ<strong>at</strong>ion: Zentrumsnähe auf allen Ebenen<br />
2.1 Feldkirch <strong>im</strong> 3-Länder-Eck<br />
Abbildung 1: Lage (f)<br />
Vorarlberg ist das westlichste Bundesland Österreichs und auch das kleinste. Das<br />
Vorarlberger Rheintal – die Grenze zwischen Ost- und Westalpen - gehört nicht<br />
zuletzt dank der sehr zentralen Lage zu den wirtschaftlich und infrastrukturell am<br />
besten entwickelten Regionen Österreichs: Es grenzt an Liechtenstein, die Schweiz<br />
und Deutschland sowie an Tirol.<br />
Feldkirch (458 M.ü.M., ca. 30.000 EW), eine der 5 Kleinstädte Vorarlbergs, h<strong>at</strong>te seit<br />
dem Mittelalter große Bedeutung als str<strong>at</strong>egisch wichtiger Stützpunkt der Grafen von<br />
Montfort, als „Stadtrepublik mit hoher Gerichtsbarkeit“ und als Bischofssitz. Es<br />
etablierte sich in der Folge als Verkehrsknotenpunkt und – vor allem mit dem<br />
Jesuitengymnasium Stella M<strong>at</strong>utina – als „Studierstadt“ mit intern<strong>at</strong>ionalem Ruf.<br />
Heute ringt die Stadt mit wenig Erfolg um größere Bedeutung <strong>im</strong> wirtschaftlichen<br />
und kulturellen Bereich – die Region zwischen Bregenz und Dornbirn ist deutlich<br />
voran. Die Sanierung des Gebäudes muss auch <strong>im</strong> Kontext dieses Wettbewerbes<br />
gesehen werden: Sie soll der Entwicklung einer altern<strong>at</strong>iven Kultur <strong>im</strong> Raum<br />
Feldkirch einen starken Impuls geben und damit einen Gegenpol zur Bregenzer<br />
„etablierten“ Kultur (Bregenzer Festspiele, KUB, Kunst in der Stadt etc.) bilden.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 8
2.2 Räumlich klar determinierter Stadtraum<br />
Abbildung 2: Topografie (f)<br />
Feldkirchs Altstadt befindet sich auf dem ebenen Boden eines Kessels zwischen<br />
mehreren kleinen Inselbergen und ist dadurch in seinem Flächenwachstum<br />
eingeschränkt.<br />
Stadterweiterungsgebiete konnten sich nur jenseits dieser Erhebungen bilden.<br />
Ausnahmen bilden Altenstadt <strong>im</strong> Norden und Tisis <strong>im</strong> Süden, die durch eine ebene<br />
Verbindung mit dem ehemaligen Stadtkern verbunden sind. Am südlichen Rand der<br />
Altstadt fließt in Richtung Osten die Ill und bildet die einzige topographische<br />
Barriere zu Tisis. Jenseits der Ill schiebt sich das <strong>Reichenfeld</strong>, ein großflächiger<br />
Grünraum, zwischen die Altstadt und Tisis.<br />
Der Sportbau, der ein <strong>Hallenbad</strong> und eine Turnhalle beherbergt, befindet sich <strong>im</strong><br />
Zentrum des <strong>Reichenfeld</strong>es.<br />
Er war Teil des Priv<strong>at</strong>gymnasiums Stella M<strong>at</strong>utina, das von einem Jesuitenorden<br />
betrieben wurde. So lange das <strong>Reichenfeld</strong> in priv<strong>at</strong>em Besitz des Jesuitenordens<br />
und nicht öffentlich zugänglich war, unterbrach es die freie Verbindung zwischen der<br />
Altstadt und Tisis. Das <strong>Reichenfeld</strong> war „sauber abgeschirmt durch Zäune, ein<br />
eisernes Tor und Besucherkontrollen durch den Pförtner“ (8).<br />
Seit den 90er-Jahren aber befindet sich das Gelände <strong>im</strong> Besitz der Stadt Feldkirch,<br />
wurde zum öffentlichen Park erklärt und fungiert als neues Verbindungsstück<br />
zwischen der Altstadt und Tisis.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 9
2.3 Gute Verkehrsanbindung als wichtiges Kriterium<br />
Schon früh h<strong>at</strong>te Feldkirch davon profitiert, dass es am Knotenpunkt zahlreicher<br />
Verkehrsverbindungen lag. Der ständige Ausbau der Verkehrswege (Arlbergtunnel,<br />
Rheintalautobahn etc.) führte zunächst zu steigender Bedeutung der Stadt, doch<br />
bald zielten aufwendige Baumaßnahmen (Sch<strong>at</strong>tenburgtunnel, Ardetzenbergtunnel,<br />
Ausbau der Felsenauschlucht,...) darauf ab, der Verkehrslawine zu entkommen. Die<br />
Errichtung des <strong>Hallenbad</strong>-Baus in den 60er-Jahren fiel aber noch in die Zeit des<br />
Fortschrittsopt<strong>im</strong>ismus.<br />
Die Standortentscheidung allerdings h<strong>at</strong>ten bereits 320 Jahre früher die ersten<br />
Jesuiten gefällt, als sie das Hauptgebäude der Stella M<strong>at</strong>utina errichtet h<strong>at</strong>ten. Die<br />
gute Erreichbarkeit aus dem Ausland stellte in bezug auf den Besuch einer<br />
intern<strong>at</strong>ionalen Schule ein wichtiges Kriterium bei der Entscheidung der Schüler für<br />
den Besuch der Stella M<strong>at</strong>utina dar. Feldkirch war sowohl aus Italien als auch von<br />
der Schweiz oder Deutschland aus rel<strong>at</strong>iv schnell erreichbar – sowohl mit dem Auto<br />
als auch mit der Bahn.<br />
Der Schulkomplex liegt ca. 200 m von der damaligen Hauptverkehrsader, der<br />
heutigen B190, die Liechtenstein und die Schweiz über Dornbirn und Bregenz mit<br />
Deutschland verbindet, entfernt. Der Bahnhof ist zu Fuß in 10 Minuten erreichbar.<br />
Bosshart maß der Verkehrserschließung entsprechend der Nutzung des Gebäudes<br />
wenig Bedeutung zu, zumal für den Betrieb des <strong>Hallenbad</strong>es oder des Turnsaales<br />
kaum größere M<strong>at</strong>erial- oder sonstige Lieferungen benötigt wurden und das<br />
Gebäude ausschließlich der Nutzung durch Angehörige der Stella M<strong>at</strong>utina<br />
vorbehalten sein sollte. Gute fußläufige Erreichbarkeit und die einfache Möglichkeit<br />
einer sporadischen direkten Zufahrt genügten.<br />
Zwischen Ill und <strong>Hallenbad</strong>gebäude wurde 1999 auf 2 Ebenen eine unterirdische<br />
Tiefgarage errichtet.<br />
Abbildung 3: Lageplan (e) mit Perspektivrichtung der Fotos<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 10
Abbildungen 4: Das <strong>Reichenfeld</strong> (II). Perspektivrichtungen der Fotos<br />
siehe. Abb. 3<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 11
2.4 Von der stadträumlichen Barriere zur lebendigen Verbindung<br />
Das <strong>Reichenfeld</strong> ist vom Stadtkern nur durch die Ill getrennt und beherbergte bis<br />
1978 das traditionsreiche Jesuitengymnasium, dessen „repräsent<strong>at</strong>ive“<br />
Hauptgebäude <strong>im</strong> neobarocken (16,3) Stil sich beiderseits entlang der Ill formierten.<br />
Sie waren durch 2 Fußgängerstege über den Fluß untereinander und mit dem<br />
Zentrum verbunden. In den Jahren 1963-65 wurde der Schulkomplex um das Turnund<br />
<strong>Hallenbad</strong>-Gebäude ergänzt, das solitär <strong>im</strong> <strong>Reichenfeld</strong> gebaut wurde und<br />
ebenfalls repräsent<strong>at</strong>iv sein sollte – in zeitgemäßer architektonischer Sprache.<br />
Der Grünraum wird <strong>im</strong> Norden abgeschlossen von der Ill und den am Ufer der Ill<br />
liegenden früheren Schulgebäuden der Stella M<strong>at</strong>utina, die jetzt als<br />
Landeskonserv<strong>at</strong>orium für Musik bzw. als Veranstaltungssaal mit gehobenem<br />
Ambiente genutzt werden. Im Osten erhebt sich in einiger Entfernung eine mächtige<br />
Felswand, der Stadtschroffen. Seine bewaldeten Ausläufer reichen bis auf ca. 10<br />
Meter an das Gebäude heran. Im Süden, dem größten Teil des Geländes, bilden der<br />
Neubau einer unterirdischen 3-fach-Turnhalle und das anschließende Gebäude des<br />
BORG jene Grenze, die <strong>im</strong> Westen vom Wohnhe<strong>im</strong> der Jesuiten, einem<br />
Seniorenhe<strong>im</strong>, einzelnen Wohnhäusern sowie der Justizanstalt und dem<br />
Landesgericht Feldkirch fortgesetzt wird. Hier ist keine klare räumliche Trennung<br />
fest zu stellen, zumal Drahtzäune und Kleingärten mit Gartenhäuschen ein<br />
homogenes, aber undeutliches Raumbild vermitteln.<br />
Das <strong>Reichenfeld</strong> bildet eine große ebene Fläche innerhalb dieser Grenzen.<br />
Zwischen dem heutigen Landeskonserv<strong>at</strong>orium und dem <strong>Hallenbad</strong> bilden sehr alte,<br />
große Linden zwei Alleen. Reste dieser Alleen ziehen sich auch entlang des<br />
<strong>Hallenbad</strong>zufahrtsweges an der Waldgrenze am Beginn der Böschung des<br />
Stadtschroffens bis in den südlichen Teil des Geländes.<br />
Zu Zeiten der Stella M<strong>at</strong>utina war das <strong>Reichenfeld</strong> der Nutzung durch Angehörige<br />
des Ordens vorbehalten: Die Jesuiten betrieben intensiv Gemüseanbau, nutzten die<br />
Freiflächen aber auch für den Sportunterricht der „Zöglinge“. Der Bereich in der<br />
Nähe des Stammhauses diente als Pausen- und Spielpl<strong>at</strong>z.<br />
Nach dem Ankauf des Geländes durch die Stadt Feldkirch (1990) wurde es der<br />
Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Es wurde von zahlreichen Feldkirchern sofort als<br />
„einziges Naherholungsgebiet für die Bewohner der Innenstadt“ (zitiert aus einem<br />
Flugbl<strong>at</strong>t gegen den Tiefgaragenbau) angenommen, ohne dass besondere<br />
gestalterische Änderungen vorgenommen worden waren. Das <strong>Reichenfeld</strong> ist der<br />
einzige zentrumsnahe, ruhige öffentliche Grünraum. Für Belebung sorgen v.a. die<br />
Schüler des direkt an das <strong>Reichenfeld</strong> angrenzenden Schulkomplexes <strong>im</strong> Süden<br />
(BORG, PädAk, HAK, HaSch), die in längeren Pausen zwischen ihrer<br />
Ausbildungsstätte und der Altstadt pendeln und regelmäßig das <strong>Reichenfeld</strong><br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 12
kreuzen. Durch deren regelmäßigen Kontakt zum <strong>Reichenfeld</strong> wurde es auch<br />
außerhalb der Schulzeiten als Aufenthaltsort genutzt: Jugendliche betreiben hier<br />
teilweise Sport – es gibt auch einen kleinen Fußballpl<strong>at</strong>z – oder „hängen ab“. Die<br />
fehlende Gestaltung, das Fehlen einer „sozialen Kontrolle“, die abseitige Lage des<br />
<strong>Reichenfeld</strong>es geben ihm das Ambiente eines gesetzlosen Freiraumes, was teilweise<br />
exzessiven Konsum von Alkohol und anderen Drogen sowie Lärm und<br />
Beschädigungen zur Folge h<strong>at</strong>te. Konflikte mit Familien, die den Park mit ihren<br />
Kindern nutzten, waren die Konsequenz. Auch Senioren und arbeitende<br />
Erholungssuchende fühlten sich teilweise bedrängt. Schließlich stellten mit den<br />
Besuchern des Landeskonserv<strong>at</strong>oriums für Musik und der elitären „Schubertiade“<br />
(<strong>im</strong> ehemaligen Stammhaus der Stella M<strong>at</strong>utina, jedoch <strong>im</strong> Frühjahr 2000 in den<br />
Bregenzerwald abgewandert) weitere Nutzergruppen Ansprüche an den Park.<br />
2.5 Orientierung des <strong>Hallenbad</strong>es am Masterplan<br />
Das <strong>Hallenbad</strong> beansprucht eine Grundfläche von 22,6 x 30,76 m und n<strong>im</strong>mt in<br />
seiner Orientierung Bezug auf den Flusslauf der Ill und somit gleichzeitig auf das<br />
Stammhaus der Stella M<strong>at</strong>utina, dem es zugeordnet ist. Zwei große Lagerschuppen<br />
aus Holz mit S<strong>at</strong>teldächern, die sich <strong>im</strong> Nord-Westen in geringem Abstand an das<br />
Gebäude anschließen, werden von Bosshart ignoriert – er n<strong>im</strong>mt keinerlei Bezug auf<br />
sie, weil für ihn deren Abriss nur eine Frage der Zeit war. (Erst <strong>im</strong> Jahr 1996 sind sie<br />
abgebrannt.) Vielmehr trachtete er danach, zukünftige Bezüge zu jenem<br />
Gesamtkomplex zu ermöglichen, mit dessen Planung er zum Zeitpunkt des<br />
<strong>Hallenbad</strong>baues ebenfalls beauftragt war; Zur seiner Ausführung war es nie<br />
gekommen.<br />
Der Gesamtkomplex sollte auf einem quadr<strong>at</strong>ischen Grundriss von ca. 80 x 80 m vier<br />
Baukörper in doppelt symmetrischer Anordnung um einen Innenhof gruppieren. Er<br />
war in der westlichen Verlängerung des Pförtnerhauses geplant, allerdings soweit<br />
nach Süden versetzt, dass die Erschließungsstraße zwischen den Fluchten beider<br />
