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Stand und Perspektiven des chemischen Bewuchsschutzes

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Vorstudie zum Bewuchsschutz für Seeschiffe<br />

2. Teil<br />

<strong>Stand</strong> <strong>und</strong> <strong>Perspektiven</strong> <strong>des</strong> <strong>chemischen</strong><br />

<strong>Bewuchsschutzes</strong><br />

Bearbeitet von<br />

Johannes Ranke<br />

Schwerpunkt Struktur- Wirkungs- <strong>und</strong> Risikoforschung<br />

<strong>des</strong> UFT<br />

Unter Mitarbeit von<br />

Prof. B. Jastorff<br />

Bremen, Januar 1999


Abkürzungen <strong>und</strong> Definitionen<br />

anoxische Bedingungen Chemisch reduzierende Bedingungen, die bei Abwesenheit von Sauerstoff<br />

durch den anaeroben Abbau von organischem Material zustande kommen.<br />

anthropogen Durch den Menschen verursacht<br />

Antifoulings Oberflächenbeschichtungen oder Anstriche, die dem Bewuchs der<br />

Oberflächen entgegenwirken<br />

BCF Biokonzentrationsfaktor: Konzentration im Organismus bezogen auf das<br />

Trockengewicht geteilt durch die Konzentration im Wasser. Der BCF wird<br />

häufig beim Sonnenbarsch Lepomis macrochirus nach Exposition während<br />

28 Tagen bestimmt. Er kann auch aus dem Quotienten der Aufnahme- <strong>und</strong><br />

der Abgaberate bestimmt werden.<br />

Biozide Wirkstoffe, die explizit toxisch sind, deren Wirkung also nicht auf einer<br />

abstoßenden Wirkung (→Repellents) beruht<br />

BVA Biozide Verbindung im Anstrich<br />

BVM Biozide Verbindung im Meerwasser. Die BVM unterscheidet sich in<br />

manchen Fällen von der bioziden Verbindung im Anstrich: Kupfer(I)oxid<br />

wird beispielsweise im Verlauf <strong>des</strong> Lösungsprozesses zu Kupfer(II) oxidiert<br />

<strong>und</strong> liegt im Seewasser zum großen Teil komplexiert (Cu(OH) + , Cu(Cl n) 2-n<br />

etc.) vor<br />

CEFIC Europäischer Verband der Chemischen Industrie<br />

Cu Kupfer<br />

Cu-haltig Cu-haltig sind Anstriche, in denen Kupfer als Metallpulver oder in einer<br />

anderen Form (meist →Kupferoxydul) enthalten ist.<br />

ECDIN Chemikalien-Datenbank <strong>des</strong> Joint Research Center der Europäischen Union.<br />

Fouling-Organismen Oberbegriff für die marinen Lebewesen, die sich an Oberflächen ansiedeln<br />

können<br />

Hydrophilie Tendenz einer Substanz, sich im Wasser zu lösen<br />

KEMI Kemikalieinspektionen, engl. „The Swedish National Chemicals<br />

Inspectorate“<br />

Kupferoxydul Cu 2O oder Bis-Kupfer(I)-oxid, engl. cuprous oxide<br />

Liganden Stoffe, die sich an im Wasser gelöste Metallionen anlagern <strong>und</strong> mehr oder<br />

weniger stabile Komplexe bilden.<br />

Lipophilie Tendenz, sich in Fett oder fettähnlichen Phasen zu lösen, auch<br />

Hydrophobizität im Gegensatz zur →Hydrophilie<br />

Repellents Wirkstoffe, die →Foulingorganismen durch eine abstoßende Wirkung vom<br />

Bewuchs abhalten<br />

Makroorganismen Vielzellige Organismen, im Bewuchs vor allem Makroalgen <strong>und</strong><br />

TBT Tributylzinn. TBT-haltig sind alle alle Organozinnverbindungen, in denen<br />

ein Zinnatom mit drei Butylgruppen verb<strong>und</strong>en ist, also u.a.<br />

Bis(Tributyzinn)oxid (TBT) 2O (auch als TBTO bezeichnet),<br />

Tributylzinnchlorid TBTCl, Tributylzinnfluorid TBTF, aber auch<br />

Copolymere wie Tributylzinnacrylat oder Tributylzinnmethacrylat<br />

TBT-Acrylate Kopolymere von Acrylsäure oder deren Derivaten mit TBT<br />

TBT+/TBTOH Bezeichnung für TBT in der marinen Umwelt, also im Seewasser, an<br />

Partikel geb<strong>und</strong>en oder im Sediment<br />

TBT-SPC Selbstpolierender Kopolymer-Anstrich mit Tributylzinn<br />

VLCC Very Large Crude Carrier (sehr großer Rohöltanker)<br />

Wirkstoffe Stoffe, deren Freisetzung aus Antifoulinganstrichen eine<br />

bewuchsverhindernde Wirkung hat. Darunter fallen Metalle <strong>und</strong><br />

Metallverbindungen, synthetisch hergestellte Verbindungen <strong>und</strong> Naturstoffe<br />

ZnPT Zink-Pyrithion


Inhalt<br />

1 Einleitung ........................................................................................................ 1<br />

1.1 Zielorganismen von Antifouling-Bioziden..................................................................................................2<br />

1.2 Einflußgrößen auf die Ausbildung <strong>des</strong> Bewuchses .....................................................................................3<br />

1.3 Kurze Antifouling-Geschichte ....................................................................................................................3<br />

1.4 Internationale Gesetzeslage.........................................................................................................................4<br />

1.5 Problemstellung <strong>und</strong> biologisch orientierte Ansätze...................................................................................5<br />

2 Indikatoren für die Beurteilung von Bioziden ................................................. 6<br />

2.1 Freisetzung aus Antifoulings.......................................................................................................................6<br />

2.2 Räumliche <strong>und</strong> zeitliche Reichweite ...........................................................................................................6<br />

2.3 Affinität zu Organismen..............................................................................................................................7<br />

2.4 Biologische Aktivität ..................................................................................................................................8<br />

2.5 Verbleibende Unsicherheit..........................................................................................................................8<br />

3 Kurzprofile der Wirkstoffe ............................................................................... 9<br />

3.1 Organozinnverbindungen............................................................................................................................9<br />

3.2 Kupferverbindungen .................................................................................................................................11<br />

3.3 Zinkverbindungen .....................................................................................................................................13<br />

3.4 Silikonverbindungen .................................................................................................................................14<br />

3.5 Risikovergleich Kupfer-TBT ....................................................................................................................14<br />

3.6 Synthetisch hergestellte organische Biozide .............................................................................................15<br />

3.6.1 Irgarol ® 1051.....................................................................................................................................15<br />

3.6.2 Sea-Nine 211...................................................................................................................................16<br />

3.6.3 Zink-Pyrithion.....................................................................................................................................17<br />

3.7 Risikovergleich von drei organischen Wirkstoffen...................................................................................19<br />

3.8 Naturstoffe ................................................................................................................................................19<br />

3.8.1 Stoffe aus Bakterien............................................................................................................................20<br />

3.8.2 Stoffe aus Algen .................................................................................................................................20<br />

3.8.3 Stoffe aus Schwämmen, Korallen <strong>und</strong> Seescheiden............................................................................21<br />

3.8.4 Stoffe aus Landpflanzen .....................................................................................................................22<br />

4 Varianten <strong>des</strong> <strong>chemischen</strong> <strong>Bewuchsschutzes</strong> für die Seeschifffahrt ............. 23<br />

4.1 Antifoulings mit selbstpolierender Matrix ................................................................................................23<br />

4.2 Antifoulings mit ablativer Matrix..............................................................................................................24<br />

4.3 Anwendbarkeit <strong>und</strong> Umweltwirkung zinnfreier Antifoulings ...................................................................24<br />

4.3.1 Umweltwirkung durch die Biozidabgabe............................................................................................24<br />

4.3.2 Suffizienz <strong>des</strong> <strong>Bewuchsschutzes</strong>.........................................................................................................25<br />

5 Ausblick ......................................................................................................... 26<br />

6 Quellenverzeichnis ........................................................................................ 27<br />

7 Anhang .......................................................................................................... 33


1 Einleitung<br />

Fouling kann die Geschwindigkeit von kommerziell eingesetzten Schiffen signifikant verringern ([1],<br />

siehe auch Teilstudie 1). Die heute üblicherweise in der Seeschiffahrt verwendeten TBT-haltigen<br />

Anstriche verhindern bei korrekter Anwendung den Bewuchs <strong>des</strong> Unterwasserschiffs durch die unter<br />

1.1 aufgeführten Meeresorganismen für bis zu 5 Jahre. Aufgr<strong>und</strong> ihres derzeitigen Markterfolgs sind<br />

sie der Maßstab für Neuentwicklungen. Nach Angaben <strong>des</strong> europäischen Verbands der <strong>chemischen</strong><br />

Industrie CEFIC können durch den Einsatz solcher Antifouling-Beschichtungen durch die<br />

Verhinderung <strong>des</strong> Bewuchses Treibstoffeinsparungen von 2 %, durch die selbstpolierenden<br />

Oberflächen von weiteren 2 % erreicht werden [2].<br />

Beim Vergleich mit alternativen Anstrichen darf allerdings nicht nur die Effektivität <strong>des</strong><br />

<strong>Bewuchsschutzes</strong> eingehen. Auch der durch den Einsatz verursachte Schaden an der marinen Flora<br />

<strong>und</strong> Fauna sowie die Möglichkeit eines effektiven Arbeitsschutzes bei den Dockarbeiten müssen bei<br />

der Entscheidung zwischen alternativen Anstrichsystemen berücksichtigt werden. Anforderungen an<br />

biozidhaltige Antifoulinganstrichen (im Folgenden Antifoulings) sind:<br />

• Effiziente Unterdrückung von Fouling<br />

• Geringstmögliches Risiko durch die Freisetzung in die marine Umwelt<br />

• Geringe Risiken für Umwelt <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit beim Aufbringen<br />

In der vorliegenden Teilstudie soll das durch den Einsatz von Antifoulingfarben verursachte Risiko<br />

für die marine Umwelt im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Indikatoren für dieses Risiko sind die räumliche <strong>und</strong><br />

zeitliche Reichweite der in den Anstrichen enthaltenen Biozide, deren Tendenz, sich in Lebewesen<br />

anzureichern, deren Toxizität <strong>und</strong> die Unsicherheit der zugr<strong>und</strong>eliegenden wissenschaftlichen Fakten.<br />

Dieses Verfahren für die Risikobewertung wird hier verwendet, um eine einfache<br />

Vergleichbarkeit der Wirkstoffe zu ermöglichen. Ein Vergleich der Risiken mit gängigen Methoden<br />

<strong>des</strong> Risk-Assessment [3-5] wäre nur mit einem Aufwand möglich, der den Rahmen dieser Studie<br />

sprengen würde.<br />

Gr<strong>und</strong>lage für die Auswahl der Anstrichtypen <strong>und</strong> damit der Biozide waren<br />

• eine Recherche in der Literaturdatenbank „Seabase“ <strong>des</strong> Instituts für Seeverkehrswirtschaft <strong>und</strong><br />

Logistik der Universität Bremen <strong>und</strong> die Auswertung der dort vorliegenden Literatur<br />

• Gespräche mit der zuständigen Referentin im Umweltb<strong>und</strong>esamt, Frau Dr. Schablowski<br />

• Angaben aus dem Verzeichnis „Pestici<strong>des</strong> 1998“ der Health and Safety Executive <strong>des</strong> Pestici<strong>des</strong><br />

Safety Directorate von Großbritannien [6]<br />

Wegen der großen Zahl der angebotenen Antifoulings (ca. 600 allein in „Pestici<strong>des</strong> 1998“) musste aus<br />

den ca. 60 bekannten Wirkstoffen eine Auswahl getroffen werden. Bei dieser Auswahl wird hier den<br />

Bioziden besondere Beachtung geschenkt, die in den zinnfreien Anstrichen der größten Hersteller<br />

International, Sigma, Jotun, Hempel <strong>und</strong> Kansai enthalten sind. Außerdem werden neuere<br />

Entwicklungen in der Forschung berücksichtigt, sofern diese zugänglich waren. Hierunter fallen die<br />

Biozide Sea-Nine 911, Zink-Pyrithion <strong>und</strong> Irgarol 1051, die für den hier betrachteten<br />

Anwendungsbereich erst seit relativ kurzer Zeit angewandt werden sowie die Naturstoffe, die derzeit<br />

in den Forschungsprojekten „Fusetani Biofouling Projekt“[7] <strong>und</strong> einem Brite Euram Projekt mit<br />

Beteiligung <strong>des</strong> niederländischen TNO [8] <strong>und</strong> der Industrie auf ihre Einsetzbarkeit überprüft werden.<br />

Neuere Übersichtsbeiträge über das Potential von alternativen Antifoulingsystemen wurden von<br />

Kjaer [9], Sönnichsen [10], Watermann [11] <strong>und</strong> Plesman [12] gegeben.<br />

Allgemein wurden Literaturhinweise durch Recherchen in den Datenbanken ULIT, RAPR, BBUS,<br />

NTIS, BIOL, POLL, UFOR, CBIB <strong>des</strong> Anbieters DataStar, der Datenbank Chemical Abstracts <strong>des</strong><br />

Anbieters STN, der Datenbank Seabase <strong>des</strong> Instituts für Seeverkehrswirtschaft <strong>und</strong> Logistik der<br />

1


Hochschule Bremen sowie der Datenbank Biological Abstracts, die in der Universität Bremen auf<br />

CD-ROM zugänglich ist, gewonnen. Wichtige Literatur, die in Bremen nicht erhältlich war, wurde in<br />

der Technischen Informationsbibliothek Hannover oder der Bibliothek der Eidgenössisch<br />

Technischen Hochschule Zürich beschafft.<br />

Weitere Informationen stammten aus dem direkten Kontakt mit den Biozidherstellern Ciba<br />

Specialty Chemicals (Irgarol 1051), Olin Bioci<strong>des</strong> (Zink-Pyrithion <strong>und</strong> Kupfer-Pyrithion) <strong>und</strong> Rohm &<br />

Haas (Sea-Nine 911) sowie der Hersteller bzw. Vertreiber von Alternativanstrichen Hempel, Ameron<br />

<strong>und</strong> Wilckens. Zum Teil gingen Hersteller/Vertreiberangaben nicht über das Versenden von<br />

Hochglanzprospekten mit geringer wissenschaftlicher Aussagekraft hinaus.<br />

1.1 Zielorganismen von Antifouling-Bioziden<br />

Der Bewuchs von Oberflächen in Seewasser wurde von Rathsack [13] in 5 Stufen aufgeteilt. Diese<br />

Stufen beschreiben die zeitliche Reihenfolge <strong>des</strong> Bewuchses. Die Effektivität eines <strong>chemischen</strong><br />

<strong>Bewuchsschutzes</strong> kann danach beurteilt werden, auf welcher Stufe der Bewuchs stehenbleibt 1 .<br />

• Primärschleim aus Bakterien <strong>und</strong> wenigen Kieselalgen- (Diatomeen-) arten (Stufe 1)<br />

