Pokal der Blauen Schwerter
Pokal der Blauen Schwerter
Pokal der Blauen Schwerter
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SPORT 19<br />
FREITAG, 9. NOVEMBER 2012 SÄCHSISCHE ZEITUNG ||||||||||||||||||||||||||<br />
G<br />
Ein Neuanfang nach 20 Jahren<br />
Beim <strong>Pokal</strong> <strong>der</strong> <strong>Blauen</strong> <strong>Schwerter</strong> trafen sich die weltbesten Gewichtheber in Meißen. Der Neustart ist ausverkauft.<br />
Von Daniel Klein<br />
anz genau kann sich Thomas<br />
Faselt erinnern, wie er als Kind<br />
hinten in <strong>der</strong> Ecke am Kameraturm<br />
hing, damit er die Bühne besser sehen<br />
konnte. Reingeschlichen habe<br />
er sich manchmal in die Halle, weil<br />
man doch so schlecht Karten bekam,<br />
damals in Meißen beim <strong>Pokal</strong><br />
<strong>der</strong> <strong>Blauen</strong> <strong>Schwerter</strong>.<br />
Es gab einige Institutionen im<br />
DDR-Sport: Die Radler hatten ihre<br />
Friedensfahrt, die Boxer ihren Chemiepokal<br />
in Halle. Und die Gewichtheber<br />
den <strong>Pokal</strong> <strong>der</strong> <strong>Blauen</strong><br />
<strong>Schwerter</strong>. Alljährlich traf sich die<br />
Weltspitze an <strong>der</strong> Elbe. „Das war<br />
Kult“, sagt Faselt. Der Junge von damals<br />
ist inzwischen Bundestrainer<br />
<strong>der</strong> Gewichtheber-Frauen. Morgen<br />
schickt er seine Sportlerinnen nach<br />
Meißen – zur 22. Auflage.<br />
Die ist eine ganz beson<strong>der</strong>e, eine<br />
Wie<strong>der</strong>belebung nach 20-jähriger<br />
Pause. Nach <strong>der</strong> Wende hatte sich<br />
<strong>der</strong> einstige Namensgeber, die Manufaktur<br />
mit den gekreuzten<br />
<strong>Schwerter</strong>n, als Sponsor zurückgezogen.<br />
Die krachenden Gewichte<br />
und das zerbrechliche Edelporzellan<br />
passten nach Ansicht von Marketingexperten<br />
nicht so recht zusammen.<br />
Da <strong>der</strong> Name geschützt<br />
ist, durften ihn die Gewichtheber<br />
nicht mehr verwenden. „Der Name<br />
ist aber enorm wichtig“, sagt Christian<br />
Traudt. „Ohne ihn funktioniert<br />
das nicht.“<br />
Traudt muss es wissen. Seit den<br />
Anfängen in den 1970er-Jahren war<br />
er <strong>der</strong> Organisationschef und hat<br />
auch bei <strong>der</strong> Neuauflage wie<strong>der</strong> die<br />
Fäden in <strong>der</strong> Hand. „Nach <strong>der</strong> Wende<br />
haben wir das Turnier als Sachsenpokal<br />
fortgeführt, aber das war<br />
nicht das gleiche.“ Die <strong>Blauen</strong><br />
<strong>Schwerter</strong> sind ein Markenzeichen<br />
– auf Porzellan ebenso wie im Gewichtheben.<br />
„Nach den Olympischen<br />
Spielen war das <strong>der</strong> wichtigste<br />
Wettkampf“, sagt Traudt. Und<br />
�Das Publikum war<br />
fachkundig und lautstark.<br />
Eine Ansammlung verrückter<br />
Gleichgesinnter.<br />
Frank Mavius, Heber aus Dresden<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
das ist nicht einmal übertrieben.<br />
Die Teilnehmerliste ist eine Ansammlung<br />
