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Eine Frau, ein Busen: Laetitia Casta, französische ... - sundsundr.ch

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<strong>Eine</strong> <strong>Frau</strong>, <strong>ein</strong> <strong>Busen</strong>: <strong>Laetitia</strong> <strong>Casta</strong>, <strong>französis<strong>ch</strong>e</strong> Göttin<br />

DA S M AGA Z I N 6/2 0 1 0


BILD: STEEVE IUNCKER (VU, LAIF)<br />

CUP B<br />

Seit sie 13 ist, will Lea nur <strong>ein</strong>es: neue Brüste.<br />

Mehr denn je sehnen si<strong>ch</strong><br />

junge <strong>Frau</strong>en na<strong>ch</strong> dem perfekten <strong>Busen</strong>.<br />

VON ANDREA SCHAFROTH<br />

W<br />

enn irgendwo <strong>ein</strong> herrli<strong>ch</strong> praller <strong>Busen</strong> in Si<strong>ch</strong>t<br />

war, wenn nur s<strong>ch</strong>on dieses Wort fiel, bra<strong>ch</strong> Lea<br />

in Tränen aus. «<strong>Busen</strong>». — Jetzt geht es ihr besser,<br />

ihre Eltern haben unters<strong>ch</strong>rieben, sie darf si<strong>ch</strong> operieren<br />

lassen: Lea ist 17. Sie erhält zwei neue Brüste. Seit fast fünf Jahren<br />

wartet sie darauf. <strong>Eine</strong> Ewigkeit. Lea hat die Jahre, die<br />

Monate, die Tage gezählt.<br />

Es begann, als sie 13 war: Lea sah jüngere Mäd<strong>ch</strong>en mit<br />

grösseren Brüsten. Klar, ihre, aprikosengross mit spitzen Brustwarzen,<br />

konnten no<strong>ch</strong> wa<strong>ch</strong>sen, aber Lea glaubte ni<strong>ch</strong>t daran:<br />

Die Mutter und au<strong>ch</strong> die ältere S<strong>ch</strong>wester hatten kl<strong>ein</strong>e Brüste,<br />

sozusagen ni<strong>ch</strong>ts. Als sie 15 war, wurde Leas Problem zum<br />

Drama. Fast jeden Abend s<strong>ch</strong>rie und heulte sie am Familientis<strong>ch</strong>.<br />

Sie w<strong>ein</strong>te si<strong>ch</strong> in den S<strong>ch</strong>laf, sodass an man<strong>ch</strong>em Morgen<br />

die Augen zu Beulen anges<strong>ch</strong>wollen waren und sie die S<strong>ch</strong>ule<br />

sausen liess.<br />

Bahnhof Stadelhofen, Züri<strong>ch</strong>: Lea rennt na<strong>ch</strong> Feierabend<br />

die Rolltreppe zum Gleis ho<strong>ch</strong>, den iPod-Knopf im Ohr, die<br />

Gratiszeitung in der Hand. <strong>Eine</strong> ganz normale junge <strong>Frau</strong>, angehende<br />

kaufmännis<strong>ch</strong>e Angestellte im zweiten Lehrjahr. Lange<br />

B<strong>ein</strong>e, blondes Haar, <strong>ein</strong> rundes Gesi<strong>ch</strong>t mit Mandelaugen und<br />

vollen Lippen wie die von Scarlett Johansson. Sie trägt <strong>ein</strong>e<br />

transparente, s<strong>ch</strong>warze Bluse, darunter s<strong>ch</strong>immert <strong>ein</strong> pinkfarbenes<br />

T-Shirt. Ein S<strong>ch</strong>al verbirgt die Brustpartie.<br />

Lea s<strong>ch</strong>afft es gerade no<strong>ch</strong> auf die S-Bahn na<strong>ch</strong> Hause.<br />

Sie wohnt bei ihren Eltern, in <strong>ein</strong>er pastellfarbenen Siedlung<br />

im Zür<strong>ch</strong>er Oberland, mit Blick auf <strong>ein</strong>en Streifen See am<br />

Horizont. «Früher wäre i<strong>ch</strong> oft am liebsten unsi<strong>ch</strong>tbar gewesen.<br />

Da waren überall junge <strong>Frau</strong>en, denen <strong>ein</strong> ausges<strong>ch</strong>nittenes Top<br />

wie angegossen stand. Bei mir sah alles nur dumm aus.» Lea<br />

sitzt inzwis<strong>ch</strong>en zu Hause am Esstis<strong>ch</strong>. Neben ihr der Vater, er<br />

erzählt: «Als unsere To<strong>ch</strong>ter uns ans<strong>ch</strong>rie, sie halte es ni<strong>ch</strong>t mehr<br />

aus mit diesen Brüsten, sie müsse si<strong>ch</strong> operieren lassen, war das<br />