• Auftreten der Grünalge Ulothrix (Stufe 2)<br />

• Erscheinen von Makroorganismen wie der Grünalge Enteromorpha <strong>und</strong> <strong>des</strong> seßhaften Stadiums<br />

<strong>des</strong> Polypen (Hydroiden) Tubularia (Stufe 3)<br />

• Danach folgt Massenbesiedlung mit Seepocken (Balaniden) oder auch mit der Braunalge<br />

Ectocarpus (Stufe 4)<br />

• Schließlich kommen Rotalgen, empfindliche Grünalgen, weitere Braunalgen sowie Moostierchen<br />

(Bryozoen), Muscheln (Bivalvia), Röhrenwürmer (Sedentaria) <strong>und</strong> Seescheiden (Ascidien) hinzu<br />

(Stufe 5)<br />

Tabelle 1.1. Gruppen von Organismen im Bewuchs von Schiffen <strong>und</strong> ihre Biozidresistenz [13, 14]<br />

Biozidresistenz: Sehr hoch Hoch Mittel Gering<br />

Bakterien: div. Bakterien<br />

Kieselalgen div. Kieselalgen<br />

Grünalgen Ulothrix Enteromorpha<br />

green „ribbon grass“<br />

Cladophora<br />

Ulva<br />

Braunalgen Ectocarpus Laminaria<br />

Fucus<br />

Rotalgen Ceramium<br />

Polysiphonia<br />

Polypen der Nesseltiere<br />

(Hydrozoa + Anthozoa)<br />

Tubularia Obelia Laomedea<br />

Kranzfühler Moostierchen<br />

Muscheln Mytilus<br />

Ostrea<br />

Ringelwürmer Röhrenwürmer<br />

Gliederfüßer Seepocken (Balaniden) Entenmuscheln<br />

1<br />

Stufen 1 <strong>und</strong> 2 werden von Rathsack als „absolut akzeptabel“ bzw. „akzeptabel“ eingestuft. Stufe 3, also das<br />

Auftreten von mehrzelligen Organismen wird als Anzeichen von mangelndem Bewuchsschutz verstanden. Stufen<br />

4 <strong>und</strong> 5 zeigen „unzureichenden“ bzw. „unbrauchbaren“ Bewuchsschutz an.<br />

2


Zwischen 4000 <strong>und</strong> 5000 Fouling-Organismen sind bekannt [1]. Sie gehören zu verschiedenen<br />

taxonomischen Gruppen (siehe Tabelle 1.1), von einzelligen Bakterien, Algen <strong>und</strong> Tieren über<br />

einfache Lagerpflanzen (Makroalgen) bis hin zu Nesseltieren, Weichtieren <strong>und</strong> Gliederfüßern wie<br />

z.B. Seepocken. Für das Verständnis <strong>des</strong> <strong>chemischen</strong> <strong>Bewuchsschutzes</strong> ist es wichtig, zu erkennen,<br />

daß es sich hierbei biologisch gesehen um sehr unterschiedliche Organismen handelt. Daraus folgt,<br />

daß sogenannte Breitbandbiozide eingesetzt werden müssen, die für praktisch alle Lebewesen stark<br />

toxisch wirken. Zwar können einzelne Arten, z.B. aus der Seepockengattung Balanus stark dominant<br />

sein, jedoch würde deren selektive Bekämpfung dazu führen, daß ihr Platz von anderen Organismen<br />

eingenommen würde.<br />

1.2 Einflußgrößen auf die Ausbildung <strong>des</strong> Bewuchses<br />

Ob <strong>und</strong> wie stark ein Schiffsrumpf bewachsen wird hängt von verschiedenen Faktoren ab:<br />

• Von der Strömungsgeschwindigkeit an der Oberfläche. Oberhalb einer Geschwindigkeit von 2 kn<br />

kann sich kein Bewuchs anheften, woraus folgt, dass Schiffe nur im Hafen besiedelt werden [13,<br />

15].<br />

• Vom Vorkommen besiedelnder Organismen. Auch hier ist die bewuchsfördernde Situation in<br />

Hafengewässern zu erwähnen. Bewachsene Unterwasserstrukturen in Häfen bewirken, daß hier<br />

hohe Konzentrationen von ansiedlungsfähigen Bakterien <strong>und</strong> Mikroalgen, Sporen von<br />

Makroalgen sowie freischwimmende Larven von Nesseltieren, Seepocken u.a. wirbellosen Tieren<br />

vorhanden sind.<br />

• Von den Wachstumsbedingungen für Fouling-Organismen. Im allgemeinen sind diese in warmen,<br />

tropischen Gewässern besser als in kalten, so daß die Temperatur ein guter Indikator für die<br />

Wachstumsbedingungen ist.<br />

• Vom Salzgehalt <strong>des</strong> Gewässers. Während im Süßwasser nur einzellige Mikroorganismen im<br />

Bewuchs auftreten (Mikrofouling), nimmt der Bewuchsdruck von der Ostsee zur Nordsee mit<br />

steigendem Salzgehalt zu [16] <strong>und</strong> es treten verstärkt auch höhere Organismen wie Seepocken im<br />

Bewuchs auf.<br />

Es wurden auch von verschiedenen Autoren geographische Karten erstellt, die sogenannte Fouling-<br />

Regionen unterschieden. Diese Karten sind aber häufig widersprüchlich [15].<br />

1.3 Kurze Antifouling-Geschichte<br />

Der erste Einsatz von Beschichtungen zur Verhinderung von Bewuchs wird auf ca. 700 vor Christi<br />

Geburt datiert. An einer phönizischen Galeere aus dieser Zeit wurden bleibeschichtete Planken<br />

gef<strong>und</strong>en. Der Einsatz von bleibeschichtetem Holz kam im 16. Jahrh<strong>und</strong>ert wieder auf <strong>und</strong> wurde zum<br />

Teil bis ins 18. Jahrh<strong>und</strong>ert fortgeführt. Anfänglich wurde vor allem der Schiffswurm bekämpft, im<br />

18. Jhdt. setzte sich aber die Beschichtung von Holzschiffen mit metallischem Kupfer durch, die auch<br />

den Bewuchs verhinderte. Zur gleichen Zeit kam auch die Beschichtung mit Zinkmetall auf, die<br />

vorwiegend auf Handelsschiffen eingesetzt wurde. Um die Abtragung <strong>des</strong> Metalls bei höheren<br />

Geschwindigkeiten zu verhindern, wurden später auch Legierungen eingesetzt, wie die heute noch bei<br />

kleinen Schiffen verwendete Kupfer/Nickel 90/10 Legierung [12, 15].<br />

Nachdem Schiffsrümpfe aus Eisen aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> Fouling-Problems zuerst nur auf<br />

Binnengewässern eingesetzt worden waren, kam um 1850 neben der relativ ineffizienten<br />

Beschichtung von Eisen mit Mennige (Blei(II)-oxid) erstmals eine Farbe zum Einsatz, die<br />

Kupferoxide enthielt. Auch hier wurde schon eine Gr<strong>und</strong>ierung eingesetzt, die für den<br />

Korrosionsschutz zwingend notwendig ist. 1871 gab es schon über 200 Patente gegen Korrosion <strong>und</strong><br />

3


Bewuchs von Schiffen. Viele beschreiben Mischungen, die u.a. Kupfer, Blei, Blei(II)oxid, Schwefel,<br />

Arsen, Quecksilberiodid <strong>und</strong> andere Iodide enthielten. Die Bedeutung der Patente war so groß, daß<br />

„patented paint“ im Englischen gleichbedeutend mit „antifouling paint“ wurde. Dasselbe galt für die<br />

deutschen „Patentfarben“ <strong>und</strong> für die skandinavischen Ausdrücke B<strong>und</strong>patent, Bunnpatent <strong>und</strong><br />

Patenti [15].<br />

In Bremerhaven wurden 1860 von John Rahtjen die ersten Antifoulings auf Schellack-Basis<br />

hergestellt, die Eisenoxid oder Quecksilberoxid <strong>und</strong> Arsen enthielten. Die schnelle Trocknung dieser<br />

Anstriche verkürzte die Dockungszeiten so stark, daß ein großer Angebotsüberschuß von<br />

Trockendockanlagen entstand. Diese Anstriche waren in Konkurrenz mit einer großen Anzahl von<br />

Anstrichen marktführend bis zum Beginn <strong>des</strong> ersten Weltkriegs. Weitere Kompositionen enthielten<br />

neben Schellack auch Harz als Bindemittel <strong>und</strong> als weitere Antifoulingstoffe Antimonsulfid oder<br />

Bleioxide. Sollte ein Stahlschiff länger als einige Monate ohne Dockung auskommen, so wurden auch<br />

in dieser Zeit noch Kupferplatten oder Kupfer/Zink-Platten eingesetzt, die mit Teak- oder anderem<br />

Holz gegen die Stahlwand isoliert wurden [15].<br />

Später gewannen auf dem Gebiet der Allgemeingifte Kupferoxide, Quecksilberoxide <strong>und</strong><br />

quecksilberorganische Verbindungen, aber auch Zinkoxid sowie bereits als Fungizide eingesetzte<br />

Stoffe wie Thiram, Zineb, Maneb <strong>und</strong> Ziram an Bedeutung, die auch relativ kostengünstig waren. In<br />

den sechziger Jahren wurde dann die Verwendung von Organozinnverbindungen erprobt, die<br />

ebenfalls als Fungizide entwickelt worden waren. Die Tributylzinnverbindungen waren für eine<br />

Anwendung als Pflanzenschutzmittel zu stark phytotoxisch [17], stellten sich aber für den<br />

Antifoulingbereich als besonders vielversprechend heraus. Die Einbindung von TBT-Verbindungen in<br />

die üblichen Vinyl-, Akrylsäure- oder Aldydharze war eine Herausforderung, da TBT-Verbindungen<br />

nicht die üblichen Pigmenteigenschaften besitzen [13] <strong>und</strong> so weitaus zu schnell aus dem Anstrich<br />

herausgelöst wurden. Mit der Einführung der TBT-Kopolymere (siehe unten) wurde in den 70er<br />

Jahren diesbezüglich ein großer Fortschritt erzielt. Seitdem dominieren Anstriche dieses Typs den<br />

Markt [18].<br />

1.4 Internationale Gesetzeslage<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong> von Millionenschäden an Austernpopulationen in der französischen Bucht von<br />

Arcachon sowie verschiedener Beobachtungen von Schäden an der Fauna in Sportboothäfen <strong>und</strong> in<br />

Küstengewässern sind bis heute die folgenden gesetzlichen Einschränkungen <strong>des</strong> Gebrauchs von TBT<br />

in Antifoulings gemacht worden:<br />

• In Österreich <strong>und</strong> in der Schweiz ist TBT in Antifoulinganstrichen generell verboten<br />

• In Japan existieren eine Obergrenze für den TBT-Gehalt von Anstrichen <strong>und</strong><br />

Gebrauchseinschränkungen für diese [19]<br />

• In der gesamten EU, in den USA <strong>und</strong> in Kanada dürfen TBT-Verbindungen nur auf Schiffen<br />

eingesetzt werden, die länger als 25 m sind [20]<br />

• Bei größeren Schiffen darf die Abgabe von TBT aus dem Anstrich in Schweden, den USA <strong>und</strong> in<br />

Kanada den Wert von 4 µg/cm 2 pro Tag nicht überschreiten. In Australien <strong>und</strong> Neuseeland gilt<br />

hierfür ein Wert von 5 µg/cm 2 pro Tag [16, 21-23]<br />

Der Gebrauch der folgenden Biozide ist in den jeweils angegebenen Ländern in Antifoulings verboten<br />

[16, 21]:<br />

• Quecksilberverbindungen (Deutschland, Österreich, Niederlande)<br />

• Arsenverbindungen (Deutschland, Österreich, Niederlande)<br />

• Hexachlorcyclohexan (Deutschland, Österreich, Niederlande)<br />

• Polychlorierte Biphenyle <strong>und</strong> Terphenyle (Deutschland, Österreich)<br />

4


• Sea-Nine 211 (Schweden, erlaubt für Schiffe länger als 25 m)<br />

In Deutschland fallen die Antifoulingbiozide in den Geltungsbereich <strong>des</strong> Chemikaliengesetzes, da für<br />

sie kein spezielles Gesetz wie etwa das Pflanzenschutzmittelgesetz existiert. Somit ist für Stoffe, die<br />

vor 1981 auf dem Markt gewesen sind, keine Anmeldung <strong>und</strong> damit auch keine Bereitstellung von<br />

ökotoxikologischen Daten erforderlich. Durch das Inkrafttreten der Biozid-Richtlinie der EU am 24.<br />

Mai 1998 ist eine Änderung dieser Rechtslage zu erwarten. In ihr ist nicht nur ein Anmelde- sondern<br />

sogar ein Genehmigungsverfahren vorgeschrieben, so daß eine europaweit gültige Positivliste sowohl<br />

von Antifoulingbioziden als auch von deren Zubereitungen erstellt werden soll. Damit verb<strong>und</strong>en ist<br />

auch die Bereitstellung umfangreicher Datensätze über die Biozide bzw. die Zusammensetzungen der<br />

Anstriche an die zuständigen nationalen Regelungsbehörden. Maßgebend für die Genehmigung ist,<br />

daß von dem Produkt keine unannehmbaren Wirkungen auf Zielorganismen, die Ges<strong>und</strong>heit <strong>des</strong><br />

Menschen <strong>und</strong> auf die Umwelt ausgehen [24]. Wie alle EU-Richtlinien muss die Biozid-Richtlinie<br />

innerhalb von zwei Jahren nach Inkrafttreten in nationales Recht umgesetzt werden.<br />

Die zuständige Arbeitsgruppe der International Maritime Organisation (IMO) der United Nations<br />

Organization beschloß im Jahr 1998, ein weltweites Verbot von Organozinnverbindungen<br />

durchzusetzen. Die Aufbringung von Antifoulings, die Organozinnverbindungen enthalten, soll<br />

demgemäß ab dem Jahr 2003 verboten sein. Ab 2008 soll dann die Präsenz von<br />

Organozinnverbindungen auf Schiffen illegal sein.<br />

1.5 Problemstellung <strong>und</strong> biologisch orientierte Ansätze<br />

Die Biozidkomponenten von Antifouling-Beschichtungen werden eingesetzt, um die Ansiedlung eines<br />

breiten Spektrums von Organismen (siehe 1.1) zu verhindern. Hierbei hat besonders die Bekämpfung<br />

von größeren Algen (Seetang) <strong>und</strong> vielzelligen Tieren wie Seepocken, Röhrenwürmern <strong>und</strong> Muscheln<br />

eine große Bedeutung, da diese den hydrodynamischen Widerstand erheblich erhöhen können.<br />

Die Biozide wirken nur, wenn sie aus dem Anstrich in das Meerwasser freigesetzt werden<br />

(„leaching“). Ist das nicht der Fall, so werden sie von den Organismen nicht aufgenommen <strong>und</strong><br />

können ihre biozide Wirkung nicht entfalten. Die Einbindung der Biozide in den Anstrich muß also<br />

einen Kompromiß zwischen zu schneller Auswaschung der Biozide <strong>und</strong> zu geringer Abgabe ins<br />

