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lesen - BGS-K Oerlenbach

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GROSSGEMEINDE OERLENBACH<br />

- Leben mit dem <strong>BGS</strong> -<br />

1. <strong>Oerlenbach</strong> wird Standort des Bundesgrenzschutzes<br />

Weit vor der Gemeindegebietsreform, deren Ergebnis die Bildung der Großgemeinde<br />

<strong>Oerlenbach</strong> zum 1.1.1972 war, hat sich für das Örtchen <strong>Oerlenbach</strong> bereits eine<br />

dritte bedeutsame Strukturveränderung ergeben. Nach den Fremden, die in den 30er<br />

Jahren im Zuge des Baues des Lufttanklagers nach <strong>Oerlenbach</strong> zuzogen, hier<br />

blieben und arbeiteten sowie den Flüchtlingen und Heimatvertriebenen, von denen<br />

sehr viele in <strong>Oerlenbach</strong> untergebracht waren und heimisch wurden, stand im Jahre<br />

1962 der „Einmarsch“ des Bundesgrenzschutzes peu à peu mit mehreren Hundertschaften<br />

samt deren Angehörigen an.<br />

Vielleicht lag es daran, dass hier entsprechende Flächen des Bundes (als Rechtsnachfolger<br />

des Deutschen Reiches) für eine Grenzschutzkaserne vorhanden waren,<br />

vielleicht lag es an weitsichtigen Männern wie dem Landrat und Landtagsabgeordneten<br />

Engelbert Hofmann oder dem Bürgermeister Wilhelm Kuhn, die die<br />

Chance für eine Ansiedlung einer Bundeseinrichtung auf dem ehemaligen Tanklager<br />

in <strong>Oerlenbach</strong> sahen und im richtigen Augenblick das Richtige taten, vielleicht kam<br />

auch beides zusammen, was letztendlich zu der Entscheidung, den Bundesgrenzschutz<br />

in <strong>Oerlenbach</strong> zu stationieren, führte. Die Tatsache, dass einige Firmen zu<br />

diesem Zweck abgesiedelt werden mussten und <strong>Oerlenbach</strong> in seiner gewerblichen<br />

Entwicklung damals etwas zurückgeworfen wurde, rief sicher nicht bei jedermann<br />

Begeisterung hervor. Denn auch damals ging es schon um wohnortnahe Arbeitsplätze,<br />

die verloren gingen. Verständlich sicherlich auch die Angst um die Töchter,<br />

die angesichts mehrerer Hundert heiratsfähiger junger Männer so manchem<br />

<strong>Oerlenbach</strong>er Sorgenfalten auf die Stirn getrieben haben. Möglich, dass auch der<br />

Pfarrer große Sorgen ob dieser Tatsache im gutkatholischen Dörfchen <strong>Oerlenbach</strong><br />

gehabt haben mag.<br />

Von Anfang an haben es die Grenzschützer jedoch verstanden, um Sympathien zu<br />

werben und es so geschafft, dass aus heutiger Sicht festzuhalten bleibt, dass es sich<br />

bei der Entscheidung, den <strong>BGS</strong> nach <strong>Oerlenbach</strong> zu bringen, um eine Entscheidung<br />

handelte, die bis dato nicht bereut werden musste.<br />

2. Der Bundesgrenzschutz bewirkt infrastrukturelle Änderungen<br />

Im Gefolge der Grenzschutzkaserne kamen nicht nur unverheiratete Männer (Frauen<br />

gab es damals beim <strong>BGS</strong> noch nicht) nach <strong>Oerlenbach</strong>, sondern auch diejenigen, die<br />

bereits verheiratet waren. Auch hatten einige bereits Kinder, die nunmehr in<br />

<strong>Oerlenbach</strong> groß werden mussten. Diese Beamten wohnten mit ihren Familien in den<br />

neun Wohnblocks, die vom St. Bruno-Werk errichtet wurden und insgesamt 40<br />

Wohnungen boten sowie in den „Spießwohnungen„ unmittelbar neben der Kaserne.<br />

- 14 -


So blieb es nicht aus, dass noch im Jahre 1962 die Schulhauserweiterung geplant<br />

und gebaut werden musste und 1963 eingeweiht wurde. In weiteren Verlauf wuchsen<br />

auch die Ansprüche an die Verwaltung, die sich in Planung und Bau eines neuen<br />