Komplexe verlaufen konnte. Das <strong>Hallenbad</strong> wäre das Pendant zum Pförtnerhaus an<br />
der südwestlichen Ecke des neu geplanten Komplexes gewesen. Eine Wegachse<br />
sollte die beiden Gebäude direkt verbinden und außerdem der Erschließung des<br />
neuen Komplexes dienen. Somit wären mit nur zwei Wegen alle Gebäude<br />
erschlossen worden.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 13
Abbildung 5: Der „Masterplan“ (b)<br />
Das <strong>Hallenbad</strong> wäre außerhalb des neuen Komplexes gestanden und hätte zwei<br />
wichtige raumbildende Funktionen gehabt:<br />
Einerseits hätte es den Freiraum vor dem alten Schulgebäude abgeschlossen und<br />
diesem <strong>im</strong> Zusammenspiel mit dem Waldsaum <strong>im</strong> Osten und dem neuen<br />
Gebäudekomplex <strong>im</strong> Westen Schulhof-Charakter verliehen.<br />
Andererseits hätte es gemeinsam mit dem neuen Gebäudekomplex den südlichen<br />
Teil des <strong>Reichenfeld</strong>es in einen offenen Rahmen gefasst.<br />
Weil der neue Gebäudekomplex nie gebaut wurde, kam das <strong>Hallenbad</strong> speziell nach<br />
dem Brand der beiden Lagerschuppen <strong>im</strong> Jahr 1996 als solitärer Baukörper stark zur<br />
Wirkung.<br />
Die nüchterne Zurückhaltung der architektonischen Sprache des <strong>Hallenbad</strong>es<br />
kontrastiert umso stärker mit der üppigen N<strong>at</strong>ur in der Umgebung und mit dem<br />
neobarocken (16,3) Stil des Stammhauses, das sein enormes Volumen offen zur<br />
Schau stellt.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 14
Abbildung 6: Süd-Fassade 1999 (II)<br />
Be<strong>im</strong> Betreten des scheinbar kleinen Gebäudes ist der Besucher überrascht, derart<br />
voluminöse Innenräume zu entdecken, deren Ausmaße von außen schwer zu<br />
erahnen sind. Architekt Walter Bosshart schuf ein Stück dezenter, selbstbewusster<br />
Architektur, die dem Umfeld in seiner Funktion dient, sich aber in seiner Gestaltung<br />
weder an Bestehendes anbiedert noch in Konkurrenz dazu tritt. Es demonstriert<br />
dessen Qualitäten durch die eigene Andersartigkeit und n<strong>im</strong>mt dessen Attraktivität<br />
dort für sich in Anspruch, wo es Sinn macht: Jede Fassadenöffnung stellt intensive<br />
Bezüge zum Umfeld her.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 15
3. Baugeschichte<br />
3.1. Die Anfänge des Gymnasiums “Stella M<strong>at</strong>utina“<br />
Der in der Schweiz gegründete Jesuiten-Orden war <strong>im</strong> eigenen Land gesetzlichen<br />
Einschränkungen und Verboten unterworfen. Das Kollegium Stella M<strong>at</strong>utina<br />
(„Morgenstern“) <strong>im</strong> grenznahen Feldkirch bot daher die Möglichkeit, unweit des<br />
Stammhauses und unabhängig von Schweizer Gesetzen ein Jesuiten-Gymnasium zu<br />
etablieren.<br />
Die Schule, gegründet 1649 als „Lyzeum der Jesuiten“ (15,381), genoss von 1856<br />
bis 1978 unter dem Namen Stella M<strong>at</strong>utina den Ruf einer elitären und<br />
leistungsstarken Ausbildungsstätte und h<strong>at</strong>te den St<strong>at</strong>us eines städtischen<br />
Wahrzeichens. („Die kulturhistorische Bedeutung des Ensembles ergibt sich aus der<br />
T<strong>at</strong>sache, dass die Stella M<strong>at</strong>utina eine der bedeutendsten Institutionen des<br />
Erziehungswesens in West-Österreich und darüber hinaus <strong>im</strong> benachbarten Ausland<br />
darstellt.“.16,3).<br />
Ursprünglich h<strong>at</strong>te das noch heute bestehende Gebäude am linken Illufer ein fast<br />
identisches Pendant auf der anderen Flussseite. Durch Stegkonstruktionen (s. Abb.<br />
6) waren beide Komplexe miteinander verbunden und in die Stadtstruktur<br />
eingebunden.<br />
Die stadtseitigen Gebäude wurden in unserem Jahrhundert abgerissen um später<br />
„modernen“ Neubauten (Illpark-Einkaufszentrum) Pl<strong>at</strong>z zu machen. In den Wirren<br />
der Weltkriege dienten die verbliebenen Gebäude jenseits der Ill als Kasernen, der<br />
Schulbetrieb wurde teilweise unterbrochen.<br />
3.2 Aufbruchst<strong>im</strong>mung in den 60er-Jahren<br />
Nach dem 2. Weltkrieg entwickelte sich die Stella M<strong>at</strong>utina erneut sehr positiv,<br />
während die gesetzlichen Restriktionen in der Schweiz nach wie vor gültig waren.<br />
Wachsende Expansions- und Erneuerungswünsche führten zum Auftrag an Architekt<br />
Walter Bosshart aus Zürich, eine Gesamtplanung für den etappenweisen Ers<strong>at</strong>z der<br />
„veralteten Schul-, Kollegium- und Intern<strong>at</strong>s-Gebäude (ehemals k.u.k. Kaserne<br />
Garnison Feldkirch) und Neubauprojekte für Sport- und Freizeitanlagen“ (9) zu<br />
schaffen.<br />
Im Sinne der selbstbewussten architektonischen Haltung der 60er-Jahre plante<br />
Bosshart den teilweisen Abriss der bestehenden Gebäude und entwarf den oben<br />
beschriebenen Gebäudekomplex, der sich auf das <strong>Reichenfeld</strong> ausbreiten sollte.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 16
3.3 Der politische Faktor<br />
Der Bau des <strong>Hallenbad</strong>es wurde zunächst als „dringendster Anfang“ (9) umgesetzt.<br />
Während Bosshart jedoch seine Pläne für den Gesamtkomplex weiter konkretisierte,<br />
wurde in der Schweiz eine Liberalisierung der Verfassung und somit eine Lockerung<br />
der Restriktionen gegen den Jesuiten-Orden beschlossen. Es war nun möglich, <strong>im</strong><br />
„eigenen Land“ Entwicklungen voran zu treiben. Die völlige Neugestaltung des<br />
Standortes Feldkirch wurde ad acta gelegt, der bereits begonnene <strong>Hallenbad</strong>bau<br />
wurde dennoch fertig gestellt.<br />
3.4 Der Faktor Geld<br />
Das Volumen für das Schw<strong>im</strong>mbecken selbst wurde <strong>im</strong> Neubau zunächst nur<br />
ausgespart, da die Finanzierung noch nicht gesichert war. Der damalige Rektor des<br />
Kollegs, P. Karl Thüer SJ , war auf Spenden der Schülereltern und der so genannten<br />
Altstellaner angewiesen, um die Kosten für das Rohbecken, die Verfliesung der<br />
Wände und die Einrichtung für die Wasseraufbereitung decken zu können. Aufgrund<br />
der starken Bindung der Stellaner und der Feldkircher Bevölkerung an die<br />
traditionsreiche Ausbildungsstätte konnte der erforderliche Spendenstand von öS<br />
470.000.- mit einiger Mühe erreicht werden.<br />
Auch aus dieser Geldknappheit heraus ist der sehr sparsame, nüchterne Bau zu<br />
verstehen.<br />
Walter Bosshart hätte das Gebäude <strong>im</strong> Gesamten gerne etwas „großzügiger“<br />
angelegt und gerne einen weiteren Stützenraster gewählt.<br />
Speziell das Schw<strong>im</strong>mbecken, das heute eine Länge von nur 16,66 m aufweist, hätte<br />
nach seinen Vorstellungen mindestens 25 m messen sollen. Aber auch die Treppe<br />
und die Garderoben hätte er geräumiger d<strong>im</strong>ensioniert. Doch der Geldmangel und<br />
die Meinung des Bauherren, „dass man ja das Stammhaus direkt daneben h<strong>at</strong>“ und<br />
insofern keine perfekte Ausst<strong>at</strong>tung vonnöten sei, erzwangen Einschränkungen (8).<br />
Damit ist wohl auch z.B. das Fehlen von Waschbecken in den Toiletten-Räumen zu<br />
erklären.<br />
3.5 Planänderungen<br />
Bei der Analyse des Gebäudes fallen <strong>im</strong> Detail zahlreiche Unterschiede zwischen<br />
verschiedenen Planungsstadien, aber auch zwischen dem Ausführungsplan und der<br />
t<strong>at</strong>sächlichen Ausführung auf.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 17
3.5.1 Planinterne Korrel<strong>at</strong>ion<br />
Die Einreichpläne – d<strong>at</strong>iert mit 12.12.1962 – weisen untereinander Abweichungen<br />
auf, die damit zu erklären sind, dass kurzfristig Umplanungen vorgenommen worden<br />
sind, die ihren Niederschlag jedoch nicht mehr in den Grundrissen, wohl aber in den<br />
Ansichten oder Schnitten – und umgekehrt - gefunden haben. Siehe dazu Pt. 3.5.2.<br />
3.5.2 Korrel<strong>at</strong>ion zwischen Plan und Ausführung<br />
Walter Bosshart erstellte zwar die Planung für das Gebäude, h<strong>at</strong>te aber auf die<br />
Umsetzung sehr wenig Einfluss. Die Bauleitung h<strong>at</strong>te ein Ingenieur Zerlauth aus<br />
Dornbirn unter sich. Infolgedessen sind zahlreiche Maßnahmen – teilweise ohne<br />
sein Wissen und gegen seinen Willen - dem Sparstift oder anderen Interessen zum<br />
Opfer gefallen.<br />
(1) Für das Untergeschoss war <strong>im</strong> Grundrissplan eine deutlich großzügigere<br />
n<strong>at</strong>ürliche Belichtung geplant, 2/3 der Maueröffnungen wurden dann aber –<br />
entsprechend den Ansichten - weg gelassen.<br />
(2) Bosshart h<strong>at</strong>te ursprünglich identische Fassaden an den beiden Gebäude-<br />
Stirnseiten geplant, beschränkte sich aber dann an der erdgeschossigen<br />
Ost-Seite auf deutlich weniger Maueröffnungen.<br />
(3) Im Erdgeschoss kam zwischen dem Raum des Schw<strong>im</strong>mbeckens und dem<br />
Duschraum eine einflügelige Tür st<strong>at</strong>t der geplanten zweiflügeligen zur<br />
Ausführung. In keinem der Pläne scheint das „Schaufenster“ zwischen<br />
diesen beiden Räumen auf.<br />
(4) Die entstehenden Resträume unter den Treppen zur Halle <strong>im</strong> Obergeschoss<br />
wollte Bosshart als kleine Lagerräume nutzbar machen – diese Absicht<br />
wurde nie berücksichtigt, die Resträume wurden zugemauert.<br />
(5) Die dominante verglaste Süd-Fassade war in den Schnittplänen noch anders<br />
dargestellt: Hier wollte sich Bosshart scheinbar ursprünglich auf Oberlichten<br />
– so wie sie auf der Nord-Fassade <strong>im</strong> Erdgeschoss auch ausgeführt wurden -<br />
beschränken. Im Grundriss jedoch ist die Nordfassade bereits voll verglast<br />
dargestellt, so wie sie schließlich auch ausgeführt wurde.<br />
(6) In den Schnitten h<strong>at</strong>te Bosshart ein einfaches, aber prägnantes<br />
Dachrinnensystem eingezeichnet. Darauf wurde sehr zum Ärgernis des<br />
Architekten (8) verzichtet. Die Konsequenz: Das Regenwasser stürzte direkt<br />
vom Dach auf den Erdboden und hinterließ dabei deutliche schwarze<br />
Schmutzspuren an der Fassade.<br />
(7) Die vertikalen Verglasungen, die den Treppenpodestraum mit Streiflicht<br />
versorgen, waren zwar auch von Bosshart zweigeteilt geplant worden,<br />
allerdings sollte ursprünglich das kleine quadr<strong>at</strong>ische Glasstück den unteren<br />
Abschluss bilden. Es wurde schließlich nach oben verlegt.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 18
(8) Die Verglasungen kleinerer Räume und auch jene <strong>im</strong> Treppenpodestraum<br />
waren laut Einreichplan häufig innenseitig vorgesehen, wurden schließlich<br />
aber bündig mit der Fassade ausgeführt.<br />
(9) Die erdgeschossige Wand an der Nordseite ist in Leichtbauweise ausgeführt.<br />
Laut Querschnitts-Plan hätte die Leichtbauwand (verputzte Holzspanpl<strong>at</strong>ten!)<br />
mittig gebaut werden sollen, sodass die Stahlbetonstützen nach außen<br />
sichtbar geblieben wären. Schon in den Ansichten waren die Stützen jedoch<br />
nicht mehr zu sehen: Die Leichtbauwand wurde zur Stützenaußenseite<br />
bündig pl<strong>at</strong>ziert. Im Obergeschoss wurde gänzlich von der geplanten<br />
Leichtbauweise abgesehen.<br />
(10) Die Brüstung be<strong>im</strong> Flachdach über dem Geräteraum sollte laut Plan<br />
über 104 cm hochgezogen werden, um bündig an die Unterkanten des<br />
Fensterbandes der Turnhalle anzuschließen. Das sieht in der gezeichneten<br />
Ansicht zwar „sauber“ aus, in der realen Perspektive von unten aber würde<br />
dadurch auch aus großer Entfernung das Fensterband selber verdeckt. In<br />
der Ausführung wurde die Höhe der Brüstung deshalb auf ein Min<strong>im</strong>um<br />
reduziert.<br />