Meerwasser darstellen. Anders ausgedrückt soll die kostenintensive Erneuerung <strong>des</strong> Anstriches<br />

minimiert <strong>und</strong> gleichzeitig der Bewuchsschutz aufrecht erhalten werden.<br />

Wenn die Verhinderung der Ansiedlung nicht in erster Linie auf einer Schädigung sondern auf<br />

einer Art von Signalwirkung auf die Zielorganismen beruht, spricht man von „Repellents“ (lat.<br />

repellere = abstoßen). Hierfür kommen Naturstoffe (siehe 3.8) oder analoge Verbindungen in Frage.<br />

Im Rahmen dieser Studie wurden keine Hinweise auf eine derzeitige kommerzielle Anwendung von<br />

Repellents im Antifouling-Bereich gef<strong>und</strong>en.<br />

Ein etwas ausgefallener Ansatz beruht auf dem Versuch, die Anheftung von Bakterien an die<br />

Oberfläche zu verhindern, die in der Bewuchsfolge ganz am Anfang steht. Versuche mit<br />

proteolytischen Enzymen hierfür waren zumin<strong>des</strong>t für den Bereich <strong>des</strong> Antifouling in der<br />

Hochseeschiffahrt wenig erfolgsversprechend [12], ein weiterer Ansatz mit „maskierenden“<br />

Substanzen ist bisher lediglich konzeptionell vorgeschlagen worden [10].<br />

5


2 Indikatoren für die Beurteilung von Bioziden<br />

Für die Charakterisierung der Wirkstoffe werden hier die folgenden Kategorien verwendet:<br />

• Freisetzung aus Antifoulings<br />

• Räumliche <strong>und</strong> zeitliche Reichweite im Meer/Sediment-System<br />

• Affinität zu Organismen<br />

• Biologische Aktivität<br />

• Verbleibende Unsicherheiten<br />

Für jede dieser Kategorien wird eine Beurteilung auf einer Skala von 1 bis 4 vorgenommen. Bei den<br />

ersten vier Bereichen wird durch das Beifügen eines Buchstaben von a bis d ausgedrückt, wie sicher<br />

die entsprechende Beurteilungsbasis ist. Der Buchstabe d steht für die größte Unsicherheit. Die<br />

Buchstaben bilden die Basis für die Einstufung der insgesamt verbleibenden Unsicherheiten.<br />

Für alle Beurteilungen gilt, daß sie aus mehreren Gründen nicht endgültig sein können. Zum einen<br />

ist zu erwarten, daß sich die Datengr<strong>und</strong>lage weiterhin verändert. Auch sind Fehler bei der<br />

Übertragung von Daten aus den zugr<strong>und</strong>eliegenden Dokumenten, wie zum Beispiel<br />

Umrechnungsfehler bei der Umwandlung von Konzentrationseinheiten nicht ausgeschlossen, auch<br />

wenn auf eine sorgfältige Arbeitsweise Wert gelegt wurde. Zum anderen wird nicht jeder aus den<br />

vorliegenden Daten die gleichen Beurteilungskennziffern ableiten. Eine kritische Diskussion der<br />

Beurteilungen ist somit möglich, ja sogar wünschbar.<br />

2.1 Freisetzung aus Antifoulings<br />

Aus der Sicht einer gezielten, minimierten Wirkstoffabgabe wäre eine Freisetzung ideal, die bei einer<br />

Abnahme der Strömungsgeschwindigkeit unter 2 Knoten einsetzt, da oberhalb dieser Geschwindigkeit<br />

keine Besiedelung stattfindet [13, 15]. Die zweitbeste Lösung wäre eine konstante Abgabe von<br />

Bioziden unabhängig von der Strömungsgeschwindigkeit im gesamten Zeitraum zwischen den<br />

Dockungen. Faktisch setzen alle handelsüblichen Antifouling-Beschichtungen ihre Wirkstoffe<br />

verstärkt bei hohen Strömungsgeschwindigkeiten, also außerhalb der Häfen frei. Um diesen Umstand<br />

widerzuspiegeln, wird die Möglichkeit der Kontrolle der Freisetzung für kein Biozid mit sehr gut<br />

beurteilt.<br />

Dennoch gibt es große Unterschiede in der Einbindung <strong>und</strong> Freisetzung der Wirkstoffe. Wegen<br />

der mangelhaften Informationen über Aufbau <strong>und</strong> Zusammensetzung der Anstriche konnte nur eine<br />

ungefähre Beurteilung vorgenommen werden. Es ergab sich auch, daß für die Freisetzung mehr der<br />

gesamte Anstrich als die Eigenschaften der einzelnen Biozide wesentlich sind (siehe Anhang). Wenn<br />

kein spezieller Bindungsmechanismus für das Biozid bekannt war (Freisetzung: 2), wurde allein die<br />

Wasserlöslichkeit als Beurteilungsbasis genommen. Zwischen einer schlechten <strong>und</strong> sehr schlechten<br />

Kontrolle der Freisetzung wird hier bei etwa bei einer Wasserlöslichkeit in Seewasser von ca. 50<br />

mg/L die Grenze gezogen.<br />

2.2 Räumliche <strong>und</strong> zeitliche Reichweite<br />

Die räumliche Reichweite einer Chemikalie wurde von M. Scheringer definiert als der räumliche<br />

Bereich, in dem 95% der Exposition, gemessen als Integral der Konzentration über die Zeit, zu finden<br />

sind [25]. Sie ist unabhängig von der freigesetzten Menge <strong>und</strong> spiegelt nur die räumliche Verteilung<br />

der freigesetzten Menge wieder. Die genaue Bestimmung der räumlichen Reichweite einer<br />

Chemikalie setzt voraus, dass entweder umfangreiche Meßdaten über den gesamten für die Exposition<br />

6


äumlich <strong>und</strong> zeitlich relevanten Bereich vorliegen, oder eine detaillierte Modellierung vom<br />

Verteilungs- <strong>und</strong> Abbauverhalten der Chemikalie vorgenommen wurde. Aussagekräftige<br />

Abschätzungen können schon durch stark vereinfachte Modelle gemacht werden. Das Konzept der<br />

räumlichen Reichweite ist für Chemikalien entworfen worden, die erstmals vom Menschen in die<br />

Umwelt eingebracht werden. Dies ist für Kupfer nicht der Fall. In der vorliegenden Studie wird die<br />

räumliche Reichweite <strong>des</strong> zusätzlich in die marine Umwelt eingebrachten Kupfers diskutiert.<br />

Ein Übergang relevanter Mengen der Biozide in die Luft durch Oberflächendiffusion ist schon<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> geringen Dampfdrucks der Biozide praktisch auszuschließen. Auch für den durch<br />

Spraying in die Atmosphäre übergehenden Anteil der Biozide kann angenommen werden, daß er<br />

vernachlässigbar ist.<br />

Die Ausbreitung der Biozide im Wasser wird durch ihre Tendenz, sich in organischer Substanz<br />

oder an Mineraloberflächen in Partikeln oder im Sediment anzureichern, bestimmt. Der Transport<br />

findet kleinräumig durch molekulare Diffusion, über mittlere Distanzen durch Verwirbelung<br />

(turbulente Diffusion) <strong>und</strong> über lange Distanzen durch Strömungen (Konvektion) statt. Dazu kommt<br />

die vertikale Ausbreitung durch die an absinkende Partikel adsorbierte Menge. Die räumliche<br />

Reichweite innerhalb <strong>des</strong> Wassers ist durch das Verhältnis von Ausbreitungsgeschwindigkeit zu<br />

Abbau- <strong>und</strong> Sedimentationsgeschwindigkeit bestimmt. Die Reichweite wird aber auch dadurch<br />

bestimmt, ob relevante Anteile <strong>des</strong> Biozids in beiden Kompartimenten Sediment <strong>und</strong> Wasser<br />

verbleiben, oder nur in einem der beiden. Hierfür spielt wieder das Verhältnis zwischen Abbau <strong>und</strong><br />

Transport eine Rolle.<br />

Tabelle 2.1. Beurteilungsschema für die räumliche <strong>und</strong> zeitliche Reichweite auf einer Skala von 1 bis 4.<br />

Nicht persistent Nur im Wasser<br />

persistent<br />

7<br />

Nur im Sediment<br />

persistent<br />

Im Wasser <strong>und</strong> im<br />

Sediment persistent<br />

Tendentiell im Wasser 1 3 2 3<br />

Tendentiell im Sediment 1 2 3 3<br />

Signifikante Anteile in<br />

Wasser <strong>und</strong> Sediment<br />

1 3 3 4<br />

Wegen dieses Zusammenhangs zwischen räumlicher <strong>und</strong> zeitlicher Reichweite wurde ein einfaches<br />

Schema verwendet, das eine Beurteilung der Reichweite aus Informationen über Verteilung <strong>und</strong><br />

Abbau erlaubt (Tabelle 2.1).<br />

2.3 Affinität zu Organismen<br />

Üblicherweise wird die Affinität eines Stoffes zu Organismen mit Hilfe <strong>des</strong> Biokonzentrationsfaktors<br />

BCF ausgedrückt. Dieser kann aus verschiedenen Daten berechnet werden. Im Labor werden meist<br />

Fische über längere Zeit einer bestimmten Konzentration der zu testenden Substanz ausgesetzt. Der<br />

BCF kann dann aus dem Verhältnis der kinetischen Aufnahme- <strong>und</strong> Abgabekonstanten gebildet<br />

werden, oder aus dem Quotienten aus der Konzentration im Fisch zu der Expositionskonzentration.<br />

Eine andere Möglichkeit der Bestimmung <strong>des</strong> BCF ist die Messung von Konzentrationen in realen<br />

Umweltsystemen. Die Konzentrationen in Organismen drücken im Verhältnis zur Konzentation im<br />

Wasser eine Biokonzentration aus, die in vielen Fällen als BCF angegeben wird. Der BCF enthält<br />

immer auch eine Information über die Geschwindigkeit der Aufnahme im Vergleich zur<br />

Geschwindigkeit der Abgabe. In Anlehnung an ein Beurteilungsschema <strong>des</strong> Umweltb<strong>und</strong>esamtes


wurden die Biokonzentrationsfaktoren wie in Tabelle 2.2 angegeben auf eine Skala von 1 bis 4<br />

verteilt.<br />

Tabelle 2.2. Beurteilungsschema für die Affinität zu Organismen.<br />

1 2 3 4<br />

BCF < 30 30 - 100 100-1000 > 1000<br />

log K OW < 2,8 2,8 – 3,5 3,5 – 4,8 > 4,8<br />

Die Beurteilung aufgr<strong>und</strong> von log K OW-Werten ist nicht ganz so einfach, wie aus Tabelle 2.2<br />

geschlossen werden könnte. Die Beziehung zwischen log K OW <strong>und</strong> BCF ist nicht eindeutig, sondern<br />

hängt viemehr von speziellen Möglichkeiten der Wechselwirkung der Substanzen mit dem<br />

Körpergewebe ab, die sich aus der <strong>chemischen</strong> Struktur ergeben. Dennoch werden hier für die BCFs<br />

ungefähr entsprechende log K OW-Werte angegeben. Die Umrechnung der BCF in log K OW-Werte<br />

wurde gemäß der vom Syracuse Research Center im Auftrag der US EPA ermittelten<br />

Regressionsgleichung für Chemikalien ohne strukturelle Besonderheiten vorgenommen.<br />

2.4 Biologische Aktivität<br />

Da es sich um eine Beurteilung von Bioziden handelt, liegt die biologische Aktivität der betrachteten<br />

Substanzen um ein vielfaches höher als bei einer zufälligen Auswahl von Chemikalien. Die Skala von<br />

1 bis 4 wird zwischen Repellents, die idealerweise nicht im engeren Sinne toxisch sind <strong>und</strong> dem TBT<br />

aufgespannt. Ausschlaggebend sind hier, wenn erhältlich, die niedrigsten beobachteten<br />

Konzentrationen mit relevanten Wirkungen bzw. die Konzentrationen, bei denen solche Wirkungen<br />

gerade noch nicht auftraten (NOEC). Wenn diese nicht bekannt waren, wurden auch Werte für die<br />

akute Toxizität (LC 50) gegenüber aquatischen Organismen berücksichtigt. Da die erhältlichen<br />

Zahlenwerte allgemein oft nicht direkt miteinander quantitativ vergleichbar waren, kann hier kein<br />

genaues Schema angegeben werden, nach dem die Beurteilungskennzahlen ermittelt worden sind.<br />

2.5 Verbleibende Unsicherheit<br />

Die Beurteilung der Grenzen der Aussagekraft der im Verlauf dieser Studie gesichteten Daten soll<br />

widerspiegeln, wie groß die Unsicherheit ist, die nach der Beurteilung der Risiken durch die Biozide<br />

verbleibt. Auch hierfür gibt es kein wissenschaftlich-objektives Maß, das gleichzeitig praktikabel <strong>und</strong><br />

aussagekräftig wäre.<br />

8


3 Kurzprofile der Wirkstoffe<br />

Die Beurteilungsprofile, die in Tabelle 3.1. dargestellt sind, werden im Folgenden erläutert <strong>und</strong><br />

begründet. Eine Zusammenstellung der für die Beurteilung verwendeten Daten befindet sich im<br />

Anhang.<br />

Tabelle 3.1. Vergleichende Risikobewertung der Biozide jeweils auf einer Skala von 1 bis 4. Die Buchstaben<br />

hinter den Bewertungszahlen geben die jeweilige Unsicherheit bei der Bewertung auf einer Skala von a bis d an,<br />

wobei a die kleinste <strong>und</strong> d die größte Unsicherheit darstellt. Für Begründungen siehe Kapitel 3.1ff.<br />

TBT-Acrylate 2a<br />

Andere TBT-<br />

Verbindungen<br />

Freisetzung Reichweite Affinität zu<br />

Organismen<br />

3c<br />

Cu-Acrylate 2d<br />

Andere Cu-<br />

Verbindungen<br />

3b<br />

Zink-Acrylate 2b<br />

Andere Zink-<br />

Verbindungen a<br />

3c<br />

9<br />

Biologische<br />

Aktivität<br />

Restunsicherheit<br />

3a 4b 4a 1<br />

3d 3a 3c 3<br />

3d 3d 2c 3<br />

Irgarol 1051 3b 2c 3c 2b 2<br />

Sea-Nine 911 3a 3c 3c 3d 3<br />

Zink-Pyrithion 3b 3d 2d 3d 4<br />

a außer Zink-Pyrithion<br />

3.1 Organozinnverbindungen<br />

Über Organozinnverbindungen (siehe Abbildung 3.1) ist außerordentlich viel publiziert worden. Zum<br />

einen liegt das an ihrem verbreiteten Einsatz im Holzschutz, in der Textilbranche <strong>und</strong> in Antifoulings.<br />

Zum anderen werden sie als die am stärksten toxischen Verbindungen bezeichnet, die je bewußt in die<br />

aquatische Umwelt eingebracht wurden [26]. Sie greifen an zentraler Stelle in den Metabolismus ein,<br />

nämlich in den Prozess der oxidativen Phosphorylierung [1], der ein Teil der für alle Lebewesen<br />

essentiellen Atmungskette ist. Es existieren umfangreiche Übersichtsarbeiten über die ökologischen<br />

Auswirkungen von Organozinnverbindungen [20, 27]. Bemerkenswert ist, daß die<br />

