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Mobbing in der Grundschule (1. und 2. Schuljahr ... - Elisabeth Zöller

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Deckblatt_Kim_kann_stark_se<strong>in</strong> 05.1<strong>2.</strong>2005 8:31 Uhr Seite 1<br />

Edelgard Moers<br />

<strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Gr<strong>und</strong>schule</strong><br />

(<strong>1.</strong> <strong>und</strong> <strong>2.</strong> <strong>Schuljahr</strong>): Unterrichtsmaterialien<br />

zu <strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong>: Kim kann stark se<strong>in</strong>


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 1<br />

<strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong><br />

Kim kann stark se<strong>in</strong><br />

Zur Problematik <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> unter K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

Unterrichtshilfen zum Bil<strong>der</strong>buch<br />

von<br />

Edelgard Moers


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 2<br />

Impressum<br />

Inhalt<br />

<strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong><br />

Kim kann stark se<strong>in</strong><br />

Mit Zeichnungen von Dagmar Geisler<br />

32 Seiten<br />

ISBN 3-7855-5496-6<br />

A Lerntheoretische Vorbemerkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

B K<strong>in</strong><strong>der</strong>literatur im Unterricht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .<br />

C Zum Inhalt des Buches „Kim kann stark se<strong>in</strong>“<br />

von <strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7<br />

D Zum Thema „<strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />

E Elternarbeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15<br />

F Unterrichtsvorschläge zum Umgang mit dem Buch . . . . . . . . 16<br />

G Weiterführende Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 4<br />

A. Lerntheoretische Vorbemerkungen<br />

Zu Beg<strong>in</strong>n <strong>der</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit dem Thema <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> stellt<br />

sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zusammenarbeit mit K<strong>in</strong><strong>der</strong>n die Frage nach den theoretischen<br />

H<strong>in</strong>tergründen. Was s<strong>in</strong>d die Ziele e<strong>in</strong>er solchen<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung? Was soll <strong>und</strong> kann <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bearbeitung e<strong>in</strong>es<br />

(Bil<strong>der</strong>-) Buches hierzu erreicht werden? Am Anfang dieser Fragestellung<br />

soll <strong>der</strong> lerntheoretische H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> betrachtet werden.<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> entwickeln sich „durch systematische Eroberung <strong>und</strong> Bewältigung<br />

von sich konzentrisch erweiternden Umwelten“ <strong>1.</strong> Sie<br />

überschreiten dabei immer wie<strong>der</strong> Grenzen. Die Entfernung zu<br />

den Eltern vergrößert sich mehr <strong>und</strong> mehr: „Mit zunehmen<strong>der</strong><br />

Mobilität <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> erweitern sich die eroberten Räume.“ 2<br />

Während dieser Phasen ergeben sich natürlicherweise Konflikte im<br />

Zusammenleben mit an<strong>der</strong>en Menschen, sowohl mit Erziehern als<br />

auch mit Gleichaltrigen. K<strong>in</strong><strong>der</strong> im Gr<strong>und</strong>schulalter s<strong>in</strong>d noch sehr<br />

ich-bezogen. Sie for<strong>der</strong>n ihre Rechte e<strong>in</strong>, mitunter lautstark o<strong>der</strong><br />

mit Gewalt <strong>und</strong> verstehen dabei oft noch nicht, dass sie dabei die<br />

Rechte des an<strong>der</strong>en verletzen.<br />

Die Schule will diese Problematik aufgreifen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e positive<br />

„Haltung“ – geistig wie körperlich – bei den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n för<strong>der</strong>n.<br />

Dabei s<strong>in</strong>d Arbeitshaltung, Sozialverhalten, Wertehaltung eng mit<br />

<strong>der</strong> Körperhaltung verknüpft. Deshalb möchte Schule K<strong>in</strong><strong>der</strong>n die<br />

Möglichkeit zu vielseitigen Wahrnehmungs- <strong>und</strong> Bewegungserfahrungen,<br />

zur För<strong>der</strong>ung unterschiedlicher Kompetenzen <strong>und</strong><br />

zum anschließenden Reflektieren bieten. Diese Elemente s<strong>in</strong>d von<br />

gr<strong>und</strong>legen<strong>der</strong> Bedeutung für die Persönlichkeitsentwicklung <strong>und</strong><br />

für das Lernverhalten <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>. Lernen ist erfolgreich <strong>und</strong> effektiv,<br />

wenn es unmittelbar aktiv <strong>und</strong> entdeckend gestaltet wird. Somit<br />

erproben <strong>und</strong> ver<strong>in</strong>nerlichen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e im Spiel<br />

Verhaltensstrategien <strong>und</strong> demokratische Prozesse. Sie erlangen ihre<br />

1 dto. Rüdiger Klupsch-Sahlmann, <strong>in</strong> Klupsch-Sahlmann (Hrsg): Mehr Bewegung <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Gr<strong>und</strong>schule</strong>, Berl<strong>in</strong> 1999, Seite 12<br />

2 dto.<br />

5


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 6<br />

Sicherheit nur aus eigener Überzeugung, nicht aus vorgesetzten<br />

Tatsachen o<strong>der</strong> Belehrungen. Jedes K<strong>in</strong>d hat dabei se<strong>in</strong> eigenes<br />

Lerntempo <strong>und</strong> se<strong>in</strong>en eigenen Lernrhythmus.<br />

Zum Erobern ihrer Umwelt benötigen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> ausreichend<br />

Zeit <strong>und</strong> Gelegenheit, <strong>und</strong> sie wollen dabei <strong>in</strong> ihrem K<strong>in</strong>dse<strong>in</strong> ernst<br />

genommen werden. Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer s<strong>in</strong>d ständig bemüht,<br />

die Erkenntnismöglichkeiten <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> richtig e<strong>in</strong>zuschätzen <strong>und</strong><br />

ihnen angemessene Aufgaben <strong>und</strong> Inhalte vorzugeben, die sie verstehen<br />

<strong>und</strong> die sie mit angemessener Anstrengung lösen können.<br />

Das Bil<strong>der</strong>buch „Kim kann stark se<strong>in</strong>“ von <strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong> kann<br />

neben <strong>der</strong> Nutzung als Unterhaltungsmedium auch gezielt als<br />

Unterstützung zum Wachsen <strong>und</strong> Reifen <strong>der</strong> Persönlichkeit sowie<br />

zur S<strong>in</strong>nf<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>gesetzt werden. Bei <strong>der</strong> Auswahl des Buches<br />

sowie dem Zeitpunkt <strong>der</strong> Bearbeitung ist die Situation <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Lerngruppe genau zu beachten.<br />

6<br />

B. K<strong>in</strong><strong>der</strong>literatur im Unterricht<br />

Durch das Erzählen <strong>und</strong> Vorlesen von Geschichten o<strong>der</strong> durch<br />

eigenes stilles Lesen f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e erste Annäherung an K<strong>in</strong><strong>der</strong>literatur<br />

statt. In <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> Lehrperson o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Eltern liegt die sorgfältige Auswahl des Buches, das die Bedürfnisse<br />

<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> zur Sprache br<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> ihnen Lernmodelle anbietet,<br />

ohne zu moralisieren.<br />

Die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit ausgewählten Texten kann e<strong>in</strong>e<br />

Bewusstmachung <strong>und</strong> Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit entwicklungsbed<strong>in</strong>gten<br />

Problemen auch im Austausch mit an<strong>der</strong>en anregen. Die<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>literatur von heute gaukelt ke<strong>in</strong>e Heile-Welt-Klischees vor,<br />

son<strong>der</strong>n vermittelt ganz bewusst Wirklichkeitserfahrung <strong>und</strong><br />

schlägt auch die ernsten <strong>und</strong> dunklen Seiten des Lebens auf. Sie<br />

beschreibt auch die Gefühlswelt <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> macht positive<br />

<strong>und</strong> negative Gefühle erlebbar. Sie kann bei <strong>der</strong> Lösung aktueller<br />

verdeckter psychischer <strong>und</strong> sozialer Probleme e<strong>in</strong>e Hilfe se<strong>in</strong>, den<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n helfen, ihre unbewussten o<strong>der</strong> bewussten eigenen Ängste<br />

<strong>und</strong> Probleme wie<strong>der</strong> zu erkennen <strong>und</strong> leichter zu artikulieren. Sie<br />

kann Antworten auf aktuelle Fragen geben, ihnen zeigen, dass sie<br />

mit ihren Problemen nicht alle<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d, <strong>und</strong> ihnen Orientierungshilfen<br />

sowie Lösungsmöglichkeiten anbieten.<br />

Vielfältige Leseerlebnisse tragen zur Bildung von K<strong>in</strong><strong>der</strong>n bei. Sie<br />

blicken beim Lesen o<strong>der</strong> Zuhören „über den Zaun“ <strong>und</strong> lernen<br />

E<strong>in</strong>stellungen <strong>und</strong> Haltungen an<strong>der</strong>er Menschen kennen, o<strong>der</strong> sie<br />

schauen wie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Spiegel <strong>und</strong> f<strong>in</strong>den ihre eigenen Erlebnisse<br />

<strong>und</strong> Gedanken wie<strong>der</strong>. Sie erlangen e<strong>in</strong>e Distanz gegenüber eigenen<br />

Konflikten <strong>und</strong> können die Botschaft o<strong>der</strong> die Aussage des<br />

Buches ver<strong>in</strong>nerlichen. Die Handlung, die Bil<strong>der</strong>, die Motive <strong>der</strong><br />

Geschichte bleiben <strong>in</strong> ihrem Gedächtnis haften <strong>und</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Konfliktsituation können sie die Informationen <strong>und</strong> die eigenen<br />

Erkenntnisse abrufen. Sie sehen durch die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit<br />

dem Buch e<strong>in</strong>en neuen Weg.<br />

E<strong>in</strong>e Geschichte trägt die K<strong>in</strong><strong>der</strong> weg aus dem bekannten Umfeld<br />

7


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 8<br />

<strong>und</strong> stellt gewohnte Situationen <strong>in</strong> Frage, weckt Sehnsüchte, schürt<br />

Aufstand o<strong>der</strong> nährt Wi<strong>der</strong>stand. Die lesenden o<strong>der</strong> zuhörenden<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben möglicherweise e<strong>in</strong> „Aha-Erlebnis“, können ihre<br />

E<strong>in</strong>stellungen festigen o<strong>der</strong> revidieren. Die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung<br />

mit e<strong>in</strong>em Thema über e<strong>in</strong> Buch vertieft das Bewusstse<strong>in</strong> <strong>und</strong> kann<br />

die Persönlichkeitsentwicklung positiv bee<strong>in</strong>flussen. Das Buch<br />

kann ganz o<strong>der</strong> <strong>in</strong> Auszügen immer <strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong> gelesen<br />

o<strong>der</strong> vorgelesen werden. Es antwortet auf Fragen <strong>und</strong> kann somit<br />

Gesprächspartner se<strong>in</strong>.<br />

C. Inhalt <strong>und</strong> Ziele des Buches „Kim kann stark<br />

se<strong>in</strong>“ von <strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong><br />

Das Bil<strong>der</strong>buch „Kim kann stark se<strong>in</strong>“ von <strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong> handelt<br />

von Kim, e<strong>in</strong>em Mädchen im Vorschulalter, das von zwei K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

aus se<strong>in</strong>er Gruppe gemobbt wird: Die große Grit <strong>und</strong> <strong>der</strong> fiese Fritz<br />

ärgern sie immer. „Babyle<strong>in</strong>, Baby“, rufen sie Kim zu. Sie drohen ihr<br />

sogar Prügel an, wenn sie verpetzt. Kim verliert jeden Mut. Die<br />

Angst macht sie kle<strong>in</strong> <strong>und</strong> gleichzeitig schämt sie sich. E<strong>in</strong> älterer<br />