<strong>ein</strong> S<strong>ch</strong>reck. Aber wir sahen das Ausmass ihrer seelis<strong>ch</strong>en Krise<br />

und wollten helfen.» Die Eltern begleiteten Lea ins Kinderspital<br />

und zur <strong>Frau</strong>enärztin, sie bekam die Pille vers<strong>ch</strong>rieben, die das<br />

Wa<strong>ch</strong>stum ankurbeln sollte. Aber der <strong>Busen</strong> blieb kl<strong>ein</strong>. Die<br />

Eltern s<strong>ch</strong>ickten Lea zur Psy<strong>ch</strong>ologin. Die fragte sie, was sie so<br />

ma<strong>ch</strong>e in der Freizeit. Lea verstand k<strong>ein</strong> Wort. Sie hatte do<strong>ch</strong><br />

nur dieses <strong>ein</strong>e Problem: Brüste, die k<strong>ein</strong>e waren. Am Ende<br />

blieben die S<strong>ch</strong>önheits<strong>ch</strong>irurgen. Lea und ihre Eltern gingen<br />

von <strong>ein</strong>em zum nä<strong>ch</strong>sten, aber überall hiess es: viel zu jung!<br />

In den USA bekommen Teenager zum 16. Geburtstag Brüste<br />

wie Luftballons ges<strong>ch</strong>enkt. In der S<strong>ch</strong>weiz ist <strong>ein</strong> Mäd<strong>ch</strong>en,<br />

das wie Lea bereits mit 15 in der Praxis des S<strong>ch</strong>önheits<strong>ch</strong>irurgen<br />

sitzt, no<strong>ch</strong> die Ausnahme. Do<strong>ch</strong> au<strong>ch</strong> hier erwa<strong>ch</strong>t der Wuns<strong>ch</strong><br />

na<strong>ch</strong> operativer Optimierung früh: Laut <strong>ein</strong>er Studie von 2007<br />

hat <strong>ein</strong> Viertel der <strong>Frau</strong>en, die si<strong>ch</strong> operieren liessen, s<strong>ch</strong>on<br />

vor 20 daran geda<strong>ch</strong>t. Bei <strong>ein</strong>er Befragung in Deuts<strong>ch</strong>land<br />

gaben vierzig Prozent der Mäd<strong>ch</strong>en zwis<strong>ch</strong>en 9 und 14 Jahren<br />

an, sie würden si<strong>ch</strong> gerne Fett absaugen lassen, und zehn Prozent<br />

wüns<strong>ch</strong>ten si<strong>ch</strong> <strong>ein</strong>e Brustoperation. Es kommt vor, dass<br />

Freundinnen zwis<strong>ch</strong>en 20 und 30 si<strong>ch</strong> reihum die Brüste operieren<br />

lassen. Gerade jetzt, im Winter, lassen <strong>Frau</strong>en wieder an<br />

si<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>nipseln und stopfen, damit sie im Frühjahr parat sind:<br />

s<strong>ch</strong>lanker Körper, voller <strong>Busen</strong>.<br />

«Unser Verhältnis zum Körper wird te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>er», sagt<br />

Trendfors<strong>ch</strong>erin Karin Frick vom Gottlieb Duttweiler Institut.<br />

Viellei<strong>ch</strong>t stellen wir der<strong>ein</strong>st unsere Körper zusammen wie<br />

unser Outfit, na<strong>ch</strong> Lust und Laune, tragen den <strong>Busen</strong> mal gross<br />

wie <strong>ein</strong>e Bowlingkugel, mal kl<strong>ein</strong> wie <strong>ein</strong>en Pingpongball. Oder<br />

werfen no<strong>ch</strong> ras<strong>ch</strong> <strong>ein</strong>e Pille für phosphoreszierende Haut <strong>ein</strong>,<br />

bevor wir ins Na<strong>ch</strong>tleben ziehen. Je verfügbarer die Te<strong>ch</strong>niken<br />

zur Vers<strong>ch</strong>önerung werden, umso höher wird die ästhetis<strong>ch</strong>e<br />

Messlatte gelegt: <strong>Frau</strong>en mit grauen Strähnen sind so selten<br />

geworden wie Jugendli<strong>ch</strong>e mit Pickeln. Und weil inzwis<strong>ch</strong>en<br />

sämtli<strong>ch</strong>e jungen Gebisse mit ausgeklügelten Zahnkorrekturen<br />

aufs Hollywood-Perlweiss-Lä<strong>ch</strong>eln getrimmt werden, wirken<br />

krumme Zähne künftig no<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>räger. Der Forts<strong>ch</strong>ritt in der<br />

S<strong>ch</strong>önheitste<strong>ch</strong>nologie bringe mehr Mögli<strong>ch</strong>keiten, aber au<strong>ch</strong><br />

mehr Zwänge, sagt die österrei<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>e Soziologin Waltraud<br />