Rathauses (1966/67), das auch eine Bücherei beherbergte, niederschlug. Weitere<br />

Konsequenz war die Errichtung eines neuen Feuerwehrhauses, um den Feuerschutz<br />

sicherstellen zu können.<br />

Im Juni 1967 wurde der Grundstein für den Neubau der katholischen Pfarrkirche<br />

gelegt, im darauf folgenden Jahr wurden die ersten evangelischen Gottesdienste<br />

organisiert.<br />

Nach dem Gemeindezusammenschluss schließlich kam noch der Bau des Kindergartens,<br />

der für drei Gruppen ausgelegt wurde.<br />

Diese „erzwungene“ Bautätigkeit in einem engen zeitlichen Rahmen ist sicherlich der<br />

Grund dafür, dass <strong>Oerlenbach</strong> ein Ortszentrum aus einem Guss auf der „grünen<br />

Wiese“ erhalten hat, welches weit und breit seinesgleichen sucht. Diese Besonderheit<br />

begründet nach rund 35 Jahren eine Neugestaltung des Dorfzentrums unter Einsatz<br />

von Städtebaufördermitteln.<br />

Mit fortschreitender Verweildauer in <strong>Oerlenbach</strong> wuchs auch bei vielen Grenzschützern<br />

der Wunsch nach einem eigenen Heim, so dass auch die lebhafte Baulandausweisung<br />

in den 70er und 80er Jahren teilweise darauf zurückzuführen ist.<br />

Mit dieser Entwicklung mussten logischerweise auch die „nicht sichtbaren“, weil vergrabenen<br />

Infrastruktureinrichtungen, sprich Kanal und Wasserleitung, Schritt halten.<br />

Hinzu kommen noch die straßenbaulichen Maßnahmen.<br />

Für eine solch kleine Gemeinde wie <strong>Oerlenbach</strong> wahrlich ein finanzieller wie verwaltungsmäßiger<br />

Kraftakt, der aber mit Hilfe von Bundesfördermitteln gelungen ist.<br />

3. Der Bundesgrenzschutz und seine Auswirkung auf den örtlichen<br />

Arbeitsmarkt<br />

Wurden mit der Absiedlung unter anderem eines Betonrohrherstellers und einer Gewürzfabrikation<br />

Arbeitsplätze von <strong>Oerlenbach</strong> weg verlagert, so wurden doch auch<br />

neue Arbeitsplätze im zivilen Bereich geschaffen. Allein am Beispiel, dass durch die<br />

Verlegung von vier Hundertschaften und Stab im Jahr 1962 mehrere Hundert<br />

Personen verpflegt werden mussten, lässt sich dies deutlich erkennen. Aber auch<br />

außerhalb der <strong>BGS</strong>-Abteilung wuchsen und gediehen die Handwerksbereiche wie<br />

Bäcker und Metzger. Gutes Geld verdienten auch die Lieferanten für Lebensmittel<br />

und sonstige Waren, da dem <strong>BGS</strong> eine erhebliche Bedeutung als Nachfrager zukommt,<br />

zumal es galt, eine Abteilung vergleichbar einem kleinen Dorf zu versorgen.<br />

Viele Firmen des Bauhandwerks profitierten, da Unterkunftsgebäude zu errichten<br />

sowie Umbauten und bauliche Erweiterungen sowie Unterhaltungsmaßnahmen<br />

durchzuführen waren. Auch das Baunebengewerbe wurde regelmäßig mit Aufträgen<br />

bedacht und profitierte vom <strong>BGS</strong> ebenso wie weitere Handwerkssparten, Kleinbetriebe<br />

und mittelständische Unternehmen. Das gilt im übrigen noch immer, da<br />

verbunden mit der Umstrukturierung wieder eine Vielzahl von baulichen Maßnahmen<br />

anstehen, die noch bewerkstelligt werden müssen. Und auch heute müssen die Beschäftigten,<br />

nunmehr überwiegend Aus- und Fortzubildende verköstigt werden. Auch<br />

der Handel kam und kommt sicherlich nicht zu kurz.<br />

Als Resultat bleibt festzuhalten, dass hier eine Reihe von Arbeitsplätzen im Gefolge<br />

des <strong>BGS</strong> geschaffen und bis heute erhalten wurde.<br />

- 15 -


Geht es der Wirtschaft gut, geht es der Gemeinde gut. Diese Feststellung ist im Hinblick<br />

auf damals geflossene Gewerbesteuer sicherlich unumstritten.<br />

Nicht immer war der Bundesgrenzschutz ausschließlich auf das Berufsbeamtentum<br />

ausgelegt. So war es früher möglich, durch einen verlängerten Dienst beim <strong>BGS</strong> (bei<br />

besserer Bezahlung) seinen Wehrdienst abzuleisten. Einige junge Männer haben so<br />

wohnortnah die Wehrpflicht erfüllt. Attraktiv war auch Möglichkeit, Polizeibeamter auf<br />

