Marfan-Syndrom - Genetikzentrum
Marfan-Syndrom - Genetikzentrum
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Was geschieht in der<br />
genetischen Beratung?<br />
Zu einer genetischen Beratung gehören<br />
� die Familiengeschichte<br />
� die Erstellung eines Stammbaums<br />
� das Heranziehen von Labordaten und Berichten<br />
über Ergebnisse von Spezialuntersuchungen<br />
von Ärzten anderer Disziplinen<br />
� Literaturstudien, z.B. bei seltenen erblichen<br />
Erkrankungen oder bei Fehlbildungen<br />
� Abklärung individueller Risiken und der genetischen<br />
Disposition des Ratsuchenden<br />
� Abklärung potentieller Risiken für das ungeborene<br />
Kind einer schwangeren Ratsuchenden<br />
bzw. Ermittlung des Wiederholungsrisikos<br />
� ein ausführliches, fachlich fundiertes und<br />
unter psychosozialen Gesichtspunkten geführtes<br />
Gespräch<br />
� Abbau von Unsicherheiten und Ängsten des<br />
Ratsuchenden<br />
� eine schriftliche Zusammenfassung der besprochenen<br />
Inhalte und Ergebnisse im<br />
Anschluss an die Beratung<br />
Hinweis:<br />
Soweit medizinisch indiziert, wird die Leistung<br />
einer genetischen Beratung von den gesetzlichen<br />
Krankenkassen übernommen.<br />
Die Untersuchung unterliegt nicht der<br />
Budgetierung.<br />
Kontaktdaten<br />
Praxisgemeinschaft für Laboratoriumsmedizin<br />
und Humangenetik<br />
Dr. med. Helena Jung<br />
Ärztin / Medizinische Genetik<br />
helena.jung@online.de<br />
Paul-Schallück-Straße 8<br />
D-50939 Köln<br />
Dr. rer. nat. Alexander Jung<br />
Arzt / Dipl.-Biologe<br />
drjung@online.de<br />
Tel.: 02 21 / 94 2013 - 0<br />
Fax: 02 21 / 94 2013 31<br />
Auf Wunsch senden wir Ihnen gern weiteres<br />
Informationsmaterial zu anderen Themen aus der<br />
Humangenetik zu.
Was ist das <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong>?<br />
Das <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> ist eine angeborene Schwäche des<br />
Bindegewebes. Der Name geht zurück auf den französischen<br />
Kinderarzt Antonin Bernard-Jean <strong>Marfan</strong> (1858-<br />
1941), der im Jahre 1896 als erster einige typische<br />
Merkmale des <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong>s beschrieb.<br />
Das Bindegewebe erfüllt zahlreiche und sehr unterschiedliche<br />
Funktionen. Es bildet das Gerüst aller Organe und<br />
gibt dem Körper Stabilität. Neben Zellen finden sich im<br />
Bindegewebe eine Grundsubstanz sowie verschiedenartige<br />
Fasern, die ihm Festigkeit und Elastizität verleihen. Die<br />
eigentlichen Bausteine dieser Fasern sind die so genannten<br />
Mikrofibrillen.<br />
Bei Menschen mit <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> bilden sich zu wenige<br />
und fehlerhafte Mikrofibrillen aus; dadurch wird das<br />
Bindegewebe schwach und kann seine wichtige Stütz- und<br />
Stabilisierungsaufgabe nicht ausreichend erfüllen. Da<br />
Bindegewebe nahezu überall im Körper vorkommt, kann<br />
sich das <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> auf ganz unterschiedliche Weise<br />
auswirken. Am häufigsten betroffenen sind Skelett, Herz<br />
und Blutgefäße, Augen, Lungen, Haut und Muskulatur.<br />
Kombination und Ausprägung der Merkmale und<br />
Symptome sind jedoch individuell verschieden.<br />
Einige Betroffene haben lange Zeit gar keine oder nur<br />
schwache Beschwerden, andere wiederum sind schon im<br />
Kindesalter stark körperlich beeinträchtigt. Eine von<br />
5.000 bis 10.000 Personen ist vom <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
betroffen, unabhängig vom Geschlecht.<br />
Das <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> ist nicht heilbar. Eine frühzeitige<br />
Diagnose und eine gut koordinierte medizinische<br />
Betreuung mit regelmäßigen Kontrolluntersuchungen<br />
sowie eine angepasste Lebensweise verbessern jedoch<br />
die Lebensqualität und tragen in vielen Fällen zu einer<br />
nahezu normalen Lebenserwartung bei.<br />
Die größte Gefahr und häufigste Todesursache beim<br />
<strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> stellt eine zu spät oder gar nicht behandelte<br />
Schädigung der Hauptschlagader dar. Dieses Risiko<br />
lässt sich mithilfe regelmäßiger Kontrolle des Herzens und<br />
der Blutgefäße und, je nach Umständen, mithilfe von<br />
Medikamenten oder einer vorbeugenden Operation vermindern.<br />
Die mit dem <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> verbundenen körperlichen<br />
