Aus der Geschichte der Kohlhäuser Schule im alten Zoll- und ...
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<strong>Aus</strong> <strong>der</strong> <strong>Geschichte</strong> <strong>der</strong> <strong>Kohlhäuser</strong> <strong>Schule</strong> <strong>im</strong> <strong>alten</strong> <strong>Zoll</strong>- <strong>und</strong> Chausseehaus<br />
Historische Entscheidung <strong>im</strong> Jahr 1867<br />
Im Jahr 1867 wurde unter Einbeziehung einiger bisher bayrischer <strong>und</strong> hessen-<br />
darmstädtischer Gebiete nicht nur <strong>der</strong> Regierungsbezirk Kassel errichtet, son<strong>der</strong>n<br />
auch die Gemeinden Kohlhaus <strong>und</strong> Bronnzell schrieben <strong>Geschichte</strong> <strong>und</strong> trennten sich<br />
vom Schulverband Florenberg. In <strong>der</strong> <strong>alten</strong> <strong>Schule</strong> neben <strong>der</strong> Kirche wurden in enger<br />
Anbindung an die Pfarrei zu dieser Zeit nicht nur die <strong>Kohlhäuser</strong> u. Bronnzeller Kin<strong>der</strong>,<br />
son<strong>der</strong>n auch noch 126 Schüler aus den Ortschaften Pilgerzell, Engelhelms <strong>und</strong><br />
Edelzell unterrichtet.<br />
In den beengten Räumlichkeiten nur eines Schulsaales war auch <strong>im</strong> Schichtbetrieb ein<br />
vernünftiger Unterricht nicht mehr gewährleistet; außerdem war für die Kin<strong>der</strong> aus den<br />
beiden Dörfern <strong>der</strong> lange Schulweg schon eine Zumutung. Deshalb erwarben die beiden<br />
Gemeinden das an <strong>der</strong> Alten Frankfurt-Leipziger-Straße gegenüber <strong>der</strong> <strong>Kohlhäuser</strong><br />
Fulda-Brücke gelegene alte <strong>Zoll</strong>- <strong>und</strong> Chausseehaus vom Staat <strong>und</strong> richteten dort eine<br />
eigene <strong>Schule</strong> ein. Die Errichtung <strong>der</strong> eigenständigen <strong>Schule</strong> wurde aber nur unter <strong>der</strong><br />
Bedingung gestattet, dass die Gemeinden ihre jetzigen Beiträge zur Besoldung des<br />
Lehrers auf dem Florenberg so lange leisteten, wie dieser „<strong>im</strong> Amte bleibe“. Da die<br />
beiden Gemeinden diese Bedingungen akzeptierten, konnte nun <strong>der</strong> Schulbetrieb in<br />
Kohlhaus beginnen.<br />
Am 1. August 1867 zogen 40 Schüler aus Kohlhaus <strong>und</strong> Bronnzell in das neue<br />
Schulhaus ein <strong>und</strong> es entstand nicht nur ein schulischer, son<strong>der</strong>n auch kultureller<br />
Mittelpunkt über Generationen hinaus. Die neuen Räumlichkeiten <strong>und</strong> die kurzen<br />
Schulwege sowie die Möglichkeiten für das kulturelle Miteinan<strong>der</strong> dürfte nicht nur<br />
von den schulpflichtigen Kin<strong>der</strong>n positiv aufgenommen worden sein. In <strong>der</strong><br />
einklassigen <strong>Schule</strong> unterrichtete als 1. Lehrer Amand Kreis, gebürtig aus Kassel .<br />
Da die Schülerzahl am Ende des 1. Weltkrieges auf ca. 120 angewachsen war,<br />
wurde eine 2. Lehrerstelle eingerichtet. Bis zur Übernahme <strong>der</strong> Schulleitung am<br />
Beginn <strong>der</strong> NS-Zeit durch Lehrer Aloys Gollnick 1932 waren noch die Lehrer Sell,<br />
Jestädt, Anton Weber, Reith <strong>und</strong> Jehn an <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> tätig. Lehrer Gollnick hat<br />
offensichtlich dem Nationalsozialismus sehr nahe gestanden <strong>und</strong> ein 1942<br />
eingeschulter Zeitzeuge erinnert sich, dass die Schüler bei ihm als Erstes den<br />
„ordentlichen Deutschen Gruß“ gelernt haben. Als <strong>Aus</strong>gleich -aber wahrscheinlich<br />
auch mit persönl. Nachteilen verb<strong>und</strong>en- dürfte in dem Zweierteam hier <strong>der</strong><br />
parteilose Lehrer Erwin Jehn gewirkt haben, <strong>der</strong> <strong>im</strong> Erdgeschoss das 1.- 4.