Pos<strong>ch</strong>: «Wir handeln individuell und vergessen, dass wir dabei<br />

immer die Norm mitdenken.»<br />

OBJEKT DER BEGIERDE<br />

Deshalb geistert der perfekte <strong>Busen</strong> so kollektiv wie nie zuvor in<br />

den Köpfen junger <strong>Frau</strong>en herum — als greifbares Objekt der<br />

Begierde. Wenn sie im Starbucks an ihrem Mac<strong>ch</strong>iato nippen,<br />

plaudern sie glei<strong>ch</strong>mütig über Brustvergrösserungen wie über<br />

die neusten Chucks oder die knackigen Ärs<strong>ch</strong>e vorbeigehender<br />

Männer oder Heidi Klums Topmodel-Show. Aufregung<br />

kommt viellei<strong>ch</strong>t auf, wenn sie die ganz neuen Trends der<br />

S<strong>ch</strong>önheits<strong>ch</strong>irurgie drannehmen: S<strong>ch</strong>amlippenverkl<strong>ein</strong>erung<br />

— «etwas für S<strong>ch</strong>lampen». Die Blei<strong>ch</strong>ung des Analberei<strong>ch</strong>s:<br />

«s<strong>ch</strong>wul». Und Implantate für strammere Waden und Pobacken?<br />

«Einfa<strong>ch</strong> nur p<strong>ein</strong>li<strong>ch</strong>.»<br />

Lea s<strong>ch</strong>aut in den Spiegel. Wie <strong>ein</strong> Gemälde hängt er in<br />

ihrem Zimmer quer an der Wand. Am Rahmen baumeln die<br />

wu<strong>ch</strong>tigen Ohrringe für den Ausgang. Lea wählt glitzernde<br />

DA S M AGA Z I N 6/2 0 1 0 29


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DA S M AGA Z I N 6/2 0 1 0<br />

Kreolen, dann reisst sie Kleider aus dem S<strong>ch</strong>rank, breitet sie auf<br />

dem Bett aus. In zwei Stunden geht sie an <strong>ein</strong>e Party. Sie wird<br />

ni<strong>ch</strong>t mit knallig rot ges<strong>ch</strong>minkten Lippen hingehen und au<strong>ch</strong><br />

ni<strong>ch</strong>t im hautengen Minirock. Lea steht auf Natürli<strong>ch</strong>keit, wie<br />

sie sagt. Aber au<strong>ch</strong> die will gestylt s<strong>ein</strong>: «I<strong>ch</strong> bin Perfektionistin,<br />

was mi<strong>ch</strong> selbst angeht.»<br />

Es sind ni<strong>ch</strong>t Mens<strong>ch</strong>en mit zerknitterten Gesi<strong>ch</strong>tern, die<br />

si<strong>ch</strong> operieren lassen, es sind die S<strong>ch</strong>önen, die s<strong>ch</strong>öner werden<br />

wollen. Unerbittli<strong>ch</strong> su<strong>ch</strong>en sie na<strong>ch</strong> <strong>ein</strong>em Makel, den ausser<br />

ihnen k<strong>ein</strong>er sieht. Gutes Aussehen ist für sie Pfli<strong>ch</strong>t — und<br />

au<strong>ch</strong> ihr Re<strong>ch</strong>t. Sie kennen die Bes<strong>ch</strong>affenheit ihres Äusseren bis<br />

ins kl<strong>ein</strong>ste Detail. Lea kneift si<strong>ch</strong> in die Wangen: «zu speckig».<br />

Aber s<strong>ch</strong>limm sei das ni<strong>ch</strong>t, s<strong>ch</strong>limm ist nur der <strong>Busen</strong>. Wegen<br />

des <strong>Busen</strong>s geht Lea seit Jahren in k<strong>ein</strong>e Badi mehr, oder nur,<br />

wenn es anders ni<strong>ch</strong>t geht: Sie behält dann <strong>ein</strong> T-Shirt an, zieht<br />

es kurz aus, falls sie ins Wasser muss, dana<strong>ch</strong> glei<strong>ch</strong> wieder an.<br />

