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Obernsees - Geschichte des Ortes an der Grenze ... - Mistelgau

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Walter Tausendpfund:<br />

Zu Besuch im Atelier von Fritz Föttinger in <strong>Obernsees</strong><br />

Wer ihn bei sich daheim aufsuchen<br />

möchte, muss in <strong>Obernsees</strong> die Vor<strong>der</strong>e<br />

Dorfstraße <strong>an</strong> <strong>der</strong> Hausnummer<br />

12 verlassen und sich durch das schon<br />

etwas enge Gartentürchen in <strong>der</strong> überm<strong>an</strong>nshohen<br />

Hecke zwängen.<br />

Ein eigenes Reich<br />

D<strong>an</strong>n befindet er sich plötzlich in einer<br />

etwas <strong>an</strong><strong>der</strong>en Welt: Ein Garten öffnet<br />

den Blick auf ein in den 30er Jahren <strong>des</strong><br />

vorigen Jahrhun<strong>der</strong>ts bungalowartig erbautes<br />

Gebäude, dem m<strong>an</strong> nicht unbedingt<br />

<strong>an</strong>sieht, dass es ein ehemaliges<br />

Schulhaus ist. Hier im Garten herrscht<br />

pralles Wachstum vor: zahlreiche Blumen,<br />

halbhohes Gras, einige alte Bäume,<br />

üppige Büsche, dort <strong>an</strong> <strong>der</strong> Hausw<strong>an</strong>d<br />

einige Tomatenpfl<strong>an</strong>zen in Töpfen<br />

aufgereiht... Durch die Haustüre kommt<br />

m<strong>an</strong> in das Innere, das sich wie<strong>der</strong> in einige<br />

inein<strong>an</strong><strong>der</strong> übergehende Räume<br />

aufteilt: M<strong>an</strong> fühlt sich nicht wie in einem<br />

Labyrinth, schon eher wie in einem<br />

großen Schneckenhaus mit diversen<br />

Windungen.<br />

An den Wänden begegnet m<strong>an</strong> natürlich<br />

sofort vielen <strong>der</strong> so typischen<br />

Föttinger-Bil<strong>der</strong>: die bek<strong>an</strong>nten Kopfformen,<br />