Junge ermuntert sie, darüber zu sprechen, wenn sie von an<strong>der</strong>en<br />

geärgert wird. Doch Kim fürchtet sich, <strong>und</strong> sie will nicht petzen. Im<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten kommen die beiden Angreifer wie<strong>der</strong> <strong>und</strong> setzen den<br />

Terror fort. Als sie schließlich Kims Bastelarbeit zerstören, stellt das<br />

Mädchen die beiden vor <strong>der</strong> Gruppe zur Rede:<br />

„Könnt ihr eigentlich nichts an<strong>der</strong>es machen als ärgern, fies se<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> kaputt machen?“, fragt sie laut <strong>und</strong> baut sich vor ihnen auf.<br />

Mit dem selbstbewussten Auftreten haben Grit <strong>und</strong> Fritz nicht<br />

gerechnet, sie verstummen <strong>und</strong> ziehen sich zurück.<br />

Das Bil<strong>der</strong>buch von <strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong> will den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n neben dem<br />

Textverständnis e<strong>in</strong> Wachsen <strong>der</strong> Persönlichkeit am Gelesenen bis<br />

h<strong>in</strong> zur Handlungsfähigkeit <strong>in</strong> unterschiedlichsten Kontexten ermöglichen.<br />

Die Autor<strong>in</strong> hat sich zum Ziel gesetzt, durch ihre Geschichte<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> stark zu machen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en positiven E<strong>in</strong>fluss auf<br />

ihre Persönlichkeitsentwicklung zu nehmen.<br />

Die lesenden K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben <strong>in</strong> <strong>der</strong> Protagonist<strong>in</strong> Kim e<strong>in</strong>e<br />

Identifikationsfigur. Sie sehen <strong>in</strong> ihr e<strong>in</strong> Vorbild, das ihnen Mut<br />

macht <strong>und</strong> Kraft gibt. Kims Geschichte ruft Erstaunen hervor, weil<br />

die K<strong>in</strong><strong>der</strong> darüber eigene Erkenntnisse haben. Sie kann ihnen als<br />

Projektionsfläche dienen, falls sie schon e<strong>in</strong>mal <strong>in</strong> ähnlichen<br />

Situationen waren. Aber auch noch nicht selbst gemachte Erfahrungen<br />

können sie durch dieses Buch <strong>in</strong>direkt miterleben, ohne<br />

dabei Schaden zu nehmen. Die Identifikation mit <strong>der</strong> Hauptfigur<br />

br<strong>in</strong>gt die K<strong>in</strong><strong>der</strong> auf neue Gedanken <strong>und</strong> führt sie zu neuen<br />

Sichtweisen. Dadurch betrachten sie die Probleme, die vielleicht<br />

8 9


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 10<br />

auch ihre eigenen s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> werden können, aus e<strong>in</strong>em an<strong>der</strong>en<br />

Blickw<strong>in</strong>kel <strong>und</strong> bewerten sie neu. Aus den Erfahrungen von Kim<br />

können sie lernen, drohende Probleme rechtzeitig abzuwenden<br />

o<strong>der</strong> sie gezielt zu lösen.<br />

Aus <strong>der</strong> Perspektive von Kim spüren sie mit, was e<strong>in</strong> Opfer erlebt,<br />

wie es sich fühlt, welche Bedürfnisse es hat <strong>und</strong> was es braucht, um<br />

aus <strong>der</strong> Rolle herauszuf<strong>in</strong>den.<br />

Auch die beiden Gegenspieler Grit <strong>und</strong> Fritz bieten neue<br />

Erkenntnisse <strong>und</strong> Sichtweisen: sie handeln so, wie es <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis<br />

häufig vorkommt. Sie drangsalieren nicht alle<strong>in</strong>, son<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d zu<br />

zweit o<strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Gruppe. Der „mächtige“ Angreifer wird gerne<br />

von an<strong>der</strong>en unterstützt, die sich mit ihm solidarisieren o<strong>der</strong> sich<br />

gern bei ihm beliebt machen. Immer wenn die Lehrperson o<strong>der</strong><br />

Erziehungsberechtigte wegguckt o<strong>der</strong> den Raum verlässt, lassen sie<br />

ihre Geme<strong>in</strong>heiten an dem Opfer aus. Das aggressive K<strong>in</strong>d Fritz<br />

quält nicht alle K<strong>in</strong><strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n es hat sich Kim herausgesucht. Die<br />

Initiative geht meist von Fritz aus. Grit macht aber immer mit.<br />

Fritz <strong>und</strong> Grit treten selbstsicher auf <strong>und</strong> machen allen klar, dass<br />

sie das Sagen haben. Die lesenden K<strong>in</strong><strong>der</strong> stellen schon nach e<strong>in</strong>igen<br />

Seiten fest, dass die Attacken <strong>der</strong> beiden systematisch <strong>und</strong><br />

gezielt gegen Kim <strong>und</strong> nicht gegen wechselnde K<strong>in</strong><strong>der</strong> gerichtet<br />

s<strong>in</strong>d. Durch die Geschichte erfahren sie, was <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> ist, wie es<br />

abläuft <strong>und</strong> welches Verhalten für Täter <strong>und</strong> Opfer charakteristisch<br />

ist.<br />

Das Bil<strong>der</strong>buch von <strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong> hat sowohl für Opfer als<br />

auch für Täter o<strong>der</strong> für Zuschauer e<strong>in</strong>en beson<strong>der</strong>en Wert <strong>und</strong><br />

gleichsam verschiedene Funktionen. Es will nicht nur unterhalten,<br />

son<strong>der</strong>n kann trösten, <strong>in</strong>formieren, nachdenklich machen, mobilisieren<br />

<strong>und</strong> verän<strong>der</strong>n. Beim Lesen o<strong>der</strong> Zuhören können die<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> neue Sichtweisen kennen lernen, Mitgefühl mit dem Opfer<br />

entfalten, die Handlungen <strong>der</strong> Täter bewerten, Orientierungshilfen<br />

für ihr eigenes Leben bekommen <strong>und</strong> so letztendlich ihr Werteverständnis<br />

<strong>und</strong> ihre kulturelle Bildung weiterentwickeln.<br />

Die Geschichte erzählt von an<strong>der</strong>en Lebenserfahrungen <strong>und</strong><br />

10<br />

Lebensbed<strong>in</strong>gungen nicht nur als Abbild von Wirklichkeit, son<strong>der</strong>n<br />

auch als Entwurf für Verän<strong>der</strong>ung von Wirklichkeit. Sie stellt<br />

e<strong>in</strong>en Konflikt dar, <strong>in</strong> dem Betroffene eigene Bedürfnisse, Ängste<br />

o<strong>der</strong> Sehnsüchte wie<strong>der</strong> erkennen können. Sie stellen fest, dass sie<br />

mit ihren Problemen nicht alle<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> werden aus <strong>der</strong> Isolation<br />

geholt. Der Inhalt weist auf Lösungen <strong>und</strong> <strong>der</strong>en Folgen h<strong>in</strong>, bietet<br />

Assoziationsmöglichkeiten <strong>und</strong> konkrete Sprachmuster, spendet<br />

Ermutigung <strong>und</strong> Trost, gibt Mut <strong>und</strong> Kraft. Jedes e<strong>in</strong>zelne K<strong>in</strong>d hat<br />

se<strong>in</strong>e <strong>in</strong>dividuelle Ausgangssituation <strong>und</strong> entwickelt beim Lesen<br />

o<strong>der</strong> Zuhören eigene Emotionen <strong>und</strong> Assoziationen.<br />

Die Bil<strong>der</strong> <strong>in</strong> dem Buch zeigen die e<strong>in</strong>zelnen Situationen des<br />

Inhaltes k<strong>in</strong>dgerecht <strong>und</strong> for<strong>der</strong>n den Betrachter auf, darüber zu<br />

sprechen. Körpersprache <strong>und</strong> Mimik <strong>der</strong> Handlungsfiguren s<strong>in</strong>d<br />

sowohl e<strong>in</strong>deutig <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aussage wie auch klar <strong>in</strong> den Farben dargestellt<br />

<strong>und</strong> lassen deutlich die vorherrschenden Gefühle erkennen.<br />

Diese ausdrucksstarken Zeichnungen stammen von Dagmar<br />

Geisler. Sie visualisieren den Inhalt für die jungen Leser, für die im<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulalter Bil<strong>der</strong> sehr wichtig für das<br />

Textverständnis s<strong>in</strong>d. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> können sofort erkennen, wie es<br />

den Darstellern geht, <strong>und</strong> sie können den weiteren Verlauf <strong>der</strong><br />

Geschichte antizipieren. Durch die Lektüre <strong>und</strong> das Betrachten<br />

können sie schließlich eigene <strong>in</strong>nere Bil<strong>der</strong> entfalten. S<strong>in</strong>nvoll ist es,<br />

wenn sie Mimik <strong>und</strong> Gestik <strong>der</strong> Darsteller sogar nachspielen o<strong>der</strong><br />

als Standbild nachstellen (s. Kapitel F).<br />

Das Bil<strong>der</strong>buch von <strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong> kann im K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten <strong>und</strong><br />

<strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Gr<strong>und</strong>schule</strong> durch Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrern o<strong>der</strong> Erziehe–<br />

r<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Erziehern vorgelesen werden. Vor allem die <strong>Gr<strong>und</strong>schule</strong><br />

will den jungen Lesern durch e<strong>in</strong> ausreichendes Angebot die<br />

Chance geben, den Inhalt von K<strong>in</strong><strong>der</strong>literatur zu entdecken, mit<br />

ihm zu handeln, ihn zu gestalten <strong>und</strong> ihn zu verstehen. Letztlich<br />

will sie die kulturelle Kompetenz <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> för<strong>der</strong>n.


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 12<br />

D. Zum Thema <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong><br />

Gewalt kann e<strong>in</strong>em Menschen mit Fäusten o<strong>der</strong> auch mit Worten<br />

angetan werden. Gewalt kann sich gezielt gegen e<strong>in</strong>e ganz<br />

bestimmte Person o<strong>der</strong> gegen beliebige Personen aus dem Umfeld<br />

richten. E<strong>in</strong>e Form von Gewalt ist das <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>.<br />

<strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> zieht sich durch alle Gesellschaftsschichten <strong>und</strong> Altersgruppen.<br />

Nicht nur <strong>in</strong> Betrieben, son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule ist<br />

<strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> weit verbreitet. Von <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> sprechen wir, wenn sich e<strong>in</strong><br />

Konflikt verfestigt hat <strong>und</strong> von zwei Konfliktparteien e<strong>in</strong>e <strong>in</strong> die<br />

Unterlegenheit gerät, diese Person häufig <strong>und</strong> über e<strong>in</strong>e längere<br />

Zeit angegriffen o<strong>der</strong> drangsaliert wird <strong>und</strong> kaum die Möglichkeit<br />

hat, sich aus eigener Kraft aus dieser Situation zu befreien. Diese<br />

fe<strong>in</strong>dseligen <strong>und</strong> aggressiven Handlungen richten sich systematisch<br />

gegen e<strong>in</strong>e Person, sowohl verbal wie auch nonverbal <strong>und</strong> <strong>in</strong>direkt,<br />

aber mitunter auch physisch. Aus harmloser Hänselei kann schnell<br />

e<strong>in</strong>e gezielte Demütigung <strong>und</strong> Drangsalierung werden, bei <strong>der</strong> e<strong>in</strong>e<br />

Person e<strong>in</strong>e negative Rolle zugewiesen bekommt.<br />

Der permanente Psychoterror kann bei dem Opfer vorhandene<br />

Unsicherheiten verstärken o<strong>der</strong> verborgene Ängste wecken, die<br />