von Olympiasiegern,<br />
Welt- und Europameistern.<br />
Frank Mavius war von 1974 bis<br />
1986 Stammgast in Meißen. „Die<br />
Atmosphäre in <strong>der</strong> vollgestopften<br />
Halle war unbeschreiblich“, erinnert<br />
sich <strong>der</strong> Vizeeuropameister<br />
von 1984. „Das Publikum war fachkundig<br />
und lautstark. Eine Ansammlung<br />
verrückter Gleichgesinnter,<br />
die bei uns Athleten für<br />
Gänsehaut gesorgt haben.“ 1972<br />
wurde die Halle extra für den <strong>Pokal</strong><br />
gebaut, 400 passten offiziell hinein.<br />
„Oft waren bis zu 500 drin“, sagt<br />
Traudt. In Meißen, so hieß es bald,<br />
würden die Wände mitheben.<br />
Der Sieger stand nach fünf Wettkämpfen<br />
und drei Tagen fest. Wer<br />
dem Weltrekord am nächsten gekommen<br />
war o<strong>der</strong> ihn gar verbessert<br />
hatte, bekam eine Porzellanva-<br />
Katharina Schwabe fehlt<br />
dem DSC gegen Münster,<br />
hinter Lisa Stocks Einsatz<br />
steht ein Fragezeichen. Das<br />
zwingt den Trainer zu<br />
neuen Gedankenspielen.<br />
Von Maik Schwert<br />
Vor dem morgigen<br />
Heimduell gegen den<br />
USC Münster gehen<br />
Alexan<strong>der</strong> Waibl die<br />
Spielerinnen aus. Der<br />
Cheftrainer vom Dresdner SC kann<br />
<strong>der</strong>zeit lediglich auf neun gesunde<br />
Volleyballerinnen zurückgreifen.<br />
Beson<strong>der</strong>s viele Ausfälle beklagt er<br />
in <strong>der</strong> Annahme – seit Dienstag<br />
auch den von Lisa Stock aufgrund<br />
einer Angina. Sie ließ sich gestern<br />
noch einmal durchchecken. Wenn<br />
die 18-Jährige heute nicht trainieren<br />
darf, dann kann sie morgen<br />
auch nicht spielen.<br />
„Ihr Einsatz am Sonnabend ist<br />
fraglich“, sagt Waibl. Wenn Stock<br />
ausfällt, „dann bleibt nicht viel übrig“.<br />
Eine Alternative heißt Frie<strong>der</strong>ike<br />
Thieme. Sie gehört zuden we-<br />
Der Dresdner<br />
Frank Mavius<br />
im Mai 1974<br />
bei seinem ersten<br />
Auftritt in<br />
Meißen (großes<br />
Foto). Gerd<br />
Bonk (unten)<br />
gewann ein<br />
Jahr zuvor als<br />
Gesamtsieger<br />
die Porzellanvase.<br />
Beide<br />
kommen morgen<br />
wie<strong>der</strong><br />
nach Meißen<br />
zur Neuauflage<br />
des Turnieres.<br />
Fotos: Volker Santrucek,<br />
Archiv Christian Traudt<br />
se mit Deckel. Aber auch für die Zuschauer<br />
gab es Andenken. Das fing<br />
schon bei den Eintrittskarten in<br />
Form einer Hantel an. Traudt und<br />
seine Mitstreiter ließen Handtücher,<br />
T-Shirts, Bierkrüge und Weinbecher<br />
mit dem Logo verzieren.<br />
Heute würde man es Merchandising<br />
nennen. Vor allem die Handtücher<br />
wurden Sammlerstücke – jedes<br />
Jahr in einer an<strong>der</strong>en Farbe.<br />
„Wenn ich jetzt im Urlaub an die<br />
Ostsee fahre, sehe ich sie manchmal<br />
noch immer fein säuberlich<br />
auf <strong>der</strong> Leine hängen“, erzählt <strong>der</strong><br />
68-jährige Traudt. „Die Qualität war<br />
offensichtlich ganz gut.“<br />
Das traf auch auf die Organisation<br />
