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Märkische LebensArt Märkische LebensArt

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Winter 2010 <strong>Märkische</strong> <strong>LebensArt</strong><br />

IM FOKUS: DAS FEST DER LIEBE IN ZEITEN VON GIER, GRÖSSENWAHN UND INKOMPETENZ DER MÄCHTIGEN<br />

Stille Nacht, heilige Nacht. Tannenbaum und Lichterglanz.<br />

Geschenke, Liebe und Harmonie.<br />

Doch statt dessen Neid, Gier, Machtgerangel, Armut,<br />

Not. Überall Hiobsbotschaften, Terroralarm<br />

nun auch in Deutschland. Schon in der Bibel steht:<br />

„Wer Wind sät, wird Sturm ernten.“<br />

Die Medien spielen eine seltsame Rolle. Einerseits:<br />

hochgejubeltes Wirtschaftsaufschwungserfolgsgetöne,<br />

geschönte Statistiken, bereinigte Arbeitslosenzahlen.<br />

Andererseits: Meldungen über eine krisengeschüttelte<br />

Welt, wachsende Armut, zunehmende<br />

Gewalt. Naturkatastrophen, Kriege und Terror.<br />

Der Staat Bundesrepublik bürgt mit dem Geld seiner<br />

Bürger für faule Kredite in irrationalen Höhen.<br />

Lachen sich die anderen EU-Länder vielleicht ins<br />

Fäustchen? Inkompetenten, charakterlosen Managern<br />

wird ihr Herrschaftswissen und Schweigen<br />

mit Boni in Millionenhöhe abgegolten. Hartz<br />

IV Bezieher erhalten üppige 5 € mehr. Die Rente<br />

mit 67 wird als verfassungsgemäß erklärt, denn 10<br />

Prozent aller Menschen über 60 haben laut Statistik<br />

einen Arbeitsplatz. Und die restlichen 90 Prozent?<br />

Franzosen gehen gegen Rente mit 62 wenigstens<br />

auf die Straße. Doch die Deutschen? Nun ja,<br />

selbst die sonst fügsamen Schwaben demonstrieren<br />

gegen Stuttgart 21, das EU-geförderte Prestigeobjekt<br />

der Bahn. Zwar erst nach fast 20 Jahren - aber<br />

immerhin. Allerorts in Deutschland wächst die<br />

Zahl organisierter Bürgerproteste. Eine Hochspannungstrasse<br />

soll eine Schneise durch den Thüringer<br />

Wald nach Bayern schlagen – die Masten höher<br />

als Kirchtürme, 250 km lang, 100 m breit. Angeblich<br />

um Strom aus ostdeutschen Windkraftanlagen<br />

nach Süden zu befördern – oder doch eher Braunkohlestrom?<br />

Warum baut man dann nicht gleich<br />

die Windräder in Bayern? Dafür können dank der<br />

in vorauseilendem Gehorsam trainierten Brandenburgischen<br />

Landesregierung jetzt sogar inmitten<br />

märkischer Wälder riesige Windräder aufgestellt<br />

werden. Und die Grünen haben es abgenickt, es<br />

gibt nun wirklich genügend rote Milane, Störche,<br />

Graureiher und wie die Vögel sonst alle heißen.<br />

Was macht es, wenn da ein paar mehr geschreddert<br />

werden. Die Grünen leben doch sowieso zumeist in<br />

den Großstädten fernab der Natur. Verdienen vielleicht<br />

einige der grünen Genossen sogar ganz profitabel<br />

an der Windkraft?<br />

Richard David Precht, wahrscheinlich Deutschlands<br />

Philosoph mit der größten Lebensnähe konstatiert:<br />

„Der Markt schafft keine Moral, er ist ein<br />

Moralzehrer. Wann immer eine Marktnorm auf<br />

eine Sozialnorm trifft, wird die Sozialnorm von der<br />

Marktnorm kannibalisiert.“ Wer kein Philosoph<br />

