Zusatzkapitel: Der Kulturerdteil Orient - Ed. Hölzel
Zusatzkapitel: Der Kulturerdteil Orient - Ed. Hölzel
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<strong>Zusatzkapitel</strong>: <strong>Der</strong> <strong>Kulturerdteil</strong> <strong>Orient</strong><br />
1 Lage und Naturraum: Nordafrika und Südwestasien bilden<br />
den <strong>Kulturerdteil</strong> <strong>Orient</strong>. Die Fläche der Staaten von Marokko<br />
bis Afghanistan übertrifft die Fläche des Kontinents Australien um<br />
die Hälfte. Im <strong>Orient</strong> wohnen ungefähr ebenso viele Menschen wie in<br />
der Europäischen Union.<br />
<strong>Der</strong> Naturraum des <strong>Orient</strong>s besteht zu 75% aus Wüsten und Halbwüsten,<br />
zu 15% aus Steppen und nur zu 10% aus Acker- und Gartenland.<br />
An Großlandschaften lassen sich Küstengebiete, Gebirgsräume,<br />
Wüsten und große Stromtäler unterscheiden.<br />
2 Bevölkerung: Die Abhängigkeit vom Wasser, historische<br />
Ereignisse (Kriege) sowie die frühere Gefährlichkeit der berittenen<br />
Nomaden haben die Bevölkerungsverteilung geprägt. Heute<br />
spielt die Landflucht mit der folgenden Verstädterung eine bedeutsame<br />
Rolle.<br />
Alle Staaten des <strong>Orient</strong>s weisen derzeit hohe Geburten- und<br />
niedrige Sterbeziffern auf, der Bevölkerungszuwachs ist also<br />
beträchtlich. Die Araber bilden die größte Bevölkerungsgruppe,<br />
wichtig sind auch die Iraner. Minderheiten sind die Berber, Kurden<br />
und Juden. Die Berber in Algerien sowie die Kurden in der Türkei,<br />
im Irak und Iran werden wegen ihrer Unabhän-gigkeitswünsche seit<br />
Jahren von den genannten Staaten bekämpft. (In Abschnitt 9 finden<br />
Sie weitere Hinweise auf Konflikte im <strong>Orient</strong>.)<br />
Bevorzugte Siedlungsräume sind besonders:<br />
● Küstengebiete ohne Wüstenklima (Algerien, Schwarzmeerküste,<br />
Emirate am Golf …)<br />
● Becken im Gebirge mit relativ guter Wasserversorgung (Libanongraben,<br />
Ostanatolien, das Gebiet um Kabul …)<br />
● Längstäler der Gebirge (Täler in der Türkei zum Ägäischen<br />
Meer hin …)<br />
● Gebirge mit höheren Niederschlägen als im →ariden Umland<br />
(Bergland von Oman, Bergland von Asir im Westen der Arabischen<br />
Halbinsel …)<br />
● Flussoasen (Niltal, Mesopotamien, Jordan …)<br />
● Grundwasseroasen (El-Kharga …)<br />
Abb. 1.1: Trockengürtel der „Alten Welt“<br />
© <strong>Ed</strong>.<strong>Hölzel</strong><br />
Zu 1<br />
A 1: Welche Staaten des <strong>Orient</strong>s<br />
liegen in Nordafrika, welche in<br />
Südwestasien?<br />
A 2: An welchen Meeren oder<br />
Meeresteilen liegen die Staaten des<br />
<strong>Orient</strong>s?<br />
A 3: Zwischen welchen Längenund<br />
Breitenkreisen liegt der <strong>Orient</strong>?<br />
A 4: An welchen Klimazonen hat<br />
der <strong>Orient</strong> Anteil?<br />
A 5: Welche Staaten haben besonders<br />
großen Anteil an Wüsten?<br />
Zu 2<br />
A 1: Vergleichen Sie die genannten<br />
Siedlungsräume mit einer Karte der<br />
Bevölkerungsverteilung oder Bevölkerungsdichte.<br />
Welche Beispiele für<br />
dichter besiedelte Gebiete finden Sie<br />
noch?<br />
© <strong>Ed</strong>. <strong>Hölzel</strong>, Ges. m. b. H., Wien 2004 1<br />
www.hoelzel.at
© Franz Zach, Tribuswinkel<br />
Abb. 2.1: Aufbau der orientalischen<br />
Gesellschaft<br />
Bei Erdölsuche und -förderung, bei Straßen-<br />
und Campbau, im Transportwesen<br />
sowie im Dienstleistungsbereich<br />
boten sich allerorts vielfältige Verdienstmöglichkeiten.<br />
Straßen, Brunnen, Bohrstationen,<br />