Zeit zu werden. Dieser Beamte auf Zeit konnte in der Regel nach Ablauf seiner<br />

Dienstzeit zu anderen Dienstherren wie z.B. Land und Gemeinde wechseln und<br />

wurde dort auch gerne genommen. Auch diesen Weg haben nicht wenige junge<br />

Männer aus der Gemeinde genutzt und so einen qualifizierten Einstieg ins Berufsleben<br />

geschafft.<br />

Eine Vielzahl dieser Beamten auf Zeit hat <strong>Oerlenbach</strong> gesehen. Sie sind zwar in alle<br />

Himmelsrichtungen verstreut, jedoch haben diese Beamten <strong>Oerlenbach</strong> regelmäßig<br />

in guter Erinnerung behalten. Mit Disziplin und Verantwortungsbereitschaft ausgestattet<br />

wechselten auch viele mit Erfolg in die Privatwirtschaft.<br />

Bevor der Standort <strong>Oerlenbach</strong> sich im Jahr 1998 aufgrund der Reform II des <strong>BGS</strong><br />

von einem „Einsatzstandort“ hin zum Aus- und Fortbildungszentrum des Grenzschutzpräsidiums<br />

Süd wandelte, leisteten rund 600 Polizeivollzugsbeamte, die zum<br />

großen Teil aus <strong>Oerlenbach</strong> und den umgebenden Orten kamen, ihren Dienst in<br />

<strong>Oerlenbach</strong> und fuhren zu den verschiedensten Einsatzstandorten. Hinzu kamen im<br />

Standort 12 Verwaltungsbeamte, 18 Angestellte und ca. 60 Arbeiter/innen sowie 4<br />

Auszubildende, somit rund 95 weitere Beschäftigte mit einem vergleichsweise<br />

sicheren Arbeitsplatz.<br />

Wenn man weiß, dass im Jahr 1998 in der Gemeinde <strong>Oerlenbach</strong> mit seinen Gemeindeteilen<br />

insgesamt 1.763 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte wohnten (die<br />

rund 600 Beamte sind nicht mitgezählt), machen die Zivilbeschäftigten des Bundesgrenzschutzes<br />

rund 5 % davon aus. Der Wert dieses wohnortnahen Arbeitsplatzes<br />

wird vor allem auch noch dadurch verdeutlich, wenn man die Zahl der berufsbedingten<br />

Auspendler von 1.411 dagegen stellt.<br />

Eine katastrophale Auswirkung der lange Zeit im Raum stehenden Auflösung des<br />

Standortes spiegelt sich in der Zahl der Arbeitslosen wieder, die sich im Sommer<br />

1998 auf rund 160 Personen belief und die im Falle der Auflösung um mehr als die<br />

Hälfte gestiegen wäre.<br />

4. Die Integration des Bundesgrenzschutzes im Vereins- und<br />

Gemeindeleben.<br />

Die Steigerung der Einwohnerzahlen <strong>Oerlenbach</strong>s um rund 105 Prozent von 835 auf<br />

1.707 im Zeitraum von Anfang 1960 bis 1970 konnte nicht ohne Folgen für das örtliche<br />

Gemeinschaftsleben bleiben. Viele der zugezogenen Beamten waren daran<br />

interessiert, sich in den örtlichen Vereinen einzubringen. Wie nicht anders zu erwarten,<br />

gelang dies bei den körperlich durchtrainierten Beamten am ehesten in den<br />

Sportvereinen und dabei in erster Linie im Bereich Fußball. Hier machte sich deren<br />

Präsenz am deutlichsten bemerkbar, weil in Aufstiegen sichtbar.<br />

Neben den sportlichen Aktivitäten haben <strong>BGS</strong>-Beamte sich in den vergangenen<br />

