Sprungbrett zur âDorferneuerungâ - Gemeinde Scheuring
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<strong>Sprungbrett</strong> <strong>zur</strong> „Dorferneuerung“<br />
<strong>Scheuring</strong>er Mitbürger vertiefen in einem Wochenend-Seminar die<br />
Idee der Dorferneuerung<br />
Vom 6. bis 7. Mai 2011 folgten 20 Teilnehmer aus <strong>Scheuring</strong> der Einladung der<br />
Schule „Dorf- und Landentwicklung“ (SDL), um in den Seminarräumen des Klosters<br />
Thierhaupten der Vision <strong>zur</strong> „Dorferneuerung“ mehr Tiefe zu verleihen. Diese<br />
Einladung gründete auf die erste öffentliche Veranstaltung wenige Wochen zuvor im<br />
Mehrzweckraum der Lechrainhalle, bei der die Bürgerinnen und Bürger <strong>Scheuring</strong>s<br />
erste Informationen zum Thema „Dorferneuerung“ erhielten.<br />
Die Grundidee<br />
Bereits im Herbst 2008 wurde im <strong>Gemeinde</strong>rat der Vorschlag von Bürgermeister<br />
Menhard diskutiert, das Förderprogramm des Freistaates Bayern <strong>zur</strong><br />
„Dorferneuerung“ in den Blickpunkt der künftigen Dorfplanung zu stellen. Die<br />
Chancen des Projektes, das Dorf zielgerichtet und nachhaltig in die Zukunft zu<br />
führen, überzeugte den <strong>Gemeinde</strong>rat zum einstimmigen Beschluss, so dass der<br />
weitere Weg eingeschlagen werden konnte.<br />
Das Förderprogramm sieht vor, dass sich der Freistaat Bayern bis zu Hälfte der<br />
Kosten für einzelne Programme im Rahmen der Dorferneuerung beteiligt. Bedingung<br />
hierfür ist allerdings, dass diese Projekte ausschließlich aus der Bürgerschaft selbst<br />
umgesetzt werden.<br />
Interesse wecken für ein gemeinschaftliches Projekt<br />
Einfach war es zunächst nicht, das Vorhaben bei den Einwohnern <strong>Scheuring</strong>s<br />
entsprechend zu positionieren. Lediglich 17 Bürgerinnen und Bürger fanden sich im<br />
Mehrzweckraum zusammen. „Enttäuscht war ich aber nicht“, so Bgm Menhard über<br />
die geringe Teilnehmerzahl, „im Gegenteil – dieser kleine Kreis bildete immerhin<br />
einen Anfang, der zu einer positiven Grundeinstellung führte und somit als<br />
Wegbereiter für die weitere Werbung diente“. Es konnten zwar nicht alle Teilnehmer<br />
aus der „Vorrunde“ für das Seminar in Thierhaupten gewonnen werden, dennoch<br />
gelang es dem Bürgermeister und den <strong>Gemeinde</strong>räten, weitere Interessenten ins<br />
Boot zu holen, so dass demnach insgesamt 20 Teilnehmer für die Veranstaltung im<br />
Kloster zusammen kamen.<br />
Bestandsaufnahme…<br />
Nachdem sich die meisten Beteiligten schon viele Jahre lang kennen, war es umso<br />
erstaunlicher, dass eine vor einem halben Jahr neu zugezogene Mitbürgerin, Frau<br />
Petra Lucht, das Teilnehmerfeld ergänzte und so Beispiel gebend ist für aktives<br />
Bürgerinteresse. Diese Tatsache honorierten auch die beiden Seminarleiter, Herr<br />
Robert Schartl und Kathrin Lichtenauer, nach der persönlichen Vorstellung der<br />
Teilnehmer am Seminar.