Camps und vor allem auch<br />
die neuen Siedlungen, die für die ausländischen<br />
Arbeitskräfte erstellt wurden,<br />
zogen Beduinen an. Die Annehmlichkeiten,<br />
die sich hier in Verbindung<br />
mit einem bisher nicht gekannten sicheren<br />
Geldeinkommen boten (z.B. Arbeitsplatznähe,<br />
Trinkwasser, Gesundheitsversorgung,<br />
Lebensmittel …), verstärkten<br />
das Sesshaftwerden.<br />
Scholz, Fred: Nomaden und Erdöl. In: Geographische<br />
Rundschau, 7–8/1987, S. 396,<br />
vereinfacht.<br />
Abb. 2.2: Nomaden in Algerien<br />
3 Gesellschaft: <strong>Der</strong> traditionelle Gesellschaftsaufbau (Abb.<br />
152.1) des <strong>Orient</strong>s ist in manchen Regionen in einem gewaltigen<br />
Umbruch begriffen. <strong>Der</strong> Wandel in den Lebens- und Arbeitsweisen<br />
wurde durch den Einfluss von Industrie- und Dienstleistungsberufen<br />
verursacht, was sich besonders stark in den Städten<br />
auswirkt. Aber auch die Abwanderung aus dem ländlichen Raum<br />
wird durch diesen Wandel bewirkt.<br />
Das orientalische Gesellschaftssystem stützt sich allerdings immer<br />
noch auf das von der Oberschicht schon vor Jahrhunderten entwikkelte<br />
Wirtschaftssystem des →Rentenkapitalismus.<br />
Die Angehörigen der reichen Oberschicht leben vorwiegend in Städten.<br />
Sie sind Großgrundbesitzer und haben niemals selbst Güter<br />
produziert. Bis heute verachten sie die Handarbeit und blicken auf<br />
die Bauern und Handwerker herab. Die Güter- erzeugung<br />
überlassen sie daher den Angehörigen der unteren Schichten: Handwerkern,<br />
Gelegenheitsarbeitern und vor allem den Bauern. Diese<br />
leben in strengen Abhängigkeits- und Pachtverhältnissen. Die in<br />
ihren Kleinbetrieben erwirtschafteten Gewinne werden durch die<br />
Abgaben an die Oberschicht stark belastet. So bleiben den Mitgliedern<br />
der unteren Schichten lediglich geringe Geldmittel, die nur für<br />
einen sehr bescheidenen Lebensstandard reichen, aber keine eigene<br />
Kapitalbildung ermöglichen. Die Angehörigen der Oberschicht investieren<br />
ihr Kapital aber fast gar nicht mehr in die Wirtschaft,<br />
sondern erhöhen damit ihr Einkommen, importieren Luxusgüter,<br />
erwerben noch mehr Grundbesitz und städtische Gebäude.<br />
Dieses Wirtschaftssystem bewirkt aber keinen Fortschritt. Viele<br />
Kapitalbesitzer sind vor allem an kurzfristig erreichbarem, hohem<br />
Ertrag interessiert und scheuen vor risikobehafteten, langfristigen<br />
Investitionen zurück.<br />
Außerhalb der fest gefügten Gesellschaft stehen die Nomaden und<br />
die Sippenbauern, die vor allem im Gebirge wohnen. Zu den<br />
Sippenbauern zählen unter anderen die Kabylen in Marokko und<br />
Algerien. Sie betreiben seit jeher Selbstversorgung, oft auf gemeinschaftlicher<br />
Basis (gemeinsame Weideplätze). Ihre Dörfer liegen<br />
meist auf Anhöhen, wo sie vor kriegerischen Nomaden geschützt<br />
waren. Die Kabylen sind ziemlich arm. Die schlechten Lebensbedingungen<br />
veranlassten viele Männer dazu, als Gastarbeiter ins<br />
Ausland zu gehen. Die Abwanderung ist groß. Die traditionelle<br />
Lebensform der Kabylen wird auf Dauer nicht bestehen können.<br />
Die →Nomaden (→Beduinen) bewohnen das Steppen- und<br />
Wüstengebiet Nordafrikas und Südwestasiens. Nomaden haben<br />
keinen individuellen Bodenbesitz, sondern nur einzelne Nutzungsrechte.<br />
Heutzutage wandern viele in die Städte ab. Sesshaftwerden<br />
ist für Nomaden aber mit großen Schwierigkeiten verbunden.<br />
<strong>Der</strong> Niedergang des Nomadentums ist oft eine Folge des Konflikts<br />