Abbildung 7: Blick von Süd-Osten auf die Süd-Fassade 1999 (IV)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 19
3.6 Realis<strong>at</strong>ion<br />
In den Jahren 1963-1965 wurde das Gebäude schließlich geplant und erbaut. Am<br />
Beginn der Bauarbeiten für die Erweiterung der Stella M<strong>at</strong>utina existierte vom<br />
ursprünglichen Komplex beiderseits der Ill nur mehr das große Gebäude am linken<br />
Flussufer sowie das anschließende Pförtnerhaus.<br />
Während der Bauarbeiten prangte in einer Phase von Verzögerungen nach einer<br />
Nacht- und Nebelaktion an den Fenstern der Turnhalle die ungeduldige Frage Quo<br />
usque tandem? - wie weit sind wir? Die feierliche Eröffnung war nämlich <strong>im</strong>mer<br />
wieder verschoben worden und „der Volkszorn kochte“ (7).<br />
Im Juni 1965 fand schließlich die Einweihung st<strong>at</strong>t, obwohl aus Geldmangel auf das<br />
Verputzen der Außenmauern noch Jahre gewartet werden musste (8).<br />
Die Sportstätten dienten dem Schulbetrieb des Priv<strong>at</strong>gymnasiums, wurden aber<br />
auch vom Lehr- und Verwaltungskörper, später auch von anderen Schulen und<br />
priv<strong>at</strong>en Gruppen genutzt (4,1). Die sanitären Anlagen konnten auch direkt von<br />
Außen betreten werden, standen damit also auch für Klassen zur Verfügung, die ihre<br />
sportliche Tätigkeit <strong>im</strong> Park ausübten.<br />
3.7 Funktionen<br />
Im alten Stammgebäude herrschte Raumnot: der eigentliche Turnsaal <strong>im</strong><br />
Pförtnerhaus wurde für andere Zwecke – teilweise als Schlafraum für die Studenten -<br />
verwendet.<br />
Sportliche Betätigung war somit nur unter freiem H<strong>im</strong>mel <strong>im</strong> <strong>Reichenfeld</strong> möglich.<br />
Für Wassersport h<strong>at</strong>te nur der Badeweiher <strong>im</strong> Ortsteil Tisis zur Verfügung<br />
gestanden.<br />
Der Neubau mit seiner Turnhalle und dem Lehrschw<strong>im</strong>mbecken ermöglichte den<br />
Studierenden („450 Intern<strong>at</strong>szöglinge“, 9) auch bei schlechtem Wetter sportliche<br />
Betätigung.<br />
Dessen sanitäre Einrichtungen wurden nicht nur nach den Turnstunden, sondern<br />
ganz allgemein für die tägliche Hygiene der Studenten genutzt.<br />
Außerdem konnten Geräte für den Sportunterricht, der <strong>im</strong> angrenzenden<br />
<strong>Reichenfeld</strong>park st<strong>at</strong>tfand, wettergeschützt beherbergt werden. Diesem Zweck<br />
diente das Kellergeschoss, das über eine Rampe mit dem Park verbunden war.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 20
3.8 Schließung<br />
Ende der 70er-Jahre begann das Becken leck zu werden, wurde aber nicht saniert,<br />
da 1978 das gesamte Priv<strong>at</strong>gymnasium geschlossen wurde. In der Folge stand das<br />
Gebäude zunächst Jahre leer, bis es provisorisch als Lagerraum für The<strong>at</strong>erkulissen<br />
und als Atelierraum für Künstler verwendet wurde.<br />
3.9 Umnutzung<br />
Erst 1990 erwarb die Stadt Feldkirch das <strong>Reichenfeld</strong> und damit auch das<br />
<strong>Hallenbad</strong>gebäude von den Jesuiten. Nach min<strong>im</strong>alen gestalterischen Änderungen<br />
wurde das Gelände als Erholungsraum frei gegeben. 2 neue Fußgängerstege über<br />
die Ill zum <strong>Reichenfeld</strong> wurden gebaut, um den neuen Stadtteil in die Altstadt zu<br />
integrieren.<br />
Mit der Ausstellung „Die Schuld des Fleisches“ – die erste öffentliche Veranstaltung<br />
<strong>im</strong> <strong>Hallenbad</strong> seit Jahrzehnten -erreichte das Gebäude erstmals wieder das<br />
öffentliche Bewusstsein: 3 New Yorker Künstler zeigten Skulpturen aus Fleisch und<br />
Exkrementen sowie Rauminterventionen in Kombin<strong>at</strong>ion mit Video-Install<strong>at</strong>ionen und<br />
Soundkollagen. Sie setzten damit ein „schmutziges“ Gegengewicht zur gleichzeitig<br />
<strong>im</strong> Landeskonserv<strong>at</strong>orium st<strong>at</strong>tfindenden „Schubertiade“ und them<strong>at</strong>isierten sehr<br />
effizient „Kunst“ und „Tod“ in der Vorarlberger Gesellschaft.<br />
Im Laufe der folgenden Jahre wurden sämtliche Trennwände der<br />
Garderobenanlagen und später jene der Dusch- und WC-Anlagen entfernt.<br />
Abbildung 8: Konzert <strong>im</strong> Obergeschoss, 1999 (II)<br />
1994 wurde der Pool erstmals als Arena für das Projektthe<strong>at</strong>er Vorarlberg genützt,<br />
nachdem provisorisch eine Holz-Tribüne, elektrische Install<strong>at</strong>ionen und 2<br />
Lichttraversen installiert worden waren. Im folgenden Sommer fanden die<br />
„Feldkircher KreAktiv-Wochen“, eine altern<strong>at</strong>ive Sommerakademie mit abendlichem<br />
Kulturprogramm und Barbetrieb, <strong>im</strong> <strong>Hallenbad</strong> st<strong>at</strong>t. Danach gab die Stadt Feldkirch<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 21
das leerstehende <strong>Hallenbad</strong> <strong>im</strong>mer häufiger zur Nutzung für altern<strong>at</strong>ive Kultur- und<br />
Jugendveranstaltungen frei. Das Gebäude wurde in unregelmäßigen Abständen als<br />
Veranstaltungsort für Kinderferienprogramme, Schulparties, Konzerte und das<br />
alljährliche „Kulturbad“-Festival, das sich aus den KreAktiv-Wochen entwickelt h<strong>at</strong>te,<br />
genützt.<br />
Es h<strong>at</strong> sich eine eigenständige altern<strong>at</strong>ive Kulturszene entwickelt und etabliert, die<br />
überregional Wellen schlug.<br />
1999 wurde fast exakt auf jener Fläche, die nach den Plänen von Walter Bosshart für<br />
den neuen Schulkomplex vorgesehen war, eine unterirdische Parkgarage errichtet,<br />
die sämtliche oberirdischen Parkplätze <strong>im</strong> <strong>Reichenfeld</strong> ersetzte. Ihre Existenz wird<br />
nur von den Zugängen, zwei Glas-Beton-Kuben, und von der Zufahrtsrampe<br />
verr<strong>at</strong>en. Das ebenerdige Garagendach wurde zur Wiese und vergrößerte dadurch<br />
den zusammenhängenden Grünraum bis direkt an das Illufer.<br />
3.10 Sanierung<br />
Spätestens mit der Ausstellung „Die Schuld des Fleisches“ begann eine lange<br />
Diskussion um einen möglichen Abriss des Gebäudes, das in Teilen der<br />
Bevölkerung als Fremdkörper <strong>im</strong> <strong>Reichenfeld</strong> empfunden wird.<br />
Offiziell war das <strong>Hallenbad</strong> als Veranstaltungsort bis in den Sommer 2000 nicht<br />
zugelassen, weil es zahlreichen behördlichen Vorschriften nicht entsprach. Aufgrund<br />
der großen Akzeptanz des Gebäudes als Veranstaltungsort wurde vom Feldkircher<br />
Stadtr<strong>at</strong> 1997 dessen Erhaltung beschlossen. 1998 schlug die Stadt Feldkirch einen<br />
altern<strong>at</strong>iven Neubau <strong>im</strong> Stadtteil Tosters (bei gleichzeitigem Abriss des <strong>Hallenbad</strong>es)<br />
vor und stellte die potentiellen Nutzer vor die Wahl zwischen Sanierung und Abriss<br />
mit Neubau. Schließlich wurde beschlossen, das Gebäude nicht nur zu erhalten,<br />
sondern zu einem auch <strong>im</strong> Winter benutzbaren Veranstaltungsraum für bis zu 1000<br />
Besucher zu machen. Die Bauarbeiten wurden <strong>im</strong> Juli 2000 abgeschlossen. Ziel der<br />
Sanierung war es, Raum für altern<strong>at</strong>ive und jugendliche Kultur zu schaffen. (s. Info<br />
und Nutzungsbedingungen der Stadt Feldkirch)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 22
4. Reduzierter Sportbau-Typus<br />
Das Gebäude kann als Kleinschw<strong>im</strong>mhalle in Kombin<strong>at</strong>ion mit einer Normal-<br />
Turnhalle bezeichnet werden, jedoch bedingen spezielle Umstände besondere<br />
Ausprägungen:<br />
(1) Die Zuordnung zum Stammhaus, das trotz der Distanz von ca. 85 m einige<br />
Funktionen übern<strong>im</strong>mt<br />
(2) Die fast ausschließliche Nutzung durch Angehörige der Stella M<strong>at</strong>utina.<br />
(3) Der nüchtern-lakonische Zugang von Architekt und Bauherr zur Bauaufgabe<br />
(4) Extreme Geldknappheit<br />
Es gibt keine Eingangskontrolle, keinen Verwaltungstrakt, keine Aufsichtsräume,<br />
keine Zuschauerbereiche, keinen gastronomischen Betrieb oder sonstige<br />
Freizeiteinrichtungen.<br />
Auch auf den Einbau wichtiger Vorrichtungen für den Betrieb als Wassersportstätte<br />
wurde verzichtet: Es gibt keine Sprungbretter und keine Startsockel.<br />
Die geringe Beckenlänge von nur 16,66 m ist schlecht für die sportliche Nutzung<br />
geeignet, dennoch ist sie zumindest so konzipiert, dass 6 Längen die sportlich<br />
relevanten 100 m ergeben.<br />
In den Duschräumen gibt es keine Abtropf- oder Übergangszonen zum<br />
Erschließungsgang, <strong>im</strong> ganzen Gebäude gibt es nur 2 Waschbecken, nämlich <strong>im</strong><br />
WC, das direkt vom Beckenraum aus benutzt werden kann und <strong>im</strong> Lehrer-WC. Auf<br />
behindertengerechte Bauweise wurde keine Rücksicht genommen: die Sporthalle ist<br />
nur über eine Treppe erreichbar.<br />
Abbildung 9: Funktionszuordnung der Räume<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 23
5. Die Funktionen und der Faktor Zeit<br />
„Verwirklichen verlangt mehr als Erfüllung von Zwecken. Ein echtes Bauwerk (...)<br />
öffnet sich in der eigenen Fixierung zu neuen Zwecken. Irgendwo weist es über sich<br />
hinaus und zeigt in der eigenen Möglichkeit die nächsten an. Es interpretiert nicht<br />
einen Sachverhalt, sondern eine weiter dauernde Aufgabe, und wird so Mitgift in<br />
neues Schaffen“ (11, S.1f)<br />
Walter Bosshart errichtete ein Gebäude, das in erster Linie den Schw<strong>im</strong>m- und<br />
Leibesübungen von 10- bis 18-Jährigen Burschen dienen sollte. Heute wird darin<br />
nicht getaucht, nicht geturnt. Das Gebäude ermöglicht Ausstellungen,<br />
Kinderveranstaltungen, The<strong>at</strong>er, Kulturveranstaltungen, einen Barbetrieb u.v.a.<br />
Der große Zuspruch ergab sich trotz elender infrastruktureller Bedingungen in den<br />
Anfangszeiten der neuen Nutzung: Alle sanitären Anlagen waren außer Betrieb,<br />
ebenso sämtliche Wasserleitungen, Heiz- und Lüftungsvorrichtungen und die<br />
Belichtung. Jeder Veranstalter war zu meist unzureichender Improvis<strong>at</strong>ion<br />
gezwungen.<br />
Mehrere Faktoren fielen dagegen positiv ins Gewicht:<br />
• Die Zentrumsnähe des Gebäudes bei gleichzeitiger Integr<strong>at</strong>ion in den<br />
Grünraum<br />
• Für Ereignisse der Art, wie sie seit 1994 <strong>im</strong> Gebäude st<strong>at</strong>t finden, stand kein<br />
anderer Raum in Feldkirch zur Verfügung.<br />
• Die rasante Entwicklung vom Gehe<strong>im</strong>tipp zum <strong>at</strong>traktiven Festival-Rahmen<br />
für Tausende Besucher kam einer geduldeten Hausbesetzung gleich. Das<br />
schaffte Identifik<strong>at</strong>ion und schien besonders vielen jungen Besuchern<br />
abenteuerlich-reizvoll.<br />
• Die desol<strong>at</strong>en infrastrukturellen Zustände bieten für manchen Besucher eine<br />
<strong>at</strong>traktive Gegenwelt zum überorganisierten Alltag.<br />
Es fühlten sich v.a. Besucher angezogen, die altern<strong>at</strong>ive und unkonventionelle Kultur<br />
suchen. Diese Suche fand in völlig unterschiedlichen Alters- und<br />
Gesellschaftskreisen und auf unterschiedlichem intellektuellen und künstlerischen<br />
Niveau st<strong>at</strong>t. Zu ihrem Kristallis<strong>at</strong>ionspunkt h<strong>at</strong> sich das Gebäude wohl auch<br />
aufgrund seiner außerordentlichen Architektur entwickelt. Sie ist aus nüchternen<br />
Überlegungen heraus entstanden. Walter Bosshart benutzte eine kraftvolle, aber<br />
reduzierte Formensprache, die in Vorarlberg einzigartig und gleichzeitig so<br />
zurückhaltend ist, dass sie jene Menschen quer durch alle gesellschaftlichen Kreise<br />