Jahrzehnten jedoch auch in fast allen Sportvereinen in verantwortlicher Tätigkeit, sei<br />

es als langjähriger Vorstand, als Mitglied der engeren Vorstandschaft oder als Ab-<br />

- 16 -


teilungsleiter engagiert und so dazu beigetragen, den <strong>BGS</strong> als belebendes Element<br />

zu sehen.<br />

Örtliche Sportgeschichte geschrieben hat der <strong>BGS</strong>, als er wesentlich an der Einführung<br />

der Fußball-Großgemeindeturniere für Aktive und Senioren sowie Hallenturniere<br />

mitgewirkt und durchgeführt hat.<br />

Über die eigenen Kinder steigerte sich das Engagement der Grenzschützer auch im<br />

Bereich der Kindergärten und der Schule. So war es nicht verwunderlich, dass es<br />

Pioniere des Grenzschutzes waren, die für die Erstellung von Großspielgeräten, sei<br />

es die Holzeisenbahn, das hölzerne Krokodil oder das Spielhaus für die jeweiligen<br />

Kindergärten verantwortlich zeichneten. Überall, wo außerordentliches Engagement<br />

sichtbar wird, kann man in vielen Fällen einen oder mehrere <strong>BGS</strong>-Beamte als Initiator<br />

oder Organisator finden.<br />

In einer Vielzahl anderer Vereine und Vereinigungen rekrutierten sich Vorsitzender<br />

oder Vorstandsmitglied auch aus den Reihen der Grenzschützer. Ohne Anspruch auf<br />

Vollständigkeit erheben zu wollen, seien hier stellvertretend Gesangverein, Modellfluggruppe,<br />

Siedlerverein, Elterninitiative Lehmgrube und Pfarrgemeinderat genannt.<br />

Hatte ein örtlicher Verein einmal ein Problem und benötigte „schweres Gerät“, der<br />

Bundesgrenzschutz half gerne aus.<br />

Hierunter zählt auch die Tatsache, dass die Sporthalle des <strong>BGS</strong> über Jahrzehnte<br />

hinweg in den Abendstunden von den örtlichen Sportvereinen genutzt wurde und<br />

noch wird. Auch die Schule kann, nachdem sich die Sportstätten des Grenzschutzes<br />

in einem Top-Zustand befinden, dort ihre Bundesjugendspiele durchführen. Im<br />

Rahmen des Ferienprogramms wurden ebenfalls schon Aktionen beim <strong>BGS</strong> durchgeführt.<br />

Gerne gesehen war auch der berühmte Eintopf, auf den nicht zuletzt lange Jahre die<br />

„Retzbachwallfahrer„ zurückgreifen konnten. Auch die regelmäßige Teilnahme am<br />

Volkstrauertag wird dem <strong>BGS</strong> hoch angerechnet.<br />

Aber auch zu feiern verstanden die Grenzschützer, wobei sie nicht vergaßen, die<br />

Ortsbevölkerung einzubeziehen. An die Faschingsveranstaltungen mit drei Kapellen<br />

und mehr als zweitausend Mann erinnern sich sicher noch viele ältere Bürger. Aber<br />

auch in kleinerem Rahmen wurde gefeiert, so z.B. der Starkbierabend, der sich bis<br />

heute erhalten hat und zu dem neben der regionalen Politprominenz, den Führungskräften<br />

von Behörden und Dienststellen aus der Region, die Vertreter von Wirtschaft<br />

und Gewerbe unter anderem auch die Vereinsverantwortlichen aus der Gemeinde<br />

eingeladen werden. Als weiteres Beispiel sei hier noch der Federweißenabend genannt.<br />

Alle diese kleinen Mosaiksteinchen spiegeln das gute Miteinander von Ortsbewohnern<br />

und Bundesgrenzschützern wider, das mitverantwortlich für ein aufblühendes<br />

Vereinsleben war und noch ist.<br />

Zu der Vereinsarbeit hinzu kam auch frühzeitig die Bereitschaft, kommunalpolitische<br />

Verantwortung übernehmen zu wollen. Hier war es Mitte der 60er-Jahre Elfriede<br />

Bätz, die Ehefrau eines Grenzschützers, die als erste Frau in den Gemeinderat der<br />

damals noch selbständigen Gemeinde <strong>Oerlenbach</strong> gewählt wurde. In der gleichen<br />