Organozinnverbindungen noch 1975 [1] als sehr umweltfre<strong>und</strong>lich bezeichnet wurden. Weder die<br />

Persistenz im Sediment noch die endokrine Wirkung schon bei sehr geringen Konzentrationen war<br />

damals bekannt.


a)<br />

Sn OH<br />

b)<br />

Sn +<br />

Abb. 3.1. Strukturformeln der im Meerwasser vorliegenden bioziden Verbindungen (BVM) a)<br />

TBTOH <strong>und</strong> b) TBT +<br />

Organozinnverbindungen, von denen die Tributylzinnverbindungen am häufigsten eingesetzt werden,<br />

können entweder einfach in einen Anstrich eingemischt oder chemisch in ein Kopolymer geb<strong>und</strong>en<br />

eingesetzt werden. Aufgr<strong>und</strong> der gleichmässigeren Freisetzung von TBT <strong>und</strong> der wesentlich längeren<br />

Lebensdauer werden derzeit hauptsächlich Anstriche vom zweiten Typ verwendet. Diese sind auch<br />

unter dem Namen „Self Polishing Copolymer“ (SPC) bekannt (siehe 4.1). Eine bessere Kontrolle der<br />

Freisetzung als durch die Verwendung von solchen hydrophoben, hydrolisierenden (Ko-)Polymeren<br />

ist bisher nicht bekannt (Freisetzung: 2a).<br />

Während TBT nur eine mäßige Affinität zu im Wasser schwimmenden Partikeln hat, wird die<br />

Verteilungskonstante K p zwischen Frisch-/Meerwasser <strong>und</strong> Sediment im Mittel mit Werten zwischen<br />

1 <strong>und</strong> 3 ⋅ 10 3 kg/L angegeben. TBT tendiert somit dazu, sich zum Großteil ins Sediment hineinzu<br />

verteilen. Die Beurteilung der Verteilung von TBT-Verbindungen wird durch die Tatsache erschwert,<br />

daß es neben hydrophoben Wechselwirkungen auch ionisches Wechselwirkungspotential hat. TBT<br />

wird im Meerwasser bei höheren Temperaturen mit einer Halbwertszeit im Bereich von 1 bis 2<br />

Wochen abgebaut, bei winterlichen Temperaturen um 5 °C kaum noch. Der Abbau im Sediment<br />

findet dagegen nur mit einer Halbwertszeit im Bereich von Jahren statt [20], so daß es als persistent<br />

im Sediment beurteilt wurde. Die räumliche <strong>und</strong> zeitliche Reichweite wurde damit insgesamt als groß<br />

beurteilt (Reichweite 3a).<br />

Wie an den Biokonzentrationsfaktoren (BCF) gesehen werden kann, ist die Aufnahme von TBT<br />

stark vom Organismentyp abhängig. Bei Fischen findet man hohe bis sehr hohe BCF-Werte, bei<br />

Muscheln sogar extrem hohe grösser als 100 000. Die Affinität zu Organismen wird als sehr hoch<br />

eingestuft (4b).<br />

TBT-Verbindungen verursachen schon in extrem kleinen Konzentrationen<br />

populationsschädigende biologische Wirkungen auf eine Vielzahl von untersuchten Muschel- <strong>und</strong><br />

Schneckenarten. Biochemische Wirkungen auf Zellen im µ-molaren Bereich umfassen<br />

Membranschädigungen in Leberzellen, Störungen <strong>des</strong> Kalzium-Haushalts in Thymuszellen<br />

(Immunotoxizität), Inhibition der oxidativen Phosphorylierung (ATP-Synthese) in Mitochondrien,<br />

Inhibition der Photophosphorylierung in Chloroplasten, Inhibition der Na-K-Pumpe <strong>und</strong> der damit<br />

verb<strong>und</strong>enen ATPase [20]. Vermutlich spielt die Kombination aus der positiven Ladung <strong>und</strong> der<br />

Lipophilie <strong>des</strong> TBT-Kations eine entscheidende Rolle für die starke Wirkung auf die<br />

unterschiedlichen membranständigen Ionenkanäle der Zellen. Die Inhibition <strong>des</strong> P450-Enzyms, das in<br />

der Entgiftung vieler Organismen eine entscheidende Rolle spielt, ist wahrscheinlich auch für das<br />

Auftreten <strong>des</strong> sogenannten „Imposex“-Phänomens verantwortlich [20]. Diese Vermännlichung, die<br />

vor allem bei Wellhornschnecken schon bei TBT-Konzentrationen von 1 ng/L auftritt, führt dazu, daß<br />

die Reproduktion von betroffenen Populationen stark eingeschränkt ist (biologische Aktivität: 4a).<br />

Über TBT-Verbindungen existiert eine kaum mehr überschaubare Fülle von ökotoxikologischen<br />

Untersuchungen vor. Verglichen mit den anderen hier behandelten Antifouling-Bioziden wird die<br />

Beurteilungsbasis als sehr sicher bewertet (1)<br />

10


3.2 Kupferverbindungen<br />

Kupfer liegt in Antifoulings in den meisten Fällen als metallisches Kupfer, als Oxid, als Thiocyanat<br />

oder als Sulfid vor. Das am häufigsten verwendete Kupfer(I)oxid Cu 2O gibt dem Anstrich eine rote<br />

Farbe. Soll der Anstrich eine andere Farbe erhalten, so kann das weiße Kupfer(I)thiocyanat CuSCN<br />

verwendet werden [28]. In einigen Fällen wird Kupfer(I)sulfid Cu 2S zusätzlich zu Kupfer(I)oxid<br />

eingesetzt, um eine Schwarzfärbung <strong>des</strong> Anstriches zu erreichen [6].<br />

In vielen Ländern, so auch in Deutschland, hat Kupfer als Antifoulingbiozid durch das Verbot von<br />

Organozinnverbindungen für Schiffe mit einer Länge kleiner als 25 m stark an Bedeutung gewonnen.<br />

Im Zuge der Bemühungen der Internationale Maritime Organization IMO um ein generelles Verbot<br />

von Organozinnverbindungen gewinnen Kupferverbindungen als wesentlicher Bestandteil der<br />

leistungsfähigsten zinnfreien Anstriche weiter an Bedeutung.<br />

Zu den von Kupfer ausgehenden Risiken für die maritime Umwelt existieren folgende Berichte:<br />

• Die Qualitätskriterien für Kupfer in Salzwasser als Ergänzung der entsprechenden<br />

Qualitätskriterien im Süßwasser der US EPA [29, 30]<br />

• Eine ökotoxikologische Beurteilung von Kupfer in Antifoulings der Kemikalieinspektionen<br />

KEMI in Schweden <strong>und</strong> ein Supplement dazu [31, 32]<br />

• Ein „Integrated Criteria Document Copper“ <strong>des</strong> nationalen Instituts für Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

Umweltschutz der Niederlande RIVM<br />

• Verschiedene Review-Artikel in Fachzeitschriften <strong>und</strong> Fachbüchern [33, 34]<br />

Zusätzlich finden sich in der wissenschaftlichen Literatur zahlreiche Einzelpublikationen über<br />

gemessene Konzentrationen von Kupfer in marinen Ökosystemen <strong>und</strong> in Lebewesen sowie über die<br />

Ergebnisse von Studien über die toxikologischen Auswirkungen von Kupfer in Organismen.<br />

Die Risikoanalyse von Kupfer im Meerwasser gestaltet sich aus folgenden Gründen nicht ganz<br />

einfach:<br />

• Kupfer ist ein essentielles Spurenelement <strong>und</strong> damit für alle Lebewesen unverzichtbar. In höheren<br />

Konzentrationen zeigen sich aber schädliche Effekte. Der Konzentrationsbereich, in dem weder<br />

Mangelerscheinungen auftreten, noch Schadeffekte zu beobachten sind, kann recht klein sein.<br />

Verburgh (zitiert nach [35]) konnte für Bivalvia, die zu den Weichtieren gehören, zeigen, dass<br />

sich dieser Konzentrationsbereich nur über eine Größenordnung, also einen Faktor 10 erstreckt<br />

• Die Aufnahme von Kupfer durch marine Organismen hängt von der Form ab, in der es im<br />

Seewasser vorliegt. Im Seewasser kommt es als „freies“ Cu 2+ -Ion, in anorganischen Komplexen,<br />

in organischen Komplexen (siehe Abbildung 3.2) oder an Partikel geb<strong>und</strong>en vor. Der mittlere<br />

Gesamtkupfergehalt in den Weltmeeren wird mit ca. 0,15 µg/L [36] angegeben. In der Ostsee<br />

findet man höhere Konzentrationen zwischen 0,3 <strong>und</strong> 0,8 µg/L [31]. Die Angaben in der<br />

wissenschaftlichen Literatur über die Aufteilung <strong>des</strong> gesamten Kupfergehalts auf die<br />

verschiedenen Formen variieren sehr stark [33, 37]. Da Messungen <strong>des</strong> Kupfergehalts in<br />

Seewasser in der Regel nur Gesamtkonzentrationen ergeben, ist die Vergleichbarkeit von solchen<br />

Meßwerten mit den Konzentrationen, die in Toxizitätstests eingesetzt werden, in Frage gestellt. In<br />

der Regel ist nur ein Teil <strong>des</strong> gesamten Kupfergehalts für die Organismen verfügbar <strong>und</strong> damit<br />

potentiell schädlich [38, 39].<br />

11


O<br />

H 2<br />

H2O a)<br />

Cu 2+<br />

OH2 OH2 OH2 OH 2 b)<br />

O<br />

H 2<br />

HO<br />

Cu +<br />

OH2 OH2 OH 2<br />

OH 2 c)<br />

Abb. 3.2. Kupfer im Meerwasser: a)„freies“ Cu 2+ b) Cu(OH) + -Komplex c) Cu(Cl) 2 0 -Komplex<br />

d) Chelatkomplex. Bindungslängen <strong>und</strong> –formen sind vereinfacht dargestellt.<br />

Da Kupfer andere chemische Eigenschaften besitzt als TBT, muß auch die Einbindung in Kopolymere<br />

anders sein als bei TBT-Kopolymeren. Ein sich ergeben<strong>des</strong> Problem ist, daß Kupfer wegen der<br />

geringeren Toxizität in größeren Mengen freigesetzt werden muß, um den Bewuchsschutz zu<br />

gewährleisten. Neuere Produkte werben damit, daß sie selbstpolierend <strong>und</strong> zinnfrei sind. Diese<br />

enthalten durchgehend auch Kupfer. Entscheidend für die möglichst gleichmäßige Freisetzung ist die<br />

Bestimmung der Freisetzungsrate durch die Auflösung <strong>des</strong> Anstrichs ausschließlich an der<br />

Oberfläche. Die Vergleichbarkeit etwa <strong>des</strong> Kupfer-Acrylat-Systems mit TBT-Acrylat-Systemen<br />

wurde in Zweifel gezogen [40]. Für Kupfer-Acrylat-Anstriche wird die Freisetzungskontrolle durch<br />

Hydrolyse zwar angegeben [41, 42], Hempel deutet beispielsweise aber für seinen Anstrich durch die<br />

Angabe eines „reduzierten Aufbaus einer ausgewaschenen Schicht“ [43] darauf hin, daß die<br />

Biozidabgabe nicht nur an der Oberfläche stattfindet, wie beim hydrophoben TBT-Kopolymer. Dies<br />

läßt eine Abnahme der Biozidabgabe mit zunehmendem Alter <strong>des</strong> Anstriches erwarten. Die<br />

Möglichkeit der Freisetzungskontrolle beim Einsatz von Cu-Kopolymeren wird mit einer sehr hohen<br />

Restunsicherheit als gut eingestuft (Freisetzung: 2d), beim Einsatz von anderen Kupferverbindungen<br />

als weniger gut (Freisetzung: 3b).<br />

Das in höheren Konzentrationen biozid wirkende Kupfer(II) (BVM) ist im Meerwasser persistent.<br />

Es kann allerdings unter anoxischen Bedingungen, wie sie z.B. im Gotlandtief der Ostsee vorkommen,<br />

zu Kupfer(I) reduziert werden [36]. Über die Wirkungen von Kupfer(I) auf Organismen ist wenig<br />

bekannt, es kann also Zeit nicht als wesentlich weniger biologisch aktiv eingestuft werden. Im<br />

Sediment wird Kupfer(II) sowohl an organisches Material als auch an Minerale geb<strong>und</strong>en, wobei die<br />

Adsorption an mineralische Oberflächen vermutlich wichtiger ist [33]. In anoxischen, stark<br />

reduzierenden Sedimenten werden sehr schwerlösliche Kupfersulfide ausgefällt. Dieser Prozeß ist<br />

zwar kein Abbau, stellt aber eine chemische Reaktion zu einem wesentlich weniger biologisch<br />

aktivem Transformationsprodukt dar. Er fällt auch unter den Begriff der „Immobilisierung“ von<br />

Kupfer. Die räumliche <strong>und</strong> zeitliche Reichweite <strong>des</strong> durch Antifouling eingebrachten Kupfers ist<br />

schwierig zu definieren, da Kupfer seit der Entwicklung einer oxischen Atmosphäre auf der Erde in<br />

den Weltmeeren verbreitet ist [44]. Für eine Risikobeurteilung interessant ist <strong>des</strong>halb nur die<br />

Reichweite <strong>des</strong> durch AF-Anstriche zusätzlich eingebrachten Kupfers, wobei immer die<br />

mengenmäßige Relation zum bereits vorhandenen Kupfer beachtet werden muß. Eine sehr grobe<br />

Abschätzung 2 ergibt, daß eine signifikante Erhöhung <strong>des</strong> totalen Kupfergehalts durch Antifoulings<br />

beim derzeitigen Einsatzniveau in Regionen mit geringem Wasseraustausch <strong>und</strong> hoher<br />

Antifoulingaktivität möglich erscheint. Wegen der hohen Persistenz im Wasser <strong>und</strong> der Verteilung auf<br />

die Umweltkompartimente Wasser <strong>und</strong> Sediment wird die Reichweite trotz der hohen<br />

Hintergr<strong>und</strong>konzentrationen als hoch eingestuft. Nicht zuletzt wegen der unbekannten Stabilität von<br />

biologisch aktiven Komplexen <strong>des</strong> Kupfer(II) mit Pyrithion oder Thiram, aber auch mit natürlich<br />

2<br />

Das holländisch Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieuhygiene RIVM hat für Holland eine Abgabe von<br />

25 Tonnen Kupfer pro Jahr aus Antifoulings ins Meerwasser geschätzt [93]. Zum Vergleich: Die Ostsee mit ca.<br />

20 000 km<br />

12<br />

3 enthält bei Annahme von durchschnittlich 0.5 µg/L [36] ca. 10 000 t Kupfer.<br />

O<br />

H 2<br />

Cl<br />

OH 2<br />

Cu<br />

Cl<br />

OH 2<br />

OH 2 b)<br />

O<br />

H 2<br />

O<br />

H 2<br />

OH 2<br />

Cu<br />

OH 2<br />

O<br />

S<br />

O<br />

CH 3


vorkommenden organischen Stoffen, die die biologische Aktivität von Kupfer erhöhen können, wird<br />

die Unsicherheit als sehr hoch beurteilt (Reichweite: 3d).<br />

Die Affinität von Cu zu Organismen kann durch Biokonzentrationsfaktoren beschrieben werden,<br />

die das Verhältnis der Konzentration im Organismus zur Konzentration im Wasser ausdrücken. Diese<br />

