Heft 17 - Köln, Dezember 2003 - Heteropteron
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INHALT<br />
HETEROPTERON<br />
Mitteilungsblatt der<br />
Arbeitsgruppe Mitteleurop‰ischer Heteropterologen<br />
<strong>Heft</strong> Nr. <strong>17</strong> - Kˆln, <strong>Dezember</strong> <strong>2003</strong> ISSN 1432-3761<br />
Einleitende Bemerkungen des Herausgebers .................................................................................................................. 1<br />
Teilnehmer am 29. Treffen der ARBEITSGRUPPE MITTELEUROPƒISCHER HETEROPTEROLOGEN in Ausserberg /Wallis<br />
vom 22.-24.08.<strong>2003</strong> ................................................................................................................................................ 2<br />
K. VOIGT: 29. Treffen der ARBEITSGRUPPE MITTELEUROPƒISCHER HETEROPTEROLOGEN vom 22.-24.08.<strong>2003</strong> im Wallis 3<br />
Einladung zum 30. Treffen der ARBEITSGRUPPE MITTELEUROPƒISCHER HETEROPTEROLOGEN ...................................... 5<br />
3. Europ‰ischer Hemiptera-Kongrefl in Sankt Petersburg .............................................................................................. 6<br />
H. BL÷CHLINGER: Einf¸hrung zum ÑGastgeberkantonì Wallis ...................................................................................... 7<br />
R. HECKMANN: Zum Erforschungsstand der Wanzenfauna des Wallis .......................................................................... 9<br />
S. RIETSCHEL: Zur Ausbreitung von Arocatus longiceps ST L, 1872 (Lygaeidae) in Mitteleuropa ñ neue Nachweise<br />
am Ober- und Hochrhein ....................................................................................................................................... 12<br />
W. RABITSCH: Vorarbeiten zur Erstellung einer kritischen Check-Liste der Wanzen ÷sterreichs ............................... <strong>17</strong><br />
K. VOIGT: Ein bedenklicher Insektensammler .............................................................................................................. 19<br />
H.J. HOFFMANN: Weitere Fundorte der Neoozoe Stephanitis takeyai in Westdeutschland (Hemiptera-Heteroptera:<br />
Tingidae) ................................................................................................................................................................ 21<br />
H.J. HOFFMANN: Zur Ausbreitung der Platanengitterwanze Corythucha ciliata in Kˆln ñ Jahresbericht <strong>2003</strong><br />
(Hemiptera-Heteroptera: Tingidae) ....................................................................................................................... 23<br />
P. KOTT: Probleme bei der Zucht von Holotrichius tenebrosus BURM. ....................................................................... 25<br />
H.J. HOFFMANN: Ein Massenvorkommen von Arocatus longiceps in der Schweiz ...................................................... 27<br />
M. GOSSNER: Berichtigung betr. Cremnocephalus ............................................................................................................ 28<br />
Kleinere Fundmeldungen .............................................................................................................................................. 28<br />
ƒnderungen zum Adressenverzeichnis Mitteleurop‰ischer Heteropterologen ............................................................. 28<br />
W. GRUSCHWITZ & W. KLEINSTEUBER: Heteroptera: Neu- und Wiederfunde in Sachsen-Anhalt - 1. Nachtrag zum<br />
Verzeichnis der Wanzen Deutschlands (Stand: 31.12.<strong>2003</strong>) ................................................................................. 29<br />
Wanzenliteratur: Neuerscheinungen ............................................................................................................................. 30<br />
H.J. HOFFMANN: Heteropterologische Kuriosa 1: NENA und die Wanze ...................................................................... 31<br />
H.J. HOFFMANN: Heteropterologische Kuriosa 2: R¸ckkehr der Bettwanzen ............................................................... 32<br />
H.J. HOFFMANN: Heteropterologische Kuriosa 3: Unsterbliche Wanzen ..................................................................... 34<br />
Einleitende Bemerkungen des Herausgebers<br />
Das vorliegende <strong>Heft</strong> bringt die Berichte zu den Referaten auf dem diesj‰hrigen<br />
Heteropterologentreffen im Wallis, wie ¸blich die Literatur-Neuerscheinungen und<br />
Adrefl‰nderungen, auflerdem einige neue Fundmeldungen zu Neozoen unter den Wanzen und -<br />
zum Schmunzeln an den Feiertagen ñ einige heteropterologische Kuriosa.<br />
Zum Jahreswechsel sei allen Heteropterologen, allen Kollegen und Lesern wieder alles<br />
Gute, allerbeste Gesundheit und auch in 2004 jede Menge interessanter Wanzen gew¸nscht.<br />
H.J. Hoffmann
2 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Teilnehmer am 29. Treffen der ARBEITSGRUPPE MITTELEUROPƒISCHER<br />
HETEROPTEROLOGEN in Ausserberg /Wallis vom 22.-24.08.<strong>2003</strong><br />
BL÷CHLINGER, H. und ♀V.<br />
DOROW, W. und ♀<br />
HECKMANN, R. und ♀ und 1 Lv.<br />
HEISS, E. und ♀<br />
HOFFMANN, H.J.<br />
KALLENBORN, H. und ♀ und 2 Lv.<br />
KOCH, F. und ♀<br />
LIEBENOW, K. und ♀<br />
NAWRATIL, J.<br />
RABITSCH, W.<br />
REMANE, R.<br />
RIEGER, CHR. und ♀U.<br />
RIETSCHEL, S. und ♀H.<br />
SCHARMANN, K.-H. und ♀<br />
(SCHARMANN, A. und ♀ und Lv.)<br />
SIMON, H. und ♂L.<br />
STRAUSS, G. und ♀G.<br />
VOIGT, K. und ♀F.<br />
WACHMANN, E.<br />
WIPRƒCHTIGER, P.<br />
Kurzfristige Absagen und herzliche Gr¸fle an die Teilnehmer lagen vor von BILLEN, W.<br />
(Lˆrrach), B‹TTNER, R. (Erlangen), ENGELMANN, H.-D. (Rietschen), FARACI, F. (Bardolino),<br />
KOTHE, T. (M¸nchen), KOTT, P. (Pulheim), MORKEL, C. (Giessen), P…RICART, J. (Montereau),<br />
SCH÷NITZER, K. (M¸nchen), WERNER, D. (Kˆln), WELTI, P. (Basel), WYNIGER, D. (Basel).
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 3<br />
29. Treffen der ARBEITSGRUPPE MITTELEUROPƒISCHER<br />
HETEROPTEROLOGEN vom 22.-24.08 <strong>2003</strong> im Wallis<br />
KLAUS VOIGT<br />
Das 29. Treffen der ARBEITSGRUPPE MITTELEUROPƒISCHER HETEROPTEROLOGEN fand<br />
zum ersten Mal in der Schweiz statt. RALF HECKMANN hatte nach Visp-Ausserberg in ein<br />
gem¸tliches Walliser Hotel eingeladen, das nahe zu interessanten Exkursionsgebieten lag.<br />
Rund 20 Wanzenforscher aus Deutschland, ÷sterreich und der Schweiz kamen vom 22.ñ24.<br />
August <strong>2003</strong> dort zusammen. Sonniges und warmes Wetter lud zu Wanderungen und<br />
Exkursionen vom Talgrund bis in den alpinen Bereich ein.<br />
Die An- und Abreise der Teilnehmer erfolgte z.T. mit dem Zug bis direkt vor das Hotel durch<br />
den Lˆtschberg-Tunnel, z.T. schon Tage vorher mit dem Auto ¸ber Bern, Thun und die<br />
Autoverladung durch den Lˆtschberg-Tunnel oder ¸ber Z¸rich, Luzern und den Grimselpass<br />
und bot jeweils Gelegenheit, kleinere Aufsammlungen auf Walliser Boden zu t‰tigen.<br />
Ausserberg liegt im RhÙne-Tal an der Lˆtschberg-S¸drampe auf etwa 930 m ¸. M., 6<br />
km NW von Visp, mitten im besten Sammelgebiet. Andere ausgezeichnete Exkursionsgebiete<br />
befinden sich in maximal 20 km Entfernung (Pfynwald, Visperterminen, Steppenheidegebiete<br />
von Gampel-Jeizinen, Leuk usw.). Auch ist man schnell auf ¸ber 2.000 m und kann<br />
Hochalpinarten nachstellen!<br />
Ausserberg eignet sich ebenfalls als Ausgangsbasis f¸r einen l‰ngeren Sammel-<br />
Aufenthalt, was ja auch von einigen Teilnehmern genutzt wurde, um die vielf‰ltigen Biotope<br />
des Wallis zu untersuchen. Von diesen wurde schwerpunktm‰flig im Pfynwald mit<br />
Rottensand, bei der Moosalp oberhalb Stalden, in Gebieten am Mattmarksee, am Riffelberg<br />
bei Zermatt, um Ausserberg, am Grimselpass, am RhÙne-Gletscher sowie bei Sion gesammelt.<br />
Hierbei konnten Alydus rupestris, Aradus mirus, Bothrostethus annulipes, Coranus griseus,<br />
Coriomeris alpinus, Hallodapus suturalis, Phimodera lapponica, Psacasta exanthematica<br />
und Rhynocoris erythropus nachgewiesen werden. Dadurch wurden einige L¸cken in der<br />
Kenntnis der Walliser Wanzenfauna geschlossen und auch zumindest 2 Neunachweise f¸r die<br />
Schweizer Fauna get‰tigt.<br />
Schon am Freitagabend wurde jeder neu Eintreffende mit groflem ÑHalloì und Fragen<br />
nach dem Ergehen begr¸flt. Man erz‰hlte im kleinen Kreis private und entomologische<br />
Hˆhepunkte des vergangenen Jahres. Auf einen Ansturm der Schweizer Heteropterologen<br />
wartete man allerdings vergebens. Immerhin zwei Vertreter waren unserer Einladung gefolgt.<br />
Am Samstagmorgen begr¸flte RALF HECKMANN, der die Tagung exzellent vorbereitet<br />
hatte, alle inzwischen eingetroffenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer und f¸hrte in das<br />
Vortragsprogramm ein.<br />
1. H. BL÷CHLINGER (Frauenfeld) gab einen ausgezeichneten ‹berblick zur Geschichte und der<br />
naturkundlichen Gliederung des Wallis. In seinem Vortrag sp¸rte man die Liebe zu seiner<br />
Wahlheimat Wallis, aber auch seine sachkundlichen Kenntnisse der Region.<br />
2. R. HECKMANN (Konstanz) gab anschlieflend einen ‹berblick ¸ber den Kenntnisstand der<br />
Wanzenfauna des Wallis, wo bisher 361 Arten gefunden wurden. Er gab seiner Hoffnung<br />
Ausdruck, dafl durch die Tagung einige Neunachweise gelingen mˆgen.<br />
3. S. RIETSCHEL (Karlsruhe) sprach ¸ber den Komplex Arocatus longiceps / A. roeseli. Er teilte<br />
Beobachtungen zur Ausbreitung, Biologie und Farbvariationen der beiden Arten mit.<br />
4. W. RABITSCH (Wien) gab einen ‹berblick ¸ber den gegenw‰rtigen Stand der Wanzenfauna<br />
÷sterreichs. Unterst¸tzt durch computer-animierte Darstellungen sprach er zur Geschichte der
4 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
ˆsterreichischen Wanzenforschung, zu Auswirkungen durch geopolitische Grenz‰nderungen,<br />
offenbar gewordene Fehldeterminationen, sowie taxonomische Ver‰nderungen. Er hat f¸r<br />
÷sterreich 906 Wanzenarten ermittelt (zum Vergleich: Deutschland 865 Arten, Schweiz 760<br />
Arten). Mit einem Ausblick auf rezent expansive Arten und Neobiota schlofl er seinen<br />
informativen und anschaulichen Vortrag.<br />
5. K. VOIGT (Ettlingen) berichtete ¸ber das Ergebnis einer Untersuchung einer sogenannten<br />
ÑSchnakenlampeì. Er stellte dar, dafl nur etwa 5 % der getˆteten Insekten M¸cken waren. Die<br />
Mehrzahl waren n¸tzliche oder indifferente Insekten, wie Schmetterlinge, K‰fer und<br />
Hymenopteren. Er forderte ein Verbot dieser Lampen.<br />
6...E. WACHMANN (Berlin) gab eine ‹bersicht ¸ber die Vorbereitungen zu den neuen Heteropteren-<br />
B‰nden des ÑDAHLì. Wie bekannt ist, sollen drei reichhaltig illustrierte B‰nde alsbald<br />
erscheinen.<br />
7. H.-J. HOFFMANN (Kˆln) wies auf das endlich f¸r Anfang 2004 geplante Erscheinen des letzten<br />
Bandes der ÑEntomofauna Germanicaì mit dem Wanzenteil hin und erl‰uterte kurz den<br />
Sachstand.<br />
8. Kurzmitteilungen:<br />
a) Europ‰ischer Kongrefl ¸ber Hemiptera in St. Petersburg vom 08.-11.06.2004 (K. VOIGT).<br />
b) Rote Listen in Hessen (W. DOROW)<br />
Der sonnig heifle Nachmittag war den Exkursionen vorbehalten. Als Ziel wurde die<br />
Felsensteppe zwischen Gampel und Jeizinen gew‰hlt. Mit der Seilbahn ging es vom Parkplatz<br />
Gampel (634 m) nach Jeizinen (1.526 m). Ein Teil der Exkursionsteilnehmer blieb auf den<br />
alpinen Matten und Geb¸schen im Bereich von Jeizinen und kehrte mit der Seilbahn wieder<br />
zur¸ck nach Gampel, wobei selbst in 1.600 m Hˆhe noch Staria lunata, Tingis crispata und<br />
Xanthochilus quadratus gek‰schert wurden. Die Hartgesotteneren sammelten sich in der Hitze<br />
den Wanderweg entlang zur¸ck nach Gampel. Auf dem Abstieg wurde von einigen<br />