zu. Die Sportler übernachteten<br />
in Dresdner Hotels, wurden umsorgt.<br />
„Die Empfänge oben auf <strong>der</strong><br />
Burg o<strong>der</strong> im Ratskeller waren legendär“,<br />
erinnert sich Mavius, <strong>der</strong><br />
jetzt bei einer Krankenkasse in<br />
Dresden arbeitet. „Ich musste mir<br />
damals mehrere Jackets kaufen wegen<br />
<strong>der</strong> vielen Schulterklopfer“,<br />
sagt Traudt. Eigentlich war er<br />
Sportlehrer, „aber <strong>der</strong> <strong>Pokal</strong> hat<br />
mich und meine Familie das gesamte<br />
Jahr beschäftigt“.<br />
Anekdoten aus <strong>der</strong> 20-jährigen<br />
Geschichte gibt es einige. Etwa vom<br />
Vorsitzenden des Rates des Kreises,<br />
<strong>der</strong> – leicht angeheitert – bei seiner<br />
Begrüßung auch die „lieben Ge-<br />
nigen Außenangreiferinnen, die<br />
auch die Annahme beherrschen. Lisa<br />
Izquierdo und Martina Utla, die<br />
an<strong>der</strong>en Schmetterkünstlerinnen,<br />
die Waibl noch zur Verfügung stehen,<br />
benötigt er zum Punkteholen.<br />
Denn seit gestern steht auch fest:<br />
Katharina Schwabe kehrt erst in<br />
ein, zwei Wochen ins Mannschaftstraining<br />
zurück. Sie knickte am Reformationstag<br />
zu Hause beim 3:2-<br />
Champions-League-Erfolg gegen<br />
Tauron MKS Dabrowa Gornicza mit<br />
dem Sprunggelenk um. Die 19-Jährige<br />
leidet seitdem wegen einer geprellten<br />
Kapsel unter extremen<br />
Schmerzen. Sie kann nur im Stand<br />
üben und muss behutsam gehen.<br />
Myrthe Schoot arbeitet seit<br />
Dienstag für vier Wochen in ihrer<br />
nie<strong>der</strong>ländischen Heimat „hart daran,<br />
so schnell wie möglich wie<strong>der</strong><br />
gesund zu werden“, sagt sie. Die<br />
24-Jährige verdrehte sich am Sonnabend<br />
beim 3:1-Bundesliga-Sieg bei<br />
den Roten Raben Vilsbiburg das<br />
Knie und erlitt einen glatten Riss<br />
im Innenmeniskus, den sie sich am<br />
Montag nähen ließ. Schoot fehlt bis<br />
Ende des Jahres. „Nach den vier<br />
Wochen in ihrer Heimat entscheiden<br />
wir, obsie gleich zurückkehrt<br />
wichtheberinnen“ ansprach. Das<br />
Problem: In den 1970er-Jahren gab<br />
es noch keine Frauen an den Hanteln.<br />
Wenige Wochen später musste<br />
er seinen Stuhl räumen.<br />
1977 gab es keinen Sieger, <strong>der</strong><br />
Wettkampf fiel das einzige Mal aus.<br />
„Es hatten sich kurzfristig ausländische<br />
Dopingkontrolleure angemeldet“,<br />
erinnert sich Traudt. „Das Risiko<br />
war zu hoch.“ Manfred Ewald,<br />
Der nächste Ausfall<br />
Katharina Schwabe greift<br />
diesmal nicht an. Foto: W. Wittchen<br />
o<strong>der</strong> noch zwei Wochen in den Nie<strong>der</strong>landen<br />
dranhängt“, sagt Waibl.<br />
„Es ist nicht einfach, mit all den<br />
Verletzungen zu leben. Wenn das<br />
so weiter geht, müssen wir den Be-<br />
oberster Sportfunktionär <strong>der</strong> DDR,<br />
blies alles ab. „Das Zurückorganisieren<br />
war fast schwieriger als das Organisieren“,<br />
sagt Traudt. Die SZ-Leser<br />
