S. 9 - Berliner MieterGemeinschaft eV
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Immobilienverwertungsbeilage<br />
Hofbepflanzung unerwünscht<br />
Von der Hausgemeinschaft Winterfeldtstr. 25 Zusammengestellt von der AG Umwandlung<br />
Am 20.11.99 erging – durch Boten<br />
– an die Mieter des Hauses<br />
Winterfeldtstr. 25 die Aufforderung,<br />
den Hof komplett zu beräumen.<br />
Unter Androhung der<br />
kostenpflichtigen Ersatzvornahme<br />
durch den neuen Eigentümer<br />
betraf das alle Motorräder,<br />
andere abgestellte Gegenstände<br />
und vor allem sämtliche<br />
Pflanzgefäße, die seit Mitte der<br />
80er Jahre den Hof zierten und<br />
sogar eine touristische Attraktion<br />
für Berlin darstellten.<br />
Zur Begründung gab MEBES &<br />
WULLINGER, so heißt die Firma<br />
des Eigners, an: Behinderung<br />
der Feuerwehr, statische<br />
Bedenken des Architektenbüros<br />
LANGE & PARTNER und<br />
Berechnungen des Statikers.<br />
Woher die plötzlichen<br />
Bedenken<br />
Eine erste Überprüfung des<br />
Sachverhalts durch die Mieter<br />
ergab:<br />
Im Zuge der Instandsetzung des<br />
Hauses (1982 – 1984) mit öffentlichen<br />
Mitteln des <strong>Berliner</strong><br />
Senats erfolgte die Bepflanzung<br />
des Hofes. Die Gesamtsumme<br />
für das Haus belief sich auf 1,2<br />
Mio., mit der ausdrücklichen<br />
Weisung, dass diese Investition<br />
nicht mietwirksam werden dürfe.<br />
Die Kosten für die Hofbegrünung<br />
betrugen ca. 30.000 Mark.<br />
Für die Hofbegrünung war das<br />
Einverständnis des Eigentümers<br />
erforderlich. Dies liegt vor.<br />
Des Weiteren liegt vor: Ein statisches<br />
Gutachten vom 5.4.83,<br />
das empfiehlt, die Hofdecke<br />
durchgängig durch Untermauerung<br />
zu verstärken, um alle statischen<br />
Bedenken gegen die<br />
Bepflanzung auszuschließen.<br />
Diese Auflage wurde vom Eigentümer<br />
erfüllt.<br />
1985 hat eine Begehung des<br />
Hauses stattgefunden. Es<br />
mussten Bauschäden, verursacht<br />
durch den Neubau des<br />
angrenzenden Fernmeldeamtes,<br />
begutachtet werden. Zugegen<br />
waren der damalige Bezirksbürgermeister<br />
Jakesch, die<br />
Bauaufsicht, die Feuerwehr,<br />
das Tiefbauamt etc.<br />
Gegen die Hofbepflanzung wurden<br />
keine Bedenken vorgetragen.<br />
Auch darüber gibt ein Protokoll<br />
ausführlich Auskunft.<br />
1988 erhielten die Mieter des<br />
Hauses für die Hofbepflanzung<br />
den Ökologiepreis der NAULIN-<br />
STIFTUNG.<br />
Von ca. 500 Hofbegrünungsmaßnahmen<br />
in Berlin bis zur<br />
Einstellung des Programms<br />
1993, ist der Hof Winterfeldtstr.<br />
25 die erste Maßnahme, die willkürlich<br />
zerstört wurde. Leider<br />
gibt es bei der Senatsverwaltung<br />
keine Zuständigkeit mehr<br />
für die Rechtsfolgen dieser Zerstörung,<br />
und die Zuständigkeit<br />
auf Bezirksebene ließ sich für<br />
uns auch nicht klären.<br />
Ungeklärt sind nämlich die Eigentumsverhältnisse<br />
an den<br />
Pflanzen und den Pflanzgefäßen:<br />
Antragsteller der Hofbegrünungsmaßnahme<br />
waren die<br />
Mieter des Hauses, die die Verpflichtung<br />
übernahmen, gegen<br />
Erstattung der Materialkosten,<br />
die Hofbegrünung anzulegen<br />
und auf Dauer zu pflegen. Abgerechnet<br />
wurde zwischen dem<br />
Senat für Stadtentwicklung und<br />
dem Hausverein „LEBEN im<br />
ALTBAU e.V.“<br />
Also entschieden sich die Mieter<br />
gegen die Zerstörung ihres<br />
preisgekrönten Innenhofes Klage<br />
einzureichen. Sie klagten auf<br />
Eigentum und Fortbestand der<br />
Hofbegrünung.<br />
Die Begründungen<br />
des Eigentümers sind<br />
mehr als zweifelhaft<br />
In seiner Räumungsaufforderung<br />
erwähnt Herr Dr. Mebes<br />
Berechnungen eines Statikers.<br />
Diese Berechnungen liegen je-<br />
▲ Vorher: Der Hof regte Künstler<br />
an. Klaus Juegeit, Berlin „Winterfeldtstraße<br />
25, Blick vom 2. in<br />
den 1. Hof“, Aquarell 64 x 50 cm<br />
Nachher: Nur einige Blumenkübel<br />
blieben stehen. ▼<br />
12 ME 278/2000