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Zeitschrift für Motopädagogik und Mototherapie - motorik.de

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<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Motopädagogik</strong> <strong>und</strong> <strong>Mototherapie</strong><br />

2<br />

30. Jahrgang<br />

Juni 2007<br />

Schwerpunkt<br />

Psycho<strong>motorik</strong><br />

in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

Offizielles Organ <strong>de</strong>s<br />

Aktionskreises<br />

Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

mit Mitteilungen <strong>de</strong>s<br />

Berufsverban<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r<br />

Diplom-Motologen <strong>und</strong><br />

Diplom-Motologinnen e. V.<br />

Richard Hammer<br />

Überblicksbeitrag<br />

Mechthild Denzer<br />

Sozialpädagogische<br />

Ausbildung<br />

Albert Müller<br />

Semisport<br />

Jörg Lesch<br />

Psycho<strong>motorik</strong><br />

in <strong>de</strong>r Praxis<br />

Sandra Klingler<br />

Sich fallen lassen<br />

Eilert von Busch<br />

Pausengestaltung<br />

in <strong>de</strong>r Schule<br />

Richard Hammer<br />

Ach ja, die Werte<br />

Mone Welsche/<br />

Cordula Stobbe/<br />

Georg Romer<br />

Bewegungsdiagnostik<br />

Rainer Wollny<br />

Trendbericht:<br />

Motorische<br />

Entwicklungsforschung<br />

Hofmann-Verlag<br />

Postfach 1360<br />

73603 Schorndorf


<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> <strong>Motopädagogik</strong> <strong>und</strong> <strong>Mototherapie</strong><br />

Offizielles Organ <strong>de</strong>s Aktionskreises<br />

Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

mit Mitteilungen <strong>de</strong>s Berufsverban<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r<br />

Dipl.-Motologen/innen e. V.<br />

Herausgeber:<br />

Aktionskreis Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

Geschäftsstelle: Kleiner Schratweg 32<br />

32657 Lemgo<br />

Tel. (0 52 61) 97 09 70, Fax (0 52 61) 97 09 72<br />

Geschäftsführen<strong>de</strong>r Redakteur:<br />

Prof. Dr. phil. Klaus Fischer<br />

Redaktion:<br />

Dipl.-Motologin Dorothee Beckmann-Neuhaus<br />

Wiss. Mitarb. Melanie Behrens<br />

Prof. Dr. phil. Ruth Haas<br />

Dipl.-Motologe Dr. Richard Hammer<br />

Dipl.-Motologe Holger Jessel<br />

Prof. Dr. phil. Heinz Mechling<br />

Prof. Dr. phil. Renate Zimmer<br />

Anschrift <strong>de</strong>r Redaktion:<br />

Prof. Dr. Klaus Fischer<br />

Haselhecke 50, 35041 Marburg<br />

Tel. (0 64 21) 2 33 32 (p), Tel. (02 21) 4 70 46 73 (d)<br />

Fax (0 64 21) 2 56 92 (p), Fax (02 21) 4 70 50 85 (d)<br />

E-Mail: Klaus.Fischer@uni-koeln.<strong>de</strong><br />

Erscheinungsweise: Vierteljährlich<br />

Bezugsbedingungen:<br />

Jahresabonnement (4 Ausgaben) e 39,60;<br />

Vorzugspreis <strong>für</strong> Studieren<strong>de</strong> e 36,–;<br />

Einzelheft e 11,– (jeweils zuzügl. Versandkosten).<br />

Für die Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Aktionskreises ist <strong>de</strong>r<br />

Bezugspreis <strong>de</strong>r <strong>Zeitschrift</strong> im Mitgliedsbeitrag<br />

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Januar 2005<br />

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Druckerei Hofmann<br />

Steinwasenstraße 6–8, D-73614 Schorndorf<br />

International Standard Serial Number:<br />

E 7518<br />

ISSN 0170-5792<br />

Copyright:<br />

© by Aktionskreis Psycho<strong>motorik</strong> e. V. Alle<br />

Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch in Über-<br />

setzungen, nur mit Genehmigung <strong>de</strong>r Redaktion.<br />

Die namentlich gekennzeichneten Beiträge geben<br />

nicht in je<strong>de</strong>m Falle die Meinung <strong>de</strong>r Redaktion<br />

wie<strong>de</strong>r. Die Redaktions behält sich vor, Leser-<br />

briefe gekürzt zu veröffentlichen <strong>und</strong> Manus-<br />

kripte redaktionell zu bearbeiten.<br />

Verlag:<br />

Hofmann GmbH & Co. KG<br />

Postfach 1360, D-73603 Schorndorf<br />

Tel. (0 71 81) 402-0, Fax (0 71 81) 402-111<br />

E-Mail: info@hofmann-verlag.<strong>de</strong><br />

Inhalt<br />

editorial e 57<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport als bewährte Maßnahme<br />

in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe Richard Hammer e 58<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als gestalten<strong>de</strong>s Element in <strong>de</strong>r sozialpädagogischen<br />

Ausbildung Mechthild Denzer e 63<br />

Der „Semisport“ – ein Besispiel wirkungsvoller<br />

Theorie-Praxis-Vernetzung im überregionalen<br />

Beratungs- <strong>und</strong> Behandlungszentrum<br />

(ÜBBZ) Würzburg Albert Mülller e 71<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als bewegungsorientiertes Angebot<br />

einer Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung<br />

Jörg Lesch e 80<br />

Sich fallen lassen – ein Thema in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe!? Sandra Klingler e 84<br />

Herzlich Willkommen im Stefan Kuntz-Stadion –<br />

o<strong>de</strong>r: Pausengestaltung in einer Schule <strong>für</strong><br />

Erziehungshilfe Eilert von Busch e 88<br />

Ach ja, die Werte Richard Hammer e 90<br />

„Und wer sieht uns?“ – Bewegungsdiagnostik<br />

<strong>für</strong> Jugendliche Mone Welsche/<br />

Cordula Stobbe/Georg Romer e 94<br />

Traditionen <strong>und</strong> gegenwärtige Trends <strong>de</strong>r motorischen<br />

Entwicklungsforschung in Deutschland<br />

Rainer Wollny e 102<br />

Buchbesprechungen / Neuerscheinungen e 112<br />

<strong>Zeitschrift</strong>enspiegel e 114<br />

Veranstaltungen e 116<br />

moto.logisch – Neues aus <strong>de</strong>m BVDM e 118<br />

Summaries + Résumés e 120<br />

ak’tuell e 1–6<br />

Titelbild:<br />

Albert Müller, Würzburg<br />

Die <strong>Zeitschrift</strong> MOTORIK wird auf chlorfrei<br />

gebleichtem Papier gedruckt.<br />

Bei dieser chlorfreien Bleiche <strong>de</strong>s Zellstoffs<br />

entstehen keine chlorierten organischen Verbindungen,<br />

die die Abwässer belasten könnten.


Editorial<br />

„Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe“: Der Aktionskreis<br />

Psycho<strong>motorik</strong> lädt ein zu seiner<br />

Fachtagung am 15. September 2007 in<br />

Würzburg.<br />

Veranstaltet wird diese Fachtagung<br />

gemeinsam mit <strong>de</strong>m ÜBBZ, einem<br />

überregionalen Beratungs- <strong>und</strong><br />

Behandlungszentrum, das seit vielen<br />

Jahrzehnten das Medium <strong>de</strong>s „Spiel-<br />

Sports“ als wesentliche pädagogischtherapeutische<br />

Maßnahme in ihr<br />

Konzept festgeschrieben hat. In<br />

Kooperation steht diese Veranstaltung<br />

mit <strong>de</strong>r Kath. Fachschule <strong>für</strong> Sozialpädagogik<br />

in Saarbrücken, an <strong>de</strong>r diesem<br />

Aspekt zur Entwicklung von Bewegungsfreu<strong>de</strong><br />

<strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit <strong>für</strong> die<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schüler aber auch<br />

als Schlüsselqualifikation <strong>für</strong> <strong>de</strong>ren<br />

berufliche Tätigkeit Rechnung getragen<br />

wird.<br />

Wir greifen damit ein wichtiges Thema<br />

auf, <strong>de</strong>nn es zeigt sich immer wie<strong>de</strong>r,<br />

dass bewegungsorientierte <strong>und</strong><br />

körperbezogene Maßnahmen, eingeb<strong>und</strong>en<br />

in das Spiel, ihre pädagogische<br />

<strong>und</strong> therapeutische Wirksamkeit<br />

entfalten – wenn sie eingeb<strong>und</strong>en sind<br />

in einen Alltag, <strong>de</strong>r diese Gr<strong>und</strong>i<strong>de</strong>en<br />

aufgreift <strong>und</strong> sie als Gr<strong>und</strong>lage einer<br />

Alltagsgestaltung zum Tragen kommen<br />

lässt. Dies gilt <strong>für</strong> unseren „alltäglichen<br />

Alltag“, dies gilt insbeson<strong>de</strong>re <strong>für</strong> das<br />

Arbeitsfeld <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe,<br />

da wir dort auf ein Klientel treffen, das<br />

über das Medium Körper <strong>und</strong> Bewegung<br />

eher zugänglich ist als über das Wort.<br />

Dass dies notwendig aber auch möglich<br />

ist, machen die folgen<strong>de</strong>n Beiträge<br />

<strong>de</strong>utlich.<br />

Dazu braucht es interessierte <strong>und</strong><br />

qualifizierte Erzieher/innen. Der Beitrag<br />

von Mechthild Denzer zur Ausbildung<br />

an einer Fachschule <strong>für</strong> Sozialpädagogik<br />

zeigt die Möglichkeiten auf, wie durch<br />

die entsprechen<strong>de</strong> Gestaltung dieser<br />

Ausbildung die Voraussetzungen da<strong>für</strong><br />

geschaffen wer<strong>de</strong>n können. Eine<br />

praktische Unterrichtsst<strong>und</strong>e zu diesem<br />

Thema wird von Paul-Georg Berthold<br />

geliefert.<br />

Albert Müller präzisiert <strong>und</strong> ver<strong>de</strong>utlicht<br />

dies an einem beson<strong>de</strong>ren Beispiel:<br />

angehen<strong>de</strong> Erzieher/innen haben die<br />

Möglichkeit unter professioneller<br />

Anleitung <strong>und</strong> Supervision Erfahrungen<br />

in einem psychomotorischen Arbeitsfeld<br />

zu machen – vielleicht um später die<br />

Arbeit <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>er besser<br />

verstehen <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren handlungsleiten<strong>de</strong><br />

Prinzipien in <strong>de</strong>n Gruppenalltag<br />

integrieren zu können?<br />

Jörg Lesch zeigt, wie die psychomotorische<br />

Entwicklungsbegleitung als<br />

therapeutische Maßnahme in <strong>de</strong>n<br />

gesamten Kontext einer Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendhilfeeinrichtung eingebettet<br />

wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Spannend liest sich <strong>de</strong>r Beitrag von<br />

Sandra Klingler die sehr differenziert<br />

schil<strong>de</strong>rt, welche Be<strong>de</strong>utung das Fallen,<br />

Loslassen <strong>und</strong> Aufgefangen wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong><br />

die Entwicklung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> somit<br />

auch <strong>für</strong> die konkrete Praxis in <strong>de</strong>r<br />

Psycho<strong>motorik</strong> hat.<br />

Eilert von Busch macht eine an<strong>de</strong>re<br />

Facette bewegungsorientierten<br />

Arbeitens <strong>de</strong>utlich. Er schil<strong>de</strong>rt die<br />

Pausengestaltung in einer Schule <strong>für</strong><br />

Erziehungshilfe, wobei hier aufgezeigt<br />

wird, welche Erleichterung dieses<br />

Bewegungsangebot <strong>für</strong> die Schüler,<br />

aber auch <strong>für</strong> die Lehrer bieten kann –<br />

nicht nur Erleichterung son<strong>de</strong>rn auch<br />

eine Möglichkeit verschie<strong>de</strong>ner Aspekte<br />

<strong>de</strong>r Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Ein weiteres Beispiel aus <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe bietet Richard<br />

Hammer, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Frage nachgeht, ob<br />

in <strong>de</strong>r psychomotorischen Praxis<br />

auch so etwas Abstraktes wie Werte<br />

vermittelt wird. Natürlich muss diese<br />

Frage bejaht wer<strong>de</strong>n, wie anhand <strong>de</strong>r<br />

Reflexion <strong>de</strong>s Arbeitsalltags eines<br />

Motologen gezeigt wird.<br />

Mone Welsche, Cordula Stobbe, <strong>und</strong><br />

Georg Romer beackern ein stark<br />

vernachlässigtes Feld: die Bewegungsdiagnostik<br />

<strong>für</strong> Jugendliche. Gibt es im<br />

Altersbereich <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r einige interessante<br />

Verfahren zur Motodiagnostik, so<br />

ist die Altersgruppe <strong>de</strong>r Jugendlichen<br />

motodiagnostisch gesehen eher ein<br />

Stiefkind. Hier wer<strong>de</strong>n einige Verfahren<br />

vorgestellt, welche <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Praktiker,<br />

<strong>de</strong>r mit Jugendlichen arbeitet sehr<br />

hilfreich sein kann. Umso mehr, da die<br />

Notwendigkeit einer Diagnostik<br />

zunehmend erkannt wird (vgl. Motorik<br />

2006/4).<br />

Der Beitrag von Rainer Wollny steht ein<br />

wenig neben <strong>de</strong>m inhaltlichen Schwerpunkt<br />

dieses Heftes, versteht sich<br />

jedoch als wichtige Ergänzung. Er zeigt<br />

in einem Überblicksartikel die Traditionen<br />

<strong>und</strong> gegenwärtige Trends <strong>de</strong>r<br />

motorischen Entwicklungsforschung in<br />

Deutschland auf <strong>und</strong> kann somit<br />

letztlich auch wie<strong>de</strong>r seine Rückwirkung<br />

auf die Psycho<strong>motorik</strong>er in <strong>de</strong>r<br />

Praxis haben.<br />

Richard Hammer<br />

57


58<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport als bewährte Maßnahme in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

Richard Hammer<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport als bewährte<br />

Maßnahme in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport haben eine lange Tradition in <strong>de</strong>r Heimerziehung.<br />

Dies zeigen einige Einblicke in die Arbeit von „Klassikern <strong>de</strong>r Heimerziehung“.<br />

Ein Überblick über die aktuelle Situation in Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtungen<br />

macht <strong>de</strong>utlich, dass dies auch heute noch gilt, dass – trotz positiver Ergebnisse<br />

aus Wirksamkeitsstudien – das Angebot bewegungsorientierter Maßnahmen<br />

allerdings auch (noch) keine Selbstverständlichkeit ist.<br />

Acht Jungen im Alter von etwa 10<br />

Jahren stürzen sich in die Turnhalle.<br />

Es ist die 4. Klasse einer Gr<strong>und</strong>schule<br />

mit so genannten „erziehungsschwierigen“<br />

Kin<strong>de</strong>rn. Wir treffen<br />

uns heute zu unserer ersten<br />

gemeinsamen „Sportst<strong>und</strong>e“. Ich<br />

stelle mich vor, will mit ihnen <strong>de</strong>n<br />

weiteren Verlauf <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e klären,<br />

also absprechen, was wir in <strong>de</strong>n<br />

nächsten 50 Minuten machen.<br />

Material, das Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>en<br />

in <strong>de</strong>r Regel so lebendig wer<strong>de</strong>n<br />

lassen, liegt noch nicht vor. Es ist<br />

<strong>de</strong>r Beginn <strong>de</strong>s Schuljahres <strong>und</strong> ich<br />

habe in dieser Einrichtung eben neu<br />

angefangen. Da die Kin<strong>de</strong>r miteinan<strong>de</strong>r<br />

spielen wollen, bleibt uns also<br />

die Wahl zwischen Fußball <strong>und</strong><br />

Hockey. Wir einigen uns, dass die<br />

St<strong>und</strong>e zu jeweils einer Hälfte mit<br />

einer dieser Aktivitäten ausgefüllt<br />

wer<strong>de</strong>n soll.<br />

Nach etwa einem 10-minütigen,<br />

sehr intensiven Fußballspiel beginnt<br />

die Stimmung in <strong>de</strong>r Gruppe zu<br />

eskalieren. Spannung war von<br />

Anfang an da: <strong>de</strong>r Verlust eines<br />

Balles o<strong>de</strong>r das Misslingen eines<br />

Torschusses erzeugt erhebliche<br />

Unruhe, Wutausbrüche sind nur<br />

knapp zu vermei<strong>de</strong>n. Als dann<br />

wie<strong>de</strong>r mal einem Kind <strong>de</strong>r Ball<br />

abgenommen wur<strong>de</strong> – verb<strong>und</strong>en<br />

mit einem Sturz -, war das Fass<br />

endgültig übergelaufen. Wutentbrannt<br />

stürzt es sich auf <strong>de</strong>n<br />

„Übeltäter“ <strong>und</strong> schlägt ihm brutal<br />

mit <strong>de</strong>r Faust ins Gesicht. Dieser<br />

heult empört auf <strong>und</strong> verlässt mit<br />

lautem Schimpfen die Turnhalle. Mit<br />

Mühe hole ich ihn zurück. Mit noch<br />

mehr Mühe gelingt es, wie<strong>de</strong>r einen<br />

Gesprächskreis zusammenzurufen.<br />

Wir sprechen das Geschehene durch<br />

<strong>und</strong> wollen es noch einmal gemeinsam<br />

versuchen.<br />

Diese St<strong>und</strong>en verliefen nicht immer so<br />

dramatisch, allerdings selten wie<br />

geplant. Und dies unterschei<strong>de</strong>t<br />

vermutlich in einem hohen Maße diese<br />

Bewegungsst<strong>und</strong>en von <strong>de</strong>nen einer<br />

Regelschule, in <strong>de</strong>nen es in erster Linie<br />

um die Erziehung zum Sport geht. Hier<br />

steht die Erziehung durch <strong>de</strong>n Sport im<br />

Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>. Bewegungs- <strong>und</strong> Spielangebote<br />

sind Mittel zum Zweck, sie<br />

„dienen“ in erster Linie <strong>de</strong>m Aufbau von<br />

Selbstkompetenz <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Entwicklung<br />

von sozialen Kompetenzen. Nicht <strong>de</strong>r<br />

Große Sportler steht im Focus <strong>de</strong>r pädagogischen<br />

(<strong>und</strong> therapeutischen)<br />

Tätigkeit son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Versuch, diesen<br />

Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen ein gewisses<br />

Maß an Ichstärke <strong>und</strong> Selbstbewusstsein<br />

zu vermitteln, das ihnen – zum<br />

großen Teil wegen ihrer Herkunft –<br />

nicht in die Wiege gelegt wur<strong>de</strong>. Sie<br />

sollen ihre Stärken kennen lernen <strong>und</strong><br />

sie auch gemeinsam mit <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren<br />

besser nutzen lernen. Als hervorragen<strong>de</strong>s<br />

Medium haben sich da<strong>für</strong><br />

bewegungsorientierte Angebote<br />

bewährt, wie ein kurzer Blick in die<br />

Geschichtsbücher zeigt.<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport haben eine<br />

lange Tradition in <strong>de</strong>r Heimerziehung.<br />

Dies liegt sicher zum einen daran, dass<br />

Bewegung <strong>und</strong> Spiel zu <strong>de</strong>n wesentlichen<br />

Elementen kindlicher Entwicklung<br />

gehören <strong>und</strong> dass auch Jugendliche<br />

die sportliche Bewegung als<br />

Medium <strong>de</strong>r Selbstentwicklung nutzen.<br />

Zum an<strong>de</strong>ren nutzten engagierte<br />

Heimerzieher ihre Vorlieben <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Sport zum Aufbau von Beziehungen zu<br />

ihren Zöglingen, die sie <strong>für</strong> ihre<br />

erzieherische Arbeit verwen<strong>de</strong>n<br />

konnten.<br />

So galt Don Bosco (1815–1888), <strong>de</strong>r<br />

1856 <strong>de</strong>n Salesianeror<strong>de</strong>n grün<strong>de</strong>te <strong>und</strong><br />

sich zeit seines Lebens als Priester um<br />

arme <strong>und</strong> vernachlässigte Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendliche kümmerte, als „magister<br />

ludi“ von hohen Gna<strong>de</strong>n, <strong>für</strong> <strong>de</strong>n das<br />

Spiel immer ein Element zur eigenen<br />

Freu<strong>de</strong> war. „Durch seine Zauberkünste,<br />

seine Artistik <strong>und</strong> durch sein meisterhaftes<br />

Ballspiel“ (Pöggeler 1987, 9)<br />

faszinierte er „seine“ Jungen <strong>und</strong><br />

konnte sie so an sich bin<strong>de</strong>n <strong>und</strong> sie<br />

„aus einem Leben in Elend <strong>und</strong> Kriminalität<br />

in ein Leben <strong>de</strong>r Hoffnung <strong>und</strong><br />

Menschlichkeit hineinführen“ (ebd.). Zu<br />

diesem Zweck richtete Don Bosco in<br />

Turin 1841 sein erstes „Oratorium“, eine<br />

Art Jugendzentrum, ein, in <strong>de</strong>m neben<br />

Katechismusunterricht v. a. die Möglichkeit<br />

zum Spiel geboten wur<strong>de</strong>.<br />

Für Don Bosco war also die Ausübung<br />

von Spiel <strong>und</strong> Sport ein zentrales<br />

Element seiner erzieherischen Arbeit.<br />

Sie war ihm sogar so wichtig, dass er<br />

die Beteiligung seiner Jungen als<br />

Maßstab <strong>für</strong> eine gute Erziehung<br />

betrachtete: „Ich bin mir meiner Sache<br />

nur sicher, wenn ich die Jungen in <strong>de</strong>r<br />

Freizeit fröhlich laufen <strong>und</strong> springen<br />

sehe“ (Don Bosco z. n. Weinschenk<br />

1980,151).<br />

Auch <strong>für</strong> Father E. J. Flanagan (1886–<br />

1948), <strong>de</strong>r als Begrün<strong>de</strong>r von Boys Town<br />

auf <strong>de</strong>m Gelän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r ca. 15 km von<br />

Omaha (USA) entfernten Overloo-Farm<br />

in die Geschichte <strong>de</strong>r Sozialerziehung<br />

einging, waren Spiel <strong>und</strong> Arbeit die<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Hilfen um mit <strong>de</strong>n<br />

Problemen <strong>de</strong>s Lebens besser fertig zu<br />

wer<strong>de</strong>n. Flanagan weiß, dass die<br />

Erziehung <strong>und</strong> Bildung <strong>de</strong>r Heranwachsen<strong>de</strong>n<br />

nicht über <strong>de</strong>n Kopf geleistet<br />

wer<strong>de</strong>n kann. Die Herausfor<strong>de</strong>rungen in<br />

<strong>de</strong>r spielerischen <strong>und</strong> sportlichen<br />

Betätigung waren <strong>für</strong> ihn ein Bestand-


teil seiner Pädagogik, die dazu beitragen<br />

sollten, die großen Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />

wie es die Selbstverwaltung von<br />

Boys Town verlangte, zu bewältigen.<br />

Anton S. Makarenko (1888–1939)<br />

wur<strong>de</strong> 1920 mit <strong>de</strong>m Aufbau <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Leitung einer Arbeitskolonie <strong>für</strong> min<strong>de</strong>rjährige<br />

Rechtsbrecher beauftragt.<br />

Wenig später benannte er diese Kolonie<br />

nach seinem Vorbild, <strong>de</strong>m Schriftsteller<br />

Maksim Gorkij. Als zentrales Element<br />

<strong>de</strong>s pädagogischen Prozesses wertete<br />

Makarenko das Kollektiv als Lebens-,<br />

Arbeits- <strong>und</strong> Erziehungsgemeinschaft.<br />

Spiel <strong>und</strong> Sport waren bei dieser<br />

Kollektiverziehung zwar auch ein<br />

Bestandteil <strong>de</strong>r Beschäftigungsformen,<br />

an<strong>de</strong>rs als bei Don Bosco o<strong>de</strong>r Flanagan<br />

scheinen sie jedoch zugunsten <strong>de</strong>r<br />

Erziehung durch Arbeit eher eine<br />

zurückgesetzte Rolle zu spielen. So<br />

wer<strong>de</strong>n „Spiele, Froebelsche Beschäftigungen“<br />

nur an „Sonn- <strong>und</strong> Feiertagen<br />

sowie an arbeitsfreien Tagen“ durchgeführt,<br />

die „Körpererziehung“, „Militärische<br />

Gymnastik“ <strong>und</strong> „Ordnungsübungen“<br />

sind darüber hinaus<br />

Bestandteil <strong>de</strong>r Erziehung zur <strong>und</strong> durch<br />

die Arbeit (vgl. Makarenko 1988, 26 f).<br />

Sport, Spiel <strong>und</strong> Bewegung scheinen <strong>für</strong><br />

Makarenko also v. a. im Dienste <strong>de</strong>s<br />

Ausgleichs von <strong>de</strong>r harten Arbeit <strong>und</strong><br />

im Sinne <strong>de</strong>r Disziplinierung gestan<strong>de</strong>n<br />

zu haben.<br />

Für Bruno Bettelheim war <strong>de</strong>r Körper-<br />

<strong>und</strong> Bewegungsausdruck von Kin<strong>de</strong>rn<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen in seiner Einrichtung<br />

ein wichtiger Bestandteil seiner<br />

diagnostischen <strong>und</strong> therapeutischen<br />

Tätigkeit (vgl. dazu ausführlich:<br />

Hammer 2003). Basierend auf <strong>de</strong>r<br />

psychoanalytischen Theorie <strong>de</strong>s Ich,<br />

verstand er „die Entwicklung einer<br />

Körpervorstellung als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die<br />

Ich-Bildung“ (Bettelheim 1971, 111). Er<br />

legte <strong>de</strong>shalb beson<strong>de</strong>ren Wert auf die<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Körperfunktionen <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r Bewegungsfähigkeit <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r,<br />

<strong>de</strong>nn ein schlecht funktionieren<strong>de</strong>r<br />

Körper hat in <strong>de</strong>r Regel ein schwaches<br />

Ich zur Folge <strong>und</strong> umgekehrt kann ein<br />

schwaches Ich „schlechte körperliche<br />

Koordination nach sich ziehen“(ebd.).<br />

Ein wesentliches Ziel seines therapeutischen<br />

Angebotes lag <strong>de</strong>shalb im<br />

Erwerb freier Beweglichkeit <strong>und</strong> Beherrschung<br />

<strong>de</strong>r Körperfunktionen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen. Denn erst „sobald ein<br />

Kind die Fähigkeit erworben hat, sich<br />

frei zu bewegen <strong>und</strong> zu an<strong>de</strong>ren<br />

Menschen in Beziehung zu treten,<br />

pflegt es auch zum Spielen fähig zu<br />

sein“ (ebd., 203). Erst mit <strong>de</strong>r Fähigkeit<br />

zum Spielen eröffnen sich <strong>für</strong> das Kind<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Jugendlichen weitere Entwicklungschancen.<br />

Neben dieser therapeutischen<br />

Funktion <strong>de</strong>s Sports, die hilft,<br />

die Vergangenheit aufzuarbeiten, sich<br />

mit <strong>de</strong>r Gegenwart auseinan<strong>de</strong>rzusetzen<br />

<strong>und</strong> sich auf die Zukunft vorzubereiten,<br />

bieten sich darüber hinaus<br />

vielfältige Gelegenheiten, soziale<br />

Beziehungen anzuknüpfen <strong>und</strong> die<br />

Fähigkeit zur Lösung sozialer Konflikte<br />

zu erwerben. Dies <strong>und</strong> die zunehmen<strong>de</strong><br />

Beherrschung neuer Fertigkeiten im<br />

Sport tragen wesentlich zur Steigerung<br />

<strong>de</strong>s Selbstvertrauens bei <strong>und</strong> können<br />

dadurch zu einer weiteren Stabilisierung<br />

<strong>de</strong>r Ich-Stärke führen. Damit fällt<br />

es <strong>de</strong>m Kind auch leichter, sich in <strong>de</strong>r<br />

Außenwelt zu bewegen <strong>und</strong> auch dort<br />

Freizeitgelegenheiten zu nutzen wie<br />

Schwimmen, Turnen o<strong>de</strong>r Eislaufen.<br />

Obwohl diese zunächst sehr mit Angst<br />

<strong>und</strong> Unsicherheit behaftet sind bieten<br />

sie <strong>de</strong>nnoch die Möglichkeit, zunehmen<strong>de</strong><br />

Sicherheit im Auftreten außerhalb<br />

<strong>de</strong>s Heimgelän<strong>de</strong>s zu erwerben<br />

(vgl. ebd., 274 f).<br />

Redl <strong>und</strong> Wineman, die in ihrem Buch<br />

„Kin<strong>de</strong>r die hassen“ (1984) ihre<br />

gemeinsame Arbeit mit erziehungsschwierigen<br />

Kin<strong>de</strong>rn im Pioneer House<br />

in Detroit beschreiben, orientieren sich<br />

wie Bettelheim an <strong>de</strong>r psychoanalytischen<br />

Ich-Theorie. Vom sportlichen<br />

Angebot erwarten sie sich eine Ich-<br />

Stärkung ihrer Jugendlichen, d. h. „ein<br />

allmähliches Nachlassen <strong>de</strong>r Triebbedürfnisse“<br />

(ebd. 232). Wesentliche<br />

Be<strong>de</strong>utung haben diese Aktivitäten, die,<br />

<strong>de</strong>r Ich-Schwäche <strong>de</strong>r Jugendlichen<br />

zufolge, sich auf motorischer Ebene<br />

abspielen müssen, sofortige Triebbefriedigung<br />

<strong>und</strong> rasche Zielerreichung<br />

gewährleisten müssen, v. a. in <strong>de</strong>r<br />

Anfangsphase <strong>de</strong>r Heimunterbringung.<br />

Auffallend war, dass die Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendlichen zu Beginn <strong>de</strong>r Heimaufnahme<br />

v. a. allem Aktivitäten bevorzugten,<br />

die wenig strukturiert waren<br />

<strong>und</strong> „die es <strong>de</strong>n Jungen ermöglichten,<br />

das zu erreichen, was als ,rasche<br />

Triebbefriedigung´ bezeichnet wor<strong>de</strong>n<br />

ist <strong>und</strong> was als solche einen hohen<br />

Ableitungswert <strong>für</strong> spannungsbestimmte<br />

Triebstrukturen hatte“ (ebd.<br />

237). Später gewannen eher ruhigere<br />

Spiele an Beliebtheit. Das Bedürfnis ,<br />

„sich <strong>de</strong>s unstrukturierten, stark mit<br />

Erregung gela<strong>de</strong>nen Typus <strong>de</strong>r Aktivität<br />

hinzugeben, (...) wur<strong>de</strong> anscheinend<br />

ersetzt durch eine größere Fähigkeit,<br />

aus <strong>de</strong>n ruhigen, psychologisch<br />

komplexeren Spielen wie Karten,<br />

Puzzles <strong>und</strong> Rätselspielen Befriedigung<br />

zu beziehen“ (ebd.).<br />

Sport, Spiel <strong>und</strong> Bewegung waren also<br />

auch in Redl´s Konzeption von zentraler<br />

Be<strong>de</strong>utung. Im körperlichen Ausdruck<br />

konnten Probleme von Vergangenheit<br />

<strong>und</strong> Gegenwart bearbeitet <strong>und</strong> wichtige<br />

Schritte <strong>für</strong> die zukünftige Entwicklung<br />

gemacht wer<strong>de</strong>n. Die Möglichkeiten zur<br />

Kontaktaufnahme mit Gleichaltrigen<br />

<strong>und</strong> Erwachsenen innerhalb <strong>und</strong><br />

außerhalb <strong>de</strong>s Heimes wur<strong>de</strong>n ebenso<br />

genutzt wie die Formen <strong>de</strong>r Selbstdarstellung,<br />

was bei<strong>de</strong>s in erheblichem<br />

Maße zur Steigerung <strong>de</strong>s Selbstwertgefühls<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ich-Stärke beitragen.<br />

Dieser Blick in die Geschichte zeigt,<br />

dass Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport schon<br />

seit Jahrh<strong>und</strong>erten einen beson<strong>de</strong>ren<br />

Stellenwert <strong>für</strong> die Erziehung von<br />

„Problemkin<strong>de</strong>rn“ hat (vgl. dazu<br />

ausführlich Hammer 1995). Heute<br />

gewinnt diese Sichtweise in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe zunehmend an<br />

Be<strong>de</strong>utung. Auch dies ist nicht neu.<br />

Schon bei <strong>de</strong>r 9. B<strong>und</strong>estagung „Heim-<br />

<strong>und</strong> Heilerziehung“ 1964 in München<br />

wur<strong>de</strong>n „Leib <strong>und</strong> Leiblichkeit in <strong>de</strong>r<br />

Erziehung“ in <strong>de</strong>n Mittelpunkt <strong>de</strong>r<br />

Richard Hammer<br />

Dipl.-Motologe, Lehrer Sek II Sport<br />

<strong>und</strong> Physik, Ausbildung in Gestalttherapie<br />

<strong>und</strong> Systemische Paar- <strong>und</strong><br />

Familientherapie, Dozent <strong>de</strong>r akM,<br />

1. Vorsitzen<strong>de</strong>r AKP<br />

Anschrift <strong>de</strong>s Verfassers:<br />

Kath. Fachschule <strong>für</strong> Sozialpädagogik<br />

St.-Josef-Str. 11<br />

66115 Saarbrücken<br />

59


60<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport als bewährte Maßnahme in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

Veranstaltung gestellt (vgl. Flosdorf<br />

1964). Die Teilnahme von mehr als<br />

1200 Heimerziehern mag als Hinweis<br />

da<strong>für</strong> gelten, dass dies auch in <strong>de</strong>r<br />

Praxis <strong>de</strong>r Heimerziehung als zentrale<br />

Frage behan<strong>de</strong>lt wur<strong>de</strong>. Bei <strong>de</strong>r Tagung<br />

wur<strong>de</strong> aus theologischer, biologischer,<br />

pädagogischer <strong>und</strong> medizinischer Sicht<br />

„Leib <strong>und</strong> Leiblichkeit“ betrachtet. In<br />

vielen Arbeitsgemeinschaften wur<strong>de</strong>n<br />

Themen zur Be<strong>de</strong>utung von Bewegung,<br />

Spiel <strong>und</strong> Sport <strong>für</strong> die kindliche<br />

Entwicklung, <strong>für</strong> die Sexualität, Aspekte<br />

<strong>de</strong>r Schönheits- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitspflege<br />

im Heim etc. behan<strong>de</strong>lt. Beson<strong>de</strong>re<br />

Aufmerksamkeit erhielten die Beiträge<br />

von P. Flosdorf <strong>und</strong> H. Rie<strong>de</strong>r, die sich<br />

seit Anfang <strong>de</strong>r 60er Jahre als Heimleiter<br />

<strong>und</strong> Psychologe (Flosdorf) <strong>und</strong> als<br />

ehemaliger Leistungssportler <strong>und</strong> Sportwissenschaftler<br />

(Rie<strong>de</strong>r) <strong>de</strong>m Bereich<br />

von Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r<br />

Heimerziehung in beson<strong>de</strong>rer Weise<br />

verpflichtet sahen.<br />

In enger Kooperation entwickelten sie<br />

in <strong>de</strong>r „Psychotherapeutisch-Heilpädagogischen<br />

Station“ in Würzburg das<br />

Konzept eines „heilpädagogischen<br />

Spielsports“, bei <strong>de</strong>m <strong>de</strong>r „Sport,<br />

insbeson<strong>de</strong>re Spielsport, in die Konzeption<br />

therapeutischer Heimerziehung“<br />

integriert wur<strong>de</strong> (Flosdorf/Rie<strong>de</strong>r 1990,<br />

39; Rie<strong>de</strong>r 2003). Ergänzt durch<br />

erlebnispädagogische Angebote wie<br />

Radfahren, Zeltlager <strong>und</strong> Nachtwan<strong>de</strong>rungen<br />

entstand im St. Josephs Haus in<br />

Würzburg unter Mitarbeit von Müller<br />

(1988) das Konzept eines heilpädagogischen<br />

Spielsports, <strong>de</strong>r „versucht,<br />

kompensatorische Rahmenbedingungen<br />

zu schaffen, die <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn, die <strong>für</strong> ihr<br />

Alter <strong>und</strong> <strong>für</strong> ihre Reifung nötigen<br />

psychomotorischen <strong>und</strong> psychosozialen<br />

Lernerfahrungen ermöglichten“<br />

(Flosdorf 1988, 227, Müller 2003,<br />

505 ff).<br />

Als weiteres gelungenes Beispiel,<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport zur Persönlichkeitsbildung<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe einzusetzen mag das<br />

St. Josephs Haus in Klein-Zimmern<br />

gelten. Hier wur<strong>de</strong>n Sportarten wie<br />

Schwimmen, Mannschaftsspiele,<br />

Kampfsportarten, beson<strong>de</strong>re Unternehmungen<br />

wie Radtouren, Gelän<strong>de</strong>spiele,<br />

Skifreizeiten, darüber hinaus noch<br />

Sportakrobatik <strong>und</strong> Trampolinspringen<br />

mit <strong>de</strong>r Absicht angeboten, die hohe<br />

Erlebnisintensität dieser Sportarten zu<br />

nutzen <strong>und</strong> sie <strong>für</strong> die Entwicklung von<br />

Ich-, Sach- <strong>und</strong> Sozialkompetenz, die<br />

drei Säulen menschlicher Handlungskompetenz,<br />

einzusetzen. Vor <strong>de</strong>m<br />

Hintergr<strong>und</strong> dieser Zielsetzung dürfen<br />

die Sportarten nicht im Sinne <strong>de</strong>r<br />

Vermittlung von Techniken o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Leistungsoptimierung angeboten<br />

wer<strong>de</strong>n, son<strong>de</strong>rn so, dass das Kind o<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Jugendliche im sportlichen Tun<br />

seinen Körper, sich selbst, in Ruhe <strong>und</strong><br />

Bewegung erfährt <strong>und</strong> sich durch <strong>und</strong><br />

mit seinem Körper die materiale<br />

Umwelt aneignet <strong>und</strong> soziale Kontakte<br />

knüpfen kann. Im beson<strong>de</strong>ren Maße<br />

wur<strong>de</strong> im St. Josephs Haus die Sportakrobatik<br />

als „paradigmatisch-motopädagogisches<br />

Arbeitsfeld in <strong>de</strong>r<br />

Heimerziehung“ angeboten. Sie eignet<br />

sich im beson<strong>de</strong>ren Maße <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Einsatz innerhalb <strong>de</strong>r Heimerziehung,<br />

weil sie „neben <strong>de</strong>r Schulung <strong>de</strong>r<br />

motorischen Gr<strong>und</strong>eigenschaften als<br />

beliebig kombinierbare Partner- <strong>und</strong><br />

Gruppenarbeit praktizierbar ist“ (Knab<br />

1983, 56; Knab 2003). Darüber hinaus<br />

kann hier in einem beson<strong>de</strong>ren Maße<br />

über <strong>de</strong>n Körper <strong>de</strong>r Kontakt nicht nur<br />

zum gleichaltrigen Jugendlichen,<br />

son<strong>de</strong>rn vor allem auch zum erwachsenen<br />

Erzieher o<strong>de</strong>r Sportlehrer aufgenommen<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Auch im Haus Carl Sonnenstein in<br />

Fritzlar (vgl. Joans o. J.) zählt die<br />

psychomotorische Entwicklungsbegleitung<br />

zum festen Bestandteil gruppenergänzen<strong>de</strong>r<br />

Maßnahmen. Hier wer<strong>de</strong>n in<br />

Einzel- <strong>und</strong> Gruppenför<strong>de</strong>rung, sowie<br />

als themenbezogene För<strong>de</strong>rangebote<br />

von einem Motologen bewegungsorientierte<br />

<strong>und</strong> körperbezogene Angebote<br />

gemacht, die <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn bei <strong>de</strong>r<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Stabilisierung ihrer<br />

Persönlichkeit helfen sollen. Über<br />

gezielte Angebote zur Wahrnehmung<br />

<strong>und</strong> Bewegung <strong>de</strong>s eigenen Körpers <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>r<br />

Umwelt wird ein wesentlicher Beitrag<br />

zur För<strong>de</strong>rung von Selbstbestimmung<br />

<strong>und</strong> Selbstständigkeit sowie <strong>de</strong>r<br />

Handlungskompetenz im sozialen<br />

Bereich geleistet. Die Gestaltung von<br />

Spielsituationen soll hierbei die Kin<strong>de</strong>r<br />

anregen, sich aktiv han<strong>de</strong>lnd seine<br />

Umwelt zu erschließen, um – ihren<br />

Interessen, Wünschen <strong>und</strong> Bedürfnissen<br />

gemäß – sinnvoll auf sie einwirken zu<br />

können.<br />

Im Pallotti-Haus in Neunkirchen (Saar)<br />

ist die „Psycho<strong>motorik</strong>“ – neben <strong>de</strong>m<br />

erzieherischen Alltag, <strong>de</strong>r systemischen<br />

Familientherapie, <strong>de</strong>r Erlebnispädagogik<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r religiösen Erziehung - eine <strong>de</strong>r<br />

tragen<strong>de</strong>n Säulen dieser Jugendhilfeeinrichtung.<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport<br />

spielen <strong>für</strong> die Freizeitaktivitäten eine<br />

wesentliche Rolle: die Kin<strong>de</strong>r können<br />

sich hier aus einem vielfältigen Angebot<br />

Aktivitäten aussuchen, die ihren<br />

augenblicklichen Neigungen <strong>und</strong><br />

Fähigkeiten entsprechen. Kanufahrten,<br />

Klettertouren, Wan<strong>de</strong>rungen o<strong>de</strong>r –<br />

abhängig von <strong>de</strong>r Saison – auch Ski-<br />

<strong>und</strong> Schlittschuhfahren o<strong>de</strong>r Segeltörns<br />

wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Regel gemeinsam von<br />

Gruppenerzieher/innen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n<br />

psychomotorischen Fachkräften <strong>de</strong>r<br />

Einrichtung durchgeführt. Ein regelmäßig<br />

stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>r Spielenachmittag mit<br />

Spiel- <strong>und</strong> Bewegungsmöglichkeiten in<br />

<strong>de</strong>r Turnhalle fin<strong>de</strong>t bei <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn<br />

ebenso großen Anklang, wie <strong>de</strong>r –<br />

inzwischen selbstverwaltete – Clubraum,<br />

in <strong>de</strong>m sich die Jugendlichen<br />

treffen, um sich zu unterhalten <strong>und</strong> ihre<br />

Körper im Rhythmus von Techno- <strong>und</strong><br />

Heavy-Metall-Musik zu bewegen.<br />

Als beson<strong>de</strong>re Maßnahme <strong>de</strong>s „gruppenergänzen<strong>de</strong>n<br />

Dienstes“ wird die<br />

„psychomotorische Entwicklungsbegleitung“<br />

angeboten, die als bewegungsorientiertes<br />

<strong>und</strong> körperbezogenes Spiel<br />

gestaltet wird. Bewusst zur Verfügung<br />

gestellte Materialien regen zu unterschiedlichen<br />

Spielaktivitäten an <strong>und</strong><br />

können von <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn entsprechend<br />

ihrer aktuellen Interessen <strong>und</strong> Bedürfnisse<br />

genutzt wer<strong>de</strong>n. Unter diesen<br />

Voraussetzungen entwickelt sich<br />

innerhalb <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>e ein<br />

Spiel, in <strong>de</strong>m die Kin<strong>de</strong>r – in Einzelsituationen<br />

o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Gruppe – ihre<br />

Probleme darstellen <strong>und</strong> bearbeiten<br />

können. Dabei folgt <strong>de</strong>r Erwachsene in<br />

einer weitgehend offenen Situation <strong>de</strong>n<br />

Impulsen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> lässt somit die<br />