Leistungs- <strong>und</strong> Lernfähigkeit m<strong>in</strong><strong>der</strong>n, den Schulerfolg bee<strong>in</strong>trächtigen<br />

<strong>und</strong> zu schweren ges<strong>und</strong>heitlichen Schäden führen.<br />

Während des Schulalltags beherrscht die Angst das Opfer so sehr,<br />

dass es im Laufe <strong>der</strong> Zeit Blockaden aufbaut. Weil es sich gehetzt,<br />

bedroht, gedemütigt o<strong>der</strong> überfor<strong>der</strong>t fühlt, kann es sich nicht auf<br />

das Lernen konzentrieren. Wenn es permanent ignoriert, ausgegrenzt<br />

o<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> Gruppe ausgeschlossen wird, wenn sich<br />

Gerüchte über es häufen <strong>und</strong> wenn es sich gleichzeitig an<strong>der</strong>s verhält<br />

als üblich, kann es als Opfer deutlich identifiziert werden <strong>und</strong><br />

dann ist <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> für Außenstehende wahrnehmbar.<br />

E<strong>in</strong>ige Betroffene setzen sich schließlich gewaltsam zur Gegenwehr<br />

<strong>und</strong> reagieren aggressiv, erwecken sogar den Ansche<strong>in</strong>, sie<br />

seien selbst verhaltensauffällig. An<strong>der</strong>e schweigen aus Angst vor<br />

schlimmeren Angriffen o<strong>der</strong> aus Scham. Opfer können nicht nur<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n auch Erzieher o<strong>der</strong> Lehrpersonen werden. Sie alle<br />

benötigen Hilfe von außen, um aus ihrer Situation herauszukommen.<br />

Der Weg von den geme<strong>in</strong>en Beschimpfungen bis zu fairen<br />

Gesprächen ist oft lang <strong>und</strong> mühsam. Das <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> ist erst zu<br />

Ende, wenn die Täter mit den negativen Handlungen aus eigener<br />

<strong>in</strong>nerer Überzeugung aufhören.<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>, die ängstlich, überangepasst o<strong>der</strong> beson<strong>der</strong>s gutgläubig<br />

s<strong>in</strong>d o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> ger<strong>in</strong>ges Selbstwertgefühl, ger<strong>in</strong>ge Frustrationstoleranz,<br />

e<strong>in</strong> auffälliges o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>sartiges Aussehen haben, geraten<br />

eher <strong>in</strong> Gefahr, <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>opfer zu werden, als solche, die sehr selbstbewusst<br />

auftreten. Die meisten verfügen nicht über ausreichende<br />

Strategien, sich nachhaltig <strong>und</strong> überlegen zur Wehr zu setzen.<br />

Die Täter haben unterschiedliche Motive für ihr Handeln, was<br />

ihnen selbst normalerweise nicht bewusst ist. Sie wollen Macht <strong>und</strong><br />

Stärke demonstrieren, ihr Selbstwertgefühl steigern, eigene<br />

Schwächen kompensieren. Sie f<strong>in</strong>den oft Anhänger <strong>und</strong> Mitläufer.<br />

<strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> unter K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Jugendlichen war <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

auch schon als „Ärgern“, „Foppen“, „Hänseln“, „Bloßstellen“,<br />

„Drangsalieren“, „Trietzen“ o<strong>der</strong> „Schikanieren“ bekannt <strong>und</strong> weit<br />

verbreitet. Schon <strong>in</strong> den Klassikern <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>literatur wurden<br />

unterschiedliche Ersche<strong>in</strong>ungsformen beschrieben. Doch erst <strong>in</strong><br />

jüngster Zeit hat dieses Phänomen e<strong>in</strong>en Namen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e wissenschaftliche<br />

Def<strong>in</strong>ition erhalten, <strong>und</strong> es werden Maßnahmen <strong>der</strong><br />

Prävention sowie des Umgangs damit erprobt. Mittlerweile führen<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule Sitzungen ihres Klassenrates durch, um unfaires<br />

Verhalten an<strong>der</strong>er sowie ihre Gefühle <strong>und</strong> ihr Unbehagen <strong>in</strong><br />

dieser Situation zur Sprache zu br<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> weiterer Gewalt unter<br />

Schülern vorzubeugen, o<strong>der</strong> sie tra<strong>in</strong>ieren Methoden des kooperativen<br />

Lernens <strong>und</strong> des Streitschlichtens, um vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu profitieren<br />

<strong>und</strong> geme<strong>in</strong>sam konstruktive Wege erschließen <strong>und</strong> kreative<br />

Energien freisetzen zu können. Die Lehrpersonen s<strong>in</strong>d heute sehr<br />

aufmerksam <strong>und</strong> nehmen gruppendynamische Prozesse genau<br />

wahr, beobachten <strong>und</strong> evaluieren Lernprozesse <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> nicht<br />

nur auf <strong>der</strong> kognitiven, son<strong>der</strong>n auch auf <strong>der</strong> sozialen <strong>und</strong> emotio-<br />

12 13


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 14<br />

nalen Ebene, <strong>und</strong> jede Lehrperson sucht nach weiteren Möglichkeiten,<br />

die Problematik des <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>s geme<strong>in</strong>sam mit den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

aufarbeiten zu können. Viele Vorgänge s<strong>in</strong>d für die Lehrperson<br />

nicht sofort erkennbar. Wenn das betroffene K<strong>in</strong>d sich nicht<br />

äußert, nimmt sie zunächst nur e<strong>in</strong> verän<strong>der</strong>tes Verhalten wahr. Es<br />

ist sehr unkonzentriert, se<strong>in</strong>e schulischen Leistungen lassen nach,<br />

will nicht mehr zur Schule gehen, will von den Eltern zur Schule<br />

gefahren werden, es verliert angeblich häufig Geld, gibt ke<strong>in</strong>e<br />

schlüssige Erklärung für se<strong>in</strong> Verhalten, beg<strong>in</strong>nt zu stottern, isoliert<br />

sich o<strong>der</strong> wird von Albträumen geplagt.<br />

E. Elternarbeit<br />

S<strong>in</strong>nvoll ist es, an e<strong>in</strong>em Elternabend auf die Lektüre des Buches<br />

<strong>und</strong> auf den Inhalt h<strong>in</strong>zuweisen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>ige Tipps zum Verhalten zu<br />

geben. Die Eltern sollen den Blick für die kle<strong>in</strong>en Situationen im<br />

Alltag ihres K<strong>in</strong>des schärfen <strong>und</strong> mit ihm geme<strong>in</strong>sam Gespräche<br />

darüber führen, ob es gern zur Schule geht, ob es sich von den<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>der</strong> Klasse angenommen fühlt, ob es sich auf den Unterricht<br />

freut o<strong>der</strong> ob es Unsicherheiten o<strong>der</strong> sogar Ängste zeigt. Falls<br />

sich das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> letzten Zeit schon häufiger still o<strong>der</strong> ängstlich<br />

verhalten hat, so müssen Eltern geme<strong>in</strong>sam mit ihrem K<strong>in</strong>d nach<br />

möglichen Ursachen forschen. Das K<strong>in</strong>d ist nicht ängstlich, aggressiv,<br />

unkonzentriert o<strong>der</strong> albern, son<strong>der</strong>n es zeigt sich <strong>in</strong> unterschiedlichen<br />

Situationen verängstigt, aggressiv, unkonzentriert <strong>und</strong><br />

albern.<br />

In Gesprächen mit den Eltern kann die Lehrperson ihre Beobachtungen<br />

mitteilen, gleichermaßen berichten die Eltern über<br />

die Verhaltensweisen <strong>in</strong> häuslichen Gegebenheiten. Hierbei soll<br />

deutlich werden, <strong>in</strong> welchen Situationen, zu welcher Zeit <strong>und</strong> welchen<br />

Personen gegenüber das K<strong>in</strong>d das als Problem bezeichnete<br />

Verhalten zeigt. Ebenfalls soll ermittelt werden, wie <strong>in</strong>tensiv dieses<br />

Verhalten ist, welchen Effekt es hat <strong>und</strong> welche Reaktionen es auslöst.<br />

Die Lehrperson kann den Eltern raten, e<strong>in</strong>en Schulpsychologen<br />

als Experten e<strong>in</strong>zubeziehen.<br />

Fragen an das K<strong>in</strong>d <strong>und</strong> auch an die Eltern sollen immer lösungsorientiert<br />

se<strong>in</strong>. Geme<strong>in</strong>sam können nun die Erzieher mit dem<br />

K<strong>in</strong>d Zukunftsperspektiven <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten entwickeln.<br />

Wichtig ist dabei immer, das K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em K<strong>in</strong>dse<strong>in</strong> ernst<br />

zu nehmen <strong>und</strong> mit ihm geme<strong>in</strong>sam – nicht über se<strong>in</strong>en Kopf h<strong>in</strong>weg<br />

– e<strong>in</strong>en Plan zu machen <strong>und</strong> dabei se<strong>in</strong>e Bedürfnisse <strong>und</strong><br />

Wünsche zu berücksichtigen. Oberstes Ziel ist, das K<strong>in</strong>d stark zu<br />

machen.<br />

14 15


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 16<br />

F. Unterrichtsvorschläge zum Umgang mit<br />

dem Buch<br />

Lernchancen <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>:<br />

Um sich <strong>der</strong> Thematik zu nähern, kann das Buch sowohl im ersten<br />

wie auch im zweiten <strong>Schuljahr</strong> im Unterricht e<strong>in</strong>gesetzt werden,<br />

auch wenn die Hauptfigur e<strong>in</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>gartenk<strong>in</strong>d ist. Da sich<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> das Wissen über die Welt auf unterschiedlichen Lernwegen<br />

aneignen, ergibt sich für die <strong>Gr<strong>und</strong>schule</strong> die Notwendigkeit, e<strong>in</strong>e<br />

Begegnung mit dem Buch entsprechend vielfältig zu gestalten. Die<br />

gehörte o<strong>der</strong> gelesene Geschichte h<strong>in</strong>terlässt erste E<strong>in</strong>drücke, die<br />

die K<strong>in</strong><strong>der</strong> weiterverarbeiten wollen <strong>und</strong> durch eigene Erfahrungen<br />

festigen können, denn zum Verstehen von Geschichten<br />

gehören die eigenen Gedanken <strong>und</strong> Gefühle dazu. Deshalb muss<br />

die Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit Texten im Blick auf die ganze Person<br />

erfasst, beschrieben <strong>und</strong> nutzbar gemacht werden. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> sollen<br />

dem Buch sowohl auf <strong>der</strong> kognitiven als auch auf <strong>der</strong> personalen,<br />

emotionalen, sozialen, psychomotorischen <strong>und</strong> handelnden<br />

Ebene begegnen. Der Inhalt muss kreativ erschlossen <strong>und</strong> gestaltet<br />

werden <strong>und</strong> „durch den eigenen Körper“ jedes e<strong>in</strong>zelnen K<strong>in</strong>des<br />

gehen, damit er verstanden werden kann:<br />

„Lesen hat se<strong>in</strong>en Stellenwert nicht nur <strong>in</strong> <strong>der</strong> Erziehung, Wissensvermittlung<br />

<strong>und</strong> Bildung, son<strong>der</strong>n auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Seelsorge,<br />

Psychotherapie, Psychiatrie <strong>und</strong> Mediz<strong>in</strong>, kann krampflösend, entspannend<br />

<strong>und</strong> befreiend se<strong>in</strong>.“ 3<br />

E<strong>in</strong>e ganzheitliche Begegnung mit Literatur im Unterricht för<strong>der</strong>t<br />

bei den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n die Wahrnehmungs-, Erlebnis- <strong>und</strong><br />