ist, würde vielleicht sagen: Gier frisst Recht und Anstand,<br />

Sitte und Moral.<br />

Es herrschen Krisen aller Art: Wirtschaftskrise, Finanzkrise,<br />

Bildungskrise. Symbol einer kranken<br />

Gesellschaft. Was sollen die Bürger nun tun? Sich<br />

fürchten und gehorsam hinnehmen, was die Regie-<br />

renden uns suggerieren? Vorratsdatenspeicherung,<br />

Nacktscanner, Videoüberwachung?<br />

Die Unterschiede der Parteien aller Couleur sind<br />

seit langem verweht und verwischt. Politiker sind<br />

mutiert zu Handlangern diverser Lobbys: Ob Banken,<br />

Energiekonzerne, Pharma- oder Lebensmittelindustrie.<br />

Immer mehr „Volksvertreter“ gleiten aus<br />

der Politik nahtlos auf lukrative Wirtschaftsposten.<br />

Amigos allenthalben. Wofür werden sie belohnt? So<br />

mancher in Brandenburg wüsste gern, warum Vattenfall<br />

bei der Landesregierung solch einen Stein<br />

im Brett hat. Weil das CCS-Gesetz noch immer nicht<br />

verabschiedet wurde, ist der Konzern nun „in großer<br />

Sorge“. Es drohen Verluste von EU-Fördermilliarden,<br />

die doch unbedingt für den Fortschritt investiert<br />

werden sollen. Zum Wohle der Menschen<br />

natürlich und nicht etwa für den Konzernprofit.<br />

Und zum Wohle derer, die das Pech haben, im Bereich<br />

der geplanten Endlagerstätten zu leben. Was<br />

wäre, wenn es dann auch hier plötzlich Erdrutsche,<br />

Verwerfungen, Gasaustritte oder ähnliche Katastrophen<br />

wie in Sachsen-Anhalt, Lauchhammer oder<br />

Thüringen geben sollte? Immerhin dauerte es in<br />

Schmalkalden ein paar hundert Jahre, bis die alten<br />

Stollen einstürzten. Was sollen wir uns da schon<br />

heute sorgen? Wenn Ostbrandenburg erst mal menschenleer<br />

ist, können ja auch gleich alle Flugrouten<br />

von Schönefeld über den Naturpark Dahme-Heideseen<br />

und das Oder-Spree-Land umgeleitet werden,<br />

damit Berlin vorm Fluglärm bewahrt wird. Wer<br />

überhaupt sind die Hauptprofiteure des enormen<br />

Flugbetriebs über der Mark? Und warum ist Flugbenzin<br />

immer noch so billig?<br />

Vielleicht wäre es auch bedenkenswert, statt neuer<br />

Gebietsreformen, mal neu zu denken. Vor 20 Jahren<br />

war die Maxime von Rio: „Global denken, lokal<br />

handeln.“ Hieße das nicht: eine Hauptstadt, eine<br />

Regierung, eine zentrale Verwaltung für die wichtigsten<br />

Aufgaben? Und der gesamte Rest wird im<br />

Land an Ort und Stelle geregelt. Städte und Dörfer<br />

(auch die zwangseingemeindeten) bekommen wieder<br />

einen eigenen Haushalt, sorgen für alle kommunalen<br />

Aufgaben von Infrastruktur bis Kultur,<br />

von Kindergarten über Schule bis zu den Senioren.<br />

Überschaubare Einheiten fördern den Gemeinsinn,<br />

weil die Menschen sehen, für wen sie etwas tun.<br />

Der riesigen Überschuldung wäre dann auch gleich<br />

ein Riegel vorgeschoben. Im Kleinen könnte niemand<br />

so verantwortungslos wirtschaften, weil bessere<br />

Kontrolle möglich wäre. Und die Vereinzelung<br />

würde von sozialem Zusammenhalt aufgehoben.<br />

��<br />

Aber woher soll das Geld dafür kommen? Nun,<br />