Im weiteren Verlauf des Freitag Nachmittags führten die Mediatoren, wie sich die<br />
Tagungsleiter nannten, die erwartungsvollen Teilnehmer behutsam an die<br />
Aufgabenstellungen heran. Zunächst war es ihnen wichtig zu erfahren, was die<br />
Vertreter <strong>Scheuring</strong>s an ihrem Ort als positiv, aber auch als negativ empfinden. In<br />
ausgelosten Arbeitsgruppen und unter Zuhilfenahme von so genannten Flip-Charts<br />
wurden die Punkte farblich gekennzeichnet herausgearbeitet und im Anschluss durch<br />
die Gruppensprecher vorgestellt.<br />
Beispiel FlipChart „Stärken und Schwächen <strong>Scheuring</strong>s“ der Gruppe 3<br />
Klartext<br />
STÄRKEN:<br />
-schnelles DSL<br />
-Erweiterung<br />
Gewerbegebiet<br />
(Gewerbesteuer, neue<br />
Arbeitsplätze)<br />
-Baulandentwicklung<br />
(Wohnraum für junge,<br />
einheimische<br />
Familien)<br />
-Waldumbau in<br />
Laubwald<br />
(Naherholung)<br />
-Bäcker und Metzger<br />
vorhanden<br />
-aktives Vereinsleben<br />
-Kinderbetreuung<br />
(Schule, KiGA, Spielgruppen<br />
vorhanden)<br />
-Schülerbeförderung<br />
(in alle Richtungen,<br />
keine langen Fahrten,<br />
verkürzte Wartezeiten)<br />
Über dieses Beispiel hinaus waren aus den anderen drei Gruppen noch mehr<br />
Stärken und Schwächen ausgearbeitet worden, deren einzelne Darstellung den Platz<br />
der Aufzeichnung sprengen würde. Es war auch nicht verwunderlich, dass sehr viele<br />
Gemeinsamkeiten festzustellen waren. Ziel dieser Einheit war es, den derzeitigen<br />
Bestand – oder auch Zustand – zu fixieren, um daraus die notwendigen Maßnahmen<br />
ableiten zu können.<br />
…und Visionen<br />
Klartext<br />
SCHWÄCHEN:<br />
- kein Arzt /<br />
Apotheke vorhanden<br />
- kein betreutes<br />
Wohnen vorhanden<br />
- kaum gemeindliche<br />
Seniorenbetreuung<br />
- Mühlbach Bachstr.<br />
(wie betonierter<br />
Kanal)<br />
- Gestaltung öffentl.<br />
Grünflächen<br />
- mangeldne<br />
Einbindung<br />
Gartenbauverein<br />
- keine Anbindung<br />
<strong>zur</strong> S-Bahn Geltendf.<br />
- Bushaltestellen<br />
Hauptstraße (kein<br />
Wetterschutz)<br />
- Situation Badeplatz<br />
(unorganisiert und<br />
vermüllt)<br />
- Friedhöfe St. Martin<br />
und St. Johann<br />
(unschöne Optik)<br />
-Feste und Feiern<br />
(nachlassende<br />
Bürgerbeteiligung<br />
Durch diese Feststellung war es den Akteuren möglich, Denkweisen zu entwickeln,<br />
die das Ortsbild positiv verändern sollten. Das heißt aber nicht nur, Neues zu<br />
erfinden und dabei Altes zu vernachlässigen; nein – dies bedeutet darüber hinaus,
Bewährtes zu pflegen, zu bewahren und zu stärken. Im Falle des Dorfes <strong>Scheuring</strong><br />
hat sich dabei das Vereinsleben stark positioniert. Denn ohne gut funktionierende<br />
Vereine und deren Vorstandschaften wäre eine konsequente und zielstrebige, aber<br />
auch beständige Fortentwicklung nicht denkbar.<br />
Eine Fortentwicklung ohne visionäre Vorstellungen ist aber nur eingeschränkt<br />
möglich. Das sollte aber nicht das Ziel sein. Es musste deshalb erlaubt sein, alle<br />
Ideen für eine mögliche Dorferneuerung entwickeln und äußern zu dürfen. Das war<br />
unter anderem auch eine der wichtigsten Spielregeln, die zu Beginn des Seminars<br />
aufgestellt wurden.<br />
Das bedeutete, dass in neuen Arbeitsgruppen Ideen erarbeitet wurden, die zwar am<br />
Ende des Themenkomplexes in unterschiedlicher Ausprägung auf den Flip-Charts zu<br />
finden waren, jedoch im Wesentlichen wieder gleiche Zielbeschreibungen aufwiesen.<br />
Beispiel FlipChart „Zukunftsbild <strong>Scheuring</strong>“ der Gruppe 2<br />
Die letzte Etappe des ersten Seminartages war nach den begleitenden Worten der<br />
Sprecher zu deren Gruppenarbeit mit einer wohlwollenden Zufriedenheit geschafft.