BCFs variieren in unbekannter Abhängigkeit von der Konzentration, der <strong>chemischen</strong><br />

Zusammensetzung von Wasser <strong>und</strong> Partikeln sowie von anderen Faktoren. In Algen, Plankton,<br />

Weichtieren <strong>und</strong> Krebstieren findet man BCFs größer 1000, bei einigen Algen, Makroalgen,<br />

Muschelarten (z.B. Austernart Crassostrea virginica 28 000) <strong>und</strong> auch Krebsen größer 10 000 [35].<br />

Die geringeren BCFs bei Fischen (150-700) können damit in Zusammenhang gebracht werden, daß<br />

Fische <strong>und</strong> höhere Wirbellose Kupfer durch Ausscheidung regulieren können [45]. Eine Anreicherung<br />

von Kupfer in der Nahrungskette findet nach übereinstimmenden Aussagen nicht oder nur in<br />

Ausnahmefällen statt [31, 33], was mit der Verteilung der BCFs zwischen den Spezies übereinstimmt.<br />

Deshalb wird die Tendenz von Kupfer zur Anreicherung in Organismen trotz der meist sehr hohen<br />

BCFs größer 1000 nur als hoch eingestuft, wobei auch eine Einstufung als sehr hoch vertreten werden<br />

könnte. Es existiert eine ausführliche <strong>und</strong> breite Datengr<strong>und</strong>lage (Affinität zu Organismen: 3a).<br />

Von den Metallionen, die im Meerwasser vorkommen können, wirkt Kupfer(II) nach Quecksilber<br />

<strong>und</strong> Silber für viele Meeresorganismen in den geringsten Konzentrationen toxisch [36]. Im Vergleich<br />

mit TBT sind Cu-Konzentrationen, die bestimmte Wirkungen hervorrufen, aber auch sogenannte Noobserved-effect-concentrations<br />

NOEC 3 generell um etwa eine Größenordnung höher. Die wesentlich<br />

höhere Differenz zwischen der akuten Toxizität von TBT <strong>und</strong> Kupfer gegenüber Fischen kann in<br />

Zusammenhang mit deren Fähigkeit zur Regelung ihres Kupferhaushalts gesehen werden. Es ist<br />

erwiesen, daß die Anlagerung bestimmter organischer Substanzen an in Wasser gelöstes Kupfer<br />

(Komplexierung) die Aufnahme <strong>und</strong> die Toxizität für Bakterien, planktische Algen <strong>und</strong> Flohkrebse<br />

erhöht [46, 47]. Einige solcher Liganden, die die Lipophilie <strong>des</strong> Kupfer(II) im Seewasser erhöhen,<br />

werden auch als Komponenten von kupferhaltigen Antifoulingbioziden eingesetzt oder können aus<br />

den Komponenten entstehen (siehe Unterkapitel über Zink-Pyrithion <strong>und</strong> Thiram). Über die Stabilität<br />

solcher lipophiler Kupferkomplexe <strong>und</strong> über entsprechende natürlich vorkommenden Liganden, die<br />

eine erhöhte Aufnahme von Kupfer bewirken könnten, wurde kaum Information gef<strong>und</strong>en. Deshalb<br />

wurde die hohe Einstufung der biologischen Aktivität von Kupfer im Meerwasser als unsicher<br />

beurteilt (biologische Aktivität: 3c).<br />

Insgesamt ist die Beurteilung mit einer hohen Unsicherheit (3) verb<strong>und</strong>en.<br />

3.3 Zinkverbindungen<br />

Die Risikoanalyse von anorganischen Zinkverbindungen wurde mit kleinerer Priorität betrieben. Zink<br />

ist, mehr noch als Kupfer, ein wichtiges Element für lebende Organismen <strong>und</strong> damit ein<br />

Spurennährstoff. Es spielt bei so zentralen Prozessen wie etwa dem Ablesen der DNA (Zinkfinger)<br />

eine wichtige Rolle. Metallisches Zink, Zinknaphtenat, Zinkoctoat <strong>und</strong> andere Zinksalze(auch<br />

Zinkseifen genannt) werden als Biozide in Antifoulings eingesetzt [6] <strong>und</strong> bei einer Patentrecherche<br />

wurde in mehreren Kompositionen Zink(II)oxid als Bestandteil (vermutlich als Pigment Zinkweiß)<br />

von Antifoulings angegeben. Auch bevor TBT-Verbindungen aufkamen, wurde Zinkoxid in diesem<br />

Bereich als Biozid eingesetzt [13]. Hier sollen exemplarisch das Zinkoxid <strong>und</strong> die Zink-Carboxylate<br />

betrachtet werden. Zink wurde nur in Kombination mit TBT <strong>und</strong>/oder Cu gef<strong>und</strong>en.<br />

Zink ist in Meerwasser in etwa h<strong>und</strong>ertfach größerer Konzentration löslich als Kupfer (eigene<br />

Berechnungen <strong>und</strong> [48]), wobei hier nicht das Hydroxid, sondern das Carbonat die Löslichkeit<br />

bestimmt. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong> wird der Einsatz von Carboxylaten zur Kontrolle der Freisetzung<br />

von Zink verständlich, wenn man die chemische Ähnlichkeit der Carbonationen zu den<br />

Carboxylgruppen in Carboxylaten, aber auch in Akrylaten berücksichtigt. Laut Herstellerangaben<br />

3<br />

Konzentration, bei der die beobachtete Wirkung gerade noch nicht auftrat.<br />

13


(siehe Anhang) findet bei kürzlich entwickelten Anstrichen auf der Basis von Zink-Akrylat-<br />

Polymeren (die auch Cu 2O <strong>und</strong> organische Biozide enthalten) eine Auflösung fast ausschließlich an<br />

der Oberfläche statt. Dies läßt darauf schließen, daß die Freisetzung von Zink im Wesentlichen durch<br />

die Hydrolyse bestimmt wird <strong>und</strong> somit als gut kontrollierbar eingestuft werden kann (2b). Bei<br />

anderen, relativ gut löslichen Zinkverbindungen ist eine Kontrolle der Freisetzung vermutlich<br />

schwieriger (3c).<br />

Aufgr<strong>und</strong> der guten Löslichkeit von Zink im Meerwasser, aber auch der relativ guten Löslichkeit<br />

der Sulfide ist eine Verteilung ins Sediment hinein weniger wahrscheinlich. Die Persistenz ist aber<br />

vermutlich in beiden Kompartimenten sehr hoch. Die Hintergr<strong>und</strong>konzentration von Zink im<br />

Meerwasser ist ca. 0,4 µg/L [49], so daß eine signifikante Erhöhung wiederum nur lokal<br />

wahrscheinlich erscheint. Die räumliche <strong>und</strong> zeitliche Reichweite wird als hoch eingestuft, die<br />

Beurteilungsgr<strong>und</strong>lage ist schmal (3d).<br />

Ebenso wie Kupfer, kann Zink von Fischen <strong>und</strong> höheren Wirbellosen reguliert werden [45, 50].<br />

Wegen der besseren Löslichkeit von Zink im Meerwasser <strong>und</strong> der daraus folgenden geringeren<br />

thermodynamischen Aktivität wurde eine geringere Affinität zu Organismen im Vergleich zu Kupfer<br />

angenommen. Über den Einfluß von lipophilen Komplexen auf die Bioverfügbarkeit <strong>und</strong> Toxizität<br />

wurde keine Information gef<strong>und</strong>en (Affinität zu Organismen: 3d).<br />

Die gesichteten Daten weisen darauf hin, daß Zink erst in Konzentrationen ähnliche Effekte wie<br />

Kupfer auf Organismen hat, die um min<strong>des</strong>tens eine Größenordnung höher liegen. In der für Metalle<br />

üblicherweise angegebenen Reihe für Toxizitäten liegt Zink regelmäßig hinter dem Kupfer. Die<br />

biologische Aktivität wurde mit hoher Unsicherheit als klein eingestuft (2c).<br />

Auch hier ist die Beurteilung insgesamt mit einer hohen Unsicherheit (3) verb<strong>und</strong>en.<br />

3.4 Silikonverbindungen<br />

Zu den toxikologischen Eigenschaften von Silikonverbindungen ist nur sehr wenig bekannt. Trotz<br />

ihrer ausschließlich anthropogenen Herkunft sind sie aufgr<strong>und</strong> ihrer geringen Toxizität <strong>und</strong> der<br />

geringen Anreicherung in Organismen, sowie aufgr<strong>und</strong> ihrer guten <strong>chemischen</strong> Abbaubarkeit aus den<br />

Listen schädlicher <strong>und</strong> potentiell gefährlicher Stoffe internationaler Konventionen gestrichen worden<br />

[36]. Über die Abbaubarkeit fluorierter Silikonverbindungen im Meeer ist nichts bekannt,<br />

ebensowenig wie über die Toxizität von Transformationsprodukten.<br />

3.5 Risikovergleich Kupfer-TBT<br />

Läßt man die Begleitbiozide, die bei TBT-Anstrichen, besonders aber bei kupferbasierten Anstrichen<br />

zum Einsatz kommen, außer acht, so kann man einen ersten Vergleich der durch diese Biozide<br />

verursachten Risiken anstellen. Aus Abbildung 3.3 wird ersichtlich, daß die geringere biologische<br />

Aktivität <strong>des</strong> Kupfers <strong>und</strong> seine etwas geringere Affinität zu den Lebewesen im Meer zum Teil durch<br />

die geringere Sicherheit der Beurteilung kompensiert wird. Auch vor dem Hintergr<strong>und</strong> der noch sehr<br />

dünnen Beurteilungsbasis für die Begleitbiozide, die hier noch nicht berücksichtigt werden, erscheint<br />

eine bevorzugte regulatorische Behandlung von kupferhaltigen Antifoulings zwar gerechtfertigt, muß<br />

aber als vorläufig angesehen werden, da noch erhebliche Unsicherheiten bestehen.<br />

14


Abb. 3.3. Darstellung der Risikobeurteilung für die Wirkstoffe TBT <strong>und</strong> Kupfer.<br />

3.6 Synthetisch hergestellte organische Biozide<br />

3.6.1 Irgarol ® 1051<br />

Irgarol® 1051 (siehe Abbildung 3.4), im Folgenden kurz Irgarol, gehört zur Klasse der symmetrischen<br />

Triazine. Von den in der Landwirtschaft häufig als Herbizide eingesetzten Produkten unterscheidet es<br />

sich durch die Methylthio-Gruppe in 2-Position anstelle <strong>des</strong> beispielsweise im Atrazin oder Simazin<br />

vorliegenden Chlorid-Substituenten (Abbildung 2.1). In Gewässern, in denen nur ein geringer<br />

Bewuchsdruck durch Makroorganismen besteht, ist der Bewuchsschutz mit Kupfer <strong>und</strong> Irgarol<br />

ausreichend. In der Schweiz sind demzufolge nur Antifoulings mit Cu-Verbindungen <strong>und</strong> Irgarol<br />

zugelassen [51]. In Schweden wurden Biozide mit anderen Inhaltsstoffen als Cu <strong>und</strong> Irgarol nur für<br />

solche kommerziell betriebenen Schiffe zwischen 12 <strong>und</strong> 25 m bewilligt, die auch auf der Hochsee,<br />

also nicht ausschließlich in Nord- <strong>und</strong> Ostsee eingesetzt werden [16]. Für Irgarol wurde uns ein<br />

ausführlicher Datensatz von der Herstellerfirma Ciba Specialty Chemicals zur Verfügung gestellt<br />

[52], wofür wir an dieser Stelle herzlich danken möchten.<br />

Aufgr<strong>und</strong> <strong>des</strong> vermehrten Einsatzes von Irgarol sind Umweltkonzentrationen <strong>und</strong> ökologische<br />

Auswirkungen bereits in einigen wissenschaftlichen Publikationen diskutiert worden [53-60].<br />

a)<br />

Restunsicherheit<br />

Biologische Aktivität<br />

S<br />

N N<br />

N N N<br />

Freisetzung<br />

4<br />

N N<br />

b) N N N<br />

Abb. 3.4. Strukturformeln von a) Irgarol <strong>und</strong> b) Atrazin<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Reichweite<br />

Affinität zu Organismen<br />

Cl<br />

Irgarol ist in Seewasser nur sehr begrenzt löslich, in organischen Lösemitteln dagegen gut. Eine<br />

besondere Form der Einbindung in Anstriche ist für Irgarol nicht bekannt. Die Freisetzung wurde<br />

dementsprechend mit 3b beurteilt.<br />

15<br />

TBT-Acrylate<br />

Cu-Acrylate<br />

Andere TBT-Verbindungen<br />

Andere Cu-Verbindungen


Die Verteilungskoeffizienten K OC <strong>und</strong> K D deuten darauf hin, daß sich Irgarol bevorzugt ins<br />

Sediment verteilt. Zum Abbau von Irgarol in Meerwasser fanden sich außer der Stabilität gegenüber<br />

abiotischer Hydrolyse keine Angaben. Der photolytische Abbau wird als weniger relevant betrachtet,<br />

da er nur für die oberste Wasserschicht aussagekräftig ist. Da auch keine abiotische Hydrolyse im<br />

Wasser nachgewiesen wurde, wird Irgarol hier als persistent im Wasser betrachtet. Im<br />

Salzwassersediment wird eine Halbwertszeit von ca. 200 Tagen vom Hersteller angegeben, wobei die<br />

Produkte der offenbar mikrobiell katalysierten Biotransformationen 4 als weniger biologisch aktiv<br />

eingeschätzt werden. Eine Spaltung <strong>des</strong> Triazin-Rings wurde nicht beobachtet. Irgarol wird hier im<br />

Sediment als nicht persistent eingestuft. Insgesamt ergibt sich damit eine geringe räumliche <strong>und</strong><br />

zeitliche Reichweite, die allerdings wegen der nicht validierten Daten über den Abbau im Sediment<br />

mit einer hohen Unsicherheit verb<strong>und</strong>en ist (Reichweite 2c).<br />

Die Werte für die Oktanol-Wasser-Verteilung von Irgarol variieren recht stark je nach Quelle. Der<br />

vom Hersteller angegebene Wert kontrastiert mit dem aus einem anerkannten Abschätzungsprogramm<br />

erhaltenen Wert. Die Biokonzentrationsfaktoren deuten aber auf eine hohe Affinität zu Organismen<br />

hin, bzw. auf eine sehr hohe zu Makrophyten (Affinität zu Organismen 3c).<br />

Irgarol wirkt wie andere Triazin-Biozide sehr spezifisch auf die Elektronenübertragung im<br />

Photosynthesesystem II. Schon bei sehr niedrigen Konzentrationen um 0,1 µg/L wurden in<br />

Langzeittests Wirkungen auf die Photosynthese von Algenpopulationen gezeigt. Wirkungen auf<br />

andere als pflanzliche Organismen wurden erst bei wesentlich höheren Konzentrationen im Bereich<br />

von 1 mg/L beobachtet. Für einige Arten sind vom Hersteller auch NOECs erhältlich, die wiederum<br />

wesentlich niedriger als 1 mg/L liegen. Die biologische Aktivität wurde im Vergleich mit den anderen<br />

