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Vorzeitige Kündigung eines Fertighaus-Vertrags - Kanzlei Dr. Käser

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58<br />

RatgebeR Recht<br />

Hin und wieder kann es<br />

vorkommen, dass Käufer<br />

<strong>eines</strong> <strong>Fertighaus</strong>es ihren<br />

Vertrag kündigen wollen –<br />

zum Beispiel wegen nicht<br />

eingehaltener Absprachen<br />

oder Insolvenz des Hausherstellers.<br />

Unsere Experten<br />

erklären, was<br />

dabei zu beachten ist.<br />

<strong>Vorzeitige</strong><br />

<strong>Kündigung</strong> <strong>eines</strong><br />

<strong>Fertighaus</strong>-<strong>Vertrags</strong><br />

D<br />

er Vertrag über die Errichtung<br />

<strong>eines</strong> <strong>Fertighaus</strong>es<br />

ist bekanntlich<br />

ein Werkvertrag – auch wenn<br />

Elemente <strong>eines</strong> Kaufvertrages<br />

wegen der Bestandteile des<br />

Hauses enthalten sind. Bei der<br />

<strong>Kündigung</strong> des Vertrages enthält<br />

das Werkvertragsrecht eine<br />

Besonderheit. Der <strong>Fertighaus</strong>vertrag<br />

ist nämlich vom<br />

Besteller („Käufer“) jederzeit<br />

kündbar. Das wird als „freie<br />

<strong>Kündigung</strong>“ bezeichnet.<br />

Der Unternehmer („Verkäufer“)<br />

hat bei einer freien <strong>Kündigung</strong><br />

jedoch einen Anspruch<br />

auf die volle vereinbarte Vergütung.<br />

Er muss sich allerdings<br />

diejenigen Aufwendungen anrechnen<br />

lassen, die er durch<br />

die Aufhebung des Vertrages<br />

erspart. Über die Höhe dieses<br />

anzurechnenden Betrages gab<br />

es in der Praxis immer Streit.<br />

Hausbau 3/4 - 2010<br />

Denn der Unternehmer wollte<br />

sich natürlich möglichst wenig<br />

anrechnen lassen, während<br />

der Besteller des Hauses<br />

(„Käufer“) versuchte, den zu<br />

zahlenden (Rest-)Preis möglichst<br />

weit zu drücken.<br />

Das Forderungssicherungsgesetz<br />

führte Anfang 2009 eine<br />

ExpErtEn-rat<br />

Erleichterung für den Unternehmer<br />

ein. Diese gilt für alle Verträge,<br />

die nach dem 01.01.2009<br />

geschlossen wurden.<br />

Eine „Grundvergütung“<br />

fällt fast immer an<br />

Für vorzeitig und ohne wichtigen<br />

Anlass gekündigte Verträ-<br />

In jeder Ausgabe von Hausbau nehmen Rechtsanwälte der<br />

<strong>Kanzlei</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Käser</strong>, 70184 Stuttgart (www.kanzlei-dr-kaeser.de)<br />

Stellung zu aktuellen<br />

Themen des Bau-,<br />

Architekten- & Immobilienrechts.<br />

Die bundesweit<br />

tätige <strong>Kanzlei</strong> befasst<br />

sich außerdem<br />

noch mit weiteren<br />

Spezialgebieten.<br />

Rechtsanwalt <strong>Dr</strong>. jur. Hans-Martin <strong>Käser</strong> (l.)<br />

und RA <strong>Dr</strong>. jur. Olaf Kieschke (r.), beide <strong>Kanzlei</strong> <strong>Dr</strong>. <strong>Käser</strong>.<br />

ge gibt es nun eine gesetzliche<br />

Vermutung, wonach dem Unternehmer<br />

für den noch nicht<br />

erbrachten Teil der Werkleistung<br />

mindestens fünf Prozent<br />

der hierfür vereinbarten Vergütung<br />

zustehen. Sind also beispielsweise<br />

die Fliesenarbeiten<br />

in Bad und WC noch nicht<br />

erbracht und wird der Vertrag<br />

vorher gekündigt, stehen dem<br />

Unternehmer fünf Prozent der<br />

für die Fliesen vereinbarten<br />

Vergütung zu.<br />

Die gesetzliche Vermutung<br />

ist aber nicht unwiderlegbar.<br />

So kann es Fälle geben, in denen<br />

ein <strong>Fertighaus</strong>vertrag so<br />

früh gekündigt wird, dass der<br />

Unternehmer für einzelne Gewerke<br />

noch gar nicht disponieren<br />

und Kosten hierfür aufwenden<br />

musste. Dann bekommt er<br />

aber auch nicht die vermutete<br />

Vergütung.