wurden damals nicht informiert<br />
– nicht über die Absage, erst<br />
recht nicht über den Grund. Erst im<br />
folgenden Jahr wurde wie<strong>der</strong> ausführlich<br />
über die siebente Auflage<br />
des Turnieres berichtet, dabei hatte<br />
es eine sechste nie gegeben.<br />
Nun also die 22. Dabei ist <strong>der</strong><br />
Neuanfang ein bescheidener. Statt<br />
60 kommen morgen 16 Gewichtheber<br />
nach Meißen, darunter fünf<br />
deutsche Meister. Es ist die nationale<br />
Elite, nicht mehr die internationale.<br />
Und <strong>der</strong> Prominenteste<br />
fehlt. Matthias Steiner ist<br />
<strong>der</strong>zeit verletzt, kommt<br />
aber auch nicht zu einer<br />
Diskussionsrunde. „Sein<br />
Management hat eine Gage<br />
verlangt, die unserem<br />
Gesamtetat<br />
entspricht“, verrät<br />
Traudt. Also 10 000<br />
Euro. „Schade,<br />
denn wir wollen<br />
mit <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>belebung<br />
des Turnie-<br />
Organisationschef Christian Traudt<br />
zeigt stolz den Siegerpokal aus<br />
Meissner Porzellan. Die Manufaktur<br />
erlaubte auch, den alten Namen wie<strong>der</strong><br />
zu verwenden. Foto: Jörg Richter<br />
trieb einstellen.“ Schließlich holte<br />
er Schoot in doppelter Mission: für<br />
die auch am Knie operierte Kerstin<br />
Tzscherlich und für die an <strong>der</strong><br />
Schulter operierte Anne Matthes.<br />
Tzscherlich beginnt jetzt mit einer<br />
sechs bis acht Wochen dauernden<br />
Spritzenkur, um den Zustand<br />
in ihrem seit dem Eingriff gereizten<br />
Knie zu verbessern. „Wenn das<br />
funktioniert, dann darf sie nächstes<br />
Jahr wie<strong>der</strong> ins Training einsteigen<br />
– falls nicht, rechne ich in dieser<br />
Saison auch nicht mehr mit ihr“,<br />
sagt Waibl. Bei Matthes klappt alles<br />
planmäßig. „Wenn es bei ihr so<br />
weiterläuft, dann kann sie bald wie<strong>der</strong><br />
spielen. Möglicherweise kehrt<br />
Anne bereits in <strong>der</strong> zweiten Dezemberhälfte<br />
ins Mannschaftstraining<br />
zurück“, sagt Waibl. Matthes’<br />
Comeback auf dem Spielfeld erwartet<br />
er im Januar.<br />
Ähnlich sieht es bei Laura Heyrman<br />
aus. Die Belgierin brach sich<br />
vor gut zwei Wochen bei <strong>der</strong> 1:3-<br />
Champions-League-Nie<strong>der</strong>lage bei<br />
Azerrail Baku den Mittelfußknochen<br />
an. „Diese Verletzung muss<br />
nun ausheilen. In gut einem Monat<br />
darf sie vielleicht schon wie<strong>der</strong> ins<br />
Mannschaftstraining einsteigen“,<br />
res auch Werbung für das Gewichtheben<br />
machen.“<br />
Den wichtigsten Sieg haben die<br />
Organisatoren aber bereits errungen.<br />
Die Manufaktur erlaubte nach<br />
einigen Verhandlungen, den Na-<br />
�Sein Management hat eine<br />
Gage verlangt, die unserem<br />
Gesamtetat entspricht.<br />
Organisationschef Christian Traudt<br />
über Matthias Steiner<br />
|||||||||||||||||||||||||||||||||||||<br />
men wie<strong>der</strong> zu verwenden. Und<br />