Beeinträchtigungen stellen sowohl für die Betroffenen<br />
selbst als auch für deren Angehörigen häufig eine starke<br />
psychische Belastung dar. Diesem Aspekt gilt es ebenso<br />
große Aufmerksamkeit zu widmen wie den unmittelbaren<br />
körperlichen Folgen.<br />
Eine frühzeitige Diagnose ist also wichtig, um<br />
Komplikationen zu vorzubeugen oder zumindest zu verringern,<br />
damit die Lebensqualität der Betroffenen sowie derer<br />
Angehörigen nicht allzu stark beeinträchtigt wird.<br />
An der Behandlung und Therapie eines vom <strong>Marfan</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong> Betroffenen sind in der Regel verschiedene spezialisierte<br />
Stellen und Fachpersonen beteiligt.<br />
Genetik<br />
Genveränderungen (Mutationen) sind verantwortlich für<br />
die Schwächung des Bindegewebes beim <strong>Marfan</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>. Bislang sind verschiedene Gene bekannt, deren<br />
Mutation das <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> verursacht.<br />
Das wichtigste Gen ist das Fibrillin-1-Gen auf Chromosom<br />
15, doch auch andere Gene auf den Chromosomen 9 und<br />
3 können betroffen sein.<br />
Die dem <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> zugrunde liegende Genmutation<br />
wird autosomal-dominant vererbt bzw. tritt als Neumutation<br />
auf.<br />
Wie wird die Diagnose gestellt?<br />
Das <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> wird in der Regel klinisch, d. h.<br />
anhand von Symptomen, diagnostiziert, wobei das klinische<br />
Erscheinungsbild sehr unterschiedlich ist und von der<br />
schweren Ausprägung bereits im Säuglingsalter über den<br />
klassischen Typ bis hin zu äußerlich kaum erkennbaren<br />
Formen reichen kann.<br />
Es wurden Hauptkriterien und Nebenkriterien erarbeitet<br />
und im Rahmen der so genannten Genter Nosologie in<br />
Gruppen eingeteilt.<br />
Die Diagnosestellung im Kleinkindesalter, bei<br />
Jugendlichen oder jüngeren Erwachsenen ohne das typische<br />
Erscheinungsbild ist oft schwierig und unterliegt nicht<br />
selten Irrtümern. Es müssen deshalb auch andere<br />
Krankheitsbilder in Betracht gezogen werden, die einigen<br />
Symptomen des <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> ähneln, wie etwa das<br />
Ehlers-Danlos-<strong>Syndrom</strong> oder das Klinefelter-<strong>Syndrom</strong>.<br />
Die gesicherte Diagnose eines vermuteten <strong>Marfan</strong>-<br />
<strong>Syndrom</strong>s sowie Verlaufskontrollen und prophylaktische<br />
Maßnahmen sind wichtig, um Komplikationen in den<br />
betroffenen Organen vorzubeugen.<br />
Genetische Untersuchungen ermöglichen in vielen<br />
Fällen die Identifizierung einer bestimmten Mutation bei<br />
einer Person oder Familie. Ist die Mutation identifiziert,<br />
können Risikopersonen innerhalb einer Familie ausgeschlossen<br />
oder identifiziert werden. Die Genanalyse<br />
erfolgt am Blut oder anhand der DNA, die beispielsweise<br />
aus Schleimhautzellen gewonnen wird.<br />
Besonders wichtig ist eine genetische Untersuchung,<br />
wenn bekannt ist, dass einzelne Familienmitglieder vom<br />
<strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> betroffen sind und das <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong><br />
bei anderen Familienmitgliedern identifiziert oder ausgeschlossen<br />
werden muss, gegebenenfalls auch im<br />
Rahmen einer pränatalen Untersuchung, sofern ein<br />
Elternteil betroffen ist.<br />
Auch mit einer umfassenden klinischen Abklärung kann<br />
ein <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> nicht immer eindeutig identifiziert<br />
oder ausgeschlossen werden. In Beratungsgesprächen<br />
zeigt sich häufig, dass Betroffene erst auf vielen<br />
Umwegen zu einer eindeutigen Diagnose kamen.<br />
Eine Diagnose kann einerseits Erleichterung bringen<br />
sowie in Hinblick auf Versicherungsfragen oder im<br />
Zusammenhang mit der Familienplanung wichtig sein.<br />
Andererseits kann die Diagnose <strong>Marfan</strong>-<strong>Syndrom</strong> durchaus<br />
belasten, gerade weil es sich um eine erbliche<br />
Erkrankung handelt.<br />
Aus diesem Grund bieten wir Betroffenen und ihren<br />
Bezugspersonen neben einer genetischen Beratung und<br />
einer genetischen Diagnostik auch Informationen, eine<br />
individuelle Beratung sowie die Vermittlung zu Fachstellen<br />
und zu anderen Betroffenen (z.B. Selbsthilfegruppen) an.