zwischen der Macht des Staates und der Macht der Nomaden. Für<br />
die Regierungen gelten umherziehende Bevölkerungsgruppen<br />
häufig als Unsicherheitsfaktor.<br />
4 Über viele Jahrhunderte hat sich im <strong>Orient</strong> in der Landwirtschaft<br />
ein ausgefeiltes System entwickelt. <strong>Der</strong> Bauer ist von fünf<br />
Produktionsfaktoren abhängig: Boden, Saatgut, Arbeitsgeräte, Wasser,<br />
menschliche Arbeitskraft. <strong>Der</strong> Großgrundbesitzer ist bestrebt,<br />
alle Produktionsfaktoren mit Ausnahme der menschlichen Arbeitskraft<br />
in seinen Besitz zu bringen, um sie dem Bauern zur Verfügung<br />
zu stellen. Als Gegenleistung wird für jeden Produktionsfaktor ein<br />
Fünftel der Ernte beansprucht. <strong>Der</strong> Bauer hat die gesamten Risken<br />
zu tragen: Dürre, manchmal Überschwemmungen, Heuschreckenschwärme.<br />
Häufige Missernten führen aber zu hoher Verschuldung,<br />
weil eine Mindestabgabe erbracht werden muss. <strong>Der</strong> Großgrundbesitzer<br />
stellt Kredite zur Verfügung; die Zinsen sind aber hoch . Durch<br />
© <strong>Ed</strong>. <strong>Hölzel</strong>, Ges. m. b. H., Wien 2004 2<br />
www.hoelzel.at
Feste, besonders Hochzeiten, wird die Schuld noch erhöht: <strong>Der</strong><br />
Brautvater ist durch die Tradition gezwungen, das gesamte Dorf<br />
einzuladen.<br />
Ziel der Geldverleiher ist es, die Bauern in die so genannte „ewige<br />
Schuld“ zu bekommen, die sie total abhängig macht. Unter diesen<br />
Bedingungen sind die Bauern an einer Produktionssteigerung<br />
nicht interessiert.<br />
Weil fast jede Arbeitsleistung nur dem Großgrundbesitzer oder<br />
Geldverleiher zugute kommt, wird sie auch nicht hoch eingeschätzt.<br />
Da es keine Genossenschaften gibt, können sich die Bauern<br />
gegen niedrige Preise nicht wehren. Einem Käufer oder Händler<br />
aus der Stadt stehen Hunderte Verkäufer gegenüber! Die orientalische<br />
Stadt gilt – wegen der dort wohnhaften Oberschicht – daher<br />
als →„Parasit des Umlandes“.<br />
Im Handwerk – das wegen der mangelnden Industrialisierung einen<br />
entscheidenden Anteil an der Gütererzeugung hat – ist der Zugriff des<br />
Rentenkapitalismus ebenfalls wirksam. Von den vier Produktionsfaktoren<br />
sind Arbeitsgeräte, Arbeitsräume und Roh-material im Besitz<br />
der städtischen Kapitalisten.<br />
In vielen Staaten des <strong>Orient</strong>s wurden Bodenreformen durchgeführt.<br />
Sie machten die Situation für die Bauern oft etwas günstiger. <strong>Der</strong><br />
Bericht eines Geographen aber zeigt, wie der Rentenkapitalismus<br />
auch heute noch nachwirkt:<br />
<strong>Der</strong> mithilfe der jüngsten Bodenreformen und Landenteignungen eben<br />
erst von Feudalherrschaft befreite Kleinbauer hat sich durch Kauf auf<br />
Pump vielfach bereits wieder beim städtischen Geldgeber hoch verschuldet.<br />
An Tilgung der Schuld ist schon nicht mehr zu denken, geht<br />
doch allein als Zinszahlung wieder ein erheblicher Ernteanteil an den<br />
städtischen Kapitalisten. <strong>Der</strong> Schuhputzer, der vor der Türschwelle eines<br />
großen Hotels hockt, muss, um hier geduldet zu werden, dem Hotelportier<br />
einen Teil seines ohnehin äußerst geringen Verdienstes abführen … <strong>Der</strong><br />
Scheich, der Männer eines Dorfes als Arbeitskräfte für die Baustelle einer<br />
europäischen Firma anwirbt, kassiert deren gesamte Löhnung und gibt<br />
davon nur ein Taschengeld weiter. Die Reihe solcher Beispiele ließe sich<br />
fast beliebig verlängern. Immer wird eine durch Anordnungsbefugnis<br />