stiftete – gegen Zahlung eines symbolischen<br />
Preises – eine Vase mit<br />
<strong>Blauen</strong> <strong>Schwerter</strong>n. Fast so wie damals.<br />
Und auch die Zuschauer strömen<br />
wie<strong>der</strong>. Die 400 Karten sind<br />
verkauft, ganz ohne Werbung. „Die<br />
Leute fragen schon, ob es wie<strong>der</strong><br />
Handtücher gibt“, sagt Traudt.<br />
„Wenn unsere Athleten in geballter<br />
Form präsentiert werden, tut<br />
das unserer Sportart gut“, meint<br />
Bundestrainer Faselt. Und auch Mavius<br />
hofft, dass die 22. Auflage „keine<br />
Eintagsfliege bleibt. Der Erfolg<br />
<strong>der</strong> Veranstaltung steht und fällt<br />
mit <strong>der</strong> Attraktivität <strong>der</strong> Athleten.<br />
Und dies wie<strong>der</strong>um hängt am<br />
Geld“. Das weiß auch Traudt. Der<br />
Rentner wünscht sich, dass „wir irgendwann<br />
wie<strong>der</strong> die Weltspitze<br />
nach Meißen locken können“. So<br />
wie damals eben.<br />
sagt Waibl, <strong>der</strong> auf alle Fälle noch<br />
einmal auf dem Transfermarkt aktiv<br />
werden will: „Da tut sich in den<br />
nächsten ein, zwei Tagen was. Wir<br />
brauchen eine schnelle Lösung.“ Er<br />
denkt da mehr an die Duelle in <strong>der</strong><br />
Champions League und im <strong>Pokal</strong><br />
als an die Partien in <strong>der</strong> Bundesliga.<br />
Dort wartet mit Münster die bisher<br />
schwerste Aufgabe. Waibl bezeichnet<br />
diesen Gegner als Titelanwärter<br />
und befindet sich damit bei<br />
den Trainern in guter Gesellschaft.<br />
Auch Felix Koslowski vom VfB Suhl<br />
und Jan Lindenmair von Allianz<br />
MTV Stuttgart rechnen dieses Mal<br />
mit dem USC. „Sie haben in dieser<br />
Saison die zwei vielleicht besten<br />
Angreiferinnen <strong>der</strong> Liga in ihren<br />
Reihen“, sagt Koslowski. Er meint<br />
die Kroatin Hana Cutura und die<br />
Nie<strong>der</strong>län<strong>der</strong>in Lonneke Sloetjens.<br />
„Dem Team von Axel Büring ist es<br />
in den vergangenen Jahren mit einer<br />
sehr guten Einkaufspolitik gelungen,<br />
eine richtig gute Mannschaft<br />
zusammenzustellen“, sagt<br />
Lindenmair. Eine, die bereits in <strong>der</strong><br />
vorigen Spielzeit das Halbfinale erreichte<br />
und erst am DSC scheiterte.<br />
DresdnerSC–USC Münster Sa., 17.30<br />
Klitschko liebt<br />
das Gefühl, <strong>der</strong><br />
Stärkste zu sein<br />
Der Boxprofi beherrscht das<br />
Schwergewicht. Dennoch<br />
wird er mehr respektiert als<br />
verehrt. Morgen geht sein<br />
Kampf um die ganz große<br />
Anerkennung weiter.<br />
D<br />
Von Kristof Stühm<br />
as Monster aus Papier ist 54 Kilogramm<br />
schwer, 136 Zentimeter<br />
lang und 42 Zentimeter<br />
breit. Sogar die Klitschkos müssen<br />
zu zweit anpacken, um das Buch zu<br />
stemmen, das ihren Namen trägt.<br />
Auf 228 mit Gold veredelten Seiten<br />
erzählen die Box-Brü<strong>der</strong> von ihrem<br />
Aufstieg im Schwergewicht – ein<br />
Monument für 3 200 Euro in limitierter<br />
Auflage, das in einem Steinblock<br />