anspricht, die das „Andere“ suchen. Die Architektur spricht Menschen an, die es<br />
schätzen, sich nicht über Trends zu definieren, sondern sich Freiraum zu erhalten.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 24
„Die geistige Grundeinstellung zur Aufgabe ist dann falsch – und alles daraus<br />
Geschaffene in der Folge eingeengt – , wenn wir best<strong>im</strong>mte Einzelforderungen (wie<br />
etwa Monumentalität, Rendite, Originalität der Formen) willkürlich zum Selbstzweck<br />
erheben, wenn uns diese Überordnung an der Synthese dessen hindert, was die<br />
Aufgabe gesamthaft fordert...Ziehen wir nicht der verantwortungsvollen Spannung<br />
´heute-morgen´ die bewährte Sicherheit ´heute-gestern´ vor und verfallen so nur<br />
allzu leicht einem bequemen Traditionalismus, der alte Stile, alte Weltbilder in neuen<br />
M<strong>at</strong>erialien auszudrücken sucht...? Solche Kunst ist leeres Geschwätz. Gleicher Sinn<br />
lässt sich durch die Zeiten nicht in der Wiederholung, sondern nur in der Wandlung<br />
der Formen erhalten.“ (11, S. 3f).<br />
35 Jahre nach dessen Fertigstellung wurde das Gebäude saniert. Bis dahin sind<br />
folgende Bauschäden aufgetreten:<br />
(1) Die Dachdeckung wurde von häufig auftretenden Föhnstürmen teilweise<br />
gelöst und undicht. Es ist davon auszugehen, dass dies erst möglich war, als<br />
die nach der Schleißung des <strong>Hallenbad</strong>es sich auf dem Dach ansiedelnden<br />
Pflanzen und Bäume (!)unter der Dachhaut ihre Wurzeln verankerten und<br />
dem Wind die nötige Angriffsfläche boten.<br />
(2) Die Südfassade wurde vom frei herabstürzenden Regenwasser stark<br />
verschmutzt (s.S. 16, Punkt 6)<br />
(3) Zahlreiche Fenster, v.a. an der N-Fassade, wurden „blind“.<br />
(4) Einzelne Fenster des Lichtbandes in der Halle <strong>im</strong> Obergeschoss sprangen<br />
aufgrund der temper<strong>at</strong>urbedingten M<strong>at</strong>erialspannungen.<br />
Weitere Schäden waren die Folgen von späteren, nicht geplanten Nutzungen oder<br />
von mutwilliger Sachbeschädigung.<br />
Abbildung 10: Regenwasser-Spuren an der Süd-Fassade 1999 (VI)<br />
Das optische Erscheinungsbild des Gebäudes blieb über die Jahre trotz<br />
Verwitterungserscheinungen ein äußerst positives, da die architektonische Sprache<br />
deutlich genug ist, um auch dann kraftvoll zu wirken, wenn die Oberfläche<br />
Änderungen unterworfen ist. Das Gebäude besticht durch kompakte Formen und<br />
strenge Ordnung, deren Stärke durch das Überleben der Verwitterung nur umso<br />
deutlicher wird.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 25
6. Walter Bosshart und sein Umfeld<br />
Walter Bosshart, geboren 1929, finanzierte sich sein Studium der Architektur an der<br />
ETH in Zürich mit Nebenjobs als Maurer und Install<strong>at</strong>eur sowie durch die Mitarbeit<br />
bei den Architekten O. Glaus und S. Galizia.<br />
Nach der Teilnahme an den Samstag-Kolloquien von Le Corbusier stand Bosshart<br />
vor der Entscheidung, Mitarbeiter Corbusiers oder Sta<strong>at</strong>sbaumeister von Südafrika<br />
zu werden. Er entschied sich für Letzteres, aufgrund von politischen<br />
Entscheidungen kam es aber nie dazu (8).<br />
Noch vor seinem Diplomabschluss 1952 gewann er den ersten Preis des<br />
Wettbewerbes zum „Papal Seminary and University Poona“ (Indien). Dieses<br />
Großprojekt wurde in abgeänderter Form von Arch. S. Galizia ausgeführt. Bosshart<br />
gewann 1953 einen Wettbewerb für eine Kirche in Brasilien. Seit dieser Zeit<br />
projektierte und baute er häufig für kirchliche Auftraggeber, aber auch viele<br />
Wohngebäude. 1954 eröffnete er sein eigenes Architekturbüro. Zu seinem<br />
„Repertoire“ gehörten u.a. Neu- und v.a. Umbauten von Großgaragen,<br />
Geschäftshäusern, Tankstellen, Arztpraxen, Labors, Sportanlagen,<br />
Entwicklungshilfe-Großprojekte in Indien sowie Orts- und Regionalplanungen in der<br />
Schweiz.<br />
Abbildung 11: Der Architekt in seiner Wohnung. Zürich, 1999 (II)<br />
Im Herbst 1978 überlebte Bosshart mit viel Glück einen Motorsegelflugzeug-Unfall.<br />
Erst nach 5 Mon<strong>at</strong>en erwachte er aus dem Koma. Inzwischen wurde sein Büro<br />
aufgelöst und damit gingen sämtliche Pläne verloren. Nach 1,5 Jahren <strong>im</strong> Spital und<br />
einem weiteren <strong>im</strong> Rollstuhl widmete sich Bosshart wiederum der Architektur,<br />
entwarf aber ausschließlich kirchliche Projekte, v.a. Sanierungen von Dorfkirchen. Er<br />
h<strong>at</strong>te <strong>im</strong>mer wieder mit der Sturheit und Beschränktheit der behördlichen Systeme<br />
zu kämpfen. In der Festschrift zur Eröffnung der Pfarrkirche Triesen schrieb er 1994:<br />
„...Der Weg... über...die Hürden eines konserv<strong>at</strong>iv-konservierenden<br />
Denkmalschutzes und mir fremde politische Bezüge war für mich jahrelang<br />
menschlich eine Bereicherung, beruflich jedoch ein Kreuzweg.“ (10, S. 93).<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 26
Ideelle Werte h<strong>at</strong> Bosshart oft „den rein praktischen und finanziellen Anforderungen<br />
gleichgestellt, ja vorangestellt“ (10, S. 95).<br />
Seine Auffassung von Architektur ist interpretierbar aus seiner Antwort auf die Frage<br />
„Wie soll ein Stall sein?“. Er wehrt sich dagegen, sich auf die „Feststellung des<br />
Seienden“ zu beschränken und schreibt: „Ich frage nicht, wie er ist, sondern wie er<br />
sein soll. So gestellt, wir diese Frage zur Forderung. Es gilt aus der heutigen<br />
Wirklichkeit mit ihren neuen Erkenntnissen und weiten Erfahrungen, besonders aber<br />
aus unserem persönlichen Erleben heraus Lösungen der Aufgabe zu suchen. - Bei<br />
unserem Stalle fragen wir: welches sind die opt<strong>im</strong>alen Lebensbedingungen für<br />
unsere Kühe? Würden sie in offenen Ställen nicht widerstandsfähiger und gesünder<br />
als in geschlossenen? Warum stellt man die Kühe kopfvoran gegen eine dunkle<br />
Wand und nicht zu einem freundlich hellen Gang hin?“ (11, S. 6)<br />
Er spricht von einer „sekundären Architektur, die sich begnügt, willkürlich mit den<br />
Mitteln und Formen der Baukunst zu konstruieren, und einer pr<strong>im</strong>ären Architektur,<br />
die selbst-erlebter Auseinandersetzung entspringt und gezeugt ist vom lebendigen<br />
Glauben unserer Gener<strong>at</strong>ion an uns selbst“ (11, S.1f).<br />
Bosshart versteht sich genauso als Bildhauer wie als Architekt und Bauingenieur. Er<br />
gab seinen Projekten plastische Züge und arbeitete sehr intensiv mit Modellen<br />
seiner Entwürfe, um Räumlichkeit und Plastizität auch den Bauherren begreiflich zu<br />
machen. Seine Affinität zu Le Corbusiers Gedanken ist deutlich. Bosshart war<br />
überzeugter Modernist und scheute sich nicht davor zu schockieren. Im speziellen<br />
Fall des <strong>Hallenbad</strong>es stieß er damit zwar bei der Feldkircher Bevölkerung auf wenig<br />
Verständnis, konnte aber bei den Bauherren Begeisterung wecken.<br />
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„Als <strong>im</strong>mer wieder unfruchtbar erweist sich auch die Tendenz, aus Furcht, man dürfe<br />
das Gefühl des Volkes nicht verletzen, in Anpasserei an einen so genannt offiziösen<br />
Geschmack zu machen.“ (12, S. 13)<br />
Abbildung 12: Plastische Gebäude-Ecke <strong>im</strong> Süd-Westen (I)<br />
7. Konstruktion<br />
Wesentliche Voraussetzung für die Umnutzung und vielfältige Nutzbarkeit der<br />
Räume ist die rhythmische Konstruktion: Alle Bauteile folgen einer strengen<br />
Rasterordnung, auf der die Anordnung der Räume und Fassadenöffnungen aufbaut,<br />
die aber zahllose Varianten und Kombin<strong>at</strong>ionsmöglichkeiten offen lässt. Die<br />
tragende Beton-Rahmen-Konstruktion bildet großzügige, stützenfreie Räume und<br />
ermöglicht nichttragende Wände. Die Stahlbetonrahmen <strong>im</strong> Erdgeschoss sind<br />
biegesteif, die Fundamente haben dementsprechend keine Drehmomente<br />
aufzunehmen. In der Gebäudelängsrichtung sind nur der Treppentrakt sowie 2 Tförmige<br />
Stahlbetonelemente (s. Abb.) als aussteifende Elemente wirksam. Aufgrund<br />
des geringen Stützenrasters von 1,67 m und der Gebäudelänge von nur 30,76 m<br />
sind diese Maßnahmen ausreichend.<br />
Die Stahlbetonrahmen werden als wesentliche raumstrukturierende Elemente<br />
erhalten und dadurch akzentuiert, dass die nichttragenden Wände in den<br />
Zwischenräumen teilweise zurückversetzt sind.<br />
Weil sämtliche zusätzlichen Unterteilungen der voluminösen Schiffe mit leichten<br />
Trennwänden vorgenommen wurden, konnten diese für die Umnutzung in den 90er-<br />
Jahren leicht entfernt und die Großzügigkeit des Gebäudes wieder hergestellt<br />
werden. Auch neue Wanddurchbrüche waren mit geringem Aufwand möglich.<br />
Das Dach scheint in einigem Abstand zum Gemäuer der Turnhalle zu schweben.<br />
Dieser Eindruck entsteht in erster Linie durch die nord- und süd-seitigen<br />
durchgehenden Fensterbänder, an die das Dach anschließt. Er wird noch verstärkt<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 28
durch die rhythmische Wiederholung der Beton-Schalen und deren konvexe Querund<br />
leichte konkave Längs-Wölbung. Ein besonders subtiler Effekt wird dadurch<br />
erzielt, dass die rel<strong>at</strong>iv zarten Metallstützen nicht dort angreifen, wo die einzelnen<br />
Betonschalen aufeinander treffen, sondern ca. 40 cm davon entfernt. Die<br />
Dachkonstruktion scheint unabhängig von jenen Stützen, die an nicht speziell<br />
definierten Punkten angreifen, zu schweben.<br />
Die Tragfähigkeit des Turnhallenbodens betrug 1963 500 kg/cm2 (14).<br />
Abbildung 13 (oben links): Trennwand zwischen Beckenraum und Garderoben<br />
mit aussteifendem T-Element, 1999 (I)<br />
Abbildung 14 (oben rechts): Das Schalendach lagert auf Stützen, die<br />
nicht dem Achsmaß folgen. 1999 (II)<br />
Abbildung 15 (unten links): Die Entfernung der Fenster während der<br />
Sanierungsarbeiten (Frühjahr 2000) macht die<br />
Konstruktion deutlicher (II): Erdgeschoß, Garderobenraum<br />
Abbildung 16 (unten rechts): Erdgeschoß, Schw<strong>im</strong>mhalle während des<br />
Umbaus 2000 (II)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 29
Abbildung 17: Konstruktionsskizze: Kombin<strong>at</strong>ion aus Stäben und Scheiben<br />
(VII)<br />
Bosshart will in seiner architektonischen Sprache „Bluffs“ (8) vermeiden und die<br />
Ausdrucksstärke der Konstruktion mitreden lassen. Sie ist Bestandteil der<br />
räumlichen Wirkung.<br />
„Da das Erbaute die sichtbare Sprache des Architekten ist, soll es sich selbst<br />
kundtun.“ (10, S.99)<br />
8. Bauphysik, Gebäudetechnik<br />
Die vollflächige Verklebung einer Dämmschicht an der Außenseite ist als<br />
außergewöhnliche Innov<strong>at</strong>ion der damaligen Zeit zu werten: Bosshart war der erste<br />
Schweizer Architekt, der – aufgrund seiner Erfahrungen als Assistent in der<br />
M<strong>at</strong>erialprüfungsanstalt der ETH Zürich – diesen Schritt wagte (8).<br />
Sämtliche Außenmaueröffnungen sind doppelt verglast. Auch das Schalendach ist<br />
außen gedämmt. Der „hüstelnde Föhnsturm“ (8), der in Feldkirch häufig Schäden<br />
anrichtet, h<strong>at</strong> allerdings <strong>im</strong> Laufe der Jahre die Dachabdeckung teilweise<br />
abgehoben. Das Dach der Turnhalle („Vorgefertigte HP-Schalen aus vorgespanntem<br />
Stahlbeton, oberseitig isoliert, Asphaltpapplage, Alufolie“, 1, S.2) wurden undicht<br />
und der Stahlbeton durchnässt. Eine Sanierung war notwendig.<br />
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Mit Stahlbeton, Glas und Putzwänden setzte Bosshart <strong>im</strong> Innenraum M<strong>at</strong>erialien ein,<br />
die durch ihre stark wärmeleitenden Eigenschaften weit kühler waren als die<br />