Wirkstoffen als niedrig eingestuft (biologische Aktivität 2b).<br />

Die Sicherheit der Beurteilung ist insgesamt gut (2)<br />

3.6.2 Sea-Nine 211<br />

Sea-Nine 211, im Folgenden C-9211 (siehe Abbildung 3.5), wird oder wurde unter anderen Namen<br />

bereits als Fungizid, z.B. gegen Mehltau eingesetzt. Die Substanz wurde von der Herstellerfirma<br />

Rohm & Haas durch ein Screening verschiedener Isothiazolone auf die Parameter Algentoxizität,<br />

Seepockentoxizität <strong>und</strong> Wasserlöslichkeit (langsames Leaching) ausgewählt [61].Wegen geringer<br />

Persistenz in der Umwelt <strong>und</strong> geringerer Humantoxizität im Vergleich mit TBT wurde die<br />

Herstellerfirma mit dem „Presidential Green Chemistry Award“ der US EPA in der Kategorie<br />

„Designing Safer Chemicals“ ausgezeichnet.<br />

In Schweden wurden allerdings Restriktionen bezüglich <strong>des</strong> Einsatzes von C-9211 in Antifoulings<br />

erlassen, wobei es regulatorisch wie Diuron behandelt wird ([16], Kapitel 1.4).<br />

Cl<br />

Cl<br />

O<br />

N<br />

S<br />

Abb. 3.5. Strukturformel von Sea-Nine TM 211<br />

Die Kontrolle der Freisetzung von C-9211 wird hier aufgr<strong>und</strong> seiner Wasserlöslichkeit von ca. 4,7<br />

mg/L als schlecht eingestuft. Die Möglichkeit der Einkapselung bzw. der Verwendung einer<br />

Reservoir-Membran-Anstrichtechnologie wird derzeit an der Universität New Hampshire untersucht<br />

[62] (Freisetzung: 3b).<br />

4 Die wichtigsten Transformationsreaktionen sind offenbar die Oxididation bzw. Entfernung der Methylthio-<br />

Gruppe sowie die N-Desalkylierung, wobei die Cyclopropyl-Gruppe bevorzugt entfernt wird.<br />

16


Die Verteilung von C-9211 in der marinen Umwelt ist schwierig zu beurteilen. Für den log K OW<br />

liegen unterschiedliche experimentelle Angaben vor. Für die resultierenden Umweltkonzentrationen<br />

führt dies zu einer Unsicherheit von 4 Größenordnungen. Die Struktur der Verbindung läßt allerdings<br />

die höheren Werte für log K OW weitaus glaubhafter erscheinen, was auch durch etablierte quantitative<br />

Struktur-Aktivitäts-Beziehungen untermauert werden kann. Die Verteilung in Sediment-Wasser-<br />

Systemen wird durch die Überlagerung von Transformations- <strong>und</strong> Transportprozessen bestimmt. Das<br />

Auftreten von geb<strong>und</strong>enen Rückständen deutet darauf hin, daß das schnelle Verschwinden aus der<br />

wässrigen Phase zu einem signifikanten Teil durch eine irreversible Assoziation an organisches<br />

Material in Partikeln <strong>und</strong> vor allem im Sediment zustande kommt. Die Persistenz in natürlichen<br />

Wässern ist gering, über die Persistenz im Sediment werden widersprüchliche Angaben gemacht.<br />

Nach der Extraktion <strong>des</strong> Sediments mit verschiedenen Lösungsmitteln 5 wurden hohe Anteile von<br />

„geb<strong>und</strong>enen Rückständen“ gef<strong>und</strong>en, die offenbar recht persistent sind. Aufgr<strong>und</strong> der hohen<br />

Lipophilie scheint es durchaus möglich, daß diese Rückstände reversibel geb<strong>und</strong>en sind, aber bei der<br />

Extraktion nur in kleinen Mengen aus dem Sediment gelöst wurden. Transformationsprodukte aus<br />

dem Sediment <strong>und</strong> mikrobiellen Extrakten wurden vor der Aufklärung ihrer Struktur chemisch<br />

methyliert, um die Analytik zu erleichtern [63]. Bezüglich der Struktur der Metaboliten besteht<br />

Abklärungsbedarf. Die Persistenz der Rückstände im Sediment wird hier als hoch eingeschätzt.<br />

Insgesamt ergibt sich somit eine hohe räumliche <strong>und</strong> zeitliche Reichweite, die mit einer hohen<br />

Unsicherheit verb<strong>und</strong>en ist (Reichweite: 3c).<br />

Die Biokonzentrationsversuche deuten darauf hin, daß C-9211 mit Körpergewebe reagiert <strong>und</strong><br />

darin eingebaut wird. Eine hohe Lipophilie der Substanz, die wie oben erwähnt schon aus der Struktur<br />

ersichtlich ist, ist auch mit den hohen Biokonzentrationsfaktoren von > 100 vereinbar. Es muß darauf<br />

hingewiesen werden, daß die Aufnahme der Substanz vermutlich von Transformationsreaktionen im<br />

Körpergewebe (Metabolisierung) begleitet ist. Die Affinität zu Organismen wird als hoch eingestuft<br />

(3c), wobei die Datengr<strong>und</strong>lage aufgr<strong>und</strong> der fehlenden Informationen aus realen Umweltsystemen<br />

oder anderen Organismen außer Fischen schlecht ist.<br />

Die biologische Aktivität von C-9211 ist für alle getesteten Organismen bei Konzentrationen<br />

zwischen 1 <strong>und</strong> 30 µg/L mit sehr bedenklichen Wirkungen verb<strong>und</strong>en. Eine Ausnahme bilden<br />

Einzeller im Klärschlamm (wahrscheinlich ein Effekt der Assoziation an die organische Substanz im<br />

Schlamm) <strong>und</strong> der Krebs Buca pugilator. Da es als Fungizid eingesetzt wird <strong>und</strong> für 3(2H)-<br />

Isothiazolone hohe Aktivitäten gegen ein breites Spektrum von Bakterien gef<strong>und</strong>en wurden (Zitat in<br />

[64]), ist es als Breitbandbiozid mit hoher toxischer Aktivität anzusehen. Die Wirkkonzentrationen<br />

gegenüber Algen liegen ähnlich wie bei Irgarol, nach einer Quelle sogar deutlich niedriger[65]. Es<br />

liegen nur unzureichende Daten über chronische Effekte vor. Aufgr<strong>und</strong> der zu erwartenden<br />

Variabilität zwischen den Arten lassen die bekannten Werte relevante Effekte auf einzelne Arten im<br />

Bereich von 100 ng/L erwarten. Die bisher bekanntgewordenen Werte liegen zur chronischen<br />

Wirkung liegen damit immer noch etwa zwei Größenordnungen höher, als bisher bekannte<br />

Effektkonzentrationen <strong>des</strong> TBT (biologische Aktivität: 3d).<br />

Die Unsicherheit der Beurteilung ist hoch (3)<br />

3.6.3 Zink-Pyrithion<br />

Das Zinksalz <strong>des</strong> Pyrithion (siehe Abbildung 3.6), im Folgenden ZnPT eignet sich wegen seiner<br />

geringen Löslichkeit in Wasser <strong>und</strong> Lösemitteln nicht nur als Fungizid in Anti-Schuppen-Shampoos,<br />

sondern auch als Pigment in Antifoulings. Dabei wirkt es vor allem in Kombination mit den<br />

Kupferverbindungen Cu 2O oder CuSCN in erstaunlich geringen Konzentrationen [66]. Die Komplexe<br />

von Pyrithion mit Cu- (grün), Hg- <strong>und</strong> Ag sind stabil [66], wobei vor allem der Komplex mit<br />

Kupfer(II) interessant ist, weil dieses bei der Freisetzung aus kupferhaltigen Antifoulings entsteht.<br />

5<br />

Das unpolarste Extraktionsgemisch war Methylenchlorid:Methanol 9:1, 48h<br />

17


Über Untersuchungen von synergistischen Effekten von Kupfer <strong>und</strong> Pyrithion ist nichts bekannt.<br />

Kupferpyrithion wird neben Zinkpyrithion als schwerlösliches Salz von der Firma Olin Bioci<strong>des</strong> als<br />

Antifoulingpigment angeboten, ersteres ist jedoch in den USA nicht zugelassen.<br />

Über das Umweltverhalten von Pyrithion ist sehr wenig Literatur zugänglich [67]. Um die Form,<br />

in der das Pyrithion im Meerwasser vorliegt, zu bestimmen, wurde folgende grobe Abschätzung<br />

gemacht: Ausgehend von einem Gesamtgehalt an Zink von 0,4 µg/L kann man den Anteil <strong>des</strong><br />

Pyrithions abschätzen, die als 1:1-Zinkkomplex vorliegt, vorausgesetzt, man kennt die<br />

Komplexbildungskonstante (log K≅5,8 [67]). Der Anteil <strong>des</strong> ZnPT (1:1) ergibt sich mit ca. 0,2%. Für<br />

das Kupfer, <strong>des</strong>sen Gesamtgehalt von ca. 0,15 µg/L wahrscheinlich nur zu etwa 1 % als freies Cu 2+<br />

vorliegt, das aber aufgr<strong>und</strong> der Tatsache, daß sich ZnPT im Anstrich in Kupfer-Pyrithion (CuPT)<br />

umwandelt [66] eine ähnliche Komplexbildungskonstante <strong>des</strong> 1:1-Komplexes haben sollte, ergibt sich<br />

ein Anteil <strong>des</strong> Pyrithion als CuPT im Meerwasser von kleiner als 1/1000. Über die Wirksamkeit <strong>des</strong><br />

CuPT + -Komplexes kann nur spekuliert werden.<br />

Zu erwähnen sind auch die Bef<strong>und</strong>e über Fälle von allergischer Kontaktdermatitis [68-70]<br />

a)<br />

S<br />

N O -<br />

b)<br />

N O<br />

S<br />

S<br />

Zn 2+<br />

O<br />

N<br />

c)<br />

Abb. 3.6. Strukturformeln von a) Pyrithion, b) Zink-Pyrithion (1:2-Komplex) <strong>und</strong> c) Kupfer-Pyrithion<br />

(1:1-Komplex)<br />

Da ein besonderer Mechanismus zur Einbindung in Antifoulings nicht bekannt ist, ist die Freisetzung<br />

von Pyrithion aus Antifoulings, trotz der geringen Wasserlöslichkeit von ZnPT (0.6 mg/L bei pH 7)<br />

als schlecht beurteilt worden (Freisetzung: 3b).<br />

Der photolytische Abbau findet in natürlichen Gewässern offenbar nicht statt[67]. Das Dimer<br />

2,2´-Dithiobis-(pyridin-1-oxid), ein Oxidationsprodukt, ist ein Breitband-Antimikrobiotikum [71], die<br />

Bedingungen seiner Bildung sind unklar. Es wurde kein Hinweis auf einen schnellen Abbau in<br />

aquatischen Systemen gef<strong>und</strong>en. Es wird allerdings im Menschen enzymatisch abgebaut. Die<br />

Verteilungskonstante log KOW der neutralen Verbindung wurde mit [72] auf 0,67 abgeschätzt. Unter<br />

Berücksichtigung der Tatsache, daß Pyrithion im Meerwasser bei pH 8 zu > 99,9 % als Anion<br />

vorliegt, ergibt sich ein sehr kleiner log DOW von < - 2. Die sehr kleine Lipophilie weist darauf hin,<br />

daß sich das freie Pyrithion vor allem im Wasser befinden wird, wobei die Verteilung der relativ<br />

stabilen Komplexe nicht geklärt werden konnte. Die räumliche <strong>und</strong> zeitliche Reichweite wurde wegen<br />

der vermuteten Verteilung ins Wasser <strong>und</strong> der mangelnden Hinweise auf einen Abbau im Wasser mit<br />

(3d) eingestuft.<br />

Die sehr niedrige Lipophilie <strong>des</strong> freien Pyrithion (s.o.) läßt auch eine dementsprechend kleine<br />

Affinität zu Organismen erwarten. Andererseits läßt die Wirksamkeit in kleinsten Konzentrationen<br />

eine wesentlich höheren Affinität zu Organismen erwarten. Es muß somit vermutet werden, daß die<br />

Verbindung, die von den Organismen aufgenommen wird <strong>und</strong> wirksam wird, nicht das freie Pyrithion<br />

ist. Da bei kleinen Konzentrationen von Pyrithion <strong>und</strong> Metallionen 1:1-Komplexe auftreten [73], liegt<br />

die Vermutung nahe, daß Pyritihon in dieser Form aufgenommen wird. Solche einfach geladenen<br />

Komplexe könnten in Analogie zu dem Cu-Oxin-Komplex [47] lipophil sein <strong>und</strong> eine entsprechend<br />

hohe Affinität zu Organismen haben. Die Affinität zu Organismen wird mit ungenügender Sicherheit<br />

eher als klein eingestuft (2d)<br />

Über biologische Wirkungen [68-70, 74] <strong>und</strong> Wirkmechanismen [75] ist einiges im<br />

Zusammenhang der Anwendung als Anitschuppenmittel publiziert worden. Es hat offenbar eher einen<br />

zytotoxischen Effekt als einen zytostatischen Effekt auf Säugerzellen [76]. Sowohl der<br />

Zinkpyrithionkomplex als auch das freie Pyrithion sind wirksam, wobei Zinkpyrithion sich in<br />

bakteriellen Zellmembranen anreichert <strong>und</strong> offenbar auch dort seinen schädlichen Effekt ausübt,<br />

18<br />

S<br />

N O<br />

Cu +<br />

OH2 OH2 OH2 OH2


während freies Pyrtithion eher im Zellplasma zu finden ist [77, 78]. Es handelt sich offenbar um ein<br />

Breitbandantimikrobiotikum mit hoher Wirksamkeit. Die einzigen Angaben zur Algentoxizität weisen<br />

auf eine Aktivität schon in kleinen Konzentrationen im Bereich von 10 µg/L hin. Die im<br />

Sicherheitsdatenblatt <strong>des</strong> Herstellers angegebenen Konzentrationen, bei denen akute Fischtoxizität<br />

auftritt, sind sehr niedrig. Damit wird die biologische Aktivität auf einer ungenügenden Datenbasis als<br />

hoch eingestuft (3d).<br />

Die Unsicherheit der Beurteilung ist eindeutig sehr hoch (4).<br />

3.7 Risikovergleich von drei organischen Wirkstoffen<br />

Die oben beschriebenen Biozide Irgarol 1051, Sea-Nine 211 <strong>und</strong> Zink-Pyrithion werden als<br />

Begleitbiozide oder „booster bioci<strong>des</strong>“ in kupferhaltigen, zinnfreien Antifoulinganstrichen eingesetzt.<br />

Für einen Vergleich solcher kupferhaltigen Anstriche ist einerseits die Freisetzungsrate <strong>des</strong> Kupfers<br />

wichtig. Es existieren aber auch durchaus Unterschiede, die durch den Einsatz verschiedener<br />

Kombinationswirkstoffe zustande kommen. Abbildung 3.7 zeigt eine Darstellung der<br />