einfach aus einer Umverteilung. 60 Jahre nach<br />

Kriegsende sollte man doch daran erinnern dürfen,<br />

dass die deutsche Kleinstaaterei als Strafe von<br />

den Besatzungsmächten verhängt wurde. Es wäre<br />

jetzt endlich an der Zeit, dies zu ändern. Wenn es<br />

deutschlandweit keine teuren Landesregierungen<br />

mit riesigen Minister-, Beamten- und Angestelltenapparaten<br />

mehr gäbe, sparte dies viel Geld ein,<br />

das man sinnvoll einsetzen könnte, Kindergärten<br />

und Schulen auch in kleinen Dörfern erhalten. Die<br />

Menschen fühlten sich nicht mehr ferngesteuert,<br />

sondern mündig und verantwortlich. Es müssten<br />

nicht mehr so viele Schulbusse durch die Gegend<br />

fahren, zum Schaden für die Kinder und die Umwelt.<br />

Die Alten könnten länger selbstbestimmt wohnen,<br />

wenn es eine soziale Infrastruktur gäbe. Es<br />

würden weniger junge Leute die Region verlassen,<br />

weil auch die Dörfer lebendiger würden, etc. pp.<br />

Ja, vielleicht sind das Traumvorstellungen. Aber es<br />

ist doch Weihnachtswunschzettelzeit. Da darf man<br />

sich schon mal etwas wünschen. Selbst, wenn es<br />

sich nicht gleich erfüllen lässt.<br />

Jurij Brezan, der bekannte sorbische Schriftsteller<br />

sprach einst vom „Immermehr und Niegenug“.<br />

Karl Marx‘ Theorie vom Maximalprofit ist sowieso<br />

weitgehend bekannt. Aber wussten Sie, dass sich<br />

auch Dr. Martin Luther, der Reformator aus Wittenberg,<br />

zu diesen Fragen äußerte? Er konstatierte<br />

schon seinerzeit: „Das ist eine Arglist der Habsucht,<br />

die nur auf die Bedürfnisse der Nächsten schielt,<br />

aber nicht, um ihnen zu helfen, sondern um sie für<br />

sich auszunutzen und am Schaden seines Nächsten<br />

reich zu werden. Das sind alles offenkundige Diebe,<br />

Räuber und Wucherer.“ Lange liegt auch zurück,<br />

als Augustinus schrieb: „Der Friede ist ein Werk der<br />

Gerechtigkeit.“ Doch für dieses Werk können und<br />

müssen wir alle etwas tun. Das beginnt tagtäglich<br />

im Kleinen. Ohne an die 2012-Weltuntergangstheorien<br />

zu glauben, eine Zeitenwende ist überfällig.<br />

Eine neue Epoche erfordert einen Bewusstseinswandel<br />

und neues Denken. Die Politiker sind endlich<br />

in die Pflicht zu nehmen. Ansonsten schickt<br />

sie das Volk - der Souverän - dahin, wo der Pfeffer<br />

wächst. Ja, das braucht Zivilcourage und ist unbequem.<br />

Doch wenn Alt und Jung sowie Ost und<br />

West endlich zusammenhalten und sich nicht länger<br />

gegeneinander aufbringen lassen, ist eine faire<br />

Zukunft sicher. Ein paar engagierte, vernünftige<br />

und unbestechliche Menschen werden sich doch<br />

wohl in unserem Land finden, die bereit sind,<br />

kompetente und anständige Politik zum Gemeinwohl<br />

zu machen. Und wenn Deutschland keinen<br />

Krieg mehr im Interesse der Konzernmultis führt,<br />

wird es hier auch keine Terrorgefahr mehr geben.<br />

Bleiben Sie aktiv und zuversichtlich.<br />

<strong>Märkische</strong> <strong>LebensArt</strong> wünscht Ihnen trotz allem ein<br />

friedliches Weihnachtsfest.

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