Raumtemper<strong>at</strong>ur. Dadurch wäre wenig Wohlbehagen aufgekommen, wenn nicht v.a.<br />
die Nassbereiche mit Fußbodenheizungen ausgest<strong>at</strong>tet gewesen wären.<br />
Das Schw<strong>im</strong>mbecken war nur für eine Nutzung während der wärmeren Jahreszeit<br />
konzipiert. Heiztechnisch war das <strong>Hallenbad</strong> an das Stammhaus angeschlossen.<br />
Die Kapazität dessen Anlagen reichte aber kaum für den Eigenbedarf, weshalb die<br />
Beheizung des Neubaues „nie ordentlich“ (8) funktionierte. Die Turnhalle wurde<br />
dennoch ganzjährig genutzt.<br />
9. Signale nach Außen - Baukörper und Fassade<br />
Abbildung 18 : Fassadenelemente und deren Orientierung (VII)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 31
Abbildung 19: Fassadenelemente und deren Orientierung (VII)<br />
Trotz des sehr beschränkten Budgets und autoritär-hierarchischer Machtstrukturen<br />
innerhalb des Ordens lag es <strong>im</strong> Interesse der Bauherren, nach außen Großzügigkeit<br />
und Modernität zu demonstrieren (8). Bosshart dazu: „Das Wesen einer Zeit findet<br />
kaum irgendwo augenfälliger Gestalt als in der Architektur.“ (11, S. I).<br />
Der kompakte, fast archaische Baukörper mit dem außergewöhnlich rhythmisch<br />
geschwungenen Dach repräsentierte diese Interessen ideal. Beton wurde als<br />
Baustoff eingesetzt, weil „plastisch formbares und wirksames M<strong>at</strong>erial“ benötigt<br />
wurde (8). Die Architektur besitzt „Logo“- Qualität und wurde als solches (s.<br />
Titelbl<strong>at</strong>t) in der Werbelinie des Kulturbadfestivals 2000 eingesetzt.<br />
Bosshart pl<strong>at</strong>zierte sein solitäres Bauwerk in einen geschichts- und<br />
philosophieträchtigen Rahmen, in eine ruhige, n<strong>at</strong>urbelassene Landschaft am Fuß<br />
eines schroffen Felsens. Seine architektonische Sprache ist <strong>im</strong> Gegens<strong>at</strong>z zu der<br />
des Stammhauses („etwas überhöht wirkendes neobarockes Haupthaus“, 16, 3) an<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 32
der Ill ungeschminkt und trocken. Die Oberflächen wurden teilweise in rohem Beton<br />
belassen, teilweise steingrau verputzt. Gl<strong>at</strong>t und kontrastreich dazu die<br />
Fensterflächen mit ihren Aluminium-Profilen. Bosshart versuchte nicht, N<strong>at</strong>ur oder<br />
Geschichte zu <strong>im</strong>itieren, sondern fand eigene Mittel, um sich in moderner Sprache<br />
zu erkennen zu geben: Sein Gebäude steht unaufdringlich und respektvoll unter<br />
einem mächtigen Fels, neben voluminöser, prachtvoller Architektur. Und es tritt<br />
doch gleichberechtigt und ausdrucksstark daneben. Bosshart versuchte nicht,<br />
Vorhandenes in gleicher Sprache zu übertreffen, sondern orientierte sich daran, um<br />
in frischer Sprache auf geänderte Rahmenbedingungen zu antworten.<br />
Abbildung 20: Nordfassade (IV)<br />
Sämtliche gemauerten oder betonierten Teile der Fassaden wurden grob verputzt.<br />
Davon ausgenommen wurde nur die quadr<strong>at</strong>ische Fläche über dem Haupteingang<br />
an der Nordfassade: Der unbehandelte Stahlbeton signalisierte nicht nur den<br />
Eingang, sondern deutete auch auf den Eins<strong>at</strong>z dieses M<strong>at</strong>erials als wesentliches<br />
Konstruktionselement hin. Ansonsten kamen bei der Fassadengestaltung nur<br />
Aluminium (Fensterrahmen, Türen und Türrahmen) und Glas zur Verwendung.<br />
Die plastische und sehr offene Nordfassade beherbergt den Haupteingang und ist<br />
zum Stammhaus orientiert. Der markanten Dachsilhouette und den beiden<br />
horizontalen Fensterbändern setzt Bosshart die seitlichen Verglasungen der Halle in<br />
Obergeschoss und die Türen <strong>im</strong> Erdgeschoss als vertikale Gegengewichte<br />
entgegen.<br />
Die Fläche über dem Haupteingang erhält einmal mehr eine Sonderstellung, weil sie<br />
als einziges übergeordnetes Fassadenelement weder horizontal noch vertikal<br />
orientiert ist.<br />
Die Öffnungen der beiden Stirnfassaden waren auf ein Min<strong>im</strong>um reduziert. Im Osten,<br />
weil die Nähe zum Berg und der damit verbundenen Dunkelheit wenig <strong>at</strong>traktive<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 33
Ausblicke bot und der Nutzung <strong>im</strong> Innenraum (Schw<strong>im</strong>mbecken, Garderoben <strong>im</strong> EG,<br />
Turnhalle <strong>im</strong> OG) nicht dienlich gewesen wäre.<br />
Abbildung 21: Süd- und West-Fassade<br />
Die westseitige Fassade wurde deshalb geschlossen und nüchtern gehalten, weil<br />
das Gebäude als Teil des geplanten Gesamtkomplexes gesehen wurde und an<br />
dieser Seite Anbauten bzw. weitere Baukörper vorgesehen waren (s. Kapitel 2.5)<br />
Repräsent<strong>at</strong>iv wiederum die Südseite: Diese Fassade hätte den Abschluss des<br />
ursprünglich geplanten Gesamtkomplexes gebildet und erforderte eine<br />
repräsent<strong>at</strong>ive Fassadenkomposition. Wärme wird eingefangen, die N<strong>at</strong>ur spiegelt<br />
sich in hellem Licht auf der Wasseroberfläche des Schw<strong>im</strong>mbeckens. An dieser<br />
Fassade stehen sich wiederum nur vertikale oder horizontale Fassadenelemente<br />
gegenüber.<br />
Abbildung 22: Verbindende Elemente schaffen Eckbeziehungen (VII)<br />
Bosshart schafft <strong>im</strong>mer wieder durchgehende Bezüge, die „ums Eck“ wirken:<br />
Die unteren Fensterfluchtlinien <strong>im</strong> Erdgeschoss sind an allen vier Fassadenseiten<br />
auf gleicher Höhe.<br />
Auch die eingesetzten M<strong>at</strong>erialien finden sich auf allen vier Fassadenseiten wieder.<br />
Die Wahrnehmung der Verzahnung der unterschiedlichen Volumina an der N-Seite<br />
des Gebäudes ist nicht auf die Nord-Fassade beschränkt, sondern beeinflusst<br />
wesentlich die Form der Silhouetten der beiden stirnseitigen Fassaden.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 34
Obwohl das Gebäude sehr kompakt scheint, sind Durchblicke möglich:<br />
Die leichten Trennwände innerhalb des Baukörpers gingen ab einer Höhe von 234<br />
cm in Glasscheiben über. So ist eine raumübergreifende Großzügigkeit spürbar, die<br />
z.B. vom Schw<strong>im</strong>mbeckenrand aus einen Blick nach Westen ermöglicht, sodass der<br />
Kontakt durch die Duschräume hindurch zum Außenraum hergestellt wurde. Mit<br />
Betreten der Eingangshalle wird über eine WC-Anlage (<strong>im</strong> Anschluss an den<br />
Beckenraum) hinweg auch ein Durchblick zum südseitigen Park eröffnet.<br />
Abbildung 23: Gebäudedurchblicke (rot) und Kontakt nach außen (grün)<br />
(VII)<br />
Abbildung 24: Der Pool kurz nach seiner Fertigstellung (IV)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 35
10. Raumkomposition<br />
„Das Gebäude h<strong>at</strong> keine Räume – es beinhaltet eine Etage fürs Schw<strong>im</strong>men, eine<br />
Etage fürs Turnen“ (8). Im Zusammenhang mit Bossharts reduziertfunktionalistischen<br />
Ansätzen ist diese betont nüchterne Aussage durchaus<br />
verständlich. Bosshart h<strong>at</strong> aber zumindest „Etagen“ mit wohl durchdachter<br />
Raumwirkung geschaffen.<br />
Die von Bosshart beabsichtigte Plastizität des Gebäudes entfaltet ihre Wirkung nicht<br />
nur durch Fassadensprünge und 3-d<strong>im</strong>ensionale Bauelemente, sondern wird v.a.<br />
durch den aktiven Eins<strong>at</strong>z von n<strong>at</strong>ürlichem Licht betont: Erst mit flutendem Licht<br />
werden die Rhythmen wirksam, erst <strong>im</strong> Streiflicht werden Tiefen sichtbar.<br />
Sämtliche Bauteile sind dem in Längsrichtung strengen rechtwinkligen Raster (167,3<br />
cm) unterworfen. Die Anordnung der Räume folgt inneren Zusammenhängen und<br />
D<strong>im</strong>ensionsansprüchen. Die Notwendigkeiten werden in Kompaktheit und Struktur<br />
übersetzt. Wenn es aus den räumlichen oder funktionalen Ansprüchen heraus<br />
erforderlich oder dienlich ist, werden Kompaktheit und Struktur durchbrochen – ein<br />
klares, spannendes Gebäude entsteht, das dessen innere Ordnung lesbar macht.<br />
Die disziplinierte und reduzierte Architektursprache lässt Dekor nicht zu, sondern<br />
öffnet sich der umgebenden N<strong>at</strong>ur, um von deren Vielfalt und Üppigkeit zu<br />
profitieren.<br />
Stellungnahmen der Universitäten Innsbruck und Zürich decken sich mit der Ansicht<br />
des Bundesdenkmalamtes, dass das <strong>Hallenbad</strong> erhaltenswert sei. (13)<br />
11. Einfache Erschließung mit Mehrzweck<br />
Das Gebäude wird <strong>im</strong> Nord-Westen über zwei Flügeltüren betreten. Vom Foyer wird<br />
über zwei Gänge das Erdgeschoss und über eine zweiläufige Treppe das<br />
Obergeschoss erschlossen.<br />
Das Volumen des Treppenhauses ist 1m über die restliche Gebäudefluchtlinie<br />
hinaus nach außen versetzt und markiert den Eingang. Die Läufe der Treppen zum<br />
Zwischenpodest sind länger als jene vom Zwischenpodest zum Obergeschoss und<br />
überwinden mit 242 cm jene Höhe, die nötig ist, um das nach außen verschobene<br />
Podest als kleines Vordach nutzbar zu machen. Gleichzeitig wird die erste<br />
Flügeltüre, also der eigentliche Übergang zum Innenraum, nach Innen verschoben,<br />
so dass ohne aufwendige Konstruktion ein überdachter Außenraum geformt wird,<br />
der <strong>im</strong>merhin ca. 7m2 misst.<br />
Der Vers<strong>at</strong>z um 1m macht es auch möglich, den 1 ½ Geschosse hohen Podestraum<br />
der Treppen-Lauf-Wende mit vertikalen Glasstreifen zu belichten. Der Blick von<br />
diesem Podestraum nach außen wird der Gebäudefassade entlang geführt. Das<br />
hereinfallende Streiflicht führt zu keinen Blendungen.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 36
Abbildungen 25: Treppenraum nach der Nutzungsänderung in den 90er-<br />
Jahren (li II:, re: I)<br />
Ein sehr großes konzeptionelles Problem stellt <strong>im</strong> Erdgeschoss die Durchmischung<br />
von Stiefel- und Barfuß-Zonen dar. Die normalerweise übliche Anordnung Garderobe<br />
– Nassraum – Bad zwingt einerseits alle Besucher zum Durchschreiten der<br />
Nasszone vor dem Betreten des Bades und ermöglicht andererseits die strikte<br />
Trennung jener Bereiche, die barfuss bzw. mit Schuhen betreten werden können.<br />
Bosshart entschied sich für die räumliche Trennung von Umkleideräumen und<br />
Duschen/WCs. Damit sind die Nassräume zwar für die Benutzer der Turnhalle leicht<br />
erreichbar (was auch bei anderer Konzeption machbar gewesen wäre), aber der<br />
Gang zu den Garderoben wird sowohl barfuss als auch mit Straßenschuhen<br />
begangen. (Wahrscheinlich wurden die Schüler und Lehrer zum Tragen von<br />
Badeschuhen verpflichtet.)<br />
Warum Bosshart diese Konzeption gewählt h<strong>at</strong> ist nicht ganz nachvollziehbar, denn<br />
sie birgt Nachteile gegenüber der konventionellen Anordnung, und sie wäre auch<br />
unter Beibehaltung der verfügbaren D<strong>im</strong>ensionen möglich gewesen: die Länge des<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 37
Abbildung 26: Raumfunktionen <strong>im</strong> Erdgeschoss (VII)<br />
Beckenraumes entspricht exakt der Breite des Gesamtgebäudes und hätte<br />
dementsprechend N-S-orientiert am östlichen Ende des Gebäudes untergebracht<br />
werden können. Unter diesen Umständen wäre problemlos eine klassische<br />
Anordnung Eingang – Garderoben - Nassräume – Bad möglich gewesen. Der<br />
geringere Anteil des Bad-Raumes an der <strong>at</strong>traktiven Südfassade und die Blendung<br />
der Schw<strong>im</strong>mer in einer Richtung hätten allerdings dagegen gesprochen.<br />
Abbildung 27: Raumfunktionen <strong>im</strong> Obergeschoss (VII)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 38
12. Etage zum Schw<strong>im</strong>men<br />
Die Aufteilung der Räume ist s<strong>im</strong>pel: Das nördliche „Schiff“ fasst den Haupt-Eingang<br />