Darstellungsfähigkeit von Literatur. Durch die kreativen Arbeitsangebote<br />

wird die ganzheitliche Begegnung dem Bewegungsdrang<br />

<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> gerecht <strong>und</strong> bietet Raum <strong>und</strong> Zeit, Gefühle <strong>und</strong><br />

Gedanken zu entwickeln. K<strong>in</strong><strong>der</strong> können den Gefühlen <strong>der</strong><br />

3 Friedhelm Munzel: Bibliotherapie <strong>und</strong> religiöses Lernen, Münster 1997, Seite 180, 181<br />

16<br />

Protagonisten wie Freude, Trauer, Scham, Wut, Melancholie, E<strong>in</strong>samkeit<br />

<strong>und</strong> Angst nachspüren <strong>und</strong> sie mit ihren Möglichkeiten<br />

zum Ausdruck br<strong>in</strong>gen.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben dadurch die Chance, den Inhalt mit allen<br />

S<strong>in</strong>nen aufzunehmen. Neben dem Intellekt ist gleichermaßen ihr<br />

Körper <strong>und</strong> ihre Seele mit e<strong>in</strong>bezogen. Sie lernen, Kontakt zu<br />

ihrem <strong>in</strong>neren Leben <strong>und</strong> persönlichen Selbst aufzunehmen, um<br />

so Selbstvertrauen <strong>und</strong> e<strong>in</strong> positives Selbstwertgefühl aufzubauen<br />

<strong>und</strong> weiterzuentwickeln.<br />

Die Begegnung mit dem Buch wird somit zu e<strong>in</strong>er ganzkörperlichen<br />

Interaktion <strong>und</strong> kann den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n zum aufrechten Gang, zur<br />

Stärkung des Selbstvertrauens <strong>und</strong> zum „Herausbilden <strong>der</strong> eigenen<br />

Identität als leiblichgeistigen Prozess“ 4 verhelfen.<br />

Die Lehrperson för<strong>der</strong>t durch die Arbeit an dem Buch die Selbstwahrnehmung<br />

<strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> <strong>und</strong> macht ihnen verbale, schriftliche,<br />

spielerische, meditative, visuelle <strong>und</strong> musikalische Lern- <strong>und</strong><br />

Gestaltungsangebote.<br />

Als beson<strong>der</strong>e Methoden s<strong>in</strong>d die Gruppenarbeit, die Fantasiereise<br />

<strong>und</strong> das szenische Spiel zu nennen. Darüber h<strong>in</strong>aus haben die<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> die Möglichkeit, eigene <strong>in</strong>nere Bil<strong>der</strong> zum Inhalt zu entfalten<br />

<strong>und</strong> diese kreativ durch Formen <strong>und</strong> Farben, durch Klänge <strong>und</strong><br />

Bewegungen o<strong>der</strong> durch eigene Texte zum Ausdruck zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Entscheidend ist, welche Methoden dem e<strong>in</strong>zelnen K<strong>in</strong>d <strong>und</strong> dem<br />

Inhalt gerecht werden. Da die Handlungsorientierung <strong>in</strong> Handlungsprodukte<br />

mündet, s<strong>in</strong>d alle Gestaltungsarbeiten <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

Produkte. Das Dialogisieren führt zu Rollenspielen, die präsentiert<br />

werden. Das kreative Gestalten mit Klängen, Formen, Farben,<br />

Bewegungen o<strong>der</strong> Schriftsprache führt zu e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>tensiven Darstellung<br />

eigener Stimmungen <strong>und</strong> schließlich zu Produkten<br />

(Bil<strong>der</strong>, Skulpturen, Klanggestaltung, Theaterstück, Hörspiel, Film,<br />

eigenes Buch, S<strong>in</strong>gen <strong>der</strong> eigenen Lie<strong>der</strong>, Lesung mit eigenen<br />

Geschichten <strong>und</strong> Gedichten). Mit Hilfe mo<strong>der</strong>ner Medien können<br />

4 Bildungskommission NRW (1995), S. 108<br />

17


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die K<strong>in</strong><strong>der</strong> auch spielerische Darstellungen konservieren.<br />

Der Lehrperson als Vermittler<strong>in</strong> zwischen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>und</strong> Literatur<br />

kommt bei e<strong>in</strong>er ganzheitlichen Begegnung e<strong>in</strong>e große Verantwortung<br />

zu, die nicht zu unterschätzen ist. Voraussetzung für e<strong>in</strong>e<br />

authentische Vermittlung <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e aktive Lesebegleitung s<strong>in</strong>d<br />

kommunikative Fähigkeiten <strong>und</strong> Methodenkompetenz. Die Lehrperson<br />

versteht sich als Lernbeobachter<strong>in</strong>, Lernberater<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

Lernbegleiter<strong>in</strong>.<br />

Erst-Präsentation:<br />

Darbietung:<br />

Die Lehrperson o<strong>der</strong> Erzieher<strong>in</strong> präsentiert den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n das Buch<br />

im Sitzkreis <strong>und</strong> <strong>in</strong> ruhiger Atmosphäre. Sie hält den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n das<br />

geöffnete Buch entgegen, sodass sie h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>schauen <strong>und</strong> die Bil<strong>der</strong><br />

sehen können. Spontan äußern sie sich zu dem, was sie sehen.<br />

Danach liest die Lehrperson den Text laut <strong>und</strong> langsam vor. Nun<br />

zeigt sie die nächste Seite, <strong>und</strong> die K<strong>in</strong><strong>der</strong> äußern sich zunächst zu<br />

den Bil<strong>der</strong>n <strong>und</strong> antizipieren die Handlung, bevor sie die Fortsetzung<br />

hören.<br />

Fragen <strong>und</strong> erste Annäherungen an den Text:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> lernen die Geschichte bis Seite 12/13 „Hilfe!“, will Kim<br />

rufen. „Hilfe!“ Aber sie kriegt ke<strong>in</strong>en Pieps heraus. kennen. Sie<br />

schreiben auf e<strong>in</strong> weißes Papier, das wie e<strong>in</strong>e Träne geschnitten ist,<br />

warum Kim so traurig <strong>und</strong> so ängstlich ist. Sie können aber auch<br />

aufschreiben, wie dem Mädchen geholfen werden kann. Die<br />

Tränen werden auf e<strong>in</strong>e große dunkle Fläche aufgeklebt. Im unteren<br />

Teil <strong>der</strong> Fläche ist das Mädchen Kim zu erkennen.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> hören die Geschichte bis zum Schluss. Am Ende des<br />

Buches zeichnen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> ihre Fußabdrücke auf e<strong>in</strong> Blatt, schneiden<br />

sie aus <strong>und</strong> schreiben auf, was Kim, Tim, Fritz o<strong>der</strong> Grit für e<strong>in</strong><br />

besseres Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> tun können. Alle Fußabdrücke mit den Tipps<br />

werden auf e<strong>in</strong>em Wandbild mit <strong>der</strong> Überschrift „Schritte zum<br />

besseren Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>“ aufgeklebt.<br />

Stilleübungen:<br />

Vor den Vorlesezeiten machen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>ige Stilleübungen.<br />

„Stilleübungen“ ist e<strong>in</strong> Sammelbegriff für pädagogische Möglichkeiten<br />

<strong>der</strong> Entspannung, wie z. B. autogenes Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, Eutonie,<br />

Meditation, Fantasie- <strong>und</strong> Traumreisen, Kimspiele <strong>und</strong> Übungen<br />

zur Wahrnehmungsför<strong>der</strong>ung 5. Sie s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e Diszipl<strong>in</strong>ierungsmaßnahmen,<br />

son<strong>der</strong>n haben ausgleichende <strong>und</strong> bildende Funktion.<br />

Als mögliche Rituale im Unterricht stellen sie e<strong>in</strong>en Ausgleich<br />

zum hektischen Alltag dar, helfen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n, ihre Aufmerksamkeit<br />

nach <strong>in</strong>nen zu richten, sich auf sich selbst e<strong>in</strong>zulassen <strong>und</strong> dabei<br />

die Außene<strong>in</strong>flüsse so weit wie möglich auszuschalten. Durch die<br />

<strong>in</strong>nere Bewegtheit tritt e<strong>in</strong>e äußere Ruhe e<strong>in</strong> <strong>und</strong> die K<strong>in</strong><strong>der</strong> kommen<br />

<strong>in</strong>s Gleichgewicht. Im Zusammenhang mit dem Buch lassen<br />

sich Fantasiereisen <strong>und</strong> verschiedene Wahrnehmungsübungen<br />

machen.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> hören die Geschichte bis Seite 16/17 („Ich b<strong>in</strong> nämlich<br />

schon groß. Fast e<strong>in</strong> Schulk<strong>in</strong>d!“) <strong>und</strong> machen anschließend e<strong>in</strong>e<br />

Fantasiereise. Sie legen den Kopf auf den Tisch, schließen die<br />

Augen <strong>und</strong> träumen, welche Wünsche Kim hat <strong>und</strong> wie ihr geholfen<br />

werden kann. Sie malen o<strong>der</strong> schreiben ihre Gedanken auf hellblaues<br />

Papier, das wie Wolken o<strong>der</strong> wie Sprechblasen geschnitten<br />

ist. (Die Erstklässler schreiben mit Hilfe ihrer Anlauttabelle e<strong>in</strong><br />

Wort – e<strong>in</strong> Wortskelett o<strong>der</strong> den Anfangsbuchstaben e<strong>in</strong>es Wortes.)<br />

Die Ergebnisse kleben sie auf e<strong>in</strong>e große helle Papierfläche, auf <strong>der</strong><br />

im unteren Teil das kle<strong>in</strong>e Mädchen Kim zu erkennen ist. Die<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> vergleichen dieses Handlungsprodukt<br />

5 vgl. Schafferhans, R., Stille <strong>und</strong> Entspannung als <strong>in</strong>nere Bewegung, <strong>in</strong>: Klupsch-Sahlmann (1999),<br />

S. 46 ff.<br />

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mit dem früheren Plakat (dunkle Fläche mit Tränen) <strong>und</strong> formulieren<br />

ihre Gedanken <strong>und</strong> Gefühle.<br />

Antizipation:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> geben dem Text ihren subjektiven S<strong>in</strong>n, <strong>der</strong> e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles<br />

Produkt aufgr<strong>und</strong> <strong>der</strong> eigenen Erfahrungen <strong>und</strong> Lebensumstände<br />

ist. Vor <strong>und</strong> während des gesamten Leseprozesses haben<br />

sie Erwartungen an den Text. Ihre Gedanken eilen dem Text voraus.<br />

Sie denken mit <strong>und</strong> vermuten kont<strong>in</strong>uierlich, wie die<br />

Handlung weitergehen könnte. Während des Lesens entwickeln sie<br />

immer wie<strong>der</strong> Vorstellungen darüber, was noch folgen könnte. Auf<br />

Seite 24/25 nimmt die Handlung e<strong>in</strong>e Wende, <strong>und</strong> Kim will die<br />

Situation än<strong>der</strong>n. Diese Stelle bietet sich zum Zwischenstopp, Verweilen<br />

<strong>und</strong> Antizipieren an. Die lesenden K<strong>in</strong><strong>der</strong> gehen noch e<strong>in</strong>mal<br />

<strong>in</strong> Gedanken zurück, machen sich den Konflikt bewusst <strong>und</strong><br />

schreiben die Geschichte weiter, greifen das bereits Gelesene auf,<br />

führen die Handlung nach ihren Vorstellungen zu Ende <strong>und</strong> werden<br />

dadurch zum Denken <strong>und</strong> Mitdenken herausgefor<strong>der</strong>t. Schon<br />

die ersten Lesee<strong>in</strong>drücke s<strong>in</strong>d bedeutsam <strong>und</strong> verdienen es, ernst<br />

genommen zu werden <strong>und</strong> mit den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n <strong>in</strong>s Gespräch zu kommen.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> lesen die Geschichte bis zu <strong>der</strong> Stelle: Plötzlich, als<br />