Risikobeurteilung der genannten drei Wirkstoffe anhand der in Kapitel 2 beschriebenen Kriterien.<br />

Restunsicherheit<br />

Biologische Aktivität<br />

Abb. 3.7. Darstellung der Risikobeurteilung für drei organische Wirkstoffe.<br />

3.8 Naturstoffe<br />

Freisetzung<br />

4<br />

3<br />

2<br />

1<br />

0<br />

Die Isolierung, Prüfung <strong>und</strong> Strukturaufklärung wird derzeit im Hinblick auf die Anwendung in der<br />

Pharma-, aber auch der Agrarindustrie intensiv betrieben. Analog dazu gibt es Bemühungen,<br />

Antifouling-Wirkstoffe aus Lebewesen zu isolieren, eventuell chemisch zu modifizieren <strong>und</strong> in<br />

Antifouling-Anstrichen einzusetzen. Ein Naturstoff, selbst wenn er sich aufgr<strong>und</strong> von biologischen<br />

Tests <strong>und</strong> ökologischer Wirkung als überlegen herausstellt, würde aufgr<strong>und</strong> der regulatorischen<br />

Auflagen für die Anmeldung/Zulassung von Neustoffen nicht in jedem Fall kommerziell entwickelt<br />

werden. Voraussetzung für den kompetitiven Einsatz solcher Stoffe sind auch kompetitive<br />

Herstellungskosten. Mit Ausnahme von bakteriellen Produkten, ist hierin ein großes Hindernis für den<br />

Einsatz im Hochsee-Antifouling zu sehen. Hier sind allerdings bisher auch noch keine<br />

vielversprechenden Ergebnisse publiziert worden.<br />

19<br />

Reichweite<br />

Affinität zu Organismen<br />

Irgarol 1051<br />

Sea-Nine 911<br />

Zink-Pyrithion


Im Auftrag <strong>des</strong> Umweltb<strong>und</strong>esamts ist 1994 eine Studie erschienen, die eine Recherche über<br />

Stoffe aus Organismen mit ausgeprägter biologischer Aktivität enthält [79]. In dieser Studie<br />

aufgeführte Stoffe werden hier nur bei besonders hoher Relevanz aufgegriffen. In der vorliegenden<br />

Studie werden vor allem Arbeiten zitiert, in denen auch quantitative, möglichst vergleichbare<br />

Wirkungsdaten enthalten sind.<br />

Eine ausführliche Übersicht über Naturstoffe, die vor 1996 auf ihre Antifoulig-Wirkung überprüft<br />

worden sind, gibt Clare [80]. Unter anderem sind dort auch 52 aufgeklärte Strukturen abgebildet,<br />

allerdings keine von den weiter unten angegebenen. Interessant ist das häufige Auftreten von Furan-<br />

<strong>und</strong> Lakton-Ringen.<br />

Voraussetzung für die Wirkungsprüfung sind biologische Testsysteme, die Aufschlüsse über die<br />

Ansiedlung verschiedener Bewuchsorganismen, vor allem von Seepocken, in Abhängigkeit von der<br />

Präsenz der zu testenden Stoffe erlauben. Verschiedene Ergebnisse der Prüfung von Wirkstoffen<br />

sollen hier dargestellt <strong>und</strong> beurteilt werden. Beim Vergleich der Zahlenwerte muß aber beachtet<br />

werden, daß die verwendeteten Verfahren <strong>und</strong> Testysteme oft voneinander abweichen. Die<br />

Verwendung verschiedener Lösemittel, um die Wirkstoffe dosiert ins Wasser einzubringen, erschwert<br />

selbst die Vergleichbarkeit von Angaben, die relativ zu dem gleichen konventionellen Wirkstoff<br />

gemacht werden, wie etwa zu Sea-Nine 211. Die Seepockenlarven, die üblicherweise für<br />

Ansiedlungstests verwendet werden, sind Cypris-Larven <strong>des</strong> Balaniden Balanus amphitrite<br />

(Crustaceae).<br />

3.8.1 Stoffe aus Bakterien<br />

Bakteriellen Produkten kommt ein besonderes Interesse zu, da diese im Allgemeinen mit relativ<br />

geringem Aufwand in großem Maßstab produziert werden können. Die Isolierung <strong>und</strong> Identifizierung<br />

bakerieller Repellents ist allerdings noch nicht so weit fortgeschritten wie dies beispielsweise für<br />

Korallen <strong>und</strong> Schwämme der Fall ist (siehe unten). Man beschränkt sich vor allem auf die<br />

Erforschung von Bakterienstämmen, die eine inhibitive Wirkung auf die Ansiedlung von<br />

Makrofouling-Organismen zeigen [81].<br />

3.8.2 Stoffe aus Algen<br />

Zwei biologisch aktive Stoffe (Elatol <strong>und</strong> Deschloroelatol, Abbildung 3.8), die aus der marinen<br />

Rotalge Laurencia rigida gewonnen wurden, wurden im Hinblick auf ihre Wirkung auf das Wachstum<br />

zweier Bakterienarten, die Ansiedlung einer Makroalgenart, Toxizität gegenüber einer Seepockenart<br />

<strong>und</strong> Ansiedlung von Larven einer Seepockenart <strong>und</strong> einer Moostierchenart geprüft. Die Wirkungen<br />

wurden im Vergleich mit Irgarol 1051, Sea-Nine 211 <strong>und</strong> Chlorthalonil erhoben. Die Wirkung von<br />

Elatol <strong>und</strong> Deschloroelatol auf die Ansiedlung von Algen war erst bei Konzentrationen mit den drei<br />

synthetischen Bioziden vergleichbar, die zwei bis drei Größenordnungen höher lagen.<br />

Bezüglich Ansiedlung von Larven der Seepocke Balanus amphitrite waren dagegen Elatol <strong>und</strong><br />

Deschloroelatol in den niedrigsten Konzentrationen wirksam. Insgesamt waren hier höhere<br />

Konzentrationen nötig als für die Verhinderung der Ansiedlung der Makroalge. Die Wirksamkeit<br />

gegenüber Moostierchen lag bei Sea-Nine 211, Clorthalonil, Elatol <strong>und</strong> Deschloroelatol etwa auf<br />

gleichem Niveau.<br />

20


a)<br />

Abb. 3.8. Strukturformeln von a) Elatol, b) Deschloroelatol [65]<br />

Da Elatol <strong>und</strong> Deschloroelatol, die die höchsten Aktivitäten gegenüber der Ansiedlung von<br />

Seepockenlarven zeigten, in ähnlichen Konzentrationen aber auch toxisch gegen diese Larven <strong>und</strong><br />

viele andere marine Organismen sind, können sie nicht als „non-toxic antifoulants“, also als<br />

Repellents im engeren Sinne, bezeichnet werden [65]. Dennoch läßt sie ihre hohe Wirksamkeit im<br />

Vergleich zu kommerziell eingesetzten Bioziden interessant erscheinen, wenn auch eine Herstellung<br />

in größerem Maßstab aufgr<strong>und</strong> ihrer komplizierten Struktur kostspielig sein dürfte.<br />

Tannin, das aus Braunalgen gewonnen werden kann, ist als Antifouling-Wirkstoff schon lange<br />

bekannt <strong>und</strong> patentiert [79], hat aber offenbar keine kommerzielle Bedeutung [6].<br />

3.8.3 Stoffe aus Schwämmen, Korallen <strong>und</strong> Seescheiden<br />

Ebenso wie Algen sind Korallen <strong>und</strong> Seeschwämme vom Bewuchs mit anderen Organismen<br />

betroffen. Es wird angenommen, daß sich Verteidigungsmechanismen herausgebildet haben, die unter<br />

anderem auch auf der abstoßenden Wirkung von Sek<strong>und</strong>ärmetaboliten beruhen. Solche<br />

Sek<strong>und</strong>ärmetaboliten wirken nicht im engeren Sinne toxisch, sind also echte „Repellents“ 6 .<br />

Im Rahmen <strong>des</strong> Fusetani Biofouling-Projektes [7] sind sehr viele Stoffe aus Schwämmen<br />

extrahiert worden <strong>und</strong> auf ihre Wirksamkeit überprüft worden. Meist sind auch die <strong>chemischen</strong><br />

Strukturen veröffentlicht worden. Beispielsweise zeigte Pseudoceratidin (Abbildung 3.9) eine EC 50<br />

bezüglich der Metamorphose von Seepockenlarven von 8 mg/L [82]. Die entsprechende Aktivität von<br />

Kupfer liegt bei EC 50 = 0,15 mg/L [83]. Verschiedene Analoga sind auf ihre antimikrobielle Aktivität<br />

überprüft worden, waren aber weniger wirksam [84] 7 .<br />

a)<br />

HO<br />

Br<br />

Br<br />

Br<br />

H<br />

N<br />

CH 3<br />

CH 2<br />

CH 3<br />

O<br />

Abb. 3.9. Strukturformel von Pseudoceratidin<br />

Cl<br />

NH<br />

CH 3<br />

HO<br />

b) CH 2<br />

Die Substanzen Ceratinamid A <strong>und</strong> Psammaplysin A wirkten auf die Ansiedlung von Seepocken mit<br />

EC 50-Werten von 0,1/0,27 mg/L [82]. Diese Substanzen haben eine noch weitaus komplexere Struktur<br />

als Pseudoceratidine.<br />

Für Polyacetylene aus Seeschwämmen sind verschiedenste biologische Aktivitäten bekannt,<br />

darunter auch antibakterielle <strong>und</strong> fungizide Wirkung, ATPase-Hemmung <strong>und</strong> Cytotoxizität. Für einige<br />

6<br />

Der Übergang zwischen Repellent <strong>und</strong> Biozid ist oft fließend. Beispielsweise wirken zerriebene Chrysanthemenblätter<br />

abstoßend auf Insekten, das aus ihnen extrahierte Pyrethrum ist ein Insektizid.<br />

7<br />

Im Verlauf dieser Studie ergab sich die Vermutung, daß der Effekt im Zusammenhang mit einer aus der<br />

Struktur abzuleitenden Bildung eines lipophilen Kupferkomplexes stehen könnte.<br />

21<br />

Br<br />

NH<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

CH 3<br />

NH<br />

O<br />

N<br />

H<br />

Br<br />

Br


dieser Stoffe sind Antifouling Effektkonzentrationen für Seepockenlarven von EC 50 = 0,2 - 0,7 mg/L<br />

veröffentlicht worden [85].<br />

Die Ansiedlung der Makroalge Ulva conglobata wurde durch Sphingosin-Konzentrationen von<br />

5 mg/L vollständig gehemmt [86]. Agelasine-Verbindungen zeigten ähnliche Effektkonzentrationen<br />

gegen Makroalgen [87].<br />

Zwei Isocyanokhalihinene zeigten mit EC 50-Werten von 87/95 µg/L eine höhere Aktivität gegen<br />

die Ansiedelung von Seepockenlarven als Kupfer [83].<br />

Entsprechende Ergebnisse <strong>des</strong> BRITE EURAM-Projektes, in dem ebenfalls Wirkstoffe aus<br />

Schwämmen untersucht werden, sind nicht bekannt. Eine Anfrage nach allgemeinen Informationen<br />

wurde nicht rechtzeitig beantwortet.<br />

Für drei solcher Stoffe, die aus Korallen isoliert wurden, sind Wirkkonzentrationen gegenüber der<br />

Ansiedlung von Seepockenlarven von EC 50 = 19 – 55 mg/L gef<strong>und</strong>en worden [88].<br />

Aus Seescheiden (Ascidien) isolierte Wirkstoffe mit häufig cytotoxischer Wirkung wurden u.a. als<br />

cyclische Oligopeptide identifiziert. Bei einem dieser Stoffe konnte nachgewiesen werden, daß die<br />

Kombination eines Pepti<strong>des</strong> mit einem Oxazolin-Ring für die cytotoxische Wirkung wesentlich ist.<br />

Interessant ist hier die Analogie zum Sea-Nine 211 welches einen Thiazolin-Ring aufweist, in dem im<br />

Vergleich zum Oxazolin nur ein Sauerstoff-Atom durch ein Schwefel-Atom ausgetauscht ist.<br />

3.8.4 Stoffe aus Landpflanzen<br />

Die relativ gute Verfügbarkeit von Stoffen, die aus Landpflanzen isoliert werden können, hat auch an<br />

dieser Stoffgruppe ein erhöhtes Interesse geweckt. In einer breit angelegten Studie wurden die<br />

Eigenschaften von verschiedensten, leicht erhältlichen Naturstoffen untersucht. Die Auswahl der<br />

untersuchten Stoffe beruhte auf der Auswertung der Literatur über diese Stoffe. Die Stoffgemische,<br />

die die Ansiedlung von Seepockenlarven <strong>und</strong> Miesmuscheln in vorausgehenden Bioassays am<br />

stärksten verminderten, wurden in verschiedenen Anstrichtypen getestet. Bei den Anstrichen, die nach<br />

12 Wochen noch eine deutliche Hemmung <strong>des</strong> Bewuchses erkennen ließen, war eine stark<br />

strömungsabhängige Zerstörung <strong>des</strong> Anstriches zu verzeichnen. Hauptproblem schien die<br />

Entwicklung einer geeigneten Trägermatrix zu sein [89].<br />

Abb. 3.10. Strukturformel von Farnesol<br />

OH<br />

Der lineare Sesquiterpenalkohol Farnesol (Abb. 3.10) wurde in einer Publikation in seiner<br />

Wirksamkeit mit TBTO <strong>und</strong> Sea-Nine TM 211 verglichen. Er wird in der Parfümindustrie eingesetzt,<br />

um den Duft von süßen, blütenähnlichen Parfümen zu betonen, ist aber auch als Juvenilhormon (JH)<br />

der Insekten bekannt. JH spielt bei der Morphogenese von Insekten <strong>und</strong> Krebstieren (auch von<br />

Seepocken) eine Rolle. Die EC 50-Werte bezüglich der Ansiedlung von Seepockenlarven waren für<br />

TBTO: 0,09 mg/L, für Sea-Nine 211: 0,33 mg/L <strong>und</strong> für Farnesol: 1,37 mg/L. In dieser Arbeit wurde<br />

Sea-Nine 211 wegen seines breiten Wirkungsspektrums als <strong>Stand</strong>ard für den Vergleich der<br />

biologischen Wirkungen von Antifouling-Bioziden vorgeschlagen [90].<br />

22


4 Varianten <strong>des</strong> <strong>chemischen</strong> <strong>Bewuchsschutzes</strong> für die<br />

Seeschifffahrt<br />

Die hier behandelten <strong>chemischen</strong> Antifouling-Beschichtungen, im Folgenden kurz Antifoulings,<br />

bestehen im allgemeinen aus einem mechanisch stabilen Bindemittel, der Matrix, eventuell<br />

farbgebenden Pigmenten <strong>und</strong> Antifouling-Wirkstoffen. Die Freisetzung eines Wirkstoffes ins Wasser<br />

wird durch die Menge <strong>und</strong> chemische Bindung in der Matrix, sowie gegebenenfalls durch deren<br />