„heilen<strong>de</strong>n Kräfte im kindlichen Spiel“<br />

wirksam wer<strong>de</strong>n (vgl. dazu ausführlich<br />

Hammer 2001).<br />

Weitere gute Beispiele <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Einsatz<br />

von Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport als<br />

pädagogisches <strong>und</strong> therapeutisches<br />

Medium in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

fin<strong>de</strong>n sich in <strong>de</strong>m kürzlich erschienenen<br />

Buch von Dräbing (2006).<br />

Bewegungsorientierte Angebote wie<br />

Psycho<strong>motorik</strong>, Kletter-, Sprung- <strong>und</strong><br />

Schwinganfor<strong>de</strong>rungen, Schwimmen,<br />

kreative Körperarbeit, Tanz <strong>und</strong><br />

alternative Leichtathletik zeigen die<br />

Vielfalt an Einsatzmöglichkeiten (vgl.


ebd. S. 349–441). Dies ist jedoch kein<br />

Gr<strong>und</strong> in zu große Euphorie auszubrechen.<br />

Mit einem kritischen Blick<br />

verweist Dräbing auf eine „Misere im<br />

Heimsport“ (ebd., S. 58 ff), welche sich<br />

als Folge <strong>de</strong>s KJHG in <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>r<br />

Heimerziehung entwickelt hat. Zum<br />

einen wur<strong>de</strong>n Sportlehrerstellen<br />

abgebaut, die notwendigen Fachkräfte<br />

<strong>für</strong> die Aufrechterhaltung <strong>de</strong>s Sportbetriebes<br />

wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Gruppendienst<br />

integriert. Zum an<strong>de</strong>ren führte die (im<br />

Prinzip richtige) Dezentralisierung <strong>de</strong>r<br />

Einrichtungen dazu, dass oft nicht mehr<br />

genügend Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche<br />

anwesend waren um gemeinsam<br />

Mannschaftssport zu treiben. Die<br />

Selbstverständlichkeit, sich in <strong>de</strong>r freien<br />

Zeit auf <strong>de</strong>m Sportplatz zu treffen fällt<br />

weg. Bewegungsaktivitäten müssen<br />

gezielt organisiert wer<strong>de</strong>n – <strong>und</strong> dazu<br />

fehlt häufig das Personal.<br />

Hoffnung macht aber, dass – nach<strong>de</strong>m<br />

in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeszene<br />

jahrelang nur über Strukturen <strong>und</strong><br />

Qualitätssicherung diskutiert wur<strong>de</strong> –<br />

anscheinend die unmittelbare Arbeit<br />

Ernst-Kiphard-Berufskolleg<br />

Fachschule <strong>für</strong> Motopädie<br />

Motorik.qxd 29.05.2007 14:23 Uhr Seite 1<br />

mit <strong>de</strong>m Kind <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Jugendlichen<br />

wie<strong>de</strong>r mehr Aufmerksamkeit bekommen:<br />

die <strong>Zeitschrift</strong> „unsere jugend“<br />

widmet ihre Ausgabe 2006/6 <strong>de</strong>m<br />

Schwerpunkt „Jugend <strong>und</strong> Sport“ <strong>und</strong><br />

das „Forum Erziehungshilfen“ (2007/1),<br />

herausgegeben von <strong>de</strong>r IGFH, stellt das<br />

Thema „Körperlichkeit“ in <strong>de</strong>n Mittelpunkt,<br />

womit die Be<strong>de</strong>utung von Körper<br />

<strong>und</strong> Bewegung in <strong>de</strong>r pädagogischen<br />

<strong>und</strong> therapeutischen Arbeit hervor<br />

gehoben wird. Unterstützt wird diese<br />

Hoffnung durch die Realität <strong>de</strong>s Alltags<br />

in <strong>de</strong>r Heimerziehung. In <strong>de</strong>n seit vielen<br />

Jahren vom Institut <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendhilfe (Mainz) unternommenen<br />

Evaluationsstudien erzieherischer Hilfen<br />

(EVAS) stellt sich heraus, dass knapp die<br />

Hälfte aller Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen in<br />

Heimen eine o<strong>de</strong>r mehrere bewegungspädagogische<br />

Interventionen in<br />

Anspruch nehmen. „In Tagesgruppen<br />

<strong>und</strong> Geschlossener Unterbringung<br />

überschreiten die Werte beträchtliche<br />

60%, in <strong>de</strong>r Heimerziehung liegen sie<br />

immer noch bei über 40%“ (Macsenaere<br />

2006, 198).<br />

Anne Söller<br />

Zeig, was Du kannst<br />

Die Behandlung von Säuglingen <strong>und</strong> Kin<strong>de</strong>rn nach <strong>de</strong>m<br />

Bobath-Konzept<br />

317 Seiten mit 387 Abb., kart., EUR 32,-<br />

ISBN 978-3-7905-0945-8<br />

Dieses Buch führt auf f<strong>und</strong>ierte <strong>und</strong> einfühlsame Weise in<br />

das ganzheitlich orientierte Bobath-Konzept ein. Dabei<br />

berücksichtigt es neueste Erkenntnisse über Lernprozesse<br />

<strong>und</strong> Regenerationsmöglichkeiten <strong>de</strong>s geschädigten Gehirns.<br />

Gera<strong>de</strong> im Umgang mit Babys <strong>und</strong> behin<strong>de</strong>rten Kin<strong>de</strong>rn hat<br />

sich das Bobath-Konzept in <strong>de</strong>r Praxis bestens bewährt. Es<br />

zeigt, wie Therapeuten <strong>und</strong> Eltern ihr Kind – auch wenn es<br />

behin<strong>de</strong>rt ist – mit Handling <strong>und</strong> vielfältigen Anregungen<br />

liebevoll dabei unterstützen können, seine Fähigkeiten voll<br />

zu entfalten. Eine Fülle praktischer Beispiele wird durch<br />

viele Fotos anschaulich.<br />

C O U P O N<br />

Die folgen<strong>de</strong>n Beiträge machen<br />

<strong>de</strong>utlich, dass es nicht nur notwendig<br />

ist im Arbeitsfeld <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendhilfe Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport<br />

anzubieten, son<strong>de</strong>rn auch möglich. Es<br />

braucht dazu interessierte <strong>und</strong> qualifizierte<br />

Erzieher/innen. Der Beitrag von<br />

Mechthild Denzer zur Ausbildung von<br />

Erzieher/innen an einer Fachschule <strong>für</strong><br />

Sozialpädagogik zeigt die Möglichkeiten<br />

auf, wie durch die entsprechen<strong>de</strong><br />

Gestaltung dieser Ausbildung die<br />

Gr<strong>und</strong>lagen da<strong>für</strong> gelegt wer<strong>de</strong>n<br />

können.<br />

Albert Müller präzisiert <strong>und</strong> ver<strong>de</strong>utlicht<br />

dies an einem beson<strong>de</strong>ren Beispiel:<br />

angehen<strong>de</strong> Erzieher/innen haben die<br />

Möglichkeit unter professioneller<br />

Anleitung <strong>und</strong> Supervision Erfahrungen<br />

in einem psychomotorischen Arbeitsfeld<br />

zu machen – vielleicht um später die<br />

Arbeit <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>er besser<br />

verstehen <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren handlungsleiten<strong>de</strong><br />

Prinzipien in <strong>de</strong>n Gruppenalltag<br />

integrieren zu können.<br />

Jörg Lesch zeigt am Beispiel einer<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung,<br />

Dortm<strong>und</strong>er Berufskolleg <strong>für</strong> Gymnastik <strong>und</strong> Motopädie gGmbH<br />

Berufsweiterbildung – Motopädie<br />

Vollzeit – Teilzeit<br />

Staatl. anerkannte/r Motopä<strong>de</strong>/in<br />

Fachkraft <strong>für</strong> <strong>Motopädagogik</strong> <strong>und</strong> <strong>Mototherapie</strong><br />

auf psychomotorischer Basis<br />

Ernst-Kiphard-Berufskolleg<br />

Dortm<strong>und</strong>er Fachschule <strong>für</strong> Motopädie<br />

Beginn: August 2007<br />

Dauer: 1 Jahr Vollzeit; 2 Jahre Teilzeit<br />

Voraussetzung: Fachausbildung Sozial- <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heitswesen;<br />

Sport- <strong>und</strong> Gymnastiklehrer; 1 Jahr Berufspraxis<br />

Weiterqualifizierung – Motopädie<br />

Kurse – Seminare – Workshops<br />

Fortbildungsangebote<br />

<strong>für</strong> Berufsgruppen <strong>de</strong>r Sozial- <strong>und</strong> Heilpädagogik,<br />

Sprach- <strong>und</strong> Bewegungstherapie, Motopädie, <strong>Mototherapie</strong><br />

Auszug aus unserem Programm:<br />

Kursreihen<br />

Psychomotorische Bewegungserziehung, <strong>Mototherapie</strong><br />

mit Kin<strong>de</strong>rn/Erwachsenen, Entspannungspädagogik<br />

Seminare, Workshops<br />

Arbeit mit spezifischen Klientel, Motorische Entwicklung,<br />

För<strong>de</strong>rdiagnostik, Trampolinkurse<br />

Ernst-Kiphard-Berufskolleg<br />

Victor-Toyka-Str. 6 · 44139 Dortm<strong>und</strong><br />

Tel. 0231/103870 · Fax<br />

0231/103903<br />

E-Mail: info@motopaedieschule.<strong>de</strong><br />

Internet: www.motopaedieschule.<strong>de</strong><br />

Fort- <strong>und</strong> Weiterbildungszentrum <strong>für</strong> Ges<strong>und</strong>heits-,<br />

Bewegungs- <strong>und</strong> Erziehungsberufe<br />

Victor-Toyka-Str. 6 · 44139 Dortm<strong>und</strong><br />

Tel. 0231/5330753 · Fax 0231/134266<br />

E-Mail: info@fortbildung-dortm<strong>und</strong>.<strong>de</strong><br />

Internet: www.fortbildung-dortm<strong>und</strong>.<strong>de</strong><br />

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Richard Pflaum Verlag GmbH & Co. KG,<br />

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___ Expl. „Zeig, was Du kannst“<br />

ISBN 3-7905-0945-8<br />

_____________________________________________<br />

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_____________________________________________<br />

Straße<br />

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PLZ, Ort Telefon<br />

_____________________________________________<br />

Datum, Unterschrift<br />

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62<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport als bewährte Maßnahme in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

wie die psychomotorische Entwicklungsbegleitung<br />

als therapeutische<br />

Maßnahme in <strong>de</strong>n gesamten Kontext<br />

dieser Einrichtung eingebettet wer<strong>de</strong>n<br />

kann.<br />

Spannend liest sich <strong>de</strong>r Beitrag von<br />

Sandra Klingler, die sehr differenziert<br />

schil<strong>de</strong>rt, welche Be<strong>de</strong>utung das Fallen,<br />

Loslassen <strong>und</strong> Aufgefangen wer<strong>de</strong>n <strong>für</strong><br />

die Entwicklung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> somit<br />

auch <strong>für</strong> die konkrete Praxis in <strong>de</strong>r<br />

Psycho<strong>motorik</strong> hat.<br />

Eilert von Busch macht eine an<strong>de</strong>re<br />

Facette bewegungsorientierten<br />

Arbeitens <strong>de</strong>utlich. Er schil<strong>de</strong>rt die<br />

Pausengestaltung in einer Schule <strong>für</strong><br />

Erziehungshilfe, wobei hier aufgezeigt<br />

wird, welche Erleichterung dieses<br />

Bewegungsangebot <strong>für</strong> die Schüler,<br />

aber auch <strong>für</strong> die Lehrer bieten kann –<br />

nicht nur Erleichterung son<strong>de</strong>rn auch<br />

eine Möglichkeit verschie<strong>de</strong>ner Aspekte<br />

<strong>de</strong>r Persönlichkeitsentwicklung.<br />

Ein weiteres Beispiel aus <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe bietet Richard Hammer,<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Frage nachgeht, ob in <strong>de</strong>r<br />

psychomotorischen Praxis auch so<br />

etwas Abstraktes wie Werte vermittelt<br />

wird. Natürlich muss diese Frage bejaht<br />

wer<strong>de</strong>n, wie anhand <strong>de</strong>r Reflexion <strong>de</strong>s<br />

Arbeitsalltags eines Motologen gezeigt<br />

wird.<br />

M. Welsche, C. Stobbe <strong>und</strong> G. Romer<br />

bearbeiten ein stark vernachlässigtes<br />

Feld: die Bewegungsdiagnostik <strong>für</strong><br />

Jugendliche. Gibt es im Altersbereich<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r einige interessante Verfahren<br />

zur Motodiagnostik, so ist die Altersgruppe<br />

<strong>de</strong>r Jugendlichen motodiagnostisch<br />

gesehen eher ein Stiefkind. Hier<br />

wer<strong>de</strong>n einige Verfahren vorgestellt,<br />

welche <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Praktiker, <strong>de</strong>r mit<br />

Jugendlichen arbeitet, sehr hilfreich<br />

sein können. Umso mehr, da die<br />

Notwendigkeit einer Diagnostik<br />

zunehmend erkannt wird (vgl. <strong>motorik</strong><br />

2006/4).<br />

Der Beitrag von Rainer Wollny steht ein<br />

wenig neben <strong>de</strong>m inhaltlichen Schwerpunkt<br />

dieses Heftes, versteht sich<br />

jedoch als wichtige Ergänzung. Er zeigt<br />

in einem Überblicksartikel die Traditionen<br />

<strong>und</strong> gegenwärtige Trends <strong>de</strong>r<br />

motorischen Entwicklungsforschung in<br />

Deutschland auf <strong>und</strong> kann somit<br />

letztlich auch wie<strong>de</strong>r seine Rückwirkung<br />

auf die Psycho<strong>motorik</strong>er in <strong>de</strong>r<br />

Praxis haben.<br />

Literatur:<br />

Bettelheim, B. (1971): Liebe allein<br />

genügt nicht. Stuttgart: Klett.<br />

Dräbing, R. (2006): Kin<strong>de</strong>r brauchen<br />

Bewegung! Bewegung in <strong>de</strong>r<br />

Jugendhilfe? Aachen: Meyer &<br />

Meyer.<br />

Flosdorf, P. (1964): Spiel, Sport <strong>und</strong><br />

Erziehung. In: Schmiedle, P.<br />

(Hrsg.): Leib <strong>und</strong> Leiblichkeit in<br />

<strong>de</strong>r Erziehung. Freiburg i. Br.:<br />

Lambertus.<br />

Flosdorf, P. (1988): Spielsport - ein<br />

heilpädagogisches Konzept zur<br />

gezielten psychomotorischen<br />

Behandlung verhaltensauffälliger<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlicher.<br />

In: Flosdorf, P.: Theorie <strong>und</strong><br />

Praxis stationärer Erziehungshilfe,<br />

Bd. 2. Freiburg i. Br.:<br />

Lambertus, 223–236.<br />

Flosdorf, P./Rie<strong>de</strong>r, H. (1990): Sport<br />

als Therapie. Ein historischer<br />

Rückblick auf die Entwicklung<br />

eines Konzeptes. In: Huber, G./<br />

Rie<strong>de</strong>r, H./Neuhäuser, G. (Hrsg.):<br />

Psycho<strong>motorik</strong> in Therapie <strong>und</strong><br />

Pädagogik. Dortm<strong>und</strong>: mo<strong>de</strong>rnes<br />

lernen. 39–56.<br />

Hammer, R. (1995): Bewegung in<br />

<strong>de</strong>r Heimerziehung. Inaugural<br />

Diss. Dortm<strong>und</strong>.<br />

Hammer, R. (2001): Bewegung allein<br />

genügt nicht. Dortm<strong>und</strong>:<br />

mo<strong>de</strong>rnes lernen.<br />

Hammer, R. (2003): Die Be<strong>de</strong>utung<br />

von Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport<br />

bei Bruno Bettelheim. In: Knab,<br />

E./Macsenaere, M. (Hrsg.):<br />

Heimerziehung als Lebensaufgabe.<br />

Schriftenreihe <strong>de</strong>s Inst. <strong>für</strong><br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendhilfe. Mainz:<br />

Selbstverlag. Bd. 4, 143–158.<br />

Joans, V. (o. J.): Leistungsbeschreibung<br />

<strong>für</strong> Dipl. Motologen im<br />

Haus Carl Sonnenschein.<br />

Fritzlar.<br />

Knab, E. (1983): Einführung zum<br />

Thema: <strong>Motopädagogik</strong> <strong>und</strong><br />

Heimerziehung <strong>für</strong> Verhaltensgestörte.<br />

In: Knab, E. (Hrsg.):<br />

Heimerziehung - Ein differenziertes<br />

Leistungsangebot.<br />

Frankfurt a. M.: Lang.<br />

Knab, E. (2003): Psycho<strong>motorik</strong> in<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe. In:<br />

Knab, E./Macsenaere, M. (Hrsg.):<br />

Heimerziehung als Lebensaufgabe.<br />

Schriftenreihe <strong>de</strong>s Inst. <strong>für</strong><br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendhilfe. Mainz:<br />

Selbstverlag. Bd. 4, 158–170.<br />

Makarenko, A. S. (1988): Pädagogische<br />

Werke, Bd. 1. Berlin: Volk<br />

<strong>und</strong> Wissen.<br />

Macsenaere, M. (2006): 10 Jahre<br />

Wirkungsforschung in <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe –<br />

Welche Bef<strong>und</strong>e lassen sich<br />

daraus <strong>für</strong> die Psycho<strong>motorik</strong><br />

gewinnen? In: <strong>motorik</strong> 29, 4,<br />

194–200.<br />

Müller, A. (1988): Die therapeutische<br />

Anwendung von Spiel <strong>und</strong><br />

Sport zur För<strong>de</strong>rung bewegungsgestörter<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendlicher. In: Flosdorf, P.:<br />

Theorie <strong>und</strong> Praxis stationärer<br />

Erziehungshilfe, Bd. 2. Freiburg<br />

i. Br.: Lambertus, 237–247.<br />

Müller, A. (2003): „Spiel-Sport“.<br />

In: Flosdorf, P./Patzelt, H.:<br />

Therapeutische Heimerziehung.<br />

Schriftenreihe <strong>de</strong>s Inst.<br />

<strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendhilfe.<br />

Mainz: Selbstverlag. Bd. 5,<br />

505–536.<br />

Pöggeler, F. (1987): Die Pädagogik<br />

Giovanni Boscos. Lüneburg:<br />

Neubauer.<br />

Redl, F./Wineman, D. (1984): Kin<strong>de</strong>r,<br />

die hassen. München, Piper.<br />

Rie<strong>de</strong>r, H. (2003): Sport als Therapie.<br />

In: Flosdorf,P./Patzelt, H.:<br />

Therapeutische Heimerziehung.<br />

Schriftenreihe <strong>de</strong>s Inst. <strong>für</strong><br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendhilfe. Mainz:<br />

Selbstverlag. Bd. 5, 495–504.<br />

Weinschenk, R. (1980): Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>de</strong>r Pädagogik Don Boscos.<br />

München: Don Bosco.


Mechthild Denzer<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als gestalten<strong>de</strong>s Element<br />

in <strong>de</strong>r sozialpädagogischen Ausbildung<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport haben sich in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe als pädagogische<br />

<strong>und</strong> therapeutische Maßnahme bewährt. Es zeigt sich jedoch immer wie<strong>de</strong>r,<br />

dass ein erfolgreicher Einsatz eine pädagogische Alltagsgestaltung verlangt, die<br />

auch auf <strong>de</strong>m Gr<strong>und</strong>gedanken basiert, dass Bewegung <strong>und</strong> Spiel gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong><br />

Elemente kindlicher Entwicklung sind. Wie <strong>de</strong>n angehen<strong>de</strong>n Erzieherinnen <strong>und</strong><br />

Erziehern diese Gr<strong>und</strong>lagen erlebnisnah vermittelt wer<strong>de</strong>n können zeigt die Erzieherausbildung<br />

an <strong>de</strong>r Katholischen Fachschule <strong>für</strong> Sozialpädagogik in Saarbrücken, wo<br />

– orientiert am Lernfeldkonzept – Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport ein wesentlicher<br />

Bestandteil <strong>de</strong>r Ausbildung sind: sowohl zur Steigerung von Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong> Wohlbefin<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r SchülerInnen, als auch zur Vorbereitung auf ihr zukünftiges Arbeitsfeld.<br />

Einleitung<br />

Der historische Überblick über die<br />

Be<strong>de</strong>utung von Bewegung, Spiel <strong>und</strong><br />

Sport in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

(vgl. Hammer, in diesem Heft) zeigt<br />

<strong>de</strong>utlich, dass in <strong>de</strong>r sozialpädagogischen<br />

Arbeit schon immer ein Zugang<br />

zum Kind über Körper, Bewegung, Spiel<br />

<strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Jugendarbeit über Sport <strong>und</strong><br />

Erlebnispädagogik gesucht <strong>und</strong><br />

gewonnen wur<strong>de</strong>. 1 Eine umfangreiche,<br />

repräsentative, empirische Erhebung<br />

bzgl. Fachkräften, Materialien <strong>und</strong><br />

Bewegungsräumen in <strong>de</strong>n Einrichtungen<br />

<strong>de</strong>r Hilfen zur Erziehung<br />

(Macsenaere 2006) zeigt die großen<br />

Investitionen aller großen <strong>und</strong> kleinen<br />

Einrichtungen, oft unterstützt von<br />

1 Dabei führen <strong>de</strong>r Bereich Bewegung, Spiel <strong>und</strong><br />

Sport sowie die Psycho<strong>motorik</strong>, in <strong>de</strong>r<br />

Fachliteratur zur Jugendhilfe ein Schattendasein,<br />

wie ein Blick in die neue Auflage von<br />

R. Gün<strong>de</strong>r (2007), ein Standardwerk zur<br />

Einführung in die Jugendhilfe, zeigt, in <strong>de</strong>m<br />

dieses weit verbreitete Angebot <strong>de</strong>r Jugendhilfe<br />

überhaupt nicht erwähnt wird. Ebenso wenig<br />

im neuen Heft <strong>de</strong>r IGfH (2007/1), die aus <strong>de</strong>m<br />

großen Angebot <strong>de</strong>r Jugendhilfe, ein kleines<br />

körperbezogenes Projekt <strong>für</strong> Mädchen <strong>und</strong> ein<br />

spezielles Sportprojekt <strong>für</strong> Jungen auswählt.<br />

Das Interesse liegt in dieser Szene immer noch<br />

<strong>de</strong>utlich auf strukturellen, rechtlichen <strong>und</strong><br />

finanziellen Aspekten, maximal in <strong>de</strong>r<br />

Be<strong>de</strong>utung von Partizipation <strong>und</strong> Familienarbeit.<br />

Hin <strong>und</strong> wie<strong>de</strong>r gelingt es <strong>de</strong>r Erlebnispädagogik<br />

mit spektakulären Projekten zur<br />

Kenntnis genommen zu wer<strong>de</strong>n. Für die<br />

Alltagsgestaltung von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

wird dann immer wie<strong>de</strong>r gerne auf<br />

Bettelheim zurückgegriffen! Das ist scha<strong>de</strong>!<br />

Sponsoren, die <strong>de</strong>n Alltag <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r in<br />

<strong>de</strong>n Einrichtungen auf attraktive Art<br />

<strong>und</strong> Weise bereichern <strong>und</strong> oft <strong>de</strong>n<br />

entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Wohlfühlfaktor <strong>für</strong> die<br />

Kin<strong>de</strong>r be<strong>de</strong>uten. Die Klientel in diesem<br />

Arbeitsfeld ist über das Wort nicht<br />

beson<strong>de</strong>rs gut zu erreichen, öffnet sich<br />

vielmehr in Situationen, die einen eher<br />

spielerischen <strong>und</strong> bewegungsorientierten<br />

o<strong>de</strong>r „spektakulären“, d. h.<br />

erlebnisorientierten Charakter haben.<br />

Diese Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen fühlen<br />

sich über bewegungsorientierte <strong>und</strong><br />

körperbezogene Angebote mehr<br />

angesprochen als über die Sprache.<br />

Dieser sind sie oft nicht so mächtig, sie<br />

können sich jedoch über ihren Körper<br />

ganz gut ausdrücken <strong>und</strong> beherrschen<br />

gelegentlich eher einen Salto als die<br />

Fähigkeit, ihre Gefühle <strong>und</strong> Wahrnehmungen<br />

in einem richtigen Satz zu<br />

formulieren. Die Bewegungsangebote<br />

wer<strong>de</strong>n von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

als Chance gesehen <strong>und</strong> genutzt,<br />

wer<strong>de</strong>n doch hier Möglichkeiten <strong>de</strong>s<br />

sozialen Miteinan<strong>de</strong>rs eröffnet, die sie<br />

sonst nicht haben: Gut miteinan<strong>de</strong>r zu<br />

spielen. Wo gibt es das sonst?<br />

Zu diesem emotionalen Plädoyer kommt<br />

die wissenschaftlich belegte Tatsache,<br />

dass diese Angebote auch ihre pädagogische<br />

<strong>und</strong> therapeutische Wirksamkeit<br />

entfalten. Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche<br />

verän<strong>de</strong>rn sich, wenn sie unter fachlicher<br />

Anleitung psychomotorische<br />

Angebote bekommen <strong>und</strong> sich darauf<br />

einlassen können. Dies zeigen erste<br />

Ergebnisse aus <strong>de</strong>n Wirksamkeitsstudien<br />

mit <strong>de</strong>m Evaluationsinstrument SPES<br />

(vgl. Motorik 2006/4).<br />

Vor <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> dieses Wissensstan<strong>de</strong>s<br />

möchte ich im Folgen<strong>de</strong>n<br />

darstellen, wie sich die Ausbildung <strong>de</strong>r<br />

angehen<strong>de</strong>n Erzieher/innen im Handlungsfeld<br />

Psycho<strong>motorik</strong> gestaltet. Sie<br />

sind es, die im Heimalltag die wesentliche<br />

Beziehung zu <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen gestalten müssen. Sie sind<br />

<strong>für</strong> die Alltagsgestaltung in unterschiedlichen<br />

Dimensionen verantwortlich.<br />

Psycho<strong>motorik</strong> ist dabei ein<br />

wesentliches Medium!<br />

Auf <strong>de</strong>n ersten Blick sieht die Ausbildungssituation<br />

an <strong>de</strong>n Fachschulen <strong>für</strong><br />

Sozialpädagogik gar nicht so schlecht<br />

aus: „Was <strong>de</strong>n Status <strong>de</strong>s Bereichs<br />

Bewegungserziehung/Sport in <strong>de</strong>r<br />

Ausbildung betrifft, so ist festzustellen,<br />

dass er als Fach o<strong>de</strong>r im Rahmen eines<br />

komplexeren Lernbereichs in allen<br />

Län<strong>de</strong>rn festgeschrieben wird“ (Krüger<br />

2001, 196). An <strong>de</strong>r Begrifflichkeit wird<br />

<strong>de</strong>utlich, dass Krüger sich auf das seit<br />

2002 <strong>für</strong> die Fachschulen verbindliche<br />

Lernfeldkonzept, nach <strong>de</strong>m nun alle<br />

Jahrgänge an <strong>de</strong>n Fachschulen unterrichtet<br />

wer<strong>de</strong>n, bezieht. 2 Mit Aufmerksamkeit<br />

<strong>und</strong> Sorge muss beobachtet<br />

wer<strong>de</strong>n, dass mit <strong>de</strong>r Abschaffung <strong>de</strong>r<br />

Unterrichtsfächer <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Darstellung<br />

<strong>de</strong>r Lehrpläne in Lernfel<strong>de</strong>rn zwar die<br />

Möglichkeit <strong>de</strong>s interdisziplinären<br />

Arbeitens geschaffen wer<strong>de</strong>n, an<strong>de</strong>rerseits<br />

aber auch die Gefahr besteht, dass<br />

Bewegungs- <strong>und</strong> Spielerziehung als<br />

Ausbildungsinhalt entfällt, falls in einer<br />

Schule keine qualifizierten Bewegungsfachkräfte<br />

vorhan<strong>de</strong>n sind. 3<br />

Am Beispiel <strong>de</strong>r Katholischen Fachschule<br />

in Saarbrücken soll gezeigt wer<strong>de</strong>n,<br />

wie die Chancen, die das Lernfeldkonzept<br />

bietet, zugunsten <strong>de</strong>r Verankerung<br />

<strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong> innerhalb <strong>de</strong>r<br />

2 Hier kann auf die erheblichen Verän<strong>de</strong>rungen<br />

im Ausbildungskonzept <strong>de</strong>r Fachschulen <strong>für</strong><br />

Sozialpädagogik nur kursorisch, soweit es die<br />

Psycho<strong>motorik</strong> betrifft, eingegangen wer<strong>de</strong>n.<br />

3 Eine sehr kritische Einschätzung <strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung<br />

von Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r<br />

Ausbildung an <strong>de</strong>n Fachhochschulen <strong>für</strong><br />

Sozialpädagogik liefert Dräbing (2006).<br />

63


64<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als gestalten<strong>de</strong>s Element in <strong>de</strong>r sozialpädagogischen Ausbildung<br />

Erzieher/innenausbildung genutzt<br />

wer<strong>de</strong>n können.<br />

Mit <strong>de</strong>m Schuljahr 2005/2006 begann<br />

an <strong>de</strong>n Fachschulen <strong>für</strong> Sozialpädagogik<br />

im Saarland die Arbeit nach <strong>de</strong>m<br />

„Lernfeldkonzept“ 4 , einem neuen<br />

Ausbildungskonzept, das im didaktischen<br />

Bereich b<strong>und</strong>esweit <strong>für</strong> die<br />

beruflichen Schulen verbindlich ist.<br />

Dieses Konzept ermöglicht auf neue Art<br />

einen alten Gedanken <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong><br />

neu zu beleben: Psycho<strong>motorik</strong> nicht<br />

nur als Inhalt zu vermitteln, son<strong>de</strong>rn<br />

psychomotorisch orientierte Metho<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> Prinzipien handlungsleitend in das<br />

Ausbildungskonzept zu integrieren. Die<br />

enge Zusammenarbeit mit Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendhilfeeinrichtungen, <strong>de</strong>n Trägern<br />

<strong>de</strong>r Schule, bietet exzellente Möglichkeiten,<br />

<strong>für</strong> die in diesem Konzept<br />

gefor<strong>de</strong>rte Kooperation <strong>de</strong>r Lernorte<br />

Praxis <strong>und</strong> Schule während <strong>de</strong>r Ausbildung.<br />

Das Potenzial dieser Ausgangsbedingungen<br />

soll im Folgen<strong>de</strong>n im<br />

Hinblick auf die Ausbildung <strong>de</strong>r<br />

zukünftigen Erzieher/innen in <strong>de</strong>r<br />

Jugendhilfe <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Bereich <strong>de</strong>r<br />

Psycho<strong>motorik</strong> dargestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Dabei wer<strong>de</strong>n sowohl bereits laufen<strong>de</strong><br />

Projekte, die in <strong>de</strong>n vergangenen zwei<br />

Jahren in Form eines vorbereiten<strong>de</strong>n<br />

Mo<strong>de</strong>llversuchs durchgeführt wur<strong>de</strong>n,<br />

als auch Ausblicke <strong>und</strong> Ziele <strong>für</strong> die<br />

nächsten Jahre dargestellt.<br />

Mechthild Denzer<br />

Dipl.-Motologin, MA,<br />

Lehrerin Sek II in Sport <strong>und</strong> Deutsch<br />

Leiterin <strong>de</strong>r Kath. Fachschule in<br />

Saarbrücken<br />

Anschrift <strong>de</strong>r Verfasserin:<br />

Kath. Fachschule <strong>für</strong> Sozialpädagogik<br />

St.-Josef-Str. 11<br />

66115 Saarbrücken<br />

Das Lernfeldkonzept<br />

Berufliche Schulen haben sich in ihrem<br />

methodisch-didaktischen Konzept<br />

immer an <strong>de</strong>n allgemeinbil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Schulen orientiert. Erst in <strong>de</strong>n letzten<br />

Jahren fin<strong>de</strong>t man gelegentlich<br />

Innovatives. Dies be<strong>de</strong>utet, berufsrelevante<br />

Kenntnisse wur<strong>de</strong>n im Frontalunterricht<br />

<strong>und</strong> Fertigkeiten isoliert in<br />

kleinen Schritten im Werkstattunterricht<br />

eingeübt. Die damit verb<strong>und</strong>ene<br />

Ferne vom beruflichen Alltag schien <strong>für</strong><br />

alle Berufe, in <strong>de</strong>nen im dualen System<br />

ausgebil<strong>de</strong>t wird, erträglich, <strong>de</strong>nn die<br />

Azubis erlebten <strong>de</strong>n Alltag in hohem<br />

Maße in ‚ihrem’ Ausbildungsbetrieb. Für<br />

die sozialpädagogischen Berufe war die<br />

Ausbildungssituation unbefriedigen<strong>de</strong>r.<br />

Die Zusammenarbeit zwischen <strong>de</strong>n<br />

Praxisstellen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schule birgt<br />

immer beson<strong>de</strong>re Schwierigkeiten.<br />

Lange Praktika (Vorpraktikum <strong>und</strong><br />

Berufspraktikum) fin<strong>de</strong>n nur sehr<br />

begrenzt unter schulischer Anleitung<br />

statt. Anpassung <strong>und</strong> Nachahmung als<br />

Überlebensstrategien <strong>de</strong>r Praktikant/<br />

innen sind dabei zu oft das Ergebnis.<br />

Die Einrichtungen selbst beginnen erst<br />

langsam, Kräfte speziell <strong>für</strong> die Anleitung<br />

neuer, meist sehr junger Mitarbeiter/innen<br />

auszubil<strong>de</strong>n. Eine ‚Meisterprüfung’<br />

als Voraussetzung <strong>für</strong> die<br />

Ausbildungsberechtigung ist in <strong>de</strong>n<br />

pädagogischen Berufen nicht vorgesehen.<br />

Die Lehrkräfte selbst kennen<br />

zu<strong>de</strong>m das Arbeitsfeld oft nicht, da sie<br />

eine Lehrer/innensozialisation durchlaufen<br />

haben <strong>und</strong> meist keine Berufserfahrung<br />

im sozialpädagogischen<br />

Arbeitsfeld besitzen. Noch schlechter<br />

sieht die Situation <strong>für</strong> die Jugend- <strong>und</strong><br />

Heimerzieher/innen aus, <strong>de</strong>ren Berufsbild<br />

in <strong>de</strong>n 80er Jahren zugunsten einer<br />

(theorieorientierten) Breitbandausbildung<br />

5 abgeschafft wur<strong>de</strong>, die einen<br />

ganz <strong>de</strong>utlichen Schwerpunkt auf <strong>de</strong>m<br />

Vorschulbereich hat. Die Unzufrie<strong>de</strong>nheit<br />

mit <strong>de</strong>r Erzieher/innenausbildung<br />

hat eine beeindrucken<strong>de</strong> Vielfalt an<br />

4 Zu beobachten ist, ob die im Bologna-Prozess<br />

gefor<strong>de</strong>rte Modularisierung von Inhalten <strong>und</strong><br />

die stetigen For<strong>de</strong>rungen nach FH-Niveau <strong>für</strong><br />

die Erzieherinnen das Lernfeldkonzept nicht<br />

überrollen wer<strong>de</strong>n!<br />

5 In Bayern <strong>und</strong> Ba<strong>de</strong>n-Württemberg blieben die<br />

Fachschulen mit dieser Ausrichtung erhalten,<br />

sind aber in Ba<strong>de</strong>n-Württemberg <strong>de</strong>m<br />

Sozialministerium unterstellt.<br />

Initiativen <strong>und</strong> Aktionen aller Verbän<strong>de</strong><br />

in diesem Bereich ausgelöst, verschärft<br />

durch die wachsen<strong>de</strong> Vielfalt an<br />

Ausbildungswegen, die letztlich alle im<br />

Arbeitsfeld <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

mün<strong>de</strong>n.<br />

Im nun seit fast 10 Jahren im technisch-gewerblichen<br />

Bereich in <strong>de</strong>r<br />

Erprobung befindlichen methodischdidaktischen<br />

Konzept <strong>de</strong>s Lernfel<strong>de</strong>s,<br />

wird versucht, eine spezifische Ausbildungskonzeption<br />

<strong>für</strong> die Beruflichen<br />

Schulen zu entwickeln. Ausgehend vom<br />

zentralen Auftrag, <strong>de</strong>r Vermittlung von<br />

Handlungskompetenzen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

beruflichen Alltag, ist folgen<strong>de</strong>r<br />

Gr<strong>und</strong>aufbau <strong>für</strong> alle Ausbildungen<br />

verbindlich: Anhand von Erhebungen<br />

<strong>und</strong> Befragungen im Praxisfeld wer<strong>de</strong>n<br />

gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong> Handlungsfel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

beruflichen Alltags einer Profession<br />

erhoben. Innerhalb dieses Handlungsfel<strong>de</strong>s<br />

wer<strong>de</strong>n enger begrenzte Handlungssituationen<br />

<strong>de</strong>finiert. Die notwendigen<br />

Kompetenzen zur Bewältigung<br />

dieser Handlungssituationen wer<strong>de</strong>n<br />

analysiert <strong>und</strong> im Kontakt zwischen<br />

Fachkräften <strong>und</strong> Lehrkräften festgelegt.<br />

Die Handlungssituationen wer<strong>de</strong>n in<br />

zentralen Lernfel<strong>de</strong>rn zusammengefasst.<br />

Diese Lernfel<strong>de</strong>r geben die neuen<br />

Rahmenrichtlinien <strong>de</strong>r Schulbehör<strong>de</strong>n 6<br />

vor. Zur Vermittlung dieser als berufsrelevant<br />

erkannten Kompetenzen<br />

entwerfen die Lehrkräfte im Team<br />

komplexe Lernsituationen, die diese<br />

Kompetenzen herausfor<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

schulen.<br />

Die damit einhergehen<strong>de</strong>n Verän<strong>de</strong>rungen<br />

in <strong>de</strong>r Lehrerrolle können gar<br />

nicht <strong>de</strong>utlich genug betont wer<strong>de</strong>n:<br />

Beratung <strong>und</strong> Mo<strong>de</strong>ration von Lernprozessen,<br />

Teamarbeit, Ausarbeiten<br />

komplexer Lernsituationen mit Lösungsvorschlägen<br />

‚gelungener Praxis’,<br />

Feedback <strong>und</strong> Beurteilung von fachlichen<br />

<strong>und</strong> personalen Kompetenzen<br />

wer<strong>de</strong>n zukünftige Schlüsselkompetenzen<br />

<strong>de</strong>s Lehrers als Lernbegleiter<br />

sein.<br />

6 Wobei die Unterschie<strong>de</strong> zwischen <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn<br />

bei <strong>de</strong>r Begriffsbestimmung: „Lernfeld“<br />

erheblich sind, ebenso wie die Angst, die<br />

Schulen tatsächlich in einen selbstständigen<br />

Kontakt mit <strong>de</strong>n Praxisstellen zu entlassen <strong>und</strong><br />

die Handlungsfel<strong>de</strong>r im Dialog selbst festlegen<br />

zu lassen. Verschärft wird diese Unklarheit im<br />

Konzept, weil gleichzeitig ein erheblicher<br />

St<strong>und</strong>enabbau an <strong>de</strong>n Fachschulen (zumin<strong>de</strong>st<br />

im Saarland) stattfin<strong>de</strong>t.