Wahlperiode schaffte dies ein weiterer <strong>BGS</strong>-Angehöriger, Josef Steuer. In der Folgezeit<br />

waren regelmäßig <strong>BGS</strong>-Beamte im Gemeinderat vertreten. Zeitweise wurde<br />

dabei sogar der stellvertretende Bürgermeister (Andreas Schäfer als 2. Bürgermeist-<br />

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er, Gerhard Fischer als 3. Bürgermeister) gestellt. Im derzeit amtierenden Gemeinderat<br />

mit seinen 20 Mitgliedern sitzen der langjährige Ortsreferent Paul Küthe sowie die<br />

aktiven Beamten Klemens Wolf und Gerhard Fischer. Weitere zwei Ratsmitglieder<br />

sind Angehörige von Beschäftigten des <strong>BGS</strong>.<br />

Ausfluss der gewachsenen Verbindung zwischen Gemeinde und Bundesgrenzschutz<br />

ist auch die Tatsache, dass der <strong>BGS</strong> in allen Ebenen präsent ist. Sei es, wie vorstehend<br />

beschrieben, im kommunalen Bereich, bei gemeindlichen Veranstaltungen<br />

wie z.B. den Bürgerversammlungen, dem Gemeindefeuerwehrtag, der Sportlerehrung<br />

oder –mit einem Ausstellungsbeitrag- an den <strong>Oerlenbach</strong>er Kulturtagen. Ein<br />

weiteres Ergebnis der intensiven Zusammenarbeit, die sich allerdings erst nach der<br />

Umwandlung zum Aus- und Fortbildungszentrum ergeben hat, sind die<br />

„<strong>Oerlenbach</strong>er Gespräche„ anlässlich des Verfassungstages, die Dank der Beziehungen<br />

des <strong>BGS</strong> mit Referenten wie Bundespräsident a.D. Roman Herzog im<br />

Jahr 2002 bereits zum vierten Mal stattfanden.<br />

Ein Blick in das Gästebuch der Gemeinde <strong>Oerlenbach</strong> belegt schnell, dass ein Großteil<br />

der hochgestellten Persönlichkeiten, die sich eingetragen haben, die politische<br />

Gemeinde auch aus Anlass eines Besuches beim <strong>BGS</strong> aufgesucht hat.<br />

5. Das Eintreten für den Bundesgrenzschutz<br />

Angesichts der hohen Sympathiewerte, die der Bundesgrenzschutz in der gesamten<br />

Gemeinde erlangt hat, nahm die Ortsbevölkerung auch an den Einsätzen des Grenzschutzes<br />

regen Anteil.<br />

Wegen des direkten Bezuges zum jeweiligen Einsatz, bei dem der Ehemann, der<br />

Vater oder vielleicht nur der Sportskamerad oder der Vorstand eines Vereins hinaus<br />

musste, war das politische Bewusstsein vielleicht etwas ausgeprägter als woanders.<br />

Noch heute in Erinnerung sind die Fahrten nach Wackersdorf, zur Startbahn West,<br />

zum Weltwirtschaftsgipfel und zu den Chaostagen, nach Gorleben und zu den<br />

Castor-Transporten. Und immer begleiteten die Beamten die Sorge, sie könnten<br />

angesichts der teilweise gewalttätigen Auseinandersetzungen verletzt nach Hause<br />

kommen.<br />

Mit der geänderten Aufgabenstellung insbesondere dem Wegfall der innerdeutschen<br />

Grenze und dem Abbau der Kontrollen an den EG-Binnengrenzen wurde 1991 die<br />

Reform I im Bundesgrenzschutz eingeleitet. Viele gaben die Hoffnung für <strong>Oerlenbach</strong><br />

als Grenzschutz-Standort auf. Innerhalb einer Woche gelang es in einer beispiellosen<br />

Unterschriftenaktion für den Erhalt des Standortes über ein Drittel der wahlberechtigten<br />

Bürger der Gemeinde zu gewinnen. Hätte man etwas mehr Zeit zur<br />

Verfügung gehabt, wäre eine Verdoppelung der Zahl der Unterschriften möglich gewesen.<br />

Ergänzend dazu wurde auf allen politischen Wegen versucht, <strong>Oerlenbach</strong> in<br />

seiner Besonderheit als Symbiose von Gemeinde und Bundesgrenzschutz herauszustellen,<br />

was letztendlich auch die Entscheidungsträger, damals noch in Bonn, überzeugte.<br />