Dabei, sagt ihre S<strong>ch</strong>önheits<strong>ch</strong>irurgin, liegen Leas Brüste<br />

k<strong>ein</strong>eswegs ausserhalb der normalen Bandbreite. Und Lea<br />

sagt: «Die Männer finden m<strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>en Brüste okay.» Aber<br />

sie würde nie zulassen, dass <strong>ein</strong>er ihren <strong>Busen</strong> berührt. Und sie<br />

weiss, sie ist ni<strong>ch</strong>t all<strong>ein</strong> mit ihrer S<strong>ch</strong>am. Man<strong>ch</strong>e Mäd<strong>ch</strong>en<br />

behalten wie Lea beim Sex den BH an, weil sie ihre Brüste für<br />

unzumutbar kl<strong>ein</strong> halten. Es gibt andere Mäd<strong>ch</strong>en, mit Brüsten<br />

wie Wassermelonen, die betteln s<strong>ch</strong>on mit 14 darum, sie verkl<strong>ein</strong>ern<br />

zu dürfen. Weil die Männer ihnen nie in die Augen<br />

sehen würden.<br />

Wie Brüste auszusehen haben, ist ihnen allen klar: Cup<br />

B, s<strong>ch</strong>ön gefüllt. Der <strong>Busen</strong> ist <strong>ein</strong>e Frage der Körb<strong>ch</strong>engrösse<br />

geworden — mit nationalen Varianten. In Frankrei<strong>ch</strong><br />

sind Männer auf den Hintern fixiert, dort tuts vorne au<strong>ch</strong> <strong>ein</strong><br />

satt gefülltes A. S<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> sind Brüste, evolutionsbiologis<strong>ch</strong><br />

gesehen, ohnehin nur auf die Vorderseite der <strong>Frau</strong> geratene<br />

Pobacken, die der aufre<strong>ch</strong>te Gang des Mens<strong>ch</strong>en als neue sexuelle<br />

Locksignale erforderli<strong>ch</strong> ma<strong>ch</strong>te (sagt Desmond Morris).<br />

Im übrigen Europa soll die Oberweite grösser s<strong>ein</strong>, eben Cup<br />

B, aber ni<strong>ch</strong>t so opulent wie in den USA: Dort, im Land der Big<br />

Macs, hat der <strong>Busen</strong> aus Cup C zu quellen. Mindestens.<br />

DER BH MACHT DEN BUSEN<br />

Lea trägt immer <strong>ein</strong>en BH. Es sind dicke Push-ups, die sie mit<br />

zusätzli<strong>ch</strong>en Kissen stopft. Mäd<strong>ch</strong>en kaufen si<strong>ch</strong> heute ihren<br />

ersten BH, sobald die Knospen spriessen. Denn der BH ma<strong>ch</strong>t<br />

den <strong>Busen</strong>: Er gibt den Brüsten diese volle Rundung, er drückt<br />

sie ho<strong>ch</strong> und zusammen, damit bei tiefem Auss<strong>ch</strong>nitt <strong>ein</strong> Tal<br />

zwis<strong>ch</strong>en Kugeln ers<strong>ch</strong><strong>ein</strong>t. Und er versteckt s<strong>ein</strong>e natürli<strong>ch</strong>e<br />

Form und die Brustwarzen, die si<strong>ch</strong> k<strong>ein</strong>esfalls abzei<strong>ch</strong>nen dürfen.<br />

Deshalb guckt der BH heute au<strong>ch</strong> unter luftigen Sommerkleidern<br />

hervor. Darum sind sogar Bikini-Oberteile gepolstert,<br />

deren Sinn <strong>ein</strong>st gerade darin bestand, unter <strong>ein</strong>em Hau<strong>ch</strong> von<br />

Stoff den <strong>Busen</strong> dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>immern zu lassen.<br />

<strong>Eine</strong> knappe Generation vor Lea sahen <strong>Frau</strong>en im BH in<br />

erster Linie <strong>ein</strong>e Art Gefängnis. Na<strong>ch</strong> 1968 verbannten sie ihn<br />

aus Protest gegen äussere Zwänge aus ihrer Garderobe. Sie entblössten<br />

ihre Brüste an Demonstrationen oder wus<strong>ch</strong>en oben<br />

ohne Autos. Sie zogen am Strand ihre Bikini-Oberteile aus oder<br />

rollten ihre Einteiler hinunter bis an die Hüfte. Unvorstellbar<br />

für Lea.<br />

Das Idealbild des <strong>Busen</strong>s ist so absolut wie historis<strong>ch</strong> relativ.<br />

St<strong>ein</strong>zeitmens<strong>ch</strong>en verehrten die Venus von Willendorf, der die<br />

Brüste bis zum Bau<strong>ch</strong>nabel herunterhingen. Die Grie<strong>ch</strong>en insze-


nierten Aphrodites Apfelbrüste<br />

als Symbol purer Erotik. Und<br />

während der Renaissance feierten<br />

die Maler ho<strong>ch</strong> gelegene,<br />

baumnussgrosse Brüste. Dank<br />

dem Korsett wurde der <strong>Busen</strong><br />

über die Jahrhunderte mal ho<strong>ch</strong>gedrückt,<br />

mal fla<strong>ch</strong>gepresst.<br />

Au<strong>ch</strong> andere te<strong>ch</strong>nis<strong>ch</strong>e Hilfsmittel<br />