Frau Blume nicht h<strong>in</strong>schaut, tritt Fritz mit dem Fuß <strong>in</strong> Kims<br />

Schatzkiste. Und Grit hackt mit dem P<strong>in</strong>sel h<strong>in</strong>terher. Die zwei gr<strong>in</strong>sen<br />

fies. Jetzt ist e<strong>in</strong> richtiges Loch <strong>in</strong> Kims Schatzkiste.<br />

Sie erzählen o<strong>der</strong> schreiben e<strong>in</strong>e Fortsetzung des Inhalts.<br />

Sie spielen die Geschichte bis zu <strong>der</strong> Stelle <strong>und</strong> erf<strong>in</strong>den e<strong>in</strong>e<br />

Fortsetzung. Die Lehrperson achtet darauf, dass die K<strong>in</strong><strong>der</strong> unterschiedliche<br />

Rollen spielen. Anschließend sammelt sie die von den<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n gef<strong>und</strong>enen Fortsetzungen. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> vergleichen die<br />

Fortsetzungsmöglichkeiten <strong>und</strong> sie reflektieren, wie sie sich <strong>in</strong> den<br />

e<strong>in</strong>zelnen Rollen erlebt <strong>und</strong> gefühlt haben, sowohl als Fritz wie<br />

auch als Grit o<strong>der</strong> als Kim.<br />

Szenische Bearbeitung:<br />

Stimme leihen:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> spielen e<strong>in</strong>e vorher ausgewählte Szene, <strong>in</strong> <strong>der</strong> Dialoge<br />

notwendig s<strong>in</strong>d. Die spielenden K<strong>in</strong><strong>der</strong> sprechen aber nicht selbst.<br />

Je<strong>der</strong> Darsteller hat e<strong>in</strong>en Zwill<strong>in</strong>g, <strong>der</strong> für ihn <strong>in</strong> <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Situation die Fragen, Antworten, E<strong>in</strong>stellungen o<strong>der</strong> Argumente<br />

formuliert. So kann sich <strong>der</strong> Spieler auf se<strong>in</strong>e Spielrolle konzentrieren<br />

<strong>und</strong> Hemmungen abwenden. In bestimmten Situationen werden<br />

auch die Zuschauer e<strong>in</strong>bezogen, die zu den e<strong>in</strong>zelnen Darstellern<br />

h<strong>in</strong>gehen, ihnen die Hand auf die Schulter legen <strong>und</strong> ihre<br />

eigene Sichtweise o<strong>der</strong> ihre Gefühle zu ihrer Situation verbalisieren.<br />

Standbild:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> suchen e<strong>in</strong>e Situation des Buches aus, <strong>in</strong> <strong>der</strong> sich mehrere<br />

Handlungsfiguren <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Konfliktsituation begegnen, <strong>und</strong><br />

stellen sie durch e<strong>in</strong> Standbild dar. Sie achten auf die Mimik <strong>und</strong><br />

Körperhaltung <strong>und</strong> verharren <strong>in</strong> diesem Standbild e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>ute.<br />

Die Lehrperson kann e<strong>in</strong> Foto machen. Nun wechseln die K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

ihre Rollen <strong>und</strong> stellen dieselbe Situation noch e<strong>in</strong>mal dar.<br />

Anschließend reflektieren Spieler <strong>und</strong> Zuschauer ihre E<strong>in</strong>drücke.<br />

Die Spieler berichten, <strong>in</strong> welcher Rolle sie sich wohl gefühlt haben<br />

<strong>und</strong> welche Rolle ihnen nicht behagt hat. Sie erläutern ihre<br />

Empf<strong>in</strong>dungen.<br />

Szenisches Spiel:<br />

Im Folgenden zunächst e<strong>in</strong> Beispiel für die Ausdrucksmöglichkeit<br />

im szenischen Spiel:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> spielen „Cool-Se<strong>in</strong>“. E<strong>in</strong> K<strong>in</strong>d macht vor, was es sich<br />

unter Cool-Se<strong>in</strong> vorstellt. Es guckt cool. Es bewegt sich cool. Die<br />

an<strong>der</strong>en beobachten Mimik <strong>und</strong> Gestik genau <strong>und</strong> erzählen<br />

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anschließend, was ihnen aufgefallen ist. Das spielt e<strong>in</strong> an<strong>der</strong>es K<strong>in</strong>d<br />

vor, was es mit dem Begriff verb<strong>in</strong>det. Abschließend beschreiben<br />

die K<strong>in</strong><strong>der</strong>, welche neuen Seiten sie <strong>in</strong> sich selbst entdeckt haben.<br />

Die jetzigen Schulneul<strong>in</strong>ge waren die Großen, als sie noch im<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>garten waren. In dem neuen Umfeld Schule s<strong>in</strong>d sie plötzlich<br />

wie<strong>der</strong> die Kle<strong>in</strong>en. Der Groß-Kle<strong>in</strong>-Konflikt tritt <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten<br />

Phase <strong>der</strong> Schulzeit wie<strong>der</strong> auf. K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>d gerade <strong>in</strong> dieser Zeit<br />

sehr unsicher <strong>und</strong> verletzbar. Sie müssen häufig ermutigt werden,<br />

viele können positive Erfahrungen sammeln <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>schaften<br />

aufbauen.<br />

Diese den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n bekannten Gefühle nehmen bereits stark<br />

Bezug auf die Situation des Buches. Daher kann diese Übung e<strong>in</strong>e<br />

gute E<strong>in</strong>führung se<strong>in</strong>. Danach geht es um die konkrete Bearbeitung<br />

des Buches:<br />

Durch das szenische Spiel erwecken die K<strong>in</strong><strong>der</strong> die Protagonisten<br />

zum Leben. Ihre Fantasie sprengt die Grenzen von Zeit <strong>und</strong> Raum.<br />

Entscheidend ist nicht, das Buch vollständig durchzuspielen. Die<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> sollen sich eher auf e<strong>in</strong>zelne Szenen beschränken, die durch<br />

starke Bildhaftigkeit bei ihnen e<strong>in</strong>en großen E<strong>in</strong>druck h<strong>in</strong>terlassen<br />

haben.<br />

Sie spielen zunächst e<strong>in</strong>en Teil <strong>der</strong> Geschichte nach <strong>und</strong> konzentrieren<br />

sich auf die kreative Ausgestaltung ihrer Rolle sowie auf das<br />

Zusammenspiel mit den an<strong>der</strong>en Handlungsfiguren, während die<br />

Lehrperson langsam <strong>und</strong> mit Pausen die Geschichte vorliest. Später<br />

reihen sie die e<strong>in</strong>zelnen Szenen ane<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>und</strong> spielen schließlich<br />

die gesamte Handlung durch.<br />

Die Rollen <strong>und</strong> Situationen werden meist <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bewegung dargestellt<br />

<strong>und</strong> mit körperlichen Mitteln zum Ausdruck gebracht. Die<br />

k<strong>in</strong>dliche Vorstellungsfähigkeit <strong>und</strong> Fantasie können hierbei gleichermaßen<br />

geför<strong>der</strong>t werden. Im Spiel, ganz gleich ob es e<strong>in</strong><br />

Nachspielen o<strong>der</strong> e<strong>in</strong> Antizipieren o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Mischung aus beiden<br />

Möglichkeiten ist, können die K<strong>in</strong><strong>der</strong> Spannungen abbauen,<br />

Aggressionen abreagieren <strong>und</strong> unerfüllte sowie unerlaubte<br />

Wünsche <strong>in</strong> konkreter o<strong>der</strong> symbolischer Form realisieren. Sie<br />

arbeiten die beson<strong>der</strong>en Charakterzüge <strong>der</strong> Handlungsfiguren heraus.<br />

Es ist für sie e<strong>in</strong>e Herausfor<strong>der</strong>ung, ihre Erkenntnisse durch<br />

Körpersprache darzustellen <strong>und</strong> im Spiel zu <strong>in</strong>szenieren. In diesem<br />

Zusammenhang s<strong>in</strong>d auch Übungen zu Atemtechniken, Bewegungen,<br />

Körperbewusstse<strong>in</strong>, Konzentration <strong>und</strong> Improvisation<br />

hilfreich. Dadurch erreichen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> e<strong>in</strong>e gesteigerte Sensibilität<br />

für die Körpersprache. Wenn ihnen die Möglichkeit e<strong>in</strong>geräumt<br />

wird, Stimmungen auszudrücken – durch Bewegungen, durch<br />

Körperhaltung <strong>und</strong> durch Mimik –, verschafft ihnen die<br />

Lehrperson den Zugang zu sich selbst. Sie erfahren dabei e<strong>in</strong> ganz<br />

neues Körpergefühl <strong>und</strong> erleben bewusst, sich mit ihrem eigenen<br />

Körper als Instrument auszudrücken. Sie nehmen aber nicht nur<br />

sich selbst <strong>in</strong>tensiv wahr, son<strong>der</strong>n auch ihre Umwelt. Stimmungen<br />

an<strong>der</strong>er Mitmenschen erkennen sie viel schneller.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> können mithilfe des szenischen Spiels den Gefühlen<br />

<strong>der</strong> Handlungsfiguren nachspüren. Im Spiel verarbeiten sie<br />

bedrohliche <strong>und</strong> ängstigende E<strong>in</strong>drücke. Sie stellen sich im Spiel<br />

<strong>der</strong> Angst, versuchen, sie zu begreifen. Dies geschieht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Geschw<strong>in</strong>digkeit, die jedes K<strong>in</strong>d selbst vorgibt. Es bewegt sich mal<br />

schnell <strong>und</strong> mal langsam, es verweilt o<strong>der</strong> schaut zurück, um zu<br />

prüfen, wie weit es gegangen ist, setzt sich o<strong>der</strong> geht weiter. Die<br />

Wie<strong>der</strong>holung von Handlungen ist e<strong>in</strong> gr<strong>und</strong>legendes Merkmal<br />

menschlicher Tätigkeit. Nur durch sie ist e<strong>in</strong>e Festigung <strong>der</strong><br />

Erfahrungen möglich. Sie ist die Gr<strong>und</strong>lage für das Lernen <strong>und</strong> für<br />

die Entwicklung von Fantasietätigkeit. Durch das Spiel, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />

durch die Wie<strong>der</strong>holung <strong>der</strong> Handlung können die K<strong>in</strong><strong>der</strong><br />

Unsicherheiten verarbeiten. Sie reduzieren automatisch den Inhalt<br />

auf das für sie Bedeutsame, beherrschen schließlich die Situation<br />

<strong>und</strong> agieren ihre Bedürfnisse aus. Sie werden sicherer <strong>und</strong> treten<br />

selbstbewusster auf. Durch das Spiel erleben die K<strong>in</strong><strong>der</strong> gemachte<br />

Erfahrungen noch e<strong>in</strong>mal <strong>und</strong> verarbeiten schließlich ihre unbewussten<br />

Probleme o<strong>der</strong> sie stärken sich für Begegnungen, die auf<br />

sie zukommen werden.<br />

Wertvolle Erfahrungen machen die K<strong>in</strong><strong>der</strong> auch dadurch, dass sie<br />

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sich <strong>in</strong> unterschiedlichen Rollen erleben. Sie können aus eigener<br />

Bef<strong>in</strong>dlichkeit heraus anschließend ihr Wohlbef<strong>in</strong>den o<strong>der</strong> Unwohlse<strong>in</strong><br />

beschreiben <strong>und</strong> ihre Erfahrungen <strong>in</strong> den unterschiedlichen<br />