Anfor<strong>de</strong>rung an die Lehrkräfte<br />

Von Lehrkräften an Fachschulen <strong>für</strong><br />

Sozialpädagogik sollte <strong>de</strong>shalb – neben<br />

einer wissenschaftlichen, bzw. therapeutisch-künstlerischen<br />

Ausbildung –<br />

erwartet wer<strong>de</strong>n:<br />

• vielfältige eigene Ausbildungs- <strong>und</strong><br />

berufliche Erfahrungen, eben auch im<br />

Arbeitsfeld Jugendhilfe,<br />

• Fähigkeit <strong>und</strong> Bereitschaft zur<br />

Teamarbeit <strong>und</strong> Teamteaching, sowie<br />

<strong>de</strong>r gemeinsamen Erarbeitung von<br />

Unterrichtsmaterialien zu komplexen<br />

Lernsituationen,<br />

• Bereitschaft <strong>und</strong> Fähigkeit zur<br />

Kooperation mit <strong>de</strong>r Praxis in Form<br />

von gemeinsamen Projekten,<br />

• Zeit <strong>für</strong> Austausch über <strong>de</strong>n Ausbildungsstand<br />

<strong>de</strong>r Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n mit<br />

<strong>de</strong>n Praxisanleiter/innen,<br />

• Wahrnehmung, Rückmeldung <strong>und</strong><br />

Kritik <strong>de</strong>s Han<strong>de</strong>lns <strong>de</strong>r Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

in Praxis <strong>und</strong> Schule,<br />

• Mitarbeit an <strong>de</strong>r Auflösung <strong>de</strong>r<br />

Fächerorientierung im berufsbezogenen<br />

Lernbereich,<br />

• Beteiligung an einer exemplarischen<br />

Alltagsgestaltung in <strong>de</strong>r Schule.<br />

Anfor<strong>de</strong>rung an die Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Die (Heils-)Erwartungen, die an<br />

Erzieher/innen <strong>und</strong> ihre Ausbildung<br />

formuliert wer<strong>de</strong>n, können eigentlich<br />

nur als Karikatur dargestellt wer<strong>de</strong>n.<br />

Nichts<strong>de</strong>stotrotz bemühen sich viele<br />

Kollegien <strong>de</strong>n hohen Ansprüchen von<br />

außen gerecht zu wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> versuchen,<br />

aus <strong>de</strong>n staatlichen Vorgaben <strong>für</strong><br />

eine schulische Ausbildung gemeinsam<br />

mit <strong>de</strong>n Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n eine theoretisch<br />

f<strong>und</strong>ierte, Kompetenzen vermitteln<strong>de</strong>,<br />

erfahrungsorientierte, persönlichkeitsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />

Lernumgebung zu<br />

gestalten.<br />

Die Verän<strong>de</strong>rungen sind auch <strong>für</strong> die<br />

Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n spürbar:<br />

• Die Rückzugsräume, die ein verschulter<br />

Alltag mit sich bringt,<br />

verringern sich zunehmend, d. h. eine<br />

verstärkte, aktive Beteiligung an <strong>de</strong>r<br />

eigenen Ausbildung ist Voraussetzung<br />

aller Verän<strong>de</strong>rungen. Motivationsschwächen<br />

können schnell als ein<br />

Gr<strong>und</strong> <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Abbruch <strong>de</strong>r Ausbildung<br />

dienen. Vorhan<strong>de</strong>ne, bzw. zügig<br />

zu lernen<strong>de</strong> Lern- <strong>und</strong> Arbeitstechniken<br />

sind eine zentrale Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> ein erfolgreiches Vorwärtsschreiten,<br />

• Gruppen- <strong>und</strong> Projektarbeit sind<br />

zentrale Handlungskompetenzen <strong>de</strong>r<br />

Erzieher/in <strong>und</strong> damit ein wesentlicher<br />

Ausbildungsbestandteil. Die<br />

Kompetenzen wer<strong>de</strong>n geprüft über<br />

Projekte mit <strong>und</strong> <strong>für</strong> Klienten <strong>und</strong><br />

durch Präsentation von Arbeitsergebnissen<br />

sowie in Abschlussgesprächen,<br />

• Effektives Nutzen von Frontalunterricht<br />

zur Vermittlung eines Überblickes<br />

über fachliche Zusammenhänge,<br />

vertieft durch Einzelarbeit <strong>und</strong><br />

Gruppenarbeit <strong>und</strong> geprüft durch<br />

Fachgespräche (mündliche<br />

Prüfungen), Klausuren, Referate,<br />

Hausarbeiten,<br />

• Persönlichkeitsentwicklung <strong>und</strong> die<br />

da<strong>für</strong> notwendigen Herausfor<strong>de</strong>rungen<br />

müssen angenommen<br />

wer<strong>de</strong>n; geprüft durch regelmäßige<br />

Teilnahme an Übungen zu Selbsterfahrungen,<br />

Reflexionsgespräche mit<br />

<strong>de</strong>m Vertrauenslehrer, kompetenteres<br />

Verhalten in <strong>de</strong>n Teams, zunehmen<strong>de</strong><br />

Verantwortung <strong>für</strong> das Schulleben,<br />

aktive <strong>und</strong> passive Kritikfähigkeit.<br />

Handlungsfeld: Psycho<strong>motorik</strong><br />

in <strong>de</strong>r Jugendhilfe<br />

In allen Einrichtungen <strong>de</strong>r Jugendhilfe<br />

sind viele Elemente psychomotorischen<br />

Arbeitens zu fin<strong>de</strong>n, auch wenn die<br />

Bezeichnungen da<strong>für</strong> ebenso unterschiedlich<br />

sind, wie die jeweils verantwortlichen<br />

Berufsgruppen. Das Angebot<br />

<strong>de</strong>r Spezialisten, d. h. <strong>de</strong>r Sportlehrer/<br />

innen, Motolog/innen <strong>und</strong> Erlebnispädagog/innen,<br />

aber auch von Übungsleiter/innen<br />

ortsnaher Sportvereine ist<br />

hier nur unter <strong>de</strong>r Perspektive <strong>de</strong>r<br />

notwendigen Begleitung durch die<br />

Erzieher/innen von Interesse. Gruppenpädagogisch<br />

relevante Angebote wie<br />

z. B. Klettern, Kanufahren, Hochseilgarten,<br />

Akrobatik-Gruppen, spezielle<br />

psychomotorische För<strong>de</strong>rung <strong>und</strong><br />

Einzeltherapie, u. a. bleiben diesen<br />

Berufsgruppen vorbehalten.<br />

Für das genuine Arbeitsfeld <strong>de</strong>r<br />

Erzieherinnen geht es vor allem um die<br />

Gestaltung <strong>de</strong>s Gruppenalltags unter<br />

psychomotorischen Gesichtspunkten,<br />

d. h. eine bewegungs- <strong>und</strong> spielorientierte<br />

Freizeitgestaltung <strong>und</strong> eine<br />

angemessene, kompetente Einbeziehung<br />

<strong>de</strong>r gruppenübergreifen<strong>de</strong>n<br />

Angebote <strong>für</strong> das einzelne Kind im<br />

Rahmen <strong>de</strong>s Hilfeplans. Für die Erstellung<br />

<strong>de</strong>s „Individuellen Erziehungs-<br />

planes“ sind die Gr<strong>und</strong>kenntnisse in <strong>de</strong>r<br />

Diagnostik <strong>de</strong>s allgemeinen Bewegungs-<br />

<strong>und</strong> Körperverhaltens im<br />

Vergleich zur Altersgruppe sowie<br />

allgemeine För<strong>de</strong>rangebote in Planung,<br />

Durchführung <strong>und</strong> Evaluation von <strong>de</strong>r<br />

Erzieherin zu erwarten.<br />

Handlungssituationen zur „Psycho<strong>motorik</strong><br />

in <strong>de</strong>r Jugendhilfe“<br />

Die psychomotorische Entwicklungsbegleitung<br />

sollte – durchgeführt von<br />

motologischen o<strong>de</strong>r motopädischen<br />

Fachkräften – als therapeutisches<br />

Angebot ein fester Bestandteil je<strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung<br />

sein. Dabei sollten die Erzieher/innen<br />

aber einen Einblick in Indikationen,<br />

Diagnosen <strong>und</strong> Verläufe haben, um die<br />

Therapie im Gruppenalltag unterstützen<br />

zu können. Eine professionelle Erziehung<br />

ist nur gegeben, wenn das Leben<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen immer<br />

wie<strong>de</strong>r durchdrungen ist von Angeboten<br />

<strong>de</strong>s Spielens <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bewegung. Diese<br />

Situationen umfassen zum einen alle<br />

Bewegungsangebote, die auch „kompetente“<br />

Eltern ihren Kin<strong>de</strong>rn bieten, zum<br />

an<strong>de</strong>ren aber auch Erweiterungen, die<br />

in einem professionell-pädagogischen<br />

Rahmen erwartet wer<strong>de</strong>n können.<br />

Damit ist eine an die Entwicklungsaufgaben<br />

<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s angepasste Auswahl<br />

von Bewegungsangeboten gemeint,<br />

<strong>de</strong>ren Anleitung <strong>und</strong> Begleitung so<br />

gestaltet ist, dass sie mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit zu Erfolgserlebnissen<br />

<strong>und</strong> wachsen<strong>de</strong>n Kompetenzen<br />

führen. Sie sollen die Defizite, die eine<br />

nicht ausreichend entwicklungsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong><br />

Umwelt verursachte, ausgleichen<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen Ressourcen<br />

zur Stärkung <strong>de</strong>r Persönlichkeit <strong>de</strong>s<br />

Kin<strong>de</strong>s Raum geben. Dazu gehören:<br />

regelmäßige alltägliche Bewegungseinheiten<br />

wie Inliner(fahren),<br />

Skateboard(fahren), Springseil- <strong>und</strong><br />

Gummitwist, Fahrradfahren in seiner<br />

Vielseitigkeit, Schwimmen mit <strong>de</strong>n<br />

dazugehören<strong>de</strong>n Zeugnissen bis zum<br />

Schwimmabzeichen in Gold, Ballspiele<br />

aller Art als Gruppenaktivitäten, eine<br />

bewegungsorientierte Feriengestaltung<br />

mit Strand- <strong>und</strong> Bergaktivitäten in<br />

Campingumgebung, Spielnachmittage,<br />

Spielfeste, Zirkusgruppen <strong>und</strong> vieles<br />

mehr.<br />

Neben diesen spezifischen Angeboten,<br />

in <strong>de</strong>nen Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport zur<br />

65


66<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als gestalten<strong>de</strong>s Element in <strong>de</strong>r sozialpädagogischen Ausbildung<br />

Geltung kommen, hat die Psycho<strong>motorik</strong><br />

aber noch mehr an Anregung zu<br />

bieten, was das „Geplante Erziehen“ in<br />

<strong>de</strong>r stationären Jugendhilfe betrifft: Für<br />

die bewusste Gestaltung <strong>de</strong>s pädagogischen<br />

Alltags gibt es erprobte <strong>und</strong><br />

bewährte Konzepte, die in einem<br />

Mo<strong>de</strong>llprojekt (Hammer 2001) an einer<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung in<br />

Neunkirchen (Saar) entwickelt <strong>und</strong><br />

wissenschaftlich begleitet wur<strong>de</strong>n.<br />

Weitere Arbeiten, die die Be<strong>de</strong>utung<br />

von Psycho<strong>motorik</strong> im weiteren Sinne<br />

als Teil <strong>de</strong>r Alltagsgestaltung in <strong>de</strong>r<br />

Jugendhilfe beschreiben, stammen<br />

meist aus <strong>de</strong>n 80er Jahren (vgl. Flosdorf<br />

1988). Hier wird <strong>de</strong>utlich gemacht, dass<br />

Beziehungsgestaltung als Voraussetzung<br />

<strong>und</strong> Teil <strong>für</strong> das Gelingen von<br />

pädagogischer Einflussnahme auch <strong>und</strong><br />

vor allem im körperlichen Dialog<br />

zwischen Erwachsenen <strong>und</strong> Kind statt<br />

fin<strong>de</strong>t. (vgl. Aucouturier 2006). Die<br />

vielfältige Verflochtenheit psychischer<br />

<strong>und</strong> körperlicher Prozesse zeigt sich im<br />

Berufsalltag <strong>de</strong>r Erzieher/innen:<br />

Von Erzieher/innen wird ein <strong>für</strong><br />

berufliche Kontexte außergewöhnlich<br />

hoher körperlicher Einsatz<br />

verlangt: Sie stellen sich <strong>für</strong> Ringen<br />

<strong>und</strong> Raufen, <strong>für</strong> Massage <strong>und</strong><br />

Kuscheln, <strong>für</strong> Wettrennen <strong>und</strong><br />

Schwimmen zur Verfügung. Sie<br />

sorgen <strong>für</strong> eine entspannte Stimmung<br />

am Esstisch, durch hohe<br />

Präsenz, ohne angespannt <strong>und</strong><br />

kontrollierend zu sein. Sie treten<br />

entschie<strong>de</strong>n <strong>und</strong> ein<strong>de</strong>utig Fehlverhalten<br />

entgegen <strong>und</strong> unterbin<strong>de</strong>n<br />

es, ohne Gewalt auszuüben o<strong>de</strong>r<br />

anzudrohen. Sie begegnen 5jährigen<br />

körperlich ebenso angemessen<br />

wie 15-jährigen, Mädchen<br />

wie Jungen. Mit Kolleg/innen<br />

bei<strong>de</strong>rlei Geschlechts teilen sie<br />

unterwegs das Minipackzelt <strong>und</strong> mit<br />

<strong>de</strong>r Wohnbereichsleitung nehmen<br />

sie am Fachkongress teil. All dies,<br />

ohne Grenzen zu verletzen, son<strong>de</strong>rn<br />

mit <strong>de</strong>m Auftrag, vergangene<br />

Grenzverletzungen aller Art <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendlichen zu heilen!<br />

Wenn Sie dies über längere Zeit<br />

leisten sollen, gehört dazu die<br />

Fähigkeit einer außeror<strong>de</strong>ntlichen<br />

Selbstwahrnehmung <strong>und</strong> Fähigkeit<br />

zur Selbst<strong>für</strong>sorge. 7<br />

Teams in <strong>de</strong>r Jugendhilfe sind <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

pädagogischen Alltag verantwortlich,<br />

d. h. sie gestalten gemeinsam Tag,<br />

Woche <strong>und</strong> Jahr unter pädagogischen<br />

Gesichtspunkten. Zu be<strong>de</strong>nken ist dabei<br />

– neben <strong>de</strong>n oben beschriebenen<br />

Beziehungsstrukturen – die Gestaltung<br />

von Raum, Materialien <strong>und</strong> Zeit. Räume<br />

müssen klare Strukturen besitzen, um<br />

<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen Orientierung<br />

zu geben, ihnen aber auch die<br />

Möglichkeit zur freien Entfaltung<br />

bieten. Rückzugsmöglichkeiten mit<br />

Intimsphäre, aber auch offene Räume<br />

zum gemeinsamen Tun, bil<strong>de</strong>n eine gute<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> soziales Miteinan<strong>de</strong>r (vgl.<br />

Mahlke/Schwarte 1989). Bei <strong>de</strong>n<br />

Überlegungen zur Gestaltung <strong>de</strong>s<br />

Gruppenalltags oft vernachlässigt, aber<br />

im Detail häufig wirksam, sind die<br />

Materialien, welche die Räume füllen:<br />

stabil <strong>und</strong> fest müssen z. B. die Möbel<br />

sein, um <strong>de</strong>m Bewegungsdrang <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen Stand zu<br />

halten. Spielgegenstän<strong>de</strong> sollten<br />

Kreativität <strong>und</strong> Fantasie för<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

nicht durch zu enge Handhabungsmöglichkeiten<br />

einschränken. Dieses<br />

Zusammenspiel von Struktur <strong>und</strong><br />

Offenheit prägt auch <strong>de</strong>n Umgang mit<br />

<strong>de</strong>r Zeit als Strukturelement: klare<br />

zeitliche Vorgaben dienen <strong>de</strong>r Orientierung<br />

<strong>und</strong> bieten <strong>de</strong>n Rahmen <strong>für</strong> freie<br />

Zeiten, in <strong>de</strong>nen die Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendlichen ihren eigenen I<strong>de</strong>en<br />

nachgehen können. Bleibt als weiteres<br />

Element die Themen, die uns in<br />

unserem Leben begleiten: Lebensthemen<br />

bestimmen in einem hohen Maß<br />

die Verhaltensweisen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendlichen. In einer Situation, die<br />

z. B. von <strong>de</strong>r Angst über eine mögliche<br />

Trennung <strong>de</strong>r Eltern geprägt wird, lässt<br />

sich schlecht ruhig sitzen <strong>und</strong> Hausaufgaben<br />

machen. Die Verspannung,<br />

Zappeligkeit <strong>und</strong> vielleicht auch<br />

Aggression ist körperlicher Ausdruck<br />

eines nachvollziehbaren Gefühls <strong>de</strong>r<br />

Angst <strong>und</strong> Verlassenheit. Dieses<br />

wahrzunehmen <strong>und</strong> einfühlsam zu<br />

lin<strong>de</strong>rn o<strong>de</strong>r wenigstens zu ertragen,<br />

gehört zum pädagogischen Alltag in <strong>de</strong>r<br />

Jugendhilfe.<br />

7 Diese Beschreibung soll nicht zu <strong>de</strong>r Vermutung<br />

führen, dieses muss o<strong>de</strong>r könne ‚gelehrt’<br />

wer<strong>de</strong>n. Diese Fähigkeiten bringen die jungen<br />

Menschen als Form einer ‚intuitiven Didaktik’<br />

weitgehend mit, aber entsprechend <strong>de</strong>r Aussage<br />

von R. Cohn, soll im Laufe <strong>de</strong>r Ausbildung aus<br />

<strong>de</strong>r ‚Intuition eine Metho<strong>de</strong>’ wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Berücksichtigung <strong>de</strong>r Körperbezogenheit<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ganzheitlichkeit bei <strong>de</strong>r<br />

Erziehung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

ist ein zentraler, handlungsleiten<strong>de</strong>r<br />

Impuls, <strong>de</strong>r, von <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong><br />

ausgehend, auf die Ausbildung <strong>de</strong>r<br />

Erzieher/innen Einfluss nehmen sollte<br />

(vgl. Denzer 1999).<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als Ausbildungsinhalt<br />

im Lernfeldkonzept<br />

Vor <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> dieser kursorischen<br />

Darstellung von alltäglichen Handlungssituationen,<br />

in <strong>de</strong>nen psychomotorische<br />

Kompetenzen erfor<strong>de</strong>rlich sind, soll unser<br />

Ausbildungskonzept im Bereich Psycho<strong>motorik</strong><br />

entwickelt wer<strong>de</strong>n. 8 Dieses ist<br />

eingeb<strong>und</strong>en in das Gesamtausbildungskonzept,<br />

<strong>de</strong>ssen Strukturen vom<br />

saarländischen Ministerium <strong>für</strong> Bildung,<br />

Kultur <strong>und</strong> Wissenschaft vorgegeben<br />

sind. Die Rahmenbedingungen sind eine<br />

Begleitung <strong>de</strong>s Vorpraktikums mit 12<br />

Wochenst<strong>und</strong>en, eine 2-jährige Vollzeitschulische<br />

Ausbildung. Zwischen diesen<br />

2 Jahren absolvieren die Schüler/innen<br />

ein Blockpraktikum. Die berufsbezogenen<br />

Inhalte <strong>de</strong>r Ausbildung sind als Lernfel<strong>de</strong>r<br />

sehr offen vorgegeben. Mit <strong>de</strong>m<br />

Abschluss nach <strong>de</strong>m zweiten Schuljahr<br />

beginnt das Anerkennungsjahr, in <strong>de</strong>m<br />

wir vier Blockwochen anbieten. Ein<br />

eigenes Lernfeld Bewegung, Sport o<strong>de</strong>r<br />

gar Psycho<strong>motorik</strong> ist im Lehrplan <strong>de</strong>s<br />

Saarlan<strong>de</strong>s nicht vorgesehen. Es ist im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r Entscheidung <strong>de</strong>s Ausbildungsteams<br />

in das Lernfeld „Sozialpädagogische<br />

Bildungsinhalte“ zu integrieren.<br />

Auch im Vorkurs gibt es keine expliziten<br />

Vorgaben, aber die Freiheit, einen<br />

Schwerpunkt auf die Psycho<strong>motorik</strong> zu<br />

legen. Zu bei<strong>de</strong>m haben wir uns<br />

entschlossen.<br />

8 Die Schule entwickelt <strong>de</strong>n Ausbildungsplan<br />

gemeinsam über alle Lernfel<strong>de</strong>r hinweg, sodass<br />

im berufsbezogenen Ausbildungsbereich ein<br />

möglichst hoher Synergieeffekt erzielt wer<strong>de</strong>n<br />

kann, in<strong>de</strong>m <strong>für</strong> einen Zeitraum ein Schwerpunktthema<br />

von <strong>und</strong> <strong>für</strong> alle Lehrkräfte<br />

festgelegt ist. Dieses Konzept ist <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Unterkurs entwickelt <strong>und</strong> in Teilen erprobt,<br />

es wird dieses Jahr erstmals als Ganzes<br />

umgesetzt. Mit <strong>de</strong>m Ziel <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lagen-<br />

Vermittlung im UK hat sich das Team <strong>für</strong> eine<br />

Orientierung an <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s<br />

anhand von Entwicklungsaufgaben in<br />

chronologischer Abfolge <strong>de</strong>r Altersgruppen<br />

entschie<strong>de</strong>n. Der Plan kann im Internet<br />

eingesehen wer<strong>de</strong>n (www.kfs-saarbruecken.<strong>de</strong>).


Entsprechend <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s<br />

Handlungsfel<strong>de</strong>s muss die Ausbildung<br />

unterschiedliche Ebenen umfassen:<br />

• Selbsterfahrung, Reflexion <strong>de</strong>r<br />

eigenen Bewegungsgeschichte <strong>und</strong><br />

Erweiterung <strong>de</strong>s eigenen Bewegungs-<br />

<strong>und</strong> Wahrnehmungsrepertoires,<br />

• Vertiefung <strong>de</strong>r Fähigkeit zur Selbst-<br />

<strong>und</strong> Fremdwahrnehmung im körperlichen<br />

Dialog,<br />

• Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport <strong>für</strong><br />

unterschiedliche Zielgruppen<br />

auswählen <strong>und</strong> anleiten können.<br />

Die ersten Bewegungseinheiten mit<br />

neuen Schüler/innen sind <strong>für</strong> diese<br />

zunächst verunsichernd. Aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

nicht immer glücklichen Bewegungssozialisation<br />

entwickelt sich bei einigen<br />

Schüler/innen eine misserfolgsorientierte<br />

Haltung bzgl. <strong>de</strong>s eigenen Körpers<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten,<br />

sich zu bewegen – o<strong>de</strong>r auch zu spielen.<br />

Bewegungsängste unterdrücken die<br />

Freu<strong>de</strong> an eigener Bewegung <strong>und</strong><br />

verhin<strong>de</strong>rn dadurch natürlich auch <strong>de</strong>n<br />

unbeschwerten Einsatz von Bewegung<br />

<strong>und</strong> Spiel im pädagogischen Alltag.<br />

Es gilt also durch gut ausgewählte<br />

Bewegungsangebote neuen Spaß an<br />

Spiel <strong>und</strong> Bewegung zu vermitteln <strong>und</strong><br />

somit eine Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Arbeit mit<br />

<strong>de</strong>m eigenen Körper in Bewegung zu<br />

schaffen. Da die Gruppen meist sehr<br />

heterogene Leistungen zeigen, ist die<br />

Situation auch <strong>für</strong> die sehr guten Sportler/innen,<br />

vor allem aber die guten<br />

Sportler schwierig, da sie sich nicht<br />

trauen, ihre Fähigkeiten voll zu zeigen.<br />

Notwendig sind auch die Vermittlung<br />

von Wissen über <strong>de</strong>n Ablauf <strong>und</strong> die<br />

Be<strong>de</strong>utung von Bewegung <strong>und</strong> Bewegungsentwicklung<br />

im Kin<strong>de</strong>s- <strong>und</strong><br />

Jugendalter sowie über die Erfahrungen<br />

traumatisierter o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>privierter Kin<strong>de</strong>r.<br />

Im Zeitalter <strong>de</strong>r „dicken Kin<strong>de</strong>r“<br />

gewinnt die Bewegung auch unter<br />

ges<strong>und</strong>heitspädagogischen Gesichtspunkten<br />

zunehmend an Be<strong>de</strong>utung<br />

(Bewegung im Alltag, Ernährung,<br />

Lebensrhythmen, …).<br />

Dies alles muss zu einem Können<br />

führen, das es ermöglicht, vielfältige<br />

Bewegungsgelegenheiten <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r im<br />

Alltag zu arrangieren <strong>und</strong> auch die<br />

nötige Achtsamkeit bei <strong>de</strong>r Alltagsstrukturierung<br />

bezüglich Bewegung <strong>und</strong><br />

Spiel zu beweisen. Die konkreten<br />

Inhalte orientieren sich dabei an <strong>de</strong>n<br />

bewährten Ausbildungskonzepten <strong>de</strong>r<br />

Aka<strong>de</strong>mie <strong>für</strong> <strong>Motopädagogik</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Mototherapie</strong> (ak’M) im Aktionskreis<br />

Psycho<strong>motorik</strong>. Diese wer<strong>de</strong>n in je einer<br />

Blockwoche in je<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r ersten 3<br />

Ausbildungsjahre angeboten. Der<br />

Referent ist Spezialist im Arbeitsfeld<br />

Psycho<strong>motorik</strong> in <strong>de</strong>r Jugendhilfe, aber<br />

nicht Teil <strong>de</strong>s Kollegiums <strong>und</strong> damit<br />

auch nicht beteiligt an Bewertungsprozessen.<br />

Sein Auftrag ist insbeson<strong>de</strong>re<br />

die Begleitung intensiver Selbst- <strong>und</strong><br />

Gruppenerfahrungen im Bewegungsbereich.<br />

Daneben ist die Teilnahme an <strong>de</strong>n<br />

wöchentlichen Bewegungsangeboten<br />

<strong>de</strong>r Schule verpflichtend. Diese umfassen<br />

– in Absprache mit <strong>de</strong>n Schülern –<br />

klassische Sportarten, aber auch kleine<br />

Spiele, Fitness <strong>und</strong> Ausdauer, sowie<br />

Wan<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Klettern <strong>und</strong> eine<br />

Vertiefung im Bereich Schwimmen <strong>und</strong><br />

Wassersport (Erwerb <strong>de</strong>s Rettungsschwimmabzeichens<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Sportabzeichens).<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als Metho<strong>de</strong><br />

Seit <strong>de</strong>m Bestehen <strong>de</strong>s Psycho<strong>motorik</strong>kurssystems<br />

im Aktionskreis Psycho<strong>motorik</strong><br />

sind diese methodisch immer mit<br />

<strong>de</strong>m Schwerpunkt Selbsterfahrung<br />

konzipiert. Sicher ist dies einer <strong>de</strong>r<br />

Grün<strong>de</strong> <strong>für</strong> die lange Erfolgsgeschichte!<br />

Das ist ein <strong>de</strong>utlicher Gegensatz zu <strong>de</strong>n<br />

Fachschulausbildungen <strong>de</strong>r vergangenen<br />

Jahre, in <strong>de</strong>nen man sich nur<br />

zaghaft an diese Metho<strong>de</strong> heranwagte<br />

(vgl. Denzer 1999). Nicht ohne Gr<strong>und</strong><br />

ist <strong>de</strong>r schulische Kontext doch immer<br />

ein Bewertungs- <strong>und</strong> Selektionskontext.<br />

Seit ca. 15 Jahren fin<strong>de</strong>t – angeregt<br />

vom Verband <strong>de</strong>r Pädagogiklehrer/innen<br />

(VdP) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Verbreitung von Pädagogik<br />

als Unterrichtsfach auch im<br />

allgemein bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Schulwesen - eine<br />

angeregte fachdidaktische Entwicklung<br />

statt. In diesen neuen Konzeptionen<br />

wird nun - behutsamer als in <strong>de</strong>r<br />

gruppendynamisch wil<strong>de</strong>n Zeit <strong>de</strong>r 70er<br />

Jahre – auf die reflektierte <strong>und</strong><br />

vorsichtige Selbsterfahrung als unverzichtbarer<br />

Bereich <strong>de</strong>r Ausbildung<br />

zurückgegriffen. Die Bereitschaft, sich<br />

auf diese biografisch relevanten<br />

Ausbildungsmetho<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Inhalte<br />

einzulassen, ist eine Bedingung <strong>für</strong> die<br />

Zulassung zur Fachschule <strong>für</strong> Sozialpädagogik.<br />

Erfahrungsorientierte Metho<strong>de</strong>n<br />

verlangen aber an<strong>de</strong>re Strukturen in<br />

allen Dimensionen: Die Beziehung muss<br />

frei von Bewertungen sein können, <strong>de</strong>r<br />

Raum soll zu Spannung <strong>und</strong> Entspannung<br />

<strong>und</strong> zu kreativen, neuen Erfahrungen<br />

einla<strong>de</strong>n, die Zeit muss sich <strong>de</strong>m<br />

Inhalt <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Thema <strong>de</strong>s zu Lernen<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>m Tempo <strong>de</strong>r Lernen<strong>de</strong>n<br />

anpassen – verb<strong>und</strong>en mit einer hohen<br />

Verantwortungsbereitschaft bei <strong>de</strong>n<br />

Lehrer/innen <strong>und</strong> Schüler/innen. Das ist<br />

in normalen Schulumgebungen kaum<br />

anzutreffen. Deshalb haben wir uns zur<br />

Auslagerung dieser Elemente aus <strong>de</strong>m<br />

Schulalltag in die Blockwochen<br />

entschlossen.<br />

Die allgemeinen pädagogischen Inhalte<br />

<strong>de</strong>r Ausbildung wer<strong>de</strong>n über ihre<br />

Umsetzung in Bewegung in einem<br />

an<strong>de</strong>ren Kontext erfahrbar. Gruppendynamische<br />

Entwicklungen in einer<br />

Gruppe können z. B. durch Bewegungsaufgaben<br />

beobachtbar gemacht <strong>und</strong><br />

dargestellt wer<strong>de</strong>n. Dies ermöglicht ein<br />

hohes Maß an sozialer Wahrnehmung,<br />

stärkt Empathie <strong>und</strong> bil<strong>de</strong>t damit eine<br />

wichtige Voraussetzung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Beruf<br />

<strong>de</strong>r Erzieher/in. Die Lehrkraft bil<strong>de</strong>t bei<br />

diesen Formen <strong>de</strong>r Vermittlung ein<br />

gutes Mo<strong>de</strong>ll, wenn sie in <strong>de</strong>r Lage ist,<br />

sich ganzheitlich, also auch körperlich<br />

präsent zu zeigen <strong>und</strong> die Beziehung zu<br />

<strong>de</strong>n Inhalten <strong>und</strong> zu <strong>de</strong>n Schüler/innen<br />

auf einer guten wissenschaftlichen<br />

Gr<strong>und</strong>lage nach <strong>de</strong>n Prinzipien <strong>de</strong>r<br />

Themenzentrierten Interaktion (Ruth<br />

Cohn) zu gestalten.<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als Prinzip<br />

Mit <strong>de</strong>n Inhalten <strong>und</strong> <strong>de</strong>r selbsterfahrungsorientierten<br />

Metho<strong>de</strong> sind die<br />

Potenziale <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong> allerdings<br />

nicht erschöpft. Wie die Darstellung <strong>de</strong>s<br />

Handlungsfel<strong>de</strong>s zeigt, bieten sich<br />

psychomotorische Prinzipien auch als<br />

Leitlinie bei <strong>de</strong>r Gestaltung <strong>de</strong>s<br />

pädagogischen Alltages an. Die<br />

Zeitstrukturen sind so, dass sie einen<br />

Wechsel von Spannung <strong>und</strong> Entspannung<br />

zulassen. Mit einem Beginn um<br />

8.30 Uhr kommen wir <strong>de</strong>n Bedürfnissen<br />

vor allem <strong>de</strong>r Fahrschüler entgegen. Bis<br />

10.00 Uhr fin<strong>de</strong>t regelmäßig <strong>de</strong>r<br />

allgemein bil<strong>de</strong>n<strong>de</strong> 2-stündige Unterricht<br />

statt. Nach einer ausführlichen<br />

Pause, die auch Raum lässt <strong>für</strong> Bewegungsangebote,<br />

fin<strong>de</strong>t von 10.30 bis<br />

13.00 Uhr <strong>de</strong>r berufsbezogene Unterricht<br />

immer in einem Lernfeld statt. Die<br />

Zeitstruktur bestimmt die Lerngruppe<br />

mit <strong>de</strong>r verantwortlichen Lehrkraft.<br />

Darauf folgen praktische Einheiten mit<br />

67


68<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als gestalten<strong>de</strong>s Element in <strong>de</strong>r sozialpädagogischen Ausbildung<br />

Thema Inhalt Zeitstruktur<br />

Vorkurs Ankommen, • Fahrt nach Taizé (Religionspädagogischer 5 Tage Klassenfahrt<br />

orientieren, sich Schwerpunkt)<br />

entschei<strong>de</strong>n, • Basisqualifikation <strong>de</strong>r akM Kurs 1 5 Tage (Blockwoche)<br />

Rollenwechsel • Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport angstfrei<br />

erleben<br />

Am regelmäßigen Schultag: freitags<br />

Unterkurs Ausbildung aktiv • Erlebnispädagogik im Hochseilgarten 2 Tage<br />

mitgestalten, Teil • Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport, Erwerb <strong>de</strong>s Während <strong>de</strong>s Schuljahres 2-4 Wochen-<br />

eines Teams DLRG- <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Sportabzeichens<br />

st<strong>und</strong>en<br />

wer<strong>de</strong>n • Klassenfahrt zu einer Schneefreizeit 5 Tage (Exkursion)<br />

• Basisqualifikation <strong>de</strong>r akM Kurs 2 5 Tage (Blockwoche)<br />

Oberkurs Mit <strong>de</strong>r Gruppe • Erlebnispädagogik im Wald<br />

5 Tage<br />

gemeinsam etwas • Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport; Bewegungsein- Während <strong>de</strong>s Schuljahres 2–4 Wochen-<br />

leisten, auf heiten in einer 4. Gr<strong>und</strong>schulklasse anleiten st<strong>und</strong>en<br />

eigenen Beinen • Basisqualifikation <strong>de</strong>r akM Kurs 2 <strong>und</strong> 5 Tage Blockwoche<br />

stehen<br />

Anleitung zur Praxis<br />

Aner- Sich verabschie- • Reflexion <strong>de</strong>r Erfahrungen im Gruppen- Anteile in <strong>de</strong>r Supervision während <strong>de</strong>r<br />

kennungs<strong>de</strong>n, unterwegs dienst, körperliche Wahrnehmung <strong>de</strong>r 4 Blockwochen<br />

kurs sein<br />

Kin<strong>de</strong>r, Verwendbarkeit <strong>de</strong>s, in <strong>de</strong>r Ausbildung<br />

gelernten<br />

• Gemeinsame Tour (Wan<strong>de</strong>rn, Radfahren,<br />

Bootswan<strong>de</strong>rung)<br />

3 Tage<br />

<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>schule, welche<br />

im gleichen Gebäu<strong>de</strong> beschult wer<strong>de</strong>n<br />

o<strong>de</strong>r eigene Bewegungs- <strong>und</strong> Kreativeinheiten,<br />

sowie die Möglichkeit zum<br />

selbstständigen Lernen (verpflichtend).<br />

Die Räume sind so gestaltet, dass sie<br />

Ruhe <strong>und</strong> Rückzug, aber auch gemeinsames,<br />

bewegungsorientiertes Tun<br />

erlauben. Ziel ist es, in einer „Ges<strong>und</strong>en<br />

Schule“ zu leben, zu lernen <strong>und</strong> zu<br />

arbeiten (vgl. www.anschub.<strong>de</strong>). 9<br />

Schwerpunkte <strong>de</strong>r Ausbildung<br />

über 4 Jahre:<br />

Inhaltlich sind die Anteile von Bewegung,<br />

Spiel <strong>und</strong> Sport zur Vermittlung<br />

von psychomotorischen Handlungskompetenzen<br />

zwischen Intensiveinheiten<br />

(Blockwochen) <strong>und</strong> regelmäßigen<br />

Angeboten verteilt. Die Zusammenarbeit<br />

mit Outward Bo<strong>und</strong> soll <strong>de</strong>n frühen<br />

Kontakt mit <strong>de</strong>r Erlebnispädagogik<br />

ermöglichen, die in <strong>de</strong>r Jugendhilfe eine<br />

wesentliche Rolle als therapeutisches<br />

Angebot spielt. Daneben fährt je<strong>de</strong><br />

Klasse einmal im Jahr auf eine Klassenfahrt<br />

mit einem spezifischen Thema.<br />

Die gezeigten Inhalte sind im Ausbildungsprogramm<br />

so zu entwickeln, dass<br />

9 Dass dies Ziel, <strong>und</strong> noch nicht Realität ist, zeigt<br />

<strong>de</strong>r hohe Raucheranteil unter unseren Schüler/<br />

innen. Aber wir arbeiten daran.<br />

- in Form eines Spiralcurriculums – <strong>de</strong>r<br />

Aspekt von Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport<br />

immer wie<strong>de</strong>r ein zentraler Ausbildungsteil<br />

ist. Hier einige Meilensteine,<br />

die unsere methodisch-didaktische<br />

Arbeit strukturieren:<br />

Vorkurs: Ziel: Berufsentscheidung<br />

f<strong>und</strong>ieren – Vorauszusetzen<strong>de</strong><br />

Fähigkeiten überprüfen<br />

Über ein Jahr sind die Interessent/innen<br />

an einer Ausbildung zur Erzieher/in in<br />

einem Doppelstatus: sie arbeiten in <strong>de</strong>r<br />

Praxiseinrichtung <strong>und</strong> besuchen die<br />

Schule im Zeitverhältnis ¾ zu ¼. Als<br />

Praktikant/innen haben sie die Gelegenheit<br />

ihre Berufsentscheidung gründlich<br />

<strong>und</strong> unter schulischer Anleitung zu<br />

überprüfen. Die schulische Aufgabe in<br />

dieser Zeit ist es, die notwendigen<br />

Reflexionsprozesse anzustoßen <strong>und</strong> zu<br />

begleiten, so dass sozialpädagogisches<br />

Wahrnehmen, Beobachten, Planen,<br />

Han<strong>de</strong>ln <strong>und</strong> Beurteilen <strong>de</strong>utlich wird.<br />

Daneben wer<strong>de</strong>n Lern- <strong>und</strong> Arbeitstechniken<br />

vermittelt, die im späteren<br />

projekt- <strong>und</strong> gruppenorientierten<br />

Unterricht benötigt wer<strong>de</strong>n. Darüber<br />

hinaus wird ein Überblick über das<br />

sozialpädagogische Arbeitsfeld durch<br />

Exkursionen, Fachtage u.s.w. geboten.<br />

Ebenso gilt diese Zeit aber auch <strong>de</strong>r<br />

Überprüfung <strong>de</strong>r notwendigen Voraus-<br />

setzungen <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Erzieher/innenberuf.<br />

Vor allem die erzieherischen Kernkompetenzen<br />

wie kommunikative Fähigkeiten,<br />

Zuverlässigkeit <strong>und</strong> Eigenständigkeit<br />

im Alltag, überdauern<strong>de</strong><br />

Motivation, Fähigkeit zur Teamarbeit,<br />

intellektuelle Leistungsfähigkeit,<br />

persönliche Stabilität in physischer <strong>und</strong><br />

psychischer Hinsicht sind von Lehrkräften,<br />

Praxisanleiter/innen <strong>und</strong> Mitauszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

wahrzunehmen, rückzumel<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> zu beurteilen.<br />

Für die Ausbildung im psychomotorischen<br />

Feld ist die Gelegenheit zur<br />

Aufarbeitung <strong>de</strong>r (oft!) schlechten bis<br />

traumatischen Erfahrungen im Sportunterricht<br />

zu nutzen. Eigene Erfahrungen<br />

im Bewegungsbereich wer<strong>de</strong>n reflektiert<br />

<strong>und</strong> erweitert. Regelmäßige<br />

Bewegungsspiele in <strong>de</strong>r Ausbildungsgruppe<br />

sollen die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

mit <strong>de</strong>r eigenen physischen Leistungsfähigkeit<br />

för<strong>de</strong>rn 10 .<br />

Körperbezogene Ausbildungselemente<br />

wer<strong>de</strong>n in die Arbeit intensiv einbezogen,<br />

da sie in beson<strong>de</strong>rem Maße die<br />

Persönlichkeitsentwicklung för<strong>de</strong>rn.<br />

Dies können im einzelnen Haltungs-<br />

<strong>und</strong> Bewegungsanalysen sein, Stimm-<br />

<strong>und</strong> Atemarbeit, aber auch erlebnis-<br />

10 Das Sportabzeichen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n DLRG Gr<strong>und</strong>schein<br />

zu absolvieren wären an dieser Stelle<br />

I<strong>de</strong>alziele.


pädagogische Aktionen im Outdoor-<br />

Bereich mit <strong>de</strong>m Augenmerk auf <strong>de</strong>r<br />

Gruppendynamik. Wer sich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Beruf entschei<strong>de</strong>t <strong>und</strong> als geeignet<br />

eingeschätzt wird, kennt also bereits<br />

die Arbeitstechniken <strong>und</strong> Herausfor<strong>de</strong>rungen,<br />

die während <strong>de</strong>r Ausbildungszeit<br />

auf sie/ihn warten.<br />

Unterkurs: Gr<strong>und</strong>kenntnisse<br />

Sozialpädagogik<br />

Lernfel<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s ersten Ausbildungsjahres<br />

sind:<br />

(1) Wahrnehmen <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />

Entwicklung von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen:<br />

Es wer<strong>de</strong>n Mo<strong>de</strong>lle von Entwicklung<br />

miteinan<strong>de</strong>r verglichen, Fragen an<br />

Faktoren von Entwicklung (endogen,<br />

exogen, …) formuliert, anthropologische<br />

Voraussetzungen von Erziehung <strong>und</strong><br />

Entwicklung gelernt, Kenntnisse<br />

phasenspezifischer Verhaltensweisen<br />

<strong>und</strong> Fähigkeiten angeeignet sowie<br />

günstige Bedingungen <strong>für</strong> Entwicklung,<br />

hin<strong>de</strong>rliches <strong>und</strong> hemmen<strong>de</strong>s <strong>für</strong><br />

Entwicklung kennen gelernt.<br />

Aus <strong>de</strong>r Sicht <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong><br />

wer<strong>de</strong>n Inhalte angeboten wie:<br />

psychomotorische Entwicklung,<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Handgeschicklichkeit,<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r Sinnessysteme <strong>und</strong><br />

För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Wahrnehmung in diesen<br />

Bereichen, Bewegungsbeobachtung.<br />

(2) Pädagogische Angebote <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r<br />

<strong>und</strong> Jugendliche planen <strong>und</strong><br />

durchführen:<br />

Es wer<strong>de</strong>n Planungsmo<strong>de</strong>lle dargestellt<br />

<strong>und</strong> diskutiert, Voraussetzungen<br />

pädagogischer Arbeit eruiert, Wege, um<br />

Ziele zu fin<strong>de</strong>n, festzulegen <strong>und</strong> zu<br />

formulieren, erarbeitet. Konkrete<br />

Angebote wer<strong>de</strong>n unter <strong>de</strong>m Aspekt von<br />

prozess- <strong>und</strong> zielorientiertem Arbeiten<br />

geplant, durchgeführt <strong>und</strong> reflektiert.<br />

Dabei haben die Schüler/innen die<br />

Gelegenheit, kleinere Einheiten unter<br />

kollegialer <strong>und</strong> Lehreranleitung mit<br />

Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen in unterschiedlichen<br />

Kontexten durchzuführen.<br />

(3) Die Gruppe als Sozialisationsinstanz<br />

wahrnehmen <strong>und</strong> leiten<br />

Neben einer intensiven theoretischen<br />

Einheit zu: Rollenbegriff, Beziehungen –<br />

Bindungen, Sozialisation durch die<br />

<strong>und</strong> in <strong>de</strong>r Gruppe, Gruppenprozesse,<br />

Gruppenphasen, geht es um die<br />

Paul-Georg Berthold<br />

Lernen in Bewegung –<br />

Erlebnisorientiertes Arbeiten im Vorkurs einer Fachschule<br />

<strong>für</strong> Sozialpädagogik<br />

Erlebnispädagogik auf <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Tatsachen zu holen ist ein Anliegen, das<br />

im wahrsten Sinne <strong>de</strong>s Wortes mit Hilfe <strong>de</strong>r Teamparcours in <strong>de</strong>n Hochseilgärten<br />

schon lange Einzug gehalten hat. Ziel ist die Teambildung jenseits schwin<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>r<br />

Höhen. Im Mittelpunkt steht immer die gesamte Gruppe, die entwe<strong>de</strong>r<br />

gemeinsam die gestellte Aufgabe zu lösen vermag o<strong>de</strong>r gemeinsam scheitert.<br />

Teamverantwortliches Denken <strong>und</strong> Han<strong>de</strong>ln sind gefragt. Die Materialien sind<br />

erschwinglich, <strong>de</strong>r Platzbedarf im alltäglichen Rahmen gegeben. Aufgabe <strong>de</strong>r<br />

Schüler/innen war es, eine Distanz von 6 Metern mit Hilfe von 2 Bohlen mit<br />

einer Länge von 2 Metern <strong>und</strong> 3 Pontons mit 10 cm Durchmesser zu überwin<strong>de</strong>n.<br />

Die Pontons wur<strong>de</strong>n aus Abflussrohren hergestellt, die mit Beton ausgegossen<br />

wur<strong>de</strong>n. Anschließend wur<strong>de</strong>n sie mit Moosgummi (Isomatte) ummantelt.<br />

Nur die Pontons durften <strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Distanzstrecke berühren. Anfang<br />

<strong>und</strong> En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Strecke waren durch Gymnastikmatten gekennzeichnet.<br />

„Wir schaffen das in weniger als 1 St<strong>und</strong>e“ war die durchaus realistische<br />

Einschätzung <strong>de</strong>r Teilnehmer/innen. Es wur<strong>de</strong> eine spannen<strong>de</strong> St<strong>und</strong>e, die am<br />

En<strong>de</strong> vom gemeinsamen Erfolg gekrönt war <strong>und</strong> einen konkreten Beitrag<br />

leistete, die Gruppe <strong>für</strong> die bevorstehen<strong>de</strong> dreijährige Ausbildungszeit ein Stück<br />

weit zusammenzuführen.<br />

Zwei Bohlen <strong>und</strong> drei Reststücke einer Abflussröhre waren genügend Material,<br />

um das pädagogische Anliegen <strong>de</strong>r Teamparcours <strong>de</strong>utlich zu machen: die<br />

Aufgabenstellung ist ein<strong>de</strong>utig <strong>und</strong> klar, <strong>de</strong>r Lösungsweg muss von allen<br />

gef<strong>und</strong>en <strong>und</strong> gegangen wer<strong>de</strong>n.<br />

konkrete Einübung in <strong>de</strong>r Leitung<br />

von Gruppen. Dies fin<strong>de</strong>t zunächst<br />

unter Anleitung in <strong>de</strong>r eigenen Klasse<br />

statt.<br />

Oberkurs: Professionelles, zielgruppenorientiertes<br />

Planen <strong>und</strong> Durchführen<br />

von Erziehung<br />

Erarbeitung <strong>de</strong>r Fähigkeiten, um <strong>de</strong>n<br />

Entwicklungsstand von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen aufgr<strong>und</strong> wissenschaftlicher<br />

Standards festzustellen.<br />

In Rollen- <strong>und</strong> Planspielen wer<strong>de</strong>n<br />

spezifische Handlungssituationen <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe geplant, durchgeführt<br />