und das Foyer. Links davon folgen entlang eines Ganges 4 getrennte<br />
Umkleideräume, rechts des Einganges ein weiterer.<br />
Ein weiterer Gang stellt die Verbindung zum südlichen Schiff her: Es folgt links das<br />
Leerschw<strong>im</strong>mbecken, rechts befinden sich Duschen und WCs.<br />
Obwohl dieser Gang keine direkte Verbindung nach außen h<strong>at</strong>, ist er mit Tageslicht<br />
ausgest<strong>at</strong>tet: Die beiden Betonträger, unter denen der Gang verläuft,<br />
wirken über das kleine WC am Ende des Ganges hinweg als Lichtschiene. Bereits<br />
be<strong>im</strong> Betreten des Gebäudes ist das Licht der gegenüberliegenden Gebäude-<br />
Außenseite spürbar, der Gang lädt zum Begehen ein.<br />
Generell enden ab einer Höhe von 234 cm– wie <strong>im</strong> Falle der Duschen - sämtliche<br />
Trennwände, oder sie gehen in eine Verglasung über. Das Tageslicht gelangt so bis<br />
tief in das Gebäudeinnere.<br />
Dadurch wird aber auch die Unabhängigkeit der Trennwände von der Konstruktion<br />
offensichtlich und das gesamte Raumvolumen spürbar.<br />
Abbildung 28: Blick über das Becken durch das Gebäude hindurch in<br />
Richtung Westen (während der Sanierungsarbeiten 2000)<br />
(II)<br />
Abbildung 23a: Stahlbeton-Rahmen: Verputzt. Stützen und Decke:<br />
Sichtbeton (Innenseite Südfassade,I)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 39
Alle sanitären Anlagen und v.a. die Umkleide-Kabinen sind so konzipiert, dass auch<br />
bei voller Auslastung keine Behinderungen in der Nutzung entstehen: Je eine<br />
Schulklasse benutzt einen Umkleideraum. Max<strong>im</strong>al zwei Klassen nutzen das<br />
Gebäude (Turnsaal, Schw<strong>im</strong>mhalle), sodass bei einem Wechsel max<strong>im</strong>al 4<br />
Umkleidekabinen benötigt werden. Die fünfte Kabine rechts des Einganges ist dem<br />
Lehrpersonal vorbehalten. Pufferzonen zum Trocknen der Haare etc. wurden nicht<br />
vorgesehen. Es gibt keine separ<strong>at</strong>en Umkleidekabinen, die Straßenkleidung wurde<br />
während der Zeit der Benützung des Bades oder der Turnhalle in den Garderoben<br />
offen aufgehängt.<br />
Die Terrasse ist mit weiteren Waschgelegenheiten („Hand- und Fuß-Brausen“,1)<br />
ausgest<strong>at</strong>tet, die v.a. für jene gedacht waren, die ihrem Sportunterricht <strong>im</strong> Park<br />
nachgingen.<br />
Das gesamte Erdgeschoss wurde mit verschiedenen pflegeleichten Klinkerböden<br />
ausgest<strong>at</strong>tet; die größeren Elemente sind rauer, bei den kleineren Elementen<br />
gewährt der höhere Fugenanteil die nötige Rutschfestigkeit.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 40
Abbildung 29 (oben links):Rotbrauner kleinteiliger Klinkerbelag in der<br />
großen Garderobe <strong>im</strong> Osten (II)<br />
Abbildung 30 (oben rechts): Klinkerbelag <strong>im</strong> Raum des<br />
Lehrschw<strong>im</strong>mbeckens. Lüftungsschlitz.(II)<br />
Abbildung 31 (unten links): Abgang ins Schw<strong>im</strong>mbecken<br />
Abbildung 32 (unten rechts): Beckenrand<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 41
13. Das Leerschw<strong>im</strong>mbecken<br />
Beschränkte finanzielle Mittel ließen den eigentlichen Wunsch des Architekten, ein<br />
Becken von 25m Länge zu errichten, nicht zu. Er reduziert die Länge auf 16,66 m<br />
(das 10fache Achsmaß bzw. ein Sechstel von 100m), die Breite beträgt 8m.<br />
Trotz der reduzierten Ausmaße verfügt das Becken über einen Teil geringerer Tiefe<br />
(ca. 140 cm) und geht über in den reinen Schw<strong>im</strong>merbereich mit einer Tiefe bis zu<br />
234 cm. (Die max<strong>im</strong>ale Beckentiefe entspricht also exakt der Höhe der Trennwände<br />
<strong>im</strong> übrigen Gebäude – Zufall?). Der Schw<strong>im</strong>merbereich wird über 2 Treppen aus<br />
Keramikformstufen mit Chromstahleinstiegsgeländern betreten. Der Bereich<br />
geringerer Tiefe kann über eine großzügige, 125 cm breite Treppe erreicht werden.<br />
13.1. Raum<br />
Die rhythmische Addition der <strong>im</strong>mer gleichen Betonträger ist das vorherrschende<br />
raumbildende Element. Der Überlauf des Beckens befindet sich ca. 25 cm unterhalb<br />
des Beckenrandes. Das Wasser bildet also eine versenkte zweite Ebene. Weitere<br />
Einflüsse auf das Raumgefüge wurden möglichst gering gehalten;<br />
Abbildung 33 (links): Heizkörper-Sitz (I)<br />
Abbildung 34 (rechts): Betonung der Vertikale (I)<br />
Alle Be- und Entlüftungsanlagen werden in der Trennwand zwischen den beiden<br />
Schiffen geführt und sind nur aufgrund der Lüftungsschlitze in Boden- bzw.<br />
Deckennähe spürbar, greifen aber nicht in das Raumgefüge ein.<br />
Die rein konstruktiven und raumbildenden Elemente werden durch nur wenige<br />
zusätzliche und sehr reduzierte Elemente ergänzt: die gebogenen Chromstahl-<br />
Röhren als Haltehilfe bei den Einstiegen und die Heizkörper, die gleichzeitig als<br />
Sitzgelegenheit dienen. Hier wirkte sich die Sparsamkeit und Reduziertheit<br />
einerseits positiv aus, weil die Sitzflächen direkt erwärmt wurden. Die<br />
Einschränkungen <strong>im</strong> Komfort dürften aber überwiegen: Verbrennungen durch die<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 42
Heizkörper, harte Fliesen-Sitzflächen und fehlende Lehnen laden nicht zu langem<br />
Verweilen ein. Bosshart forderte so wohl auch auf seine Art die Disziplin und die<br />
Aktivität der Schüler ein.<br />
Optisch wirksam ist die Raumhöhe von 326 cm bis zur Unterkante der<br />
Stahlbetonrahmen, die weitere 45 cm hoch sind. Diese Raumhöhe steht zur<br />
Raumlänge <strong>im</strong> Verhältnis 1:6,6 und zur Breite 1:3,7. Diesen Proportionen, die einen<br />
rel<strong>at</strong>iv flachen Raum ergeben, setzt Bosshart mehrere Maßnahmen entgegen: Durch<br />
die intensive Farbigkeit des Wasserbeckens werden dessen Volumen und Tiefe in<br />
die Wahrnehmung des Raumes einbezogen. Die rhythmische Strukturierung durch<br />
die Stahlbetonstützen setzt starke vertikale Akzente. Vertikale Elemente werden<br />
generell intensiver wahrgenommen als horizontale – in diesem Fall speziell auch<br />
durch die intensive Belichtung.<br />
Aber auch der eigentlich horizontale Charakter der Stahlbeton-Träger wirkt der<br />
drückenden Proportion entgegen, weil weniger die horizontale, als viel mehr durch<br />
die kurzweilige Rhythmik die raumverkürzende Komponente wahrgenommen wird.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 43
13.2. M<strong>at</strong>erial, Licht & Farben<br />
Die intensiv türkisen Fliesen akzentuieren das Becken als eigenes Volumen, das in<br />
den Boden eingegraben wurde. Der Wasserspiegel liegt wegen der tiefliegenden<br />
Überlaufrinne einige cm unter dem Niveau des Umlaufes und akzentuiert das<br />
„eingegrabene“ Volumen. Diese Konzeption h<strong>at</strong> den Nachteil, dass der Ausblick der<br />
Schw<strong>im</strong>mer ins Freie beschränkt und außerdem die Wasseroberfläche unruhiger<br />
wird, da die Wellen am lotrechten Überlaufrand nicht – wie be<strong>im</strong> abgeschrägten<br />
Überlauf – auslaufen können, sondern hart reflektiert werden.<br />
Auf Unterwasserbeleuchtung wurde auch aufgrund der schillernden Farbe der<br />
Fliesen, die der Reinheit des Wassers entspricht, verzichtet. Sie bildet die große<br />
Ausnahme am Gebäude, dessen Farbpalette ansonsten auf erdige, n<strong>at</strong>urnahe<br />
Farbtöne oder die Eigenfarbe der M<strong>at</strong>erialien reduziert ist. Bosshart h<strong>at</strong> moderne<br />
Mittel wie Aluminium und Glas nicht eingesetzt, um Emanzip<strong>at</strong>ion von der n<strong>at</strong>ur zu<br />
demonstrieren, sondern um die N<strong>at</strong>ur zur Geltung zu bringen. Das Artifizielle des<br />
Aluminiumrahmens wird nicht verschleiert, sondern nackt zur Schau gestellt.<br />
Auch seine M<strong>at</strong>erial- und Farbwahl h<strong>at</strong> Bosshart so getroffen, dass die Architektur<br />
unaufdringlich hinter Mensch und N<strong>at</strong>ur tritt.<br />
Der Beckenrand und auch ca. 8cm der aufsteigenden Bauteile sind mit hell beigen<br />
Fliesen gegen Wassereinfluss geschützt. Die Zwischenräume des Gerippes der<br />
Stahlbetonrahmen werden mit unterschiedlichen M<strong>at</strong>erialien bedacht: In Alu-<br />
Rahmen gefasstes Glas, Rohbeton, hell braune Holztäfelung (Fichte), hell grau<br />
verputzte Wände, rotbraun geflieste Sitzflächen über den Heizkörpern.<br />
Die Betonträger selbst bleiben nackt und unbehandelt. Sie gliedern und<br />
rhythmisieren den Raum, wirken auch als Lichtleitschienen in das Gebäudeinnere.<br />
Die Decke in den Zwischenräumen wird teilweise ebenfalls als Nacktbeton belassen,<br />
teilweise mit Holzbrettern getäfelt. Das Holz n<strong>im</strong>mt dem Raum dessen Härte, strahlt<br />
Wärme aus und ist akustisch wirksam, weil seine weiche und unregelmäßige<br />
Oberfläche Schall absorbiert.<br />
Im ganzen Gebäude – mit Ausnahme der Dachkonstruktion - werden generell die<br />
Beton-Schalungen mit ca. 8 cm breiten rohen Holzbrettern vorgenommen, deren<br />
Maserungsrelief <strong>im</strong> gesamten Gebäude als Gestaltungsmittel und als Hinweis auf die<br />
N<strong>at</strong>urnähe des M<strong>at</strong>erials wirkt.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 44
Abbildung 35: Blick vom Becken in den Park (I)<br />
Abbildung 36 (rechts): Holzdecke in der Schw<strong>im</strong>mhalle (I)<br />
Das Tageslicht flutet über die verglaste Südfassade in den Raum. Die N<strong>at</strong>ur spiegelt<br />
sich <strong>im</strong> Wasser und wird zum dekor<strong>at</strong>ivsten und verspieltesten Gestaltungselement,<br />
zumal die weiteren verwendeten M<strong>at</strong>erialien sehr reduziert eingesetzt werden. Es<br />
wurde – wahrscheinlich aus Geldmangel – kein Blendschutz an dieser exponierten<br />
Südfassade errichtet.<br />
Bosshart setzt Licht ein, um seinen M<strong>at</strong>erialien und Volumina ihre Gewichtigkeit zu<br />
nehmen:<br />
Ein einzelnes Fenster in der NO-Ecke des Raumes dient nicht nur der Belichtung –<br />
der Beckenraum ist ohnehin sehr hell – sondern setzt einen Lichtpunkt in jenes Eck,<br />
das ansonsten keinen Kontakt zum angrenzenden Außenraum böte und die<br />
„Schachtelwirkung“ dieses Raumeckes erfolgreich aufhebt. Einmal mehr schafft es<br />
der Architekt mit einfachsten Mitteln, einem Erschließungsweg ein <strong>at</strong>traktives Ziel zu<br />
geben.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 45
Abbildung 37 (links): Licht akzentuiert das SO-Eck (II)<br />
Abbildung 38 (rechts): Südfassade (I)<br />
Die Heizkörper zwischen den Betonrahmen tangieren die umliegenden Bauteile<br />
nicht. Auch vom Boden heben sie sich soweit ab, dass das hereinflutende<br />
Gegenlicht die an sich massiven Heizkörper wie Flugkörper wirken lässt.<br />
Die Oberflächen des Raumes – Fliesen unterschiedlicher Ausprägung - haben hohe<br />
Ansprüche zu erfüllen: Sie müssen wasserdicht, feuchtigkeitsresistent,<br />
hautfreundlich, kantenfrei, rutschfest und leicht zu reinigen sein, außerdem resistent<br />
gegen Chlor und Reinigungsmittel, nach Möglichkeit schallschluckend. Es sollen<br />
keine zu großen Neigungen und keine zu rauen Oberflächen die Gesundheit der<br />
Menschen gefährden.<br />
13.3. Kontakt<br />
Die nächtliche Beleuchtung kehrt den Kontakt zum Außenraum um: Untertags ist<br />
vom Becken aus ein Blick in die N<strong>at</strong>ur zu genießen. Der gleiche ungehinderte<br />
Kontakt findet nachts in umgekehrter Richtung st<strong>at</strong>t: Der Beckenraum ist wie ein<br />
Schaukasten hell erleuchtet.<br />
Zum westlichen Teil des Gebäudes ist über die Oberlichten zwischen Pool und<br />