verspra<strong>ch</strong>en Wunder, etwa<br />

der «Bust Developer», der Ende<br />

des 19. Jahrhunderts aufkam: <strong>ein</strong><br />

saugglockenartiges Gerät, das<br />

über die Brust gestülpt wurde<br />

und die Dur<strong>ch</strong>blutung fördern<br />

sollte, damit der <strong>Busen</strong> grösser,<br />

s<strong>ch</strong>öner, runder werde.<br />

Kl<strong>ein</strong>, gross, kl<strong>ein</strong> —<br />

we<strong>ch</strong>selhaft war die Ges<strong>ch</strong>i<strong>ch</strong>te<br />

des <strong>Busen</strong>s im letzten Jahrhundert.<br />

In den Zwanzigerjahren<br />

galt <strong>ein</strong>e androgyne Figur als<br />

s<strong>ch</strong>ön, und <strong>Frau</strong>en s<strong>ch</strong>nitten<br />

si<strong>ch</strong> in <strong>ein</strong>er emanzipatoris<strong>ch</strong>en<br />

Geste die Haare kurz. In<br />

den Se<strong>ch</strong>zigerjahren eroberte<br />

die spindeldürre fla<strong>ch</strong>brüstige<br />

Twiggy die Welt, Urmutter<br />

des anorektis<strong>ch</strong>en Topmodels.<br />

Aber dazwis<strong>ch</strong>en, in den Fünfzigerjahren, regierten die wollüstigen<br />

Kurven der Marilyn Monroe. Auf bunten Plakaten warben<br />

vollbusige Pin-up-Girls für Melonen. Ihre dicken Brüste in<br />

steifen, spitz auslaufenden Büstenhaltern wiesen stramm in die<br />

Horizontale.<br />

In jener Zeit war Nora Ephron so alt wie Lea heute. Die<br />

amerikanis<strong>ch</strong>e Drehbu<strong>ch</strong>autorin und Regisseurin von Hollywood-S<strong>ch</strong>lagern<br />

wie «When Harry Met Sally» breitet in <strong>ein</strong>em<br />

berühmt gewordenen Aufsatz von 1975 minutiös ihre an winzigen<br />

Brüsten leidende Teenagerseele aus. Es könnte au<strong>ch</strong> Lea<br />

s<strong>ein</strong>, die bes<strong>ch</strong>reibt, wie sehr ihr Badeanzüge <strong>ein</strong> Gräuel sind<br />

und wie verzweifelt sie ihre Büstenhalter ausstopft.<br />

«Die Männer finden<br />

m<strong>ein</strong>e kl<strong>ein</strong>en<br />

Brüste okay», sagt Lea.<br />

Aber nie würde<br />

sie zulassen, dass <strong>ein</strong>er<br />

ihren <strong>Busen</strong> berührt.<br />

DIFFUSE LEIDEN<br />

«Die Adoleszenz ist <strong>ein</strong>e Zeit der inneren Stürme», sagt Monika<br />

Gsell, Psy<strong>ch</strong>oanalytikerin in Züri<strong>ch</strong>, die si<strong>ch</strong> seit Jahren mit dem<br />

Thema S<strong>ch</strong>önheitsoperationen aus<strong>ein</strong>andersetzt. Es sei die Zeit<br />

diffuser Spannungen und Ängste, die mit aller Gewalt an die<br />

Oberflä<strong>ch</strong>e drängen. «Auf <strong>ein</strong>mal dreht si<strong>ch</strong> das ganze Denken<br />

und Fühlen um den <strong>ein</strong>en äusseren Makel. Da die Ursa<strong>ch</strong>en psy<strong>ch</strong>is<strong>ch</strong>er<br />

Probleme meist unbewusst sind, su<strong>ch</strong>en Mens<strong>ch</strong>en<br />

na<strong>ch</strong> <strong>ein</strong>er plausiblen Erklärung. Man mö<strong>ch</strong>te das Leiden fassbar<br />

und ras<strong>ch</strong> lösbar ma<strong>ch</strong>en.»<br />

Nora Ephron weiss das, fast nebenbei bemerkt sie, es sei ihr<br />

natürli<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>on klar, dass ihre Besessenheit damals letztli<strong>ch</strong> wenig<br />

mit ihren Brüsten zu tun gehabt habe. Denno<strong>ch</strong> besteht sie<br />

auf ihrer Obsession: K<strong>ein</strong> no<strong>ch</strong> so vernünftiges Argument habe<br />

je ihr unbändiges Verlangen na<strong>ch</strong> anderen Brüsten s<strong>ch</strong>mälern<br />

können. Au<strong>ch</strong> Lea s<strong>ch</strong>ert si<strong>ch</strong> ni<strong>ch</strong>t um Einwände. Sie sitzt endli<strong>ch</strong>,<br />