Rollen mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> vergleichen. Wenn sie die Möglichkeit<br />

haben, selbst Dialoge zu formulieren <strong>und</strong> aufzuschreiben, reduzieren<br />

sie auch hierbei den Inhalt auf das, was ihnen bedeutsam ist.<br />

Die Arbeit an dem geme<strong>in</strong>samen Spiel ist das eigentlich Wichtige,<br />

nicht das Produkt. Der Weg ist das Ziel. Die spontane Spielbereitschaft<br />

<strong>und</strong> die kreativen E<strong>in</strong>fälle <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong> entwickeln sich<br />

zu e<strong>in</strong>er differenzierten <strong>und</strong> kontrollierten Spielfähigkeit. Die<br />

Lehrperson sollte sich auf ihre Rolle als Berater<strong>in</strong>, Begleiter<strong>in</strong> <strong>und</strong><br />

Beobachter<strong>in</strong> beschränken. Ihre Mitarbeit ist nur dann angebracht,<br />

wenn sie das K<strong>in</strong>d ausdrücklich wünscht.<br />

Im szenischen Spiel s<strong>in</strong>d die K<strong>in</strong><strong>der</strong> nicht Zuschauer, son<strong>der</strong>n<br />

Akteure des Lebens. Sie nehmen bewusst mit allen S<strong>in</strong>nen am<br />

Leben teil. Sie werden ernst genommen, die Arbeit ist wichtig <strong>und</strong><br />

wird anerkannt, Zuschauer bestaunen das Gesamtwerk <strong>und</strong><br />

applaudieren. Bleibende Motivation an <strong>der</strong> Sache ist die Folge.<br />

Nach dem Spielen können die K<strong>in</strong><strong>der</strong> ihre Lernprozesse reflektieren.<br />

Hilfreiche Impulse s<strong>in</strong>d:<br />

Beschreibe, wie du die Rolle von Kim gespielt hast.<br />

Beschreibe, wie du die Rolle von Fritz o<strong>der</strong> Grit gespielt hast.<br />

Beschreibe, wie du die Rolle von Tim gespielt hast.<br />

Erzähle, was dir schwer gefallen ist.<br />

Erzähle, was dir leicht gefallen ist.<br />

Er<strong>in</strong>nere dich, <strong>in</strong> welcher Rolle du dich wohl gefühlt hast.<br />

Er<strong>in</strong>nere dich, <strong>in</strong> welcher Rolle du dich nicht wohl gefühlt hast.<br />

Schriftliche Bearbeitung:<br />

Strukturieren:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> strukturieren den Text unter bestimmten Fragestellungen.<br />

Sie markieren mit unterschiedlichen Farben beson<strong>der</strong>e<br />

Informationen o<strong>der</strong> Wörter im Text. Sie ordnen bedeutende Informationen<br />

o<strong>der</strong> Wörter zu. Sie f<strong>in</strong>den Ober- <strong>und</strong> Unterbegriffe,<br />

Überschriften o<strong>der</strong> kennzeichnen neue Gedanken. Das Unterstreichen<br />

hat e<strong>in</strong>e neue Funktion, denn nicht <strong>der</strong> Fehler, son<strong>der</strong>n<br />

etwas Bedeutsames wird herausgestellt. Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> stellen e<strong>in</strong>en<br />

Text <strong>in</strong> Bildfolgen dar o<strong>der</strong> fertigen e<strong>in</strong>e Grafik an. Sie aktivieren<br />

gleichzeitig immer auch ihr Vorwissen zum Inhalt <strong>und</strong> zur<br />

Struktur des Textes <strong>und</strong> br<strong>in</strong>gen ihre bisherige Methodenkenntnis<br />

e<strong>in</strong>.<br />

Kreatives Schreiben:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> schreiben Zitate aus dem Text heraus, fassen den Inhalt<br />

mit eigenen Worten zusammen o<strong>der</strong> halten schriftlich ihre Gedanken<br />

zum Text fest. Ihre Aufzeichnungen s<strong>in</strong>d Hilfen für den<br />

Erarbeitungsprozess <strong>und</strong> Gedächtnisstützen, o<strong>der</strong> sie dienen dazu,<br />

stumm über den Inhalt zu reflektieren <strong>und</strong> ihre eigenen <strong>in</strong>neren<br />

Bil<strong>der</strong> kreativ zum Ausdruck zu br<strong>in</strong>gen. Das Herstellen von<br />

Inhaltsauszügen ist nicht nur e<strong>in</strong> mechanisches Abschreiben, son<strong>der</strong>n<br />

schon e<strong>in</strong> erstes Verarbeiten, <strong>der</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Text vorliegenden<br />

Informationen.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> schreiben e<strong>in</strong>en wichtigen Satz o<strong>der</strong> Absatz ab, <strong>der</strong><br />

ihnen viel bedeutet, <strong>und</strong> machen ihn als Zitat mit Quellenangabe<br />

deutlich. Der Text kann sie zunächst zum Beobachten von Handlungen<br />

an<strong>der</strong>er K<strong>in</strong><strong>der</strong> verleiten o<strong>der</strong> zum Schreiben eigener Gedanken<br />

<strong>und</strong> Gefühle anregen.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> füllen e<strong>in</strong>en Lückentext aus, <strong>der</strong> ihre semantischen<br />

<strong>und</strong> syntaktischen Fähigkeiten erkennen lässt. Sie können sich<br />

selbst <strong>in</strong> den Text e<strong>in</strong>bauen o<strong>der</strong> eigene Lie<strong>der</strong> <strong>und</strong> Gedichte dazu<br />

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Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 26<br />

schreiben, <strong>und</strong> sie entwickeln letztlich e<strong>in</strong> Buch zum Buch, e<strong>in</strong><br />

Parallelbuch. Das Führen e<strong>in</strong>es Lesetagebuches ermöglicht ihnen,<br />

die eigenen Gedanken <strong>und</strong> Gefühle zu den unterschiedlichen<br />

Textstellen aufzuschreiben. Ihre eigenen Aufzeichnungen bereiten<br />

sie auf, visualisieren <strong>und</strong> präsentieren sie. Sie nutzen dazu verschiedene<br />

Darstellungsformen wie Plakate, eigene Bücher, die<br />

Schülerzeitung, Dokumentationen mithilfe von Audio- o<strong>der</strong><br />

Videomedien.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> reduzieren bei <strong>der</strong> Aufbereitung <strong>und</strong> Darstellung<br />

automatisch den Text immer auf das für sie Bedeutsame. Das<br />

Anlegen e<strong>in</strong>es Clusters o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>dmap, e<strong>in</strong>er Tabelle o<strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>er Stichwortsammlung s<strong>in</strong>d wichtige Hilfsmittel. Aus dieser<br />

Wörtersammlung verfassen sie eigene Gedichte o<strong>der</strong> Geschichten.<br />

Beispiele:<br />

frech<br />

fieser Fritz<br />

ärgert <strong>und</strong> zerstört<br />

ich b<strong>in</strong> es leid<br />

Schluss<br />

stark<br />

diese Kim<br />

mutig <strong>und</strong> groß<br />

sie wehrt sich heute<br />

super<br />

26<br />

Elfchen<br />

E<strong>in</strong> Elfchen ist e<strong>in</strong>e nie<strong>der</strong>ländisches Gedichtform, die von Jos van<br />

Hest aus Amsterdam nach Deutschland gebracht wurde <strong>und</strong> aus elf<br />

Wörtern besteht.<br />

Schreibe <strong>in</strong> das erste Kästchen e<strong>in</strong> Adjektiv.<br />

Beschreibe <strong>in</strong> <strong>der</strong> nächsten Zeile durch e<strong>in</strong> Nomen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>en<br />

Begleiter näher, um wen o<strong>der</strong> was es sich handelt.<br />

Beschreibe <strong>in</strong> <strong>der</strong> dritten Zeile die Person o<strong>der</strong> den Gegenstand<br />

etwas näher.<br />

Schreibe <strong>in</strong> die vierte Zeile, was die Person o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Gegenstand<br />

macht o<strong>der</strong> wie du o<strong>der</strong> jemand an<strong>der</strong>s den Gegenstand beurteilst.<br />

F<strong>in</strong>de <strong>in</strong> dem letzten Feld e<strong>in</strong>e Überschrift, o<strong>der</strong> drücke de<strong>in</strong>e<br />

Stimmung mit e<strong>in</strong>em Wort aus.<br />

Beispiele:<br />

dunkel<br />

die Angst<br />

macht mich kle<strong>in</strong><br />

heute wehre ich mich<br />

basta<br />

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Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 28<br />

Avenida<br />

E<strong>in</strong> Avenida ist e<strong>in</strong>e spanische Gedichtform von Eugen Gomr<strong>in</strong>ger,<br />

besteht zunächst aus drei Nomen, die nache<strong>in</strong>an<strong>der</strong> aufgezählt<br />

werden, sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten Anordnung immer wie<strong>der</strong>holen<br />

<strong>und</strong> durch e<strong>in</strong> „<strong>und</strong>“ verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d. Am Schluss wird die Überschrift<br />

formuliert.<br />

Denke dir drei Namenwörter aus, die etwas mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu tun<br />

haben. Schreibe das erste Wort auf die L<strong>in</strong>ie mit <strong>der</strong> (1), das zweite<br />

Wort auf die L<strong>in</strong>ie mit <strong>der</strong> (2) <strong>und</strong> das dritte Wort auf die L<strong>in</strong>ie<br />

mit <strong>der</strong> (3). Lies den Text mehrmals durch, <strong>und</strong> setze nun <strong>in</strong> die<br />

letzte Zeile e<strong>in</strong>e Überschrift (4).<br />

(1)<br />

<strong>und</strong><br />

(1) (2)<br />

(2)<br />

<strong>und</strong><br />

(2) (3)<br />

(1)<br />

<strong>und</strong><br />

(1) (3)<br />

<strong>und</strong> <strong>und</strong><br />

(1) (2) (3)<br />

(4)<br />

Beispiel:<br />

Angst<br />

Angst <strong>und</strong> Wut<br />

Wut<br />

Wut <strong>und</strong> Mut<br />

Angst<br />

Angst <strong>und</strong> Wut <strong>und</strong> Mut<br />

Stark werden<br />

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Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 30<br />

Akrostichon<br />

Das Akrostichon ist e<strong>in</strong>e griechische Gedichtform, bei <strong>der</strong> die<br />

Anfangsbuchstaben <strong>der</strong> Verse e<strong>in</strong> Wort o<strong>der</strong> e<strong>in</strong>en Satz ergeben.<br />

Denk dir e<strong>in</strong> Wort aus, <strong>und</strong> schreib es senkrecht auf.<br />

Setz die jeweiligen Buchstaben e<strong>in</strong>zeln untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

Die Buchstaben sollen gleichzeitig Anfangsbuchstaben für Beobachtungen,<br />

Gedanken o<strong>der</strong> Gefühle se<strong>in</strong>, die zu dem senkrecht<br />

aufgeschriebenen Wort passen.<br />

Schreib nun diese Wörter o<strong>der</strong> Satzteile o<strong>der</strong> kurze Sätze <strong>in</strong> die<br />

jeweilige Zeile.<br />

Das ausgedachte Wort kannst du auch als erstes Wort <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

ersten Zeile verwenden.<br />

Beispiel:<br />

K le<strong>in</strong>es Mädchen Kim<br />

I mmer Angst vor den fiesen K<strong>in</strong><strong>der</strong>n<br />

M öchte mutig werden<br />

Drei-Satz-Gedicht<br />

Schreibe e<strong>in</strong> Drei-Satz-Gedicht zu dem Inhalt des Buches.<br />

Die Sätze sollen mit gestern, heute, morgen beg<strong>in</strong>nen.<br />

Setze dann e<strong>in</strong>e Überschrift oben darüber.<br />

Gestern<br />

Heute<br />

Morgen<br />

Beispiel:<br />

Stark werden<br />

Gestern hatte Kim Angst.<br />

Heute fasst sie Mut.<br />

Morgen wird sie sich wehren.<br />

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Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 32<br />

