Sonderdruck - Schülke & Mayr
Sonderdruck - Schülke & Mayr
Sonderdruck - Schülke & Mayr
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
15. Jahrgang · Vogel Industrie Medien · www.process.de · B61189<br />
Aus der Forschung · Aus der Technik · Aus der Praxis<br />
www.process.de<br />
Betriebs-/Reinigungstechnik<br />
Reine<br />
Oberfläche<br />
Sieben häufige<br />
Fehlerquellen bei der<br />
Desinfektion<br />
Margarete Witt-Mäckel<br />
4/2008
Betriebs-/Reinigungstechnik<br />
Reine Oberfläche<br />
Sieben häufige Fehlerquellen bei der Desinfektion<br />
Desinfiziert und dennoch schlechte mikrobiologische Werte?<br />
Wenn Sie dieses Problem kennen, sollten Sie den Beitrag lesen. Sieben einfache Grundregeln<br />
helfen nämlich bei der wirkungsvollen Desinfektion.<br />
MARGARETE WITT-MÄCKEL<br />
Problemzone Leitung: Für eine<br />
gründliche Desinfektion müssen<br />
Sprühschatten vermieden werden.<br />
Bilder: <strong>Schülke</strong> & <strong>Mayr</strong><br />
Immer die richtige<br />
Konzentration mit<br />
Dosiergeräten wie<br />
dem „dosit des“.<br />
Kennen Sie dieses Problem? Sie<br />
haben wie vorgeschrieben nach<br />
Beenden Ihrer Tätigkeiten alle Oberflächen<br />
desinfiziert und dennoch ergibt<br />
das mikrobiologische Monitoring<br />
schlechte Werte. Dafür gibt es einige<br />
Gründe. Oft scheinen diese unwesentlich<br />
zu sein und werden daher im Alltag<br />
übersehen. Zudem kumulieren<br />
verschiedene Ursachen häufig und<br />
verschlechtern das Ergebnis zusätzlich.<br />
Nachfolgend werden einige mögliche<br />
Fehler kurz beschrieben.<br />
Desinfektionsmittel<br />
1.<br />
Unbedingt die Desinfektionsmittel<br />
verwenden, die im Desinfektionsprogramm<br />
vorgegeben sind!<br />
Diese Desinfektionsmittel sind aufgrund<br />
verschiedener Kriterien ausgewählt<br />
und für geeignet befunden worden.<br />
Ein grundlegendes Auswahlkriterium<br />
ist die mikrobiologische Wirksamkeit.<br />
Aber auch Materialverträglichkeit,<br />
Wirtschaftlichkeit und<br />
anwendungstechnische Eigenschaften<br />
werden berücksichtigt. Für die Sterilbereiche<br />
gilt außerdem, dass die in<br />
diesen Bereichen verwendeten Desinfektionsmittel<br />
vor Gebrauch steril sein<br />
sollten.<br />
Konzentration<br />
2.<br />
Keine Schüttmethode, sondern<br />
Dosierhilfen oder Dosiergeräte<br />
benutzen! Desinfektionsprozesse sind<br />
wie alle chemischen Prozesse zeitabhängig<br />
und abhängig von der Menge<br />
an chemischen Angreifern. Damit ist<br />
die richtige Konzentration entscheidend<br />
für den Erfolg der Desinfektion:<br />
Bei zu niedriger Konzentration
kann es zu einer zeitlich begrenzten<br />
Anpassung (Adaption) einzelner Mikroorganismen<br />
und zu einem selektiven<br />
Wachstum unempfindlicherer<br />
Mikroorganismen kommen, die sich<br />
dann aufgrund fehlender Konkurrenzkeime<br />
besonders schnell vermehren.<br />
Eine Überdosierung ist dagegen<br />
unwirtschaftlich, kann zu toxikologischen<br />
Problemen für Personal und<br />
Umwelt, zu einer erhöhten Rückstandsgefahr<br />
und zu Materialschäden<br />
führen.<br />
Benetzung und<br />
Einwirkzeit<br />
3.<br />
Die gewünschte desinfizierende<br />
Wirkung kommt nur bei ausreichendem<br />
Kontakt zwischen den<br />
Wirkstoffen und den Mikroorganismen<br />
zustande. Voraussetzung dafür<br />
ist Wasser als Trägersubstanz und eine<br />
gleichmäßige und vollständige<br />
Benetzung der Oberfläche. Das bedeutet<br />
aber nicht, dass die Fläche<br />
„schwimmen“, d.h. pitschnass sein<br />
muss. Ein feuchter, gleichmäßiger<br />
Film ist ausreichend. Ebenso falsch<br />
ist die Annahme, dass die Fläche über<br />
die gesamte Einwirkzeit nass bleiben<br />
muss. Zwar unterstützt die Feuchtigkeit<br />
den Transport der Wirkstoffe in<br />
die Zelle, die chemischen Prozesse<br />
findet jedoch auch nach dem Abtrocknen<br />
statt, da die Wirkstoffe bereits<br />
am Wirkungsort sind. Grundsätzlich<br />
kann die desinfizierte Fläche<br />
nach dem Abtrocknen wieder begangen<br />
werden, auch wenn die Einwirkzeit<br />
noch nicht erreicht ist. Da der<br />
Abtötungsprozess nicht linear verläuft<br />
und nicht genau gesagt werden<br />
kann, zu welchem Zeitpunkt die<br />
Desinfektion abgeschlossen ist bzw.<br />
der gewünschte mikrobiologische<br />
Grenzwert erreicht wird, sollte in sensiblen<br />