Teilnehmern Aelia rostrata, Camptopus lateralis, Carpocoris pudicus, Chorosoma schillingii,<br />
Dichrooscytus valesianus, Loxocnemis dentator, Odontotarsus pupureolineatus und<br />
Syromastes rhombeus gefangen, nur um einige der in Deutschland nicht oder nur sehr selten<br />
vorkommenden Arten zu nennen. Aufgrund der langanhaltenden groflen Trockenheit war<br />
allerdings die Ausbeute nicht ganz so ergiebig wie erhofft. Trotzdem fand vermutlich jeder<br />
Teilnehmer einige f¸r ihn interessante Arten.<br />
Koordinaten: Jeizinen (7 43í10ííE/46 19í40ííN)<br />
Gampel-Seilbahn-Basisstation (7 44í15íE/46 18í50ííN)<br />
Der Wanderweg befindet sich zwischen den beiden Koordinaten.<br />
Das gem¸tliche Beisammensein am Abend betonte wieder das freundschaftliche<br />
Miteinander. Dabei konnten auch die mitgereisten Frauen von ihrer interessanten Tour in das<br />
historische Sion erz‰hlen. ñ Am n‰chsten Morgen sprachen alle RALF HECKMANN ihren<br />
herzlichen Dank f¸r die Gestaltung der Tagung aus, und an Herrn HERMANN und Frau VRENI<br />
BL÷CHLINGER erging ein herzliches Dankeschˆn, die Tagung w‰re ohne ihre Mithilfe bei<br />
weitem nicht so erfolgreich ausgefallen.<br />
W‰hrend einige sich auf den weiten Weg nach Hause machten, blieben andere noch vor<br />
Ort, um weitere interessante Exkursionsgebiete aufzusuchen und alpine Spezialit‰ten<br />
aufzufinden.<br />
Auch die 29. Tagung der AG mitteleurop‰ischer Heteropterologen war ein besonderes<br />
Erlebnis und reiht sich gut in die Reihe der vorangegangenen Tagungen ein.<br />
Herzlichen Dank an R. HECKMANN und H.J. HOFFMANN f¸r Erg‰nzungen zu diesem Bericht.<br />
Anschrift des Autors:<br />
Klaus Voigt, Forellenweg 4, D-76275 ETTLINGEN
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 5<br />
Einladung zum 30. Treffen der<br />
ARBEITSGRUPPE MITTELEUROPƒISCHER HETEROPTEROLOGEN<br />
Liebe Wanzerinnen und Wanzerer,<br />
das 30. Treffen der ARBEITSGRUPPE MITTELEUROPƒISCHER HETEROPTEROLOGEN findet, wie in<br />
Ausserberg besprochen,<br />
in Schl¸chtern (Osthessen) vom 27.-29.08.2004<br />
statt. Hierzu lade ich Sie hiermit herzlich ein. F¸r die Tagung und die Unterkunft habe ich das<br />
Hotel Stadt Schl¸chtern (Breitenbacher Str. 5, Tel. 06661/74788-0) gebucht. Das Hotel hat 30<br />
Doppelzimmer, die auch als Einzelzimmer vermietet werden kˆnnen. Das Einzelzimmer<br />
kostet 39 Ä und das Doppelzimmer 63 Ä pro Nacht. Wer n‰here Informationen ¸ber das Hotel<br />
haben mˆchte, kann im Internet unter www.hotel-stadt-schluechtern.de nachschauen.<br />
Die Anmeldung zur Tagung sollte bis zum 15. April 2004 an meine Privatadresse erfolgen.<br />
Dies ist per Telefon (06661/64 84), Fax (06661/91 75 91) oder e-mail (Junker-Bornholdt@tonline.de)<br />
mˆglich. Damit alle in einer Tagungsst‰tte unterkommen kˆnnen, w‰re ich f¸r eine<br />
Mitteilung dankbar, wer im Bedarfsfall auch mit einem Doppelzimmer einverstanden w‰re.<br />
Schl¸chtern liegt an der Bahnstrecke Fulda-Frankfurt am Main (ca. 30 km bis Fulda, ca. 80<br />
km bis Frankfurt) und ist sowohl mit der Bahn als auch mit dem Auto (A 66, Abfahrt<br />
Schl¸chtern Nord oder S¸d) bequem zu erreichen. Naturr‰umlich liegt es an der Schnittstelle<br />
von Vogelsberg, Spessart und Rhˆn und wird deshalb auch als Bergwinkelstadt bezeichnet.<br />
Die Umgebung ist sehr reich strukturiert und weist ca. 1.000 ha Naturschutzgebiete auf, die<br />
vor allem zum Schutz von Kalkmagerrasen, aber auch von Feuchtgebieten und W‰ldern<br />
ausgewiesen wurden.<br />
Vorl‰ufiges Programm:<br />
Freitag, den 27.08.: Anreise, abends geselliges Beisammensein mit Abendessen<br />
Samstag, den 28.08.: vormittags Vortr‰ge, nachmittags Exkursion<br />
Sonntag, den 29.08.: vormittags Vortr‰ge und /oder allg. Diskussion, Mittagessen,<br />
nachmittags Abreise, ggf. weitere Exkursion<br />
‹ber Ihre Teilnahme sowie ¸ber die Meldung eines Vortrages w¸rde ich mich sehr freuen. Als<br />
Medien stehen zur Verf¸gung: Diaprojektor, Overheadprojektor und Beamer.<br />
Weitere Informationen werden in einem zweiten Rundschreiben zugesandt.<br />
In Erwartung auf ein schˆnes Treffen<br />
Ihr<br />
G¸nter Bornholdt<br />
Anschrift:<br />
Dr. G¸nter Bornholdt, Ziegenbergweg 1, D-36381 SCHL‹CHTERN
6 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
3. Europ‰ischer Hemiptera-Kongrefl in Sankt Petersburg<br />
Das Zoologische Institut der Russischen Akademie der Wissenschaften l‰dt zum 3.<br />
Europ‰ischen Hemiptera Kongrefl nach Sankt Petersburg ein. Er findet<br />
vom 08. bis 11. Juni 2004 in Sankt Petersburg<br />
im Hotel LDM statt. Alle, die sich mit Heteropteren oder Homopteren besch‰ftigen, sind<br />
herzlich zur Teilnahme eingeladen.<br />
N‰here Angaben zum Kongrefl und zu den Anmeldeformalit‰ten findet man auf der<br />
web-site: http://www.zin.ru/conferences/ehc3. Dort sind auch die bereits angek¸ndigten<br />
Vortragsthemen verzeichnet. Da die Einladungsformalit‰ten langdauernd sind, sollte man sich<br />
alsbald zu einer Teilnahme beim Zoologischen Institut anmelden. Der Anmeldeschlufl war<br />
schon auf 01.12.<strong>2003</strong> festgesetzt. Es werden Anmeldungen (bis Januar) noch gerne<br />
angenommen.<br />
Dieser Kongrefl richtet sich speziell an die europ‰ischen Kollegen. Doch werden auch<br />
einige auflereurop‰ische Kollegen teilnehmen (lt. Referentenliste). Man sollte diesen<br />
Europ‰ischen Kongrefl nicht mit dem Internationalen Heteropterologen-Kongrefl vom Jahr<br />
2002, der alle vier Jahre stattfindet, verwechseln. Dieser wird erst wieder im Jahre 2006, dann<br />
in Amsterdam stattfinden.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Klaus Voigt, Forellenweg 4, D-76275 ETTLINGEN
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 7<br />
Einf¸hrung zum ÑGastgeberkantonìWallis<br />
HERMANN BL÷CHLINGER<br />
Die Gesamtfl‰che des Kantons betr‰gt 5.231 km 2 , wovon die H‰lfte nicht<br />
landwirtschaftlich genutzt wird. Seit 1815 gehˆrt das Wallis als Kanton der Schweiz an, zuvor<br />
waren die Einwohner Jahrhunderte lang Untertanen des Bischofs von Sitten (Sion).<br />
Typisch f¸r das Oberwallis ist das Walliserhaus oder Gotthardhaus, ein Blockbau aus<br />
Holz mit angef¸gtem gemauertem K¸chenteil, oft nur als Stockwerkeigentum. Die<br />
charakteristisch auf Holzbeinen mit ÑMaus-Steinplattenì stehenden Speicher dienten zur<br />
Aufbewahrung von Korn, Mehl, K‰se, Fleisch und Wertsachen, die Stadel zur Lagerung der<br />
Heugarben.<br />
Die Erbfolge im Wallis (ÑBl‰tzliì) f¸hrte zu immer kleiner werdenden Feldern und<br />
damit zu grofler Armut und Abwanderung.<br />
Erreichbar ist das Wallis durch zwei Bahntunnels, den Simplon- (19,8 km) und den<br />
Lˆtschberg-Tunnel (14,6 km), und einen Straflentunnel, den Groflen St. Bernhard (5,8 km).<br />
Wegen der vielen P‰sse, z.B. Grofler St. Bernhard (2.469 m ¸.M.), Simplon, Grimsel,<br />
Furka, Nufenen u.a. wird das Wallis auch als Passkanton bezeichnet. Da sich hier viele<br />
4.000er, darunter das Matterhorn und der hˆchste Berg der Schweiz, die Dufourspitze (4.634<br />
m) befinden, wird das Wallis auch als Bergkanton bezeichnet. Ebenso befinden sich die<br />
bekanntesten und grˆflten Gletscher der Schweiz im Wallis: Grofler Aletschgletscher mit einer<br />
maximalen Ausdehnung von 100 km 2 und einer L‰nge von 22 km, der Gornergletscher bei<br />
Zermatt, der Fieschergletscher, der Rhonegletscher und andere mehr.<br />
Die bekanntesten Stauseen sind der Grande Dixence (4 km 2 Fl‰che, 2.364 m ¸.M. und<br />
einer Tiefe von 227 m) mit einer der hˆchsten Staumauern der Welt, welche an der Basis 200<br />
m dick ist, sowie der Mauvoisin und der Mattmarksee.<br />
Die Wettervorhersagen gestalten sich relativ schwierig und gehˆren im nachhinein zur<br />
S¸dschweiz, Westschweiz oder zur Alpennordseite. Die lokalen Unterschiede in den<br />
Niederschl‰gen sind gewaltig und schwanken zwischen 406 cm/Jahr (Monte Moro) und 55<br />
cm/Jahr (Gr‰chen).<br />
Die Rekordtrockenheit verzeichnete Sierre im Jahre 1921 mit 24,5 cm/Jahr. Die<br />
s¸dexponierten H‰nge des Rhonetals (Steppenheidegebiete) sind extrem trocken-heifl und<br />
wurden traditionell, um bewirtschaftet zu werden, durch Suonen, Holzk‰nneln und Gr‰ben<br />
bew‰ssert. Insgesamt werden etwa 25% der Kantonsfl‰che bew‰ssert, heute verlaufen die<br />
Bew‰sserungskan‰le oft in Stollen. Es gibt 2.000 km Hauptkan‰le und 25.000 km kleinere<br />
Wasserleitungen.<br />
Wegen dieser klimatischen Vielfalt und ihren Besonderheiten, so befindet sich z.B. der<br />
hˆchstgelegene Weinberg Europas (Visperterminen) im Oberwallis, war das Wallis<br />
traditionell sehr attraktiv f¸r Entomologen.<br />
Die besten Sammelgebiete des Oberwallis sind:<br />
- Steppenheiden und offener Kiefernwald oberhalb Leuk: wegen des Waldbrandes<br />
in der Vorwoche nicht begehbar<br />
- Pfynwald und Rottensand: grˆflter Kiefernwald Europas, Steppenheide<br />
- Felsensteppe Jeizinen: mit der Seilbahn vom Parkplatz Gampel nach Jeizinen<br />
(1.526m), Sammelgebiete oberhalb des Dorfes sowie bds. des Wanderwegs zur¸ck<br />
nach Gampel (634 m)<br />
- Eggerberg: zu Fufl von Ausserberg (ÑBasislagerì) ¸ber Fischersbiel, Pleischchumma,
8 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Abi, Laldner Suon, Eggerberg, zur¸ck evtl. mit Bahn<br />
- Leiggern: von Ausserberg-Telwald nach Leiggern, Leiggeralp, Rigga und zur¸ck<br />
Anschrift des Autors:<br />
Hermann Blˆchlinger, Naturmuseum Frauenfeld, Thurgau, Schweiz
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 9<br />
Zum Erforschungsstand der Wanzenfauna des Wallis<br />
RALF HECKMANN<br />
Die im Vortrag von H. BL÷CHLINGER erw‰hnte klimatische Vielfalt des Wallis spiegelt<br />
sich wieder in der Insektenfauna. Daher war das Wallis seit ¸ber 200 Jahren nicht nur f¸r<br />
Schweizer Entomologen und Arachnologen sehr attraktiv (z.B. Vorkommen der S‰geschrecke<br />
und einer Skorpionsart!).<br />
Die aus der Literatur bekannte Wanzenfauna des Wallis stellt ein illustres Mosaik von<br />
Arten mit ¸berwiegend boreo-montaner, pontischer und mediterraner Verbreitung dar. Im<br />
folgenden werden einige Besonderheiten aufgelistet:<br />
Boreo-montane und alpine Arten:<br />
Arctocorisa carinata (C.R. SAHLBERG, 1819)<br />
Horwathia lineolata (A. COSTA, 1862)<br />
Systellonotus alpinus (FREY-GESSNER, 1871)<br />
Nithecus jacobaeae (SCHILLING, 1829)<br />
Geocoris lapponicus ZETTERSTEDT, 1838<br />
Trapezonotus desertus SEIDENST‹CKER, 1951<br />
Alydus rupestris FIEBER, 1861<br />
Coriomeris alpinus (HORVflTH, 1895)<br />
Ulmicola spinipes (FALL…N, 1807)<br />
Eurydema rotundicollis (DOHRN, 1860)<br />
Mediterrane und pontische Arten:<br />
Leptopus marmoratus (GOEZE, <strong>17</strong>78)<br />
Tingis auriculata (A. COSTA, 1847)<br />
Deraeocoris serenus DOUGLAS & SCOTT, 1868<br />
Deraeocoris punctulatus (FALL…N, 1807)<br />
Excentricus planicornis (HERR.-SCHAEFFER, 1835)<br />
Capsodes flavomarginatus (DONOVAN, <strong>17</strong>98)<br />
Plagiorrhamma suturalis (HERR.-SCHAEFFER, 1839)<br />
Lygaeosoma sardeum (SPINOLA, 1837)<br />
Melanocoryphus albomaculatus (GOEZE, <strong>17</strong>78)<br />
Spilostethus pandurus (SCOPOLI, <strong>17</strong>63)<br />
Macroplax fasciata (HERRICH-SCHAEFFER, 1835)<br />
Heterogaster affinis Herrich-Schaeffer, 1835<br />
Plinthisus minutissimus FIEBER, 1864<br />
Stygnocoris similis WAGNER, 1953<br />
Raglius confusus (REUTER, 1886)<br />
Raglius pineti (HERRICH-SCHAEFFER, 1835)<br />
Emblethis proximus SEIDENST‹CKER, 1967<br />
Gonianotus marginepunctatus (WOLFF, 1804)<br />
Pyrrhocoris marginatus (KOLENATI, 1845)<br />
Ceraleptus obtusus (BRULLE, 1839)<br />
Loxocnemis dentator (FABRICIUS, <strong>17</strong>94)<br />
Bothrostethus annulipes (COSTA, 1847)<br />
Coriomeris hirticornis (FABRICIUS, <strong>17</strong>94)<br />
Camptopus lateralis (GERMAR, 18<strong>17</strong>)<br />
