Segeln in der Ostsee.pdf - fortgeblasen
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Schon früh morgens herrscht geschäftiges Treiben am Steg, Alfred und Anton packen die<br />
letzten D<strong>in</strong>ge <strong>in</strong> die Kiluha und wir werden fröhlich überrascht von den vielen<br />
Vere<strong>in</strong>smitglie<strong>der</strong>n, die bei uns vorbeischauen um sich zu verabschieden. Mit auslaufendem<br />
Wasser legen wir ab. Denn hier dreht sich alles um die Strömung, hier geht's nicht um den<br />
Zeitpunkt, den man gerne auslaufen möchte, hier geht's um den Zeitpunkt, zu <strong>der</strong> Tidenstrom<br />
e<strong>in</strong> Auslaufen zulässt. Und da <strong>der</strong> W<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>fach nicht mitspielen will, motoren wir neben<br />
Kiluha nach Bremerhaven. Der schrullige Hafenmeister aus Kärnten knöpft uns das Liegegeld<br />
ab und wir verbr<strong>in</strong>gen die halbe Nacht mit Rotwe<strong>in</strong> bei Alfred und Anton. Schwätzen über<br />
frühere Reisen, über neue Ziele und über den kommenden geme<strong>in</strong>samen Weg.<br />
Bremerhaven kommt dabei fast e<strong>in</strong> wenig zu kurz, denn schon kommenden Tag wollen wir<br />
unseren ersten richtigen Segelschlag machen. Wir wollen die e<strong>in</strong>zige deutsche Hochsee<strong>in</strong>sel<br />
ansteuern, e<strong>in</strong> guter Ort, um weitere Reisen über die Nordsee anzugehen, den Dieseltank<br />
auffüllen und zollfrei e<strong>in</strong>zukaufen. Zwar hatten wir geplant, erst e<strong>in</strong>mal kreuz und quer an <strong>der</strong><br />
Küste zu segeln und die vielversprechenden Orte an <strong>der</strong> deutschen Küste zu sehen, doch<br />
haben wir schnell e<strong>in</strong>sehen müssen, dass La Belle Epoque nicht ernsthaft das richtige Boot für<br />
solche Unterfangen ist. Durch ihren Tiefgang und unser Unwissen im Watt wäre es e<strong>in</strong>fach zu<br />
gefährlich, sich nicht an die betonten Fahrwasser <strong>der</strong> Küste zu halten. Gut und schön, aber<br />
zwischen den Tonnen lässt sich nur segeln, wenn auch <strong>der</strong> W<strong>in</strong>d von <strong>der</strong> richtigen Richtung<br />
kommt und weiterh<strong>in</strong> durch die Gegend motoren? Ne<strong>in</strong> danke, dann doch lieber raus <strong>in</strong>s freie<br />
Nordseewasser.<br />
Doch die Weser ist wohl an<strong>der</strong>er Me<strong>in</strong>ung! Der Wetterbericht hat zwar ke<strong>in</strong>e<br />
W<strong>in</strong>dwarnungen rausgegeben, doch Böen hallten sich nicht immer an den Wetterbericht und<br />
kaum den Steg verlassen türmen sich Wolkenfel<strong>der</strong> am Himmel. Alfred b<strong>in</strong>det wohlwissend<br />
e<strong>in</strong> Reff <strong>in</strong> se<strong>in</strong> Groß, wir segeln erst e<strong>in</strong>mal ohne Besan, immerh<strong>in</strong> segeln wir La Belle<br />
Epoque zum ersten Mal und man will ja nichts übertreiben. Gute Entscheidung, denn schon<br />
fällt e<strong>in</strong>e Böe über uns e<strong>in</strong> und La Belle kränkt unter ihrer viel zu vollen Gar<strong>der</strong>obe weg. Der<br />
W<strong>in</strong>d bläst uns auf die Nase und <strong>der</strong> Versuch, aus <strong>der</strong> Weser zu kommen wird zur Qual. Nee<br />
du, s<strong>in</strong>d wir den blöd? Wer hat gesagt, dass wir ausgerechnet heute nach Helgoland müssen?<br />
Die kle<strong>in</strong>e Insel wird doch wohl auf uns warten können und nicht <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zwischenzeit<br />
verschw<strong>in</strong>den. Die Entscheidung ist schnell getroffen und La Belle vollführt e<strong>in</strong>e Wende<br />
www.<strong>fortgeblasen</strong>.at<br />
Unser Leben unter Segel<br />
Texte von Claudia Kirchberger