<strong>und</strong> reflektiert:<br />

• Die Aufnahme eines Kin<strong>de</strong>s<br />

• Das Hilfeplangespräch mit <strong>de</strong>r<br />

Entwicklung <strong>und</strong> Festlegung <strong>de</strong>s<br />

Hilfeplans<br />

• Die schulische Begleitung <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s,<br />

insbeson<strong>de</strong>re die Gestaltung <strong>de</strong>r<br />

Hausaufgabensituation.<br />

Im Mittelpunkt <strong>de</strong>r Vermittlung von<br />

psychomotorischen Handlungskompetenzen<br />

steht die Anleitung von Bewegungsst<strong>und</strong>en<br />

<strong>und</strong> Spielsituationen im<br />

Rahmen <strong>de</strong>s Sportunterrichts einer 4.<br />

Gr<strong>und</strong>schulklasse in Kleingruppen. Dies<br />

geschieht in Kooperation mit <strong>de</strong>r<br />

Gr<strong>und</strong>schule, <strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>r von einem<br />

lebendigen <strong>und</strong> aufwändigen Bewegungsunterricht<br />

profitieren.<br />

69


70<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als gestalten<strong>de</strong>s Element in <strong>de</strong>r sozialpädagogischen Ausbildung<br />

Anerkennungskurs: Reflektiertes<br />

pädagogisches Han<strong>de</strong>ln in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

Nach Abschluss <strong>de</strong>s Oberkurses sind die<br />

Absolventen – nun als Erzieher/innen<br />

im Anerkennungsjahr – Teil eines Teams<br />

in einer Jugendhilfeeinrichtung. Mit <strong>de</strong>r<br />

Schule sind sie über die betreu-<br />

en<strong>de</strong> Lehrkraft <strong>und</strong> die Blockwochen<br />

verb<strong>und</strong>en. Das Umsetzen folgen<strong>de</strong>r<br />

Gr<strong>und</strong>handlungen sollte nun selbstverständlich<br />

vollzogen wer<strong>de</strong>n können:<br />

Pädagogisches Gr<strong>und</strong>verständnis zeigen,<br />

beruhend auf Achtung <strong>und</strong> Dialog; in<br />

Team <strong>und</strong> Einzelarbeit sind Selbständigkeit<br />

<strong>und</strong> Selbstverantwortung zu<br />

beobachten, das soziale Miteinan<strong>de</strong>r in<br />

<strong>de</strong>r Gruppe wird abwechslungsreich,<br />

vielseitig bewegungsorientiert <strong>und</strong><br />

situationsbezogen, aber auch in<br />

Beachtung <strong>de</strong>r gelten<strong>de</strong>n Hilfepläne<br />

gestaltet. Dabei sollte <strong>de</strong>r Orientierung<br />

an Körper, Bewegung <strong>und</strong> Spiel Rechnung<br />

getragen wer<strong>de</strong>n. Alle Anfor<strong>de</strong>rungen<br />

an eine Fachkraft im Erziehungsdienst<br />

wer<strong>de</strong>n im Laufe <strong>de</strong>s Jahres<br />

selbstständig <strong>und</strong> korrekt bewältigt.<br />

Ausblick<br />

Im Laufe <strong>de</strong>r Ausbildung verän<strong>de</strong>rt sich<br />

also <strong>de</strong>r Schwerpunkt im Bewegungsbereich<br />

von <strong>de</strong>r Selbsterfahrung hin zur<br />

selbständigen Anwendung <strong>und</strong> Evaluation.<br />

Im dritten Jahr arbeiten wir nun<br />

an <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>m Lernfeldkonzept. Seit<br />

zwei Jahren mit <strong>de</strong>m Schwerpunkt im<br />

Bereich Psycho<strong>motorik</strong> in ihrer umfassen<strong>de</strong>n<br />

Be<strong>de</strong>utung.<br />

Seit einem Jahr haben wir sehr gute<br />

Bedingungen, was das Raumangebot<br />

<strong>und</strong> die Möglichkeit <strong>für</strong> schulbegleiten<strong>de</strong><br />

Praktika 11 unter direkter Anleitung<br />

durch die Lehrkräfte <strong>de</strong>r Schule angeht.<br />

11 Unsere Räume befin<strong>de</strong>n sich im Gebäu<strong>de</strong> einer<br />

Gr<strong>und</strong>schule mit 200 Kin<strong>de</strong>rn multikultureller<br />

Herkunft!<br />

Wir sehen die erheblichen Fortschritte<br />

in <strong>de</strong>r Selbstständigkeit <strong>und</strong> hohen<br />

Kompetenz, die unsere Schüler/innen in<br />

das Arbeitsfeld mitbringen. Auch in <strong>de</strong>r<br />

Vergangenheit war durch die heimbezogenen<br />

Praktika <strong>und</strong> die strikte Ausrichtung<br />

auf die Jugendhilfe in <strong>de</strong>r Theorie,<br />

die Übernahme in das Arbeitsfeld <strong>und</strong><br />

die Zusammenarbeit <strong>de</strong>r Einrichtungen<br />

mit <strong>de</strong>r Schule gut, wir hoffen durch die<br />

qualitative Verbesserung im Bereich <strong>de</strong>r<br />

psychomotorisch orientierten Persönlichkeitsför<strong>de</strong>rung<br />

diesen Standard<br />

weiter zu steigern.<br />

Eine Berufsausbildung zu absolvieren ist<br />

eine zentrale Entwicklungsaufgabe! In<br />

<strong>de</strong>r engen Begleitung, die durch <strong>de</strong>n<br />

schulischen Kontext gegeben ist, liegt<br />

dabei eine große Chance <strong>für</strong> die<br />

Auszubil<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n, die sich darauf<br />

einlassen können. Die Rückmeldungen<br />

im Rahmen <strong>de</strong>r Qualitätssicherung, die<br />

regelmäßig anonym von <strong>de</strong>n Klassen<br />

<strong>und</strong> beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n Absolventinnen<br />

eingefor<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n, zeigen, wie<br />

bewusst auch ihnen die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s<br />

biografischen Lernens <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Selbsterfahrung<br />

in allen Bereichen <strong>de</strong>r erzieherischen<br />

Arbeit ist. Dies gilt insbeson<strong>de</strong>re<br />

<strong>für</strong> die wesentliche Herausfor<strong>de</strong>rung in<br />

<strong>de</strong>r Jugendhilfe: <strong>de</strong>r Fähigkeit zu einer<br />

konstruktiven Teamarbeit. Sie benötigt<br />

Standfestigkeit <strong>und</strong> Anpassungsvermögen.<br />

Um diese Eigenschaften in <strong>de</strong>r<br />

Ausbildung zu vertiefen, geht kein Weg<br />

an erfahrungsorientierten, psychomotorischen<br />

Metho<strong>de</strong>n vorbei!<br />

Den Gewinn sollten die AbsolventInnen,<br />

die Kin<strong>de</strong>r – <strong>und</strong> Jugendlichen <strong>und</strong><br />

damit auch die Träger <strong>de</strong>r Jugendhilfeeinrichtungen<br />

haben.<br />

Literatur:<br />

Aucouturier, B. (2006): Der Ansatz<br />

Aucouturier – Handlungsfantasmen<br />

<strong>und</strong> psychomotorische<br />

Praxis. Bonn: proiecta.<br />

Denzer, M. (1999): Erfahrungsorientierte<br />

Elemente in <strong>de</strong>r Ausbildung<br />

von Kin<strong>de</strong>rpflegerinnen –<br />

unveröffentlichte Zulassungs-<br />

arbeit zum zweiten Staats-<br />

examen <strong>für</strong> das Lehramt an<br />

beruflichen Schulen Neunkirchen<br />

(1999).<br />

Dräbing, R. (2006): Bewegung, Spiel<br />

<strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>n Ausbildungsgängen<br />

an Fachhochschulen in<br />

NRW. In: Dräbing, R.: Kin<strong>de</strong>r<br />

brauchen Bewegung! Bewegung<br />

in <strong>de</strong>r Jugendhilfe? Aachen:<br />

Meyer & Meyer. S. 338–348.<br />

Flosdorf, P. (1988): Theorie <strong>und</strong><br />

Praxis stationärer Erziehungshilfe,<br />

Bd. 2. Freiburg i. Br.:<br />

Lambertus.<br />

Gün<strong>de</strong>r, R. (2007): Praxis <strong>und</strong><br />

Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Heimerziehung –<br />

Entwicklungen, Verän<strong>de</strong>rungen<br />

<strong>und</strong> Perspektiven <strong>de</strong>r stationären<br />

Erziehungshilfe. Freiburg i. Br.:<br />

Lambertus.<br />

Hammer, R. (2001): Bewegung allein<br />

genügt nicht. Dortm<strong>und</strong>:<br />

mo<strong>de</strong>rnes lernen.<br />

IgfH (2007): Forum Erziehungshilfe<br />

Heft 1/2007, Themenschwerpunkt<br />

„Körperlichkeit“.<br />

Krüger, F. W. (2001) : Ausbildungskonzepte<br />

an Berufsfachschulen<br />

<strong>und</strong> Fachschulen <strong>für</strong> Sozialpädagogik<br />

im Bereich Bewegungserziehung/Sport.<br />

In: Zimmer, R./<br />

Hunger, I.: Kindheit in Bewegung.<br />

Schorndorf: Hofmann.<br />

S. 195–202.<br />

Macsenaere, M. (2006): 10 Jahre<br />

Wirkungsforschung in <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe: Welche<br />

Bef<strong>und</strong>e lassen sich daraus <strong>für</strong><br />

die Psycho<strong>motorik</strong> gewinnen?<br />

<strong>motorik</strong> 4, S. 194–200.<br />

Mahlke, W./Schwarte, N. (1989):<br />

Raum <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r. Weinheim:<br />

Beltz.


Albert Müller<br />

Der „Semisport“ – ein Beispiel wirkungsvoller<br />

Theorie-Praxis-Vernetzung<br />

im Überregionalen Beratungs- <strong>und</strong><br />

Behandlungszentrum (ÜBBZ) Würzburg<br />

Da es das Ziel heilpädagogischer Ausbildung ist, die fachlichen, handlungs- <strong>und</strong><br />

personenbezogenen Kompetenzen angehen<strong>de</strong>r Heilpädagoginnen zu differenzieren<br />

<strong>und</strong> zu erweitern, müssen Berufs- <strong>und</strong> Lebenserfahrung, theoretisches Fachwissen<br />

<strong>und</strong> heilpädagogische Handlungskompetenzen angemessen integriert wer<strong>de</strong>n. Dies<br />

geschieht u.a. in <strong>de</strong>r spezifischen Lehr- <strong>und</strong> Lernform <strong>de</strong>s Praxisfel<strong>de</strong>s. Hier wird ein<br />

kontextangemessener Transfer von fachtheoretischem Handlungswissen auf<br />

verschie<strong>de</strong>ne heilpädagogische Problemstellungen <strong>und</strong> Tätigkeitsfel<strong>de</strong>r geleistet.<br />

Die anvisierte Theorie – Praxis – Vernetzung heilpädagogischer Vollzeitausbildung<br />

wird am Beispiel <strong>de</strong>s Metho<strong>de</strong>nfachs- <strong>und</strong> Praxisfel<strong>de</strong>s „Motopädagogische <strong>und</strong><br />

mototherapeutische För<strong>de</strong>rung von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen mit Verhaltensstörungen“<br />

dargestellt. Da diese Terminologie im alltäglichen Sprachgebrauch zu umständlich<br />

ist, hat sich im Verlauf <strong>de</strong>r Jahre bei <strong>de</strong>n betroffenen Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Begriff<br />

„Semisport“ eingebürgert.<br />

Organisatorisches zum<br />

„Semisport“<br />

Konzeptuell ist <strong>de</strong>r „Semisport“ im<br />

Therapeutischen Heim St. Josef <strong>und</strong> im<br />

Heilpädagogischen Seminar verankert.<br />

Bei<strong>de</strong> Institutionen sind Teil <strong>de</strong>s ÜBBZ.<br />

„Semisport“ im Unterschied zum „Spiel<br />

– Sport“ heißt diese Aktivität <strong>de</strong>shalb,<br />

weil die Kin<strong>de</strong>r in diesem Konzept mit<br />

<strong>de</strong>n Studieren<strong>de</strong>n <strong>de</strong>s Heilpädagogischen<br />

Seminars zu tun haben, die sich<br />

Handlungskompetenz in diesem<br />

Metho<strong>de</strong>nfach erwerben wollen.<br />

Inhaltlich ist <strong>de</strong>r „Semisport“ in vielen<br />

wichtigen Teilen mit <strong>de</strong>m „Spiel –<br />

Sport“ Konzept vergleichbar. Die<br />

Unterschie<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n im Fortgang <strong>de</strong>r<br />

Beschreibung <strong>de</strong>s Konzepts entsprechend<br />

<strong>de</strong>utlich gemacht.<br />

Jeweils zwei Studieren<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Heilpädagogischen<br />

Seminar gestalten wöchentlich<br />

dienstags <strong>und</strong> donnerstags von<br />

12:00–13:00 psychomotorische<br />

För<strong>de</strong>rst<strong>und</strong>en <strong>für</strong> eine Gruppe von<br />

Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s therapeutischen Heimes St.<br />

Josef. Die Planung <strong>und</strong> Gestaltung<br />

dieses Gruppenkonzeptes liegen in <strong>de</strong>r<br />

Verantwortung <strong>de</strong>s jeweiligen Leiterpairings.<br />

Die einzelnen Einheiten wer<strong>de</strong>n<br />

regelmäßig durch die Spiegelscheiben-<br />

beobachtung begleitet <strong>und</strong> in <strong>de</strong>r sich<br />

anschließen<strong>de</strong>n Praxisanleitung reflexiv<br />

<strong>und</strong> prospektiv ausgewertet. In einem<br />

Schuljahr wer<strong>de</strong>n ca. 45 bis 50 „Semisport“-Einheiten<br />

absolviert, so dass<br />

je<strong>de</strong>s Leiterpaar eigenverantwortlich<br />

min<strong>de</strong>stens 15 Einheiten durchführt<br />

<strong>und</strong> die restliche Zeit durch Verhaltensbeobachtung<br />

<strong>und</strong> Praxisanleitung die<br />

Kolleginnen unterstützt. Seit 1981<br />

führen wir dieses Konzept durch.<br />

Die momentane „Semisport“-Gruppe<br />

besteht aus 2 Mädchen <strong>und</strong> 6 Jungen<br />

im Alter von 7–11 Jahren. Die Kin<strong>de</strong>r<br />

leben in drei unterschiedlichen Heimgruppen<br />

(„blaue“, „grüne“ <strong>und</strong> „5-<br />

Tagegruppe“) <strong>de</strong>s therapeutischen<br />

Heimes St. Josef <strong>und</strong> besuchen dieselbe<br />

Heimklasse <strong>de</strong>r Elisabeth-Weber-<br />

Schule, einer För<strong>de</strong>rschule zur Erziehungshilfe,<br />

die in das Maßnahmekonzept<br />

<strong>de</strong>s Therapeutischen Heimes<br />

integriert ist <strong>und</strong> zum ÜBBZ-Verb<strong>und</strong><br />

gehört.<br />

Aus diesem Gr<strong>und</strong> kann <strong>für</strong> alle Kin<strong>de</strong>r<br />

ein gemeinsamer St<strong>und</strong>enbeginn<br />

organisiert wer<strong>de</strong>n. Die St<strong>und</strong>e beginnt<br />

mit <strong>de</strong>m Abholen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r im<br />

Pausenhof, wobei die Möglichkeit eines<br />

kurzen Austausches zwischen Heilpädagogin<br />

<strong>und</strong> Lehrerin genutzt wird. Im<br />

Anschluss <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e besteht die<br />

Möglichkeit eines Austausches zwischen<br />

Heilpädagogin <strong>und</strong> Erziehern<br />

<strong>de</strong>r jeweiligen Gruppe. Diese aktuellen<br />

Kommunikationsmöglichkeiten<br />

wer<strong>de</strong>n vor allem genutzt, um die<br />

einzelnen Übergänge, die die Kin<strong>de</strong>r<br />

zu leisten haben, reibungsloser zu<br />

gestalten.<br />

Die wöchentlich stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Erziehungsplankonferenz<br />

(EPK) <strong>de</strong>s therapeutischen<br />

Heimes repräsentiert jedoch<br />

die eigentliche Informations- <strong>und</strong><br />

Kommunikationsbörse. Hier laufen alle<br />

Informationen über das Lebensfeld<br />

„Heim“ zusammen <strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n daraufhin<br />

fokussiert, ob die Zielerreichung im<br />

Sinne einer person- <strong>und</strong> umweltorientierten<br />

Entwicklungsverän<strong>de</strong>rung<br />

gegeben ist.<br />

Die Kin<strong>de</strong>rgruppe<br />

Die Symptomatik <strong>de</strong>r Aufmerksamkeits<strong>de</strong>fizit-Hyperaktivitätsstörung<br />

(ADHD)<br />

imponiert bei einem Großteil <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r.<br />

Hier han<strong>de</strong>lt es sich um eine im<br />

Gr<strong>und</strong>schulalter häufige, meist persistieren<strong>de</strong><br />

Problematik, mit hoher<br />

psychiatrischer Komorbidität <strong>und</strong><br />

erheblich ungünstiger Auswirkung auf<br />

die Gesamtentwicklung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r.<br />

Daher kommt einer rechtzeitigen<br />

heilpädagogischen För<strong>de</strong>rung <strong>und</strong><br />

Behandlung individueller <strong>und</strong> sozialer<br />

Kompetenzen ein hoher Stellenwert zu.<br />

Die heilpädagogische För<strong>de</strong>rung wird<br />

durch medizinische Maßnahmen<br />

gestützt. Symptomkriterien <strong>de</strong>r ADHD<br />

betreffen die Aufmerksamkeit (Konzentrationsmangel,<br />

Ablenkbarkeit, kurze<br />

Aufmerksamkeitsspanne), Impulssteuerung<br />

(mangeln<strong>de</strong> kognitive Impulskontrolle)<br />

<strong>de</strong>r körperlichen Aktivität<br />

(vermehrte motorische Unruhe,<br />

Hyperaktivität). Diese Kin<strong>de</strong>r wer<strong>de</strong>n<br />

71


72<br />

Der „Semisport“ – ein Beispiel wirkungsvoller Theorie-Praxis-Vernetzung<br />

häufig <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen an die<br />

selektive Aufmerksamkeit, an die<br />

Modulation <strong>de</strong>r Aufgabenwechselprozesse,<br />

an die Antizipation, an die strategischen<br />

Planungsprozesse, an die<br />

kognitive <strong>und</strong> emotive Kontrolle, an das<br />

Arbeitsgedächtnis, <strong>de</strong>n Gedächtnisabruf<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Antrieb nicht gerecht.<br />

Bei fast allen Kin<strong>de</strong>rn ist diese psychiatrische<br />

ADHD Diagnose gekoppelt mit<br />

sozialer Opposition <strong>und</strong> Aggressivität<br />

(Dissozialität) ohne eine Aussage<br />

darüber zu treffen, wie die Ursache –<br />

Wirkverhältnisse sich zusammensetzen.<br />

Die Mischung allerdings ist immer eine<br />

brisante, ja explosive. Die Mehrzahl <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r kommt aus überlasteten<br />

Familien <strong>und</strong> wird durch „Überfor<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Mutter als verbleiben<strong>de</strong><br />

Erziehungsperson nach Scheidung“ <strong>und</strong><br />

durch intrafamiliale Kommunikationsprobleme<br />

(Gewalt, Misshandlung) stark<br />

belastet. Zu<strong>de</strong>m leben viele Kin<strong>de</strong>r<br />

unter chronifizierten Belastungen, die<br />

länger als ein halbes Jahr andauern.<br />

Hier ist vor allem gemeint, dass<br />

elterliche Beziehungen durch Trennung<br />

<strong>und</strong> Streit extrem angespannt sind <strong>und</strong>/<br />

o<strong>de</strong>r dass chronisch extreme Vernachlässigung<br />

(emotional, normativ <strong>und</strong><br />

physisch) besteht. Aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

rückt nicht nur das Kind individuumsorientiert<br />

in <strong>de</strong>n therapeutischen<br />

Albert Müller<br />

Dipl.-Pädagoge, Dipl.-Sportlehrer<br />

Ausbildungsleiter <strong>und</strong> Dozent <strong>de</strong>r<br />

FAK-Heilpädagogik Würzburg;<br />

Schwerpunkte: Entwicklungsför<strong>de</strong>rung<br />

von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen mit<br />

massiven Störungen <strong>de</strong>s Erlebens <strong>und</strong><br />

Verhaltens.<br />

Anschrift <strong>de</strong>s Verfassers:<br />

ÜBBZ<br />

Wilhelm-Dahl-Str. 19<br />

97070 Würzburg<br />

Blickpunkt, son<strong>de</strong>rn auch das Familiensystem;<br />

d. h. die Elternarbeit <strong>und</strong><br />

Elterntherapie stellt ein eigenständiges<br />

Konzept innerhalb <strong>de</strong>r För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />

Kin<strong>de</strong>s dar. Nicht nur das Kind, son<strong>de</strong>rn<br />

auch das Umfeld wird begleitet <strong>und</strong><br />

unterstützt.<br />

Der „Semisport“<br />

Damit Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche mit <strong>de</strong>n<br />

oben beschriebenen tiefgreifen<strong>de</strong>n<br />

Entwicklungs- <strong>und</strong> Beziehungsstörungen<br />

<strong>de</strong>n notwendigen emotiven <strong>und</strong><br />

normativen Halt zum Aufbau von<br />

Eigenkontrolle, von prosozialen<br />

Einstellungen <strong>und</strong> Haltungen gewinnen<br />

können, braucht es zeitliche <strong>und</strong><br />

personale Präsenz <strong>und</strong> Responsivität <strong>de</strong>r<br />

Heilpädagoginnen. So drängt sich hier<br />

die Frage auf, ob <strong>de</strong>r Wechsel <strong>de</strong>r<br />

Leiterinnen <strong>für</strong> die Kin<strong>de</strong>rgruppe nicht<br />

eine überfor<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Zumutung darstellt.<br />

Viel besser wäre ja die Konstanz <strong>und</strong><br />

Stabilität <strong>de</strong>r Bezugspersonen über <strong>de</strong>n<br />

Zeitraum eines Schuljahres. In <strong>de</strong>r Tat<br />

wer<strong>de</strong>n die personellen Übergänge sehr<br />

sensibel bedacht <strong>und</strong> die Kin<strong>de</strong>r<br />

rechtzeitig darauf vorbereitet. Hinsichtlich<br />

<strong>de</strong>r Ziele <strong>und</strong> Interventionen<br />

besteht durch die regelmäßig stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong><br />

Praxisanleitung eine verbindliche<br />

Setzung, so dass die Gruppe nicht durch<br />

permanent neue Regeln <strong>und</strong> Normen<br />

überfor<strong>de</strong>rt wird. Es ist allerdings nicht<br />

von <strong>de</strong>r Hand zu weisen, dass <strong>de</strong>r Personenwechsel<br />

mit <strong>de</strong>n damit verb<strong>und</strong>enen<br />

neuen sozialen Wahrnehmungen <strong>und</strong><br />

Verän<strong>de</strong>rungsnuancen eine starke<br />

Herausfor<strong>de</strong>rung kindlicher Organisationskompetenz<br />

mit sich bringt. Es wird<br />

das neuerliche Ausprobieren <strong>de</strong>r<br />

Grenzen ins Feld geführt. Es wird um<br />

die Verteilung neuer Rangordnungen<br />

<strong>und</strong> Anerkennung gekämpft. Dieser<br />

Wechsel bietet somit auch die Möglichkeit,<br />

prozessdiagnostisch die Stabilität<br />

<strong>de</strong>r Selbststeuerung im Sinne <strong>de</strong>s<br />

„inneren Haltes“ eines Kin<strong>de</strong>s zu<br />

überprüfen <strong>und</strong> zu stützen.<br />

Trotz dieser einschränken<strong>de</strong>n Bedingungen<br />

wird die individuelle <strong>und</strong> soziale<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s „Semisports“ im Verb<strong>und</strong><br />

mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Metho<strong>de</strong>nkonzepten<br />

<strong>de</strong>s Therapeutischen Heimes betont.<br />

Dieses Konzept trägt zum Aufbau <strong>und</strong><br />

zur För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Eigeninitiative, <strong>de</strong>r<br />

Entwicklung von prosozialen Einstellungen,<br />

Verhaltensweisen <strong>und</strong> Werten bei.<br />

Daneben gewinnt <strong>de</strong>r „Semisport“<br />

zusätzliche erzieherische <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Be<strong>de</strong>utung als Ausgleich<br />

<strong>und</strong> Entspannung, als Ges<strong>und</strong>heitsvorsorge<br />

gera<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>r Folie von Technisierung<br />

<strong>und</strong> Wan<strong>de</strong>l unserer Lebensbedingungen<br />

hinsichtlich Internet,<br />

Medien, Zunahme chronischer Erkrankungen.<br />

Im „Semisport“ wird ein sowohl<br />

individuums- wie gruppenzentriertes<br />

motorisches <strong>und</strong> soziales Erfahrungsfeld<br />

geschaffen mit <strong>de</strong>r Ausrichtung <strong>und</strong><br />

Dominanz auf das soziale Lernen. In<br />

diesem Sozial- <strong>und</strong> Lebensraum gibt es<br />

wie an<strong>de</strong>rnorts Außenseiter, Gruppenstars,<br />

Streit, oppositionelles, dissoziales<br />

<strong>und</strong> gewalttätiges Verhalten. Diese<br />

Heterogenität <strong>de</strong>r Gruppenmitglie<strong>de</strong>r ist<br />

kein Hin<strong>de</strong>rnis, son<strong>de</strong>rn das Beziehungsfeld,<br />

um individuums- <strong>und</strong><br />

gruppenbezogene Aktivitäten entwickeln<br />

<strong>und</strong> durchführen zu können.<br />

Ziele <strong>de</strong>s „Semisportes“<br />

Die Kin<strong>de</strong>r mit Aufmerksamkeits-/<br />

Hyperaktivitätsstörungen <strong>und</strong> aggressiven<br />

Durchsetzungsstilen sollen von<br />

<strong>de</strong>n körperbezogenen Interventionsangeboten<br />

<strong>de</strong>s „Semisportes“ profitieren.<br />

Einerseits wird ihrem Bedürfnis nach<br />

motorischer Aktivität <strong>und</strong> körperlicher<br />

Bewegung Rechnung getragen,<br />

an<strong>de</strong>rerseits soll die Fähigkeit zur<br />

Selbstregulation <strong>und</strong> Handlungssteuerung<br />

bei auftreten<strong>de</strong>n impulsiven<br />

Verhalten geför<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> gestützt<br />

wer<strong>de</strong>n. Im achtsamen Umgang wird<br />

durch Übungen <strong>und</strong> Training eine<br />

gewisse Besserfunktion <strong>und</strong> eine<br />

metakognitive Bewusstheit entwickelt.<br />

Die konstruktive Aggression zielt auf die<br />

Klärung <strong>de</strong>r Beziehungssituation <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r Sache. Auf diesem Wege wird die<br />

„dicke Luft“ zwischen zwei Streithähnen<br />

o<strong>de</strong>r in einer Gruppe bereinigt o<strong>de</strong>r<br />

lassen sich streiten<strong>de</strong> Parteien erst<br />

einmal Luft ab, so dass in Folge ein<br />

unbeschwerterer Umgang untereinan<strong>de</strong>r<br />

möglich wird. Diese Form <strong>de</strong>r<br />

prosozialen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung erweist<br />

sich als lohnend hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />

Konfliktklärung <strong>und</strong> Konfliktbearbeitung.<br />

Wenn <strong>de</strong>r Zorn „verraucht“, das<br />

„Mütchen abgekühlt“ ist, bei<strong>de</strong> Seiten<br />

zur Deeskalation <strong>de</strong>r angespannten<br />

Situation ihren Teil beigetragen haben,<br />

fällt das Sich-Vertragen leichter. Von<br />

daher streben wir mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen danach, eine solche Form


<strong>de</strong>r lösungsorientierten konstruktiven<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen zu entwickeln.<br />

Hier<strong>für</strong> brauchen die Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendlichen u. a. folgen<strong>de</strong> soziale<br />

Basiskenntnisse <strong>und</strong> -fertigkeiten, die<br />

sie anfangs nicht verfügbar haben <strong>und</strong><br />

die im gemeinsamen Erfahrungsprozess<br />

aufgebaut wer<strong>de</strong>n sollen:<br />

• genau hinhören, hinschauen, was<br />

ist, statt seinem Vorurteil sofort<br />

Glauben zu schenken<br />

• Blickkontakt zu seinem Gegenüber<br />

aufbauen<br />

• <strong>de</strong>utlich <strong>und</strong> laut sprechen<br />

• direktes <strong>und</strong> offenes Ausdrücken<br />

von positiven <strong>und</strong> negativen<br />

Gefühlen<br />

• Wünsche <strong>und</strong> For<strong>de</strong>rungen klar<br />

äußern<br />

• Kritik in annehmbarer Weise<br />

geben<br />

• Kritik aufmerksam anhören<br />

• unberechtigte For<strong>de</strong>rungen<br />

verbindlich ablehnen<br />

• Fehler machen, Fehler eingestehen<br />

<strong>und</strong> aus <strong>de</strong>n Fehlern lernen<br />

(Fehlerfre<strong>und</strong>lichkeit)<br />

• ein Gr<strong>und</strong>gefühl <strong>für</strong> fairen,<br />

gerechten Ausgleich entwickeln<br />

(von <strong>de</strong>m Guten ein bisschen<br />

mehr, von <strong>de</strong>m Unguten ein<br />

bisschen weniger zurückgeben)<br />

• sich wehren mit fairen Mitteln<br />

• eine Pause vor <strong>de</strong>n aggressiven<br />

Impuls setzen.<br />

Im nächsten Kapitel soll das inhaltliche<br />

<strong>und</strong> methodische Konzept <strong>de</strong>s „Semisportes“<br />

als Lernfeld <strong>für</strong> die oben<br />

beschriebenen sozialen Basiskenntnisse<br />

<strong>und</strong> -fertigkeiten umrissen wer<strong>de</strong>n.<br />

Inhalte <strong>de</strong>s „Semisportes“<br />

Wie schon bei <strong>de</strong>n Zielen besprochen,<br />

sollen die Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen im<br />

„Semisport“ einen konstruktiven<br />

Umgang im Kontext aggressiver Impulse<br />

<strong>und</strong> Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen lernen.<br />

Schwierigkeiten <strong>und</strong> Probleme wer<strong>de</strong>n<br />

zur Darstellung kommen. Prosoziale<br />

Kompetenzen können bei <strong>de</strong>r Bearbeitung<br />

von schwierigen <strong>und</strong> problematischen<br />

Situationen entwickelt wer<strong>de</strong>n.<br />

So verw<strong>und</strong>ert es nicht, dass im<br />

Konzept <strong>de</strong>s „Semisports“ neben vielen<br />

an<strong>de</strong>ren Spiel-, Übungs- <strong>und</strong> Handlungsanreizen<br />

auch Kampf-, Rauf-,<br />

Zieh- <strong>und</strong> Drückspiele angeboten<br />

wer<strong>de</strong>n. Die St<strong>und</strong>enabläufe erfolgen<br />

allerdings im Sinne einer Rhythmisierung<br />

von psychomotorisch expansiven,<br />

lauten <strong>und</strong> psychomotorisch ruhigen,<br />

konzentrierten <strong>und</strong> in die Innerlichkeit<br />

führen<strong>de</strong>n Handlungsmustern. Erfahrungsfel<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>r Entspannung folgen auf<br />

Erfahrungsfel<strong>de</strong>r von Anspannung.<br />

Bei <strong>de</strong>n Kampfspielen stehen dabei<br />

Themen wie Kraft <strong>und</strong> Aggression, Nähe<br />

<strong>und</strong> Distanz, regelkonformes Kämpfen,<br />

strukturiertes Kämpfen zwischen <strong>de</strong>n<br />

Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen, zwischen<br />

<strong>de</strong>m Kind <strong>und</strong> <strong>de</strong>m Pädagogen im<br />

Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>.<br />

Dabei machen wir die Erfahrung, dass<br />

Kin<strong>de</strong>r beim Kämpfen, Balgen <strong>und</strong><br />

Raufen ausgesprochen Freu<strong>de</strong> an <strong>de</strong>r<br />

körperlich han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong>n Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

haben. Sie suchen die körperliche<br />

Berührung, um einerseits ihre Kräfte zu<br />

messen <strong>und</strong> an<strong>de</strong>rerseits im Spannungsfeld<br />

<strong>de</strong>r „Angst-Lust“ ihre<br />

Grenzen abzurastern, die sich hinter<br />

<strong>de</strong>m Wagnis <strong>de</strong>s Kämpfens verbergen.<br />

Sie suchen <strong>de</strong>n Thrill, das Bauchkribbeln<br />

<strong>de</strong>s Austobens, for<strong>de</strong>rn über das<br />

körperliche Wagen Grenzsituationen zur<br />

dinglichen <strong>und</strong> menschlichen Umwelt<br />

heraus. Dieses Ausloten von Grenzen ist<br />

<strong>für</strong> die individuelle Entwicklung von<br />

großer Be<strong>de</strong>utung. Dies umso mehr als<br />

bei <strong>de</strong>m Spiel mit <strong>de</strong>n eigenen Grenzen<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n Grenzen <strong>de</strong>s an<strong>de</strong>ren das<br />

eigene Selbstkonzept gegrün<strong>de</strong>t wird.<br />

Der Aufbau in die Bewältigbarkeit <strong>de</strong>r<br />

Konfliktsituation über <strong>de</strong>n angemessenen<br />

körperlichen Einsatz legt die<br />

Basis <strong>für</strong> das Vertrauen in die eigenen<br />

psychomotorischen Kompetenzen,<br />

unterstützt unmittelbar die I<strong>de</strong>ntitätsfindung<br />

auf <strong>de</strong>r Folie <strong>de</strong>s „fair play“. Der<br />

richtige Einsatz <strong>de</strong>r Kraft im Spannungsfeld<br />

zwischen Mut, Übermut,<br />

zwischen Nähe <strong>und</strong> Distanz, zwischen<br />

Hast <strong>und</strong> Warten-Können, zwischen<br />

fairem Kämpfen <strong>und</strong> willkürlichen<br />

Regelüberschreitungen för<strong>de</strong>rt die<br />

Selbstkontrolle. Einmal in <strong>de</strong>r Rücknahme<br />

<strong>de</strong>s eigenen Krafteinsatzes, um <strong>de</strong>m<br />

an<strong>de</strong>ren nicht weh zu tun, aber auch in<br />

<strong>de</strong>r Forcierung <strong>de</strong>r eigenen Verteidigungskräfte,<br />

damit es <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re nicht<br />

zu leicht hat. Bei<strong>de</strong> Einstellungen sind<br />

ein Beitrag zur Fairness <strong>und</strong> betonen<br />

<strong>de</strong>n Respekt vor <strong>de</strong>m Gegner (<strong>de</strong>m<br />

Gegenüber).<br />

Bei <strong>de</strong>n Entspannungs-Spielen bringen<br />

die Kin<strong>de</strong>r sich selber in eine räumliche<br />

<strong>und</strong> personale Begrenzung. Im „Meister<br />

<strong>de</strong>r Selbstbeherrschung“ erfahren die<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen in <strong>de</strong>r zuerst<br />

nur rein äußerlich zu beobachten<strong>de</strong>n<br />

„Ruhe“ <strong>de</strong>n Gegenpol zum motorisch<br />

expansiven Toben. Für viele Kin<strong>de</strong>r<br />

be<strong>de</strong>utet dieser Wechsel, dieser<br />

Übergang in die „Bewegungslosigkeit“<br />

am Anfang eine große Herausfor<strong>de</strong>rung,<br />

<strong>de</strong>r sie mit Vermeidung <strong>und</strong> Ablehnung<br />

begegnen. Mit zunehmen<strong>de</strong>r Übung<br />

können sie die Zentrierung auf sich<br />

unter Außerachtlassens <strong>de</strong>r äußeren<br />

Störungen genießen <strong>und</strong> entspannen<br />

bei diesen Liegeübungen auch ihr<br />

inneres Angespanntsein, kommen in<br />

Gedanken <strong>und</strong> Gefühlen zur Ruhe,<br />

fühlen ihre Mitte (Meditation).<br />

Anspannung ist ein Gegensatz zur<br />

Entspannung. Sie stehen sich wie die<br />

zwei En<strong>de</strong>n eines Bogens diametral<br />

gegenüber <strong>und</strong> halten gera<strong>de</strong> dadurch<br />

die Sehne <strong>de</strong>s Bogens in einer Gr<strong>und</strong>spannung.<br />

Wird <strong>de</strong>r Bogen überspannt,<br />

dann bricht er o<strong>de</strong>r die Sehne reißt. Bei<br />

Unterspannung hängt die Sehne durch.<br />

Also die Vereinseitigung <strong>und</strong> ausschließliche<br />

Betonung nur eines Teiles<br />

<strong>de</strong>s Bogens führt in <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r<br />

Nicht-Gebrauchbarkeit, <strong>de</strong>r Nutzlosigkeit<br />

<strong>de</strong>sselben.<br />

Der „Bogen“ steht <strong>für</strong> unsere individuellen<br />

körperlichen, biologischen <strong>und</strong><br />

psychischen Gr<strong>und</strong>bedingungen. Die<br />

„Sehne“ versinnbildlicht unsere Lebens-<br />

<strong>und</strong> Schaffenskraft, mit <strong>de</strong>r wir auf<br />

unsere Welt gestalterisch einwirken.<br />

Eine abgestimmte An- <strong>und</strong> Entspannung<br />

bewirkt „Eutonie“ <strong>de</strong>rart, dass ich<br />

eine Mitte zwischen <strong>de</strong>n Extremen<br />

fin<strong>de</strong>, d. h. einen notwendigen <strong>und</strong><br />

ausgewogenen Ausgleich zwischen An-<br />

<strong>und</strong> Entspannung herstelle, um die<br />

jeweilige Lebenssituation zu meistern.<br />

Die Mitte fin<strong>de</strong>n setzt immer voraus,<br />

dass die jeweiligen Extreme aufgesucht<br />

<strong>und</strong> angespürt wer<strong>de</strong>n. So kann das<br />

„Dazwischen“, <strong>de</strong>r Unterschied in<br />

Erfahrung gebracht wer<strong>de</strong>n. Jetzt<br />

entstehen Wahlmöglichkeiten, die<br />

Palette <strong>de</strong>r Freiheitsgra<strong>de</strong> meines<br />

Han<strong>de</strong>lns erweitert sich, wird bunter.<br />

Die erlebten Unterschie<strong>de</strong> bil<strong>de</strong>n die<br />

Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> Lernen <strong>und</strong> Entwicklung.<br />

Aus diesen Überlegungen entspringt die<br />

methodische Maßgabe <strong>de</strong>s Ausgleichs.<br />

Je wil<strong>de</strong>r das Toben <strong>und</strong> Spielen, umso<br />

wichtiger ist die Gestaltung eines<br />

Überganges <strong>für</strong> das Zurücknehmen <strong>de</strong>s<br />

motorischen, psychosozialen Span-<br />

73


74<br />

Der „Semisport“ – ein Beispiel wirkungsvoller Theorie-Praxis-Vernetzung<br />

nungsfel<strong>de</strong>s zugunsten eines ruhigeren,<br />

beschaulicheren Handlungsfel<strong>de</strong>s. Je<br />

besser dieser gelingt, umso mehr darf<br />

gewagt wer<strong>de</strong>n.<br />

O<strong>de</strong>r: In je höherem Maße die Selbstkontrolle<br />

körperlicher Kraft, verbaler<br />

<strong>und</strong> brachialer aggressiver Impulse <strong>und</strong><br />

Handlungen wirksam wer<strong>de</strong>n kann,<br />

umso wil<strong>de</strong>r <strong>und</strong> ausufern<strong>de</strong>r dürfen die<br />

Rauf- <strong>und</strong> Kampfspiele ausfallen, umso<br />

weiter dürfen die Grenzen gegenseitiger<br />

Verträglichkeit ausgelotet wer<strong>de</strong>n. So<br />

ergibt sich das scheinbare Paradoxon,<br />

dass die in Wort <strong>und</strong> Tat durchsetzungsfähigsten<br />

Kin<strong>de</strong>r, Jugendlichen<br />

<strong>und</strong> Erwachsenen in spielerischen <strong>und</strong>/<br />

o<strong>de</strong>r ernsten Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen das<br />

höchste Maß an Selbstkontrolle leisten<br />

müssen. Dies be<strong>de</strong>utet, auf einen<br />

ungefilterten, ungebremsten Einsatz <strong>de</strong>r<br />

mir verfügbaren Mittel <strong>de</strong>r Durchsetzung<br />

zu verzichten, damit <strong>de</strong>r Gegenüber<br />

eine faire Chance hat. Es gilt das<br />

Motto: „Was ich nicht will, dass man<br />

mir antut, das füge ich auch keinem<br />

an<strong>de</strong>ren zu.“<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche brauchen zum<br />

Aufbau dieser entwicklungsför<strong>de</strong>rlichen<br />

Einstellungen <strong>und</strong> Haltungen an<strong>de</strong>re<br />

Menschen, die sie ein Stück ihres<br />

Lebensweges begleiten, ihnen hilfreich<br />

zur Seite stehen <strong>und</strong> wenn es sein muss<br />

„Reibungsfläche“ bieten. Deshalb<br />

schließen sich generelle Überlegungen<br />

zu <strong>de</strong>n Leitern/innen eines solchen<br />

Handlungsansatzes an.<br />

Die Leiter/innen als Interaktionsmo<strong>de</strong>lle<br />

Die Leiter/innen <strong>de</strong>s „Semisportes“ sind<br />

Mitspieler, Grenzsetzer <strong>und</strong> Krisenklärer.<br />

Sie tragen Verantwortung <strong>für</strong> die<br />

Vorgabe <strong>und</strong> Setzung <strong>de</strong>r inhaltlichen<br />

<strong>und</strong> organisatorischen Struktur<br />

(minimale – maximale Struktur). Sie<br />

kümmern sich um die Einhaltung <strong>de</strong>s<br />

notwendigen Sicherheitsrahmens.<br />

Die Persönlichkeit <strong>de</strong>r Gruppenleiter<br />

<strong>und</strong> Gruppenleiterinnen, die ein<br />

<strong>de</strong>rartiges Konzept <strong>de</strong>r Bewegungserziehung<br />

vertreten, ist ebenso wichtig<br />

wie ihre technischen, methodischen<br />

Fertigkeiten. Keine Metho<strong>de</strong> (Technik)<br />

ersetzt die positive Einstellung zum<br />

Menschen. Die besten Erfolge zeigen<br />

sich dann, wenn es <strong>de</strong>r Leiter versteht,<br />

die Metho<strong>de</strong> seiner Wahl mit seiner<br />

Person zu verbin<strong>de</strong>n. Keine Metho<strong>de</strong><br />

wirkt allein schon an sich als Metho<strong>de</strong>.<br />

Der Leiter erweckt sie zum Leben, <strong>de</strong>r<br />

Leiter ist mit seiner Person „Metho<strong>de</strong>“.<br />

Min<strong>de</strong>stens zwei Studieren<strong>de</strong> gestalten<br />

die St<strong>und</strong>en, damit die Möglichkeit <strong>de</strong>r<br />

Differenzierung von Aufmerksamkeit<br />

<strong>und</strong> Zuwendung auf ein einzelnes Kind,<br />

eine Untergruppe, eine Krisenintervention,<br />

die ein einzelnes Kind o<strong>de</strong>r die<br />

Gesamtgruppe betrifft, o<strong>de</strong>r auch die<br />

Unfallversorgung <strong>und</strong> Aufsichtspflicht<br />

möglich wird. Hier wird <strong>de</strong>utlich, dass<br />

die Effektivität <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>de</strong>n verantwortlichen<br />

Gruppenleitern von regelmäßigen <strong>und</strong><br />

differenzierten Aus- <strong>und</strong> Absprachen<br />

über Zielsetzung, Inhalte, Rollenakzentuierung,<br />

Interventionsstile <strong>und</strong> nicht<br />

zuletzt über konkurrieren<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r gar<br />

rivalisieren<strong>de</strong> Interaktionsmuster<br />

bestimmt wird.<br />

Die Leiter/innen bewegen sich darüber<br />

hinaus in einem Spannungsfeld<br />

zwischen minimaler <strong>und</strong> maximaler<br />

Vorgabe <strong>und</strong> Struktursetzung, zwischen<br />

individualisieren<strong>de</strong>r <strong>und</strong> gruppenzentrierter<br />