Auflösungs- bzw. Abtragungsrate bestimmt.<br />

Eine Ausnahme bilden die rein metallischen Kupfer/Nickel-Legierungen. Die Anwendbarkeit<br />

dieser Materialien, die offenbar hervorragende Antifouling- <strong>und</strong> Antikorrosionseigenschaften<br />

aufweisen, wird durch ihr hohes spezifisches Gewicht beschränkt. Pilotanwendungen in Schweden<br />

<strong>und</strong> auf Fähren in Neuseeland sind über Jahre bewuchsfrei geblieben [12].<br />

Antifoulings mit beständiger (insoluble) Matrix auf der Basis von z.B. Vinylharzen sind in der<br />

gegenwärtigen Diskussion von untergeordneter Bedeutung. Deshalb werden hier nur Antifoulings<br />

betrachtet, deren Matrix durch chemische Hydrolyse oder bzw. <strong>und</strong> physikalische Beanspruchung<br />

während der Einsatzzeit abgetragen wird.. Die folgenen Abschnitte beruhen u.a. auf einer<br />

Veröffentlichung einer Mitarbeiterin <strong>des</strong> Herstellers Hempel [9].<br />

4.1 Antifoulings mit selbstpolierender Matrix<br />

Antifoulings mit Matrices, die sich im Lauf der Zeit in Wasser lösen <strong>und</strong> eine <strong>Stand</strong>zeit von 12-15<br />

Jahren erreichten, wurden seit den 30er Jahren dieses Jahrh<strong>und</strong>erts eingesetzt. Die Beschränkung der<br />

<strong>Stand</strong>zeit ergab sich aus der schnellen Auflösung <strong>und</strong> der geringen mechanischen Stabilität der als<br />

Matrix (Bindemittel) eingesetzten Harze.<br />

Die Einführung von Antifoulings mit selbspolierender Matrix in der Mitter der 70er Jahre war<br />

revolutionär. Durch den Einsatz von relativ hydrophoben TBT/Acrylat/Methacrylat-Kopolymeren<br />

wurde eine hohe mechanische Stabilität erreicht, die eine Auftragung großer Schichtdicken<br />

ermöglichte. TBT wird hier nicht durch Diffusion aus der aufgetragenen Schicht freigesetzt, sondern<br />

durch eine Kombination der steten hydrolytischen Auflösung <strong>des</strong> Anstrichs an der Oberfläche mit<br />

einem Ionenaustauschprozeß. Die Hydrolyse bewirkt, daß solche Anstriche auf der Oberfläche nicht<br />

durch Auswaschung aufgerauht werden, sondern stets relativ glatt sind. Die langsame hydrolytische<br />

Abtragung <strong>des</strong> Anstriches ermöglichte, daß mit diesen TBT-SPC-Antifoulings <strong>Stand</strong>zeiten von 5<br />

Jahren üblich geworden sind.<br />

Seit einigen Jahren sind auch TBT-freie Varianten von hydrolisierenden SPC-Antifoulings<br />

erhältlich. Die Angaben über die enthaltenen Wirkstoffe <strong>und</strong> deren Einbau in die Matrix sind zum<br />

Teil etwas verwirrend (siehe auch Kopien im Anhang)<br />

• Für das Antifouling Intersmooth Ecoloflex der Firma International Paint Ltd wurde beispielsweise<br />

auf einem Kongreß der American Chemical Society eine Einbindung <strong>des</strong> Kupfers durch Bindung<br />

an Carboxylgruppen <strong>des</strong> Acrylat-Kopolymers angegeben [40]. Abgesehen davon, daß aus<br />

chemischer Sicht eine Bindung <strong>des</strong> „weichen“ Kupfers an die „harten“ Carboxylatgruppen<br />

unwahrscheinlich erscheint, werden in dem englischen Verzeichnis der registrierten Antifoulings<br />

für diesen Anstrich nur Kupfer(I)oxid <strong>und</strong> Zink-Pyrithion als Wirkstoffe angegeben [6] <strong>und</strong> keine<br />

Kupferakrylate [42], wohingegen die TBT-Akrylate als solche verzeichnet sind.<br />

• Im Antifouling Exion der Firma Kansai Paint Co, Ltd wird das TBT-Akrylat-Kopolymer durch<br />

ein Zink-Akrylat-Kopolymer ersetzt. Die vertreibende Firma in Deutschland, Wilckens, gab in<br />

einer mündlichen Auskunft an, daß auch hier Kupfer(I)oxid enthalten sei. Es konnte nicht mehr<br />

geklärt werden, ob die toxischen Eigenschaften von Zink für die Effektivität von Exion eine Rolle<br />

23


spielen oder ob Zink nur zur Optimierung der hydrolytischen Abtragung <strong>des</strong> Kopolymers<br />

eingesetzt wird.<br />

Der Hersteller Hempel Paints Ltd hat Antifoulings im Angebot, die auf einer „hydrolysable zinc<br />

carboxylate polymer salt binder technology“ [43] basieren. Da hier nicht von einem Akrylat die Rede<br />

ist, bleibt offen, ob diese Technologie mit der von Exion vergleichbar ist, oder ob hier Zinksalze von<br />

Carboxylaten wie Octoat (Anion der 1-Oktansäure) als Wirkstoffe eingesetzt werden, wie sie in [6]<br />

verzeichnet sind.<br />

Weitere zinnfreie Antifoulings, die eine selbstpolierende Matrix aufweisen sind laut Hersteller-/<br />

Presseangaben Sigmaplane Ecol (Sigma Coatings) <strong>und</strong> Sea-Grand-Prix (Chugoku Marine Paints (UK)<br />

Ltd., nur in Japan erhältlich [91]).<br />

Alle genannten TBT-freien Anstriche enthalten neben Kupferverbindungen einen oder mehrere<br />

Cotoxicants wie Zink-Pyrithion, Sea-Nine 211, Irgarol 1051 oder andere.<br />

4.2 Antifoulings mit ablativer Matrix<br />

In den 80er Jahren sind die sogenannten ablativen Antifoulings (polishing/ablative antifoulings) auf<br />

dem Markt erschienen. Ihre Wirkungsweise beruht auch auf einer langsamen Abtragung der Matrix,<br />

allerdings werden im Verlauf <strong>des</strong> Auflösungsprozesses auch „micro-lumps“ freigesetzt [9], also kleine<br />

Partikel aus der Polymer-Matrix. Vergleiche der Rauhigkeit von selbstpolierenden <strong>und</strong> ablativen<br />

Antifoulings wurden nicht gef<strong>und</strong>en. Solche Antifoulings, wie z.B. ABC #3 (enthält Cu(I)oxid <strong>und</strong><br />

Ziram) der Firma Ameron B.V., werden in der US Navy eingesetzt. Aus den entsprechenden<br />

Herstellerunterlagen ließ sich ableiten, daß die Verhinderung der Bildung eines Schleimfilms nicht<br />

garantiert wird.<br />

4.3 Anwendbarkeit <strong>und</strong> Umweltwirkung zinnfreier Antifoulings<br />

Prinzipiell sind die unter 4.1 <strong>und</strong> 4.2 aufgeführten Typen von Antifouling für die Seeschiffahrt<br />

anwendbar. Die noch in der Entwicklung befindlichen Anstriche, bei denen Wirkstoffe eingekapselt<br />

werden oder eine Reservoir-Membran verwendet wird, könnten auch einen Einsatz von Wirkstoffen<br />

ermöglichen, die aufgr<strong>und</strong> ihrer <strong>chemischen</strong> Eigenschaften gar nicht oder nicht in den erforderlichen<br />

Mengen in die Polymer-Matrix eingebracht werden können. Entscheidend für Anwendbarkeit <strong>und</strong><br />

Umweltwirkung ist auch hier der zeitliche Verlauf der Freisetzungsrate. Möglicherweise werden<br />

solche Technologien mittelfristig dazu führen, daß das Kupfer vollständig durch organische<br />

Wirkstoffe ersetzt werden kann, die auch geringere Reichweiten aufweisen könnten.<br />

4.3.1 Umweltwirkung durch die Biozidabgabe<br />

In Bezug auf die Umweltwirkung der Antifoulings wurde eine vorläufige Rangfolge der<br />

Wirkstoffkombinationen aufgestellt. X steht für einen oder mehrere beliebige Wirkstoffe, H für<br />

Wirkstoffe mit relativ hohem Schädigungspotential, L für Wirkstoffe mit relativ niedrigem<br />

Schädigungspotential:<br />

TBT – X H,L > Cu - X H > Cu- X L > keine Wirkstoffe<br />

Im Rahmen dieser Studie konnten nicht alle in Frage kommenden Wirkstoffe beurteilt werden.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der Beurteilung der synthetisch hergestellten organischen Biozide (Kapitel 3.5) werden hier<br />

24


Zink-Pyrithion <strong>und</strong> Sea-Nine 211 zu den Wirkstoffen mit relativ hohem Schädigungspotential<br />

gerechnet, Irgarol® 1051 zu denen mit relativ niedrigem Schädigungspotential.<br />

Für die konkreten Umweltauswirkungen sind überdies die zeitlichen Verläufe der<br />

Freisetzungsraten der einzelnen Wirkstoffe von entscheidender Bedeutung.<br />

4.3.2 Suffizienz <strong>des</strong> <strong>Bewuchsschutzes</strong><br />

Ob der Bewuchsschutz ausreichend ist, hängt von den Anforderungen ab, die an ihn gestellt werden,<br />

<strong>und</strong> von der Leistungsfähigkeit <strong>des</strong> eingesetzten Antifouling. Durch den Einsatz der langfristig nicht<br />

akzeptablen TBT-Verbindungen sind die Anforderungen an <strong>Stand</strong>zeit der Antifoulings <strong>und</strong><br />

Vollständigkeit <strong>des</strong> <strong>Bewuchsschutzes</strong> zur Zeit vorgegeben. So wird heute erwartet, daß ein<br />

Antifouling ein Schiff fünf Jahre lang vollständig bewuchsfrei hält (siehe Teil 1 dieser Vorstudie).<br />

Tabelle 4.1 zeigt zum Vergleich zwei Berichte über den Einsatz von TBT-freien Antifoulings:<br />

Tabelle 4.1. Berichte über den Einsatz von TBT-freien Antifoulings<br />

Schiffstyp<br />

(Größe)<br />

Bulkcarrier<br />

(188 000 dwt)<br />

Schiffsname Anstrich (Hersteller) Zeitraum Bewuchs<br />

Katsuragi Maru Intersmooth Ecoloflex<br />

(International Paints)<br />

25<br />

37 Monate leichter Schleim [41, 42]<br />

VLCC British Resolution Seaguardian (Jotun) 34 Monate weitgehend bewuchsfrei,<br />

Flecken von grünem Schleim,<br />

keine merkliche Zunahme <strong>des</strong><br />

Treibstoffverbrauchs [92]<br />

Die Firma Ameron B.V. gibt auf ihr TBT-freies Anstrichsystem ABC #3 (Ablative Bottom Coating)<br />

eine Antifouling-Garantie für 36 Monate, vorausgesetzt, das Schiff ist a) nicht mehr als 21 Tage in<br />

Folge mit einer Reisegeschwindigkeit kleiner als 7 kn unterwegs <strong>und</strong> b) nicht mehr als 15 Tage in<br />

Folge stationär. Die Verhinderung der Bildung eines Schleimfilms wird nicht garantiert.<br />

Abgesehen von dieser Garantie wird ein Bewuchsschutz für bis zu 60 Monate angegeben. Sigma<br />

Coatings wirbt für sein TBT-freies Produkt Sigmaplane Ecol ebenfalls mit einer Garantie für 36<br />

Monate.


5 Ausblick<br />

Es ist nicht zu erwarten, daß eine einzige Variante <strong>des</strong> <strong>chemischen</strong> <strong>Bewuchsschutzes</strong> für alle<br />

Anwendungsbereiche die optimale Lösung darstellt. Schiffe, die nur auf Routen mit geringerem<br />

Bewuchsdruck unterwegs sind <strong>und</strong> nur kurze stationäre Zeiten haben, kommen mit einer<br />

Wirkstoffkombination mit kleinerem Schädigungspotential aus, als Schiffe, die in Gegenden mit<br />

hohem Bewuchsdruck unterwegs sind <strong>und</strong>/oder länger stationär sind.<br />

Zumin<strong>des</strong>t für Schiffe, die 30 Monate zwischen zwei Trockendockungen unterwegs sind,<br />

möglicherweise aber auch bis zu 60 Monate, sind inzwischen effektive, TBT-freie Antifoulings<br />

kommerziell erhältlich. Da diese Kupfer <strong>und</strong> andere Wirkstoffe enthalten, deren Auswirkungen auf<br />

die marine Umwelt zur Zeit wesentlich schlechter abgeschätzt werden können als die von TBT-<br />

Verbindungen, sind hier verstärkte Anstrengungen nötig, um eine gewisse Planungssicherheit<br />

bezüglich der zukünftigen Vertretbarkeit <strong>des</strong> Einsatzes dieser Wirkstoffe zu gewinnen.<br />

Bezüglich der Entwicklung von neuen, umweltfre<strong>und</strong>licheren Wirkstoffen soll noch einmal auf<br />

die Bedeutung <strong>des</strong> Kostenfaktors hingewiesen werden. Der Einsatz von sogenannten Altstoffen, die<br />

bereits vor 1981 auf dem Markt waren, wird dadurch begünstigt, daß für diese Stoffe gemäß dem<br />

Chemikaliengesetz nie die für die Anmeldung von neuen Stoffen erforderlichen Sicherheitsdaten zur<br />

Verfügung gestellt werden mußten. Ob dies neben Chlorthalonil, TCMTB, Zink-Pyrithion <strong>und</strong><br />

anderen „alten“ Fungiziden auch auf die Stoffe Sea-Nine 211 <strong>und</strong> Irgarol 1051 zutrifft, konnte im<br />

Rahmen dieser Vorstudie nicht geklärt werden. Die vergleichende Risikoanalyse von<br />

Antifoulingsystemen birgt drei Hauptschwierigkeiten:<br />

• Kupfer liegt seit langer Zeit in bestimmten Hintergr<strong>und</strong>konzentration in den Meeren vor.<br />

• Wie groß der biologisch aktive Anteil <strong>des</strong> Kupfers im Meerwasser ist, ist trotz beträchtlichen<br />

Forschungsaufwan<strong>des</strong> stark umstritten.<br />

• Beabsichtigte <strong>und</strong> unbeabsichtigte synergistische Effekte bestimmter Wirkstoffkombinationen<br />

sind mit den gängigen Konzepten der Risikoanalyse schlecht erfaßbar. Es existieren aber<br />

Hinweise auf die Existenz solcher Kombinationswirkungen. Möglicherweise treten diese auch nur<br />

in unmittelbarer Nähe <strong>des</strong> Schiffes auf, so daß die Reichweite der Wirkstoffe vergleichsweise<br />

klein wäre.<br />

Da die Vor- <strong>und</strong> Nachteile <strong>des</strong> <strong>chemischen</strong> <strong>Bewuchsschutzes</strong> gegen die Vor- <strong>und</strong> Nachteile von rein<br />

physikalischen Antifouling-Technologien abgewogen werden müssen, gewinnt die weitere Klärung<br />

der Risiken durch alternative biozidhaltige Antifoulings besondere Priorität.<br />

26


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