ausgeliefert wird. Jedes Regal<br />
wäre mit diesem Ungetüm auch<br />
überfor<strong>der</strong>t. Ein sehr großes Buch,<br />
mit dem die gebürtigen Ukrainer<br />
einmal mehr ihre Größe beweisen<br />
wollen. Aber wie groß sind sie wirklich?<br />
Beson<strong>der</strong>s Wladimir, <strong>der</strong> Jüngere,<br />
wird von den Experten noch<br />
immer kritisch beäugt. Zwar ist <strong>der</strong><br />
36-Jährige <strong>der</strong> Herrscher im<br />
Schwergewicht, trägt die Gürtel <strong>der</strong><br />
Weltverbände IBF, WBO, WBA und<br />
ist seit 2004 ungeschlagen. Trotzdem<br />
wird er mehr respektiert als<br />
verehrt. Auch in seinem 22. Titelduell<br />
morgen gegen Mariusz Wach<br />
fightet <strong>der</strong> Champion mehr um die<br />
große Anerkennung als gegen seinen<br />
Herausfor<strong>der</strong>er aus Polen.<br />
„Es wird ein brutaler, harter<br />
Kampf“, sagt Klitschko. Er versucht,<br />
vor dem Duell die Spannung<br />
hochzuhalten: „Ich unterschätze<br />
Wach keinesfalls.“ Ob <strong>der</strong> ungeschlagene,<br />
aber auch ungeprüfte<br />
Wach den Titelträger tatsächlich<br />
unter Druck setzen kann, darf bezweifelt<br />
werden. Gerade die vermeintliche<br />
Schwäche seiner Kontrahenten<br />
verhin<strong>der</strong>t Klitschkos<br />
Aufstieg in den Box-Olymp.<br />
Weicher Typ, langweiliger Stil<br />
„Er ist <strong>der</strong> Beste, weil nichts an<strong>der</strong>es<br />
da ist“, wird <strong>der</strong> ehemalige<br />
Weltmeister George Foreman nicht<br />
müde, zu behaupten. Klitschko habe<br />
seit „Jahren keine richtigen Konkurrenten“<br />
mehr gehabt. Beson<strong>der</strong>s<br />
in den USA, dem bedeutendsten<br />
Markt für alle Boxprofis, gilt<br />
Klitschko als zu weich und sein Stil<br />
als langweilig. Die Box-Bibel „Ring<br />
Magazine“ vergleicht ihn in <strong>der</strong><br />
neuesten Ausgabe mit zehn Helden<br />
von einst. Der Beitrag „Klitschko vs.<br />
The Legends“ lässt kein gutes Haar<br />
an ihm. Lediglich zwei virtuelle Duelle<br />
kann er gewinnen. Im Ring mit<br />
Joe Louis, Sonny Liston, Lennox Lewis<br />
und Foreman geht Klitschko<br />
K.o. Gegen Muhammad Ali, Joe Frazier,<br />
Larry Holmes und Mike Tyson<br />
schafft er es immerhin über die<br />
Runden und verliert nach Punkten.<br />
Klitschko lächelt nur über diese<br />
Vergleiche. Für ihn sind die Kritiker,<br />
die ihn verlieren sehen wollen,<br />
die größte Motivation: „Diese Menschen<br />
sind für mich <strong>der</strong> beste Ansporn.<br />
Ich bin denen nicht böse. Ich<br />
will, dass sie da sind.“ Nach seinen<br />
verheerenden Nie<strong>der</strong>lagen gegen<br />
Corrie San<strong>der</strong>s 2003 und Lamon<br />
Brewster 2004 hat er längst seine<br />
Mitte gefunden: „Ich weiß, dass ich<br />
gut bin. Aber ich weiß auch, dass<br />
ich noch besser sein kann, ich liebe<br />
dieses Gefühl, <strong>der</strong> Stärkste zu sein.<br />
Ich möchte noch sehr lange Boxweltmeister<br />
bleiben.“ Damit die<br />