Intervention <strong>und</strong> Konfliktverarbeitung.<br />

Die oben genannten Verhaltensauffälligkeiten<br />

von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen die sich in sozialer<br />

Inkompetenz, mangeln<strong>de</strong>r Frustrationstoleranz<br />

<strong>und</strong> Affektkontrolle zeigen,<br />

dürfen nicht durch ein inhaltliches<br />

spielerisches, sportliches <strong>und</strong> materiales<br />

Überangebot „maskiert“ wer<strong>de</strong>n. Die<br />

psychosozialen Störungen <strong>und</strong> Schwierigkeiten<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r sollen zur Darstellung<br />

kommen <strong>und</strong> können so wirkungsvoll<br />

bearbeitet wer<strong>de</strong>n. Gleichzeitig<br />

können die Kin<strong>de</strong>r ihre Stärken <strong>und</strong><br />

positiven Ressourcen in Erfahrung<br />

bringen. Mit <strong>de</strong>n Stärken <strong>für</strong> das<br />

Fehlen<strong>de</strong>.<br />

Die personale Gr<strong>und</strong>einstellung <strong>und</strong><br />

Haltung <strong>de</strong>r Leiter/innen, eine an<strong>de</strong>re<br />

Person ernst zu nehmen, zu achten <strong>und</strong><br />

wertzuschätzen äußert sich unter<br />

an<strong>de</strong>rem in <strong>de</strong>r Bereitschaft zur<br />

verstehen<strong>de</strong>n Akzeptanz (Respekt<br />

erweisen) <strong>und</strong> zur verstehen<strong>de</strong>n<br />

Konfrontation (Respekt verschaffen).<br />

Unterstützung <strong>und</strong> Konfrontation, <strong>de</strong>r


Person <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Situation angemessen,<br />

bewirken positive Entwicklung <strong>und</strong><br />

För<strong>de</strong>rung.<br />

Das Han<strong>de</strong>ln <strong>de</strong>r Leiter/innen bezogen<br />

auf die Gruppe richtet sich nach<br />

Prinzipien wie Individualisieren, dort<br />

anfangen, wo die Gruppe steht, Hilfe<br />

durch Programmgestaltung, sich<br />

entbehrlich machen (s. Flosdorf 1988a,<br />

133).<br />

Wirkebenen <strong>de</strong>s „Semisportes“<br />

Die Prinzipien <strong>und</strong> Strukturmerkmale<br />

dieses von uns (Flosdorf 1988; Rie<strong>de</strong>r<br />

2003; Müller 2003) entwickelten<br />

Konzeptes können als eine Weiterentwicklung<br />

<strong>de</strong>s themenzentrierten<br />

Cohnschen Ansatzes verstan<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

So kommt es bei <strong>de</strong>r Umsetzung <strong>de</strong>s<br />

„Semisportes“ auf das wirkungsvolle<br />

Ausbalancieren <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Ebenen<br />

an:<br />

• Spiele, Übungen <strong>und</strong> sportliche<br />

Inhalte <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e,<br />

• individuelle Dynamik <strong>de</strong>r einzeln<br />

beteiligten Personen (Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Leiter),<br />

• gruppenbezogene Dynamik <strong>de</strong>r<br />

beteiligten Personen (Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Leiter) <strong>und</strong><br />

• die Leiter/innen als handlungsfähiges<br />

Team.<br />

Ziel ist nicht primär die Forcierung <strong>de</strong>r<br />

spielerisch-sportlichen Inhalte wie z. B.<br />

das Erlernen von sportartspezifischen<br />

Bewegungsmustern o<strong>de</strong>r von immer<br />

neuen Spielen. Vielmehr sollen im<br />

Kontext von Spielen <strong>und</strong> sportlichen<br />

Übungen psychosoziale Einstellungen<br />

<strong>und</strong> Haltungen erlebt <strong>und</strong> dann<br />

erfahrbar wer<strong>de</strong>n, die einen bewussteren<br />

<strong>und</strong> behutsameren Umgang mit<br />

sich, <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren <strong>und</strong> <strong>de</strong>r materialen<br />

Welt ermöglichen <strong>und</strong> för<strong>de</strong>rn.<br />

Einbindung <strong>und</strong> Vernetzung<br />

Es scheint zunächst sinnvoll zu sein,<br />

die Gr<strong>und</strong>züge relevanter allgemeiner<br />

Merkmale stationärer heilpädagogischpsychotherapeutischer<br />

Hilfen zu<br />

kennzeichnen, die die Effektivität <strong>de</strong>s<br />

„Semisports” in ihrer Wirksamkeit als<br />

heilpädagogisches <strong>und</strong> Ausbildungskon-<br />

r Die vier Wirkebenen <strong>de</strong>s Handlungsfel<strong>de</strong>s „Semisport“ in integrativer Verbindung mit<br />

an<strong>de</strong>ren Konzepten <strong>de</strong>s Therapeutischen Heimes St. Josef im ÜBBZ Würzburg<br />

zept bedingen. Dieses Konzept ist wie<br />

die an<strong>de</strong>ren Konzepte stationärer<br />

Jugendhilfemaßnahmen räumlich <strong>und</strong><br />

personell integriert in vorgegebene<br />

Rahmenbedingungen <strong>de</strong>s Überregionalen<br />

Beratungs- <strong>und</strong> Behandlungszentrum<br />

Würzburg (ÜBBZ) als Institution<br />

<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe-<br />

verb<strong>und</strong>es Würzburg. Dieses hat sich<br />

1992 mit seinen Abteilungen:<br />

• Psychotherapeutisch-heilpädagogische<br />

Station <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

jugendliche Mädchen (St. Josefsheim)<br />

• Psychotherapeutischer Beratungsdienst<br />

(Eltern-, Jugendlichen- <strong>und</strong><br />

Erziehungsberatung)<br />

• Fachaka<strong>de</strong>mie <strong>für</strong> Heilpädagogik<br />

(Heilpädagogisches Seminar)<br />

• För<strong>de</strong>rschule zur Erziehungshilfe<br />

(Elisabeth-Weber-Schule) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

• Heilpädagogischen Tagesstätte<br />

zum Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeverb<strong>und</strong><br />

(Bereich Jugendhilfe im Sozialdienst<br />

katholischer Frauen Würzburg) zusammengeschlossen.<br />

Diese Organisationsstruktur<br />

bietet die Voraussetzung <strong>für</strong><br />

personelle, fachliche, materielle,<br />

räumliche, organisatorische, schulische<br />

<strong>und</strong> jugendhilfepolitische Ressourcennutzung<br />

über Vernetzung. In diesem<br />

Aufsatz sei speziell die Schnittstelle<br />

zwischen Heilpädagogischem Seminar<br />

<strong>und</strong> Therapeutischen Heim St. Josef<br />

hervorgehoben, da ein Konzept wie <strong>de</strong>r<br />

hier dargestellte „Semisport“ projektbezogen<br />

zum Nutzen <strong>de</strong>r betroffenen<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Einrichtung als gezieltes<br />

Jugendhilfeangebot durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Die <strong>für</strong> <strong>de</strong>n „Semisport“ verantwortlichen<br />

Gruppenleiter/innen bewegen<br />

sich in einem durch vielfältige Informationen<br />

„gefütterten“ Feld <strong>de</strong>r Erzie-<br />

75


76<br />

Der „Semisport“ – ein Beispiel wirkungsvoller Theorie-Praxis-Vernetzung<br />

hungs- <strong>und</strong> Therapieplanung. Sie<br />

gewährleisten einerseits <strong>de</strong>n Informations-<br />

<strong>und</strong> Erfahrungsfluss aus <strong>de</strong>m<br />

„Semisport“ in das Therapeutische<br />

Heim, an<strong>de</strong>rerseits sind sie auf Informationen<br />

<strong>und</strong> Erfahrungen <strong>de</strong>r Gruppenerzieher<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren gruppenübergreifen<strong>de</strong>n<br />

Mitarbeiter/innen<br />

angewiesen. Dies setzt institutionell<br />

organisierte Foren <strong>de</strong>s Informationsaustausches<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Planung voraus.<br />

Die aus <strong>de</strong>m Prozess <strong>de</strong>r Erziehungsplankonferenz<br />

(EPK) <strong>und</strong> <strong>de</strong>r heilpädagogischen<br />

Praxisanleitung abzuleiten<strong>de</strong>n<br />

Zielvorstellungen, das „Was“<br />

<strong>und</strong> das „Wie“ <strong>de</strong>s gemeinsamen<br />

Han<strong>de</strong>lns, ermöglichen eine umfassen<strong>de</strong><br />

För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> gewährleisten<br />

die Effizienz <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>de</strong>n verantwortlichen Leitern/<br />

innen. Darüber hinaus können Transfer-<br />

<strong>und</strong> Generalisierungsprozesse sozialer<br />

Gr<strong>und</strong>einstellungen aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

konstanten Beteiligung <strong>und</strong> Begleitung<br />

<strong>de</strong>r Gruppenerzieher/innen mit hoher<br />

Effektivität in das Lebensfeld „Gruppe“<br />

gelingen <strong>und</strong> geleistet wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> von<br />

da in <strong>de</strong>n „Semisport“ hineinwirken.<br />

Die Einbindung in das Gesamtkonzept<br />

stationärer Erziehungshilfe gewährleistet<br />

einen einheitlichen aufmerksamen,<br />

individuums- <strong>und</strong> gruppenzentrierten<br />

Umgang hinsichtlich aggressiver<br />

Verhaltensweisen. So können wir im<br />

Verb<strong>und</strong> mit an<strong>de</strong>ren Maßnahmen die<br />

Gewaltproblematik in unserer Einrichtung,<br />

in <strong>de</strong>r je<strong>de</strong>s Jahr zehn bis<br />

fünfzehn Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche mit in<br />

aller Regel massiven <strong>und</strong> schon<br />

langandauern<strong>de</strong>n Verhaltensauffälligen<br />

neu aufgenommen wer<strong>de</strong>n, durch<br />

entsprechen<strong>de</strong> Einsichts- <strong>und</strong> Bewältigungsarbeit<br />

in konstruktive Bahnen<br />

lenken.<br />

Die Mitarbeiter <strong>de</strong>s Therapeutischen<br />

Heimes <strong>und</strong> die Seminaristen stimmen<br />

in hohem Maße - hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />

Klarheit in <strong>de</strong>n Erwartungen <strong>und</strong> im<br />

Verhalten was Regeln <strong>und</strong> Normen<br />

angeht -, überein. Eine Übereinstimmung,<br />

um die wir immer wie<strong>de</strong>r neu<br />

„ringen“ <strong>und</strong> die bestimmter Foren<br />

wie Mitarbeiterkonferenzen <strong>und</strong><br />

Praxisanleitung bedarf. Diese<br />

Übereinstimmung ist <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r<br />

<strong>und</strong> Jugendliche von zentraler<br />

Wichtigkeit, um einen verlässlichen<br />

äußeren Halt aufzubauen als<br />

Voraussetzung <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Aufbau eines<br />

inneren Haltes.<br />

Die Gruppe mit ihrer Dynamik, ihren<br />

Konflikten <strong>und</strong> Lösungsmöglichkeiten<br />

Verhaltensauffällige Kin<strong>de</strong>r sind in <strong>de</strong>r<br />

Regel gemeinschaftsgestörte <strong>und</strong> in<br />

Folge gemeinschaftsstören<strong>de</strong> Kin<strong>de</strong>r. Es<br />

ist daher <strong>für</strong> diese Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche<br />

von großer sozial-emotionaler<br />

Be<strong>de</strong>utung, dass ihre individuellen<br />

Bedürfnisse nach „Dazugehörigkeit“,<br />

nach „Nähe“ <strong>und</strong> „Vertrauen“ <strong>und</strong> nach<br />

„Einfluss-Nehmen“ sozial angemessen<br />

Berücksichtigung fin<strong>de</strong>n <strong>und</strong> nicht<br />

wie<strong>de</strong>r enttäuscht wer<strong>de</strong>n. Da die<br />

Störungsbil<strong>de</strong>r, insbeson<strong>de</strong>re solche mit<br />

expansiv aggressiven impulsiven<br />

Ausprägungen, im Zunehmen<br />

begriffen sind, kann eine ausgewogene<br />

Gruppenzusammenstellung häufig nicht<br />

erfolgen. Bei <strong>de</strong>r Verteilung von<br />

ängstlichen <strong>und</strong> gehemmten Kin<strong>de</strong>rn<br />

gegenüber aggressiven <strong>und</strong> unruhigen<br />

Kin<strong>de</strong>rn existieren dann keine Wahlmöglichkeiten.<br />

Optimal wäre, aber<br />

lei<strong>de</strong>r nicht mehr zu organisieren, wenn<br />

die aggressiv-hypermotorischen Kin<strong>de</strong>r<br />

<strong>de</strong>n geringeren Anteil in <strong>de</strong>r Gruppe<br />

ausmachten.<br />

Die Gruppenleiter/innen müssen bei <strong>de</strong>r<br />

Häufung von aggressiv-dissozialen<br />

Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen be<strong>de</strong>nken, ob<br />

<strong>und</strong> wie sie die vorauszusehen<strong>de</strong><br />

Konfliktverdichtung <strong>und</strong> Eskalierung<br />

von Unruhe <strong>und</strong> exzessivem Agieren zu<br />

steuern vermögen, ohne dass die Kin<strong>de</strong>r<br />

mit <strong>de</strong>r dadurch gehäuften Frustration<br />

überfor<strong>de</strong>rt sind o<strong>de</strong>r Mo<strong>de</strong>llwirkungen<br />

<strong>und</strong> Selbstwirksamkeitserfahrungen<br />

machen, die ihnen nicht gut tun <strong>und</strong><br />

einer Fortschreibung von dissozialen<br />

Verhaltens- <strong>und</strong> Einstellungsmustern<br />

Vorschub leisten.<br />

Darstellung <strong>de</strong>r vier Wirkebenen <strong>de</strong>s<br />

„Semisportes“ in ihrem wechselseitigen,<br />

dynamischen Bezug zueinan<strong>de</strong>r<br />

In Anlehnung an das von Ruth Cohn<br />

(1976, 110–120) beschriebene Mo<strong>de</strong>ll<br />

<strong>de</strong>r „themenzentrierten Interaktion“<br />

können die einzelnen Faktoren zueinan<strong>de</strong>r<br />

in Beziehung gesetzt wer<strong>de</strong>n. Im<br />

Unterschied zum Cohnschen Mo<strong>de</strong>ll<br />

beziehen wir die Leiter bewusst als<br />

konstituieren<strong>de</strong> Wirkdimension mit ein.<br />

Alle Systemdimensionen sollen durch<br />

entsprechen<strong>de</strong> Interventionen <strong>de</strong>r<br />

Gruppenleiter/innen in einer dynamischen<br />

Balance gehalten wer<strong>de</strong>n, um<br />

so die Handlungs- <strong>und</strong> Gruppenfähigkeit<br />

zu för<strong>de</strong>rn.<br />

So kann ein lebhaftes Agieren <strong>de</strong>r Gruppe<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Leiter die Bedürfnislage<br />

einzelner Kin<strong>de</strong>r „überfahren“ <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>ren Wi<strong>de</strong>rstand, Vermeidungsverhalten<br />

<strong>und</strong> Unlust hervorrufen o<strong>de</strong>r<br />

verstärken. Umgekehrt kann zu langes<br />

Verweilen <strong>und</strong> Eingehen auf die<br />

Störungen eines einzelnen die Gruppe<br />

in ihren Zielen <strong>und</strong> Wünschen frustrieren.<br />

Es kann aber auch die Forcierung<br />

<strong>und</strong> das Festfahren auf die spielerischen<br />

o<strong>de</strong>r sportlichen Angebote Ausdruck<br />

spezifischer Konflikte einzelner o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

gesamten Gruppe sein (Vermeidung von<br />

interpersonellen Konflikten), die sich<br />

ihrerseits in <strong>de</strong>r Art <strong>und</strong> Weise ihrer<br />

Reaktionen gegenüber <strong>de</strong>n Leitern<br />

ver<strong>de</strong>utlichen.<br />

Die Anfangsphase <strong>de</strong>r „Semisport“-<br />

St<strong>und</strong>en ist dadurch charakterisiert,<br />

dass die Leiter/innen ihre Erwartungen<br />

von gelingen<strong>de</strong>r <strong>und</strong> konfliktfreier<br />

Durchführung <strong>de</strong>r „Spiele <strong>und</strong> Übungen“<br />

hintanstellen. Ihre Aufmerksamkeit<br />

richtet sich weniger auf die Realisierung<br />

konkreter Programmpunkte<br />

(Thema), son<strong>de</strong>rn auf die Klärung <strong>de</strong>r<br />

Störung innerhalb unterschiedlicher<br />

Interessensansprüche, <strong>de</strong>ren Form <strong>und</strong><br />

Zielsetzung. Wichtiger als das „Was“ ist<br />

das „Wie“ <strong>de</strong>s gemeinsamen Umgehens.<br />

Die Leiter/innen rücken die Knotenpunkte<br />

Gruppe/Subgruppe („wir“) <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>n Individuumpol („ich“) in <strong>de</strong>n<br />

Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> nehmen die in diesem<br />

Zusammenhang auftreten<strong>de</strong>n Beziehungsschwierigkeiten<br />

<strong>und</strong> -stärken<br />

wahr, unterstützen bei <strong>de</strong>r Konfliktlösung<br />

<strong>und</strong> bringen sich – so die Situation<br />

dies zulässt – aktiv als Spiel- <strong>und</strong>/<br />

o<strong>de</strong>r Rangelpartner ein. Aus einer<br />

Ansammlung beziehungsloser, rivalisieren<strong>de</strong>r<br />

Individuen (prägruppale Menge)<br />

soll eine kooperieren<strong>de</strong>, arbeitsfähige<br />

Subgruppe <strong>und</strong> Gesamtgruppe wer<strong>de</strong>n.<br />

Je positiver sich <strong>de</strong>r Gruppenprozess<br />

entwickelt <strong>und</strong> sich danach gemeinschaftsstören<strong>de</strong><br />

Kin<strong>de</strong>r zeitweise in<br />

Gruppenaktivitäten bin<strong>de</strong>n lassen, <strong>de</strong>sto<br />

mehr verbin<strong>de</strong>t dann die an einem<br />

Thema orientierte Interaktion alle<br />

Teilnehmer. Die Themenführung wird<br />

vom Gruppenleiter in motivieren<strong>de</strong>r<br />

Form <strong>und</strong> zum richtigen Zeitpunkt an<br />

die Gruppe herangetragen. Hierbei<br />

haben wir die Erfahrung gemacht, dass<br />

die Themenvorgabe bei gutem Timing<br />

<strong>und</strong> in angemessener Dosierung in <strong>de</strong>r<br />

Regel vom Großteil <strong>de</strong>r Gruppe wohlwollend<br />

akzeptiert wird.


Die Gruppenmitglie<strong>de</strong>r mit an<strong>de</strong>rer<br />

Meinung wer<strong>de</strong>n ermutigt, diese zu<br />

formulieren <strong>und</strong> in die Gruppe einzubringen.<br />

Dabei ist das „Wie“ dieser<br />

Interessenvertretung min<strong>de</strong>stens<br />

genauso wichtig wie das „Was“.<br />

Denkbar schlechte Ausgangsvoraussetzungen<br />

haben Kin<strong>de</strong>r mit mangelnd<br />

ausgeprägten, groben sozialen Mustern,<br />

die ihren Unmut <strong>und</strong> das, was sie<br />

wollen o<strong>de</strong>r nicht wollen, als „Stänker“-<br />

<strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r „Schläger“-Intervention<br />

k<strong>und</strong>tun.<br />

Dies kann entsprechen<strong>de</strong> überzogene<br />

negative Reaktionen <strong>de</strong>r Gruppe<br />

auslösen: Beleidigen<strong>de</strong> Wortgefechte,<br />

Beschuldigungen, Entwertung, aggressive<br />

brachiale Handlungen, Ausgrenzungsversuche,<br />

negative Solidaritätseffekte<br />

etc.. Neben <strong>de</strong>n lauten,<br />

aggressiven Kin<strong>de</strong>rn wer<strong>de</strong>n auch die<br />

stillen, zurückhalten<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r, die sich<br />

nicht trauen, ein eigenes Meinungsbild<br />

in <strong>de</strong>r Gruppe zu vertreten, angehalten,<br />

sich schrittweise dieser Gesprächssituation<br />

zu öffnen, um soziale Kompetenz<br />

<strong>und</strong> Assertivness aufzubauen. Bei allen<br />

Klärungsprozessen soll es nicht zu überlangen<br />

Sitzr<strong>und</strong>en kommen, da das<br />

Risiko <strong>de</strong>r Überfor<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Aufmerksamkeitspotentials<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r droht.<br />

Ineffektive Sitzkreisr<strong>und</strong>en, die die<br />

Situation unklar lassen <strong>und</strong> kein<br />

praktisches Ergebnis bringen, entwerten<br />

diese Form <strong>de</strong>r Klärungssuche. Sie ufern<br />

dann zu rhetorischem Geplapper mit<br />

leeren Worthülsen aus, wer<strong>de</strong>n als<br />

Forum benutzt, über verbale Strategien<br />

die han<strong>de</strong>ln<strong>de</strong> Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit<br />

<strong>de</strong>r Situation zu vermei<strong>de</strong>n. Die Leiter/<br />

innen sind hier in <strong>de</strong>r Verantwortung,<br />

an <strong>de</strong>r richtigen Stelle zu unterstützen<br />

o<strong>de</strong>r zu korrigieren.<br />

Mit zunehmen<strong>de</strong>r persönlicher <strong>und</strong><br />

Gruppenstabilität, kann <strong>de</strong>r Aufgabenpol<br />

bei <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>enstrukturierung<br />

fokussiert wer<strong>de</strong>n. Die hierbei auftreten<strong>de</strong><br />

Anfor<strong>de</strong>rungssituation <strong>und</strong> das<br />

unterschiedliche Erleben <strong>de</strong>r Leiter/<br />

innen, wie z. B. minimal strukturieren<strong>de</strong>r,<br />

spielen<strong>de</strong>r Leiter einerseits,<br />

aufgabenstellen<strong>de</strong>r, maximal strukturieren<strong>de</strong>r<br />

Leiter an<strong>de</strong>rerseits wer<strong>de</strong>n nicht<br />

ver<strong>de</strong>ckt, son<strong>de</strong>rn för<strong>de</strong>rn über erfolgreiche<br />

Konfliktbewältigung die Beziehung<br />

untereinan<strong>de</strong>r. Die Leiter/innen<br />

haben die Aufgabe ein Gleichgewicht<br />

auszubalancieren zwischen För<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r innerhalb <strong>de</strong>r spielerischen<br />

Handlungsebene <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r innerhalb angemessener<br />

For<strong>de</strong>rungssituation. Im ersten Fall<br />

wählen die Kin<strong>de</strong>r nach ihren Vorstellungen<br />

<strong>und</strong> Wünschen bestimmte<br />

Handlungssituationen, im zweiten Fall<br />

müssen sie sich mit von außen an sie<br />

herangetragenen For<strong>de</strong>rungssituationen,<br />

die konträr zu ihrer augenblicklichen<br />

Interessenslage sein können,<br />

auseinan<strong>de</strong>rsetzen. Hier unterschei<strong>de</strong>n<br />

wir klar zwischen Arbeit <strong>und</strong> Spiel.<br />

Das Spiel verführt Heilpädagogen durch<br />

seinen starken Anreiz zu „spielen“<br />

häufig dazu, bestimmte Zielsetzungen<br />

<strong>und</strong> Inhalte attraktiv verpackt wie mit<br />

einem „trojanischen Pferd“ didaktisch<br />

geschickt einzuschleusen. Es ist ein<br />

Wi<strong>de</strong>rspruch in sich, Übungs- <strong>und</strong><br />

Trainingsinhalte (Arbeit) mit <strong>de</strong>m<br />

Vehikel „Spiel“ zu transportieren. Denn<br />

normalerweise spielen Kin<strong>de</strong>r das, was<br />

ihnen Spaß macht <strong>und</strong> auf eine Art, die<br />

ihnen Spaß bereitet <strong>und</strong> üben dabei<br />

wichtige Funktionen gegenwärtiger<br />

o<strong>de</strong>r späterer Lebensbewältigung.<br />

Häufig jedoch klei<strong>de</strong>n wir unsere<br />

beabsichtigten Aktivitäten zweckmäßig<br />

<strong>und</strong> zielgerichtet in eine spielerische<br />

Situation ein, <strong>und</strong>, was dann wie Spiel<br />

aussieht, ist in Wirklichkeit anstrengen<strong>de</strong>s<br />

<strong>und</strong> angestrengtes Arbeiten; ist<br />

eine gezielte, unlautere Um<strong>de</strong>finition<br />

<strong>de</strong>r Arbeitssituation. Ein<strong>de</strong>utige, klare<br />

Einstellungen <strong>und</strong> Haltungen zu Spiel<br />

<strong>und</strong> Arbeit können so nicht entwickelt<br />

wer<strong>de</strong>n. Der pädagogische (therapeutische)<br />

Alltag zeigt, dass sich Spieli<strong>de</strong>e<br />

<strong>und</strong> Spielsituation häufig nicht so<br />

einfach herstellen lassen o<strong>de</strong>r wie<br />

zufällig daherkommen, son<strong>de</strong>rn dass die<br />

Kin<strong>de</strong>r aufgr<strong>und</strong> ein<strong>de</strong>utiger Leiterstrukturierung<br />

üben <strong>und</strong> tätig sein<br />

müssen. Dann kann es geschehen, dass<br />

aus Arbeit Spiel wird.<br />

Folgen<strong>de</strong> dreigliedrige St<strong>und</strong>enaufteilung<br />

ist möglich:<br />

In Teil A (Individualphase, minimale<br />

strukturierte Phase: Spiele,<br />

Übungen, Aufgaben, Beschäftigungen<br />

gehen in <strong>de</strong>r Regel vom<br />

Kind aus; das Kind bestimmt seinen<br />

eigenen Handlungsspielraum) wird<br />

Raum <strong>und</strong> Zeit <strong>für</strong> sich ergeben<strong>de</strong><br />

Handlungen einzelner <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r<br />

Subgruppen gegeben. Diese<br />

Aktivitäten können bei entsprechen<strong>de</strong>r<br />

Motivation <strong>und</strong> Gruppen-<br />

erfahrung zu einer gemeinsamen<br />

Gruppentätigkeit führen, müssen es<br />

aber nicht.<br />

Hier wird <strong>de</strong>m Spiel-, Rangel-,<br />

Rauf-, Kampf-, Leistungs- <strong>und</strong><br />

Rückzugsbedürfnis <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendlichen Raum <strong>und</strong> Zeit<br />

gegeben. Diese kommen mit <strong>de</strong>n<br />

unterschiedlichsten Gefühlen,<br />

Gedanken <strong>und</strong> Motiven in die<br />

„Semisport“-St<strong>und</strong>e. Die minimal<br />

strukturierte Spielsituation zu<br />

Beginn einer St<strong>und</strong>e, in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Leiter (Lehrer) sich als Spiel- <strong>und</strong><br />

Gesprächspartner zur Verfügung<br />

stellt <strong>und</strong> die Kin<strong>de</strong>r sich selber<br />

bestimmen, tut <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn gut. Sie<br />

können <strong>de</strong>n Übergang von einem<br />

Lernfeld auf das nächste, von einer<br />

Beziehungssituation auf die nächste<br />

besser bewältigen, können die „alte“<br />

Situation sein lassen, stellen sich<br />

auf die „neue“ Situation ein <strong>und</strong><br />

bauen hierzu neue Motivation auf.<br />

Hier wer<strong>de</strong>n jedoch gleichzeitig<br />

auch wichtige soziale Lernprozesse<br />

<strong>de</strong>r Interessenvertretung <strong>und</strong><br />

Interessendurchsetzung bei <strong>de</strong>r<br />

Raumaufteilung, <strong>de</strong>r Spielgruppenbildung,<br />

<strong>de</strong>r Spielpartnersuche o<strong>de</strong>r<br />

Geräteaufteilung hinsichtlich<br />

Rücksichtnahmen auf an<strong>de</strong>re<br />

gleichzeitig laufen<strong>de</strong> Spielsituationen<br />

<strong>und</strong> Interessenansprüche<br />

an<strong>de</strong>rer Kin<strong>de</strong>r angebahnt, verfeinert<br />

<strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r gefestigt. Dabei<br />

kommt es anfangs zu Phasen<br />

heftiger Auseinan<strong>de</strong>rsetzungen<br />

zwischen Kin<strong>de</strong>rn, zwischen Kind<br />

<strong>und</strong> Leiter/in o<strong>de</strong>r zwischen<br />

Subgruppe <strong>und</strong> Leiter/in. Zu<strong>de</strong>m<br />

beobachten wir, dass das „Spielen“<br />

als kindgemäßestes Medium <strong>de</strong>r<br />

I<strong>de</strong>ntitätsfindung nicht mehr von<br />

allen Kin<strong>de</strong>rn geschätzt <strong>und</strong> gesucht<br />

wird. Wir „müssen“ es zusammen<br />

wie<strong>de</strong>r ent<strong>de</strong>cken (vgl. Müller<br />

1998).<br />

Dabei gilt: Damit Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendliche in Gruppen befriedigen<strong>de</strong>,<br />

prosoziale, entwicklungsför<strong>de</strong>rliche<br />

Erfahrungen machen<br />

können, muss ein verbindliches<br />

soziales Bezugssystem entwickelt<br />

<strong>und</strong> vertreten wer<strong>de</strong>n, wie man<br />

Konflikte ohne „Hauen <strong>und</strong> Stechen“<br />

lösen kann. Die hier<strong>für</strong><br />

notwendigen sozialen Rahmenbedingungen,<br />

Regeln <strong>und</strong> Normen<br />

77


78<br />

Der „Semisport“ – ein Beispiel wirkungsvoller Theorie-Praxis-Vernetzung<br />

wer<strong>de</strong>n umso intensiver begriffen<br />

<strong>und</strong> umgesetzt, je intensiver es<br />

gelingt, <strong>de</strong>n Einzelnen <strong>und</strong> die<br />

Gruppe bei <strong>de</strong>ren Erarbeitung zu<br />

beteiligen. Die Häufigkeit <strong>und</strong><br />

Massivität dieser Konflikte verringert<br />

sich mit zunehmen<strong>de</strong>r Sicherheit<br />

<strong>de</strong>r einzelnen Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Klarheit <strong>de</strong>r Grenzsetzung zugunsten<br />

von Konsens-, Kooperations-<br />

<strong>und</strong> Kompromissbereitschaft. Der<br />

Beginn einer „Semisport“-St<strong>und</strong>e<br />

kann sich je nach Situation <strong>und</strong><br />

Motivation <strong>de</strong>r Teilnehmer auch so<br />

gestalten, dass gleich zu Beginn<br />

ohne lange Aufwärmphase die<br />

Gruppe ein Spiel vorschlägt <strong>und</strong><br />

spielt. O<strong>de</strong>r die Seminaristen lassen<br />

die Freispielphase ausfallen <strong>und</strong><br />

sorgen <strong>für</strong> eine starke Aufgaben-<br />

<strong>und</strong> Leiterzentrierung, weil die<br />

Kin<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Selbstbestimmung<br />

überfor<strong>de</strong>rt wären.<br />

In Teil B (maximale strukturierte<br />

Phase: Spiele, Übungen, Aufgaben,<br />

Beschäftigungen gehen von <strong>de</strong>r<br />

Leiter/in aus) bringen die Gruppenleiter/innen<br />

auf <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong><br />

ihrer Zielsetzung <strong>für</strong> einzelne <strong>und</strong>/<br />

o<strong>de</strong>r die Gesamtgruppe eine<br />

aufgabenzentrierte Strukturierung<br />

in Form eines Themas in die St<strong>und</strong>e<br />

ein. Im Sinne komplexer Bewegungsaufgaben,<br />

die jeweils individuelle<br />

Lösungsmöglichkeiten<br />

zulassen, wird auf das Ausprobieren<br />

<strong>und</strong> Manipulieren vielfältiger<br />

Bewegungssituationen mit jeweils<br />

unterschiedlicher Betonung <strong>de</strong>r<br />

Lern- <strong>und</strong> Erfahrungsbereiche -<br />

Wahrnehmung, Bewegung, Kognition,<br />

Emotionalität <strong>und</strong> Sozialität<br />

Wert gelegt wird. Bestimmte<br />

Übungssituationen <strong>und</strong> Geräte<br />

jedoch verlangen eine ein<strong>de</strong>utige<br />

Bewegungsvorschrift o<strong>de</strong>r Bewegungsanleitung<br />

seitens <strong>de</strong>r Leiter/<br />

innen.<br />

Teil C <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e gleicht Teil A<br />

insofern, als hier geringe Leiterstrukturierung<br />

hinsichtlich <strong>de</strong>r<br />

Spiele <strong>und</strong> Aufgaben erfolgt. Mit<br />

zunehmen<strong>de</strong>r Gruppenkonsistenz,<br />

-kohäsion, Vertrauen, Offenheit <strong>und</strong><br />

Arbeitshaltung bestimmt die Gruppe<br />

selber, wie sie ihre noch verbleiben<strong>de</strong><br />

Zeit nützt <strong>und</strong> auf welches<br />

Spiel sich die einzelnen Gruppenmitglie<strong>de</strong>r<br />

einigen. Je<strong>de</strong> St<strong>und</strong>e<br />

en<strong>de</strong>t mit einem kurzen verbindlichen<br />

Abschlusskreis. Der Übergang<br />

von Teil A, in <strong>de</strong>m sich <strong>de</strong>r Spielen<strong>de</strong><br />

sein Thema selber gibt, zu Teil<br />

B, einer leiterorientierten, aufgabenzentrierten<br />

Situation, wird durch<br />

eine gemeinsame Gesprächsr<strong>und</strong>e<br />

(Mattenzeit) markiert. Hier kommt<br />

es im Erleben <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendlichen anfänglich zu<br />

Unstimmigkeiten, da die Situation<br />

<strong>de</strong>s Freispiels (ich darf tun, was ich<br />

will, was wir wollen) durch <strong>de</strong>n<br />

Aspekt: Ich schalte um <strong>und</strong> probiere,<br />

das zu tun, was mir als Aufgabe<br />

gestellt wird, abgelöst wird. Gera<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Wechsel von individuellem <strong>und</strong><br />

sozialem Lernfeld, von minimaler<br />

<strong>und</strong> maximaler Strukturierung, die<br />

darin liegen<strong>de</strong>n individuellen <strong>und</strong><br />

sozialen Lern- <strong>und</strong> Erfahrungsmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> die hier zu leisten<strong>de</strong>n<br />

Übergänge erweisen sich in <strong>de</strong>r<br />

För<strong>de</strong>rung von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

mit Aufmerksamkeits-,<br />

Hyperaktivitäts- <strong>und</strong> Verhaltensstörungen<br />

als beson<strong>de</strong>rs be<strong>de</strong>utsam.<br />

Die Effektivität dieses methodischen<br />

Ansatzes steht <strong>und</strong> fällt mit <strong>de</strong>r<br />

Qualität <strong>de</strong>r Zusammenarbeit<br />

zwischen <strong>de</strong>n verantwortlichen<br />

Leitern <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>en. Deshalb soll<br />

zum Schluss auf das Feld <strong>de</strong>r<br />

Supervision /Praxisanleitung<br />

eingegangen wer<strong>de</strong>n.<br />

Supervision/Praxisanleitung<br />

Alles, was im „Semisport“ geschieht, hat<br />

eine Be<strong>de</strong>utung auf je<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r vier<br />

Wirkdimensionen. Im Hinblick auf die<br />

Ziele <strong>und</strong> Einstellungen <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s<br />

(motivationaler Aspekt), im Hinblick auf<br />

die Frage <strong>de</strong>s Könnens o<strong>de</strong>r Nicht-<br />

Könnens (Fähigkeitsaspekt) beim Kind<br />

selbst, im Hinblick auf die Gruppeninteraktion<br />

(sozialer Aspekt), im Hinblick<br />

auf die Themenauswahl <strong>und</strong> im Hinblick<br />

auf die interaktionelle Passung durch<br />

die Leiter/innen.<br />

Man kann diese vier Perspektiven<br />

gewissermaßen als Dimensionen<br />

betrachten, die <strong>de</strong>n Raum aufspannen,<br />

in <strong>de</strong>m das interaktionelle Geschehen<br />

stattfin<strong>de</strong>t. Man kann also als Leiter<br />

o<strong>de</strong>r als Kind in diesem vierdimensional<br />

verorteten Beziehungsraum nicht nicht<br />

kommunizieren, nicht nicht Position<br />

beziehen (s. Watzlawick 1990, 50).<br />

Wenn <strong>de</strong>r Leiter eine <strong>de</strong>r Perspektiven<br />

nicht beachtet, dann nimmt er <strong>de</strong> facto<br />

<strong>de</strong>nnoch eine Position auf dieser<br />

Dimension ein, allerdings eine unreflektierte,<br />

<strong>und</strong> dies wirkt sich negativ auf<br />

das Gesamtergebnis aus.<br />

Wenn wir mit <strong>de</strong>m Bild <strong>de</strong>r „Landkarte“<br />

arbeiten, dann stellt je<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Dimensionen<br />

in sich gewissermaßen eine reich<br />

gestaltete „Landschaft“ mit ihren ganz<br />

eigenen phänomenalen Beson<strong>de</strong>rheiten<br />

<strong>und</strong> Gesetzmäßigkeiten dar. Es kommt<br />

darauf an, dass sich die Leiter in je<strong>de</strong>r<br />

dieser vier Landschaften geschickt <strong>und</strong><br />

variabel, ausbalanciert bewegen<br />

können. Je<strong>de</strong> Bewegung in <strong>de</strong>r einen<br />

Landschaft be<strong>de</strong>utet auch eine Bewegung<br />

o<strong>de</strong>r Nicht-Bewegung in <strong>de</strong>n drei<br />

an<strong>de</strong>ren Landschaften. Wenn die Leiter<br />

sich nur durch eine dieser Landschaften<br />

bewegen <strong>und</strong> ihre ganze Aufmerksamkeit<br />

in ihr haben, d. h. gewissermaßen<br />

„blind“ <strong>für</strong> die drei an<strong>de</strong>ren Landschaften<br />

sind, dann besteht die Gefahr,<br />

dass die Interaktion <strong>und</strong> die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

mit <strong>de</strong>n drei an<strong>de</strong>ren<br />

gebremst wird, weil sie in einer <strong>de</strong>r drei<br />

an<strong>de</strong>ren Landschaften an ein Hin<strong>de</strong>rnis<br />

stößt.<br />

Die Seminaristen müssen sich also<br />

Rüstzeug verschaffen, Hin<strong>de</strong>rnisse<br />

sehen zu wollen, damit sie nicht Gefahr<br />

laufen, blind <strong>für</strong> diese Perspektive zu<br />

wer<strong>de</strong>n. Sonst suchen sie auch nur in<br />

ihrer „Landschaft“ nach <strong>de</strong>n Ursachen<br />

<strong>de</strong>s Scheiterns, ohne Bewusstsein da<strong>für</strong>,<br />

dass das eigene „Blindsein“ die eigentliche<br />

Ursache <strong>für</strong> das Scheitern ist.<br />

Verhaftet in eingeengter Perspektive auf<br />

nur eine „Landschaft“ wird dann häufig<br />

die Ursache <strong>für</strong> das Misslingen in die<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen hineingesehen<br />

(„Wenn <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re nicht so ist wie ich<br />

ihn gerne hätte, was verän<strong>de</strong>re ich<br />

zuerst bei mir“, d. h. welchen Perspektivenwechsel<br />

nehme ich bei meiner<br />

Landschaftsschau vor?) Die Studieren<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r Heilpädagogik müssen diese<br />

vier „Landschaften“ gründlich kennen<br />

lernen <strong>und</strong> die Fähigkeit erwerben, sich<br />

geschickt in je<strong>de</strong>r zu bewegen <strong>und</strong><br />

fließen<strong>de</strong> Übergänge <strong>und</strong> Wechsel im<br />

Ausbalancieren <strong>de</strong>r jeweiligen Ungewichtigkeiten<br />

herzustellen.<br />

Für die heilpädagogische Anwendung<br />

<strong>de</strong>s „Semisportes“ ist <strong>de</strong>shalb die<br />

Basiskompetenz <strong>de</strong>r Reflexion <strong>und</strong><br />

differenzierten „Landschaftswahrnehmung“<br />

aus unterschiedlichen Perspekti


ven eine gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong> Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> das Gelingen eines solchen Projektes.<br />

Ein wesentliches Ziel heilpädagogischer<br />

Praxisanleitung <strong>und</strong> Supervision<br />

liegt in <strong>de</strong>r „Eichung“ <strong>de</strong>r<br />

Wahrnehmung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r damit verb<strong>und</strong>enen<br />

interpretativen Gehalte hinsichtlich<br />

einer gesehenen, gehörten,<br />

gefühlten Handlungssituation <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

darin Beteiligten. Je kongruenter die<br />

Leiter/innen ihre gesammelten Daten in<br />

einen funktionalen Zusammenhang<br />

bringen können, <strong>de</strong>r tatsächlichen<br />

Lebensrealität, <strong>de</strong>m bunten „Landschaftsbild“<br />

<strong>de</strong>r beteiligten Personen<br />

möglichst nahe kommt, umso breiter<br />

<strong>und</strong> wirkungsvoller kann sich die auf<br />

dieser gemeinsamen Basis gewonnene,<br />

handlungspraktisch be<strong>de</strong>utsame<br />

Feldkompetenz entwickeln.<br />

Die Bereitschaft zur Kontrolle <strong>und</strong><br />

Reflexion <strong>de</strong>r eigenen Affekte, die die<br />

Leiter/innen vor impulsivem <strong>und</strong><br />

blin<strong>de</strong>m Agieren <strong>und</strong> Reagieren<br />

bewahrt, <strong>und</strong> die daraus resultieren<strong>de</strong><br />

Übersicht <strong>und</strong> person­ <strong>und</strong> gruppenzugewandte<br />

Gelassenheit, Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />

<strong>und</strong> Bestimmtheit sind genauso wichtig<br />

wie körperlich­sportliche, spielerische<br />

Eigenschaften. Diese reflexive Gr<strong>und</strong>einstellung<br />

wird durch die Zusammenarbeit<br />

von Praxisanleiter <strong>und</strong> Seminaristen,<br />

die gemeinsam die „Semisport“­<br />

St<strong>und</strong>en nachbesprechen <strong>und</strong> die<br />

folgen<strong>de</strong>n konzipieren <strong>und</strong> durch das<br />

Angebot <strong>de</strong>r Supervision (wöchentlich)<br />

geför<strong>de</strong>rt <strong>und</strong> differenziert.<br />

So ermöglicht die effektive Gestaltung<br />

<strong>de</strong>r Praxisbezüge im ÜBBZ Würzburg<br />

eine heilpädagogische Ausbildung, die<br />

Kompetenz <strong>und</strong> I<strong>de</strong>ntität von Heilpädagogen<br />

för<strong>de</strong>rt. Sowohl die Person <strong>de</strong>s<br />

Heilpädagogen wie die Einbindung <strong>de</strong>s<br />

Heilpädagogischen Seminars in das<br />

Verb<strong>und</strong>system <strong>de</strong>r Jugendhilfe bil<strong>de</strong>n<br />

die Bezugspunkte heilpädagogischer<br />

Ausbildung. In <strong>de</strong>n strukturell vorgegebenen<br />

Rahmenbedingungen wer<strong>de</strong>n<br />

personale Kompetenzen erworben <strong>und</strong><br />

entwickelt <strong>und</strong> damit die Möglichkeit<br />

einer verbesserten Professionalisierung<br />

gegeben.<br />

Literatur:<br />

Beck, U. (1986): Risikogesellschaft.<br />

Auf <strong>de</strong>m Weg in eine an<strong>de</strong>re<br />

Mo<strong>de</strong>rne. Frankfurt a. M.:<br />

Suhrkamp.<br />

Boszormenyi­Nagy, I./Spark, G. M.<br />

(1995): Unsichtbare Bindungen.<br />

Die Dynamik familiärer Systeme.<br />

Stuttgart 5 : Klett­Cotta.<br />

Bronfenbrenner, U. (1981): Die<br />

Ökologie <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Entwicklung. Natürliche <strong>und</strong><br />

geplante Experimente. Stuttgart:<br />

Klett­Cotta.<br />

Cohn, R. (1976): Von <strong>de</strong>r Psychoanalyse<br />

zur themenzentrierten<br />

Interaktion. Stuttgart: Klett.<br />

110–120.<br />

Dor<strong>de</strong>l, S. (1993): Bewegungsför<strong>de</strong>rung<br />

in <strong>de</strong>r Schule. Dortm<strong>und</strong> 3 :<br />

mo<strong>de</strong>rnes lernen.<br />

Dziewas, H. (1980): Instrumentelle<br />

Gruppenbedingungen als<br />

Voraussetzung <strong>de</strong>s individuellen<br />

Lernprozesses. In: Grawe, K.<br />

(Hrsg.) (1980): Verhaltenstherapie<br />

in Gruppen. München: Urban<br />

& Schwarzenberg. 27–55.<br />

Flosdorf, P. (1988): Spielsport – Ein<br />

Heilpädagogisches Konzept zur<br />

gezielten psychomotorischen<br />

Behandlung verhaltensauffälliger<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlicher.<br />