Siebenle<strong>in</strong><br />

Denke dir e<strong>in</strong> Wort aus.<br />

Setze dieses Wort jeweils <strong>in</strong> die erste, vierte <strong>und</strong> sechste Zeile.<br />

Schreibe <strong>in</strong> die zweite Zeile, was du unbed<strong>in</strong>gt dazu sagen möchtest.<br />

Schreibe <strong>in</strong> die dritte Zeile de<strong>in</strong>e Gedanken dazu auf.<br />

Schreibe <strong>in</strong> die fünfte Zeile de<strong>in</strong> Gefühl dazu auf.<br />

Schreibe <strong>in</strong> die siebte Zeile e<strong>in</strong>en Wunsch dazu auf.<br />

Beispiel:<br />

Schulweg<br />

Jeden Tag h<strong>in</strong> <strong>und</strong> wie<strong>der</strong> zurück<br />

Er ist lang<br />

Schulweg<br />

Ich habe Angst<br />

Schulweg<br />

Hoffentlich treffe ich me<strong>in</strong>e Fre<strong>und</strong><strong>in</strong><br />

(x)<br />

(x)<br />

(x)<br />

Visuelle Bearbeitung:<br />

Stilles Lesen:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> erhalten schrittweise Leseaufträge <strong>und</strong> treffen sich<br />

anschließend zu weiterführenden Arbeiten <strong>und</strong> Gesprächen. Sie<br />

erfüllen leise ihre Leseaufträge, wirken äußerlich ruhig <strong>und</strong> fast<br />

bewegungslos. Doch sie nehmen den Inhalt <strong>und</strong> die Stimmungen<br />

mit ihrem ganzen Körper auf. Sie tauchen <strong>in</strong> das Leben <strong>der</strong><br />

Buchgestalten e<strong>in</strong> <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d ganz mit ihrem Buch alle<strong>in</strong>. Beson<strong>der</strong>s<br />

das stille Lesen för<strong>der</strong>t die fantasievolle Schaffung <strong>in</strong>nerer Bil<strong>der</strong>.<br />

Meist tritt e<strong>in</strong>e Identifizierung mit dem Protagonisten <strong>und</strong> somit<br />

e<strong>in</strong>e Begegnung mit sich selbst e<strong>in</strong>, <strong>und</strong> dies führt zur <strong>in</strong>neren<br />

Anteilnahme. Die Lektüre motiviert zu Dialogen über die Grenzen<br />

von Raum <strong>und</strong> Zeit h<strong>in</strong>aus.<br />

Visualisieren:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> reduzieren den Text auf das für sie Wesentliche <strong>und</strong><br />

Bedeutsame. Nun visualisieren sie den Inhalt, können aber auch<br />

Texte kreativ gestalten. Durch Formen <strong>und</strong> Farben sowie Klänge<br />

o<strong>der</strong> Bewegungen setzen sie den Text szenisch um, <strong>in</strong>dem sie ihn<br />

S<strong>in</strong>n gestaltend sprechen o<strong>der</strong> vortragen.<br />

Kreativ-spielerische Bearbeitung:<br />

Würfelspiel:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> teilen sich <strong>in</strong> mehrere Gruppen auf. Jede Gruppe entwickelt<br />

aus <strong>der</strong> Geschichte e<strong>in</strong> Würfelspiel <strong>und</strong> zeichnet den Weg<br />

<strong>der</strong> kle<strong>in</strong>en Kim <strong>in</strong> vielen Punkten auf e<strong>in</strong>en Bogen Plakatkarton.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> überlegen sich <strong>in</strong> ihrer jeweiligen Gruppe, welche<br />

Stationen analog zur Geschichte e<strong>in</strong>gezeichnet werden können <strong>und</strong><br />

welche Aufgaben dort erledigt werden müssen, z. B.<br />

– Kim wird von Fritz <strong>und</strong> Grit angegriffen. Sie hat Angst vor<br />

ihnen. Hock dich unter den Tisch wie die ängstliche Kim.<br />

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Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 34<br />

– Kim wird von dem Jungen ermutigt. Flüstere jemandem aus<br />

de<strong>in</strong>er Gruppe etwas Nettes <strong>in</strong>s Ohr.<br />

– Kim stellt die beiden Angreifer zur Rede. Sie ist nicht mehr<br />

ängstlich. Stelle dich auf den Tisch, breite de<strong>in</strong>e Arme aus, <strong>und</strong><br />

sage: „Ich b<strong>in</strong> stark wie e<strong>in</strong> Löwe.“<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> legen anschließend Spielregeln fest <strong>und</strong> erproben ihr<br />

Spiel. Wenn jede Gruppe ihr Spiel erprobt hat, können die Spiele<br />

<strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Gruppen ausgetauscht <strong>und</strong> gespielt werden.<br />

Steckbriefe:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> gestalten Steckbriefe von Kim, Fritz <strong>und</strong> Grit. Sie malen<br />

je e<strong>in</strong> Bild auf e<strong>in</strong> Plakat <strong>und</strong> schreiben alles auf, was sie von <strong>der</strong><br />

jeweiligen Person wissen. (Die Erstklässler schreiben mithilfe ihrer<br />

Anlauttabelle e<strong>in</strong>en Text auf, <strong>der</strong> ihrer Entwicklung entspricht –<br />

Wörter o<strong>der</strong> Wortskelett.)<br />

Verbale Bearbeitung:<br />

Wie<strong>der</strong>holen:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben die Möglichkeit, den Text mehrmals zu lesen,<br />

damit sie die Aussage verstehen <strong>und</strong> sich <strong>der</strong> Inhalt <strong>in</strong> ihr Langzeitgedächtnis<br />

e<strong>in</strong>prägt. E<strong>in</strong>ige Begriffe nehmen sie <strong>in</strong> ihren eigenen<br />

Wortschatz auf, <strong>und</strong> das Lied wollen sie immer <strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong><br />

lesen o<strong>der</strong> hören, bis sie es auswendig können. Sie haben große<br />

Freude an <strong>der</strong> spielerischen Wie<strong>der</strong>holung. E<strong>in</strong> Rollenspiel proben<br />

sie immer <strong>und</strong> immer wie<strong>der</strong> gerne. Die Wie<strong>der</strong>holung führt<br />

sie schließlich zu e<strong>in</strong>em Aha-Erlebnis <strong>und</strong> ist für ihr Lernen<br />

<strong>und</strong> ihr Behalten notwendig.<br />

Ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong>setzung mit dem Gefühl Angst:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> haben die Möglichkeit, die e<strong>in</strong>zelnen Gefühle wie<br />

Angst, Freude, Wut <strong>und</strong> Trauer zu thematisieren, <strong>und</strong> ordnen<br />

Bil<strong>der</strong> sowie Mimik <strong>und</strong> Gestik zu. Sie erzählen eventuell auch<br />

eigene Beispiele. Die unterschiedlichen Stimmungen gehören zu<br />

ihrem Lebensalltag. Erst wenn sie sich ihre unterschiedlichen<br />

Gefühle bewusst machen <strong>und</strong> sie reflektieren können, lernen sie,<br />

sich selbst besser wahrzunehmen <strong>und</strong> zu verstehen.<br />

Wenn sie die Möglichkeit erhalten, Kims Ängsten nachzuspüren,<br />

werden sie sowohl <strong>in</strong> ihrer Selbstwahrnehmung wie auch <strong>in</strong> ihrer<br />

Fremdwahrnehmung geför<strong>der</strong>t. Sie können Bewegungen, Formen,<br />

Farben <strong>und</strong> Klänge f<strong>in</strong>den, um die Angst <strong>der</strong> Protagonist<strong>in</strong> zum<br />

Ausdruck zu br<strong>in</strong>gen.<br />

Angst ist e<strong>in</strong> menschliches Urgefühl <strong>und</strong> daher ambivalent.<br />

E<strong>in</strong>erseits ist sie e<strong>in</strong>e Bedrohung, an<strong>der</strong>erseits ist sie für die Entwicklung<br />

(<strong>der</strong> Gr<strong>und</strong>schulk<strong>in</strong><strong>der</strong>) von Bedeutung. Sie ist e<strong>in</strong> sehr<br />

<strong>in</strong>dividuelles Gefühl, mit dem jedes K<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Berührung kommt.<br />

Die Möglichkeit, h<strong>in</strong>aus <strong>in</strong> die Welt zu gehen <strong>und</strong> Neues zu wagen,<br />

ist immer mit Angst verb<strong>und</strong>en. Beson<strong>der</strong>s häufig tritt dieses<br />

Gefühl <strong>in</strong> Situationen auf, <strong>in</strong> denen das K<strong>in</strong>d alle<strong>in</strong> ist o<strong>der</strong> sich<br />

alle<strong>in</strong> fühlt <strong>und</strong> verunsichert ist. K<strong>in</strong><strong>der</strong> brauchen während ihrer<br />

Entwicklung Ängste, durch <strong>der</strong>en Bewältigung sie stark werden<br />

<strong>und</strong> e<strong>in</strong>e Orientierung f<strong>in</strong>den können. Der Umgang mit Angst<br />

muss gelernt werden, denn Angst soll nicht lähmen, sie muss<br />

bewältigt werden. K<strong>in</strong><strong>der</strong> sollen herausgefor<strong>der</strong>t werden, kreativ<br />

<strong>und</strong> konstruktiv mit ihr umzugehen. Wenn sie ihre Ängste nicht<br />

bewältigen, son<strong>der</strong>n verdrängen, können sie Lernschwierigkeiten<br />

entwickeln.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> müssen Raum <strong>und</strong> Zeit haben, eigene Ängste direkt<br />

o<strong>der</strong> <strong>in</strong>direkt zum Ausdruck zu br<strong>in</strong>gen. Dazu brauchen sie e<strong>in</strong>e<br />

Person, <strong>der</strong> sie vertrauen <strong>und</strong> die ihre verschlüsselten Botschaften<br />

versteht. Im günstigsten Fall f<strong>in</strong>den sie geme<strong>in</strong>sam e<strong>in</strong>e Lösung des<br />

Problems, aber oft ist schon das Aussprechen <strong>der</strong> Ängste e<strong>in</strong>e große<br />

Hilfe zur Bewältigung. Das Urvertrauen erwerben sie normaler-<br />

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Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 36<br />

weise <strong>in</strong> ihrer frühesten K<strong>in</strong>dheit. Die Erfahrung erwächst aus e<strong>in</strong>er<br />

gelungenen Eltern-K<strong>in</strong>d-Beziehung.<br />

Auch Lehrpersonen sollen sich mit dem Phänomen Angst <strong>und</strong><br />

daraus resultierenden – mitunter aggressiven – Verhaltensweisen<br />

ause<strong>in</strong>an<strong>der</strong> setzen, um Handlungsperspektiven für die tägliche<br />

Arbeit entwickeln zu können, damit die K<strong>in</strong><strong>der</strong> nicht zu <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>-<br />

Opfern <strong>und</strong> traumatisierten Personen werden. Erst die Überw<strong>in</strong>dung<br />

von Angst ermöglicht den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n e<strong>in</strong>en ungestörten<br />

Lernprozess <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e erfolgreiche Lebensgestaltung.<br />

Regeln:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> sprechen im Anschluss an die Erzählung über den<br />

Inhalt. Sie müssen aber nicht ihre eigene Situation preisgeben, son<strong>der</strong>n<br />

können aus dem Schutz <strong>der</strong> Geschichte argumentieren. Es<br />

geht nicht um Schuldzuweisung o<strong>der</strong> um das Aufzählen von<br />

zurückliegenden Handlungen, son<strong>der</strong>n es geht um e<strong>in</strong> besseres<br />