die gedrungenen Körper, allein<br />

o<strong>der</strong> bei einem Haus, bei einer Blume ...<br />

und immer wie<strong>der</strong> die <strong>an</strong>sprechende<br />

durchgestaltete Farbigkeit, die fast<br />

schon klassisch wirkt. D<strong>an</strong>eben aber<br />

auch diverse neue Versuche: abstraktkonkrete<br />

L<strong>an</strong>dschaftsbil<strong>der</strong> - ein vielfältiges<br />

Spiel mit neuen Formen und<br />

Farben, zuweilen durchsetzt von wie<strong>der</strong>erkennbaren<br />

Geländeformationen<br />

z.B. aus Tüchersfeld. Im nächsten<br />

Raum hat er seine Staffelei, m<strong>an</strong> sieht<br />

die Spuren harter Arbeit, aber im Eck<br />

auch eine gemütlich-kuschelige Sitzecke<br />

am offenen Kamin, die auch vom<br />

Künstler selbst gestaltet wurde, <strong>an</strong> <strong>der</strong><br />

W<strong>an</strong>d eine bunte Reihe von Photo-<br />

8<br />

graphien: Sind es Freunde, beson<strong>der</strong>e<br />

Originale? ... Wohl von allem etwas.<br />

Dahinter noch ein weiterer Raum, eine<br />

Art Lager: <strong>an</strong> den Wänden zahlreiche<br />

verschiedene Bil<strong>der</strong>, in Schubladen<br />

viele Bil<strong>der</strong> und und und... Und über<br />

eine enge Holztreppe könnte m<strong>an</strong> auch<br />

noch in das entkernte wohlig eingerichtete<br />

Dachgeschoss gel<strong>an</strong>gen.<br />

Wir sind hier im g<strong>an</strong>z persönlichen<br />

Reich <strong>des</strong> Fritz Föttinger; hier spielen<br />

sich seine schöpferischen Prozesse zwischen<br />

den ersten vagen Intuitionen und<br />

dem späteren Ausgestalten ab. In diesem<br />

Ambiente entfaltet er sein Selbst.<br />

Seit 1988 betätigt sich <strong>der</strong> gelernte<br />

Volksschullehrer als freier Künstler. In<br />

diesem g<strong>an</strong>z persönlichen Laboratorium<br />

gestaltet er zumeist in Bil<strong>der</strong>n, aber<br />

auch in Keramiken o<strong>der</strong> sonstigen künstlerischen<br />

Ausdrucksformen die Quintessenz<br />

seiner augenblicklichen Lebenserkenntnisse.<br />

Beson<strong>der</strong>e Welterfahrung<br />

Diese Einsichten fokusieren um verschiedene<br />

Thematiken, die sich im<br />

Laufe <strong>der</strong> zurückliegenden Jahrzehnte<br />

beson<strong>der</strong>s aufdrängt haben. Auf diesen<br />

beson<strong>der</strong>en Reigen von thematischen<br />

Schwerpunkten sollte m<strong>an</strong> sich einlasssen,<br />

wenn m<strong>an</strong> den umtriebigen und<br />

vielschichtigen Künstler Fritz Föttinger<br />

näher kennenlernen will:<br />

So hat er als Lehrer schon von Berufs<br />

wegen viel mit den verschiedensten<br />

jungen Menschen und ihren Eltern zu<br />

tun gehabt, er lernte mit den Jahren die<br />

verschiedenen Variationen und Entwicklungsstadien<br />

kennen, studierte ihre<br />

sich ausprägenden Physiognomien,<br />

weiß in ihren Gesichtern zu lesen und<br />

erkennt in ihnen die unterschiedlichsten<br />

Spuren früherer Erfahrungen o<strong>der</strong> mark<strong>an</strong>ter<br />

Erlebnisse. Fritz Föttinger spricht<br />

hiervon in seinen Portraits, die aus diesem<br />

Erleben heraus entst<strong>an</strong>den.<br />

Lässt m<strong>an</strong> sich auf diese Bil<strong>der</strong> näher<br />

ein, erkennt m<strong>an</strong>, daß es sich zumeist<br />

um sehr abgeklärte Menschen nicht genau<br />

bestimmbaren Alters, kaum jedoch<br />

exakter ausgeprägten Geschlechts, die<br />

mit riesigen Augen meist unbewegt den<br />

Betrachter fixieren o<strong>der</strong> in eine ewig<br />

weite Ferne blicken. Föttinger will hier<br />

das gelegentlich <strong>an</strong>zutreffende völlig<br />

naive, grundsätzliche und von Herzenkommende,<br />

vollkommen <strong>an</strong>gstfreie,<br />

unerschütterliche Vertrauen festhalten,<br />

das diese - sicherlich sehr seltenen -<br />

Individuen unserer Region zuweilen<br />

erkennen lassen.<br />

Diese für Fritz Föttingerso typischen<br />

Gestalten befinden sich in einer sehr<br />

schlichten, eher kargen, aber oft doch<br />

recht vielfarbigen Umgebung, die herrlich<br />

schön zu sein scheint, auch wenn<br />

sie sich kaum konkretisieren läßt. Diese<br />

in sich versunkenen Gesichter wurden<br />

für Fritz Föttinger sein unverkennbares<br />

Markenzeichen für viele Jahre.<br />

In zahlreichen Variationen konnte er sie<br />

gestalten, z.B. <strong>an</strong> Sonnenblumen, vor<br />

Ortssilhouetten, auf einer schlichten<br />

B<strong>an</strong>k o<strong>der</strong> einfach im freien Feld neben<br />

einem Pferd o<strong>der</strong> einer Kuh. Eine <strong>der</strong>artige<br />

Figur steht beispielsweise im Mitttelpunkt<br />

seiner kurzen Episode "Hollerbusch"<br />

in "Wegwarte“ (S. 24 f).<br />

Durch einst im Haus einquartierte<br />

Flüchtlinge aus Bosnien und die<br />

dadurch intensiv erfahrene Lebensaufgeschlossenheit<br />

konnten diese so<br />

eigenartigen Föttingerschen Individuen<br />

auch zu Musik<strong>an</strong>ten o<strong>der</strong> Tänzern werden.<br />

Einige afrik<strong>an</strong>ische Masken mit<br />

schrillen Gesichtsfratzen haben Freunde<br />

aus Nigeria und dem Kongo zurückgelassen.

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