Psacasta exanthematica (SCOPOLI, <strong>17</strong>63)<br />
Aelia rostrata BOHEMAN, 1852<br />
Neottiglossa lineolata (MULSANT & REY, 1852)<br />
Carpocoris pudicus (PODA, <strong>17</strong>61)<br />
Holcogaster fibulata GERMAR, 1831<br />
Eurydema ventralis KOLENATI, 1846<br />
Picromerus conformis (HERRICH-SCHAEFFER, 1841)<br />
Sonstige Besonderheiten:<br />
Saldula nobilis (HORVflTH, 1884)<br />
Saldula pilosella (THOMSON, 1871)<br />
Dicyphus cerutti WAGNER, 1946<br />
Fragliche Arten:<br />
Nabis (Nabis) persimilis REUTER, 1890: Die in P…RICART (1987) erfolgte Synonymisierung mit N. alpinus<br />
bezieht sich evtl. eher auf N. punctatus!<br />
Salda morio ZETTERSTEDT, 1838 ist wahrscheinlich im Jura gefangen (DETHIER & P…RICART 1990).<br />
Rhynocoris cuspidatus RIBAUT, 1921 ist wahrscheinlich mit R. iracundus verwechselt worden.<br />
Viele ÑAllerweltsartenì wurden noch nicht publiziert, da vor allem in den Ñguten<br />
Biotopenì gesammelt wurde; so fehlen in der bisherigen Liste z.B. Tingis cardui, Anthocoris<br />
nemorum, A. nemoralis, A. confusus, Heterorius-Arten, Temnostethus-Arten, Adelphocoris<br />
seticornis, Lygus wagneri, Halticus apterus und Acanthosoma haemorrhoidale!<br />
In der Literatur finden sich ¸ber 20 Arbeiten zur Wanzenfauna dieses Kantons. Die<br />
Angaben der unten stehenden 16 Zitate sind inzwischen ausgewertet. Keine Angaben zu
10 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Wanzenfunden im Wallis finden sich im Standardwerk ¸ber die Schweizer Wanzenfauna in<br />
welchem nur die Weichwanzen bearbeitet wurden (MEYER-D‹R, 1843).<br />
Die Erforschung der Wanzenfauna des Wallis gliedert sich grob in 4 Phasen:<br />
1. FREY-GESSNER, E. (1862-1871) publiziert 163 Arten.<br />
2. CERUTTI, N. (1937-1939) meldet zusammen mit einem Nachtrag von SIMONET, J.<br />
(1949) insgesamt 94 Arten.<br />
3. DETHIER, M. et al. (1977-1990) weisen insgesamt 163 Arten nach.<br />
4. WITSCHI, F. & ZETTEL, J. (2002) finden allein im Rottensand 104 Arten!<br />
Die 4. Phase stellt den Beginn einer ˆkologisch ausgerichteten Untersuchung<br />
verschiedener Biotope des Wallis durch Diplomarbeiten des Zoologischen Instituts der<br />
Universit‰t Bern dar, in welchen auch die Wanzenfauna untersucht wurde (C. ZURBR‹GG, in<br />
Vorb.).<br />
Insgesamt sind durch diese Arbeiten bisher 351 Arten publiziert worden, davon sind 67<br />
Arten Lygaeiden (19%). Dieser hohe Prozentsatz unterstreicht den xerothermen Charakter der<br />
untersuchten Biotope.<br />
Von den publizierten Angaben konnte ich bisher alle Funde von WITSCHI & ZETTEL<br />
(2002) ¸berpr¸fen. Zus‰tzliche eigene Funde best‰tigen ‰ltere Nachweise, ebenso Exemplare<br />
in der Wanzensammlung der ETH Z¸rich (Coll. J.P. WOLFF). P…RICART best‰tigt weitere 20<br />
Arten, JANSSON und WROBLEWSKI jeweils 1 Art.<br />
Bisher sind damit 147 Arten durch Belege best‰tigt. An die Teilnehmer wurde eine<br />
provisorische Liste mit 361 Arten verteilt.<br />
Es steht noch einiges an Literaturauswertung an: eine weitere Arbeit von FREY-GESSNER<br />
sowie die Angaben der entsprechenden B‰nde der Faune de FranÁe von P…RICART.<br />
Weiterhin befindet sich sehr viel Material aus dem Wallis in der Coll. J.P. WOLFF<br />
(ETHZH), welches ebenfalls aufgearbeitet werden sollte.<br />
Sinn der Tagung war vor allem, L¸cken in der Kenntnis der Wanzenfauna des Wallis zu<br />
f¸llen; und somit ergeht nochmals die Bitte, mir die Artenlisten der Wanzenfunde der<br />
Teilnehmer zukommen zu lassen, um nach Abschluss aller Arbeiten eine verbindliche, durch<br />
Nachweise best‰tigte Checkliste der Heteropteren des Wallis zu erstellen und zu publizieren.<br />
LITERATUR (bisher eingearbeitet!)<br />
CERUTTI, N. (1937a): Captures intÈressantes díHÈmiptËres du Valais. - Mitt. Schweiz. ent. Ges. <strong>17</strong>, 30-32.<br />
-,- (1937b): Captures intÈressantes díHÈmiptËres du Valais (2 e liste). - Mitt. Schweiz. ent. Ges. <strong>17</strong>, 168-<strong>17</strong>2.<br />
-,- (1939a): Captures intÈressantes díHÈmiptËres du Valais (3 e liste) et description díespËces nouvelles. - Mitt.<br />
Schweiz. ent. Ges. <strong>17</strong>, 443-449.<br />
-,- (1939b): PrÈsentation de quelques HÈmiptËres du Valais. - Mitt. Schweiz. ent. Ges. <strong>17</strong>, 582-583.<br />
-,- (1939c): HÈmiptËres du Valais (4 e liste). - Mitt. Schweiz. ent. Ges. <strong>17</strong>, 611-616.<br />
DELARZE, R. & DETHIER, M. (1988): La faune des pelouses steppiques valaisannes et ses relations avec le tapis<br />
vÈgÈtal. III. Les HÈtÈroptËres. - Bull. Soc. Vaud. Sc. Nat. 79, 49-59.<br />
DETHIER, M. & MATTHEY, W. (1977): Contribution ‡ la connaissnance des HÈtÈroptËres aquatiques des Suisse. -<br />
Revue suisse Zool. 84, 583-591.<br />
-,- & DELARZE, R. (1984): HÈtÈroptËres nouveaux ou intÈressants pour la faune suisse. - Mitt. Schweiz. ent. Ges.<br />
57, 123-128.<br />
-,- & PERICART, J. (1988): Les HÈtÈroptËres Nabidae de Suisse. - Mitt. Schweiz. ent. Ges. 61, 157-166.<br />
-,- & PERICART, J. (1990): Les HÈtÈroptËres Leptodomorpha de Suisse. - Mitt. Schweiz. ent. Ges. 63, 33-42.<br />
FREY-GESSNER, E. (1864-1866): Verzeichnis der schweizerischen Insekten. 1. Hemiptera. - Mitt. Schweiz. ent.<br />
Ges. 1, 195-203; 1, 225-244; 1, 304-310; 2, 7-30; 2, 115-133.
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 11<br />
-,- (1869-1871): Hemipterologische Sammelnotizen aus dem Jahr 1868. - Mitt. Schweiz. ent. Ges. 3, 18-22.<br />
-,- (1871): Sammelbericht aus den Jahren 1869 und 1870. - Mitt. Schweiz. ent. Ges. 3, 313-326.<br />
MEYER-D‹R, L. R. (1843): Verzeichnis der in der Schweiz einheimischen Rhynchoten (Hemiptera LINN.). 1. Die<br />
Familie der Capsini. - Solothurn, 120 S.<br />
ROTZER, A. & DETHIER, M. (1990): Contribution a la connaissance des HÈtÈroptËres aquatiques du Valais. -<br />
Bull. Murithienne 108, 25-49.<br />
SIMONET, J. (1949): Etat de nos connaissances relatives ‡ la faune suisse des HÈtÈroptËres. - Mitt. Schweiz. ent.<br />
Ges. 22, 433-437.<br />
WITSCHI, F. & ZETTEL, J. (2002): Auensukzession und Zonation im Rottensand (Pfynwald, Kt. VS). V.<br />
Wiederbesiedlung einer ‹berschwemmungsfl‰che durch Wanzen (Heteroptera). - Mitt. Schweiz. ent. Ges. 75,<br />
65-86.<br />
Anschrift des Autors:<br />
Dipl.-Biol. Ralf Heckmann, St Gebhard-Str. 11, D-78467 KONSTANZ
12 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Zur Ausbreitung von Arocatus longiceps ST L, 1872 (Lygaeidae)<br />
in Mitteleuropa ñ neue Nachweise am Ober- und Hochrhein<br />
SIEGFRIED RIETSCHEL<br />
Arocatus longiceps ST L, 1872, eine von Italien bis zum Kaspischen Meer und Israel<br />
verbreitete Lygaeine (Verbreitungskarte in P…RICART 1998: <strong>17</strong>2), ist ein progressiver Neub¸rger<br />
in Mitteleuropa. Seine Einwanderung ¸ber ÷sterreich dokumentierten zun‰chst ADLBAUER &<br />
FRIES (1996) durch Funde in der s¸dlichen Steiermark. Die weitere Ausbreitung der Art bis nach<br />
Wien meldete RABITSCH (1998). Sie d¸rfte sp‰testens 1997 erfolgt sein, wie auch eigene Funde in<br />
zahlreichen Anlagen und Parks der Wiener Innenstadt nahe legen. In Tschechien wurde Arocatus<br />
longiceps inzwischen ebenfalls gefunden (STEHLÕK & HRADIL 2000). Auch dort mufl die Art<br />
sp‰testens Ende der 1990er-Jahre eingewandert sein. Die Funde stammen aus Prag (12.02.1999)<br />
sowie aus Lednice und B¯eclav in M‰hren (29.12.1999).<br />
Die Verbreitung von Arocatus longiceps in S¸ddeutschland<br />
Den ersten Nachweis von Arocatus longiceps f¸r Deutschland und Baden-W¸rttemberg hat<br />
RIEGER (1997: 43, Abb. 7) bekannt gemacht. Es handelte sich um f¸nf Tiere, die am 15.12.1996<br />
im Stadtzentrum von Heilbronn unter der Borke einer Platane gesammelt worden waren. Am<br />
30.10.1997 fand RIETSCHEL (1998) die Art bei Weil am Rhein auf deutschem und schweizer<br />
Gebiet im Bereich der Autobahnrastst‰tte zahlreich unter Platanenborke. Mittlerweile ist die Art<br />
verschiedentlich auch im Basler Stadtgebiet nachgewiesen (u.a. VOIGT mdl. Mitt.).<br />
So kann es jetzt kaum ¸berraschen, dafl die Ausbreitung von Arocatus longiceps<br />
fortschreitet, was zahlreiche Nachweise aus j¸ngster Zeit belegen: Im Stadtgebiet von Karlsruhe<br />
ist die Art sp‰testens 2001 aufgetaucht, wie ein Einzel-Nachweis von VOIGT vom M‰rz 2002<br />
belegt. Seit dem Winter 2002/<strong>2003</strong> ist sie in grˆflerer Anzahl an verschiedenen innerst‰dtischen<br />
Platanen-Standorten zu finden, und sie breitet sich weiter aus: An mehreren Platanen (u.a. im<br />
Nymphengarten und Schloflbezirk), die in den vergangenen Jahren regelm‰flig kontrolliert<br />
wurden, liefl sie sich erstmals und in grˆflerer Zahl im Oktober <strong>2003</strong> nachweisen. Die Tiere<br />
verbergen sich einzeln, paarweise oder in kleinen Gruppen von 5-10 Exemplaren unter den<br />
Borkenschuppen, mitunter direkt neben den ˆrtlich massenhaften Ansammlungen von<br />
Corythucha ciliata. So ist sie inzwischen allgemein im Stadtgebiet verbreitet, auch an<br />
Lokalit‰ten, an denen der Verf. in den letzten Jahren zwar immer wieder einzelne A. roeseli, in<br />
keinem Fall jedoch A. longiceps unter Platanenborke fand. Beide Arocatus-Arten kommen nun im<br />
Winterquartier gelegentlich gemeinsam vor, A. roeseli allerdings nur vereinzelt. An ‰lteren<br />
Funden aus dem Raum Karlsruhe des hier im Stadtgebiet eher seltenen A. roeseli nennt<br />
HECKMANN (1996: 87) lediglich ein Exemplar. Es befindet sich in der Sammlung des Karlsruher<br />
Naturkundemuseums (Ettlingen, leg. NOWOTNY, 14.04.1950).<br />
F¸r Esslingen und N¸rtingen erbrachte RIEGER im Februar <strong>2003</strong> Nachweise von A.<br />
longiceps, teils in Gemeinschaft mit A. roeseli (frdl. Mitt.). Er teilte weiterhin mit, dass A.<br />
longiceps wohl im gesamten mittleren Neckarraum vorhanden sei.<br />
Aus dem Gebiet des Hochrheins bis zum Bodensee ¸bermittelte HECKMANN dem Verf. f¸r<br />
den Winter 2002/<strong>2003</strong> Vorkommen von A. longiceps im Ortszentrum von Waldshut (08.12.02)<br />
und im Citybereich von Konstanz am Rheinufer (16.02.03). F¸r die Fundstelle in Konstanz ist<br />
festzuhalten, dass sich an dieser in den vorhergehenden Jahren A. longiceps ebenfalls nicht<br />
nachweisen liefl, also recht jung eingewandert sein mufl. HECKMANN fand die Art auflerdem in<br />
Kehl am Rhein (09.02.03). Aus der Innenstadt von Mannheim legte VOIGT dem Verf. ein<br />
einzelnes Exemplar von vor, das er am 26.03.01 sammelte. Im M‰rz <strong>2003</strong> konnte G. RIETSCHEL<br />
zahlreiche A. longiceps in Mannheim sammeln; MORKEL (2002) nennt hingegen aus dem Jahr
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 13<br />
1998 nur A. roeseli von Mannheim. Am Oberrhein kommt, ¸ber Karlsruhe und Mannheim nach<br />
Norden hinaus, A. longiceps seit 1997 auch in Rheinland-Pfalz vor (Landau, SIMON 2002: 1405,<br />
inzwischen bis nach Guntersblum, mdl. Mitt.).<br />
Das ‹berwinterungsquartier im Stammbereich von Platanen teilen sich die Arocatus-Arten<br />
mit zahlreichen anderen Wanzen-Arten, die nicht oder nicht vorwiegend auf Platanen leben.<br />
Unter diesen f‰llt h‰ufig Scoloposthetus pictus (SCHILLING, 1829) auf, der besonders im untersten<br />
Stammbereich von Platanen unter der Rinde verbreitet ist, zumal wenn die B‰ume in mit Efeu<br />
durchwachsenen Rabatten stehen, d.h. in recht trockener Umgebung. Schon H‹EBER (1891: 276)<br />
beschrieb den Lebensraum dieser Art u.a. sehr treffend als Ñ... am Fufle der B‰ume in sandigen<br />
Gegenden unter Moos und unter losen Rinden ...ì. Funde aus angeschwemmtem Genist und die<br />
Angabe bei WAGNER (1966: 160 Ñ... an Ufern und an anderen feuchten Orten ...ì) haben dazu<br />
gef¸hrt, dafl S. pictus in der Literatur h‰ufig feuchte Lebensr‰ume zugewiesen werden. So spricht<br />
HOFFMANN (1998: 14) bei den Funden, die er in Frankfurt unter Platanenrinde machte, von einem<br />