Duschraum die praktisch nötige Trennung optisch abgeschwächt.<br />
Das „Schaufenster“ in derselben Wand ermöglicht vom Foyer aus kontrollierende<br />
und neugierige Blicke zum Pool, gleichzeitig werden Besucher schon be<strong>im</strong> Betreten<br />
der Duschen wahrgenommen, und nicht erst be<strong>im</strong> Betreten des Pools. Speziell <strong>im</strong><br />
Schulbetrieb kann so rechtzeitig ein Übergang von der einen zur nächsten Klasse<br />
eingeleitet werden. Eine einfache, aber sehr praktische und effiziente Lösung.<br />
Zu den Umkleidekabinen <strong>im</strong> „Nordschiff“ h<strong>at</strong> Bosshart keinen direkten Kontakt<br />
ermöglicht.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 46
14. Etage zum Turnen<br />
Die Größe der Halle ergibt sich aus den für das Schw<strong>im</strong>mbecken und die<br />
Nebenräume <strong>im</strong> Erdgeschoss gewählten D<strong>im</strong>ensionen. Es entsteht eine großzügige<br />
Turnhalle von ca. 30m x 18m (540 m2).<br />
Abbildung 39: Die Lichterketten sind Provisorien aus den 90er Jahren,<br />
die an die originale Beleuchtung angehängt wurden (II)<br />
14.1. Raum<br />
Dem Hauptraum, der großen Turnhalle, ist <strong>im</strong> Norden ein wesentlich schmaleres<br />
Schiff vorgelagert. Es beherbergt den Treppenraum sowie <strong>im</strong> Westen ein<br />
Lehrerz<strong>im</strong>mer und <strong>im</strong> Osten einen länglichen Geräteraum. Dieses vorgelagerte Schiff<br />
ist an beiden Enden um eine Achseinheit verkürzt, sodass die Halle mit vertikalen<br />
Fensterbändern bis zum Hallenboden belichtet werden kann.<br />
Die einzige Trennung zwischen Geräteraum und Turnhalle bilden 2<br />
Stahlbetonstützen sowie die hölzernen Sprossenwände, die als transparenter<br />
Paravent und gleichzeitig als Turngerät dienen.<br />
Abbildung 40 (links) und 41 (rechts): Sprossenwand als Paravent (II)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 47
14.2. M<strong>at</strong>erial<br />
Der Boden der Turnhalle wurde als Schwingboden konstruiert und mit Linoleum<br />
beklebt. Den nackten Betonziegelwänden wurden an den Längsseiten des<br />
Gebäudes helle Holzbeplankungen in einem Abstand von ca. 4 cm vorgelagert. Sie<br />
sind horizontal verlegt und dienen als Prallwände.<br />
An den Stirnseiten wurden die Betonziegelwände roh beibehalten.<br />
Auch die helle Decke aus gewölbten Stahlbetonschalen wurde roh belassen.<br />
Wichtige Details unterstützen die Gebrauchstauglichkeit des Gebäudes: Die<br />
Beschläge sind in die Türen eingelassen, um Verletzungen zu vermeiden. Die<br />
Hänge-Vorrichtungen für Ringe, Taue etc. an der Hallendecke sind auf das<br />
Wesentliche beschränkt, um weder den Spielbetrieb zu behindern (abgelenkte Bälle<br />
etc.) und um keine Ablagerungsflächen für Staub zu bieten.<br />
Abbildung 42 (links): Nordseitige Außenwand (I)<br />
Abbildung 43 (rechts): Eck <strong>im</strong> Nordosten<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 48
14.3. Licht & Farben<br />
Die Abschlüsse der beiden Längsfassaden werden von vertikalen Lichtbändern<br />
gebildet, die auf die Stirnseiten des Gebäudes treffen. Im Zusammenspiel mit den<br />
Reflexionen des Linoleum-Hallenbodens und dem horizontalen Fensterband wirken<br />
die Wände wie alleinstehende, unabhängige Scheiben.<br />
Durch die vertikalen Lichtschlitze werden die stirnseitigen Wände in helles Streiflicht<br />
gehüllt.<br />
Ohne diese vertikalen Lichtschlitze wäre die klassische „Schuhschachtelwirkung“<br />
unvermeidbar gewesen, wenn auch die „Schachtel“ mit dem horizontalen<br />
Fensterband unter dem Betonschalendach sicherlich einen „abgehobenen Deckel“<br />
gehabt hätte.<br />
Entsprechend der Nutzung als Spiel- und Sporthalle verzichtete Bosshart auf<br />
Fenster an den Stirnseiten, um Blendungen in den Hauptspielrichtungen zu<br />
vermeiden.<br />
Die horizontalen Lichtschlitze sind mit Drahtglas ausgeführt, um Blendungen – von<br />
der Süd-Seite her – zu vermeiden.<br />
Abbildung 44 (oben): Kontakt zur umgebenden N<strong>at</strong>ur: Horizontales<br />
Fensterband (II)<br />
Abbildung 45 (unten): vertikales Fensterband (II)<br />
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14.4. Kontakt<br />
Die vertikalen Wandöffnungen ziehen sich vom Hallendach bis zum Hallenboden<br />
durch und stellen den Kontakt zum Park her. Von außen kann durch das Gebäude-<br />
Obergeschoss hindurch geblickt werden.<br />
Das transluzente Drahtglas der horizontalen Fensterbänder direkt unter dem<br />
Schalendach lässt keine direkte Sonneneinstrahlung zu, auch keinen Blick nach<br />
außen, aber es fängt die Lichtst<strong>im</strong>mung ein.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 50
15. Nutzungsänderung in den 90er-Jahren<br />
Abbildung 46: Neunutzung als nächtlicher Veranstaltungsort: Mit Licht<br />
schafft sich mancher Veranstalter sein eigenes Ambiente<br />
15.1. Kommentar zum Standort<br />
Soll Kommunik<strong>at</strong>ion st<strong>at</strong>tfinden, muss ein Haus für Kultur, Kommunik<strong>at</strong>ion und<br />
Jugend integrierter und integrierender Teil des Stadtleben sein.<br />
Es ist notwendig, dass eine solche Einrichtung einer kritik- und konsensfähigen<br />
Gesellschaft Begegnung und Konfront<strong>at</strong>ion ermöglicht. Sie bildet einen Teil der<br />
Basis für ein funktionierendes Zusammenleben und wird so zum Instrument der<br />
Verantwortung für kommende Gener<strong>at</strong>ionen. Berührungspunkte zwischen<br />
Gener<strong>at</strong>ionen und Gesellschaftsgruppen müssen erhalten werden. Aus diesen<br />
Gründen ist der Standort <strong>Reichenfeld</strong> für die Umnutzung des ehemaligen<br />
<strong>Hallenbad</strong>es als Raum für Kultur, Kommunik<strong>at</strong>ion und Jugend bestens geeignet. Seit<br />
den 90er-Jahren wird es für zahlreiche kulturelle Veranstaltungen benutzt.<br />
Das <strong>Reichenfeld</strong>areal bietet wertvollen Raum für zufällige Begegnungen und lädt zu<br />
spontanen Veranstaltungs- oder auch nur Cafebesuchen ein. Unterschiedliche<br />
Menschen betreten neue Welten, neue Perspektiven prallen aufeinander, Horizonte<br />
eröffnen sich.<br />
Ein Haus der Kommunik<strong>at</strong>ion braucht ein kommunik<strong>at</strong>ives Umfeld.<br />
Weil das <strong>Hallenbad</strong> leicht erreichbar ist, treffen sich hier unterschiedlichste<br />
Menschen, treten in Kontakt, bringen Impulse. Durch die Sanierung des <strong>Hallenbad</strong>es<br />
und durch die Einrichtung eines Parkcafes (be<strong>im</strong> Pförtnerhaus oder bei der<br />
Tiefgaragenzufahrt) wird diese Möglichkeit zusätzlich gestärkt.<br />
Das <strong>Hallenbad</strong> liegt ideal, um sich zum funktionierenden Bindeglied zwischen<br />
Innenstadt und Tisis (Dreifachturnhalle und Schulzentrum) zu entwickeln. Außerdem<br />
h<strong>at</strong> es sich bereits als wichtiges Glied einer Kette von Kulturräumen in Feldkirch<br />
etabliert.<br />
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15.2. Identifik<strong>at</strong>ion<br />
Ein Teil des Reizes am <strong>Hallenbad</strong> liegt darin, dass den BesucherInnen sehr wohl<br />
bewusst ist, dass dieses Gebäude ursprünglich anderen Zwecken gewidmet war,<br />
dass aber er/sie selbst durch seine/ihre Teilnahme (seit Jahren) zur Entwicklung<br />
eines neuen Standbeins der eigenen Lebenskultur beigetragen h<strong>at</strong>. Die<br />
BesucherInnen haben das Gebäude „erobert“. Diese außerordentlich starke<br />
emotionale Bindung an das <strong>Hallenbad</strong> ist in seiner Geschichte begründet, lässt sich<br />
also an einem anderen Standort nicht leicht herstellen.<br />
15.3. Umweltverträglichkeit<br />
Unmittelbare Nutzungskonflikte zwischen Parkbesuchern und den Besuchern<br />
abendlicher Veranstaltungen sind durch die zeitliche Staffelung der Nutzungen<br />
weitgehend eingeschränkt. Befürchtungen einer Beanspruchung des <strong>Reichenfeld</strong>es<br />
durch zu viele Gruppen werden dadurch rel<strong>at</strong>iviert.<br />
Die Umweltabteilung der Stadt Feldkirch stellt fest, dass es ( unter dem räumlichen<br />
und insbesondere dem n<strong>at</strong>urräumlichen Gesichtspunkt sowie aufgrund der<br />
vielfältigen Nutzungsansprüche an den <strong>Reichenfeld</strong>park) für den Naherholungsraum<br />
und den angrenzenden N<strong>at</strong>urraum verträglicher wäre, das <strong>Hallenbad</strong> zu entfernen,<br />
sieht aber kulturelle Vielfalt neben der Artenvielfalt in der N<strong>at</strong>ur als Beitrag zur<br />
Entwicklung persönlicher Vielfalt. Deshalb erscheint es der Umweltabteilung wichtig,<br />
das <strong>Hallenbad</strong> mit notwendigen Beschränkungen als Veranstaltungs- und<br />
Begegnungsort zu erhalten.<br />
15.4. Gebäudetauglichkeit<br />
Die Nutzung des <strong>Hallenbad</strong>es mit seinen zahlreichen Nasszellen erforderte den<br />
Eins<strong>at</strong>z von Fliesen. Bosshart setzte schallschluckende M<strong>at</strong>erialien sparsam ein, so<br />
dass die Akustik <strong>im</strong> Gebäude für (Musik)Veranstaltungen nicht opt<strong>im</strong>al ist. Die starke<br />
Raumgliederung v.a. <strong>im</strong> Erdgeschoss wirkt mildernd. Im Obergeschoss h<strong>at</strong> das<br />
geschwungene Schalendach einen stark schalldiffundierenden Effekt und verbessert<br />
die Raumakustik. Mit entsprechenden PA_Technik-Anlagen war die Akustik zu<br />
beherrschen, dennoch waren Maßnahmen zur weiteren Verbesserung nötig.<br />
Die Vielfalt der verschiedenartigen Räume auf verschiedene Ebenen ermöglicht<br />
zeitgleich unterschiedliche kulturelle Angebote.<br />
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16. Die Sanierung<br />
16.1. Planentwicklung<br />
Nach dem Beschluss durch den Feldkircher Stadtr<strong>at</strong>, das Gebäude mit einem<br />
Budget von ATS 16 Mio. zu sanieren, wurde gleichzeitig der Startschuss zu einer für<br />
Feldkirch neuen Art der Bürgerbeteiligung gegeben: Nicht ein Architekt sollte seine<br />
Vorschläge unterbreiten, sondern die Nutzer sollten gemeinsam mit Vertretern aus<br />
der Politik und den Stadtämtern (Kultur, Jugend, Bau) in einer „Baukommission“ ein<br />
Konzept entwickeln. Mit der Planungsausführung wurde ein Ingenieurbüro<br />
(Sch<strong>at</strong>zmann, Feldkirch-Altenstadt) beauftragt.<br />
16.2. Die Maßnahmen<br />
Das Gebäude wurde für insgesamt 1000 Besucher und eine ganzjährige Nutzung<br />
konzipiert.<br />
Mit der Sanierung sollte in erster Linie die nötige Infrastruktur für das<br />
multifunktionale Veranstaltungsgebäude geschaffen werden, die auch allen<br />
baupolizeilichen Vorschriften genügte: Fluchttreppen, WC-Anlagen, Licht und<br />
Notbeleuchtung, Heizung, Lüftung, Strom- und Wasserversorgung.<br />
Der Aufwand für die verschiedenen Veranstalter sollte auf ein Min<strong>im</strong>um reduziert<br />
werden, gleichzeitig sollten alle Optionen für die verschiedenen Nutzungsarten offen<br />
gehalten werden.<br />
Veranstaltungstechnisch wurden die klassischen Schnakenberger Bühnenelemente<br />
und <strong>im</strong> Pool-Raum ein Bühnenvorhang sowie Verdunkelungsvorhänge entlang der<br />
Süd-Fassade angeschafft, jedoch keinerlei Bühnen- oder Gastro-Technik. Auf<br />
bühnenraumbildende Molton-Stoffe wurde verzichtet.<br />
In Ober- und Erdgeschoss wurden je 2 Künstlergarderoben mit direktem Zugang zur<br />
Bühne geschaffen.<br />
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16.3. Raumwirkung<br />
Durch den schwarzen Asphaltbelag <strong>im</strong> gesamten Gebäude (außer am Beckenrand)<br />
wurde die <strong>Hallenbad</strong>-Atmosphäre weitgehend entfernt. Die ursprünglich<br />
großzügigen Räume wirken durch die v.a. bei den ehemaligen Garderoben<br />
eingebauten Lüftungsröhren kleiner. Im Obergeschoss wurde dieser Effekt durch<br />