In: Flosdorf, P. (Hrsg.): Theorie<br />

<strong>und</strong> Praxis stationärer Erziehungshilfe.<br />

Band 2. Die Gestaltung<br />

<strong>de</strong>s Lebensfel<strong>de</strong>s Heim.<br />

Freiburg i. Br.: Lambertus.<br />

Keupp, H. (1995): Riskante Freiheiten<br />

<strong>de</strong>s Aufwachsens heute<br />

<strong>und</strong> die Aufgabe <strong>de</strong>r Erziehungsberatung.<br />

In: Sozialdienst<br />

Katholischer Frauen e. V. (Hrsg):<br />

Psychotherapeutischer Beratungsdienst.<br />

Eltern­, Jugendlichen­<br />

<strong>und</strong> Erziehungsberatung.<br />

Festschrift zum 40­jährigen<br />

Jubiläum. Kitzingen. Selbstverlag.<br />

39–63.<br />

Müller, A. (2003): „Spiel­Sport“. Ein<br />

Konzept heilpädagogischer<br />

Beziehungsgestaltung innerhalb<br />

<strong>de</strong>r stationären Erziehungshilfe.<br />

In: Flosdorf, P./Patzelt, H. (Hrsg.):<br />

Therapeutische Heimerziehung.<br />

Entwicklungen, Konzepte,<br />

Metho<strong>de</strong>n <strong>und</strong> ihre Evaluation.<br />

Landau (Pfalz): Eigenverlag <strong>de</strong>s<br />

Institutes <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r­ <strong>und</strong><br />

Jugendhilfe. 505–537.<br />

Patzelt, H. (2000): Würzburger<br />

Jugendhilfe­Evaluationsstudie<br />

(WJE). Die Wirksamkeit von<br />

heilpädagogisch­therapeutischen<br />

Hilfen. Würzburg: City<br />

Druck.<br />

Rie<strong>de</strong>r, H. (2003): Sport als Therapie<br />

– Eine neue Dimension <strong>de</strong>r<br />

Nutzung sportlicher Möglichkeiten.<br />

In: Flosdorf, P. u. Patzelt,<br />

H. (Hrsg.): Therapeutische<br />

Heimerziehung. Entwicklungen,<br />

Konzepte, Metho<strong>de</strong>n <strong>und</strong> ihre<br />

Evaluation. Landau (Pfalz):<br />

Eigenverlag <strong>de</strong>s Institutes <strong>für</strong><br />

Kin<strong>de</strong>r­ <strong>und</strong> Jugendhilfe. 495–<br />

505.<br />

Watzlawick, P./Beavin, J. H./Jackson,<br />

D. (1990): Menschliche Kommunikation.<br />

Formen, Störungen,<br />

Paradoxien. Bern 8 : Huber.<br />

Zentrum <strong>für</strong> Aus- <strong>und</strong> Fortbildung in<br />

Psychomotorischer Praxis Aucouturier<br />

Achtzehnmonatige Weiterbildung<br />

in Psychomotorischer Praxis Aucouturier (PPA)<br />

in Erziehungsbereich <strong>und</strong> Prävention <strong>für</strong> pädagogische<br />

<strong>und</strong> erzieherische Fachkräfte in Hameln bei Hannover<br />

ab Herbst 2007<br />

• Fortbildungen (Auszüge)<br />

6.–8. 7. 07 Frühkindliches Spiel/<br />

Psycho<strong>motorik</strong> in <strong>de</strong>r Prävention<br />

25./26. 8. 07 Vi<strong>de</strong>osupervision <strong>für</strong> Interessenten<br />

ohne Ausbildung<br />

21.–23. 9. 07 Beweg-Grün<strong>de</strong>, Teil II:<br />

Die Handlungsfantasmen<br />

26.–28. 10. 07 Beweg-Grün<strong>de</strong>, Einführung in die PPA<br />

30. 11. 07 Bernard Aucouturier zu <strong>de</strong>n<br />

Symbolisierungsprozessen<br />

beim Kind<br />

1./2. 12. 07 Psycho<strong>motorik</strong> mit verhaltenauffälligen<br />

Jugendlichen<br />

7.–8. 12. 07 Psycho<strong>motorik</strong> mit autistischen Kin<strong>de</strong>rn<br />

Das neue Buch von Bernard Aucouturier<br />

ist erschienen.<br />

Info unter www.zappa-bonn.<strong>de</strong>/literatur<br />

Programm <strong>und</strong> Information:<br />

ZAPPA • Professor-Neu-Allee 6 • 53225 Bonn<br />

Fon (02 28) 4 79 76 13 • Fax (02 28) 4 79 76 14<br />

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Psycho<strong>motorik</strong> als bewegungsorientiertes Angebot einer Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung<br />

Jörg Lesch<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als bewegungsorientiertes<br />

Angebot einer Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung<br />

Am Beispiel einer Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung im Saarland wird hier die<br />

Be<strong>de</strong>utung von Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r pädagogischen <strong>und</strong> therapeutischen<br />

Arbeit mit Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>utlich gemacht.<br />

Einleitung<br />

Das Theresienheim Saarbrücken hat sich<br />

in seinem 100-jährigen Bestehen vom<br />

traditionellen Kin<strong>de</strong>rheim zum „Zentrum<br />

<strong>für</strong> heilpädagogische Kin<strong>de</strong>r-,<br />

Jugend- <strong>und</strong> Familienhilfe“ entwickelt<br />

<strong>und</strong> versteht sich als eine mo<strong>de</strong>rne,<br />

innovative Jugendhilfeeinrichtung <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Stadtverband Saarbrücken. Träger<br />

<strong>de</strong>r Einrichtung sind die Cts-Schwestern<br />

vom Heiligen Geist gGmbH Saarbrücken.<br />

Durch das breit ausdifferenzierte<br />

erzieherische, sozialarbeiterische <strong>und</strong><br />

therapeutische Angebot leistet die<br />

Einrichtung adäquate Hilfe <strong>für</strong> <strong>de</strong>rzeit<br />

r<strong>und</strong> 160 Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche sowie<br />

<strong>de</strong>ren Familien, in unterschiedlichster<br />

Ausprägung, anknüpfend an die<br />

Ressourcen <strong>de</strong>r Familien:<br />

• Die Kin<strong>de</strong>rtagesstätte unterstützt<br />

Familien mit Kin<strong>de</strong>rn im Alter von<br />

8 Wochen bis 6 Jahre in <strong>de</strong>r<br />

Betreuung, Erziehung <strong>und</strong><br />

Bildung.<br />

• Über das Angebot Ambulante<br />

Familienhilfe wer<strong>de</strong>n Familien in<br />

ihrem sozialen Umfeld stabilisiert.<br />

Der Umfang <strong>de</strong>r Betreuung<br />

richtet sich nach <strong>de</strong>m speziellen<br />

aktuellen Bedarf <strong>und</strong> wird mit<br />

Familie <strong>und</strong> Jugendamt ausgehan<strong>de</strong>lt.<br />

• In Tagesgruppen wer<strong>de</strong>n Schulkin<strong>de</strong>r<br />

betreut, <strong>de</strong>ren Familien<br />

zwar intensive Unterstützung<br />

suchen, das Beziehungssystem<br />

an<strong>de</strong>rerseits noch so tragfähig<br />

ist, dass eine stationäre Unterbringung<br />

nicht erfor<strong>de</strong>rlich ist.<br />

Tagesgruppen sind befristete<br />

Hilfen mit intensiver Elternarbeit.<br />

• In Professionellen Bereitschaftspflegestellen<br />

fin<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r bis<br />

drei Jahre, die sich aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>s<br />

Wegfalls ihrer bisherigen<br />

Bezugsperson in einer akuten<br />

Notsituation befin<strong>de</strong>n, zeitlich<br />

befristete Aufnahme, Pflege <strong>und</strong><br />

Zuwendung. Diese Stellen leisten<br />

Kin<strong>de</strong>rschutz in beson<strong>de</strong>ren<br />

Problemlagen.<br />

• In Professionellen Erziehungsstellen<br />

erhalten Kin<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ren<br />

Ursprungsfamilie aus unterschiedlichen<br />

Grün<strong>de</strong>n nicht ihrem<br />

Erziehungsauftrag nachkommen<br />

können, im Rahmen eines<br />

professionellen Settings im<br />

Beziehungsfeld Familie Erziehung,<br />

Pflege, För<strong>de</strong>rung <strong>und</strong> Zuwendung.<br />

• Die Heilpädagogischen Kin<strong>de</strong>rgruppen<br />

bieten ein therapeutisches<br />

Milieu <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r von 3<br />

bis 12 Jahren. Das Angebot<br />

richtet sich an Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren<br />

Familien, bei <strong>de</strong>nen es aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer persönlichen <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r<br />

familiären Umstän<strong>de</strong>n/Lebenssituationen/Krisen,<br />

kurz o<strong>de</strong>r<br />

längerfristig angezeigt ist, Hilfe<br />

zur Erziehung anzubieten.<br />

• Die Jugendwohngruppen<br />

betreuen Heranwachsen<strong>de</strong> <strong>und</strong><br />

Jugendliche im Alter von 11 bis<br />

16 Jahre. Zielperspektive ist die<br />

Rückführung in die Herkunftsfamilie<br />

o<strong>de</strong>r Verselbstständigung<br />

über Mobile Betreuung/Betreutes<br />

Wohnen.<br />

• Mobile Betreuung <strong>und</strong> Betreutes<br />

Wohnen sind abgestuft intensive<br />

Angebote <strong>de</strong>r Einzelbetreuung <strong>für</strong><br />

Jugendliche <strong>und</strong> junge Erwachsene,<br />

als letzter Schritt in die<br />

Eigenverantwortung.<br />

Pädagogisch-Therapeutisches<br />

För<strong>de</strong>rkonzept <strong>und</strong> Perso-<br />

nalisierung<br />

Die spezielle Konzeption <strong>de</strong>r Einrichtung<br />

besteht (in Ergänzung zum<br />

familienorientierten Ansatz) darin, <strong>de</strong>n<br />

betreuten Kin<strong>de</strong>rn ein Lebensfeld<br />

anzubieten, in <strong>de</strong>m sie in <strong>de</strong>r befristeten<br />

Zeit ein Optimum an För<strong>de</strong>rung<br />

durch eine heilen<strong>de</strong> Umwelt erfahren<br />

können. Psycho<strong>motorik</strong> hat in diesem<br />

therapeutischen Milieu einen beson<strong>de</strong>ren<br />

Stellenwert. So setzt sich die<br />

Psychomotorische För<strong>de</strong>rung im<br />

Theresienheim aus folgen<strong>de</strong>n drei<br />

Säulen zusammen: Heilpädagogisches<br />

Reiten, Handlungs- <strong>und</strong> Erlebnispädagogik,<br />

Sport- <strong>und</strong> <strong>Motopädagogik</strong>.<br />

Der Teil <strong>de</strong>s gruppenübergreifen<strong>de</strong>n<br />

Fachdienstes, <strong>de</strong>r <strong>für</strong> <strong>de</strong>n stationären<br />

Bereich pädagogisch-therapeutische<br />

Behandlungen bzw. För<strong>de</strong>rangebote<br />

durchführt, ist mit 3 Planstellen <strong>für</strong><br />

aktuell 6 stationäre Gruppen à 9<br />

Kin<strong>de</strong>r/Jugendliche besetzt: 1 Diplom-<br />

Sportlehrer/Motopädagoge, 1 Reitpädagogin,<br />

1 Spieltherapeut. Spieltherapie,<br />

Reitpädagogik, Erlebnispädagogik <strong>und</strong><br />

<strong>Motopädagogik</strong> erfolgen auf <strong>de</strong>r Basis<br />

von Erziehungs- <strong>und</strong> Hilfeplan. Die<br />

jeweils geeignete Maßnahme wird<br />

entwe<strong>de</strong>r im Hilfeplan bei <strong>de</strong>r Aufnahme<br />

abgesprochen o<strong>de</strong>r ergibt sich als<br />

Resultat <strong>de</strong>r Erziehungsplanbesprechungen<br />

<strong>de</strong>r Teams. Ist nach Einschätzung<br />

<strong>de</strong>s Erzieher/innenteams die<br />

jeweilige Einzeltherapie angesagt,<br />

wird <strong>de</strong>r/die entsprechen<strong>de</strong> TherapeutIn<br />

durch <strong>de</strong>n/die zuständigen Bereichsleiter/in<br />

zu einer Fallbesprechung<br />

eingela<strong>de</strong>n. Kommt die Behandlung<br />

zustan<strong>de</strong>, führt <strong>de</strong>r/die Therapeut/in<br />

einen Behandlungsplan mit genauer<br />

Zielbeschreibung, Zeitperspektive,<br />

Entwicklungsverlauf <strong>und</strong> Revisionsterminen.<br />

Die Behandlung wird<br />

<strong>für</strong> die Hilfeplangespräche dokumentiert.


Psychomotorische För<strong>de</strong>rung<br />

<strong>und</strong> Ausstattung<br />

Spiel <strong>und</strong> Bewegung haben eine<br />

elementare Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s <strong>und</strong> sind Ausdrucksform<br />

seiner Persönlichkeit. Störungen in<br />

<strong>de</strong>r Entwicklung, zum Beispiel motorische<br />

Auffälligkeiten, Retardierungen,<br />

Defizite im psychomotorischen Verhalten<br />

sind bei <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn in unserer<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung<br />

häufig zu beobachten. Ausgehend von<br />

<strong>de</strong>r Bejahung <strong>de</strong>r psychomotorischen<br />

I<strong>de</strong>e wur<strong>de</strong> daher in <strong>de</strong>n letzten 10<br />

Jahren, als beson<strong>de</strong>rer heilpädagogischer<br />

Schwerpunkt, die psychomotorische<br />

För<strong>de</strong>rung ausgebaut. Der<br />

Stellenwert in <strong>de</strong>r Gesamtkonzeption<br />

wird <strong>de</strong>utlich, wenn man sich <strong>de</strong>n<br />

neuen psychomotorischen För<strong>de</strong>rraum<br />

ansieht.<br />

Durch <strong>de</strong>n 1999 durchgeführten Umbau<br />

<strong>de</strong>r früheren Schwimmhalle ist ein<br />

Spiel-, Bewegungs- <strong>und</strong> Lernfeld <strong>für</strong> die<br />

Kin<strong>de</strong>r entstan<strong>de</strong>n, das in Ausstattung<br />

<strong>und</strong> Ausgestaltung wohl einzigartig im<br />

Saarland ist: Komplett ausgelegt mit<br />

dick gepolsterten farbigen Weichbo<strong>de</strong>nmatten,<br />

im Sprungbereich mit einem fest<br />

installierten Trampolin, einem Hangel-,<br />

Kletter- <strong>und</strong> Schwingbereich, einer<br />

Ruhezone mit großer Hängematte, sowie<br />

einer etwa 30 m² großen gepolsterten<br />

Höhle im alten Schwimmbecken unter<br />

<strong>de</strong>m Trampolin, präsentiert sich dieser<br />

r Abb. 2: Die gepolsterte Kletterhalle<br />

Psychomotorische Persönlichkeitsför<strong>de</strong>rung<br />

Sport<strong>und</strong><br />

<strong>Motopädagogik</strong><br />

r Abb. 1: Bewegungsorientierte Angebote im Theresienheim<br />

Bewegungsraum <strong>für</strong> unsere Kin<strong>de</strong>r als<br />

hoch motivierend, um Ängste zu überwin<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> Bewegungs<strong>de</strong>fizite abzubauen.<br />

Daneben gibt es auch noch eine<br />

kleinere Sporthalle mit vielfältigen<br />

psychomotorischen Utensilien, einen<br />

Snoeselenraum <strong>und</strong> ein großes Außengelän<strong>de</strong><br />

mit Rasenplatz <strong>für</strong> verschie<strong>de</strong>nste<br />

Bewegungsspiele.<br />

Handlungs<strong>und</strong><br />

Erlebnispädagogik<br />

Heilpädagogisches<br />

Reiten<br />

Praktische Umsetzung<br />

Im Theresienheim hat je<strong>de</strong>s Kind, je<strong>de</strong>r<br />

Jugendliche im Sinne von Prävention<br />

<strong>und</strong> Rehabilitation mehrere motorische<br />

Angebote in <strong>de</strong>r Woche. Durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n diese in <strong>de</strong>r Sporthalle, im<br />

Trampolinraum, im Außengelän<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r<br />

in <strong>de</strong>r freien Natur. Speziell im Jugendbereich<br />

wird dabei vorwiegend erleb-<br />

Jörg Lesch<br />

Jahrgang 1961, Diplom-Sportlehrer,<br />

Motopädagoge AkM, Erlebnispädagoge<br />

(u. a. Fachübungsleiter Klettern, Robes<br />

Course Trainer) arbeitet seit 18 Jahren<br />

in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe im<br />

gruppenübergreifen<strong>de</strong>n Fachdienst.<br />

Anschrift <strong>de</strong>s Verfassers:<br />

Königsberger Straße 60<br />

66121 Saarbrücken<br />

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82<br />

Psycho<strong>motorik</strong> als bewegungsorientiertes Angebot einer Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung<br />

r Abb. 3: Kin<strong>de</strong>r im szenischen Spiel<br />

r Abb. 4: Die Rollbrettlandschaft<br />

nispädagogisch gearbeitet (Kanu,<br />

Klettern, Robes Course) mit festen<br />

Gruppen, klarer Zielsetzung <strong>und</strong><br />

Inhalten bei variabler Gestaltung <strong>und</strong><br />

anschließen<strong>de</strong>r Dokumentation.<br />

Im Kin<strong>de</strong>rbereich hat die <strong>Motopädagogik</strong><br />

als ganzheitlicher Ansatz ihren<br />

festen Stellenwert. In <strong>de</strong>r Praxis wer<strong>de</strong>n<br />

hier die Kin<strong>de</strong>r in koedukativen, meist<br />

altershomogenen Kleingruppen (4 bis 6<br />

Kin<strong>de</strong>r) psychomotorisch geför<strong>de</strong>rt.<br />

Aber auch das gemeinsame Spiel in <strong>de</strong>r<br />

Großgruppe fin<strong>de</strong>t regelmäßig an festen<br />

Terminen statt.<br />

Bei allen Angeboten spielen das Klima<br />

<strong>de</strong>r Annahme <strong>und</strong> das Beziehungsangebot<br />

eine wichtige Rolle.<br />

Liegt eine beson<strong>de</strong>re Indikation vor<br />

(erhebliche motorische <strong>und</strong>/o<strong>de</strong>r soziale<br />

Auffälligkeit), wird in Absprache mit<br />

<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren pädagogisch/therapeutischen<br />

Angeboten eine spezielle<br />

Einzelst<strong>und</strong>e angeboten. Die Zielset


zung, die Inhalte <strong>und</strong> Entwicklungsverän<strong>de</strong>rungen<br />

wer<strong>de</strong>n auf einem geson<strong>de</strong>rten<br />

Formblatt dokumentiert <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>m Hilfeplan beigefügt. Die gebräuchlichsten<br />

motodiagnostischen Verfahren<br />

(KTK, Mot 4-6) zur Überprüfung <strong>de</strong>r<br />

motorischen Leistung fin<strong>de</strong>n ebenso<br />

Anwendung, allerdings nur zur allgemeinen<br />

Grobeinschätzung. Die Tests<br />

können hilfreich sein, ersetzen allerdings<br />

nicht die Analyse <strong>de</strong>s geschulten<br />

Beobachters über mehrere Sequenzen.<br />

Schwerpunktmäßig wird im Theresienheim<br />

auch mit <strong>de</strong>m Trampolin gearbeitet.<br />

Gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

fan<strong>de</strong>n viele Kin<strong>de</strong>r mit mangeln<strong>de</strong>r<br />

o<strong>de</strong>r gestörter Entwicklung <strong>de</strong>r Koordinationsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Gleichgewichtsfunktion<br />

Aufnahme. Der Psycho<strong>motorik</strong>raum<br />

mit <strong>de</strong>m Trampolin wird<br />

aufgr<strong>und</strong> seiner vielfältigen Einsatzmöglichkeiten<br />

zum Aufbau <strong>und</strong> zur<br />

Erweiterung von Wahrnehmungs- <strong>und</strong><br />

Bewegungsmustern sehr häufig<br />

benutzt. Er erlaubt nicht nur <strong>de</strong>m<br />

spezialisierten Fachdienst son<strong>de</strong>rn auch<br />

<strong>de</strong>m/<strong>de</strong>r Erzieher/in im Gruppendienst<br />

ohne zeitlichen <strong>und</strong> materiellen<br />

Aufwand direkt in die Psycho<strong>motorik</strong><br />

r Abb. 5: Das Bo<strong>de</strong>ntrampolin<br />

einzusteigen, ohne dass ein hohes Maß<br />

an extrinsischer Motivation an <strong>de</strong>n<br />

Kin<strong>de</strong>rn geleistet wer<strong>de</strong>n muss.<br />

In <strong>de</strong>n vergangenen Jahren wur<strong>de</strong>n die<br />

psychomotorischen Angebote vorwiegend<br />

vom gruppenübergreifen<strong>de</strong>n<br />

Dienst durchgeführt. Mittlerweile (auch<br />

aufgr<strong>und</strong> hausinterner Fortbildungen im<br />

Psycho<strong>motorik</strong>raum) gibt es einige<br />

Kolleg/innen, die Psycho<strong>motorik</strong> in ihrer<br />

Arbeit umsetzen. In diesem Zusammenhang<br />

ist ein Snoeselenraum entstan<strong>de</strong>n,<br />

eine Zirkus AG wur<strong>de</strong> ins Leben gerufen<br />

<strong>und</strong> verschie<strong>de</strong>ne Aktivitäten mit<br />

psychomotorischen Inhalten wur<strong>de</strong>n<br />

bereits durchgeführt.<br />

Ansichten<br />

Obwohl in <strong>de</strong>r vorherrschen<strong>de</strong>n meist<br />

politischen Diskussion Einsparmöglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Kürzungen in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe an <strong>de</strong>r Tagesordnung<br />

sind <strong>und</strong> ganzheitliche Konzepte wenig<br />

Konjunktur besitzen, zeigen die<br />

Belegungszahlen <strong>de</strong>s Theresienheimes,<br />

dass die pädagogisch-therapeutischen<br />

psychomotorischen För<strong>de</strong>rangebote <strong>für</strong><br />

die Jugendämter immer noch ein<br />

belegungsrelevanter Faktor sind. Auch<br />

ist im Theresienheim die Unterstützung<br />

durch die Heimleitung <strong>und</strong> Bereichsleitung<br />

<strong>de</strong>r Einrichtung, was die finanziellen<br />

<strong>und</strong> fachlichen Bedürfnisse <strong>de</strong>s<br />

gruppenübergreifen<strong>de</strong>n Fachdienstes<br />

angeht, vorbildlich. Die Psycho<strong>motorik</strong><br />

wird von <strong>de</strong>r Leitungsebene mitgetragen.<br />

Die Mitarbeiter/innen im Gruppendienst<br />

sehen verständlicherweise bei<br />

<strong>de</strong>r hohen Belastung <strong>und</strong> <strong>de</strong>n hohen<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen zuerst einmal ihre<br />

Entlastung durch die Angebote, die<br />

psychomotorische I<strong>de</strong>e scheint aber, so<br />

zeigen auch die Umbaumaßnahmen auf<br />

<strong>de</strong>n Gruppen, mehr <strong>und</strong> mehr Fuß zu<br />

fassen. Und wie sehen die Kin<strong>de</strong>r<br />

die Angebote? Wenn man es erreichen<br />

kann, dass fast alle Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche<br />

unserer Einrichtung mit <strong>de</strong>n<br />

verschie<strong>de</strong>nsten motorischen Angeboten<br />

angesprochen wer<strong>de</strong>n, wenn man<br />

beobachten kann, wie diese Freu<strong>de</strong> an<br />

Spiel <strong>und</strong> Bewegung empfin<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

ausdrücken <strong>und</strong> wenn man dabei noch<br />

die positiven Verän<strong>de</strong>rungen in ihrer<br />

Entwicklung erlebt, dann spricht dies<br />

unzweifelhaft <strong>für</strong> sich selbst <strong>und</strong> die<br />

Wertigkeit <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>.<br />

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84<br />

Sich fallen lassen – ein Thema in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe?!<br />

Sandra Klingler<br />

Sich fallen lassen –<br />

ein Thema in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe?!<br />

An „Fall-Beispielen“ wird die Be<strong>de</strong>utung von sich fallen lassen <strong>und</strong> loslassen <strong>für</strong> die<br />

kindliche Entwicklung <strong>de</strong>utlich gemacht. Vor <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Entwicklungstheorie<br />

von Erikson zeigt sich die Wirksamkeit psychomotorischer Angebote – hier<br />

insbeson<strong>de</strong>re das Fallen - im Kontext einer Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfeeinrichtung.<br />

Einleitung<br />

Im Arbeitsfeld <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

begegnen wir Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen, von <strong>de</strong>nen wir das Gefühl<br />

haben, dass sie nach Halt suchen <strong>und</strong><br />

sich von Erwachsenen „fallen gelassen“<br />

fühlen. Heißt es da nicht: Stärke zeigen<br />

statt sich fallen zu lassen? Tatsache ist,<br />

dass man in körper- <strong>und</strong> bewegungsorientierten<br />

Arbeitsfel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendhilfe (z. B. Psycho<strong>motorik</strong>,<br />

Erlebnispädagogik) im Spiel (<strong>und</strong><br />

Han<strong>de</strong>ln) <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r immer wie<strong>de</strong>r aufs<br />

Neue mit <strong>de</strong>m Thema in unterschiedlichen<br />

Facetten konfrontiert wird.<br />

Der Wunsch, sich fallen zu lassen <strong>und</strong><br />

sicher wie<strong>de</strong>r aufgefangen zu wer<strong>de</strong>n,<br />

scheint aber auch ein Phänomen<br />

unserer Zeit zu sein. So stehen mit<br />

erstaunlicher Mehrheit Aktivitäten, die<br />

durch ein Loslösen vom Bo<strong>de</strong>n, einem<br />

Fallen <strong>und</strong> wie<strong>de</strong>r Aufgefangen wer<strong>de</strong>n<br />

gekennzeichnet sind, an erster Stelle<br />

bei <strong>de</strong>n Sportarten, die Jugendliche <strong>und</strong><br />

junge Erwachsene in <strong>de</strong>r heutigen Zeit<br />

auswählen. 7% <strong>de</strong>r Jugendlichen in<br />

Deutschland haben bereits Bungee-<br />

Jumping-Erfahrung beim Sprung von<br />

einer Brücke o<strong>de</strong>r vom Fernsehturm.<br />

Dreimal so viele (21%) wollen <strong>de</strong>n Fall<br />

noch ausprobieren. Am meisten können<br />

sich die Jugendlichen <strong>de</strong>rzeit <strong>für</strong> das<br />

Fallschirmspringen begeistern; fast ein<br />

Viertel aller Jugendlichen (23%) will in<br />

<strong>de</strong>r nächsten Zeit <strong>de</strong>n Fallschirmsprung<br />

noch wagen (B.A.T.-Studie 2000).<br />

Für eine Suche nach <strong>de</strong>n Motiven,<br />

weshalb Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche in <strong>de</strong>r<br />

Erziehungshilfe diese Themen zeigen,<br />

eignen sich als Hintergr<strong>und</strong>informationen<br />

die I<strong>de</strong>en von E. H. Erikson (1973)<br />

zur I<strong>de</strong>ntitätsentwicklung. Aufbauend<br />

auf <strong>de</strong>ren kurze Darlegung wer<strong>de</strong> ich<br />

anhand verschie<strong>de</strong>ner Beispiele aus<br />

meiner Berufspraxis die physische <strong>und</strong><br />

psychische Dimension <strong>de</strong>s Themas<br />

ver<strong>de</strong>utlichen. Die Frage, die sich <strong>de</strong>m<br />

„Praktiker“ im Anschluss stellt ist: Wie<br />

lassen sich Situationen gestalten, damit<br />

Kin<strong>de</strong>r dieses Thema „spielen“ können?<br />

Da <strong>de</strong>r Person <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>er/in<br />

hier beson<strong>de</strong>re Be<strong>de</strong>utung zukommt,<br />

wird vor allem sie im Zentrum <strong>de</strong>s<br />

Betrachters stehen. Ein kurzer Blick auf<br />

weitere Elemente <strong>de</strong>r Situationsgestaltung<br />

(Raum, Zeit, Material) soll jedoch<br />

nicht fehlen.<br />

Entwicklung von Urvertrauen<br />

<strong>und</strong> Fallenlassen<br />

Das Urvertrauen entsteht laut Erikson,<br />

<strong>de</strong>r sich mit <strong>de</strong>r psycho-sozialen<br />

Entwicklung zur I<strong>de</strong>ntität beschäftigt<br />

hat, im ersten Lebensjahr eines<br />

Menschen. Das Kind erlebt sich<br />

zunächst in <strong>de</strong>r Symbiose mit <strong>de</strong>r<br />

Mutter o<strong>de</strong>r einer primären Bezugsperson.<br />

Es kann sich selbst nicht halten,<br />

nicht wärmen, nicht behüten, nicht<br />

sauber machen, … Dazu braucht es eine<br />

halten<strong>de</strong> liebevolle Umgebung. Das Kind<br />

erlebt ein passives Fallen lassen <strong>und</strong><br />

gleichzeitig ein Gehalten sein. Der<br />

Kontakt zur Mutter gibt Wärme,<br />

Sättigung, Erholung, Geborgenheit.<br />

Fallen-Lassen unter <strong>de</strong>r Bedingung <strong>de</strong>s<br />

Gehalten-Seins <strong>und</strong> Umhüllt-Seins wird<br />

vom Kind <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bezugsperson als<br />

lustvoll erlebt. Urvertrauen be<strong>de</strong>utet<br />

aber nicht nur etwas Anfängliches, das<br />

man hinter sich lässt, son<strong>de</strong>rn etwas<br />

Basales, das später alles tragen soll. Auf<br />

<strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>s entwickelten „Urvertrauens“<br />

kann es das Kind wagen, in eine<br />

frem<strong>de</strong> Welt hinauszutreten, die ständig<br />

Neues <strong>und</strong> Beängstigen<strong>de</strong>s bietet.<br />

Fehlen<strong>de</strong>s Urvertrauen bei vielen<br />

Heimkin<strong>de</strong>rn<br />

Aus <strong>de</strong>n Anamneseberichten von<br />

Heimkin<strong>de</strong>rn sowie aus Elterngesprächen<br />

wissen wir, dass eine halten<strong>de</strong><br />

liebevolle Umgebung in <strong>de</strong>r frühen<br />

Kindheit nicht immer gegeben war.<br />

Die psychomotorische Entwicklungsbegleitung<br />

bietet <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn die<br />

Möglichkeit, ins kindliche Spiel<br />

einzutauchen. Hier greifen sie oft auf<br />

Bewegungs- <strong>und</strong> Spielformen zurück,<br />

die ihre entwicklungsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Kraft<br />

schon in viel früheren Entwicklungsstufen<br />

hätten entfalten müssen. Dadurch<br />

wird <strong>für</strong> uns <strong>de</strong>utlich, dass sie im freien<br />

Spiel immer wie<strong>de</strong>r versuchen, ungelöste<br />

Krisen ihrer Vergangenheit zu<br />

bewältigen, um sich damit neue<br />

Entwicklungschancen <strong>für</strong> die Zukunft<br />

zu eröffnen (vgl. Hammer 2000, S. 39).<br />

Während <strong>de</strong>r psychomotorischen<br />

Entwicklungsbegleitung sind Formen<br />

<strong>de</strong>s Sich fallen Lassens im kindlichen<br />

Spiel häufig zu beobachten. An die<br />

„Theorie <strong>de</strong>r psychosozialen Entwicklung“<br />

von Erikson (1973) angelehnt,<br />

erläutere ich einige Fallbeispiele.<br />

Urvertrauen im kindlichen Spiel –<br />

ein „Fall-Beispiel“<br />

Ein 7-jähriger Junge fährt mit<br />

einem Fahrzeug (Kettcar, Cityroller<br />

o<strong>de</strong>r Bobycar) <strong>und</strong> lässt sich einfach<br />

fallen. Nicht etwa, dass er ein<br />

Hin<strong>de</strong>rnis übersehen hätte o<strong>de</strong>r die<br />

Kurve zu eng war, nein – er fällt<br />

einfach so <strong>und</strong> bleibt liegen. Er<br />

wartet, bis ich hin eile, um ihn zu<br />

versorgen. Er lässt sich fallen, will<br />

umsorgt (gehalten) wer<strong>de</strong>n, genießt<br />

dies eine Weile <strong>und</strong> steht dann<br />

wie<strong>de</strong>r auf. Das Spiel beginnt von<br />

neuem - <strong>und</strong> wie<strong>de</strong>rholt sich<br />

mehrmals in einer St<strong>und</strong>e.<br />

Die Kindheit <strong>de</strong>s Jungen war bereits<br />

sehr früh von vielen Krankheiten<br />

<strong>und</strong> langen Krankenhausaufenthalten<br />

geprägt, eine gute Versorgung<br />

durch die Eltern war nicht vorhan-


<strong>de</strong>n. Im Spiel holt er sich Rückversicherung,<br />

baut Vertrauen in eine ihn<br />

nun halten<strong>de</strong> Umwelt auf. Es ist<br />

anzunehmen, dass <strong>de</strong>r Junge sich in<br />

einer unbewältigten psychosozialen<br />

Krise befin<strong>de</strong>t, die seine weitere<br />

Entwicklung belastet. Kann im<br />

kindlichen Spiel eine psychosoziale<br />

Krise bewältigt wer<strong>de</strong>n, so kann das<br />

Kind nach Erikson seine Ich-Integri-<br />

tät fin<strong>de</strong>n.<br />

Emotionales Auftanken<br />

im kindlichen Spiel –<br />

ein „Fall-Beispiel“<br />

Für einen 9-jährigen Jungen ist<br />

fester Bestandteil <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>e,<br />

dass er am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

St<strong>und</strong>e von mir „gekrault“ wer<strong>de</strong>n<br />

will. Die Inhalte <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>en<br />

gestalten sich unterschiedlich, mal<br />

ist er Rockstar, mal ein Verbrecher,<br />

mal Polizist – doch eines ist sicher<br />

<strong>und</strong> wird von <strong>de</strong>m Jungen auch<br />

gleich im Anfangskreis eingefor<strong>de</strong>rt:<br />

„Ich möchte am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e<br />

von dir gekrault wer<strong>de</strong>n!“<br />

Während dieses Abschlussrituals<br />

lässt er sich völlig in die Entspannung<br />

fallen <strong>und</strong> genießt diese<br />

körperliche Zuwendung. Die dabei<br />

entstehen<strong>de</strong> Ruhe <strong>und</strong> Konzentration,<br />

die Intensität <strong>de</strong>r Beziehung, die<br />

beson<strong>de</strong>rs bei <strong>de</strong>r Massage gespürt<br />

wird, erzeugt bei <strong>de</strong>m Jungen das<br />

Gefühl von Halt <strong>und</strong> Geborgenheit.<br />

Er kann „emotional auftanken“.<br />

Erikson beschreibt, dass – je nach<br />

Entwicklungsstand – zunächst<br />

Spiele bevorzugt wer<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>nen<br />

es um <strong>de</strong>n Erwerb von Urvertrauen<br />

geht. Erst darauf aufbauend folgen<br />

Spiele zur Entwicklung von „Autonomie“<br />

<strong>und</strong> „Initiative“. Auf <strong>de</strong>r<br />

Basis <strong>de</strong>s entwickelten „Urvertrauens“<br />

wagt sich <strong>de</strong>r Junge, in eine<br />

frem<strong>de</strong> Welt hinauszutreten (er<br />

schlüpft in verschie<strong>de</strong>ne Rollen), die<br />

ständig Neues, manchmal auch<br />

Beängstigen<strong>de</strong>s bietet. So lernt er<br />

auf eigenen Füßen zu stehen <strong>und</strong><br />

unabhängig vom Erwachsenen zu<br />

wer<strong>de</strong>n. Dabei braucht er Nähe als<br />

Ort <strong>de</strong>s Rückzugs, als „Heimathafen“,<br />

zu <strong>de</strong>m er immer wie<strong>de</strong>r<br />

zurückkehren kann, um „emotional<br />

aufzutanken“. Um sich <strong>de</strong>ssen sicher<br />

zu sein, for<strong>de</strong>rt er dies gleich zu<br />

Beginn <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e ein.<br />

Regressive Elemente im kindlichen<br />

Spiel – ein „Fall-Beispiel“<br />

Selbst wenn ein Kind Spiele zur Entwicklung<br />

von Autonomie <strong>und</strong><br />

Initiative bevorzugt spielt, also sich<br />

in dieser Entwicklungsphase<br />

befin<strong>de</strong>t, kann es durchaus erneut<br />

zur Regression kommen. Im<br />

kindlichen Spiel sind regressive<br />

Elemente zu erkennen, die immer<br />

dann verstärkt zu beobachten sind,<br />

wenn die Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>r<br />

Umwelt zunehmen. Wie das Beispiel<br />

eines 13-jährigen Mädchens zeigt,<br />

sucht es dann Situationen, die sie es<br />

an Ruhe, Entspannung <strong>und</strong><br />

Geborgenheit – <strong>de</strong>m Gehalten-<br />

Wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r pränatalen Entwicklungsphase<br />

– erinnern.<br />

Das Mädchen lebt seit 4 Jahren in<br />

einer Wohngruppe <strong>und</strong> besucht die<br />

Schule <strong>für</strong> Erziehungshilfe unserer<br />

Einrichtung. Kontakte zu ihren<br />

Pflegeeltern sind selten. Diese sind<br />

nun weiter weggezogen <strong>und</strong><br />

überlegen, das Mädchen in einer<br />

näherliegen<strong>de</strong>n Einrichtung<br />

unterzubringen. Für das Mädchen<br />

wür<strong>de</strong> dies ein Schulwechsel bzw.<br />

auch ein Wohngruppenwechsel in<br />

eine <strong>für</strong> sie unbekannte Einrichtung<br />

be<strong>de</strong>uten. Die ungewisse Situation<br />

verursacht bei ihm Unsicherheit.<br />

Während <strong>de</strong>r psychomotorischen<br />

För<strong>de</strong>rung drückt es seine Gefühle<br />

im Spiel aus. Es spielt seit über<br />

einem Jahr immer wie<strong>de</strong>r die<br />

Babyrolle, lässt sich auf <strong>de</strong>m großen<br />

Trampolin o<strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Hängematte<br />

wiegen <strong>und</strong> will gehalten wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Embryonalhaltung, die es dabei<br />

einnimmt, erinnert sehr an <strong>de</strong>n<br />

schweben<strong>de</strong>n Zustand während <strong>de</strong>r<br />

pränatalen Phase im geschützten<br />

Mutterleib.<br />

Auf eigenen Füßen stehen –<br />

Selbstständigkeit durch Loslassen<br />

Das Thema „Sich fallen lassen“ <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Wunsch gehalten zu wer<strong>de</strong>n ereignet<br />

sich nicht nur in kleinen Beziehungskontexten<br />

(Einzelst<strong>und</strong>e, Kleingruppe).<br />

In an<strong>de</strong>ren Facetten zeigt es sich auch<br />

in größeren Kontexten, wie <strong>de</strong>m<br />

regelmäßig stattfin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Spielnachmittag,<br />

einem offenen Bewegungsangebot<br />

in unserer Einrichtung. In <strong>de</strong>r<br />

Turnhalle geben wir <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn durch<br />

verschie<strong>de</strong>ne Aufbauten Spiel- <strong>und</strong><br />

Bewegungsmöglichkeiten vor. Neben<br />

Schaukeln, Springen, Klettern, Fahren,<br />

Raufen ist auch das Fallen lassen immer<br />

wie<strong>de</strong>r Thema <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r.<br />

Ein Kletterturm sowie eine sich in ca.<br />

2 m Höhe befindliche Balustra<strong>de</strong> bieten<br />

<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn die Möglichkeit, sich aus<br />

dieser Höhe auf dicke Matten fallen zu<br />

lassen. Dies ist bei <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn sehr<br />

beliebt. Anfangs brauchen Kin<strong>de</strong>r<br />

oftmals die Sicherheit durch das<br />

Reichen meiner Hand, <strong>de</strong>r Körperkontakt<br />

erleichtert ihnen das Fallen-Lassen.<br />

Hier zeigt sich die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s<br />

Körperkontaktes, es greifen auch Kin<strong>de</strong>r,<br />

die sich sonst sehr selbstständig in <strong>de</strong>r<br />

Turnhalle bewegen, wie<strong>de</strong>r auf das<br />

Gehaltenwer<strong>de</strong>n zurück. Eine solche<br />

Situation be<strong>de</strong>utet <strong>für</strong> die Kin<strong>de</strong>r erst<br />

einmal Unsicherheit. Eine Bezugsperson,<br />

die ihnen Sicherheit <strong>und</strong> Halt vermittelt<br />

ist erfor<strong>de</strong>rlich. Es ist wichtig, Neues zu<br />

wagen, um sich weiter zu entwickeln<br />

<strong>und</strong> Erfolgserlebnisse zu erzielen.<br />

Schritt <strong>für</strong> Schritt wer<strong>de</strong>n die Kin<strong>de</strong>r<br />

mutiger <strong>und</strong> lösen sich von mir. Es<br />

reicht dann auch, wenn ich bei ihnen<br />

stehe <strong>und</strong> zuschaue.<br />

Eine weitere Stufe <strong>de</strong>s Loslösens zeigt<br />

sich, wenn Kin<strong>de</strong>rn die Sicherheit<br />

meines Blickkontaktes aus einer<br />

Entfernung ausreicht. Sie machen nur<br />

durch Zurufen: „Sandra, schau mal!“<br />

Sandra Klingler<br />

staatlich geprüfte Motopädin <strong>und</strong><br />

Erzieherin, Lehrqualifikation <strong>Motopädagogik</strong><br />

akM, Ropes-Course-Trainerin, seit<br />

1998 in <strong>de</strong>r psychomotorischen Arbeit<br />

mit Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen im<br />

Bereich <strong>de</strong>r Erziehungshilfe tätig.<br />

Anschrift <strong>de</strong>r Verfasserin:<br />

Pallotti-Haus<br />

Har<strong>de</strong>nbergstr. 2<br />

66538 Neunkirchen<br />

85


86<br />

Sich fallen lassen – ein Thema in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe?!<br />

r Hinabspringen <strong>und</strong>…<br />

auf sich aufmerksam, diese Sicherheit<br />

genügt ihnen, um sich fallen zu lassen.<br />

Mit freudvollem Gesichtsausdruck<br />

wie<strong>de</strong>rholen sie diese Tätigkeit oft<br />

mehrmals. Der Körperkontakt <strong>und</strong> vor<br />

allem das Gehalten-Wer<strong>de</strong>n zwischen<br />

Bezugsperson <strong>und</strong> Kind wird mit<br />

zunehmen<strong>de</strong>m Alter <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s immer<br />

seltener, wobei er seinen generellen<br />

Stellenwert <strong>und</strong> seine Be<strong>de</strong>utung in<br />

bestimmten Situationen jedoch immer<br />

behalten wird. Deutlich wird dies<br />

beson<strong>de</strong>rs in Situationen <strong>und</strong> Lebensphasen<br />