Ñuntypischen Fundortì und MORKEL (2000: 3) nennt Sc. pictus eine als Ñhydrophil geltendeì Art.<br />
Der Verf. h‰lt die Art keineswegs f¸r feuchtigkeitsliebend, nachdem er sie ¸berwiegend an sehr<br />
trockenen Standorten im Detritus antraf. Schon in den 50er- und 60er-Jahren fand er sie in<br />
Frankfurt stets am Fufl von Platanen unter der Borke, 1997/98 sogar auf dem damals ˆden<br />
ÑGr¸nstreifenì der SENCKENBERG-Anlage.<br />
Arocatus longiceps versus Arocatus roeseli<br />
Arocatus longiceps und A. roeseli lassen sich zun‰chst im Freiland auf Anhieb leicht<br />
erkennen und problemlos vorl‰ufig unterscheiden. A. longiceps ist in der Regel braunrot,<br />
unterseits meist gelblichweifl bis ocker mit undeutlich begrenzter, schw‰rzlicher Zeichnung,<br />
meist gelbbraunen F¸hlern und Beinen und vergleichsweise klein; A. roeseli ist in der Regel<br />
markant rot mit klar begrenzter schwarzer Zeichnung, schwarzen F¸hlern und Beinen und<br />
vergleichsweise grofl. Die zweifelsfreie Trennung der beiden Arten anhand sicherer Merkmale<br />
f‰llt jedoch erheblich schwerer, weshalb man die von RABITSCH 1998 ausf¸hrlich diskutierten<br />
Bestimmungsmerkmale (Verh‰ltnis Kopfl‰nge zu Scheitelbreite, F‰rbung, L‰nge des Rostrums<br />
usw.) stets sehr kritisch an einer ganzen Serie gegen¸berstellen sollte. Vergleicht man die<br />
mitteleurop‰ischen A. longiceps mit Exemplaren aus dem ˆstlichen Mittelmeergebiet, erscheint<br />
ohnehin eine gr¸ndliche Revision der Gattung anhand eines umfangreichen Materials<br />
w¸nschenswert. Nicht ohne Grund hat sich PICCO (1920) durch die variierenden Merkmale in<br />
Morphologie und F‰rbung dazu verleiten lassen, f¸nf Varianten von A. longiceps mit eigenen<br />
Namen zu belegen (s. STICHEL (1957: 82), der auch bei A. roeseli Varianten in gleicher Anzahl<br />
unterscheidet). Die Varianten beider Arten sind nach P…RICART (1998: 168, <strong>17</strong>1) ohne<br />
taxonomischen Wert.<br />
Arocatus roeseli galt fr¸her als selten (G‹NTHER 1981, RIEGER & STRAUSS 1992,<br />
HOFFMANN 1998). Einzelne Exemplare finden sich aber in SW-Deutschland immer wieder<br />
¸berwinternd unter Rindenschuppen von Platanen. Auch lassen sich die Tiere bis zum Oktober<br />
mitunter zahlreich von Schwarz-Erle (Alnus glutinosa) und gelegentlich Grau-Erle (A. incana)<br />
klopfen. Erlen scheinen in Mitteleuropa die urspr¸nglichen Wirtspflanzen zu sein.<br />
Wahrscheinlich nutzen die an Platanen ¸berwinternden Exemplare auch Platanen als<br />
Wirtspflanze. Darauf hat schon CARAYON (1986) hingewiesen. HOFFMANN berichtet (1998), dafl<br />
er im Winter im Labor beobachtete, wie A. roeseli nachts Platanenzweige besaugte. Zeitweise<br />
Massenauftreten von A. roeseli, wie sie CARAYON (1986) und HOFFMANN (1998) im Jahr 1997<br />
beobachteten, haben wahrscheinlich ihren Grund in ganz nat¸rlichen Fluktuationen einer<br />
Population, die unter g¸nstigem Klima ihre Nahrungspflanze in einer weitgehenden Monokultur<br />
vorfindet ñ hier als Platanen-Alleen in Innenst‰dten. Das Frankfurter Massenvorkommen von A.<br />
roeseli, von dem HOFFMANN berichtete, war ¸brigens 1997/98 bereits wieder<br />
zusammengebrochen. In den Folgejahren war A. roeseli nur noch vereinzelt an Platanen der
14 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Frankfurter Innenstadt zu finden. Sie liefl sich ¸brigens in den 50er und 60er Jahren, als dort der<br />
Verf. und EDMUND E. WOLFRAM sammelten, in Frankfurt nicht nachweisen und scheint sehr<br />
selten gewesen zu sein. GULDE (1921: 370) nennt zwar neben Funden aus der Umgebung<br />
Frankfurts auch einen alten Fund von C. V. HEYDEN als ÑFrankfurt, Mitte Februar unter<br />
Eichenrindeì, macht jedoch f¸r diesen keine weiteren Angaben.<br />
F¸r A. longiceps scheinen nun ‰hnliche ˆkologische Voraussetzungen zu gelten wie f¸r A.<br />
roeseli. Die Art neigt ebenfalls zu Massenentwicklungen dort, wo an klimabeg¸nstigten<br />
Standorten zahlreiche Platanen angepflanzt sind. Ihre Vermehrungsrate ist offenbar sehr grofl und<br />
wahrscheinlich fehlen Freflfeinde. Die Tiere sind auflerordentlich lebhaft und werden, falls man<br />
sie in der Winterruhe stˆrt, bei Temperaturen um 0 C bereits munter. Sie kˆnnen sehr gut<br />
fliegen, was zu einer schnellen Ausbreitung beitr‰gt, aber wohl nicht allein f¸r die Verbreitung<br />
auf grofle Distanz und das ‹berschreiten der Alpen verantwortlich sein kann.<br />
Die Ausbreitung von Arocatus longiceps<br />
Die Einwanderung von Arocatus longiceps in Mitteleuropa fand und findet vermutlich auf<br />
zwei Wegen statt, wie die publizierten Daten sowie die neuen Nachweise am Rhein, Hochrhein<br />
(HECKMANN), in Karlsruhe (RIETSCHEL, VOIGT) und in Rheinland-Pfalz (SIMON) nahe legen. Sie<br />
sind hier mit den auf das Jahr vor der ‹berwinterung extrapolierten Jahreszahlen des sp‰testen<br />
wahrscheinlichen Auftretens markiert:<br />
1 Steiermark/Graz (1995, ADLBAUER & FRIES) ñ Wien, Nieder- und Oberˆsterreich (1997,<br />
RABITSCH) ñ Prag und M‰hren (1999, STEHLÕK & HRADIL).<br />
Die Herkunft dieser Populationen kˆnnte in den Balkanl‰ndern bzw. Griechenland<br />
liegen. Der Holotypus von A. longiceps stammt aus Griechenland (P…RICART 1998: <strong>17</strong>0).<br />
2 Dreil‰ndereck Basel/Weil (1997, RIETSCHEL) ñ Hochrhein bis Bodensee (2002,<br />
HECKMANN) ñ Kehl am Rhein (2002, HECKMANN) ñ Karlsruhe (2001, VOIGT,<br />
RIETSCHEL) Mannheim (2000, VOIGT) ñ Rheinland-Pfalz (2002, SIMON) ñ punktuelle<br />
Vorkommen im mittleren Neckarraum (1995 Heilbronn, RIEGER; 2002 Esslingen u.<br />
N¸rtingen RIEGER).<br />
Die Herkunft dieser Populationen kˆnnte ihren Ursprung in Norditalien haben, von wo<br />
bei P…RICART (1998: <strong>17</strong>3) u.a. die Fundorte Gardasee (HEISS), Padua und Verona (DIOLI)<br />
verzeichnet sind.<br />
Zwar sind die ˆrtlichen Nachweise inzwischen auf gezielte Nachsuche durch Sammler<br />
zur¸ckzuf¸hren und bezeichnen nicht das fr¸heste bzw. erste Auftreten vor Ort, aber es steht<br />
aufler Zweifel, dafl Arocatus longiceps an den meisten Orten vor 1995 bzw. 1998 noch nicht<br />
aufzufinden war. Das Ausbreitungsmuster der Art und ihr plˆtzliches Erscheinen an vielen Orten<br />
macht unterschiedliche Szenarien denkbar:<br />
Auf der einen Seite l‰flt sich die deutliche Erw‰rmung des mitteleurop‰ischen Klimas im<br />
ausgehenden 20. Jahrhundert ins Feld f¸hren, mit der das Auftreten zahlreicher Neub¸rger gerade<br />
bei den Insekten in Verbindung gebracht wird. Eine solche Ausbreitung findet in der Regel nicht<br />
kontinuierlich in kleinen Schritten statt, sondern in Sch¸ben, die durch klimatisch besonders<br />
beg¸nstigende Jahre gefˆrdert werden. In diesem Zusammenhang scheint bemerkenswert, dafl<br />
1997 das Massenauftreten von A. roeseli in Frankfurt am Main (HOFFMANN 1998) mit einer<br />
groflen Zahl von registrierten Erstnachweisen von A. longiceps zeitlich etwa zusammenf‰llt.<br />
Massenentwicklung lˆst ja bei vielen Tierarten Wanderungen und somit einen Schub in der<br />
Ausbreitung aus. Lagen klimatisch 1997 f¸r die zwei Arocatus-Arten optimale Bedingungen f¸r<br />
eine starke Vermehrung, evtl. mit besonders g¸nstigen ‹berwinterungsbedingungen im Winter<br />
1996/97 vor? War bis zu dieser Zeit A. longiceps auf Platanen bereits sporadisch weiter verbreitet<br />
und hat sich, ebenso wie A. roeseli, 1997 besonders stark vermehrt, wodurch der ÑBoomì in den
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 15<br />
Nachweisen erkl‰rbar wird?<br />
Oder sind Zweifel an einer ausschliefllich aktiven, nat¸rlichen Ausbreitung von Arocatus<br />
longiceps brechtigt? Es kˆnnte sein, dafl bei dieser Art anthropogene Einfl¸sse vornehmlich<br />
durch eine Verschleppung mittels Verkehrsmitteln, eine wichtige Rolle spielen. Daf¸r spr‰che<br />
u.a., dafl die Vorkommen bis jetzt auf verkehrsreiche Orte beschr‰nkt sind und teils isoliert<br />
liegen. Zweifellos hat dies damit zu tun, dafl Arocatus longiceps wohl vorwiegend auf jenen<br />
Platanen lebt, deren Borke dann auch als Winterquartier dient. P…RICART (1998) gibt auflerdem<br />
Acer, Castanea, Carpinus und Tilia als Wirtsb‰ume an. So besteht zwar die Mˆglichkeit, dafl sich<br />
die Art auch ¸ber Siedlungen und mit Platanen bepflanzte Areale hinaus ausbreitet. Doch<br />
schaffen Platanen in Anlagen und Alleen sicherlich die besten Voraussetzungen f¸r eine erste<br />
Ansiedlung und Ausbreitung, bis hin zu Massenvorkommen. Platanen sind im <strong>17</strong>. Jahrhundert aus<br />
Nordamerika (Platanus occidentalis L.) und dem Balkan und ˆstlichen Mittelmeergebiet (P.<br />
orientalis L.) in mitteleurop‰ische Parks und G‰rten eingef¸hrt worden. Seit dem 18. Jahrhundert<br />
spielen sie in S¸ddeutschland als Alleeb‰ume eine Rolle, meist als Bastard der beiden genannten<br />
Arten (P. hybrida BROT.). Da Platanen an vielen Orten in grofler Zahl als Schattenspender auf<br />
Park- und Rastpl‰tzen sowie an Bahnhˆfen angepflanzt sind, bieten sich die dort vor¸bergehend<br />
abgestellten Fahrzeuge ungezielt Insekten als Transportmittel an. Das gilt insbesondere f¸r Tiere,<br />
die sich auch auflerhalb der Diapause gerne in Ritzen verstecken wie z.B. Arocatus oder auch<br />
Orsillus, die dann ggf. in den Planen von Lastkraftwagen ¸ber grofle Distanzen verschleppt<br />
werden kˆnnen. Verschiedentlich konnte der Verf. in den 80er-Jahren im RhÙnetal Corythucha<br />
ciliata von Fahrzeugen absammeln. Bei Corythucha liegt nahe, dass sie (auch) ¸ber den Straflen-<br />
und Eisenbahnverkehr ¸ber die Burgundische Pforte in das Oberrheingebiet eingeschleppt wurde.<br />
Bei Arocatus longiceps w‰re u.U. eine Verschleppung als Blinder Passagier ¸ber die Alpen in<br />
Betracht zu ziehen.<br />
Unabh‰ngig vom Ausbreitungsmechanismus ñ sei er anthropogen beeinflusst oder nicht ñ<br />
bietet sicherlich neben der Nahrung zun‰chst das ˆrtliche Klima die wichtigste Voraussetzung f¸r<br />
eine dauerhafte Ansiedlung der Art. Man sollte allerdings aus der Tatsache der Einwanderung<br />
w‰rmeliebender Arten in St‰dte keine voreiligen R¸ckschl¸sse auf generelle Klima‰nderungen<br />
ziehen. Zun‰chst ist die Ansiedlung im innerst‰dtischen Bereich lediglich ein Hinweis auf ein<br />
beg¸nstigendes Klima in der Stadt bzw. im Ballungsraum menschlicher Siedlungen, in dem f¸r<br />
Arocatus zudem eine urspr¸nglich nicht heimische Wirtspflanze h‰ufig als Park- und<br />
Straflenbaum angepflanzt ist. Am Beispiel von Corytucha ciliata wird jetzt bereits erkennbar,<br />
dass in Deutschland eine Ausbreitung dieser Art ¸ber die klimabeg¸nstigten Innenbereiche von<br />
St‰dten hinaus bisher kaum oder nur sehr langsam erfolgt. Es bleibt abzuwarten, ob die<br />
Ausbreitung von A. longiceps in Zukunft hierzu Parallelen aufweist.<br />
Arocatus longiceps ist im Winterquartier unter Borkenschuppen von Platanen leicht<br />
nachzuweisen. Die Art bietet sich somit sehr gut als Beispiel eines sich in Mitteleuropa<br />
offenkundig schnell ausbreitenden Neub¸rgers an. Es w‰re deshalb von groflem Interesse, wenn<br />
an mˆglichst vielen Orten j‰hrlich zwischen Oktober und M‰rz ¸berpr¸ft w¸rde, ob vor Ort eine<br />
Population von A. longiceps vorhanden ist und, wenn ja, wie sie sich weiterentwickelt. Dabei l‰flt<br />
sich auch die weitere Ausbreitung von Corytucha ciliata dokumentieren. Diesbez¸gliche<br />
Meldungen nimmt der Autor gerne entgegen.<br />
Dank: F¸r Hinweise und Material danke ich sehr herzlich den Kollegen Dipl. Biol. RALF<br />
HECKMANN, Prof. Dr. GEORG PHILIPPI, Dr. CHRISTIAN RIEGER, Dr. GERHARD RIETSCHEL, Dipl. Biol.<br />
HELGA SIMON und Rektor i.R. KLAUS VOIGT.<br />
Literatur<br />
ADLBAUER, K. & FRIES, T. (1996): Die Ritterwanze Arocatus longiceps ST L, 1873 ñ eine f¸r Mitteleuropa neue<br />
Tierart (Heteroptera, Lygaeidae). ñ Jber. Landesmus. Joanneum Graz 25, 33-39; Graz.