Nun hieß es zum Abschluss noch einmal gut zuhören. Es folgte nämlich der Vortrag<br />
eines Mitbegründers der Dorferneuerung aus der <strong>Gemeinde</strong> Walkersbach, die vor<br />
gut zehn Jahren ihren Anfang nahm und das Dorf heute mit vielen umgesetzten<br />
Projekten zu Recht stolz sein kann auf das Geleistete.<br />
Anschließend begaben sich die Seminarteilnehmer gemeinsam zu Ihrer Unterkunft,<br />
um sich nach den ungewöhnlichen geistigen Anstrengungen auf unbekanntem<br />
Terrain in der Gaststätte zu stärken und bei einem Glas Bier die vielfältigen Ideen<br />
nochmals zu hinterfragen.<br />
Handlungsfelder bestellen<br />
Am Samstag war es unter anderem die Aufgabe, die gemeinsamen Schwerpunkte<br />
der Dorferneuerung heraus zu arbeiten und mittels der Vergabe einzelner Punkte die<br />
so genannten zukünftigen Handlungsfelder nach deren Wichtigkeit in eine<br />
Reihenfolge zu bringen. In diesen Handlungsfeldern finden sich einzelne Aufgaben,<br />
die sich unter einem Oberbegriff sammeln lassen. So umfasst z.B. das<br />
Handlungsfeld „Verkehrswege“ Aufgaben wie Straßen- und Wegesanierung, Rad-<br />
und Wanderwege sowie öffentliche Verkehrsmittel etc. Dem folgenden Schaubild ist<br />
zu entnehmen, wie die Seminarteilnehmer ihre Punkte vergeben haben und welcher<br />
Stellenwert dem beigemessen wurde.<br />
Beispiel FlipChart „Themenspreicher für Handlungsfelder“<br />
Es liegt auf der Hand, dass dies ebenfalls nur als beispielhaft gelten darf – es<br />
widerspricht aber sicherlich nicht dem allgemeinen Eindruck <strong>Scheuring</strong>er Bürger.
Viele Chancen - wenige Risiken<br />
Nun waren die Seminarteilnehmer wieder gefordert, indem sie sich mit den Chancen<br />
und Risiken ihrer bevorzugten Handlungsfelder näher beschäftigen mussten. Dabei<br />
waren die neu gelosten Gruppen gefordert – und sie haben die vorhandenen<br />
FlipCharts wieder sehr gut genutzt und mit ihren Kärtchen anschauliche<br />
Darstellungen gesteckt. Es ist dabei zu erkennen, dass – wie alles – zwei Seiten hat.<br />
Beispiel FlipChart „Chancen und Risiken von Handlungsfeldern“<br />
Klartext<br />
HANLUNGS-<br />
BEDARF:<br />
- Supermarkt<br />
(<strong>Gemeinde</strong>rat,<br />
Investor, Planer,<br />
Landratsamt,<br />
Fachbetriebe.<br />
Kunden)<br />
- Handwerk /<br />
Gewerbe<br />
(Bedarfsermittlung,<br />
Betreiber,<br />
geeignete<br />
Flächen)<br />
- Landwirtschaft/Ackerbau<br />
(aktive Landwirte)<br />
- Wald<br />
(Eigenjagd<br />
<strong>Gemeinde</strong>,<br />
Waldbauern,<br />
Jagdgenossen,<br />
<strong>Gemeinde</strong> und<br />
Forstbehörden<br />
und vieles mehr<br />
Wie geht´s nun weiter?<br />
Klartext<br />
CHANCEN/<br />
RISIKEN (Auszug):<br />
Supermarkt: kostengünstig,<br />
Sortiment,<br />
Kaufkraftabschöpfung,<br />
Durchgangsgeschäft,<br />
Gewerbesteuer,<br />
Arbeitsplätze,<br />
Wettbewerb; jedoch:<br />
Große Konkurrenz für<br />
Bäcker u. Metzger,<br />
Ansicht Ortseinfahrt,<br />
bei Scheitern leer<br />
stehendes Gebäude,<br />
Emissionen, Flächenverbrauch<br />
Wald: gesundes<br />
Klima, Naherholung,<br />
Holzwirtschaft,<br />
Wasserspeicher;<br />
jedoch: Wildverbiss,<br />
Schäden durch<br />
Schädlinge,<br />
Windwurf,<br />
Verbuschung etc.<br />
und vieles mehr<br />
Dass die Veranstaltung insgesamt einen sehr guten Eindruck hinterließ lag nicht nur<br />
an der Tatsache, dass die Seminarteilnehmer mit guter Unterkunft und<br />
hervorragender Verpflegung versorgt waren! Vielmehr war es das inhaltliche<br />
Erlebnis, manche Dinge einmal anders zu betrachten, andere Meinungen zu<br />
akzeptieren aber auch zu hinterfragen und – losgelöst von etwaigen dörflichen<br />
Zwängen – seine eigenen Vorstellungen äußern und festhalten zu dürfen.