an diesem lang ersehnten Montagmorgen, im Vorberei-<br />

DA S M AGA Z I N 6/2 0 1 0 31<br />

Gewinnen Sie<br />

2 Karten<br />

Weltpremiere<br />

Tim Burton's<br />

Alice<br />

Wunderland<br />

25.2.10 in London inkl. Flug und Unterkunft in London<br />

Überna<strong>ch</strong>tung vom 25.2. — 26.2.2010 im Hotel Soho<br />

Oder je 25 x 2 Karten für die regulären Vorführungen<br />

in den s<strong>ch</strong>weizer Kinos<br />

� Teilnahme via email an: anja.buehlmann@tamedia.<strong>ch</strong><br />

Teilnahmes<strong>ch</strong>luss: 17.2.10 Die Preise werden unter allen Teilnahmen verlost. Teilnahmebere<strong>ch</strong>tigt<br />

sind alle in der S<strong>ch</strong>weiz wohnhaften Personen ab 18 Jahren. Tamedia-Mitarbeiter sind von der<br />

Verlosung ausgenommen. Die Gewinner werden direkt bena<strong>ch</strong>ri<strong>ch</strong>tigt. Es wird k<strong>ein</strong>e Korre-<br />

spondenz geführt. Die Preise können weder umgetaus<strong>ch</strong>t no<strong>ch</strong> in Bargeld umgewandelt werden.<br />

Es besteht k<strong>ein</strong> Kaufzwang. Der Re<strong>ch</strong>tsweg ist ausges<strong>ch</strong>lossen. © Disney<br />

zur<br />

von<br />

im


tungszimmer des Operationszentrums Zumikon: «Jemand,<br />

der zu dick ist, kann aufhören, si<strong>ch</strong> mit Chips vollzustopfen»,<br />

sagt sie, «i<strong>ch</strong> kann m<strong>ein</strong>e Brüste beim besten Willen ni<strong>ch</strong>t selbst<br />

grösser ma<strong>ch</strong>en.» Fast 10 000 Franken wird sie die Operation<br />

kosten, sie hat das Geld zusammengespart von ihrem kl<strong>ein</strong>en<br />

Lehrlingslohn und das Sparbü<strong>ch</strong>l<strong>ein</strong> mit dem Geld von Geburt<br />

bis Konfirmation geplündert: «Ein Kollege hat zu mir gesagt,<br />

für so viel Geld würde er si<strong>ch</strong> lieber <strong>ein</strong> s<strong>ch</strong>önes Motorrad<br />

kaufen, i<strong>ch</strong> kaufe mir jetzt halt die Lösung m<strong>ein</strong>es Problems.»<br />

Lea trägt <strong>ein</strong> weisses Operationshemd mit grauem Muster<br />

und graue Frottees<strong>ch</strong>lappen. Den BH, den getigerten, musste<br />

sie ausziehen. Ihre Ärztin wird no<strong>ch</strong> Markierungen auf die Haut<br />

zei<strong>ch</strong>nen für die Operation. Sie sitzt ihr gegenüber, lä<strong>ch</strong>elt<br />

Lea an. Dr. med. Cynthia Wolfensberger glei<strong>ch</strong>t mehr <strong>ein</strong>er<br />

Gospelsängerin, aber sie ist Fa<strong>ch</strong>ärztin für plastis<strong>ch</strong>e und ästhetis<strong>ch</strong>e<br />

Chirurgie. Ges<strong>ch</strong>ickt dreht, wendet und drückt sie <strong>ein</strong><br />

Silikonkissen in <strong>ein</strong>er Hand: «Es gibt runde Implantate, tropfenförmige,<br />

ho<strong>ch</strong>ovale und querovale, spitze, breite, extrafla<strong>ch</strong>e<br />

— und natürli<strong>ch</strong> alles in vers<strong>ch</strong>iedenen Grössen.» <strong>Eine</strong> halbe<br />

Stunde später liegt Lea im Operationssaal und s<strong>ch</strong>läft. In ihrem<br />

offenen Mund steckt <strong>ein</strong> Plastiks<strong>ch</strong>lau<strong>ch</strong>, die Fussnägel sind rot<br />

lackiert. Ihre Haut wird mit Desinfektionsmittel <strong>ein</strong>gerieben,<br />

sodass die Brustwarzen si<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die Kälte zu kl<strong>ein</strong>en Knoten<br />

zusammenziehen. Dann wird ihr Körper in grüne Papiertü<strong>ch</strong>er<br />

gepackt, nur die Brüste s<strong>ch</strong>auen hervor: zwei kl<strong>ein</strong>e Hügel,<br />

wohlgeformt und symmetris<strong>ch</strong>.<br />

Es gibt <strong>Frau</strong>enbrüste, die auf<strong>ein</strong>anderzukleben s<strong>ch</strong><strong>ein</strong>en,<br />

andere, die weit aus<strong>ein</strong>ander, besonders ho<strong>ch</strong>, tief oder vers<strong>ch</strong>oben<br />

liegen. Es gibt Hühnerbrüste und asymmetris<strong>ch</strong>e<br />

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Warzenhöfe oder Brustpaare, bei denen <strong>ein</strong>e Brust halb so<br />

gross ist wie die andere. Bei Marilyn Yalom, der Verfasserin<br />

des Standardwerks «A History of the Breast», klingt das s<strong>ch</strong>öner:<br />