oder Verschuldungspraktiken überlegene Machtposition dazu ausgenutzt,<br />
um hohe Anteile des Bruttoertrages an sich zu ziehen, ohne dass<br />
dafür entsprechend hohe Aufwendungen eingebracht würden.<br />
Mensching/Wirth (Hg.): Nordafrika und Vorderasien. Fischer-Länderkunde<br />
Bd. 4, Frankfurt am Main 1973, S. 38 f.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Orient</strong> ist das Hauptverbreitungsgebiet des Islam, der schon im<br />
frühen Mittelalter durch den Siegeszug der Araber das Chris-tentum<br />
und auch Naturreligionen verdrängt hat. Es gibt heute im Islam<br />
Strömungen, die sich gegen den Einfluss der westlichen Industriegesellschaft<br />
stellen, stärkere Besinnung auf alte islamische Gesetze<br />
fordern und Toleranz gegen Andersgläubige weit gehend ablehnen.<br />
In manchen Staaten sind Vorschriften des Islam wieder zugleich<br />
staatliche Gesetze. <strong>Der</strong> Iran kann seit 1979 als besonders markantes<br />
Beispiel für die „Re-Islamisierung“ gelten. <strong>Der</strong> „Fundamentalismus“<br />
versucht in fast allen Staaten Einfluss zu gewinnen – oft gegen die<br />
Bestrebungen der Regierungen.<br />
5 Städte: Die typische „orientalische Stadt“ hat im Zentrum<br />
die Hauptmoschee und den Basar. Das Straßennetz besteht aus<br />
vielen verzweigten, oft auch engen Gassen (Schutz vor Sonneneinstrahlung).<br />
Die Europäerviertel mit rechtwinkeligem Straßennetz<br />
stammen aus der Kolonialzeit.<br />
In den Großstädten wandelt sich heute das Aussehen nach dem<br />
Vorbild der angloamerikanischen Großstädte. Als zweites Stadtzentrum<br />
gibt es dort ein modernes Geschäftsviertel, das für die<br />
westlich orientierten Bewohner anziehend ist. An den Stadträndern<br />
liegen oft Hüttensiedlungen.<br />
Zu 3 und 4<br />
A 1: Beschreiben Sie den Aufbau<br />
und die Gruppen der orientalischen<br />
Gesellschaft. Welcher Gegensatz<br />
zwischen städtischem und ländlichem<br />
Lebensraum wird dabei<br />
deutlich?<br />
A 2: Mit welchen Problemen haben<br />
sich heute die Nomaden auseinander<br />
zu setzen?<br />
A 3: Verfolgen Sie Meldungen in den<br />
Massenmedien über den Einfluss des<br />
Islam auf einzelne Staaten und die<br />
Gesellschaft.<br />
Auch ein Völkerkundler schildert<br />
einen bemerkenswerten Fall:<br />
„Wenn ein Landarbeiter bloß über eine<br />
geringe Geldsumme verfügt, kann es<br />
geschehen, dass er, ohne die Bedürfnislage<br />
seiner Familie zu berücksichtigen,<br />
ein bis zwei Arbeiter aufnimmt, die,<br />
wenn auch nur für einen Tag, seine<br />
Arbeiten durchführen, damit er zumindest<br />
für diesen Zeitraum die Rolle des<br />
Landherrn spielen kann.“<br />
Werner Dostal: Landherr und Landarbeiter im<br />
Tarim. In Fischer/Sauberer (Hg.): Gesellschaft,<br />
Wirtschaft, Raum, Wien 1987, S. 291.<br />
© <strong>Ed</strong>. <strong>Hölzel</strong>, Ges. m. b. H., Wien 2004 3<br />
www.hoelzel.at
Zu 7 und 8<br />
A 1: Warum sind die Böden des<br />
<strong>Orient</strong>s bei unsachgemäßer Bewässerung<br />
besonders von Versalzung<br />
bedroht?<br />
A 2: Welche Staaten des <strong>Orient</strong>s<br />
haben bedeutende Erdöllagerstätten<br />
(Atlas)?<br />
A 3: Welchen Wandel bewirkten die<br />
Erdöleinnahmen in manchen Staaten?<br />
Zu 9<br />
A 1: In welchen zwei Staaten des<br />
<strong>Orient</strong>s dominiert nicht der Islam?<br />
A 2: Sammeln Sie aus Zeitungen<br />
Meldungen über die politische Lage<br />
im <strong>Orient</strong>.<br />
6 Landwirtschaft: Die Landwirtschaft im <strong>Orient</strong> ist beeinflusst<br />