<strong>de</strong>r Unsicherheit, in <strong>de</strong>nen es<br />

wichtig ist, Altes loszulassen <strong>und</strong> Neues<br />

zu wagen, um sich weiter zu entwickeln<br />

<strong>und</strong> zu einer reifen Persönlichkeit zu<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

r …fallen lassen<br />

Da <strong>de</strong>r Spielnachmittag meistens sehr<br />

gut besucht ist, ist ein Eintauchen in<br />

ein themenspezifisches Rollenspiel mit<br />

einzelnen Kin<strong>de</strong>rn kaum möglich. Eine<br />

weitere Möglichkeit, die <strong>für</strong> viele Kin<strong>de</strong>r<br />

einen beson<strong>de</strong>ren Reiz bietet, ist eine<br />

hochgestellte Leiter, die das Fallen<br />

lassen in weiche Schaumstoffteile<br />

ermöglicht.<br />

Die ganz Mutigen suchen Variationen,<br />

um <strong>de</strong>n Kick beim Fallen lassen zu<br />

erhöhen, sie schließen die Augen (ein<br />

Junge benutzt sein Halstuch als<br />

Augenbin<strong>de</strong>) o<strong>de</strong>r machen <strong>de</strong>n von <strong>de</strong>n<br />

Kin<strong>de</strong>rn so genannten „Bodycheck“.<br />

Dabei wird nicht auf <strong>de</strong>n Füßen<br />

gelan<strong>de</strong>t, son<strong>de</strong>rn auf <strong>de</strong>m Rücken<br />

(Arme <strong>und</strong> Beine sind angezogen). Dies<br />

bestätigt, was Lowen ausgedrückt hat:<br />

„Tätigkeiten, die <strong>de</strong>m Selbst-Ausdruck<br />

dienen, erzeugen ein unmittelbares<br />

Gefühl <strong>de</strong>r Lust <strong>und</strong> Befreiung (Lowen<br />

1988, 36).<br />

Jüngere bzw. ängstlichere Kin<strong>de</strong>r<br />

starten oftmals mehrere Versuche. Sie<br />

nehmen sich ihre Bezugsperson zu<br />

Hilfe, bis sie schließlich trauen, sich<br />

fallen zu lassen. Danach ist die Freu<strong>de</strong><br />

jedoch umso größer. Mit strahlen<strong>de</strong>m<br />

Gesicht erheben sie sich aus <strong>de</strong>n<br />

Schaumstoffteilen, stolz auf sich, es<br />

geschafft zu haben. Meistens wird sich<br />

gleich noch mal angestellt, um einen<br />

Versuch dieser angstbesetzten Tätigkeit<br />

<strong>de</strong>s sich Fallen Lassens nach <strong>de</strong>m<br />

An<strong>de</strong>ren zu wagen.<br />

„Dort wo die größte Angst o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r<br />

Schmerz sitzt, ist auch die größte Lust“<br />

(Fichtner 2000, S. 73).<br />

Eine Aufgabe <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>er/in ist<br />

es, Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche in ihrer<br />

Persönlichkeitsentwicklung zu begleiten.<br />

Dabei ist es nötig, <strong>de</strong>m Kind ein<br />

Setting zu bieten, das die Ausbalancierung<br />

bestehen<strong>de</strong>r psychosozialer Krisen<br />

ermöglicht. Eine Atmosphäre <strong>de</strong>r<br />

absoluten Sicherheit zu bieten ist<br />

Rahmenbedingung <strong>für</strong> pädagogischtherapeutisches<br />

Arbeiten. Hierbei<br />

stehen die Aspekte Raum, Zeit, Material<br />

<strong>und</strong> Beziehung in engem Kontakt<br />

zueinan<strong>de</strong>r. Die Beziehung zwischen<br />

Psycho<strong>motorik</strong>er/in <strong>und</strong> Kind nimmt die<br />

Schlüsselstellung ein, <strong>de</strong>shalb ist ihr<br />

mehr Platz gewidmet. Eine Bezugsperson,<br />

die <strong>de</strong>n nötigen Halt bietet, ist<br />

unabdingbar. Halten im psychischen<br />

(Vertrauen ermöglichen, aufkommen<strong>de</strong>n<br />

Gefühlen Raum geben <strong>und</strong> verstehen,<br />

ein geschütztes Setting bieten, in <strong>de</strong>m<br />

sich das Kind sicher fühlt, …) wie auch<br />

im physischen Sinn (das Kind auffangen,<br />

tragen, wiegen, ...) sind damit<br />

gemeint. Die Psycho<strong>motorik</strong>er/in sollte<br />

Kin<strong>de</strong>rn Situationen <strong>de</strong>s Sich fallen<br />

Lassens ermöglichen (weiche Materialien<br />

anbieten), sie festhalten, loslassen<br />

<strong>und</strong> auffangen können.<br />

Eine <strong>für</strong> die Psycho<strong>motorik</strong>er/in oftmals<br />

schwierige Aufgabe ist ein Loslassen<br />

von För<strong>de</strong>rabsichten. Neben <strong>de</strong>r<br />

Aufgabe, <strong>de</strong>r Absicht <strong>de</strong>s Än<strong>de</strong>rn-<br />

Wollens, stellt das Aufgeben von<br />

Kontrolle <strong>für</strong> viele eine große Herausfor<strong>de</strong>rung<br />

dar. „Der erste Schritt lag<br />

auch hier bei mir, wenn ich in mir<br />

keinen Halt habe, nicht die Süße dieser<br />

Freiräume selbst erlebt habe, kann ich<br />

Kin<strong>de</strong>rn diese Räume nicht eröffnen“<br />

(Fichtner 2000, S. 71).<br />

Am Beispiel eines fünfjährigen Jungen,<br />

<strong>de</strong>r während <strong>de</strong>r psychomotorischen<br />

Entwicklungsbegleitung in die Rolle<br />

eines Babys schlüpft, möchte ich die<br />

Rolle <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>er/in ver<strong>de</strong>utlichen.<br />

Meinen Kollegen spricht er mit<br />

„Papa“ an. Er spricht in Babysprache<br />

bzw. lautiert nur <strong>und</strong> will von meinem<br />

Kollegen gehalten wer<strong>de</strong>n wie ein Baby.<br />

Immer wie<strong>de</strong>r will er aus <strong>de</strong>n schützen<strong>de</strong>n<br />

Armen auf die Weichbo<strong>de</strong>nmatte<br />

geworfen wer<strong>de</strong>n, liegt dann da,<br />

lacht <strong>und</strong> krabbelt wie<strong>de</strong>r in die Arme<br />

meines Kollegen. Das Wechselspiel vom<br />

Gehalten-Wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Loslassen<br />

genießt <strong>de</strong>r kleine Junge sichtlich.<br />

Er holt in seinem Rollenspiel Erfahrungen<br />

<strong>de</strong>r frühesten Kindheit nach.<br />

Auf <strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>s entwickelten Urvertrauens<br />

versucht er, vom Erwachsenen<br />

unabhängig zu wer<strong>de</strong>n, sucht jedoch<br />

immer wie<strong>de</strong>r die körperliche Nähe, um<br />

„emotional aufzutanken“ <strong>und</strong> sich diese<br />

Loslösung immer wie<strong>de</strong>r aufs Neue<br />

leiblich bewusst zu machen. Der<br />

körperliche Kontakt einerseits <strong>und</strong> das<br />

Loslösen an<strong>de</strong>rerseits – bei<strong>de</strong>s bietet<br />

mein Kollege <strong>de</strong>m Jungen in einem<br />

engen Wechselspiel – sind Voraussetzungen<br />

<strong>für</strong> das Erreichen <strong>de</strong>r Selbstständigkeit<br />

<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s. Dies befähigte<br />

<strong>de</strong>n Jungen zur Autonomie, so dass er<br />

sich nach einigen Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>en<br />

selbstständig lösen konnte, in<strong>de</strong>m<br />

er verbal äußerte: „Lass mich los!“ <strong>und</strong><br />

sich eigenständig bewegen wollte. Der<br />

Zeitpunkt <strong>de</strong>s Loslassens war gekommen.<br />

Diesen zu erkennen <strong>und</strong> so das<br />

Kind in seiner erworbenen Selbstständigkeit<br />

zu festigen <strong>und</strong> es in seiner


Bewegungsimpulse auf <strong>de</strong>m Trampolin<br />

r Die fe<strong>de</strong>rn<strong>de</strong> Bewegung spüren<br />

Autonomieentwicklung nicht zu<br />

hemmen ist (neben <strong>de</strong>m Halten) eine<br />

weitere zentrale Aufgabe <strong>für</strong> die<br />

Psycho<strong>motorik</strong>er/in.<br />

Ansprechen<strong>de</strong> Bewegungsanreize (wie<br />

beim zuvor beschriebenen Spielnachmittag)<br />

bieten <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn die Möglichkeit,<br />

ihre „Angstlust“ auszuleben.<br />

Beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r heutigen Zeit sehe ich<br />

dies als wichtig an, da zwischen<br />

Bewegungsarmut <strong>und</strong> Leistungssport<br />

oftmals nicht viel geboten wird <strong>und</strong><br />

Dauersitzen an <strong>de</strong>r Tagesordnung ist.<br />

Gespielt wird oft inmitten von Autoverkehr<br />

– immer bewacht von besorgten<br />

Erwachsenenaugen. Unkontrollierte<br />

Bewegungen, „verbotene Experimente“,<br />

das Ausagieren von Angstlust ist fast<br />

unmöglich. Kontrolle gab es wohl schon<br />

immer – aber noch nie war sie so<br />

vollständig wie heute. Ist ein Ausagieren<br />

<strong>de</strong>r „Angstlust“ auf legalem Weg<br />

nicht vorhan<strong>de</strong>n, besteht die Gefahr,<br />

dass diese Risikohandlungen im Alltag<br />

in <strong>de</strong>n Sog <strong>de</strong>r Halbkriminalität <strong>und</strong><br />

Kriminalität (z. B. S-Bahn-Surfen)<br />

geraten können.<br />

Während meiner Berufstätigkeit in <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe konnte ich<br />

feststellen, dass vielen Kin<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />

nötige Halt in <strong>de</strong>r frühen Kindheit<br />

fehlte. Oftmals war nur eine geringe<br />

körperliche Zuwendung vorhan<strong>de</strong>n. Die<br />

Frage stellt sich, ob dies auch mit <strong>de</strong>n<br />

heutigen Umstän<strong>de</strong>n wie Zeitnot,<br />

Scheidungsehen <strong>und</strong> zunehmen<strong>de</strong><br />

Berufstätigkeit bei<strong>de</strong>r Elternteile zu tun<br />

hat. Eines ist jedoch ganz sicher <strong>und</strong> ich<br />

möchte dies zum Schluss nochmals<br />

beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>utlich hervorheben: Zur<br />

Erreichung <strong>de</strong>r Individuation <strong>und</strong><br />

Selbstständigkeit <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s sind<br />

einerseits <strong>de</strong>r körperliche Kontakt –<br />

Gehalten Wer<strong>de</strong>n – <strong>und</strong> an<strong>de</strong>rerseits<br />

das Lösen – Loslassen – unabdingbare<br />

Voraussetzungen.<br />

Das Bekannte loslassen,<br />

das Unbekannte wagen,<br />

die Sicherheit aufgeben <strong>und</strong><br />

immer wie<strong>de</strong>r neu beginnen.<br />

Dies sind die Schritte<br />

eines je<strong>de</strong>n Lernprozesses.<br />

Der Drang nach Bewegung<br />

ist die Lust auf Leben.<br />

(Lensing-Conrady 1996)<br />

Literatur:<br />

An<strong>de</strong>rs, W./Wed<strong>de</strong>mar, S. (2001):<br />

Häute scho(ö)n berührt?<br />

Körperkontakt in Entwicklung<br />

<strong>und</strong> Erziehung. Dortm<strong>und</strong>:<br />

Borgmann.<br />

Aufmuth, U. (1988): Zur Psychologie<br />

<strong>de</strong>s Bergsteigens. Frankfurt am<br />

Main: Fischer.<br />

Balint, M. (1960): Angstlust <strong>und</strong><br />

Regression. Stuttgart: Ernst<br />

Klett Verlag.<br />

B.A.T. Studie (2000): „Xtrem“:<br />

Jugend zwischen Kick <strong>und</strong> Kult.<br />

Extremsportals Zeitphänomen<br />

In: erleben & lernen, 6.<br />

Boa<strong>de</strong>lla, D. (1991): Befreite<br />

Lebensenergie, Einführung in<br />

die Biosynthese. München:<br />

Kösel-Verlag GmbH<br />

<strong>und</strong> Co.<br />

Borne, R. (2001): Einfach fallen<br />

lassen. Der Rausch nach<br />

Grenzerfahrung. Stuttgart/<br />

Berlin: Mayer.<br />

Fichtner, G. (2000): Vom Leistungssport<br />

zum Doppelmord. In:<br />

Wendler, M./Irmischer, T./<br />

Hammer, R. (Hrsg.): Psycho<strong>motorik</strong><br />

im Wan<strong>de</strong>l. Lemgo: akL, 37–42<br />

Hammer, R. (2000): Psychomotorische<br />

Entwicklungsför<strong>de</strong>rung im<br />

intermediären Bereich. In: Wen-<br />

dler, M./Irmischer, T./Hammer, R.<br />

(Hrsg.) Psycho<strong>motorik</strong> im<br />

Wan<strong>de</strong>l. Lemgo, akL, 37–42<br />

Hammer, R. (2001): Bewegung allein<br />

genügt nicht. Dortm<strong>und</strong>: verlag<br />

mo<strong>de</strong>rnes lernen.<br />

Hammer, R. (2002): Spiel <strong>und</strong><br />

Bewegung in <strong>de</strong>r psychomotorischen<br />

Entwicklungsbegleitung.<br />

Praxis <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>,<br />

Jg. 27 (4).<br />

Kiphard, E. J. (1993): Ungewöhnliche<br />

Bewegungserlebnisse als<br />

Nervenkitzel <strong>und</strong> Abenteuer,<br />

vestibuläre Reizsuche durch<br />

Fallen, Fliegen, Springen,<br />

Schleu<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Drehen. In:<br />

Praxis <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>,<br />

Jg. 18 (1).<br />

Kiphard, E. J. (1997): Nervenkitzel<br />

um je<strong>de</strong>n Preis. Zur Physiologie<br />

<strong>und</strong> Psychologie <strong>de</strong>s Thrills. In:<br />

Motorik, Heft 3.<br />

Lowen, A. (2002): Bioenergetik,<br />

Therapie <strong>de</strong>r Seele durch Arbeit<br />

mit <strong>de</strong>m Körper. Hamburg:<br />

Rowohlt.<br />

Semler, G. (1994): Die Lust an <strong>de</strong>r<br />

Angst, Warum Menschen sich<br />

freiwillig extremen Risiken<br />

aussetzten. München: Heyne.<br />

Warwitz, S. (2001): Sinnsuche im<br />

Wagnis. Leben in wachsen<strong>de</strong>n<br />

Ringen. Hohengehren/Baltmannsweiler:<br />

Schnei<strong>de</strong>r-Verl.<br />

Wendler, M./Irmischer, T./Hammer,<br />

R. (2000): Psycho<strong>motorik</strong> im<br />

Wan<strong>de</strong>l. Lemgo: Verlag Aktionskreis<br />

Literatur <strong>und</strong> Medien.<br />

LABAN/BARTENIEFF<br />

BEWEGUNGSSTUDIEN<br />

Einführungskurse<br />

Berufsbegleiten<strong>de</strong><br />

Fortbildung &<br />

Aufbaustufe<br />

EUROLAB<br />

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ZERTIFIKATAUSBILDUNG<br />

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88<br />

Herzlich Willkommen im Stefan Kuntz-Stadion o<strong>de</strong>r: Pausengestaltung in einer Schule <strong>für</strong> Erziehungshilfe<br />

Eilert von Busch<br />

Herzlich Willkommen<br />

im Stefan Kuntz-Stadion<br />

o<strong>de</strong>r: Pausengestaltung in einer Schule <strong>für</strong> Erziehungshilfe<br />

Im Rahmen eines Anti-Gewaltjahres in einer Einrichtung <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

ergab es sich, dass auch <strong>de</strong>r Bereich Sport/Psycho<strong>motorik</strong> an dieser Schwerpunktsetzung<br />

in <strong>de</strong>r Arbeit mit verhaltensauffälligen Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen beteiligt war.<br />

Nun ist Fußballspielen in Schulen ein alter Hut, erfolgreich Fußballspielen in einer<br />

Schule <strong>für</strong> Erziehungshilfe aber eine echte Herausfor<strong>de</strong>rung.<br />

Einleitung<br />

Woche <strong>für</strong> Woche ist es an unserer<br />

Schule ein festes Angebot, in <strong>de</strong>r<br />

großen Pause <strong>für</strong> 15 Minuten Fußball<br />

anzubieten. Ein Lehrer beaufsichtigt<br />

<strong>und</strong> leitet das Spiel nach einem festen<br />

Regelsystem. Es soll fair bleiben – <strong>und</strong><br />

das ist unheimlich schwer. Unsere<br />

Schüler bringen in die Pausen eine<br />

geballte Ladung von verhaltensoriginellen<br />

Ticks, I<strong>de</strong>en, Gewohnheiten mit.<br />

Die latent vorhan<strong>de</strong>nen Verhaltensprobleme<br />

je<strong>de</strong>s Einzelnen, aktuelle, aus<br />

<strong>de</strong>m Unterrichtsvormittag stammen<strong>de</strong><br />

gruppendynamische <strong>und</strong> Interaktionsstörungen<br />

<strong>und</strong> das Bedürfnis nach einer<br />

maßgeschnei<strong>de</strong>rten Erholungspause, in<br />

<strong>de</strong>r alles drin ist was das Herz begehrt,<br />

kochen zunächst harmlose Situationen<br />

blitzschnell zu einem explosiven<br />

Cocktail hoch. Ärgern, Beleidigungen,<br />

Schlägereien, Quälereien sowie<br />

Provokationen an Sachen <strong>und</strong> Menschen<br />

erfor<strong>de</strong>rn ein Eingreifen <strong>de</strong>r<br />

Erwachsenen. Sie ziehen alle Register,<br />

um diesen Chaosten<strong>de</strong>nzen mit <strong>de</strong>n<br />

jeweils erlernten Spezialkenntnissen aus<br />

Son<strong>de</strong>rpädagogik, Antiaggressionstraining<br />

<strong>und</strong> Mediation usw. entgegen zu<br />

treten.<br />

Der Verfasser skizziert seine Art <strong>de</strong>s<br />

Pausenfußballspiels, die seit Jahren eine<br />

relativ konfliktarme, <strong>für</strong> Schüler <strong>und</strong><br />

Lehrer angenehme tägliche Bewegungszeit<br />

darstellt.<br />

Im Stefan Kuntz-Stadion<br />

Das „Stefan Kuntz-Stadion“ (Stefan<br />

Kuntz ist ein, aus <strong>de</strong>m Schulort<br />

stammen<strong>de</strong>s regionales Fußballidol,<br />

mittlerweile Fußballtrainer, Sportmanager,<br />

früher u. a. Spieler bei FC<br />

Kaiserslautern <strong>und</strong> Nationalspieler –<br />

bekannt <strong>für</strong> seine große Fairness) ist<br />

eine mit Fallschutzplatten belegte,<br />

mit vier Meter hohem Gitterzaun<br />

umzäunte Spielfläche, als Teil <strong>de</strong>s<br />

Schulhofes <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n Pausen<br />

zugänglich.<br />

Die Größe kommt einem Basketballspielfeld<br />

gleich: zehn mal zwanzig<br />

Meter, mit zwei Hallenhandballtoren.<br />

Der Zaun verhin<strong>de</strong>rt, dass <strong>de</strong>r<br />

Ball zu häufig auf <strong>de</strong>n Restschulhof<br />

o<strong>de</strong>r gar auf zwei Straßen, neben<br />

<strong>de</strong>m Schulgelän<strong>de</strong> fliegt. Bänke an<br />

Stirn- <strong>und</strong> Längsseite ermöglichen<br />

ein hautnahes Miterleben <strong>de</strong>s Spiels<br />

durch Fans <strong>und</strong> Mitschüler, die<br />

einfach nur relaxen möchten.<br />

Die Mannschaften<br />

Heute spielt Bremen gegen Bayern.<br />

„Wer möchte Spielführer <strong>und</strong> so<br />

cool wie Klose sein?“ „Wer ist<br />

Makaay?“<br />

Mit solchen Fragen wird die Wahl<br />

zweier Mannschaften unterstützt.<br />

Nach<strong>de</strong>m ca. die Hälfte <strong>de</strong>r Spieler<br />

gewählt ist, teilt <strong>de</strong>r Aufsichtsführen<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>n Rest <strong>de</strong>r Spieler ein.<br />

Gr<strong>und</strong>sätzlich sollten zwei gleich<br />

gute Spieler die Rolle <strong>de</strong>s Spielführers<br />

übernehmen, sie entschei<strong>de</strong>n<br />

übrigens auch wer Freistöße <strong>und</strong><br />

Elfmeter schießt, legen Torwartwechsel<br />

fest, achten darauf, dass<br />

<strong>de</strong>r Schiri das mitbekommt.<br />

„Ich bin heute …“ , sagen selbst<br />

Vierzehnjährige mit hochgestreckter<br />

Mel<strong>de</strong>hand.<br />

Mir ist es immer wie<strong>de</strong>r wichtig,<br />

faire B<strong>und</strong>esligaspieler als Spielführer<br />

o<strong>de</strong>r Mannschaftskapitän<br />

vorzugeben, es gab <strong>und</strong> gibt sie<br />

(Marco Bo<strong>de</strong>, Miroslav Klose, Philip<br />

Lahm, Tim Wiese, Per Mertesacker,<br />

Martin Demicheles, Diego, Jeronimo,<br />

Cacau usw.).<br />

Bei <strong>de</strong>r Wahl heißt es aufpassen, es<br />

dürfen keine Mogeleien passieren.<br />

Nur wer gewählt ist betritt das<br />

Spielfeld! Er muss dann zunächst<br />

dicht bei seinem Mannschaftskapitän<br />

warten. Da gr<strong>und</strong>sätzlich je<strong>de</strong>r<br />

mitspielen darf, sind oft zwanzig<br />

Spieler auf <strong>de</strong>m Platz – niemand<br />

wird ausgeschlossen.<br />

Der Spielverlauf<br />

Mit <strong>de</strong>m Appell: „Schießt faire, gute<br />

Tore“, wird <strong>de</strong>r Ball in das Spielfeld<br />

eingeworfen, <strong>de</strong>r Spaß geht los. Auf<br />

engstem Raum muss <strong>de</strong>r Ball<br />

gepasst <strong>und</strong> gestoppt wer<strong>de</strong>n, die<br />

Entscheidung zum erfolgreichen<br />

Torschuss erfolgt blitzschnell.<br />

Da <strong>de</strong>r Ball vom Torwart am Bo<strong>de</strong>n<br />

ruhend geschossen o<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>r<br />

Hand geworfen wer<strong>de</strong>n darf,<br />

verlagert sich das Spielgeschehen<br />

schnell vom Angriff zur Defensive<br />

<strong>und</strong> umgekehrt. (Bei zu großen<br />

Unterschie<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r Schussstärke<br />

kann man <strong>de</strong>n Abstoß aus <strong>de</strong>n<br />

Regeln streichen). Die Enge <strong>de</strong>s<br />

Spielfel<strong>de</strong>s ermöglicht vielen<br />

Spielern auch ohne gute konditionelle<br />

Gr<strong>und</strong>lagen am Ball zu bleiben,<br />

Misserfolge, z. B. bei Deckungsaufgaben,<br />

wer<strong>de</strong>n leichter<br />

durch an<strong>de</strong>re Mitspieler ausgeglichen.<br />

Erfolgreiche Aktionen – Kommentare<br />

die das Herz erfreuen<br />

Erziehungsschwierige Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendliche reagieren auf Erfolgserlebnisse<br />

an<strong>de</strong>rer häufig gleichgültig


<strong>und</strong> ohne Anerkennung <strong>de</strong>s<br />

Geleisteten. Mitunter lösen sie nur<br />

Zorn <strong>und</strong> Frust aus. Auch aus <strong>de</strong>r<br />

Fankurve <strong>de</strong>r Amateuroberliga in<br />

Neunkirchen kennen viele die<br />

Provokations- <strong>und</strong> Beleidigungsrituale,<br />

die auf die gegnerische<br />

Mannschaft zielen.<br />

Dem Verfasser ist es nun sehr<br />

wichtig, trotz <strong>de</strong>r Schirirolle, eine<br />

gute Abwehraktion, einen tollen<br />

Lattenschuss mit Beifall zu kommentieren<br />

<strong>und</strong> er for<strong>de</strong>rt bei<strong>de</strong><br />

Mannschaften immer wie<strong>de</strong>r dazu<br />

auf, die entsprechen<strong>de</strong>n Akteure zu<br />

befeiern, zu beklatschen <strong>und</strong> Lob zu<br />

verteilen. Nach <strong>und</strong> nach kann so<br />

eine Lobkultur entstehen, die die<br />

extrem einseitige Bewertung <strong>de</strong>s<br />

Spiels nach Sieg o<strong>de</strong>r Nie<strong>de</strong>rlage<br />

erweitert. Nach bewusst erlebten,<br />

spannen<strong>de</strong>n Szenen mit vielen<br />

guten Einzelleistungen lässt sich<br />

eine Nie<strong>de</strong>rlage besser aushalten.<br />

Das <strong>für</strong> erziehungsschwierige<br />

Schüler so typische Reaktionsmuster<br />

auszurasten, tritt sehr selten<br />

nach diesen Spielen auf.<br />

Fouls, o<strong>de</strong>r wenn sich einer wehtut<br />

<strong>und</strong> die passen<strong>de</strong>n Rituale<br />

Absichtliche Fouls kommen selten<br />

vor. Kommt es im Kampf um <strong>de</strong>n<br />

Ball zu einem Foulspiel, so ist es<br />

erfor<strong>de</strong>rlich das Spiel zu unterbrechen,<br />

lautstark das Foul zu beschreiben<br />

<strong>und</strong> mit einem indirekten<br />

Freistoß (Mauer drei Schritte<br />

Abstand) weiterspielen zu lassen.<br />

Allerdings darf das Spiel erst dann<br />

wie<strong>de</strong>r angepfiffen wer<strong>de</strong>n, wenn<br />

<strong>de</strong>r Verursacher <strong>de</strong>s Fouls auf <strong>de</strong>n<br />

Gefoulten zugegangen <strong>und</strong> sich per<br />

Abklatschen bei ihm entschuldigt<br />

hat. Dies kann auch ohne Worte<br />

geschehen. Ebenso sollte bei<br />

Spielaktionen, bei <strong>de</strong>nen sich<br />

jemand wehtut obwohl kein Foul<br />

feststellbar ist, sofort das Spiel<br />

gestoppt wer<strong>de</strong>n. Der Schiri<br />

erläutert warum. „Wohl aus<br />

Versehen, trotz regelgerechtem<br />

Verhalten – möglicherweise ist<br />

<strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>r Schmerz entstan<strong>de</strong>n.“<br />

Auch hier wird immer <strong>de</strong>r Versöhnungsabklatscher<br />

eingefor<strong>de</strong>rt. Wird<br />

ein Verursacher vermutet o<strong>de</strong>r<br />

genannt, kann man ihn als Helfer<br />

o<strong>de</strong>r Tröster in die Situation mit<br />

einbeziehen. Manchmal passt es<br />

auch einen unmittelbar daneben<br />

Stehen<strong>de</strong>n als „Sanitäter“ um<br />

Mithilfe zu bitten. Es tut gut, nicht<br />

alleine ein Kühlkissen zu holen.<br />

Der oben erwähnte Abklatscher<br />

be<strong>de</strong>utet mittlerweile: ich versuche<br />

das Versehen als solches zu<br />

akzeptieren, bin mit <strong>de</strong>r Übersetzung<br />

einverstan<strong>de</strong>n, verzichte auf<br />

irgen<strong>de</strong>ine Racheaktion. Ein dann<br />

folgen<strong>de</strong>r Schiriball unterstreicht<br />

die Sichtweise <strong>de</strong>s Spielleiters.<br />

Mehr aus Nostalgie zückte ich<br />

irgendwann einmal meine gelbe <strong>und</strong><br />

rote Jugendschiedsrichterkarte, ein<br />

voller Erfolg. Gera<strong>de</strong> zu Beginn <strong>de</strong>r<br />

Fußballpause, wenn gewohnheitsgemäß<br />

die ersten Beleidigungen<br />

umherschwirren, schaffen diese<br />

Karten einen Fairplayrahmen.<br />

Eskaliert die Stimmung bei einem<br />

Mitspieler wegen angeblicher<br />

Fehlentscheidungen doch einmal, so<br />

kassieren sie ruhig selbstbewusst<br />

<strong>de</strong>n Ball ein <strong>und</strong> – warten ab.<br />

Der Ball fliegt über <strong>de</strong>n Zaun<br />

o<strong>de</strong>r: Das Elfmeterritual<br />

In nur einem von zwanzig Fällen<br />

wird <strong>de</strong>r Elfmeter nach <strong>de</strong>m<br />

allgemein gelten<strong>de</strong>n Reglement<br />

gegeben. Die beson<strong>de</strong>re Lage <strong>de</strong>s<br />

Schulhofs an zwei abschüssigen<br />

Straßen in einer Siedlung mit vielen<br />

parken<strong>de</strong>n Autos hat es erfor<strong>de</strong>rlich<br />

gemacht, <strong>de</strong>r allgegenwärtigen<br />

Weitschuss <strong>und</strong> Frustschussbegeisterung<br />

eine kopfgesteuerte Muskeldrossel<br />

einzubauen. Gelingt es<br />

<strong>de</strong>m Schützen eines Über-<strong>de</strong>n-<br />

Zaun-Balles nicht, über die großzügige<br />

Auslegung <strong>de</strong>r Pressballwertung<br />

einer Sanktion zu entgehen, so<br />

wird er vom weiteren Spiel <strong>für</strong> die<br />

laufen<strong>de</strong> Pause ausgeschlossen.<br />

Darüber hinaus darf die gegnerische<br />

Mannschaft einen Elfmeter schießen.<br />

Torwart <strong>und</strong> Schütze wer<strong>de</strong>n<br />

von <strong>de</strong>n jeweiligen Mannschaftskapitänen<br />

festgelegt.<br />

Ähnlich wie bei <strong>de</strong>r Freiwurfsituation<br />

im Basketball dürfen sich alle<br />

Spieler an <strong>de</strong>m Trapez zwischen<br />

Standort Elfmeterschütze (neun<br />

Meter vom Tor entfernt) <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

Tor (ein Schritt seitliche Entfernung<br />

von <strong>de</strong>n Torpfosten) aufstellen.<br />

Dann tritt nur <strong>de</strong>r Schütze gegen<br />

<strong>de</strong>n Torwart an, ohne Nachschuss.<br />

Manchmal erinnert die nun<br />

folgen<strong>de</strong> Geräuschkulisse an die<br />

Eckballsituation bei B<strong>und</strong>esligaspielen.<br />

Durch einen Trichter schreien<strong>de</strong>r<br />

<strong>und</strong> anfeuern<strong>de</strong>r Fußballkids<br />

<strong>de</strong>n Ball ins Tor zu schießen, o<strong>de</strong>r<br />

auch nicht, ist ein ganz beson<strong>de</strong>res<br />

Gefühl.<br />

Die Spieldauer – Der Kampf gegen<br />

die Zeit<br />

Beson<strong>de</strong>rs bei knappen Ergebnissen<br />

<strong>und</strong> unentschie<strong>de</strong>nen Spielverläufen,<br />

erhöht das subjektiv eingeblen<strong>de</strong>te<br />

Zeitfenster die Spannung.<br />

„Noch zwei Minuten bis zur<br />

Herbstmeisterschaft - ist das schon<br />

<strong>de</strong>r Endstand?“ So o<strong>de</strong>r ähnlich<br />

könnten Impulse gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Pause klingen, wenn <strong>de</strong>r Schlusspfiff<br />

mit <strong>de</strong>m Pausengong bevorsteht.<br />

Eilert von Busch<br />

Lehramt Sek I <strong>und</strong> II <strong>für</strong> Sport<br />

<strong>und</strong> Geschichte, Zusatzausbildung<br />

Psycho<strong>motorik</strong> Kajakübungsleiter,<br />

Ropes-Course-Trainer; Klassenlehrer<br />

in einer Schule <strong>für</strong> Erziehungshilfe<br />

Anschrift <strong>de</strong>s Verfassers:<br />

Pallotti-Haus<br />

Har<strong>de</strong>nbergstr. 2<br />

66538 Neunkirchen<br />

89


News · Fakten · Informationen<br />

aktuelle Nachrichten <strong>de</strong>s Aktionskreises Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

Jahrestagung <strong>de</strong>s akP 2007<br />

„Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

in Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m Überregionalen Beratungs- <strong>und</strong> Behandlungszentrum Würzburg<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Kath. Fachschule <strong>für</strong> Sozialpädagogik Saarbrücken<br />

Ort: ÜBBZ – Überregionales Beratungs- <strong>und</strong> Behandlungszentrum, Wilhelm-Dahl-Str. 9, 97082 Würzburg<br />

Termin: Samstag, 5. September 2007; 9. 5 Uhr bis 7.00 Uhr<br />

Programmablauf:<br />

8.00 Uhr Öffnung <strong>de</strong>s Tagungsbüros im ÜBBZ <strong>und</strong> Ausgabe <strong>de</strong>r Tagungsunterlagen<br />

9. 5 Uhr Eröffnung <strong>de</strong>r Fachtagung durch Dr. N. Beck (ÜBBZ) <strong>und</strong><br />

Dr. R. Hammer (ak’P) in <strong>de</strong>r Mensa<br />

9.30– 0. 5 Uhr Dialogischer Einführungs-Vortrag (Mensa) von Reinhard Köster; Caritasverband <strong>de</strong>r Diözese Trier;<br />

Geschäftsführer <strong>de</strong>r Arbeitsgemeinschaft katholischer Träger von Einrichtungen <strong>und</strong> Diensten <strong>de</strong>r<br />

erzieherischen Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe <strong>und</strong> Dr. Richard Hammer; stellv. Leiter <strong>de</strong>r Kath.<br />

Fachschule <strong>für</strong> Sozialpädagogik GmbH in Saarbrücken;<br />

. Vorsitzen<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s Aktionskreises Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

Thema: Zur Situation <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe unter beson<strong>de</strong>rer Berücksichtigung von Angeboten<br />

aus Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport<br />

0.30– 2.45 Uhr 1. Workshop- <strong>und</strong> Seminareihe (V1 bis V6)<br />

2.45 Uhr Mittagspause<br />

4.00– 6. 5 Uhr 2. Workshop- <strong>und</strong> Seminarreihe (N1 bis N6)<br />

6.30 Uhr „Bewegter Abschluss“ (Turnhalle Heilpäd. Seminar)<br />

Wir spielen die besten Spiele <strong>de</strong>s För<strong>de</strong>rpreiswettbewerbes<br />

ca. 7.00 Uhr En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Fachtagung<br />

Kosten: Tagungsgebühr incl. Mittagessen: 50,00 €€<br />

Mitglie<strong>de</strong>r ak’P ermäßigt: 40,00 €<br />

Schüler/Studieren<strong>de</strong> mit Nachweis erhalten jeweils 0.– € Ermäßigung.<br />

Anmeldung:<br />

Aktionskreis Psycho<strong>motorik</strong> e.V., Kleiner Schratweg 32, 32657 Lemgo<br />

per Fax 0 52 6 /97 09 72 · per Mail: akp@psycho<strong>motorik</strong>.com · per Internet über online-Formular unter: www.psycho<strong>motorik</strong>.com<br />

Übersicht Workshops<br />

<strong>und</strong> Seminare<br />

Stefan Werner (V <strong>und</strong> N )<br />

Ringen <strong>und</strong> Raufen<br />

Wolfgang Müller (V2 <strong>und</strong> N2)<br />

Was geht hier ab?<br />

Axel Heisel (V3 nur vormittags!)<br />

Abenteuer Turnhalle<br />

Axel Heisel (N3 nur nachmittags!)<br />

Abenteuer Seilbrücken<br />

Im Freien<br />

Georg Schuh (V4 <strong>und</strong> N4)<br />

Die Kletterwand als heilpädagogisches<br />

Medium in <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong><br />

Albert Averbeck (N5 nur nachmittags!)<br />

Spiel-Sport<br />

Seminar<br />

Albert Müller (V6 <strong>und</strong> N6)<br />

Motodiagnostik (TKT)<br />

Forum<br />

Mechthild Denzer (V7)<br />

Die Be<strong>de</strong>utung von Psycho<strong>motorik</strong>,<br />

Bewegung <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r Ausbildung<br />

Schorndorf 30 (2007) Heft 2/2007<br />

Einladung zur 32. Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />

<strong>de</strong>s Aktionskreises Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

am 4. 9. 2007, um 7.00 Uhr, im ÜBBZ, Wilhelm-Dahl-Str. 9, 97082 Würzburg<br />

Tagesordnung:<br />

. Begrüßung/Wahl <strong>de</strong>s Veranstaltungsleiters<br />

2. Bericht <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s<br />

3. Bericht <strong>de</strong>s Geschäftsführers<br />

4. Bericht <strong>de</strong>r Kassenprüfer<br />

5. Entlastung <strong>de</strong>s Vorstan<strong>de</strong>s<br />

6. Bestellung <strong>de</strong>r Kassenprüfer <strong>für</strong> 2008<br />

7. Festsetzung <strong>de</strong>s Mitglie<strong>de</strong>rjahresbeitrages<br />

8. Haushaltsvoranschlag <strong>für</strong> 2008<br />

9. Bericht <strong>de</strong>r Leiterin <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie <strong>für</strong> <strong>Motopädagogik</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Mototherapie</strong> zu ak’M <strong>und</strong> Kuratorium<br />

0. Bericht <strong>de</strong>s geschäftsführen<strong>de</strong>n Redakteurs <strong>de</strong>r <strong>Zeitschrift</strong> <strong>motorik</strong>’<br />

. Beschlussfassung über vorliegen<strong>de</strong> Anträge<br />

2. Verschie<strong>de</strong>nes<br />

Lemgo, im Juli 2007 Dr. Richard Hammer<br />

. Vorsitzen<strong>de</strong>r AKP


News · Fakten · Informationen<br />

aktuelle Nachrichten <strong>de</strong>s Aktionskreises Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

Informationen aus <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>svertretungen <strong>und</strong> Regionalkreisen<br />

Frühjahrstagung <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>svertretungen<br />

<strong>und</strong> Regional-<br />

kreisleitungen 2007 im Brunnenhaus<br />

„Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen <strong>de</strong>r<br />

Arbeit in <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>svertretungen“ –<br />

unter diesem Thema trafen sich Anfang<br />

März die Lan<strong>de</strong>svertretungen <strong>und</strong><br />

Regionalkreisleitungen zu ihrer Frühjahrstagung<br />

2007 im Brunnenhaus bei<br />

Wermelskirchen im Bergischen Land.<br />

Die Arbeit <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>svertretungen <strong>und</strong><br />

Regionalkreisleitungen sollte neu überdacht<br />

wer<strong>de</strong>n, hat sich doch die<br />

psychomotorische Landschaft in <strong>de</strong>n<br />

letzten Jahren auch regional stark verän<strong>de</strong>rt.<br />

Daher hatte die Tagung zum<br />

Ziel, die aktuelle Situation <strong>de</strong>r regionalen<br />

psychomotorischen Verbreitung<br />

zu analysieren <strong>und</strong> die Arbeit in <strong>de</strong>n<br />

Lan<strong>de</strong>svertretungen mit neuen Impulsen<br />

zu beleben. Viele Fragen stan<strong>de</strong>n<br />

im Raum, die auf Antworten warteten,<br />

eine Aufgabe, <strong>de</strong>r sich die Lan<strong>de</strong>svertretungen<br />

an diesem Wochenen<strong>de</strong><br />

stellen wollten.<br />

Der zusammenfassen<strong>de</strong> Rückblick auf<br />

das Jahr 2006 zeigte sehr <strong>de</strong>utliche<br />

Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Resonanz auf Fortbildungen<br />

<strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Angebote in<br />

<strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>svertretungen. Ein Punkt, <strong>de</strong>r<br />

die Gruppe beschäftigt hat, war die<br />

Tatsache, dass auf <strong>de</strong>n Fortbildungen<br />

oft wenig Mitglie<strong>de</strong>r anzutreffen sind.<br />

Daraus ergab sich die Frage: was wünschen<br />

sich Mitglie<strong>de</strong>r eigentlich von<br />

ihrer Lan<strong>de</strong>svertretung o<strong>de</strong>r ihrem<br />

Regionalkreis?<br />

Eine mögliche Antwort darauf lautete:<br />

qualifizierte wohnortnahe Fortbildungen.<br />

Als Konsequenz aus diesen<br />

Überlegungen wur<strong>de</strong> eine engere<br />

Vernetzung zwischen <strong>de</strong>r Arbeit <strong>de</strong>r<br />

AKM <strong>und</strong> <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>svertretungen<br />

überlegt. Die Aka<strong>de</strong>mieleiterin<br />

Dr. Astrid Krus stellte dazu ein<br />

Konzept <strong>de</strong>r Möglichkeiten über eine<br />

Zusammenarbeit zwischen LVs <strong>und</strong><br />

Aka<strong>de</strong>mie vor, das die LVs in <strong>de</strong>n<br />

letzten Jahren bereits in Ansätzen<br />

entwickelt hatten.<br />

Ziel soll es sein, die Angebote <strong>de</strong>r<br />

AKM in <strong>de</strong>r Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>n<br />

LVs besser zu regionalisieren um<br />

interessierten Mitglie<strong>de</strong>rn Fahrwege<br />

zu ersparen. An<strong>de</strong>re Angebote wie<br />

kollegialer Austausch etc … wur<strong>de</strong>n<br />

von <strong>de</strong>n Mitglie<strong>de</strong>rn nicht in einer<br />

Kontinuität angenommen.<br />

Im Verlauf <strong>de</strong>r Tagung beschäftigten<br />

sich die LVs <strong>und</strong> Rks mit zwei weiteren<br />

Schwerpunkten:<br />

• wie können neue Mitglie<strong>de</strong>r im<br />

AKP gewonnen wer<strong>de</strong>n,<br />

• wie kann man psychomotorische<br />

Aktivitäten <strong>und</strong> Angebote im eigenen<br />

B<strong>und</strong>esland besser miteinan<strong>de</strong>r<br />

vernetzen.<br />

Es wur<strong>de</strong>n eine Reihe von I<strong>de</strong>en zu<br />

bei<strong>de</strong>n Punkten gesammelt <strong>und</strong> diese<br />

Aufträge <strong>für</strong> das nächste Jahr mit nach<br />

Hause genommen.<br />

Zwischen <strong>de</strong>n Arbeitsphasen konnte<br />

die Gruppe <strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>svertreter <strong>und</strong><br />