Schuljahr unterrichtete; in dem Ober-geschoss-Saal fand <strong>der</strong> Unterricht für das 5.-<br />
8. Schuljahr durch Gollnick statt.<br />
Für die Bronnzeller Kin<strong>der</strong> endete die Ära ihrer Schulzeit in dem <strong>alten</strong> <strong>Zoll</strong>haus bereits<br />
mit Ende des Krieges. Mit dem Einmarsch <strong>der</strong> Amerikaner am 1. April 1945 kam es<br />
auch zum allgemeinen Zusammenbruch des Schulbetriebes <strong>im</strong> gesamten Umland <strong>und</strong><br />
praktisch zu „Son<strong>der</strong>ferien“ für die Schüler.<br />
Nachdem durch die Proklamation Nr. 2 <strong>der</strong> amerikanischen Besatzungsmacht vom 19.<br />
September 1945 das Land Großhessen (später durch die Verfassung in Hessen<br />
umgeän<strong>der</strong>t) geschaffen war, wurde <strong>im</strong> Oktober 1945 auch <strong>der</strong> allgemein ruhende<br />
Schulbetrieb wie<strong>der</strong> aufgenommen. Bronnzell hatte sich aus dem Schul-verb<strong>und</strong> gelöst<br />
<strong>und</strong> die Kin<strong>der</strong> wurden dort provisorisch zunächst <strong>im</strong> Jägerhaus unterrichtet. Für die<br />
Kohl-häuser Schüler blieb das <strong>Zoll</strong>haus jedoch bis zur Errichtung <strong>der</strong> neuen <strong>Schule</strong> <strong>im</strong><br />
Nov. 1955 erh<strong>alten</strong>.<br />
Gleich nach Kriegsende wurde auch mit <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> sogenannten Umerziehung <strong>und</strong><br />
mit <strong>der</strong> „Säuberung“ <strong>der</strong> <strong>Schule</strong>n von dem Einfluß des Nationalsozialismus begonnen.<br />
Nachdem Lehrer Gollnick nach <strong>der</strong> Ent-nazifizierung wie<strong>der</strong> für<br />
„beschäftigungswürdig“ erklärt war, unterrichtete er noch bis zu seiner Pensionierung<br />
<strong>im</strong> Nov. 1946; Vertretungslehrer waren die Herren Leinweber u. Petschenka. Dann<br />
übernahm <strong>der</strong> frühere Lehrer aus Edelzell Josef Weber die Schulleitung; ein Frl. Weiß<br />
war <strong>der</strong> <strong>Schule</strong> als sogenannte „Wan<strong>der</strong>lehrerin“ zugeteilt (für Sport u. Handarbeit bei<br />
den Mädchen).<br />
Erst 1949 durch die Einstellung <strong>der</strong> Junglehrerin Helene Gutberlet, die die Unterstufe<br />
unterrichtete, war wie<strong>der</strong> ein kontinuierlicher Unterricht möglich. Weber u. Gutberlet<br />
waren ein starkes Team <strong>und</strong> ihre pädagogische Arbeit wirkte sich befruchtend auf die<br />
Leistung <strong>der</strong> Schüler aus. Mit Freude aber auch mit etwas Wehmut siedelten die<br />
beiden Lehrer mit ihren Schülern <strong>im</strong> November 1955 in die neue <strong>Schule</strong> über; damit<br />
endete nach 88 Jahren die Ära des <strong>Kohlhäuser</strong> Schulbetriebs in dem Alten <strong>Zoll</strong>- <strong>und</strong><br />
Chausseehaus, nicht aber die Nutzung, da jetzt u. a. <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>garten eingerichtet<br />
wurde.<br />
Das endgültige <strong>Aus</strong> für das geschichtsträchtige Gebäude kam erst 1972. Im gleichen<br />
Zug mit <strong>der</strong> Errichtung des neuen Bürgerhauses -gilt auch heute noch als Blickfang für<br />
mo<strong>der</strong>ne Architektur- nach den Plänen von Architekt Erich Weber erfolgte <strong>der</strong><br />
Abbruch. Hier ist dem Hobbyfotograf Kurt Gutberlet (Ehemann <strong>der</strong> Lehrerin Gutberlet)<br />
nicht nur ein ausdrucksstarkes, son<strong>der</strong>n auch zeitgeschichtlich einmaliges Foto von<br />
historischem Wert gelungen. Im Hintergr<strong>und</strong> die eigenwillige Architektur des <strong>im</strong>
Entstehen befindlichen Bürgerhauses <strong>und</strong> <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>gr<strong>und</strong> das schon halb abgerissene<br />
alte <strong>Zoll</strong>haus; hier war <strong>der</strong> Fotograf zur richtigen Zeit am richtigen Ort <strong>und</strong> hat mit <strong>der</strong><br />
wie einem Profi eigenen Inspiration auf den <strong>Aus</strong>löser gedrückt.<br />
Fre<strong>und</strong>licherweise wurde dem Verfasser von den Töchtern <strong>der</strong> Eheleute Gutberlet das<br />
Fotomaterial zur Verfügung gestellt.<br />
Reinhold Nüchter