Transparentglas, das anstelle der transluzenten Drahtverglasung von Bosshart<br />
eingesetzt wurde, etwas gedämpft, allerdings gingen dadurch die Reize des<br />
Drahtglases verloren. Die horizontalen Fensterbänder werden an insgesamt 6<br />
Stellen durch Austritte der Lüftungsanlage unterbrochen.<br />
Abbildung 47 (links): Die Lüftungsaustritte besetzen 3 Felder des<br />
horizontalen Fensterbandes – derartige Beschriftungen<br />
(„<strong>Poolbar</strong>“, 1996) sind nicht mehr möglich (II).<br />
Abbildung 48 (rechts): Infrastruktur-Einbauten <strong>im</strong> Foyer (II)<br />
Mit dem Einbau einer WC-Anlage <strong>im</strong> Erdgeschoss wurden durch das Hochziehen<br />
sämtlicher Trennwände bis zur Decke wichtige Blickverbindungen unterbrochen.<br />
In der Halle fiel das vertikale Fensterband <strong>im</strong> SW einem Notausgang zum Opfer.<br />
Der ehemalige Garderobentrakt wurde <strong>im</strong> Osten um 2 Achsmaße verkleinert, um<br />
Raum für Künstlergarderoben zu schaffen. Die Fassaden blieben weitgehend<br />
unberührt.<br />
16.4. Gebrauchstauglichkeit<br />
Seit der Sanierung h<strong>at</strong> sich die Nutzung des Gebäudes als Veranstaltungsort<br />
sicherlich um einiges erleichtert. Aber.<br />
16.4.1. Verkehrserschließung<br />
Das Gebäude steht solitär mitten <strong>im</strong> <strong>Reichenfeld</strong>, das nach Beschluss des<br />
Feldkircher Stadtr<strong>at</strong>es zum Naherholungsgebiet erklärt wurde. Eine direkte Zufahrt<br />
für Veranstaltungsbesucher war somit ausgeschlossen, denn der motorisierte<br />
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Verkehr sollte auf das notwendige Min<strong>im</strong>um beschränkt werden. Die 1999 direkt an<br />
der Ill zwischen Pförtnerhaus und Justizanstalt errichtete zweigeschossige<br />
unterirdische Tiefgarage bietet auch für die größten Veranstaltungen ausreichend<br />
Parkmöglichkeiten.<br />
Von der Garage gibt es zwei Aufgänge:<br />
Einen direkt be<strong>im</strong> Pförtnerhaus, er ist für Besucher des Landeskonserv<strong>at</strong>oriums<br />
ebenso geeignet wie für Besucher des neuen Veranstaltungsgebäudes. Ein<br />
schmaler, nicht beleuchteter Kiesweg führt direkt zum <strong>Hallenbad</strong>.<br />
Der zweite Aufgang befindet sich direkt bei der Abfahrt zur Tiefgarage und ist an den<br />
wichtigsten fußläufigen Verbindungsweg zum <strong>Hallenbad</strong> angeschlossen. Dieser Weg<br />
erfasst das Haupteinzugsgebiet, wo der Tiefgaragenaufgang und der Illsteg – die<br />
direkte Verbindung zum Stadtzentrum - aufeinander treffen. Der Weg ist nicht<br />
geeignet markiert und beleuchtet und führt er nicht direkt zum<br />
Veranstaltungsgebäude, sondern – aus falscher Rücksicht auf die Vorstellungen<br />
einzelner Parkschützer - zunächst direkt in Verlängerung des Illstegs zum Park, um<br />
dann erst auf Höhe des <strong>Hallenbad</strong>es die Kurve nach links zu kr<strong>at</strong>zen.<br />
Selbstverständlich haben sich mittlerweile Tausende Besucher ihren Pfad quer<br />
durch eine Wiese direkt zum Haupteingang getrampelt.<br />
Die Lieferanten- und Künstlerzufahrt um das Landeskonserv<strong>at</strong>orium herum zur<br />
Rückseite des <strong>Hallenbad</strong>s scheint aus Rücksicht auf die Parkbesucher nicht<br />
unlogisch, allerdings sind die Wege teilweise nicht befestigt, die Wegränder nicht<br />
durch Randsteine begrenzt. Reifenspuren in den Wiesen sind die Folge speziell an<br />
jenen Stellen, die zum Wenden vorgesehen sind, aber für große Transporter oder<br />
die in der intern<strong>at</strong>ionalen Musikszene üblichen Nightliner-Busse zu geringe<br />
Wendekreisradien aufweisen.<br />
Ein zweiter Weg führt durch das <strong>Reichenfeld</strong> hindurch an der Dreifachturnhalle <strong>im</strong><br />
Süden vorbei zur Bundesstraße. Aus politischen und rechtlichen Gründen darf er,<br />
trotz seiner besseren Eignung, nicht für Transportfahrten benutzt werden.<br />
Für Fußgänger steht er dennoch zur Verfügung. Er wird hauptsächlich von den<br />
Bewohnern der Umgebung und von Schülern auf dem Weg von der Schule zum<br />
Stadtzentrum benutzt, für die Besucher abendlicher Veranstaltungen ist er weniger<br />
bedeutend.<br />
16.4.2. Aussenraum<br />
s. Erschliessung. Ansonsten mehr oder weniger unverändert.<br />
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16.4.3. Innenraum<br />
Kunstlicht wird ausnahmslos über (nur teilweise d<strong>im</strong>mbare) weiße Neonröhren<br />
geboten.<br />
Die Fliesenböden wurden durch nicht versiegelten Gussasphalt ersetzt.<br />
Die 4 Künstlergarderoben sind zu klein und teilweise ohne Fenster und ohne<br />
Lüftungsmöglichkeit.<br />
Abbildung 49 : Lüftungsröhren <strong>im</strong> Obergeschoss (II)<br />
Abbildung 50 : Ein großer Raum <strong>im</strong> Südwesten wird den WC-Anlagen<br />
geopfert (II)<br />
Abbildung 51: Lüftungsröhren <strong>im</strong> Pool-Raum (II)<br />
Die Konzentr<strong>at</strong>ion sämtlicher WC-Anlagen auf das Erdgeschoss, obwohl der größte<br />
Veranstaltungsraum sich <strong>im</strong> Obergeschoss befindet, h<strong>at</strong> zur Folge, dass sich schon<br />
bei geringer Auslastung speziell be<strong>im</strong> Treppenaufgang Engpässe bilden. Eine<br />
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Aufteilung der WC-Anlagen auf Ober- und Erdgeschoss entspräche der<br />
t<strong>at</strong>sächlichen Auslastung, würde den Treppenaufgang entlasten und würde <strong>im</strong><br />
Erdgeschoss Raum für weitere Nutzungen frei lassen.<br />
Der Verzicht auf einen Lastenlift wirkte sich kurzfristig sicherlich positiv auf das<br />
Baubudget aus, ist aber längerfristig absolut kontraproduktiv: Die Auslastung des<br />
Gebäudes - oder die Qualität der Auslastenden – wird geringer, die Mieteinnahmen<br />
ebenfalls, weil jede Benutzung eines Gabelstaplers hohe laufende Kosten<br />
verursacht. Außerdem wird bei jeder Be- und Entladung zusätzliches Personal<br />
benötigt.<br />
Für Behinderte wurde bislang noch keine Transportmöglichkeit geschaffen.<br />
16.5. Sicherheit<br />
Nachdem bei der Sanierung in erster Linie auf infrastrukturelle und<br />
sicherheitstechnische Ansprüche Rücksicht genommen wurde, werden alle<br />
gesetzlichen Vorschriften erfüllt, allerdings gibt es nach wie vor keine Möglichkeit für<br />
Gehbehinderte, in das obere Geschoss zu gelangen. Hier ist geplant, einen<br />
„Treppensteiger“ über den Notausgang <strong>im</strong> Westen einzurichten. Das ursprüngliche<br />
Gebäude ist sehr einfach strukturiert und übersichtlich, weshalb in den<br />
unveränderten Bereichen keine besonderen Leitsysteme zur Fluchtweg-Markierung<br />
benötigt werden. Etwas aufwendiger stellt sich die Lage <strong>im</strong> Bereich der WC-Anlagen<br />
und der Künstlergarderoben <strong>im</strong> Erdgeschoss dar. Sämtliche Außentüren sind<br />
Fluchttüren. Die Türen zum Foyer bzw. zum Treppenraum sind<br />
Brandabschnittstüren. 4 Fluchtreppen mit einer freien Durchgangslichte von über 8<br />
m sowie der Erschließungstrakt ermöglichen die rasche Flucht direkt aus dem<br />
Obergeschoss ins Freie.<br />
16.6. Gedanken zur Sanierung<br />
Die Beteiligung der Nutzer an der Entwicklung des Sanierungskonzeptes war<br />
sicherlich wichtig, kann jedoch die professionelle und intensive Auseinandersetzung<br />
eines Architekten mit der sehr komplexen Problemstellung eines multifunktionalen<br />
Veranstaltungsgebäudes nicht ersetzen.<br />
Meines Erachtens wäre es zielführender gewesen, <strong>im</strong> Rahmen der Baukommission<br />
Rahmenbedingungen und Ansprüche zu formulieren, die in der Folge die Basis für<br />
einen Architektenwettbewerb hätten bilden können.<br />
Selbst der „Architekturbeir<strong>at</strong>“ der Stadt Feldkirch (Chramosta, Fingerhut, Schreieck)<br />
wurde erst spät und gegen den Willen der Stadt über den Projektstand informiert.<br />
Das Mitspracherecht der Nutzer wurde de facto auf das „Grobe“ beschränkt,<br />
wodurch viele Entscheidungen ohne den Einfluss der Erfahrungen der Nutzer<br />
getroffen wurden.<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 57
17. Liter<strong>at</strong>ur<br />
(1) Thüer SJ, K.: ERLÄUTERUNGSBERICHT: NEUBAU EINER SPORTHALLE.<br />
Feldkirch. 31.10.1962. Jesuitengymnasium Stella M<strong>at</strong>utina.<br />
(2) Gangl: BESCHEID; BAUBEWILLIGUNG. Feldkirch, 27.5.1963.<br />
Bezirkshauptmannschaft Feldkirch.<br />
(3) Nötzold: BENÜTZUNGSBEWILLIGUNG. Feldkirch, 9.8.1965.<br />
Bezirkshauptmannschaft Feldkirch.<br />
(4) Preg: BESCHEID: BETRIEBSBEWILLIGUNG. Feldkirch, 7.8.1978.<br />
Bezirkshauptmannschaft Feldkirch<br />
(5) Err<strong>at</strong>h, Wolfgang: MITTEILUNG BEZ. WASSERFASSUNG. Feldkirch,<br />
6.11.1979. Stadtbauamt Feldkirch<br />
(6) Graber, Rudolf: AKTENVERMERK BEZ. VERANSTALTUNGEN. Feldkirch,<br />
11.4.1994. Stadtbauamt Feldkirch.<br />
(7) (vermutl.) Lechner, Norbert/ Har<strong>at</strong>her, Karin: ABRISS DER BAU- UND<br />
NUTZUNGSGESCHICHTE DES HALLENBADES DER STELLA MATUTINA,<br />
FELDKICH. o. Orts- u. Zeitangabe (vermutl. August 1995)<br />
(8) Bosshart, Walter: GESPRÄCHE MIT HERWIG BAUER. Zürich. 17.11.99 und<br />
am 14.1.00.<br />
(9) Bosshart, Walter: BERUFLICHE TÄTIGKEIT, REFERENZEN. Zürich.<br />
22.2.1990.<br />
(10) Bosshart, Walter: Erhaltende Erneuerung – Überlegungen zur<br />
Renov<strong>at</strong>ion und Erweiterung der Triesner Pfarrkirche. FESTSCHRIFT ZUR<br />
ERÖFFNUNG DER PFARRKIRCHE TRIESEN. 1994.<br />
(11) Bosshart, Walter: Bauen aus dem Glauben. VIEL ÄMTER EIN GEIST<br />
(Separ<strong>at</strong>-Abdruck aus dem Jahrbuch). Benzinger Verlag, Einsiedeln.<br />
(12) Bosshart, Walter: Überlegungen des Architekten. FESTSCHRIFT ZUR<br />
ERÖFFNUNG DER PFARRKIRCHE HINWIL Zürich.1978.<br />
(13) HR Dr. Ren<strong>at</strong>e Madritsch, Bundesdenkmalamt. BRIEF AN HERWIG<br />
BAUER, 5.8.97<br />
(14) Jesuitengymnasium Stella M<strong>at</strong>utina, Feldkirch (Hrsg.): AUS DER<br />
STELLA MATUTINA. November 1963. Nr. 95<br />
(15) Amt der Vorarlberger Landesregierung (Hrsg.): VORARLBERG –<br />
UNSER LAND. Dornbirn: Vorarlberger Verlagsanstalt. (1983).<br />
(16) Bacher, Ernst: BESCHEID. Wien, 27.9.1988. Bundesdenkmalamt,<br />
Hofburg, Wien.<br />
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18. Bildm<strong>at</strong>erial<br />
I. Bauer, Herwig. Feldkirch, s/w-Fotos. August 1996<br />
II. Bauer, Herwig. Feldkirch, Farb-Fotos 1995 – 2000<br />
III. Lechner, Norbert/ Har<strong>at</strong>her, Karin. Farbfotos. Feldkirch, August 1995<br />
IV. Bosshart-Erni, Walter: Original-Photos vor Fertigstellung der Außenanlagen<br />
(1965)<br />
V. Bosshart-Erni, Walter: Biographische Unterlagen.<br />
VI. Bauer, Herwig (Hrsg.): Kulturbad-Magazin 1999. Feldkirch, Juni 1999.<br />
VII. Bauer, Herwig: Skizzen. Wien 2000<br />
VIII. Bauer, Herwig (Hrsg.): Kulturbad-Magazin 00. Feldkirch, Juni 00.<br />
19. Plandokument<strong>at</strong>ion<br />
a) Bosshart-Erni, Walter: Einreichpläne. Zürich, 12.11.1962<br />
b) Bosshart-Erni, Walter: Einreichpläne, bereinigt durch Herwig Bauer.<br />
c) Amt der Stadt Feldkirch: Sanierungspläne Frühjahr 2000<br />
d) Bauer, Herwig: Bestandspläne. Stand ca. 1965 (basierend auf den<br />
Einreichplänen von Walter Bosshart und Lokalaugenscheinen)<br />
e) Geiger, Urs, Heinrich Büchel und Herwig Bauer: Sanierung altes <strong>Hallenbad</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Reichenfeld</strong>, Feldkirch – Projekt.Neu. Lageplan. Wien, Februar 2000.<br />
f) Werbung & Tourismus Feldkirch: STADTPLAN. Feldkirch 1999.<br />
Abbildung 52 (II)<br />
TU Wien - © Herwig Bauer 1999 - Seite 59
B. Fotos des Zustandes nach der Sanierung (II)<br />
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