Am Samstagnachmittag schließlich verabschiedeten sich die Seminarteilnehmer von<br />
den Mediatoren. In seinem Abschlusswort fand Bgm Menhard zusammenfassend die<br />
richtigen Worte zu dieser besonderen Begegnung, die nicht nur alle ein Stück reicher<br />
an Erfahrung werden ließ, sondern auch das Miteinander positiv prägte. Er betonte<br />
dabei aber auch, dass er auf noch mehr <strong>Scheuring</strong>er Bürgerinnen und Bürger hoffe,<br />
die in verschiedenen Arbeitskreisen die Dorferneuerung aktiv mitgestalten. „Es wäre<br />
schön, wenn wir es anderen Teilnehmergemeinden am Dorferneuerungsprogramm<br />
gleich tun könnten“, so Menhard.<br />
In den weiteren Schritten erfolgen nun Gespräche zwischen Bürgermeister und dem<br />
Seminarleiter, Herrn Schartl, der für künftige Vorhaben als offizieller Ansprechpartner<br />
und als Projektleiter <strong>zur</strong> Verfügung steht. Von ihm kommen Vorschläge für<br />
Planungsbüros, von denen letztendlich eines zu den Ideen der Seminarteilnehmer<br />
Lösungsvorschläge anbietet, die den Arbeitsgruppen aus der Bürgerschaft als Basis<br />
für eigene konkrete Umsetzungen dienen. Interessierte Bürgerinnen und Bürger<br />
können sich jederzeit über die Homepage www.gemeinde-scheuring.de zum<br />
aktuellen Projektstatus informieren. Für Fragen zum Thema Dorferneuerung stehen<br />
sowohl Frau Bettina Hein-Köhler, Lechstraße 15a, als auch Frau Petra Lucht,<br />
Grottenweg 6 und Herr Lothar Raschka, Vogelanger 6, <strong>zur</strong> Verfügung.<br />
Also: insgesamt eine sehr überzeugende Veranstaltung. Die Umsetzung aus den<br />
erarbeiteten Themen ist nun von der Akzeptanz der <strong>Scheuring</strong>er Bürgerschaft<br />
abhängig. Deshalb sind alle interessierten Bürgerinnen und Bürger herzlich<br />
willkommen, die Dorferneuerung aktiv mit zu gestalten!<br />
Teilnehmer am Seminar Dorferneuerung<br />
von links: Josef Neumair, Martha Eisele, Lorenz Köhler, Beate Schmid, Robert Miller,<br />
Bürgermeister Manfred Menhard, Gabi Echtler, Lothar Raschka, Cordula Schamper,
Norbert Götzfried, Annemarie Lindner, Bettina Hein-Köhler, Roman Gall, Christian<br />
Götzfried, Rudi Aumüller, Udo Herb, Benedikt Steber, Thomas Klarer, Seminarleiter<br />
Robert Schartl, Petra Lucht und Seminarleiterin Kathrin Lichtenauer. Nicht im Bild:<br />
Ewald Kloft<br />
Text: Lothar Raschka und Petra Lucht (Seminarteilnehmer)<br />
Grafikvorlagen: Robert Schartl (Dozent der SDL)<br />
Gemeinschaftsfoto: Dioundo Alzin (afrikanischer Gaststudent)