Anerkennung irgendwann so groß<br />
wird wie sein Buch. (sid)<br />
TV-Tipp: RTL am Sonnabend ab 22.10 Uhr.<br />
Wladimir Klitschko trainiert<br />
für das nächste Duell. Foto: dpa
Lang gewinnt <strong>Pokal</strong> <strong>der</strong><strong>Blauen</strong><strong>Schwerter</strong><br />
Gewichtheben<br />
Quelle: sz-online/Sächsische Zeitung<br />
Montag, 12. November 2012<br />
Meißen. Der deutsche Juniorenmeister Max Lang ist erster Gewinner des nach 22 Jahren wie<strong>der</strong>belebten<br />
internationalen Gewichtheberturnieres um den „<strong>Pokal</strong> <strong>der</strong> <strong>Blauen</strong> <strong>Schwerter</strong>“ in Meißen. Der 19-Jährige<br />
Chemnitzer brachte am Sonnabend 300 Kilogramm in den Zweikampf und kam auf 164 Relativpunkte. Es<br />
folgten <strong>der</strong> Riesaer Alexan<strong>der</strong> Oberkirsch mit 153 und Superschwergewichtsmeister Alexej Prochorow aus<br />
Baunatal mit 151 Zählern. Beste Frau im Feld <strong>der</strong> 14 deutschen Starter war die Olympia-Teilnehmerin<br />
Christin Ulrich aus Ladenburg mit 149 Punkten.<br />
In <strong>der</strong> ausverkauften Halle erlebten 400Zuschauer das Comeback des internationalen Wettbewerbes von<br />
Weltformat. Erst, als die ortsansässige Porzellanmanufaktur die Verwendung ihres Markennamens wie<strong>der</strong><br />
erlaubte und die legendäre Vase als Siegercup bereitstellte, war die Neuauflage möglich. (dpa/SZ)
Alles o<strong>der</strong> nichts<br />
Von Jörg Richter<br />
Quelle: sz-online/Sächsische Zeitung<br />
Montag, 12. November 2012<br />
Der wie<strong>der</strong>belebte <strong>Pokal</strong> <strong>der</strong> <strong>Blauen</strong> <strong>Schwerter</strong> in Meißen war ein Erfolg. Nicht aber für den<br />
Riesaer Alexan<strong>der</strong> Oberkirsch. Für ihn ging es um mehr.<br />
Die Schlüpfer bleibt an. Alexan<strong>der</strong> Oberkirsch muss sich beim Wiegen vor den Wettkampfrichtern nicht<br />
völlig entblößen. Nicht, weil er sich geniert. Nein, er braucht es nicht. Er bringt 76,3 Kilogramm auf die<br />
Waage. 77 Kilo dürfte er, um in seiner Gewichtsklasse zu bleiben. „Ich wusste, dass ich relativ wenig<br />
wiege“, sagt er. Das macht dem Riesaer keine Sorgen. Obwohl er vor dem großen Wettkampf in <strong>der</strong><br />
ausverkauften Meißner Gewichtheberhalle entspannt wirkt, ist er es im Inneren überhaupt nicht. Denn für<br />
den 24-jährigen Sportsoldaten geht es um viel mehr als um den kostbaren Porzellanpokal. Es geht um seine<br />
sportliche Zukunft. Oberkirsch muss bis Jahresende 323 Kilogramm im Zweikampf heben. Das ist die Norm,<br />
um auch 2013 bei <strong>der</strong> Bundeswehr Leistungssport betreiben zu dürfen. „Vielleicht reichen auch 320?“ hofft<br />
er insgeheim. Doch auch dafür benötigt er eine persönliche Bestleistung.<br />
Vor zwei Wochen kam <strong>der</strong> gelernte Immobilienkaufmann auf 314 Kilo (147 im Reißen und 167 im Stoßen).<br />
Das war bei <strong>der</strong> Deutschen Meisterschaft in Roding, wo er Bronze gewann. Hier in Meißen wird das Siegen<br />