16 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
-,- (1999): Neue Wanzenarten f¸r ÷sterreich, die Steiermark und das Burgenland (Heteroptera). ñ Joannea, Zool. 1,<br />
71-78; Graz.<br />
CARAYON, J. (1989): Arocatus roeseli hÙte des platanes ‡ Paris (HÈm. Lygaeidae). ñ LíEntomologiste 45, 311-313;<br />
Paris.<br />
GULDE, J. (1921): Die Wanzen (Hemiptera ñ Heteroptera) der Umgebung von Frankfurt a. M. und des Mainzer<br />
Beckens. ñ Abh. Senckenberg. Naturforsch. Ges. 37, 327-503, 7 Abb.; Frankfurt am Main.<br />
G‹NTHER, H. (1981): Neue und seltene Wanzenarten (Hemiptera, Heteroptera) im Mittelrheingebiet. ñ Mainzer<br />
naturwiss. Arch. 19, 101-112; Mainz.<br />
HECKMANN, R. (1996): Katalog der Wanzen aus Baden-W¸rttemberg in der Sammlung des Staatlichen Museums f¸r<br />
Naturkunde Karlsruhe (Insecta, Heteroptera). ñ carolinea Beih. 10, 146 S., 25 Kt.; Karlsruhe.<br />
HOFFMANN, H. J. (1998): Zu einem Massenvorkommen von Arocatus roeseli in der Groflstadt Frankfurt am Main. ñ<br />
<strong>Heteropteron</strong> H. 4, 13-16, 2 Abb.; Kˆln.<br />
H‹EBER, Th. (1891): Fauna Germanica. Hemiptera heteroptera I, 1-143; Ulm.<br />
MORKEL, C. (2000): Weitere Funde von Wanzen an Platanen in Deutschland (Insecta, Heteroptera). ñ <strong>Heteropteron</strong> H.<br />
9, 3-4; Kˆln.<br />
PERICART, J. (1998): HÈmiptËres Lygaeidae Euro-MediterranÈens. 1. ñ Faune de France 84A, 12 + 468 S., 142 Abb.,<br />
54 Kt., 1 Frontispiz, 6 Taf.; Paris.<br />
PICCO, L. (1920): Descrizione di tre nuove specie di Ermitteri dellíItalia centrale. ñ Boll. Soc. zool. Italiana 4, 99-107;<br />
Roma.<br />
RABITSCH, W (1998): Zur Verbreitung von Arocatus longiceps ST L, 1873 (Heteroptera, Lygaeidae im nˆrdlichen<br />
÷sterreich mit Anmerkungen zur Merkmalsvariabilit‰t. ñ Linzer biol. Beitr. 30, 305-310; Linz.<br />
RIEGER, CHR. (1997): Erg‰nzungen zur Faunistik und Systematik einiger Wanzen in Baden-W¸rttemberg (Insecta,<br />
Heteroptera) II. ñ carolinea 55, 43-48, 7 Abb.; Karlsruhe.<br />
-,- & STRAUSS, G. (1992): Nachweise seltener und bisher nicht bekannter Wanzen in Baden-W¸rttemberg (Insecta<br />
Heteroptera). ñ Jh. Ges. Naturkde. W¸rttemberg 147, 247-263; Stuttgart.<br />
RIETSCHEL, S. (1998): Arocatus longiceps ST L, 1873 (Lygaeidae) ein Platanen-Neub¸rger in Mitteleuropa. ñ<br />
<strong>Heteropteron</strong> H. 4, 11-12; Kˆln.<br />
SIMON, H. (2002): Erstes vorl‰ufiges Verzeichnis der Wanzen (Insecta: Heteroptera) in Rheinland-Pfalz. ñ Fauna Flora<br />
Rheinland-Pfalz 9, 1379-1420; Landau.<br />
STEHLÕK, J. L. & HRADIL, K. (2000) Arocatus longiceps ST L in the Czech Republic too (Lygaeidae, Heteroptera). ñ<br />
Acta Musei Moraviae, Sci. biol., 85, 351-353; Brno.<br />
STICHEL, W. (1957): Illustrierte Bestimmungstabellen der Wanzen. II. Europa, 4, 65-96, Abb. 218-260; Berlin-<br />
Hermsdorf.<br />
WAGNER, E. (1966): Wanzen oder Heteropteren I. Pentatomorpha. ñ In: DAHL, M. & PEUS, F.: Die Tierwelt<br />
Deutschlands 54, 6 + 235 S., 149 Abb.; Jena.<br />
Anschrift des Autors:<br />
Prof. Dr. Siegfried Rietschel, Waldrebenweg 6, D-76149 KARLSRUHE. ñ<br />
e-mail: s.rietschel@t-online.de
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> <strong>17</strong><br />
Vorarbeiten zur Erstellung einer kritischen Check-Liste der Wanzen<br />
÷sterreichs<br />
WOLFGANG RABITSCH<br />
Die Geschichte der Wanzenerforschung in ÷sterreich nach CARL VON LINN… beginnt mit<br />
NIKOLAUS PODA VON NEUHAUS (<strong>17</strong>23-<strong>17</strong>98), der in seiner "Insecta Musei Graecensis" im<br />
Jahre <strong>17</strong>61 mehrere Wanzen aus der Grazer Umgebung erw‰hnt und neu beschreibt, von<br />
denen vier auch heute noch g¸ltig sind: Rhynocoris iracundus (PODA, <strong>17</strong>61), Palomena<br />
viridissima (PODA, <strong>17</strong>61), Carpocoris pudicus (PODA, <strong>17</strong>61) und Rhaphigaster nebulosa<br />
(PODA, <strong>17</strong>61). Obwohl sich seither mehrere Entomologen mit Wanzen in ÷sterreich<br />
besch‰ftigt haben, wurde bislang noch keine Liste der in ÷sterreich vorkommenden Arten<br />
publiziert. Im Auftrag der ÷sterreichischen Akademie der Wissenschaften wird nun erstmals<br />
eine Checkliste der Wanzen ÷sterreichs erstellt. Dazu wurden unsichere oder zweifelhafte<br />
Angaben durch kritische Bearbeitung der Original-Literaturangaben und der Original-Belege<br />
in verschiedenen Museen und Sammlungen ¸berpr¸ft (zusammenfassende Darstellung bei<br />
RABITSCH <strong>2003</strong>a).<br />
Unsichere, zweifelhafte oder irrt¸mliche Angaben kˆnnen verschiedene Ursachen haben<br />
(z.B. geopolitische ƒnderungen, taxonomische ƒnderungen, Fehldeterminationen). Die<br />
bewegte Geschichte ÷sterreichs hat zu mehrfachen geopolitischen ƒnderungen gef¸hrt, die<br />
bei der Auswertung historischer Literaturangaben zu ber¸cksichtigen sind. So wird z.B. Tingis<br />
marrubii VALLOT von P…RICART (1983) anhand eines historischen Exemplares aus Feldsberg<br />
in Niederˆsterreich gemeldet. Diese Meldung wird im Katalog der Pal‰arktischen<br />
Heteropteren (P…RICART & GOLUB 1996) und im Verzeichnis der mitteleurop‰ischen Wanzen<br />
(G‹NTHER & SCHUSTER 2000) f¸r ÷sterreich ¸bernommen. Allerdings liegt Feldsberg (das<br />
heutige Valtice) seit Ende des 1. Weltkrieges in der Tschechischen Republik.<br />
Von den sechs im Katalog (KERZHNER & JOSIFOV 1999) und im Verzeichnis (G‹NTHER<br />
& SCHUSTER 2000) f¸r ÷sterreich genannten Arten der Gattung Megalocoleus REUTER<br />
kommen nur drei mit Sicherheit in ÷sterreich vor: M. exsanguis (H.-S.), M. molliculus<br />
(FALL.) und M. tanaceti (FALL.). Die drei ¸brigen Arten sind aus unterschiedlichen Gr¸nden<br />
aus einer kritischen Liste der Wanzen ÷sterreich zu streichen (M. confusus WAGNER -<br />
taxonomische ƒnderung; M. hungaricus WAGNER - geopolitische ƒnderung; M. mellae<br />
(REUTER) - Verwechslung).<br />
Die meisten der in j¸ngerer Zeit erstmals in ÷sterreich festgestellten Arten sind<br />
mediterraner Herkunft. Allerdings handelt es sich nur bei wenigen Arten um eine (vermutete)<br />
nat¸rliche Arealerweiterung (z.B. Amblytylus macedonicus), die meisten Arten wurden bisher<br />
¸bersehen (z.B. Psallus anaemicus) oder gelangen durch direkte oder indirekte anthropogene<br />
Unterst¸tzung ("Neozoen") nach ÷sterreich (z.B. Oxycarenus lavaterae). Das Auftreten<br />
weiterer Wanzen-Neozoen ist zu erwarten, z.B. f¸r die im Jahr 2000 von Nordamerika nach<br />
Norditalien (Lombardei und Piemont) verschleppte, an Eichen lebende Corythucha arcuata<br />
(Tingidae).<br />
Mit Ausnahme von K‰rnten gibt es f¸r ÷sterreich keine Bundesl‰nder-Checklisten. Eine<br />
erste Zusammenstellung der verf¸gbaren Daten (Abb. 1) zeigt die hˆchsten Artenzahlen f¸r<br />
die pannonisch beeinfluflten Bundesl‰nder Niederˆsterreich, Wien und Burgenland.<br />
Bemerkenswert sind die ¸ber 500 Wanzenarten innerhalb des Bundeslandes Wien, wo auf nur<br />
0,5% der ˆsterreichischen Landesfl‰che rund 55% der Wanzenarten ÷sterreichs vorkommen<br />
(vgl. RABITSCH <strong>2003</strong>b).
18 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Abb. 1. Wanzenartenzahlen f¸r die ˆsterreichischen Bundesl‰nder (Stand: August <strong>2003</strong>) und angrenzende<br />
Regionen.<br />
Eine erste Bilanz ergibt insgesamt 906 f¸r ÷sterreich bekannte Wanzenarten (Stand:<br />
August <strong>2003</strong>). In dieser Zahl sind 19 Arten enthalten, die bisher noch nicht durch einen<br />
¸berpr¸ften Beleg verifiziert werden konnten. Diese Arten kommen aber aufgrund der<br />
bekannten Verbreitung und besiedelten Lebensr‰ume mit grofler Wahrscheinlichkeit in<br />
÷sterreich vor. Abz¸glich dieser unbest‰tigten Arten sind 887 Wanzenarten f¸r ÷sterreich<br />
bekannt. Wie der Vergleich mit den umliegenden Regionen zeigt, bedingt die besondere<br />
geographische Lage ÷sterreichs zwischen Alpen und pannonischer Steppenlandschaft - wie<br />
auch f¸r andere Tiergruppen bekannt - einen auflergewˆhnlichen Artenreichtum, um dessen<br />
Schutz wir uns alle weiterhin und verst‰rkt bem¸hen sollten.<br />
Literatur<br />
G‹NTHER, H. & SCHUSTER, G. (2000): Verzeichnis der Wanzen Mitteleuropas (Insecta: Heteroptera) (2.<br />
¸berarbeitete Fassung). - Mitt. internat. entomol. Ver. Supplement VII, 1-69.<br />
KERZHNER, I.M. & JOSIFOV, M. (1999): Cimicomorpha II. Miridae. - In: AUKEMA, B. & RIEGER, C. (eds):<br />
Catalogue of the Heteroptera of the Palaearctic Region. - Vol. 3., 577 pp., Netherlands Entomological<br />
Society, Amsterdam.<br />
PERICART, J. (1983): HÈmiptËres Tingidae euro-mÈditerranÈens. - Faune de France 69, Paris, 620 pp.<br />
-,- & GOLUB, V.B. (1996): Superfamily Tingoidea LAPORTE, 1832. - In: AUKEMA, B. & RIEGER, C. (eds):<br />
Catalogue of the Heteroptera of the Palaearctic Region. - Vol. 2, 3-78, Netherlands Entomological Society,<br />
Amsterdam.<br />
RABITSCH, W. (<strong>2003</strong>a): Annotations to a check-list of the Heteroptera of Austria. - Ann. Nat. Hist. Mus. Wien,<br />
im Druck.<br />
-,- (<strong>2003</strong>b): Beitrag zur Kenntnis der Wanzenfauna von Wien (Insecta, Heteroptera). - Linzer biol. Beitr., im<br />
Druck.<br />
Anschrift des Autors:<br />
Dr. Wolfgang Rabitsch, Institut f¸r Zoologie der Universit‰t Wien, Althanstrafle 14, A-1090<br />
Wien, ÷sterreich,<br />
e-mail: wolfgang.rabitsch@univie.ac.at, http://mailbox.univie.ac.at/wolfgang.rabitsch
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 19<br />
Ein bedenklicher Insektensammler<br />
KLAUS VOIGT<br />
Zusammenfassung:<br />
Der Bodensatz einer sog. ÑSchnakenlampeì zeigte, dafl sie unselektiv vorwiegend Schmetterlinge und<br />
K‰fer f‰ngt. Es kˆnnte aber sein, dafl M¸cken fast vollst‰ndig verbrennen. Die Verwendung solcher Lampen ist<br />
abzulehnen.<br />
Abstract:<br />
In the bottom of a Ñlamp against midgesì there were mainly parts of Lepidoptera and Coleoptera. Perhaps<br />
midges are totally burned. These lamps catch insects unselectively. They are not recommended.<br />
Vor einigen Wochen ergab sich die Gelegenheit, die elektrische ÑSchnakenlampeì eines<br />
Bekannten zu inspizieren. Viele Abende lang leuchtete sie im Mai und Juni auf dem Balkon,<br />
um die l‰stigen Schnaken zu vertreiben. Mit ihrem hellen ged‰mpften Licht lockte sie die<br />
stechlustigen M¸cken an, die dem Lichte zustrebten. Vor der Leuchtrˆhre ist allerdings eine<br />
Heizwendel angebracht. Sie tˆtet durch ihre Hitze die anfliegenden Qu‰lgeister ab. So kann<br />
der Betreiber in Ruhe und unbel‰stigt auf dem Balkon sitzen und den Abend genieflen.<br />
Ich konnte den ÑBodensatzì dieser Schnakenlampe untersuchen. Ein Wirrwarr von<br />
verbrannten und verst¸mmelten Insekten lag vor mir. In der Regel waren nur noch einzelne<br />
Insektenteile, die der Verbrennung entgangen waren, vorhanden. Fast kein Tier blieb<br />
vollst‰ndig erhalten. Schon der erste Blick zeigte, dafl die Schmetterlingsreste ¸berwogen.<br />
Beim Auslesen best‰tigte sich, dafl diese ÑSchnakenlampeì ihren Namen zu unrecht trug. Nur<br />
etwa 5 % der Insekten waren Schnaken (= M¸cken). Die ¸brigen Insektenleichen gehˆrten zu<br />
verschiedenen Insektenordnungen. Ich sch‰tzte, dafl die verschiedenen Insektenteile zu etwa<br />
200-300 Insekten gehˆrten. Folgende (ca.) Zahlen verdeutlichen, was sich angesammelt hatte.<br />
Die Reste lieflen folgende Gruppen zuordnen:<br />
etwa :<br />
100 groflen Nachfalter<br />
5 Tagfalter<br />
30 Kleinschmetterlinge (ÇMottenë)<br />
10 Wespen<br />
5 grofle Erdschnaken<br />
10 Florfliegen<br />
10 Weichk‰fer<br />
20 Kleink‰fer<br />
10 Fliegen<br />
10 M¸cken und keine Wanze!!!<br />
Die obige Aufstellung zeigt deutlich, dafl diese Lampe ihre Aufgabe, Schnaken (=<br />
M¸cken) zu fangen und abzutˆten, nicht erf¸llt. Ihr Anteil am Bodensatz war viel zu gering.<br />
Man kann allerdings nicht ausschlieflen, dafl diese Lampe mehr Schnaken angelockt hat, als<br />
sich Spuren im Bodensatz gefunden haben. Da M¸cken einen relativ zarten Kˆrperbau haben,<br />
l‰flt sich nicht ausschlieflen, dafl sie bei Ber¸hrung der Heizwendel fast vollst‰ndig<br />
verbrannten und nur die Reste der grˆfleren und robusteren Insekten sich am Boden<br />
angesammelt haben .<br />
Die obige (unvollst‰ndige) Artenzusammenstellung beweist, dafl diese Lampe nicht<br />
selektiv f‰ngt. Die hohe Anzahl von harmlosen, n¸tzlichen, aber nachtaktiven
20 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Schmetterlingen, K‰fern, Florfliegen, u.a.m. verbietet geradezu ihre Verwendung. Diese<br />
Lampe macht keinen Unterschied zwischen n¸tzlichen und sch‰dlichen, zwischen h‰ufigen<br />
und sehr seltenen Fluginsekten. Sie ist deshalb strickt abzulehnen.<br />
Die zahlreichen sonstigen k¸nstlichen Lichtquellen locken zwar ebenfalls unselektiv<br />
Insekten an, doch werden sie im allgemeinen dabei nicht systematisch abgetˆtet. Viele St‰dte<br />
und Gemeinden sind schon dazu ¸bergegangen, die starken weiflstrahlenden Straflenlampen<br />
durch gelbe Quecksilberdampflampen, die insektenfreundlich sind, zu ersetzen.<br />
Ein Entomologe, der derart wahllos Insekten sammelte, wie es diese Schnakenlampe tut,<br />
w¸rde bestraft werden. Selbst wenn ein Entomologe ab und zu Lichtfang betreibt, so<br />
entnimmt er dabei nur eine sehr geringe Anzahl der anfliegenden Insekten. Danach lˆscht er<br />
seine Lampe, damit die durch das Licht angelockten ÑFremdinsektenì wieder entweichen<br />
kˆnnen.<br />
Solche unselektiven ÑSchnakenlampenì sollten generell verboten werden, da sie den<br />
angestrebten Zweck, nur Schnaken zu tˆten, nicht erf¸llen. Sie tˆten eine grofle Anzahl<br />
n¸tzlicher und harmloser Insekten und tragen zur Verarmung unserer Insektenwelt bei.<br />
Mir ist nicht bekannt, ob selektive ÑSchnakenlampenì auf dem Markt angeboten werden.<br />
Ich mˆchte zum Schlufl noch anmerken, dafl mein Bekannter, als er das Fangergebnis seiner<br />
Lampe hˆrte, diese abschaltete und nicht mehr weiter betrieb.<br />
Anschrift des Verfassers:<br />
Klaus Voigt, Forellenweg 4, D-76275 ETTLINGEN.