«Die Brüste der <strong>Frau</strong>en s<strong>ch</strong>auen aus wie Zitronen, Oran-<br />

gen oder Grapefruits, wie Äpfel, Birnen und Melonen, wie<br />

Rüben und Auberginen.» Junge <strong>Frau</strong>en wie Lea wissen natürli<strong>ch</strong>,<br />

dass Bilder lügen können und Keira Knightleys perfek-<br />

ter <strong>Busen</strong> <strong>ein</strong>e Illusion aus dem Photoshop ist: Und do<strong>ch</strong><br />

für<strong>ch</strong>ten sie in ihrem tiefsten Innern, unter den wattierten BHs<br />

der anderen könnte si<strong>ch</strong> dieser surreale Barbie-<strong>Busen</strong> verstecken<br />

— voll, rund und brustwarzenlos —, der si<strong>ch</strong> dem Gesetz<br />

der S<strong>ch</strong>werkraft entzieht.<br />

Der <strong>Busen</strong> ist der wunde Punkt der <strong>Frau</strong>. Dort stülpen si<strong>ch</strong><br />

Unsi<strong>ch</strong>erheiten im weibli<strong>ch</strong>en Selbstverständnis, Zweifel und<br />

Ängste im Umgang mit dem anderen Ges<strong>ch</strong>le<strong>ch</strong>t quasi na<strong>ch</strong><br />

aussen. Er ist das <strong>ein</strong>zige Organ, bei dem man miterlebt, wie<br />

es wä<strong>ch</strong>st. «Brüste», s<strong>ch</strong>reibt Ephron in ihrem Aufsatz, «haben<br />

mehr mit <strong>Frau</strong>werden zu tun als alles andere.» Das Verhältnis<br />

der <strong>Frau</strong> zu ihrem <strong>Busen</strong> ist so intim wie fragil. Das hat au<strong>ch</strong> damit<br />

zu tun, dass er seit jeher als Projektionsflä<strong>ch</strong>e dient: Brüste<br />

sind ebenso zur <strong>ch</strong>ristli<strong>ch</strong>en Mystifizierung in der Darstellung<br />

der stillenden Maria geeignet wie zur Ankurbelung des Pornoges<strong>ch</strong>äfts.<br />

Die Brust steht als sprudelnde Mil<strong>ch</strong>quelle für Leben,<br />

sie ist aber au<strong>ch</strong> Herd tödli<strong>ch</strong>er Krebsges<strong>ch</strong>würe. Sie verkörpert<br />

Sex in all s<strong>ein</strong>en Facetten, steht aber au<strong>ch</strong> für Brutpflege und<br />

Mutterpfli<strong>ch</strong>ten.<br />

Do<strong>ch</strong> eigentli<strong>ch</strong> sitzt im <strong>Busen</strong> die weibli<strong>ch</strong>e Potenz.<br />

Davon zeugen die Brustfetis<strong>ch</strong>e früher Kulturen: vielbrüstige<br />

Gottheiten oder sol<strong>ch</strong>e mit grotesk überdimensionalen Brüs-<br />

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ten. Die alten Ägypter statteten sogar <strong>ein</strong>en männli<strong>ch</strong>en Gott<br />

mit Brüsten aus — God Hapi. Trotz all den späteren Ver<strong>ein</strong>nahmungen<br />

ist die Brust als Symbol weibli<strong>ch</strong>er Ma<strong>ch</strong>t den <strong>Frau</strong>en<br />

nie ganz abhandengekommen: 1969 trieben an der Frankfurter<br />

Universität Studentinnen den weltberühmten Philosophen<br />

Theodor W. Adorno in die Flu<strong>ch</strong>t — mit ihren nackten Brüsten.<br />

In den A<strong>ch</strong>tzigerjahren ma<strong>ch</strong>te das Pornostern<strong>ch</strong>en Cicciolina<br />

S<strong>ch</strong>lagzeilen, als es für das italienis<strong>ch</strong>e Parlament kandidierte<br />

und im Wahlkampf als Freiheitsstatue mit <strong>ein</strong>er entblössten<br />

Brust posierte. Und ni<strong>ch</strong>t so lange ists her, da s<strong>ch</strong>wappte <strong>ein</strong>e<br />