<strong>und</strong> zukunftgerichtetes Mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> <strong>der</strong> Handlungsfiguren. Die<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong> können Strategien entwickeln, wie alle nun geme<strong>in</strong>sam<br />

Konflikte regeln <strong>und</strong> die Kommunikation gestalten können, wobei<br />

gegenseitige Wertschätzung das Geschehen bestimmen.<br />

Mögliche Gesprächsanlässe:<br />

Fritz möchte gerne Kims Tornister anschauen. Wie spricht er Kim<br />

an?<br />

Kim begegnet Grit <strong>und</strong> Fritz am nächsten Tag. Sie verhalten sich<br />

still. Was könnte Kim sagen?<br />

Grit steht alle<strong>in</strong>, weil Fritz krank ist. Was sagt Kim?<br />

Alle<strong>in</strong> das Überw<strong>in</strong>den <strong>der</strong> Sprachlosigkeit ist schon e<strong>in</strong>e große<br />

Hilfe für die Konfliktbewältigung <strong>der</strong> K<strong>in</strong><strong>der</strong>. 6 Doch erst wenn sie<br />

freiwillig bereit s<strong>in</strong>d, auch über ihre eigenen Erlebnisse zu spre-<br />

6 vgl. Munzel: Bibliotherapie (1997), S. 41 <strong>und</strong> 86 ff.<br />

chen, können sie darüber reflektieren, welche Bedeutung das Buch<br />

für ihre eigene Lebenswirklichkeit hat.<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> s<strong>in</strong>gen geme<strong>in</strong>sam das Schatzlied <strong>und</strong> f<strong>in</strong>den Bewegungen<br />

zum Refra<strong>in</strong> <strong>und</strong> zu den e<strong>in</strong>zelnen Strophen.<br />

36 37


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 38<br />

Das Schatzlied<br />

Refra<strong>in</strong>:<br />

Je<strong>der</strong> hat nen Riesenschatz,<br />

<strong>und</strong> wir buddeln – ratz <strong>und</strong> fatz.<br />

<strong>1.</strong> Strophe:<br />

Wenn wer dich ärgert, wirst du kle<strong>in</strong>,<br />

traurig, ängstlich <strong>und</strong> alle<strong>in</strong>.<br />

Komm zu uns, komm e<strong>in</strong>fach her.<br />

Unschlagbar werden ist nicht schwer.<br />

Refra<strong>in</strong>:<br />

Je<strong>der</strong> hat ’nen Riesenschatz,<br />

<strong>und</strong> wir buddeln – ratz <strong>und</strong> fatz.<br />

Text: <strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong><br />

Musik: Mart<strong>in</strong> Buntrock<br />

4 G C C G C<br />

10<br />

C F C C<br />

Refr: Je ------- <strong>der</strong> hat ’nen<br />

Rie -- sen -- schatz<br />

ratz <strong>und</strong> fatz <strong>1.</strong> Str.: Wenn wer dich är ---- gert, wirst du kle<strong>in</strong>,<br />

7 C F C C<br />

trau ------ rig, ängst -- lich <strong>und</strong> al ---- le<strong>in</strong>. Komm zu uns, komm<br />

C F C C G<br />

e<strong>in</strong> -- fach her, un -- schlagbar wer -- den ist nicht schwer.<br />

<strong>und</strong><br />

wir bud -- deln<br />

C<br />

<strong>2.</strong> Strophe:<br />

Du sagst <strong>der</strong> Angst: „Jetzt weg mit dir!<br />

Ich b<strong>in</strong> stark wie Bär <strong>und</strong> Stier.“<br />

Aus ’ner Wanne voller Wut<br />

wächst dann ganz langsam neuer Mut.<br />

Refra<strong>in</strong>:<br />

Je<strong>der</strong> hat ’nen Riesenschatz,<br />

<strong>und</strong> wir buddeln – ratz <strong>und</strong> fatz.<br />

3. Strophe:<br />

Mit me<strong>in</strong>en Schätzen <strong>in</strong>nen dr<strong>in</strong>,<br />

mag ich mich e<strong>in</strong>fach, wie ich b<strong>in</strong>!<br />

Seht mal her, ich werde groß.<br />

Ich b<strong>in</strong> jetzt stark – das ist famos.<br />

Refra<strong>in</strong>:<br />

Je<strong>der</strong> hat ’nen Riesenschatz,<br />

<strong>und</strong> wir buddeln – ratz <strong>und</strong> fatz.<br />

38 39


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 40<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> erarbeiten geme<strong>in</strong>sam mit <strong>der</strong> Lehrperson:<br />

„Klassenregeln, z. B.:<br />

<strong>1.</strong> Wir hören e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> zu.<br />

<strong>2.</strong> Wir lassen e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> ausreden.<br />

3. Wir reden mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, nicht übere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />

4. Wir reden nicht schlecht über an<strong>der</strong>e.<br />

5. Wir reden nicht über Abwesende.<br />

6. Wir verzichten auf kränkende Spitznamen <strong>und</strong> Schimpfworte.<br />

7. Wir gehören zusammen, ohne Ausnahme.<br />

8. Wir lachen an<strong>der</strong>e nicht aus, wenn sie e<strong>in</strong>en Fehler machen<br />

o<strong>der</strong> etwas noch nicht können.<br />

9. Wir sehen h<strong>in</strong> <strong>und</strong> helfen, wenn jemandem Unrecht geschieht.<br />

10. Wir bilden ke<strong>in</strong>e Gruppe gegen e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>zelnen.“ 7<br />

Reflektieren:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> reflektieren das Gelesene, verknüpfen Inhalt <strong>und</strong> Struktur<br />

mit ihrem eigenen Wissen <strong>und</strong> br<strong>in</strong>gen das e<strong>in</strong>, was sie erlebt<br />

<strong>und</strong> erfahren haben. Sie vergleichen ihre Erwartungen, die sie vorher<br />

an den Text hatten, mit den aktuellen Erkenntnissen <strong>und</strong> überprüfen,<br />

ob sich ihre Erwartungen erfüllt haben, ob sich ihre Hypothesen<br />

bestätigt haben o<strong>der</strong> wi<strong>der</strong>legt worden s<strong>in</strong>d. Wenn sich<br />

Wi<strong>der</strong>sprüche ergeben, so haben, sie die Möglichkeit, noch e<strong>in</strong>mal<br />

nachzulesen. Sie überprüfen ihr Textverständnis, ob <strong>der</strong> Text <strong>und</strong><br />

ihr Lesen ihre Ziele erfüllt haben <strong>und</strong> sie überwachen ihre Teilhandlungen.<br />

Sie machen sich Gedanken darüber, was Lesen für sie<br />

bedeutet, <strong>und</strong> reflektieren schriftlich o<strong>der</strong> auch mündlich über ihre<br />

Leseprozesse <strong>und</strong> Leseerlebnisse.<br />

7 Horst Kasper: Schülermobb<strong>in</strong>g – tun wir was dagegen. Lichtenau 2004. Seite 22<br />

Mögliche Reflexionshilfen:<br />

Beson<strong>der</strong>s gut gefallen hat mir ...<br />

Nicht gefallen hat mir ...<br />

Wohl gefühlt habe ich mich an <strong>der</strong> Stelle, als ...<br />

Nicht wohl gefühlt habe ich mich an <strong>der</strong> Stelle, als ...<br />

Gelernt habe ich ...<br />

Das Buch empfehle ich ...<br />

40 41


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 42<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> füllen e<strong>in</strong>en Fragebogen zum Buch aus.<br />

Wie mir das Buch gefallen hat<br />

Kreise die Aussagen e<strong>in</strong>, die für dich zutreffen.<br />

Anschließend kannst du de<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung aufschreiben.<br />

Ich habe das Buch gerne gelesen. Ja Ne<strong>in</strong><br />

Ich habe es erst richtig verstanden,<br />

als wir es besprochen haben. Ja Ne<strong>in</strong><br />

Es ist spannend. Ja Ne<strong>in</strong><br />

Ich möchte es gerne noch e<strong>in</strong>mal lesen. Ja Ne<strong>in</strong><br />

Ich war wütend, als Kim geärgert wurde. Ja Ne<strong>in</strong><br />

Mir hat gefallen, dass Kim stark geworden ist. Ja Ne<strong>in</strong><br />

Das Buch kann helfen, stark zu werden. Ja Ne<strong>in</strong><br />

Me<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ung zum Buch:<br />

42<br />

Kontakt zur Autor<strong>in</strong>:<br />

Die K<strong>in</strong><strong>der</strong> schreiben <strong>der</strong> Autor<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Brief <strong>und</strong> laden sie zu<br />

e<strong>in</strong>er Autorenlesung e<strong>in</strong>.<br />

<strong>Elisabeth</strong> <strong>Zöller</strong><br />

D<strong>in</strong>gbängerweg 388<br />

48161 Münster<br />

Die Kosten übernehmen <strong>der</strong> För<strong>der</strong>vere<strong>in</strong> o<strong>der</strong> das Schulamt o<strong>der</strong><br />

bei <strong>der</strong> F<strong>in</strong>anzierung hilft <strong>der</strong> Friedrich-Bödecker-Kreis, <strong>der</strong> <strong>in</strong><br />

allen B<strong>und</strong>eslän<strong>der</strong>n Deutschlands Landesverbände hat.<br />

Friedrich-Bödecker-Kreis<br />

Künstlerhaus/Sophienstraße 2<br />

30159 Hannover<br />

43


Kim_kann_stark_se<strong>in</strong>.qxd 0<strong>2.</strong>1<strong>2.</strong>2005 9:19 Uhr Seite 44<br />

G. Weiterführende Literatur<br />

Horst Kasper: Streber, Peter, Sündenböcke. Wege aus dem täglichen<br />

Elend des Schülermobb<strong>in</strong>g. 3. Auflage Lichtenau 2003<br />

Horst Kasper: Schülermobb<strong>in</strong>g – tun wir was dagegen! Der Smob-<br />

Fragebogen mit Anleitung & Auswertungshilfe <strong>und</strong> mit Materialien<br />

für die Schulentwicklung. Lichtenau 2004<br />

Dan Olweus: Gewalt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule. Was Lehrer <strong>und</strong> Eltern wissen<br />

sollten – <strong>und</strong> tun können. Gött<strong>in</strong>gen 1996<br />

Jenny Alexan<strong>der</strong>: „Das ist geme<strong>in</strong>!“ Wenn K<strong>in</strong><strong>der</strong> mobben.<br />

Freiburg 1999<br />

Kurt Faller: Mediation <strong>in</strong> <strong>der</strong> pädagogischen Praxis. Mülheim an<br />

<strong>der</strong> Ruhr 1998<br />

He<strong>in</strong>z Leymann: <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> – Psychoterror am Arbeitsplatz <strong>und</strong> wie<br />

man sich dagegen wehren kann. Re<strong>in</strong>beck bei Hamburg 1993<br />

He<strong>in</strong>z Leymann: Der neue <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong>-Bericht. Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Initiativen, Auswege <strong>und</strong> Hilfsangebote. Re<strong>in</strong>beck bei Hamburg<br />

1995<br />

Judith Herman: Die Narben <strong>der</strong> Gewalt. Pa<strong>der</strong>born 2003<br />

Judy Korn, Thomas Mücke: Gewalt im Griff. Band 2: Deeskalations-<br />

<strong>und</strong> Mediationstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g. We<strong>in</strong>heim 2000<br />

Francoise D. Alasker: Quälgeister <strong>und</strong> ihre Opfer. <strong>Mobb<strong>in</strong>g</strong> unter<br />

K<strong>in</strong><strong>der</strong>n – <strong>und</strong> wie man damit umgeht. Gött<strong>in</strong>gen 2003<br />

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