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 21<br />
Weitere Fundorte der Neozoe Stephanitis takeyai in Westdeutschland<br />
(Hemiptera-Heteroptera: Tingidae)<br />
HANS-J‹RGEN HOFFMANN<br />
Seitdem im Juni <strong>2003</strong> die neozoische Art Stephanitis takaeyai erstmals in Deutschland<br />
nachgewiesen wurde (HOFFMANN <strong>2003</strong>), mehren sich die Fundmeldungen. Gemeldet wurden<br />
zwischenzeitlich Funde aus Niedersachsen und Bremen (HOMMES, WESTHOFF & MELBER <strong>2003</strong>).<br />
Aber auch in NRW scheint die Art weiter verbreitet zu sein als zun‰chst angenommen. So konnte<br />
WERNER mir freundlicherweise eine Fundmeldung aus einem privaten Vorgarten mit ‰lterem<br />
Pieris japonica-Pflanzenbestand in Bergisch Gladbach-Refrath mitteilen.<br />
Ich selbst konnte in der Zwischenzeit die Art im Japanischen Garten im Nordpark in<br />
D¸sseldorf am 23.09.<strong>2003</strong> ebenfalls an Pieris japonica-Pflanzen in starker Population<br />
beobachten. Da diese Einrichtung 1975 angepflanzt wurde, kann auch hier ñ wie schon fr¸her f¸r<br />
den Japanischen Garten in Bonn diskutiert (HOFFMANN <strong>2003</strong>) ñ nicht ausgeschlossen werden, dafl<br />
die Einschleppung bereits bei der Anpflanzung erfolgt ist. Anl‰fllich des Westdeutschen<br />
Entomologentages am 22.11.03 im anschlieflenden Aquazoo und L÷BBECKE-Museum im<br />
D¸sseldorfer Nordpark konnten mehrere Heteropterologen ebenfalls dort an mehreren Stellen<br />
noch Imagines sammeln.<br />
Auch an der Fundstelle in Bonn konnten noch am 15.10.<strong>2003</strong> vereinzelt Imagines und<br />
Larven an Bl‰ttern in Bodenn‰he abgesammelt werden.<br />
Angeregt durch ein Einzeltier nebst Blatt, das Herr O. WINK (Student), mit der Notiz Ñ<br />
Botanischer Gartenì (= Flora Kˆln) im Zoologischen Institut Kˆln am 29.10.<strong>2003</strong> einlieferte,<br />
konnte ich bei Nachsuche auch im Forstbotanischen Garten der Stadt Kˆln an den sehr<br />
zahlreichen, z.T. ¸ber mannshohen Pieris japonica-Str‰uchern am 02.11.<strong>2003</strong> auf Anhieb das<br />
Schadbild feststellen und zahlreiche Einzeltiere auf den Blattunterseiten auffinden. Der<br />
Forstbotanische Garten wurde 1964 angelegt und weist - nach Gebieten, Themen oder Baumarten<br />
in jeweils grˆfleren Individuenzahlen geordnet - einen sehr abwechslungsreichen Pflanzenbestand<br />
auf. Im japanischen Teil, aber auch an verschiedenen Wegen sind zahlreiche Pieris japonica-<br />
Str‰ucher angepflanzt, die ¸berwiegend befallen sind.<br />
Beinahe sieht es so aus, dafl man nach einem Erstfund oft eine Art ¸berall entdeckt, wenn<br />
man nur dorthin gelangt: So konnte ich anl‰fllich der jahreszeitlich bedingten Friedhofsbesuche<br />
am 06.12.03 St. takeyai auch in M¸lheim-Ruhr (Friedhof M¸lheim-Ruhr-D¸mpten) und Essen<br />
(Essen, S¸dwest-Friedhof) auf div. Gr‰bern in Mengen an Pieris japonica absammeln. Auch in<br />
der Gruga in Essen (1929 angelegt, 1965 grundlegend neu gestaltet), die mir als ein sehr<br />
ergiebiger Fundort von St. oberti und(!) St. rhododendri bekannt war, konnten am gleichen Tag<br />
auf den dort angepflanzten Pieris japonica-Str‰uchern trotz der sp‰ten Jahreszeit (bisher ohne<br />
st‰rkere Frosttage!) zahllose Imagines, aber keine Larven mehr gesammelt werden, vereinzelte<br />
Tiere auch auf benachbarten Rhododendron-Bl‰ttern. Die Rhododendren selbst weisen an diesem<br />
Standort die typischen Schadbilder von Rhododendron-Wanzen auf, Tiere dieser Arten konnten<br />
allerdings nicht mehr gefunden werden. Nach der Verˆffentlichung von HOMMES et al. (<strong>2003</strong>)<br />
existiert also neben Bremen und Braunschweig weiter im Norden speziell im Kˆln-Bonner Raum<br />
ein starker ¸berregionaler Befallsherd durchgehend vom Ruhrgebiet (Essen, M¸lheim) ¸ber<br />
D¸sseldorf und Kˆln bis Bonn.<br />
In wie weit auch am Oberrhein die Art bereits vorkommt, bleibt abzuwarten, nachdem<br />
HECKMANN im Gespr‰ch eine Fundmeldung in Aussicht stellte.<br />
Nachdem bereits BAUFELD von der Biol. Bundesanstalt Kleinmachnow (2002) um Meldung<br />
von Vorkommen bat, und nunmehr seitens HOMMES et al. (<strong>2003</strong>) zumindest sofortige
22 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Bek‰mpfungsmaflnahmen empfohlen werden, ist zu ¸berpr¸fen, ob angesichts des zahlreichen<br />
und massiven Auftretens der Art in N- und W-Deutschland eine Wiederausrottung ¸berhaupt<br />
noch mˆglich ist. Fund-Meldungen erscheinen nat¸rlich im Hinblick auf faunistische und<br />
ˆkologische Aussagen und Verfolgen einer evtl. Ausbreitung w¸nschenswert. Im Hinblick auf<br />
eine ñ mir aussichtslos erscheinende - Bek‰mpfung eines als Neozoon aufgetretenen Sch‰dlings<br />
an ebenfalls eingef¸hrten Zierpflanzen ñ ohne irgendeine besondere wirtschaftliche Bedeutung<br />
f¸r Ern‰hrung o.‰. ñ stellt sich die Frage, in wie weit - aufler Einfuhrkontrollen beim Handel mit<br />
der Wirtspflanze Pieris japonica - Bek‰mpfungsmaflnahmen (ggf. sogar von ÷ffentlicher Hand,<br />
also mit Steuergeldern initiiert) ¸berhaupt zu verantworten sind. Eine Gefahr f¸r einheimische<br />
Pflanzen ist nicht zu erkennen. Selbst das ‹bergreifen der Art auf Rhododendren (s.o.) ist in<br />
Frage zu stellen. Zweifelsohne finden sich Tiere auch an ¸blicherweise benachbart angepflanzten<br />
Strauch- und Baum-Arten. Ob aber dort eine l‰ngerfristige Entwicklung ñ mit Sch‰den an den<br />
Pflanzen - mˆglich ist, mufl erst noch gepr¸ft werden. Und an eine Bek‰mpfung z.B. der<br />
Rhododendronsch‰dlinge aus der Gruppe der Wanzen (Stephanitis rhododendri und St. oberti)<br />
und Zikaden (Graphocephala fennahi) denkt ja m.W. auch seit langem kein Amt mehr.<br />
In der Arbeit von HOMMES et al. (<strong>2003</strong>) finden sich im ¸brigen sehr gute Farbfotos von den<br />
mit Stephanitis takeyai evt. gemeinsam vorkommenden bzw. zu verwechselnden Rhododendron-<br />
Gitterwanzen St. oberti und St. rhododendri (Larvenabbildung leider nur von St. rhododendri).<br />
Literatur<br />
BAUFELD, P. (2002): Die Andromedanetzwanze (Stephanitis takeyai) ñ ein neuer Sch‰dling an Ziergehˆlzen. ñ<br />
Nachrichtenbl. Deutscher Pflanzenschutzd. Stuttgart 54, 318-319.<br />
HOFFMANN, H.J. (<strong>2003</strong>): Die Gitterwanze Stephanitis takeyai DRAKE & MAA, 1955 neu f¸r Deutschland<br />
(Hemiptera-Heteroptera, Tingidae). ñ <strong>Heteropteron</strong> H. 16, 20-23.<br />
HOMMES, M, WESTHOFF, J. & MELBER, A. (<strong>2003</strong>): Andromeda-Netzwanze, Stephanitis takeyai DRAKE & MAA<br />
(Heteroptera: Tingidae) erstmals f¸r Deutschland nachgewiesen. ñ Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd. 55,<br />
<strong>17</strong>4-<strong>17</strong>7.<br />
Anschrift des Autors:<br />
Dr. H.J. Hoffmann, Zoologisches Institut der Universit‰t, Weyertal 119, D-50931 K÷LN
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 23<br />
Zur Ausbreitung der Platanengitterwanze Corythucha ciliata in Kˆln ñ<br />
Jahresbericht <strong>2003</strong> (Hemiptera-Heteroptera: Tingidae)<br />
HANS-J‹RGEN HOFFMANN<br />
Ende 2002 konnte die als Neozoe in Deutschland seit 1983 vorkommende Art Corythucha<br />
ciliata, die Platanengitterwanze erstmalig in Kˆln in sehr starker Populationsdichte am<br />
Bundesbahnhof Kˆln ñDeutz nachgewiesen werden. (Ein Kˆlner Einzelfund aus 2001 konnte<br />
nicht zugeordnet werden. Aber auch am vorgenannten Standort ist die Art mit ziemlicher<br />
Sicherheit zumindest schon in den vorangegangenen Jahren eingeschleppt worden.)<br />
Durch die f¸r den Autor g¸nstige Lage des Befallsherdes bietet sich letzterer zur<br />
Beobachtung der zu erwartenden lokalen Ausbreitung an. Soweit mˆglich soll daher jeweils am<br />
Ende einer Vegetationsperiode ¸ber den Ausbreitungsstand berichtet werden.<br />
Am 15.10.<strong>2003</strong> wurden die 4 bereits in der Arbeit von <strong>2003</strong> genannten Platanen in Kˆln-<br />
Deutz ¸berpr¸ft, mit dem Ergebnis, dafl die Blattsch‰den wieder f¸r ein sehr starkes Vorkommen<br />
der Art sprechen. Auf den Bl‰ttern fanden sich nur noch vereinzelte Larvengruppen und fast keine<br />
adulten Einzeltiere mehr. Unter den Rindenschuppen konnten wieder - in gleicher St‰rke wie<br />
2002 ñ unz‰hlige ¸berwinternde Individuen nachgewiesen werden.<br />
Eine ‹berpr¸fung von abseits stehenden, 2002 noch nicht befallenen B‰umen ergab auch in<br />
diesem Jahr noch keine sichtbaren Blattsch‰den. Allerdings konnten unter den Rindenschuppen<br />
zahlreicher benachbarter Platanen (s. Abb. 1) regelm‰flig und zahlreich einzeln ¸berwinternde<br />
Wanzen nachgewiesen werden. Die Entfernung vom Ursprungs-Befallsherd betrug max. 150 m.<br />
(s. Abb. 1). Auf jenseits der Bundesbahntrasse stehenden Platanen fanden sich noch keine Tiere.<br />
Aus dem sonstigen Stadtgebiet von Kˆln konnten weder durch eigene Beobachtung noch<br />
durch Hinweise aus der Bevˆlkerung Infektionsherde festgestellt werden.<br />
PS. Der von mir im HETEROPTERON H. 15 gebrachte Beitrag (HOFFMANN <strong>2003</strong>a) wurde zwischenzeitlich in<br />
einer nur leicht abgewandelten Form in den Entomologischen Nachrichten und Berichten (HOFFMANN <strong>2003</strong>b)<br />
verˆffentlicht, um das Vorkommen einem breiteren Beobachter-Kreis und nicht nur den Heteropterologen<br />
bekannt zu machen.<br />
Literatur<br />
HOFFMANN, H.J. (<strong>2003</strong>b,a): Die Platanengitterwanze Corythucha ciliata (SAY, 1872) erreicht den Niederrhein<br />
(Heteroptera). ñ Entomologische Nachrichten und Berichte 47, 67-70 + Umschlagfotos<br />
bzw. <strong>Heteropteron</strong> H. 15, 25-30.<br />
Anschrift des Autors:<br />
Dr. H.J. Hoffmann, Zoologisches Institut der Universit‰t, Weyertal 119, D-50931 K÷LN
24 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
-<br />
Abb. 1: Luftaufnahme Bundesbahnhof Kˆln-Deutz mit Umgebung: links der Rhein.<br />
*** Platanen mit Erstbefall, +++ Platanen mit ¸berwinternden Einzeltieren von Corythucha ciliata,<br />
--- Platanen ohne Befund<br />
+
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 25<br />
Probleme bei der Zucht von Holotrichius tenebrosus BURM.<br />
PETER KOTT<br />
Der Aufbau einer Zucht beginnt mit der Paarung adulter Tiere. Und genau hier liegen<br />
die Probleme bei Holotrichius tenebrosus:<br />
In den Jahren 2002 und <strong>2003</strong> habe ich 47 Paarungsversuche durchgef¸hrt. Davon<br />
f¸hrten f¸nf am Ende wirklich zu einer Kopulation.<br />
2002 paarten sich ♂ 76/01 und ♀ 67/01 sowie ♂ 71/01 und ♀ 87/01. Das ♀ 67/01 legte<br />
vom 15.06.02 bis zum 21.07.02 insgesamt 276 Eier und das ♀ 87/01 legte vom 13.06.02 bis<br />
zum 16.08.02 insgesamt 375 Eier. In beiden F‰llen waren alle Eier unbefruchtet und<br />
entwickelten sich nicht.<br />
<strong>2003</strong> paarten sich ♂ A0/03 und ♀ 40/01, ♂ K5/03 und ♀ K4/03 sowie ♂A3/03 und ♀<br />
16/01. ♀ 16/01 und ♀ K4/03 legten bis zu ihrem Tod keine Eier. ♀ 40/01 legte insgesamt 15<br />
unbefruchtete Eier.<br />
Die mit K und A bezeichneten adulten Tiere stammen aus der Natur, die anderen sind in<br />
meiner Zucht aus Eiern hervorgegangen, die von Wildf‰ngen stammen.<br />
Weshalb die Eier unbefruchtet blieben ist unklar. Bei Zuchtversuchen mit anderen<br />
Heteropteren (Nabiden und Reduviiden) traten solche Probleme nicht auf.<br />
Der grˆflte Teil der Paarungsversuche, n‰mlich 30, f¸hrte durch Desinteresse der Partner<br />
aneinander nicht zur Kopulation. Manchmal liefen das M‰nnchen oder das Weibchen,<br />
manchmal auch beide gleichzeitig beim Zusammentreffen voreinander weg. Meistens jedoch<br />
liefen die M‰nnchen davon. Manchmal trafen sich die Tiere so als w‰re der Partner ein toter<br />
Gegenstand, ¸ber den man hinwegklettert oder an dem man achtlos vorbeigeht. Und<br />
manchmal drohten das M‰nnchen oder das Weibchen dem jeweiligen Partner durch Anheben<br />
der Vorderbeine.<br />
Aber 12 der 47 Paarungsversuche endeten in wilden K‰mpfen, bei denen ich mehrmals<br />
einschritt, um die M‰nnchen zu retten. Denn in vier F‰llen waren die sowohl langfl¸geligen<br />
wie kurzfl¸geligen M‰nnchen blitzartig vom Weibchen gestochen worden und sofort tot. Sie<br />
wurden anschlieflend wie eine Beute ausgesaugt. Solch ein Kannibalismus unter adulten<br />
Tieren ist mir bisher nicht bekannt gewesen. Offensichtlich fehlte den M‰nnchen das Signal<br />
ÑPaarungspartnerì. Bei Spinnen kennt man so etwas. Hier entwickeln die M‰nnchen spezielle<br />
Signale, um der Verwechslung als Beute zu entgehen. Mˆglicherweise braucht Holotrichius<br />
tenebrosus mehr Platz im Zuchtgef‰fl, damit das M‰nnchen sein artspezifisches<br />
Ann‰herungsverhalten entwickeln kann.<br />
Auch von Gottesanbeterinnen kennt man dieses Verhalten, das hier als Ñsexueller<br />
Kannibalismusì bezeichnet wird (HEVERS & LISKE 1991, S. 26). Bei den M‰nnchen ist ein<br />
spezielles Werbeverhalten zu beobachten, um nicht als Beute zu enden.<br />
Bei Holotrichius tenebrosus konnte ich bis jetzt noch kein Verhaltensmuster bei den<br />
M‰nnchen erkennen, das einem speziellen Werbeverhalten entspricht. Allerdings zeigen die<br />
Weibchen bei der Paarung ein Verhalten, das bei Spinnen als ÑPaarungsstarreì bekannt ist<br />
(BELLMANN 2001, S. 24), denn sie bleiben w‰hrend der ganzen Paarung in einem thanatose-<br />
‰hnlichen Zustand. Sobald sie sich bewegen, wird das Ende der Paarung herbeigef¸hrt.<br />
‹ber Hinweise, die mir bei der Erkl‰rung oder Beseitigung der beiden Probleme helfen<br />
kˆnnten, w¸rde ich mich sehr freuen.<br />
Literatur<br />
BELLMANN, H. (2001): Kosmos-Atlas Spinnentiere Europas. ñ Stuttgart., 304 S..