<strong>Oerlenbach</strong> blieb erhalten. Der Einsatz hatte sich gelohnt.<br />

Wenige Jahre später, im Jahr 1994, löste die Aussage des damaligen Bundesinnenministers,<br />

dass es das Wesen der Grenzpolizei sei, an der Grenze zu sein und nicht<br />

mitten im Land, eine neue Schockwelle in <strong>Oerlenbach</strong> aus. Die Reform II des<br />

Bundesgrenzschutzes schien <strong>Oerlenbach</strong> als einen der 11 aufzulösenden Standorte<br />

- 18 -


von der Landkarte fegen zu wollen, da angesichts der „Fakten„ der Erhalt<br />

<strong>Oerlenbach</strong>s als Einsatzstandort unmöglich war, wollte man den „Reise-<strong>BGS</strong>„ vermeiden.<br />

Und wieder war es nicht nur der Wille der Beschäftigten, der Beamten, Angestellten<br />

und Arbeiter des <strong>BGS</strong>, sondern auch der Einsatz aller <strong>Oerlenbach</strong>er, die vertreten<br />

durch ihren Bürgermeister und Gemeinderäte, Landrat, Regierungspräsident und<br />

viele andere mehr alle Hebel in Bewegung setzten und das schier Unmögliche wahr<br />

machten: den Erhalt <strong>Oerlenbach</strong>s als <strong>BGS</strong>-Standort.<br />

An dieser Stelle sei auch auf die Hilfe und Unterstützung des damaligen<br />

Parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesministerium des Innern, Herrn Eduard<br />

Lintner, hingewiesen, der sicherlich maßgeblichen Anteil an der Entscheidung pro<br />

<strong>Oerlenbach</strong> trägt.<br />

Einen großen Wermutstropfen hatte jedoch diese Entscheidung, da <strong>Oerlenbach</strong> nicht<br />

als Einsatzstandort zu halten war, sondern zum Aus- und Fortbildungszentrum des<br />

Grenzschutzpräsidium Süd bestimmt wurde. Wegen dieser gänzlich anderen<br />

Organisation mussten sehr viele der ansässigen Beamten plötzlich von <strong>Oerlenbach</strong><br />

weg, nur wenige konnten in den Betrieb der Aus- und Fortbildung integriert werden.<br />

Bis zum heutigen Tag gibt es eine Reihe von <strong>BGS</strong>-Beamten, die nach auswärts zum<br />

Dienst pendeln.<br />

Dem Stamm an Verwaltungspersonal folgte überwiegend von auswärts Lehrpersonal,<br />

von denen ein Großteil bis heute noch aus dem Coburger Land nach <strong>Oerlenbach</strong><br />

einpendelt. Hinzu kommen viele junge Männer und Frauen, die im mittleren und gehobenen<br />

Polizeivollzugsdienst für zwei bzw. drei Jahre in <strong>Oerlenbach</strong> bleiben und<br />

danach woanders hin versetzt werden.<br />

Wie sich dieser grundlegende Wandel auf <strong>Oerlenbach</strong> dauerhaft auswirkt, bleibt<br />

abzuwarten.<br />

Seitens der Gemeinde und des größten Teils der Einwohner besteht der Wunsch,<br />

den Standort des AFZ <strong>Oerlenbach</strong> nunmehr dauerhaft zu sichern. Jedes Steinchen,<br />

das mithilft, den Erhalt des Standorts zu festigen, wird verbaut. Neben den baulichen<br />

Maßnahmen des <strong>BGS</strong> selbst versucht die Gemeinde dies auch durch zeitgerechte<br />

Ausweisung von Sondergebietsflächen, auf denen der <strong>BGS</strong> sich erweitern kann, zu<br />

ermöglichen, wie dies konkret am Beispiel eines Geländes für das Einsatzfahrtraining<br />

zu sehen ist.<br />

Schlusswort<br />

Quo vadis, <strong>BGS</strong>? Eine Frage, die angesichts der positiven Erfahrungen, die 40 Jahre<br />

Bundesgrenzschutz in <strong>Oerlenbach</strong> rückblickend zeigen, für <strong>Oerlenbach</strong> eigentlich<br />

keine Frage ist.<br />

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