Bereichen dennoch über eine<br />
Validierung bestätigt werden, wann<br />
und unter welchen Umständen der<br />
Raum wieder betreten werden darf.<br />
Ansonsten empfiehlt es sich, den<br />
Raum entsprechend der gewählten<br />
Einwirkzeit in Ruhe zu belassen.<br />
Temperatur<br />
4.<br />
Generell werden chemische Prozesse<br />
durch Temperaturerniedrigung<br />
verlangsamt und durch Temperaturerhöhung<br />
beschleunigt. Vor allem<br />
bei der Desinfektion von Kühlschränken<br />
oder -räumen sollte der Anwender<br />
Kältefehler von Desinfektionsmitteln<br />
beachten. Es empfiehlt sich in diesen<br />
Bereichen Produkte einzusetzen, deren<br />
Wirksamkeit bei niedrigen Temperaturen<br />
geprüft wurde. Auch die Wassertemperaturen<br />
beim Ansetzen einer<br />
Gebrauchslösung haben einen großen<br />
Einfluss auf die Stabilität des Desinfektionsmittels.<br />
Die Wirksamkeit wird<br />
bei höheren Wassertemperaturen durch<br />
eine Zersetzung der Wirkstoffe beeinträchtigt.<br />
Daher sollten Desinfektionsmittellösungen<br />
üblicherweise mit kaltem<br />
bis lauwarmem Wasser angesetzt<br />
werden.<br />
Wechselwirkungen<br />
5.<br />
Keine Reinigungs- und/oder<br />
Desinfektionsmittel mischen!<br />
Es entstehen z.B. zwischen anionischen<br />
Tensiden in Reinigungsmitteln und<br />
kationisch wirksamen Tensiden in<br />
Desinfektionsmitteln Wechselwirkungen,<br />
der so genannte Seifenfehler.<br />
Dieser führt nicht nur zu einer Aufhebung<br />
der Reinigungs- und Desinfektionswirkung,<br />
sondern auch zu Eintrübungen<br />
der Lösungen bis hin zu<br />
schwer löslichen Rückständen oder<br />
Belägen auf Flächen und in Geräten.<br />
Auch zwischen den Inhaltsstoffen von<br />
Desinfektionsmitteln kann es zu<br />
Wechselwirkungen kommen. Daher<br />
sollte bei einem Wechsel der Desinfektionsmittel<br />
eine Zwischenreinigung,<br />
z.B. mit klarem Wasser, erfolgen.<br />
Standzeit<br />
6.<br />
Grundsätzlich sollten keine Anbruchgebinde<br />
offen stehen gelassen<br />
werden, sondern direkt nach dem<br />
Abfüllen wieder geschlossen werden.<br />
Gebrauchslösungen sollten in gereinigten<br />
bzw. sterilen Behältern hergestellt<br />
und aufbewahrt werden. Nicht nur für<br />
ungeöffnete, geöffnete oder angebro-<br />
Betriebs-/Reinigungstechnik<br />
chene Originalgebinde, sondern auch<br />
für Gebrauchslösungen sind Angaben<br />
zur Haltbarkeit bzw. das Herstellungsdatum<br />
unerlässlich. Natürlich dürfen<br />
die Desinfektionsmittel über dieses<br />
Datum hinaus nicht mehr verwendet<br />
werden.<br />
Durchführung<br />
7.<br />
Immer sorgfältig arbeiten! Nur,<br />
wenn die Desinfektionsmittelwirkstoffe<br />
überall vor Ort sind, können<br />
sie die Keime effektiv angreifen.<br />
Die Folgen wären sonst entweder gar<br />
keine Abtötung oder eine Adaption<br />
und Selektion einzelner Mikroorganismen.<br />
Sorgfältig arbeiten bedeutet<br />
beispielsweise kein Rundwischen von<br />
Ecken bei der Flächendesinfektion<br />
und das Achten auf schlecht zu desinfizierende<br />
Bereiche wie Ventile, Flanschen,<br />
Leitungen, Pumpen, Membrane,<br />
Dichtungen und auf flexible Teile.<br />
Denn dort verstecken sich die Mikroorganismen<br />
besonders gern.<br />
Viel hilft viel, sagt man, aber nicht<br />
immer ist dieser Leitsatz richtig. So<br />
führen bei der Sprühdesinfektion zu<br />
hohe Aufbringungsraten anstelle eines<br />
feinen Sprühnebels nicht zu der gewünschten<br />
flächendeckenden Benetzung.<br />
Sprühschatten, d.h. Bereiche,<br />
die nicht vom Sprühdesinfektionsmittel<br />
erreicht werden, sind ebenfalls zu<br />
vermeiden. Wesentlich effektiver ist<br />
außerdem die Kombination von Sprühen<br />
und Wischen. Luftbläschen bei<br />
der Tauchdesinfektion, etwa bei der<br />
Desinfektion von Schläuchen, verhindern,<br />
dass das Desinfektionsmittel<br />
überall wirken kann. Keime können<br />
daher auch hier den Prozess überleben<br />
und sich vermehren. Daher gilt beim<br />
Eintauchen ebenfalls: alle Bereiche,<br />
auch die Hohlräume, müssen vom<br />
Desinfektionsmittel benetzt werden.<br />
Abschließend lässt sich sagen: Desinfizieren<br />
ist eigentlich ganz einfach.<br />
Vorausgesetzt man beachtet einige<br />
wichtige Grundregeln. Unterstützung<br />
bietet ein kompetenter Partner<br />
oder ein Experte für Desinfektionsmittel.<br />
n