26 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
HEVERS, J. & LISKE, E. (1991): Lauernde Gefahr. Das Leben der Gottesanbeterinnen. ñ Staatl. Naturhistorisches<br />
Museum Braunschweig (Hrsg.), 67 S.<br />
Anschrift des Autors:<br />
Peter Kott, Am Theuspfad 38, D-50 259 PULHEIM<br />
Betr.: Holotrichius tenebrosus BURM.<br />
Um ¸ber die Verbreitung genauere Aussagen machen zu kˆnnen, bin ich auf die Mitarbeit von<br />
Kollegen angewiesen. Vielleicht hat der eine oder andere in seiner Sammlung Holotrichius<br />
tenebrosus BURM. stecken und kann mir die Fundangaben mitteilen.<br />
Informationen bitte an:<br />
Peter Kott<br />
Am Theuspfad 38<br />
D-50 259 PULHEIM<br />
Abb.1: Holotrichius tenebrosus BURM., ♂ (oben) und ♀ (unten) (Fotos: P. KOTT)
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 27<br />
Ein Massenvorkommen von Arocatus in der Schweiz<br />
HANS-J‹RGEN HOFFMANN<br />
Anl‰fllich des Beitrags von RIETSCHEL im vorliegenden <strong>Heft</strong> erinnerte ich mich an ein<br />
unfertiges Manuskript, das seit l‰ngerem in meinem PC auf die Endfassung wartete. Hier nun eine<br />
Erg‰nzung zu dem vorgenannten Beitrag.<br />
RIETSCHEL berichtete im HETEROPTERON H. 4 / 1998 von einem Vorkommen der Art<br />
Arocatus longiceps STAL, zusammen mit A. roeseli SCHILLING in Weil am Rhein als Nachweis<br />
f¸r Deutschland und zumindest im Grenzgebiet der Schweiz. Es war daher zu erwarten, dafl<br />
nach den zahlreichen Nachweisen der erstgenannten Art aus ÷sterreich A. longiceps auch in<br />
der Schweiz h‰ufiger auftreten w¸rde. Anl‰fllich der Entomologentagung in Basel<br />
(3-L‰ndertagung der DGaaE, SEG und OEG mit der SIIEC, vom 14.-19.03.99) habe ich daher<br />
die ortsans‰ssigen Platanen untersucht und wurde bereits nach wenigen Minuten in der<br />
Innenstadt an der ersten Platane mit 6 Individuen von Arocatus spec. f¸ndig. Es folgte eine<br />
l‰ngere Durststrecke, bis ich schliefllich im Innenhof des Kollegiengeb‰udes der Universit‰t<br />
auf einer der beiden dort stehenden, sehr groflen/alten Platanen weitere Tiere sammeln konnte.<br />
Da die Art auf den ersten Blick recht zahlreich vorkam, versuchte ich eine grobe<br />
H‰ufigkeits-Absch‰tzung. Unter den Borkenschuppen von ca. 1 m 2 Stamm (der ja nur ± zur<br />
H‰lfte mit losen Schuppen bedeckt war) ¸berwinternde Tiere liefl ich in einen Plastikbeutel<br />
"rieseln". [Schliefllich will man ja vor den Augen von theoretisch 500 Entomologen und div.<br />
Universit‰tsmitarbeitern nicht unnˆtig viel Aufsehen erregen! Glauben doch immer wieder<br />
vor allem Laien, dafl das Entfernen der losen Borkenst¸cke die Platanen sch‰digt oder ihnen<br />
zumindest "weh tut"!] Dabei flogen, trotz des relativ fr¸hlingshaft-k¸hlen Wetters etliche<br />
Tiere weg, andere fielen neben den Beutel, so dafl die wirkliche Zahl noch deutlich hˆher<br />
gelegen hat. Trotzdem konnte ich sp‰ter ca. 1.000 Individuen von 1 rn 2 Rinden-Oberfl‰che, in<br />
Kˆrperhˆhe auf der S-Seite des Baumes gelegen, ausz‰hlen.<br />
Es ist bekannt, dafl Neozoen (d.h. Tiere, die nach 1492 durch (in)direkte Mithilfe des<br />
Menschen in ein Gebiet eingeschleppt wurden) oder Arealerweiterer (die z.B. durch<br />
Klima‰nderungen ihre Verbreitungsgrenze ausdehnen konnten) anfangs in neubesiedelten<br />
Gebieten zu Massenvorkommen neigen, wobei bei vielen Arten sp‰ter ein R¸ckgang der<br />
Befallsst‰rke zu beobachten ist. H‰ufig fehlen dann Zahlen aus der Vergangenheit: Evtl.<br />
vorhandene Tagebuchaufzeichnungen ¸berleben selten den Sammler, werden noch seltener<br />
sp‰ter ausgewertet, und auch Belegexemplare in einer Sammlung geben in der Regel keinen<br />
Aufschlufl ¸ber die jeweilige H‰ufigkeit zum Zeitpunkt des Aufsammelns. Daher sollten viel<br />
ˆfter Kurzmitteilungen verˆffentlich werden, da nur sie mit einer gewissen<br />
Wahrscheinlichkeit sp‰ter ber¸cksichtigt werden. - Und noch viel sinnloser sind die ¸blichen,<br />
beil‰ufig hingestreuten m¸ndlichen Bemerkungen freundlicher Kollegen, dafl man die Art<br />
Ñauch ¸berall, und zwar schon seit viel l‰ngerer Zeitì beobachtet/gesammelt hat. Das<br />
umfangreiche, eingesammelte Material aus Basel erlaubte die ‹berpr¸fung des<br />
Determinationsmerkmals, das RABITSCH (1998) f¸r das ˆsterreichische Vorkommen angibt:<br />
das Verh‰ltnis Kopfmediane-L‰nge zu Zwischenaugenbreite lag praktisch bei allen<br />
vermessenen Individuen bei 1,2, bei Material von Frankfurt von A. roeseli bei 1,1, so dafl es<br />
sich in Basel z.T., und zwar bei ca. 2/3 - um eine Population von A. longiceps handelte. Eine<br />
kleinere Anzahl von Tieren entspricht entsprechend den Kriterien von RIETSCHEL A. roeseli,<br />
d.h. rot mit schwarzer Zeichnung, schwarzen Beinen und Antennen. Allerdings gibt es auch<br />
eine grˆflere Zahl gelbbrauner Tiere mit schwarzen Beinen und Antennen, sowie roter Tiere<br />
mit gelbbraunen Beinen und Antennen, f¸r die die Merkmale von RIETSCHEL in der Praxis
28 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
zumindest nicht greifen. Auch die Angaben von RIETSCHEL mit der Zahl 1,4-1,5 bed¸rfen<br />
einer ‹berpr¸fung. Die Farbmerkmale bei meinem Material von Frankfurt waren dagegen<br />
klarer: Die Tiere von A. roeseli (s. Massenvorkommen in Frankfurt/Main 1997 (HOFFMANN<br />
1998); auch im Winter 1998 best‰tigt) waren deutlich rot mit schwarzer Zeichnung.<br />
Literatur<br />
s. im Artikel von RIETSCHEL in diesem <strong>Heft</strong><br />
Anschrift des Autors:<br />
Dr. H.J. Hoffmann, Zoologisches Institut der Universit‰t, Weyertal 119, D-50931 K÷LN<br />
Berichtigung betr. Cremnocephalus<br />
MARTIN GOSSNER<br />
Aufgrund der falschen Genitalzeichnungen in WAGNER, durch die auch ein Kollege bei der<br />
Nachbestimmung auf die falsche F‰hrte kam, ist der Fund von Cremnocephalus albolineatus, der<br />
in meinem Beitrag im <strong>Heteropteron</strong> H. 15 erw‰hnt ist, in Wirklichkeit Cremnocephalus alpestris.<br />
Anschrift des Autors:<br />
Dipl. Biol. MARTIN GOSSNER, Lehrstuhl f¸r Landnutzungsplanung und Naturschutz, Fakult‰t<br />
Wissenschaftszentrum Weihenstephan / TU M¸nchen, Am Hochanger 13, D-85354 FREISING<br />
Kleinere Fundmeldungen<br />
In den Jahren nach einer gr¸ndlicheren Bearbeitung eines Gebietes werden oft einzelne<br />
Funde gemacht, die dann ¸blicherweise nicht mehr zugeordnet und/oder verˆffentlicht<br />
werden. Sie sollten daher ñ zumindest vorl‰ufig - mˆglichst schriftlich festgehalten werden.<br />
Acalypta carinata und Bathysolen nubilus Neufunde f¸r das Niederrhein-Gebiet (s. Bearbeitung<br />
von HOFFMANN 1998, 1999): je 1 Ex. Rees/Nírhein, Grietherbusch, Reeser Bruch 19.-<br />
21.08.03, leg. M. SCHLENDER<br />
Gonocerus juniperi (19.10.03), Gonocerus acuteangulatus (05.05.03), Aellopus atratus<br />
(04.05.03), Eurygaster maura (18.05.03) Neufunde f¸r den Bausenberg/Niederzissen<br />
(Brohl), leg./fot. W. M‹LLER (s. Bearbeitung von HOFFMANN 1975, 1982)<br />
Corythucha ciliata, Stephanitis takeyai (Meldung HOFFMANN 2002/<strong>2003</strong>). Bathysolen nubilus,<br />
Botrostethus annulipes, Syromastes rhombeus (Meldung KOTT 1998), Coptosoma<br />
scutellatum (Meldung WERNER 1998) Neufunde f¸r Kˆln (s. Bearbeitung von HOFFMANN<br />
1992, 1996)<br />
ƒnderungen zum Adressenverzeichnis Mitteleurop‰ischer Heteropterologen<br />
PETER G÷RICKE, Fasanenweg 6, D-39<strong>17</strong>9 EBENDORF<br />
THOMAS MARTSCHEI, Feldstr. 3, D-<strong>17</strong>498 JARNSHAGEN, Tel. priv. 038333/88460, dienstl.<br />
03834/507029 oder 0<strong>17</strong>0/3410987<br />
M. M‹NCH ♂ u. D. VOGEL ♀, Dittersdorfer Str. 123, D-09122 CHEMNITZ<br />
KATARINA SUEHLO, Stephanstr. 4, D-10559 BERLIN, Tel. 030/46065713, e-mail<br />
k.suehlo@gmx.de<br />
RALPH ZANGE, Levelingstr. 108a, D-85049 INGOLSTADT
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 29<br />
Heteroptera: Neu- und Wiederfunde in Sachsen-Anhalt<br />
1. Nachtrag zum Verzeichnis der Wanzen Deutschlands (Stand: 31.12.<strong>2003</strong>)<br />
WOLFGANG GRUSCHWITZ & WOLFGANG KLEINSTEUBER<br />
Verzeichnisse sind meist schon mit dem Erscheinen revisionsbed¸rftig. Das trifft auch<br />
f¸r das Verzeichnis der Wanzen Deutschlands (HOFFMANN & MELBER <strong>2003</strong>) zu. Hier vor<br />
allem deshalb, da von der Abgabe der L‰nderliste von Sachsen-Anhalt bis zur<br />
Verˆffentlichung ¸ber zwei Jahre vergangen sind.<br />
In der nachstehenden Tabelle sind alle uns bekannt gewordenen Erg‰nzungen erfaflt.<br />
Wenn f¸r eine Art mehrere Funddaten vorliegen, ist das jeweils letzte angegeben.<br />
EFG<br />
-Nr. Taxon<br />
Status<br />
alt<br />
Status<br />
neu<br />
MTB<br />
Ort<br />
-Nr.<br />
Datum Beobachter Quelle<br />
9 Micronecta griseola ohne + 4735 Nebra 28.07.<strong>2003</strong> Kleinsteuber Coll. Kleinsteuber<br />
11 Micronecta poweri ohne + 4433 Wippra 31.07.<strong>2003</strong> Kleinsteuber Coll. Kleinsteuber<br />
39 Sigara fossarum - + 4437 Halle 15.09.2000 Kleinsteuber Coll. Kleinsteuber<br />
58 Microvelia buenoi ohne + 4538 Halle 25.04.<strong>2003</strong> Kleinsteuber Coll. Kleinsteuber<br />
89 Saldula orthochila - + 4229 Schierke 09.09.2002 Gruschwitz Coll. Gruschwitz<br />
92 Saldula pilosella ohne + 4135 Hecklingen 10.07.2002 Gruschwitz Gruschwitz (<strong>2003</strong>a)<br />
129 Dictyonota fuliginosa - + 4131 Blankenburg 18.06.<strong>2003</strong> Gruschwitz Coll. Gruschwitz<br />
220 Dichrooscytus gustavi ohne + 4135 Staflfurt 13.06.<strong>2003</strong> Gruschwitz Gruschwitz (<strong>2003</strong>a)<br />
273 Lygus adspersus ohne + 4034 Westeregeln 06.10.<strong>2003</strong> Gruschwitz Coll. Gruschwitz<br />
339 Strongylocoris atrocoeruleus ohne + 4836 Bad Kˆsen 26.06.2002 Gruschwitz Gruschwitz (<strong>2003</strong>b)<br />
342 Strongylocoris niger * + 4230 Kˆnigsh¸tte 08.07.2002 Gruschwitz Gruschwitz (<strong>2003</strong>b)<br />
544 Orius vicinus ohne + 4135 Staflfurt 29.07.2001 Gruschwitz Gruschwitz (<strong>2003</strong>a)<br />
639 Metopoplax ditomoides ohne + 4135 Fˆrderstedt 18.09.<strong>2003</strong> Gruschwitz Gruschwitz (<strong>2003</strong>c)<br />
ohne Metopoplax fuscinervis ohne + 4135 Hecklingen 15.09.<strong>2003</strong> Gruschwitz Gruschwitz (<strong>2003</strong>c)<br />
785 Geotomus elongatus ohne - 4836 Freyburg Michalk (1938)<br />
789 Canthophorus impressus ohne + 4836 Grˆflnitz 24.06.1999 Dietze, R. Coll. Gruschwitz<br />
Literatur<br />
GRUSCHWITZ, W. (<strong>2003</strong>a): Liste der bisher um Staflfurt (Sachsen-Anhalt) nachgewiesenen Wanzen (Insecta,<br />
Heteroptera) ñ 3. Nachtrag. ñ halophila (Staflfurt) 45, 16-<strong>17</strong>.<br />
-,- (<strong>2003</strong>b): Erstnachweis von Strongylocoris atrocoeruleus in Sachsen-Anhalt und in Th¸ringen (Heteroptera,<br />
Miridae). ñ Mitt. Th¸ringer Entomologenverband 10 (2), 12-13.<br />
-,- (<strong>2003</strong>c): Metopoplax ditomoides und Metopoplax fuscinervis ñ zwei f¸r die Fauna Sachsen-Anhalts neue<br />
Wanzen (Heteroptera, Lygaeidae). ñ Entomol. Mitt. Sachsen-Anhalt 11 (2), 82.<br />
HOFFMANN, H.-J. & MELBER, A. (<strong>2003</strong>): Verzeichnis der Wanzen (Heteroptera) Deutschlands. ñ In:<br />
KLAUSNITZER, B. (Hrsg.): Entomofauna Germanica 6. ñ Entomologische Nachrichten und Berichte Beiheft 8,<br />