nicht leichter. Immerhin sind unter den 14 eingeladenen Hebern fünf frisch gekürte Deutsche Meister und<br />
drei Olympiateilnehmer. Und <strong>der</strong> designierte Herren-Bundestrainer Michael Vater ist auch anwesend. „Es<br />
muss heute was passieren“, sagt Oberkirsch und macht sich Mut.<br />
Dann beginnt <strong>der</strong> Wettkampf. Mo<strong>der</strong>ator Marc Huster – <strong>der</strong> Ex-Gewichtheber ist Oberkirschs großes Vorbild<br />
– begrüßt das Publikum: „Willkommen zu einem historischen Moment!“ 22 Jahre haben die Fans darauf<br />
gewartet, dass endlich wie<strong>der</strong> ein <strong>Pokal</strong> <strong>der</strong> <strong>Blauen</strong> <strong>Schwerter</strong> ausgetragen wird. Dieses Turnier galt in <strong>der</strong><br />
1970er und 1980er Jahren als die Revanche-Möglichkeit nach Weltmeisterschaften o<strong>der</strong> Olympischen<br />
Spielen. Zwar fehlt bei <strong>der</strong> Neuauflage die Weltelite, aber das Organisationsteam um Christian Traudt weiß,<br />
dass es klein anfangen muss.<br />
In <strong>der</strong> ersten Disziplin, dem Reißen, setzt sich Oberkirsch mit seinem ersten Versuch an die Spitze. Er bringt<br />
142 Kilogramm nach oben. Zwar wackelig, aber er steht. Auf das Körpergewicht und Geschlecht<br />
umgerechnet bedeutet das 66,5 Relativpunkte. Der anschließende Versuch über 146 Kilogramm geht schief.<br />
Im dritten lässt er sogar 150 Kilo auflegen. „Das ist ein bisschen wie Alles o<strong>der</strong> nichts“, kommentiert sein<br />
Trainer Eckehard Thau. Denn auch er weiß, dass sein Schützling im Stoßen maximal 170 Kilogramm heben<br />
kann. – Die Zahl 323 immer im Hinterkopf. – Aber Oberkirsch kommt nicht unter die 150 Kilo schwere<br />
Hantel und scheitert. Trotzdem ist <strong>der</strong> Riesaer nach dem Reißen vorerst Erster. Doch er verliert die Führung<br />
gleich im ersten Stoßversuch. Der leichtere Max Lang vom Chemnitzer AC hebt 160 Kilo und hat damit in<br />
<strong>der</strong> Gesamtwertung 154 Relativpunkte (einen mehr als Oberkirsch). Jetzt geht es nur noch um diese Zwei.<br />
Alle an<strong>der</strong>en Heber sind abgeschlagen. Selbst <strong>der</strong> vom Bundestrainer Frank Mantek hochgelobte Alexej<br />
Prochorow kommt nicht mehr heran. Oberkirsch erhöht gleich um sieben Kilo auf 169. Doch zweimal ist<br />
diese Last zu schwer für ihn. Max Lang dagegen stößt 165 Kilo und zum Schluss sogar 170 Kilo nach oben.<br />
Das ist persönliche Bestleistung. Das Meißner Publikum feiert den 19-jährigen Drebacher, dessen Name<br />
bald auf <strong>der</strong> großen Siegertafel mit ehemaligen Berühmtheiten dieses Sports stehen wird.<br />
Oberkirsch ist enttäuscht, die Ka<strong>der</strong>norm nicht geschafft zu haben. „An <strong>der</strong> super Stimmung in Meißen lag<br />
es nicht“, sagt er. Nun gilt es für ihn, sich bis Jahresende noch mal zu motivieren. In zwei<br />
Bundesligakämpfen mit seinem jetzigen Verein Germania Obrigheim hat er die Chance, die 323 Kilogramm<br />
vielleicht doch noch zu schaffen.