Vorzeitige Kündigung eines Fertighaus-Vertrags - Kanzlei Dr. Käser
Vorzeitige Kündigung eines Fertighaus-Vertrags - Kanzlei Dr. Käser
Vorzeitige Kündigung eines Fertighaus-Vertrags - Kanzlei Dr. Käser
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RatgebeR Recht<br />
Hin und wieder kann es<br />
vorkommen, dass Käufer<br />
<strong>eines</strong> <strong>Fertighaus</strong>es ihren<br />
Vertrag kündigen wollen –<br />
zum Beispiel wegen nicht<br />
eingehaltener Absprachen<br />
oder Insolvenz des Hausherstellers.<br />
Unsere Experten<br />
erklären, was<br />
dabei zu beachten ist.<br />
<strong>Vorzeitige</strong><br />
<strong>Kündigung</strong> <strong>eines</strong><br />
<strong>Fertighaus</strong>-<strong>Vertrags</strong><br />
D<br />
er Vertrag über die Errichtung<br />
<strong>eines</strong> <strong>Fertighaus</strong>es<br />
ist bekanntlich<br />
ein Werkvertrag – auch wenn<br />
Elemente <strong>eines</strong> Kaufvertrages<br />
wegen der Bestandteile des<br />
Hauses enthalten sind. Bei der<br />
<strong>Kündigung</strong> des Vertrages enthält<br />
das Werkvertragsrecht eine<br />
Besonderheit. Der <strong>Fertighaus</strong>vertrag<br />
ist nämlich vom<br />
Besteller („Käufer“) jederzeit<br />
kündbar. Das wird als „freie<br />
<strong>Kündigung</strong>“ bezeichnet.<br />
Der Unternehmer („Verkäufer“)<br />
hat bei einer freien <strong>Kündigung</strong><br />
jedoch einen Anspruch<br />
auf die volle vereinbarte Vergütung.<br />
Er muss sich allerdings<br />
diejenigen Aufwendungen anrechnen<br />
lassen, die er durch<br />
die Aufhebung des Vertrages<br />
erspart. Über die Höhe dieses<br />
anzurechnenden Betrages gab<br />
es in der Praxis immer Streit.<br />
Hausbau 3/4 - 2010<br />
Denn der Unternehmer wollte<br />
sich natürlich möglichst wenig<br />
anrechnen lassen, während<br />
der Besteller des Hauses<br />
(„Käufer“) versuchte, den zu<br />
zahlenden (Rest-)Preis möglichst<br />
weit zu drücken.<br />
Das Forderungssicherungsgesetz<br />
führte Anfang 2009 eine<br />
ExpErtEn-rat<br />
Erleichterung für den Unternehmer<br />
ein. Diese gilt für alle Verträge,<br />
die nach dem 01.01.2009<br />
geschlossen wurden.<br />
Eine „Grundvergütung“<br />
fällt fast immer an<br />
Für vorzeitig und ohne wichtigen<br />
Anlass gekündigte Verträ-<br />
In jeder Ausgabe von Hausbau nehmen Rechtsanwälte der<br />
<strong>Kanzlei</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Käser</strong>, 70184 Stuttgart (www.kanzlei-dr-kaeser.de)<br />
Stellung zu aktuellen<br />
Themen des Bau-,<br />
Architekten- & Immobilienrechts.<br />
Die bundesweit<br />
tätige <strong>Kanzlei</strong> befasst<br />
sich außerdem<br />
noch mit weiteren<br />
Spezialgebieten.<br />
Rechtsanwalt <strong>Dr</strong>. jur. Hans-Martin <strong>Käser</strong> (l.)<br />
und RA <strong>Dr</strong>. jur. Olaf Kieschke (r.), beide <strong>Kanzlei</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Käser</strong>.<br />
ge gibt es nun eine gesetzliche<br />
Vermutung, wonach dem Unternehmer<br />
für den noch nicht<br />
erbrachten Teil der Werkleistung<br />
mindestens fünf Prozent<br />
der hierfür vereinbarten Vergütung<br />
zustehen. Sind also beispielsweise<br />
die Fliesenarbeiten<br />
in Bad und WC noch nicht<br />
erbracht und wird der Vertrag<br />
vorher gekündigt, stehen dem<br />
Unternehmer fünf Prozent der<br />
für die Fliesen vereinbarten<br />
Vergütung zu.<br />
Die gesetzliche Vermutung<br />
ist aber nicht unwiderlegbar.<br />
So kann es Fälle geben, in denen<br />
ein <strong>Fertighaus</strong>vertrag so<br />
früh gekündigt wird, dass der<br />
Unternehmer für einzelne Gewerke<br />
noch gar nicht disponieren<br />
und Kosten hierfür aufwenden<br />
musste. Dann bekommt er<br />
aber auch nicht die vermutete<br />
Vergütung.