Das Oberlandesgericht München<br />

hatte sich kürzlich mit einem<br />

<strong>Fertighaus</strong>vertrag zu befassen,<br />

bei dem es auf die Frage<br />

der Vergütung nach einer<br />

freien <strong>Kündigung</strong> ankam. In<br />

seine Allgemeinen Geschäftsbedingungen<br />

(AGB) hatte der<br />

<strong>Fertighaus</strong>hersteller geschrieben,<br />

bei einer freien <strong>Kündigung</strong><br />

des Bestellers verlange<br />

er einen pauschalierten Schadensersatz<br />

in Höhe von zehn<br />

Prozent aus dem vereinbarten<br />

Gesamtpreis.<br />

Das Gericht hielt diese Vereinbarung<br />

für wirksam (Beschluss<br />

vom 24.11.2009, Az.<br />

28 U 4325/09). Es ging dabei<br />

davon aus, dass die Erwerber<br />

trotz einer Abweichung von der<br />

gesetzlichen Grundvorstellung<br />

nicht unangemessenen benachteiligt<br />

seien. Damit folgte<br />

das Oberlandesgericht einer<br />

früheren Entscheidung des<br />

Bundesgerichtshofs, die allerdings<br />

noch zur alten Rechtslage<br />

erging.<br />

Wie immer: auch das<br />

Kleingedruckte lesen<br />

Für den Käufer <strong>eines</strong> <strong>Fertighaus</strong>es<br />

lohnt sich daher immer<br />

ein Blick in die Allgemeinen<br />

Geschäftsbedingungen und<br />

den Vertrag des Verkäufers,<br />

ob darin eine solche Regelung<br />

enthalten ist. Gegebenenfalls<br />

sollte man diese streichen. Die<br />

gesetzliche und widerlegbare<br />

Vermutung ist im Zweifel für<br />

den Besteller günstiger als eine<br />

unabänderlich vereinbarte<br />

Pauschalregelung.<br />

Darüber hinaus sollte der Besteller<br />

bei einer <strong>Kündigung</strong> aus<br />

einem – vermeintlich – wichtigen<br />

Grund klarstellen, ob die<br />

<strong>Kündigung</strong> auch als freie und<br />

damit grundlose <strong>Kündigung</strong><br />

gelten soll oder nicht. Steht<br />

dem Besteller des <strong>Fertighaus</strong>es<br />

ein wichtiger Grund für<br />

die <strong>Kündigung</strong> zu (beispiels-<br />

weise wegen nicht eingehaltener<br />

Absprachen oder Insolvenz<br />

des Hausherstellers), muss er<br />

nur die bis zum <strong>Kündigung</strong>szeitpunkt<br />

erbrachte Leistung<br />

bezahlen und darüber hinaus<br />

keine pauschalierte Vergütung<br />

leisten.<br />

Grund für die vorzeitige <strong>Kündigung</strong><br />

des Vertrages war in<br />

dem vom Oberlandesgericht<br />

München entschiedenen Fall<br />

übrigens, dass der von den<br />

Käufern unterzeichnete Vertrag<br />

eine andere Ausführung als<br />

das vorher von ihnen besichtigte<br />

Musterhaus vorsah. Die Käufer<br />

waren der Meinung, dass<br />

das besichtigte Musterhaus<br />

maßgeblich sei.<br />

Vorsicht bei nicht<br />

festgelegten Details<br />

Auch hier erteilte das Gericht<br />

ihnen aber einen Dämpfer: Der<br />

abgeschlossene Vertrag sei eindeutig.<br />

Im Prospekt des Hausherstellers<br />

waren mehrere Varianten<br />

des Hauses enthalten<br />

und der Vertrag sah eine ganz<br />

konkrete Ausführung vor. Die<br />

Käufer konnten nicht beweisen,<br />

dass ihnen der Verkäufer<br />

gerade die von ihnen besichtigte<br />

Variante zugesichert hatte.<br />

Wenn ein Erwerber aber etwas<br />

unterschreibt, das er nicht oder<br />

nur äußerst ungenau gelesen<br />

hat, muss er sich grundsätzlich<br />

daran festhalten lassen. Er sei<br />

dann bewusst ein Risiko eingegangen.<br />

Es gilt also: Vor Unterzeichnung<br />

des <strong>Fertighaus</strong>vertrages<br />

sollte man sich diesen und insbesondere<br />

die Leistungsbeschreibung<br />

genauestens ansehen.<br />

Man kann sich zwar jederzeit<br />

frei vom Vertrag lösen,<br />

muss dann aber gegebenenfalls<br />

die versprochene Vergütung<br />

zum großen Teil bezahlen,<br />

ohne das erträumte Haus zu<br />

bekommen. ❙ <strong>Dr</strong>. Kieschke<br />

Foto: Krauch; Anschriften Seite 112<br />

3/4 - 2010 Hausbau 59<br />

Fotos: Blind

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