vom Naturraum (Wassermangel) und von der Besitzstruktur<br />
(Großgrundbesitz, hohe Abgaben). Mit sorgsamer Bewässerung,<br />
die vor Bodenversalzung bewahrt, und bei Durchführung echter<br />
Agrarreformen wären die Erträge noch stark zu steigern.<br />
Die Viehwirtschaft nützt extensiv die Weidegebiete der Steppen<br />
und Halbwüsten. <strong>Der</strong> Anteil der Nomaden geht allerdings überall<br />
im <strong>Orient</strong> zurück, wodurch oft auch die Weidegebiete verloren<br />
gehen.<br />
7 Bergbau, Industrie: <strong>Der</strong> <strong>Orient</strong> ist nach heutigem Stand<br />
die erdölreichste Region der Erde. Vielen Staaten hat das Erdöl<br />
Reichtum gebracht. Die Industrialisierung ist allerdings nicht<br />
überall von Erfolg gekrönt.<br />
Industrielle Arbeitsplätze sind meist nur auf die Städte oder die Küste<br />
beschränkt, wodurch der ländliche Raum zusätzlich benachteiligt<br />
erscheint.<br />
8 Historische und politische Entwicklung: <strong>Der</strong> <strong>Orient</strong> ist<br />
das Ursprungsgebiet der „agrarischen Revolution“: Erstmals in<br />
der Menschheitsgeschichte betrieben hier sesshafte Bauern Ackerbau,<br />
hielten Vieh, erfanden Pflug, Rad und Wagen. Im <strong>Orient</strong><br />
sind auch die frühen Hochkulturen entstanden: Die Stadt als<br />
neue Lebensform, Staaten als große Gemeinschaften und große<br />
Bewässerungsanlagen wurden hier eingeführt. Auch die drei<br />
Weltreligionen Judentum, Christentum und Islam entstanden im<br />
<strong>Orient</strong> und haben von dort aus die Erde beeinflusst.<br />
Die Geschichte des <strong>Orient</strong>s war bis zum heutigen Tag aber auch<br />
immer von Konflikten geprägt. Zusammenstöße zwischen Nomaden<br />
und Oasenbewohnern waren in früheren Zeiten normaler<br />
Lebensbestandteil, heute kämpfen die Kabylen um das Überleben<br />
ihrer Traditionen und Lebensweisen. Noch immer ungelöst ist der<br />
Nahostkonflikt zwischen Israel und den Palästinensern.<br />
Die Verträge zwischen Israel und den Palästinensern von 1993,<br />
wodurch die arabische Bevölkerung in zwei kleinen Gebieten eine<br />
bescheidene Selbstverwaltung erhielt, waren leider nicht Beginn<br />
eines friedlichen Nebeneinanders. Die neuerlichen blutigen Zusammenstöße<br />
zwischen Israelis und Palästinensern seit dem Herbst<br />
2000 sind Beweis für die fast ausweglos erscheinende Situation.<br />
<strong>Der</strong> Krieg zwischen Irak und Iran dauerte von 1980 bis 1988. <strong>Der</strong><br />
Krieg zwischen Irak und Kuwait im Jahre 1991 bedeutete auch<br />
einen Kampf zwischen dem Machtstreben des Irak und den von den<br />
USA unterstützten arabischen Staaten. <strong>Der</strong> Irakkrieg, 2003 von<br />
den USA ausgelöst, hat zu einer weiteren Destabilisierung der<br />
Lage im <strong>Orient</strong> geführt. Die USA haben sich durch diesen Krieg<br />
dem Vorwurf ausgesetzt, in früherer imperialistischer Manier auf<br />
fremde Erdölquellen zugegriffen zu haben. Eine Erstarkung des<br />
islamischen Fundamentalismus ist damit verbunden.<br />
9 Wirtschaftliche und politische Verflechtungen: Viele<br />
Staaten des <strong>Orient</strong>s sind Mitglieder der Arabischen Liga. Die meisten<br />
Erdöl fördernden Staaten sind Mitglieder der →OPEC. <strong>Der</strong>en<br />
Macht ist aber in den letzten Jahren, verursacht auch durch ihre<br />
eigene Uneinigkeit, stark zurückgegangen.<br />
© <strong>Ed</strong>. <strong>Hölzel</strong>, Ges. m. b. H., Wien 2004 4<br />
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