Das Oberlandesgericht München<br />
hatte sich kürzlich mit einem<br />
<strong>Fertighaus</strong>vertrag zu befassen,<br />
bei dem es auf die Frage<br />
der Vergütung nach einer<br />
freien <strong>Kündigung</strong> ankam. In<br />
seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />
(AGB) hatte der<br />
<strong>Fertighaus</strong>hersteller geschrieben,<br />
bei einer freien <strong>Kündigung</strong><br />
des Bestellers verlange<br />
er einen pauschalierten Schadensersatz<br />
in Höhe von zehn<br />
Prozent aus dem vereinbarten<br />
Gesamtpreis.<br />
Das Gericht hielt diese Vereinbarung<br />
für wirksam (Beschluss<br />
vom 24.11.2009, Az.<br />
28 U 4325/09). Es ging dabei<br />
davon aus, dass die Erwerber<br />
trotz einer Abweichung von der<br />
gesetzlichen Grundvorstellung<br />
nicht unangemessenen benachteiligt<br />
seien. Damit folgte<br />
das Oberlandesgericht einer<br />
früheren Entscheidung des<br />
Bundesgerichtshofs, die allerdings<br />
noch zur alten Rechtslage<br />
erging.<br />
Wie immer: auch das<br />
Kleingedruckte lesen<br />
Für den Käufer <strong>eines</strong> <strong>Fertighaus</strong>es<br />
lohnt sich daher immer<br />
ein Blick in die Allgemeinen<br />
Geschäftsbedingungen und<br />
den Vertrag des Verkäufers,<br />
ob darin eine solche Regelung<br />
enthalten ist. Gegebenenfalls<br />
sollte man diese streichen. Die<br />
gesetzliche und widerlegbare<br />
Vermutung ist im Zweifel für<br />
den Besteller günstiger als eine<br />
unabänderlich vereinbarte<br />
Pauschalregelung.<br />
Darüber hinaus sollte der Besteller<br />
bei einer <strong>Kündigung</strong> aus<br />
einem – vermeintlich – wichtigen<br />
Grund klarstellen, ob die<br />
<strong>Kündigung</strong> auch als freie und<br />
damit grundlose <strong>Kündigung</strong><br />
gelten soll oder nicht. Steht<br />
dem Besteller des <strong>Fertighaus</strong>es<br />
ein wichtiger Grund für<br />
die <strong>Kündigung</strong> zu (beispiels-<br />
weise wegen nicht eingehaltener<br />
Absprachen oder Insolvenz<br />
des Hausherstellers), muss er<br />
nur die bis zum <strong>Kündigung</strong>szeitpunkt<br />
erbrachte Leistung<br />
bezahlen und darüber hinaus<br />
keine pauschalierte Vergütung<br />
leisten.<br />
Grund für die vorzeitige <strong>Kündigung</strong><br />
des Vertrages war in<br />
dem vom Oberlandesgericht<br />
München entschiedenen Fall<br />
übrigens, dass der von den<br />
Käufern unterzeichnete Vertrag<br />
eine andere Ausführung als<br />
das vorher von ihnen besichtigte<br />
Musterhaus vorsah. Die Käufer<br />
waren der Meinung, dass<br />
das besichtigte Musterhaus<br />
maßgeblich sei.<br />
Vorsicht bei nicht<br />
festgelegten Details<br />
Auch hier erteilte das Gericht<br />
ihnen aber einen Dämpfer: Der<br />
abgeschlossene Vertrag sei eindeutig.<br />
Im Prospekt des Hausherstellers<br />
waren mehrere Varianten<br />
des Hauses enthalten<br />
und der Vertrag sah eine ganz<br />
konkrete Ausführung vor. Die<br />
Käufer konnten nicht beweisen,<br />
dass ihnen der Verkäufer<br />
gerade die von ihnen besichtigte<br />
Variante zugesichert hatte.<br />
Wenn ein Erwerber aber etwas<br />
unterschreibt, das er nicht oder<br />
nur äußerst ungenau gelesen<br />
hat, muss er sich grundsätzlich<br />
daran festhalten lassen. Er sei<br />
dann bewusst ein Risiko eingegangen.<br />
Es gilt also: Vor Unterzeichnung<br />
des <strong>Fertighaus</strong>vertrages<br />
sollte man sich diesen und insbesondere<br />
die Leistungsbeschreibung<br />
genauestens ansehen.<br />
Man kann sich zwar jederzeit<br />
frei vom Vertrag lösen,<br />
muss dann aber gegebenenfalls<br />
die versprochene Vergütung<br />
zum großen Teil bezahlen,<br />
ohne das erträumte Haus zu<br />
bekommen. ❙ <strong>Dr</strong>. Kieschke<br />
Foto: Krauch; Anschriften Seite 112<br />
3/4 - 2010 Hausbau 59<br />
Fotos: Blind