209-272.<br />
MICHALK, O. (1938): Die Wanzen der Leipziger Tieflandbucht und der angrenzenden Gebiete. ñ Sitz.-ber.<br />
Naturf. Ges. Leipzig 63 (1936-37), 15-188.<br />
Anschrift der Autoren:<br />
Wolfgang Gruschwitz, Sodastrafle 5, D-39418 STAflFURT ( halophila@gmx.de )<br />
Wolfgang Kleinsteuber, Hirtenweg 15, D-04425 TAUCHA ( s.kleinsteuber@gmx.de )
30 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Wanzenliteratur: Neuerscheinungen<br />
AGLYAMZYANOV, R. (<strong>2003</strong>): Lygus martensis n. sp. from Nepal. ñ Mitt. intern. entomol. Ver. 28, 33-35.<br />
BAUFELD, P. (2002): Die Andromedanetzwanze (Stephanitis takeyai) ñ ein neuer Sch‰dling an Ziergehˆlzen. ñ<br />
Nachrichtenbl. Deutscher Pflanzenschutzd. Stuttgart 54, 318-319.<br />
DECKERT, J. (<strong>2003</strong>): Zum Vorkommen von Amphiareus obscuriceps (POPPIUS, 1909) (Heteroptera,<br />
Anthocoridae) in Brandenburg. ñ Entomol. Nachrichten und Berichte 47, 107-108.<br />
HECKMAN, R. (<strong>2003</strong>): Wanzenfauna des Wallis. ñ Referat 29. Heteropterologen-Treff Wallis 23.08.03, 16 S.<br />
Tischvorlage.<br />
HOFFMANN, H.J. (<strong>2003</strong>): Die Platanengitterwanze Corythucha ciliata (SAY, 1872) erreicht den Niederhein. ñ<br />
Entomol. Nachrichten und Berichte 47, 67-70 + 2 Umschlag-Farbfotos.<br />
HOMMES, M, WESTHOFF, J. & MELBER, A. (<strong>2003</strong>): Andromeda-Netzwanze, Stephanitis takeyai DRAKE & MAA<br />
(Heteroptera: Tingidae) erstmals f¸r Deutschland nachgewiesen. ñ Nachrichtenbl. Deut. Pflanzenschutzd. 55,<br />
<strong>17</strong>4-<strong>17</strong>7.<br />
KLAUSNITZER, B. (<strong>2003</strong>): Ceratocombus brevipennis POPPIUS, 1910 (Het., Ceratocombidae) in Brandenburg ñ<br />
eine heteropterologische ‹berraschung. ñ Entomol. Nachrichten und Berichte 47, 109-110.<br />
M‹LLER, W. & SCHR÷DER, H. (<strong>2003</strong>): Der Bausenberg ñ Vulkan und Heimat seltener Pflanzen und Tiere. ñ<br />
Hrsg. Verbandsgemeinde Brohltal, Koblenz <strong>2003</strong>. (Wanzenfauna: S. 140-148)<br />
SIMON, H. (2002): Erstes vorl‰ufiges Verzeichnis der Wanzen (Insecta: Heteroptera) in Rheinland-Pfalz. ñ Fauna<br />
Flora Rheinland-Pfalz 9, 1379-1420.<br />
In HETEROPTERON H. 16:<br />
ARNOLD, K. (<strong>2003</strong>): Typen-Designierung von Tinicephalus (Tinicephalus) brevipes WAGNER, 1949, var.<br />
nigrosignatus POLENTZ, 1957. ñ <strong>Heteropteron</strong> H. 16, 3-4.<br />
HOFFMANN, H.J. (<strong>2003</strong>): Deutsche Wanzennamen ??? ñ Vom Sinn und Unsinn von Trivialnamen. ñ<br />
<strong>Heteropteron</strong> H. 16, 29-32.<br />
HOFFMANN, H.J. (<strong>2003</strong>): Die Gitterwanze Stephanitis takeyai DRAKE & MAA, 1955 neu f¸r Deutschland<br />
(Hemiptera-Heteroptera, Tingidae). ñ <strong>Heteropteron</strong> H. 16, 20-23.<br />
HOFFMANN, H.J. (<strong>2003</strong>): Neozoen bei Wanzen . ñ <strong>Heteropteron</strong> H. 16, 25-28.<br />
KOTT, P. (<strong>2003</strong>): Bemerkenswerte Wanzenfunde aus NRW . ñ <strong>Heteropteron</strong> H. 16, 24.<br />
VOIGT, K.: Bericht ¸ber das 28. Treffen der Arbeitsgruppe Mitteleurop‰ischer Heteropterologen in Eichst‰tt /<br />
Bayern. ñ <strong>Heteropteron</strong> H. 16, 2.<br />
WERNER, D.J. (<strong>2003</strong>): Die Verbreitung der Grauen Gartenwanze Rhaphigaster nebulosa (Heteroptera:<br />
Pentatomidae) in Deutschland. ñ <strong>Heteropteron</strong> H. 16, 5-19.<br />
Als sehr erfreuliche Mitteilung kann gelten, dafl nach einer e-mail von Prof. Dr.<br />
KLAUSNITZER wenige Tage vor Weihnachten der 6. (und letzte) Band der ENTOMOFAUNA<br />
GERMANICA (zwei Jahre nach Manuskriptabgabe) noch vor Ende des Jahres <strong>2003</strong> gedruckt<br />
wird und unmittelbar im Januar 2004 zur Auslieferung gelangt. Das Literaturzitat f¸r den<br />
Wanzen-Teil lautet:<br />
HOFFMANN, H.-J. & MELBER, A. (<strong>2003</strong>): Verzeichnis der Wanzen (Heteroptera) Deutschlands. ñ In:<br />
KLAUSNITZER, B. (Hrsg.): Entomofauna Germanica 6. ñ Entomologische Nachrichten und Berichte Beiheft 8,<br />
209-272.<br />
Auch der Beitrag zur Wanzenfauna des NSG ÑAhrschleife bei Altenahrì erschien fast<br />
genau 10 Jahre nach Manuskriptabgabe (und Vorwegverˆffentlichung im HETEROPTERON<br />
H. 11, 2001) jetzt endlich in:<br />
B‹CHS, W. et al.: Das Naturschutzgebiet ÑAhrschleife bei Altenahrì einschliefllich<br />
angrenzender schutzw¸rdiger Bereiche) ñ Fauna, Flora, Geologie und Landespflegeaspekte.<br />
Teil II. ñ Beitr‰ge zur Landespflege in Rheinland-Pfalz <strong>17</strong>, 374 S., Oppenheim.<br />
als:<br />
HOFFMANN, H.J. & REMANE, R. (<strong>2003</strong>): 3.6 Zur Wanzenfauna (Hemiptera-Heteroptera) des Naturschutzgebietes<br />
ÑAhrschleife bei Altenahrì. ñBeitr‰ge Landespflege Rheinland-Pfalz <strong>17</strong>, 277-300.
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 31<br />
Heteropterologische Kuriosa 1: NENA und ihre Wanze<br />
HANS-J‹RGEN HOFFMANN<br />
Wahrscheinlich hat jeder in seiner Kindheit einmal das Lied von der Kleinen Wanze, die<br />
auf der Mauer tanzt, zelebriert. Es geht dabei um die Konzentrations¸bung, bei jeder Strophe<br />
einen Buchstaben von der Wanze und ihrem Tanz wegzulassen, bis nichts mehr davon ¸brig<br />
bleibt - und man das ganze r¸ckw‰rts ablaufen lassen kann. Ein nettes Kinderlied und ñspiel.<br />
Die bekannte deutsche Pop-S‰ngerin NENA hat dieses Lied vor einiger Zeit in ihr<br />
Repertoire aufgenommen,. Die nicht im Handel erh‰ltliche Promotion-CD erschien unter dem<br />
Titel: NENA: Die Wanze, wodurch der Autor darauf aufmerksam wurde, und zeigte die<br />
namengebende Wanze auf dem Cover (Abb. 1). Auch auf der z.Z. k‰uflichen CD (Titel 4 der<br />
Audio-CD ASIN: B000023YNE: Nena: Komm lieber Mai; 1990) findet sich das Lied.,<br />
dessen Text und Noten hier der Vollst‰ndigkeit halber folgen sollen:<br />
Das Lied von der Wanze<br />
Obwohl es sich in diesem Lied, wie der Text<br />
beweist, ohnedies nur um eine kleine Wanze<br />
handelt, schreibt die Spielregel vor, dafl das<br />
Tierchen noch weiter zu verkleinern ist, bis<br />
zum Schlufl nichts mehr davon ¸brigbleibt.<br />
Beim erstenmal wird das Lied ohne<br />
Ver‰nderungen gesungen. Beim zweiten<br />
Durchgang heiflt es nicht mehr -Wanze- und<br />
-tanzen-, sondern -Wanz- und -tanz-. Beim<br />
n‰chstenmal f‰llt bei beiden Wˆrtern auch<br />
das z weg, in der vierten Runde das n, in der<br />
f¸nften Runde das a, in der sechsten und<br />
letzten Runde bleiben ¸berall da, wo vorher<br />
-Wanze- oder -tanzen- stand, nur noch allein<br />
die Pausen ¸brig. Wenn man will, kann man<br />
die beiden Wˆrter anschlieflend Buchstabe<br />
f¸r Buchstabe wieder aufbauen.
32 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Heteropterologische Kuriosa 2:<br />
Die R¸ckkehr der Bettwanzen<br />
HANS-J‹RGEN HOFFMANN
HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong> 33
34 HETEROPTERON <strong>Heft</strong> <strong>17</strong> / <strong>2003</strong><br />
Heteropterologische Kuriosa 3:<br />
Unsterbliche Wanzen<br />
HANS-J‹RGEN HOFFMANN<br />
Dafl viele Schwarzk‰fer fast nicht<br />
Ñtot-zu-bet‰ubenì sind, ist manch einem<br />
Entomologen schon unangenehm<br />
aufgefallen, wenn sich Tiere sp‰ter auf der<br />
Nadel wieder bewegten. Auch Zygaenen<br />
oder Blutstrˆpfchen pflegten die fr¸her bei<br />
Lepidopterologen ¸blichen Cyankaligl‰ser<br />
zu ¸berleben. Wanzen sind da viel<br />
empfindlicher oder empfindsamer, und<br />
man hat solche Probleme in der Praxis<br />
wohl nicht.<br />
In der Literatur sind mir allerdings<br />
zwei F‰lle aufgestoflen, wo das etwas<br />
anders ist. Es ist klar: es handelt sich um<br />
dichterische Freiheit, die im ersten Fall<br />
sogar auf echter Beobachtung beruhen<br />
d¸rfte und im zweiten Fall um eine<br />
allegorische Darstellung.<br />
Das erste Beispiel stammt von<br />
GOTTFRIED KELLER. Der Dichter beschreibt<br />
in ÑDie Leute von Seldwylaì (1856) im<br />
Kapitel ÑDie drei gerechten Kammacherì<br />
die letzten Stunden der im Fr¸hjahr vom<br />
Meister zum Weiterziehen veranlaflten<br />
Kammacher. Einer von ihnen namens<br />
JOBST bemerkt, fr¸hmorgens im Bett<br />
liegend, die Wanderschaft einer Bettwanze,<br />
die er unbeabsichtigt im Herbst mit einem<br />
blauen Farbrest (also nicht HERBOL oder<br />
ALPINA WEISS!) ¸bert¸ncht hat und die<br />
sich gerade jetzt von der blauen Wand<br />
gelˆst hat und als blauer Punkt auf der<br />
weiflen Wand kriecht - f¸r ihn ein Symbol,<br />
dafl auch er sich auf den Weg machen<br />
solle.<br />
Bei CAESARIUS VON HEISTERBACH (s.<br />
STIENE 1997) liegt die Beanspruchung der<br />
Wanze hˆher: hier hatte das Tier<br />
Backtemperaturen zu ¸berstehen, was als<br />
Nebeneffekt offenbar zu einer Entwicklung<br />
eines beachtlichen Sprungvermˆgens<br />
f¸hrte. CAESARIUS VON HEISTERBACH, geb.<br />
1180 in Kˆln (s. Lokalkolorit im Hinblick<br />
auf den Autor dieses Artikels) und ca. 1240<br />
gestorben, war Zisterzienser in einem<br />
Kloster im Siebengebirge bei Bonn; er<br />
verfaflte im 13. Jahrhundert relativ viele<br />
Schriften: Predigten, Kommentare zu<br />
B¸chern und Stellen der Bibel, aber auch<br />
historisch orientierte Werke (z.B.<br />
Lebensbeschreibung der HL. ELISABETH<br />
VON TH‹RINGEN usw.). Sein wohl<br />
ber¸hmtestes Werk ist der ÑDialogus<br />
miraculorumì als Zwiegespr‰ch zwischen<br />
Mˆnch und Novizen in 12 B¸chern und<br />
vielen Kapiteln unter bestimmten Themen<br />
und jeweils in Form einer kurzen<br />
Erz‰hlung mit der entsprechenden<br />
kirchlichen Moral ..., u.a. die ÑWunderì.<br />
Hierin werden exemplarische Geschichten<br />
erz‰hlt, die zum Nachdenken, zur<br />
Diskussion usw. anregen sollten.<br />
In einer der Wundergeschichten -<br />
hier zur Warnung vor gleichg¸ltigem<br />
Umgang mit heiligen Dingen - legt ein<br />
Priester die Hostie auf das vorgesehene<br />
Tuch (Korporale) auf dem Altar, worauf<br />
die Hostie wegspringt. Dieser Vorgang<br />
wiederholt sich dreimal. Das geschah in<br />
Buschbell / Frechen bei Kˆln.<br />
Der Priester l‰flt von der<br />
¸bergeordneten Stelle in Kˆln das<br />
Ph‰nomen untersuchen, und man stellt dort<br />
Verunreinigung der Hostie durch eine<br />
eingebackene (Bett-)Wanze fest. Dadurch<br />
ist nat¸rlich alles klar: Die Engel sorgen<br />
f¸r Sauberkeit in der Kirche, der Priester<br />
schimpft mit dem Hersteller: die<br />
zust‰ndigen Frauen verwendeten bei der<br />
Hostienherstellung statt selbst hergestellten<br />
Weizenmehls offensichtlich keine sauberen<br />
Rohstoffe oder Zutaten. Es ist klar: die<br />
Bettwanze steht als - bekanntes - Symbol<br />
f¸r Ungeziefer, f¸r Unsauberkeit.<br />
Die entsprechenden Textstellen sind auf<br />
den folgenden Seiten abgedruckt.<br />
Literatur:<br />
CAESARII HEISTERBACENSIS monachi ordinis<br />
Cisterciensis Dialogus miraculorum. (Bearbeitet<br />
von J. STRANGE, Kˆln/Bonn/Br¸ssel 1851)<br />
KELLER, G. (1856): Die Leute von Seldwyla. -<br />
STIENE, H.E. (1997): Wucher, Wanzen und<br />
D‰monen. - Pulheimer Beitr. z. Geschichte u.<br />
Heimatkunde 21, 72-89.
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