Welle freudiger Entrüstung dur<strong>ch</strong> die Medien: Angela Merkel,<br />

die Bundeskanzlerin, blies an <strong>ein</strong>em offiziellen Anlass zum ungewohnt<br />

weibli<strong>ch</strong>en Angriff — mit ihrem ebenso freizügigen<br />

wie proppevollen Décolleté.<br />

Es brutzelt, der Geru<strong>ch</strong> von versengtem Fleis<strong>ch</strong> zieht<br />

dur<strong>ch</strong> den Operationssaal. Das elektris<strong>ch</strong>e Messer s<strong>ch</strong>neidet<br />

<strong>ein</strong>e saubere Linie in die Brustfalte und verödet dabei die<br />

Äder<strong>ch</strong>en. Ohne zu bluten, klafft die Wunde. Cynthia Wolfensberger<br />

steckt ihre Finger hin<strong>ein</strong>. Mit ganzer Kraft s<strong>ch</strong>iebt sie<br />

Muskeln und Gewebe beiseite, dass die Brustdecke si<strong>ch</strong> wölbt<br />

und bewegt. Sie stopft <strong>ein</strong>e Plastikhülle ins Lo<strong>ch</strong> und pumpt sie<br />

auf. «Zu gross, ni<strong>ch</strong>t?», sagt sie zu ihren Helferinnen und lässt<br />

Luft ab. So. Sie entfernt die Pumpe, nimmt das Implantat der<br />

ri<strong>ch</strong>tigen Grösse aus der Kartons<strong>ch</strong>a<strong>ch</strong>tel, <strong>ein</strong> matt glänzendes<br />

Silikonkissen, Marke Nagor. Setzt es <strong>ein</strong>. Zunähen, zweite<br />

Brust, fertig. Na<strong>ch</strong> <strong>ein</strong>er Stunde recken si<strong>ch</strong> Leas Brüste in die<br />

Höhe. Zwei Matterhörner.<br />

Drei Monate später, Lea steht in der Praxis ihrer Ärztin<br />

und strei<strong>ch</strong>t si<strong>ch</strong> wie so oft ihren s<strong>ch</strong>räg geföhnten Pony aus der<br />

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Stirn: «Do<strong>ch</strong>, sie sind s<strong>ch</strong>ön geworden.» Damit <strong>Frau</strong> Wolfensberger<br />

kontrollieren kann, zieht Lea den Pulli ho<strong>ch</strong> und au<strong>ch</strong><br />

den BH, <strong>ein</strong>en roten mit s<strong>ch</strong>warzen Spitzen. Zwei Brüste<br />

tau<strong>ch</strong>en auf, fest und rund, darunter zwei f<strong>ein</strong>e rote Linien, die<br />

Narben. Na<strong>ch</strong> der Operation hat Lea zwei Tage lang gekotzt<br />

vom Narkosemittel, bevor sie ihren neuen <strong>Busen</strong> beguta<strong>ch</strong>ten<br />

konnte. Als sie dann mit den Fingern drüberfuhr, war er hart<br />

und taub. Aber inzwis<strong>ch</strong>en kann Lea wieder auf dem Bau<strong>ch</strong><br />

s<strong>ch</strong>lafen, und alles fühlt si<strong>ch</strong> an wie früher, nur <strong>ein</strong>fa<strong>ch</strong> grösser.<br />

Und das Leben, fühlt es si<strong>ch</strong> anders an? N<strong>ein</strong>, sagt Lea, es geht<br />

weiter, der Stress in der S<strong>ch</strong>ule, der Ausgang am Wo<strong>ch</strong>enende.<br />

Viellei<strong>ch</strong>t, sagt sie, sind es weniger die neuen Brüste selbst, die<br />

ihr Leben verändert haben, als das Wissen darum, ihren Körper<br />

verändern zu können. Aber jetzt sind sie da, und das ist gut.<br />

Klingt ni<strong>ch</strong>t <strong>ein</strong> leises Zögern aus diesem Satz? N<strong>ein</strong>. Nun ja,<br />

sie trägt no<strong>ch</strong> immer ihre alten BHs, immer no<strong>ch</strong> Cup A. Aber<br />

die Grösse passt zu ihr, das sagen alle. Nur für den Fall, dass sie<br />

mal wieder etwas ri<strong>ch</strong>ten lassen müsste — s<strong>ch</strong>liessli<strong>ch</strong> halten<br />

Implantate kaum <strong>ein</strong> Leben lang: «Dann würde i<strong>ch</strong> wohl <strong>ein</strong>e<br />

Nummer grösser wählen.» •<br />

Der Name des Mäd<strong>ch</strong>ens wurde geändert.<br />

ANDREA SCHAFROTH ist freie Journalistin in Züri<strong>ch</strong>.<br />

andrea.s<strong>ch</strong>afroth@bluewin.<strong>ch</strong>

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