Regionalkreisleiter unter Leitung von<br />

Axel Heisel eine kreative Pause einlegen.<br />

Er entführte uns unter <strong>de</strong>m Thema:<br />

„Mit Land-Art unterwegs“ in<br />

beeindrucken<strong>de</strong> Ecken <strong>de</strong>s Bergischen<br />

Lan<strong>de</strong>s <strong>und</strong> regte zum Gestalten<br />

äußerst kreativer Naturkunstwerken an<br />

Bäumen, in Wurzeln, auf Ästen <strong>und</strong><br />

Zweigen <strong>und</strong> am Bach an. Sie ließen<br />

uns innehalten, unsere Köpfe frei wer<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> regten zum Verweilen, Schauen,<br />

Staunen <strong>und</strong> weitermachen an.<br />

2 Schorndorf 30 (2007) Heft 2/2007


News · Fakten · Informationen<br />

aktuelle Nachrichten <strong>de</strong>s Aktionskreises Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

Die Frühjahrstagung wur<strong>de</strong> weiter<br />

durch <strong>de</strong>n Besuch <strong>de</strong>s Präsi<strong>de</strong>nten <strong>de</strong>r<br />

Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Psycho<strong>motorik</strong>,<br />

Horst Göbel, bereichert. Er stellte<br />

die Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Psycho<strong>motorik</strong><br />

vor <strong>und</strong> informierte die Lan<strong>de</strong>svertretungen<br />

über Ziele, Aufgaben<br />

<strong>und</strong> anstehen<strong>de</strong> Arbeiten. Er ermutigte<br />

die Lan<strong>de</strong>svertretungen, die oben<br />

schon angesprochene Vernetzung auch<br />

mit <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Mitgliedsverbän<strong>de</strong>n<br />

Am Tag <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />

( 7. 3. 07) im Kin<strong>de</strong>rzentrum „Weißer-<br />

Stein“ in Marburg-Wehrda gab es beim<br />

Lan<strong>de</strong>sverband Hessen eine Fortbildung<br />

zum Thema „Spielketten <strong>für</strong><br />

Bewegungseinheiten im Vor- <strong>und</strong><br />

Gr<strong>und</strong>schulbereich“.<br />

Die Spiel- <strong>und</strong> Theaterpädagogin Andrea<br />

Müller gestaltete diese Fortbildung<br />

in gewohnter Weise mit viel Bewegung<br />

<strong>und</strong> zahlreichen Anregungen <strong>für</strong> die<br />

eigene Praxis in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen<br />

Arbeitsfel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r 25 TeilnehmerInnen.<br />

Bei <strong>de</strong>r ersten Spielkette „Die unmögliche<br />

Reise in einem verrückten Raumschiff“<br />

wur<strong>de</strong> aus <strong>de</strong>n im Raum vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Materialien (Matten, Reifen,<br />

Bänke etc.) ein Raumschiff gebaut, in<br />

welchem die „RaumfahrerInnen“ Platz<br />

nahmen <strong>und</strong> von Planet zu Planet flogen:<br />

Auf <strong>de</strong>m „Indianerplaneten“<br />

musste gemeinsam zu Trommelmusik<br />

geschlichen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>r „Geräuscheplanet“<br />

hielt zu raten<strong>de</strong> Alltagsgeräusche<br />

parat, auf <strong>de</strong>m Planten „Luftikus“<br />

wur<strong>de</strong>n Luftballons, möglichst ohne<br />

<strong>de</strong>n Bo<strong>de</strong>n zu berühren, von einem<br />

zum an<strong>de</strong>ren weitergegeben, <strong>de</strong>r „Rätselplanet“<br />

bot Rätsel zu verschie<strong>de</strong>nen<br />

Märchen, auf <strong>de</strong>m „Tanzplanet“ gab es<br />

flotte Tänze zu erlernen, <strong>de</strong>r Planet<br />

<strong>de</strong>r Deutschen Gesellschaft <strong>für</strong> Psycho<strong>motorik</strong>,<br />

wie <strong>de</strong>n Vertretern <strong>de</strong>r Berufsverbän<strong>de</strong>n,<br />

Vertreter <strong>de</strong>r Vereine auf<br />

Lan<strong>de</strong>sebene aufzubauen, um sich gegenseitig<br />

zu unterstützen. Gestärkt<br />

durch die gute Arbeitsatmosphäre <strong>und</strong><br />

gemeinsamen Erfahrungen in <strong>de</strong>r Natur<br />

fuhren alle mit neuen Impulsen im<br />

Gepäck am Sonntag wie<strong>de</strong>r nach<br />

Hause.<br />

Karin Reth-Scholten<br />

„Spielketten <strong>für</strong> Bewegungseinheiten<br />

im Vor- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulbereich –<br />

eine Interessante Fortbildung <strong>de</strong>s akP in Hessen<br />

„alles verkehrt herum“ konnte nur betreten<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn zu allen Befehlen<br />

das Gegenteil gemacht wur<strong>de</strong> <strong>und</strong> im<br />

„Schlaraffenland“ galt es Leckereinen<br />

mit geschlossenen Augen zu testen.<br />

Am En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Reise wur<strong>de</strong> das Raumschiff<br />

wie<strong>de</strong>r abgebaut.<br />

Auch die zweite Spielkette „Piraten“<br />

zeigte sehr abwechslungsreich, wie<br />

Spielketten selbstständig entworfen<br />

<strong>und</strong> aufgebaut wer<strong>de</strong>n können, <strong>de</strong>nn<br />

am Nachmittag nach <strong>de</strong>r Mitglie<strong>de</strong>rversammlung<br />

war dies die Aufgabe <strong>de</strong>r<br />

TeilnehmerInnen.<br />

In Gruppen wur<strong>de</strong>n Spielketten <strong>für</strong> verschie<strong>de</strong>ne<br />

Altersgruppen entwickelt<br />

<strong>und</strong> später vorgestellt. So gab es <strong>für</strong><br />

Vor- <strong>und</strong> Gr<strong>und</strong>schulkin<strong>de</strong>r die Spielketten<br />

„Wetterstation“ <strong>und</strong> „Kutschfahrt“,<br />

<strong>für</strong> Jugendliche entwarf eine<br />

Gruppe eine „Reise mit Motorrä<strong>de</strong>rn<br />

auf <strong>de</strong>r Route 66“ mit coolem Outfit<br />

<strong>und</strong> coolen Angeboten bei <strong>de</strong>n Reisestops.<br />

Damit en<strong>de</strong>te <strong>de</strong>r abwechslungs-<br />

<strong>und</strong> erlebnisreiche Fortbildungstag.<br />

Die nächste Fortbildung mit <strong>de</strong>m Titel<br />

„Yoga mit Kin<strong>de</strong>rn“ ist am 2. 6. 07 <strong>und</strong><br />

wird von Reinhil<strong>de</strong> Rho<strong>de</strong> geleitet.<br />

Sigrid John-Flöter<br />

Regionalkreis Hessen-Nord<br />

Regionalkreis<br />

Ba<strong>de</strong>n-Württemberg,<br />

Süd-Ost<br />

Fortbildungsprogramm 2007<br />

16. Juni<br />

Erlebnis Hochseilbrücken<br />

Referent: Axel Heisel<br />

Ort: Parkplatz Riesenhof,<br />

Grillplatz im Riesenwald,<br />

Ravensburg Weststadt<br />

Zeit: 0.00– 8.00 Uhr<br />

Kosten: <strong>für</strong> Mitglie<strong>de</strong>r 39,– E<br />

<strong>für</strong> Nichtmitglie<strong>de</strong>r 49,– E<br />

26.–29. Juli<br />

Klettern <strong>und</strong> an<strong>de</strong>re Abenteuer<br />

in <strong>de</strong>n Bergen<br />

Referenten: Alfons Ummenhofer,<br />

Raim<strong>und</strong> Wiedmer,<br />

Peter Bentele<br />

Ort: Naturfre<strong>und</strong>ehaus<br />

Mettmen, 580 m<br />

Schwan<strong>de</strong>n/CH<br />

Kosten: <strong>für</strong> Mitglie<strong>de</strong>r 30,– E<br />

<strong>für</strong> Nichtmitglie<strong>de</strong>r 50,– E<br />

Schüler, Stu<strong>de</strong>nten, Jugendliche<br />

90,– E; Kin<strong>de</strong>r willkommen<br />

ohne Kosten,<br />

Preis Halbpension<br />

50,– SFr.<br />

22. September<br />

Stockkampf & Stocktanz in<br />

<strong>de</strong>r therapeutischen <strong>und</strong><br />

pädagogischen Arbeit<br />

Referentin: Simone Wirth<br />

Ort: Institut <strong>für</strong> soziale Berufe,<br />

Ravensburg<br />

Zeit: 3.00– 8.00 Uhr<br />

Kosten: <strong>für</strong> Mitglie<strong>de</strong>r 25,– E<br />

<strong>für</strong> Nichtmitglie<strong>de</strong>r 35,– E<br />

im Anschluss an diese Fortbildung:<br />

Mitglie<strong>de</strong>rversammlung <strong>de</strong>s ak´P LV BW<br />

9. Nov 2007<br />

Krabbeln macht Schlau,<br />

Psycho<strong>motorik</strong> <strong>für</strong> die Kleinsten<br />

Referenten: Silke Storch-Schöbinger<br />

<strong>und</strong> Peter Bentele<br />

Ort: Langenargen<br />

Zeit: 5.00– 8.00 Uhr<br />

Kosten: <strong>für</strong> Mitglie<strong>de</strong>r 20,– E<br />

<strong>für</strong> Nichtmitglie<strong>de</strong>r 30,– E<br />

Anmeldungen:<br />

per E-Mail bei Peter Bentele<br />

peter.bentele@t-online.<strong>de</strong><br />

Schorndorf 30 (2007) Heft 2/2007 3


News · Fakten · Informationen<br />

aktuelle Nachrichten <strong>de</strong>s Aktionskreises Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

Informationen aus <strong>de</strong>r<br />

Vorwärts kommen statt Sitzen bleiben<br />

Die Aka<strong>de</strong>mie <strong>für</strong> <strong>Motopädagogik</strong> <strong>und</strong><br />

<strong>Mototherapie</strong> ( ) mit ihrem Team<br />

von renommierten Dozenten bietet<br />

stets aktuelle <strong>und</strong> f<strong>und</strong>ierte Konzepte<br />

<strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>. In unseren Kursen<br />

erwerben Sie nicht nur eine hohe fachliche<br />

Kompetenz, son<strong>de</strong>rn erhalten die<br />

Möglichkeit, sich mit ihrem beruflichen<br />

Selbstverständnis auseinan<strong>de</strong>rzusetzen,<br />

um <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Berufsalltags<br />

mit hoher Zufrie<strong>de</strong>nheit <strong>und</strong><br />

ges<strong>und</strong>heitlicher Wi<strong>de</strong>rstandskraft entgegenzutreten.<br />

Bei uns fin<strong>de</strong>n Sie ein maßgeschnei<strong>de</strong>rtes<br />

Lern-System von <strong>de</strong>r Basis zum<br />

Informationstag zur <strong>Motopädagogik</strong><br />

Gebühren: 40,–€ E<br />

Kurse zur pB’M – psychomotorische Basisqualifikation <strong>Motopädagogik</strong><br />

Gebühren:<br />

Mitglie<strong>de</strong>r ak’P: 230,– E<br />

Nichtmitglie<strong>de</strong>r: 265,– E<br />

Studieren<strong>de</strong> Mitglie<strong>de</strong>r ak’P: 2 5,– E<br />

Studieren<strong>de</strong> Nichtmitglie<strong>de</strong>r: 230,– E<br />

Kurs 1: Körper- <strong>und</strong> Leiberfahrung<br />

Speziellen. Mit <strong>de</strong>n vier Kursen <strong>de</strong>r<br />

psychomotorischen Basisqualifikation<br />

<strong>Motopädagogik</strong> erwerben Sie allgemeine<br />

Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> Handwerkszeug<br />

<strong>de</strong>r psychomotorischen Arbeitsweise.<br />

Weiterführen<strong>de</strong> Qualifikationen vertiefen<br />

ihre Fachkompetenz in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Anwendungs- <strong>und</strong> Arbeitsfel<strong>de</strong>rn.<br />

Die Zusatzqualifikationen in<br />

drei verschie<strong>de</strong>nen Bereichen ermöglichen<br />

eine anwendungsbezogene Hilfe<br />

<strong>für</strong> die berufliche Praxis. Die Zertifizierungskurse<br />

erweitern die Kompetenzen<br />

in <strong>de</strong>n Arbeitsfel<strong>de</strong>rn: Kin<strong>de</strong>rgarten<br />

<strong>und</strong> Frühför<strong>de</strong>rung, Schulen, Kin<strong>de</strong>r-<br />

Weitere Informationen erhalten Sie im Internet unter www.psycho<strong>motorik</strong>.com.<br />

Dort können Sie sich <strong>für</strong> Kurse <strong>de</strong>r schnell <strong>und</strong> bequem anmel<strong>de</strong>n.<br />

Knr. Termin: Leitung: Kursort:<br />

07004 . 9. 2007 Eva Maria Schra<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>rtagesstätte Bergstraße, Roßbach<br />

(zuzüglich eventuelle Übernachtungs-<br />

<strong>und</strong> Verpflegungskosten bei gemein-<br />

samer Unterbringung! Wenn keine<br />

gemeinsame Unterkunft/Verpflegung<br />

vorgegeben ist, kommt zu <strong>de</strong>n Kurs-<br />

Knr. Termin: Leitung: Kursort:<br />

07 06 9. 7.–3. 7. 2007 Dorothea Beigel Sport u. Bildungsstätte, Wetzlar<br />

07 07 3. 8.– 7. 8. 2007 Dr G. Hanne-Behnke/Petra Möhrke Nachbarschaftsheim Mittelhof, Berlin<br />

07 08 29. 8.–2. 9. 2007 Prof. Dr. A. Eckert/Gerd Fichtner Sportschule Hachen, S<strong>und</strong>ern<br />

07 09 7. 9.– . 9. 2007 Ingrid Schäfer DJK Sportschule Münster<br />

gebühren eine Pauschale <strong>für</strong> Raum-<br />

<strong>und</strong> Materialnutzung in Höhe von<br />

jeweils 25,00 E€ hinzu!)<br />

Diese praxisorientierte Lehrgangsreihe bietet <strong>de</strong>n TeilnehmerInnen ein umfangreiches Repertoire an Spiel- <strong>und</strong> Lernangeboten<br />

aus <strong>de</strong>n vier Bereichen. Dabei stehen die selbstständige <strong>und</strong> selbsttätige Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit <strong>de</strong>n Angeboten in Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>.<br />

Kurse zur Psycho<strong>motorik</strong> <strong>für</strong> Menschen mit einer Behin<strong>de</strong>rung<br />

Knr. Termin: Kursleitung: Schwerpunkt: Kursort:<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe, Erwachsene sowie<br />

Ältere Menschen. Themenspezifische<br />

Kurse bieten ein reichhaltiges<br />

Repertoire an unterschiedlichsten<br />

Themen aus <strong>de</strong>r psychomotorischen<br />

Praxis.<br />

Die Trampolinkurse vermitteln vertiefte<br />

Kenntnisse <strong>und</strong> Erfahrungen im Umgang<br />

mit <strong>de</strong>m Trampolin. Die Bestätigung<br />

<strong>de</strong>r Teilnahme berechtigt zum<br />

Einsatz in <strong>de</strong>r pädagogischen sowie<br />

therapeutischen Arbeit.<br />

07PB2 2 . 9.–23. 9. 2007 Stephan Orth/ Körperliche <strong>und</strong> motorische Bathildisheim, Bad Arolsen<br />

Roman Mayr Entwicklung im Kontext von<br />

Bewegung <strong>und</strong> Wahrnehmung<br />

4 Schorndorf 30 (2007) Heft 2/2007


News · Fakten · Informationen<br />

aktuelle Nachrichten <strong>de</strong>s Aktionskreises Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

Kurse zur Zusatzqualifikation:<br />

Gebühren:<br />

Mitglie<strong>de</strong>r ak’P: 55,– E<br />

Nichtmitglie<strong>de</strong>r: 85,– E<br />

Psychomotorische Diagnostik<br />

(zuzüglich eventuelle Übernachtungs-<br />

<strong>und</strong> Verpflegungskosten bei gemeinsamer<br />

Unterbringung! Wenn keine<br />

gemeinsame Unterkunft/Verpflegung<br />

Knr. Termin: Thema: Leitung: Kursort:<br />

07D 20. 8.–22. 8. 2007 Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen Ingrid Schäfer/ Lan<strong>de</strong>sturnschule <strong>de</strong>s NTB,<br />

psychomotorischer Diagnostik Dr. Ch. Reichenbach Melle<br />

Zertifizierungskurse<br />

Gebühren:<br />

Mitglie<strong>de</strong>r ak’P: 55,– E<br />

Nichtmitglie<strong>de</strong>r: 85,– E<br />

Arbeitsfeld Kin<strong>de</strong>rgarten <strong>und</strong> Frühför<strong>de</strong>rung<br />

(zuzüglich eventuelle Übernachtungs-<br />

<strong>und</strong> Verpflegungskosten bei gemeinsamer<br />

Unterbringung! Wenn keine<br />

gemeinsame Unterkunft/Verpflegung<br />

Knr. Termin: Thema: Leitung: Kursort:<br />

vorgegeben ist, kommt zu <strong>de</strong>n Kurs-<br />

gebühren eine Pauschale <strong>für</strong> Raum-<br />

<strong>und</strong> Materialnutzung in Höhe von<br />

jeweils 5,00 E€ hinzu!)<br />

07KI2 3 . 8.–2. 9. 2007 Bewegte Frühför<strong>de</strong>rung Kathrin Meiners/ Heilpädagogische Fakultät,<br />

method.-didaktische Konse- Jutta Schnei<strong>de</strong>r Köln<br />

quenzen <strong>für</strong> die Frühför<strong>de</strong>rung<br />

07KT2 4. 9.– 6. 9. 2007 An einem Strang ziehen – Holger Jessel Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft<br />

interdisziplinäre Zusammen- <strong>und</strong> Motologie, Marburg<br />

arbeit in <strong>de</strong>r Entwicklungs-<br />

begleitung<br />

07KL2 3. 7.– 5. 7. 2007 Kleine Füße, Große Schritte, Prof. Dr. K. Fischer/ Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft<br />

Kin<strong>de</strong>r erfahren ihre Jutta Schnei<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Motologie, Marburg<br />

Lebenswelt<br />

Arbeitsfeld Schulen<br />

Knr. Termin: Thema: Leitung: Kursort:<br />

vorgegeben ist, kommt zu <strong>de</strong>n Kurs-<br />

gebühren eine Pauschale <strong>für</strong> Raum-<br />

<strong>und</strong> Materialnutzung in Höhe von<br />

jeweils 5,00 E€ hinzu!)<br />

07ST 6. 7.–8. 7. 2007 Vernetzte För<strong>de</strong>rung, Dorothea Beigel Sport u. Bildungsstätte,<br />

Zusammenarbeit mit Wetzlar<br />

an<strong>de</strong>ren Berufsgruppen <strong>und</strong><br />

Institutionen<br />

07SI 28. 9.–30. 9. 2007 Kin<strong>de</strong>r lernen an<strong>de</strong>rs – Kathleen Schmiegel Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft<br />

Lebenswelten von Schülern <strong>und</strong> Motologie, Marburg<br />

<strong>und</strong> Lehrern in <strong>de</strong>r Schul-<br />

wirklichkeit<br />

Arbeitsfeld Erwachsene<br />

Knr. Termin: Thema: Leitung: Kursort:<br />

07EL 5. 9.–7. 9. 2007 Entwicklungsspanne <strong>de</strong>s Prof. Dr. R. Haas/ Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft<br />

Erwachsenenalters zwischen Bernd Glauninger <strong>und</strong> Motologie, Marburg<br />

Wohlbefin<strong>de</strong>n <strong>und</strong> gestörtem<br />

Wohlbefin<strong>de</strong>n<br />

07EI 7. 9.–9. 9. 2007 Institutionelle Rahmen- Prof. Dr. R. Haas/ Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft<br />

bedingungen <strong>und</strong> Konse- Bernd Glauninger <strong>und</strong> Motologie, Marburg<br />

quenzen <strong>für</strong> die För<strong>de</strong>rung,<br />

Unterstützung <strong>und</strong> Begleitung<br />

Erwachsener<br />

Schorndorf 30 (2007) Heft 2/2007 5


News · Fakten · Informationen<br />

aktuelle Nachrichten <strong>de</strong>s Aktionskreises Psycho<strong>motorik</strong> e. V.<br />

Themenspezifische Kurse<br />

Gebühren:<br />

Mitglie<strong>de</strong>r ak’P: 35,– E<br />

Nichtmitglie<strong>de</strong>r: 60,– E<br />

– Aka<strong>de</strong>mie <strong>für</strong> Moto-<br />

pädagogik u. <strong>Mototherapie</strong><br />

Kleiner Schratweg 32<br />

32567 Lemgo<br />

(zuzüglich eventuelle Übernachtungs-<br />

<strong>und</strong> Verpflegungskosten bei gemeinsamer<br />

Unterbringung! Wenn keine<br />

gemeinsame Unterkunft/Verpflegung<br />

Knr.: Termin: Titel: Leitung: Kursort:<br />

075 3 6. 7.–8. 7. 2007 Trommeln, Bodypercussion Jürgen Hiemeyer Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft <strong>und</strong><br />

<strong>und</strong> <strong>Motopädagogik</strong> Motologie, Marburg<br />

075 4 6. 7.–8. 7. 2007 Hyperaktiv & unaufmerksam Dr. G. Hanne-Behnke Therapiezentrum Waidmannslust,<br />

was nun? Berlin<br />

075 5 3. 7.– 5. 7. 2007 Bewegen – Hören – Lernen Michaela Lamy HPZ Piding<br />

075 6 0. 8.– 2. 8. 2007 Was <strong>für</strong> ein Zirkus ...“ Melanie Behrens Lan<strong>de</strong>sturnschule Melle<br />

Sozial-emotionale Entwicklungs-<br />

för<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong><br />

075 7 3 . 8.–2. 9. 2007 „Sprache bewegt sich – Stephan Kuntz Haslach Mühle, Horgenzell<br />

Grammatik dreht sich.“<br />

För<strong>de</strong>rung grammatischer Fähigkeiten<br />

in psychomotorischen Kontexten<br />

075 8 3 . 8.–2. 9. 2007 Ganzheitliche För<strong>de</strong>rmöglichkeiten G. Seidl-Jerschabek Jugendherberge Bad Homburg<br />

<strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r mit Lern- <strong>und</strong><br />

Konzentrationsstörungen<br />

075 9 3 . 8.–2. 9. 2007 Bewegen – Erleben – Bernd Hoffart/ Viktoriastift, Bad Kreuznach<br />

Ges<strong>und</strong>wer<strong>de</strong>n Dr. P. Obenauer<br />

07520 7. 9.–9. 9. 2007 Mit Pfer<strong>de</strong>n stärken Gudrun Langewisch Hofaka<strong>de</strong>mie Dübberort<br />

0752 2 . 9.–23. 9. 2007 Konzentrationsstörungen Gerda Arldt Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft <strong>und</strong><br />

auf <strong>de</strong>r Spur Motologie, Marburg<br />

Tel.: 0 52 6 /97 09 70<br />

Fax: 0 52 6 /97 09 72<br />

E-Mail: akM@psycho<strong>motorik</strong>.com<br />

Internet: www.psycho<strong>motorik</strong>.com<br />

vorgegeben ist, kommt zu <strong>de</strong>n Kurs-<br />

gebühren eine Pauschale <strong>für</strong> Raum-<br />

<strong>und</strong> Materialnutzung in Höhe von<br />

jeweils 5,00 E€ hinzu!)<br />

Psychomotorische Entwicklungsbegleitung/Psychomotorische Therapie<br />

Knr.: Termin: Titel: Leitung: Kursort:<br />

07T2 24. 9.–26. 9. 2007 Neurowissenschaftliche Gr<strong>und</strong>- Dr. G. Hanne-Behnke Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft<br />

lagen <strong>für</strong> Praxis <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung <strong>und</strong> Motologie, Marburg<br />

Trampolinspringen<br />

Knr.: Termin: Leitung: Kursort:<br />

07602 0. 9.– 4. 9. 2007 Michael Stäbler Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft <strong>und</strong> Motologie, Marburg<br />

Machen Sie mit!<br />

6 Schorndorf 30 (2007) Heft 2/2007


90<br />

Ach ja, die Werte!<br />

Richard Hammer<br />

Ach ja, die Werte!<br />

Die Psycho<strong>motorik</strong> kann alles – fast. Kann sie auch zur Entwicklung eines Wertebewusstseins<br />

beitragen? Im Beitrag wird – vor <strong>de</strong>m Hintergr<strong>und</strong> eines von H. V.<br />

Hentig entwickelten Wertesystems – <strong>de</strong>utlich gemacht, wie in einer Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>e<br />

Persönlichkeitsverän<strong>de</strong>rungen bewirkt wer<strong>de</strong>n können – oft ohne es zu<br />

beabsichtigen. Man sollte sich aber darüber im Klaren sein.<br />

Werte kann man nicht lehren,<br />

Werte muss man leben.<br />

Viktor E. Frankl<br />

Einleitung<br />

Werte sind in. Wie<strong>de</strong>r? Nein, das<br />

Gespräch über Werte war schon immer<br />

ein be<strong>de</strong>utsames Thema. Platon (427–<br />

347) propagiert das „Gute“ als <strong>de</strong>n<br />

höchsten anzustreben<strong>de</strong>n Wert, Kant<br />

(1724–1804) stellt die Menschenwür<strong>de</strong><br />

in <strong>de</strong>n Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Nietzsche<br />

(1844–1900) machte die Umwertung<br />

aller Werte zum Programm. Diese Liste<br />

könnte fortgesetzt wer<strong>de</strong>n. Bis heute<br />

<strong>und</strong> beson<strong>de</strong>rs heute. Kardinal Ratzingers<br />

Buch über „Werte in Zeiten <strong>de</strong>s<br />

Umbruchs“ wird heiß diskutiert. Der<br />

Romancier Peter Prange veröffentlicht<br />

im Droemer Verlag eine 750 Seiten<br />

starke Werte-Anthologie, in <strong>de</strong>r sich<br />

Texte von Seneca bis Marx fin<strong>de</strong>n<br />

lassen (2006). Auch TV-Mo<strong>de</strong>ratoren<br />

greifen dieses Thema auf: Sigm<strong>und</strong><br />

Gottlieb publiziert das Buch „Sag mir<br />

Richard Hammer<br />

Dipl.-Motologe, Lehrer Sek II Sport<br />

<strong>und</strong> Physik, Ausbildung in Gestalttherapie<br />

<strong>und</strong> Systemische Paar- <strong>und</strong><br />

Familientherapie, Dozent <strong>de</strong>r akM,<br />

1. Vorsitzen<strong>de</strong>r AKP<br />

Anschrift siehe Seite 59.<br />

wo die Werte sind“ (Collection Rolf<br />

Heyne 2006) <strong>und</strong> von Peter Frey<br />

erscheint im Her<strong>de</strong>r Verlag das Buch:<br />

„77 Wertsachen. Was gilt heute?“<br />

(2006). Die Bertelsmann Stiftung<br />

schließt sich an: Liz Mohn gibt unter<br />

<strong>de</strong>m Titel „Werte“ eine Textsammlung<br />

heraus, die sich mit <strong>de</strong>r Frage beschäftigt,<br />

was die Gesellschaft zusammenhält<br />

(2007). Auch das Nachrichtenmagazin<br />

FOCUS stimmt hier mit ein <strong>und</strong><br />

widmete seine Ausgabe vom 18. 12.<br />

2006 <strong>de</strong>m Thema „Meine Werte“.<br />

Zwischen Freiheit, Familie <strong>und</strong> Respekt<br />

– was uns wichtig ist. So viel Gedrucktes:<br />

weil uns Werte so wichtig erscheinen<br />

o<strong>de</strong>r weil in unserer Gesellschaft<br />

ein totaler Verlust von Werten beklagt?<br />

Zu Recht o<strong>de</strong>r zu Unrecht?<br />

Für die Kin<strong>de</strong>r in Deutschland sind<br />

zwischen-menschliche Werte wie<br />

Fre<strong>und</strong>schaft, Vertrauen <strong>und</strong> Zuverlässigkeit<br />

wichtiger als Geld - <strong>und</strong> als gute<br />

Manieren. Dies ist das Ergebnis <strong>de</strong>s<br />

ersten repräsentativen Kin<strong>de</strong>r-Werte-<br />

Monitors, <strong>de</strong>n das Kin<strong>de</strong>rmagazin<br />

„GEOlino“ anlässlich seines zehnten<br />

Geburtstages in Zusammenarbeit mit<br />

UNICEF <strong>und</strong> mit Unterstützung <strong>de</strong>s<br />

B<strong>und</strong>esministeriums <strong>für</strong> Wirtschaftliche<br />

Zusammenarbeit <strong>und</strong> Entwicklung<br />

durchgeführt hat.<br />

Danach verfügt die Altersgruppe <strong>de</strong>r<br />

6- bis 14-Jährigen über einen ausgeprägten<br />

Gerechtigkeitssinn <strong>und</strong> eine<br />

große Hilfsbereitschaft. Diese „i<strong>de</strong>alistische“<br />

Orientierung steht aber nicht im<br />

Wi<strong>de</strong>rspruch zu einer insgesamt<br />

pragmatischen Gr<strong>und</strong>einstellung.<br />

So hat <strong>für</strong> die heutigen Kin<strong>de</strong>r – an<strong>de</strong>rs<br />

als noch in <strong>de</strong>n 1980er Jahren –<br />

Leistungsbereitschaft eine genauso<br />

hohe Be<strong>de</strong>utung wie Gerechtigkeit o<strong>de</strong>r<br />

Hilfsbereitschaft sie haben (Pressemitteilung<br />

von UNICEF vom 24. 10. 2006).<br />

Ein spannen<strong>de</strong>s Thema – auch <strong>und</strong> vor<br />

allem in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe,<br />

<strong>de</strong>nn dort haben wir es mit Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen zu tun, die als „auffällig“<br />

beschrieben wer<strong>de</strong>n, weil sie nicht<br />

zurechtkommen mit <strong>de</strong>n Anfor<strong>de</strong>rungen,<br />

die ihnen im Elternhaus, in <strong>de</strong>r<br />

Schule, in ihrer Lebenswelt gestellt<br />

wer<strong>de</strong>n. Könnte es sein, dass sie das<br />

Wertesystem unserer Gesellschaft nicht<br />

kennen o<strong>de</strong>r es nicht akzeptieren<br />

können, weil sie ein ganz an<strong>de</strong>res<br />

haben? Könnte es daran liegen, dass<br />

ihre Wirklichkeitskonstruktion eine<br />

an<strong>de</strong>re ist als die, welche wir ihnen<br />

vorsetzen <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Akzeptanz wir von<br />

ihnen einfor<strong>de</strong>rn?<br />

„Werte sind I<strong>de</strong>en, die wir bestimmten<br />

Dingen (Gütern) o<strong>de</strong>r Verhältnissen<br />

zuschreiben. Sie sind nicht Eigenschaften<br />

dieser Dinge o<strong>de</strong>r Verhältnisse<br />

<strong>und</strong> auch keine ‚Wesenheiten’, die ein<br />

<strong>für</strong> sich bestehen<strong>de</strong>s ‚Reich <strong>de</strong>r Werte’<br />

bil<strong>de</strong>n. Sie wer<strong>de</strong>n von uns <strong>de</strong>finiert,<br />

aber nicht erf<strong>und</strong>en (...) sie können<br />

auch nicht von uns abgeschafft,<br />

son<strong>de</strong>rn allenfalls verleugnet wer<strong>de</strong>n;<br />

(...) sie stehen im Konflikt miteinan<strong>de</strong>r,<br />

sie bleiben in einer Kultur relativ<br />

konstant. Nicht sie ‚verfallen’, son<strong>de</strong>rn<br />

das Bewusstsein von ihrer Geltung lässt<br />

nach“ (v. Hentig 2001, 69).<br />

Werte sind also Bestandteil unserer<br />

Wirklichkeitskonstruktionen, sie sind<br />

kulturell bedingt <strong>und</strong> sie verän<strong>de</strong>rn<br />

ihren ‚Wert’ mit <strong>de</strong>r Zeit. Wenn also<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche Probleme<br />

haben, sich mit <strong>de</strong>m aktuell bei uns<br />

gelten<strong>de</strong>n Wertesystem nicht zurechtzufin<strong>de</strong>n,<br />

dann liegt es nicht daran, weil<br />

sie <strong>de</strong>ren ‚Wesenheit’ nicht verstehen<br />

können <strong>und</strong> sich in ihren Handlungen<br />

nicht daran orientieren wollen, son<strong>de</strong>rn<br />

weil ihr Denken <strong>und</strong> Tun oft nicht in die<br />

Zeit passt, also unangemessen <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>shalb „auffällig“ ist. Dies zeigt sich in<br />

<strong>de</strong>n „falschen“ Mitteln, d. h. <strong>de</strong>n<br />

stören<strong>de</strong>n Verhaltensformen, mit <strong>de</strong>nen<br />

sie versuchen, ihre Wertvorstellungen<br />

zu realisieren.<br />

Ein Zusammenleben in einer Gemeinschaft<br />

verlangt die Verständigung über<br />

ein gemeinsames Wertesystem <strong>und</strong> die<br />

Einigung über die Mittel <strong>und</strong> Wege,<br />

dieses Wertesystem auch Realität<br />

wer<strong>de</strong>n zu lassen – also eine sozial aus-<br />

gehan<strong>de</strong>lte Wirklichkeitskonstruktion.<br />

Wie aber können wir Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong>


Jugendliche dazu bringen, das von uns<br />

Erwachsenen ausgehan<strong>de</strong>lte Wertesystem<br />

zu akzeptieren, anzuerkennen <strong>und</strong><br />

auch entsprechend zu han<strong>de</strong>ln?<br />

„Die jungen Menschen müssen die<br />

Tauglichkeit <strong>de</strong>r Tugen<strong>de</strong>n erfahren, die<br />

wir ihnen ansinnen“ (ebd., 13). Werte<br />

können nicht gelehrt, sie können nicht<br />

in einem – wie auch immer benannten<br />

– Unterricht vermittelt wer<strong>de</strong>n. „Die<br />

Maxime, soviel Belehrung wie möglich<br />

durch Erfahrung ersetzen, o<strong>de</strong>r doch<br />

wenigstens mit Erfahrung beginnen <strong>und</strong><br />

in ihr mün<strong>de</strong>n lassen, ist <strong>de</strong>r Cantus<br />

firmus meiner Pädagogik, (d. h.), dass<br />

eine Erziehung zu moralischer Urteilsfähigkeit<br />

<strong>und</strong> Stärke, zu Verantwortungsbewusstsein<br />

<strong>und</strong> Tatkraft ohne Erfahrung<br />

überhaupt nichts taugt“ (ebd., 82).<br />

Diese Erfahrungen aber können nur in<br />

Grenzen „veranstaltet“ wer<strong>de</strong>n. Sie sind<br />

Bestandteil <strong>de</strong>s (pädagogischen) Alltags<br />

von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen – also<br />

auch von Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>en, in<br />

<strong>de</strong>nen wir als Erwachsene Situationen<br />

gestalten, in <strong>de</strong>nen Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche<br />

erleben, was Werte <strong>für</strong> das<br />

Zusammenleben in <strong>de</strong>r Gemeinschaft<br />

be<strong>de</strong>uten. Wird dieses Erleben reflektiert<br />

<strong>und</strong> damit bewusst gemacht, dann<br />

können sie als erfahrene Werte in <strong>de</strong>n<br />

Erfahrungsschatz eingeordnet <strong>und</strong><br />

somit zu einem wesentlichen Bestandteil<br />

<strong>de</strong>r eigenen Biographie gemacht<br />

wer<strong>de</strong>n (vgl. Hammer 1997).<br />

Jetzt also auch das noch: „Psycho<strong>motorik</strong><br />

ist eine neue Zauberformel! Sie<br />

verspricht Heilung von fast allen Lei<strong>de</strong>n,<br />

die immer häufiger wer<strong>de</strong>n. Nicht nur<br />

die Bewegungsfähigkeit kann sie<br />

verbessern. Sie beseitigt auch Verhaltensstörungen,<br />

emotionale Labilität.<br />

Ängste aller Art <strong>und</strong> Herkunft, sie<br />

macht klüger, fleißiger, wissbegieriger,<br />

bringt Freu<strong>de</strong> <strong>und</strong> Fertigkeit im<br />

Rechnen, Lesen, Rechtschreiben; sie<br />

hilft uns, zu Einfühlsamkeit, Kunstgenuss<br />

<strong>und</strong> – last not least – sie ist <strong>de</strong>r<br />

Integrationsomnibus <strong>für</strong> die Behin<strong>de</strong>rten,<br />

<strong>de</strong>r nur noch in <strong>de</strong>r erfor<strong>de</strong>rlichen<br />

Stückzahl produziert wer<strong>de</strong>n müsste!“<br />

Jetter war es damals (1977) schon zu<br />

viel. Soll die Psycho<strong>motorik</strong> jetzt auch<br />

noch Werte vermitteln?<br />

Natürlich „vermitteln“ wir auch Werte,<br />

wenn wir in Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>en mit<br />

Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen rumtollen,<br />

mit ihnen spielen, mit ihnen Kräfte<br />

messen <strong>und</strong> uns mit ihnen im Guten<br />

<strong>und</strong> im Bösen auseinan<strong>de</strong>rsetzen.<br />

Wiesmeyer (2006) macht dies <strong>de</strong>utlich,<br />

in<strong>de</strong>m sie wesentliche Elemente <strong>de</strong>r<br />

Logotherapie von Viktor E. Frankl mit<br />

<strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong> verbin<strong>de</strong>t. Sie zeigt<br />

auf, dass sich die Kategorien <strong>de</strong>r<br />

Erlebniswerte, <strong>de</strong>r Einstellungswerte<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Schöpferischen Werte (Frankl)<br />

auch in <strong>de</strong>r psychomotorischen Arbeit<br />

mit Kin<strong>de</strong>rn entfalten können.<br />

Erlebnisse in <strong>de</strong>n Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>en<br />

ermöglichen Erfahrungen, die immer<br />

auch mit <strong>de</strong>m Erleben von Werten zu tun<br />

haben – von Werten, <strong>de</strong>ren Einlösen das<br />

Zusammenleben in unserer Lebenswelt<br />

ermöglichen. Zur Überprüfung dieses<br />

hohen (?) Anspruchs betrachten wir<br />

zunächst einen Wertekatalog, wie ihn<br />

Hartmut von Hentig <strong>für</strong> eine „Erziehung<br />

<strong>für</strong> das 21. Jahrh<strong>und</strong>ert“ aufgestellt hat<br />

<strong>und</strong> vergleichen dann, was sich davon im<br />

Alltag eines Psycho<strong>motorik</strong>ers wie<strong>de</strong>r<br />

fin<strong>de</strong>n lässt (Hentig 2001, 162):<br />

1. das Leben;<br />

2. Freiheit/Selbstentfaltung/Selbstbestimmung/Autonomie;<br />

3. Frie<strong>de</strong>n/Fre<strong>und</strong>lichkeit/Gewaltlosigkeit;<br />

4. Seelenruhe – zum Beispiel aufgr<strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r erfüllten Pflicht o<strong>de</strong>r aus<br />

Übereinstimmung mit <strong>de</strong>m eigenen<br />

Gewissen/also auch Schuldlosigkeit;<br />

5. Gerechtigkeit;<br />

6. Solidarität/Brü<strong>de</strong>rlichkeit/Gemeinsamkeit<br />

(= Nichteinsamkeit);<br />

7. Wahrheit;<br />

8. Bildung/Wissen/Einsicht/Weisheit;<br />

9. lieben können/geliebt wer<strong>de</strong>n;<br />

10. körperliches Wohl/Ges<strong>und</strong>heit/<br />

Freiheit von Schmerz/Kraft;<br />

11. Ehre/Achtung <strong>de</strong>r Menschen/Ruhm;<br />

12. Schönheit.<br />

Wir tauchen nun ein in einen psychomotorischen<br />

Alltag <strong>und</strong> überprüfen,<br />

was Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche in diesen<br />

St<strong>und</strong>en erleben <strong>und</strong> mit welchen<br />

Werten sie dabei Bekanntschaft machen.<br />

1. St<strong>und</strong>e:<br />

Sieben Kin<strong>de</strong>r einer 6. Klasse haben<br />

sich darauf verständigt, dass sie<br />

heute unser Luftkissen nutzen<br />

wollen. Beim Aufbau ist viel<br />

Gewicht zu bewegen – Zusammenarbeit<br />

ist also unbedingt erfor<strong>de</strong>rlich.<br />

Zwei Kin<strong>de</strong>r haben dazu keine<br />

Lust. Sie wollen Fußball spielen.<br />

Warum nicht? Sie trennen sich in<br />

<strong>de</strong>r Turnhalle ihren Bereich ab,<br />

machen sich Tore <strong>und</strong> bleiben in<br />

dieser St<strong>und</strong>e <strong>für</strong> sich: Schuss- <strong>und</strong><br />

Torwarttraining, Dribblings sind<br />

angesagt. Sie bleiben <strong>für</strong> sich, ohne<br />

die an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>r zu stören <strong>und</strong><br />

auch respektiert von <strong>de</strong>r größeren<br />

Gruppe, die sich ihrem Spiel<br />

widmet. Sie organisieren sich selbst<br />

– ohne Streit!<br />

Die An<strong>de</strong>ren fangen an, sich auf<br />

<strong>de</strong>m Luftkissen auszutoben, wer<strong>de</strong>n<br />

differenzierter, machen Kunststücke<br />

vor, die von an<strong>de</strong>ren nachgemacht<br />

wer<strong>de</strong>n. Einige messen sich im<br />

Zweikampf beim Catchen, bis sich<br />

schließlich ein gemeinsames<br />

Abwurfspiel entwickelt, <strong>für</strong> das sie<br />

von mir ausdrücklich einen Softball<br />

verlangen.<br />

Nach einiger Zeit ziehen sich drei<br />

Mädchen in eine Kuschelecke<br />

zurück. Ein Junge setzt sich dazu –<br />

nicht störend, aber er stört. Sie<br />

weisen mich darauf hin, dass er auf<br />

ihre Bitte nicht weggehen will, was<br />

er aber schnell tut, nach<strong>de</strong>m ich ihn<br />

auffor<strong>de</strong>re, sich mit mir <strong>de</strong>n<br />

Fußballern anzuschließen. Abschließend<br />

können wir in einer Gesprächsr<strong>und</strong>e<br />

unsere Zufrie<strong>de</strong>nheit<br />

über diese St<strong>und</strong>e äußern, mit viel<br />

Lob von meiner Seite <strong>für</strong> das<br />

harmonische Zusammenspiel mit<br />

<strong>de</strong>r Respektierung <strong>de</strong>s An<strong>de</strong>ren.<br />

Durch die autonome Gestaltung <strong>de</strong>r<br />

Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>e, <strong>de</strong>ren<br />

Rahmenbedingungen von mir<br />

gesetzt wur<strong>de</strong>n, erleben die Kin<strong>de</strong>r<br />

ein hohes Maß an Selbstständigkeit<br />

<strong>und</strong> Freiheit bei <strong>de</strong>r Entwicklung<br />

ihrer eigenen I<strong>de</strong>en <strong>und</strong> Vorstellungen.<br />

Sie erfahren aber auch, dass<br />

eigene I<strong>de</strong>en oft nur gemeinsam mit<br />

an<strong>de</strong>ren realisierbar sind, was<br />

letztlich auch ein Klima <strong>de</strong>r Gewaltlosigkeit<br />

erzeugt, <strong>de</strong>nn nur dann sind<br />

gesteckte Ziele erreichbar. Dass sich<br />

dann im Abschlussgespräch diese<br />

Zufrie<strong>de</strong>nheit über eine gelungene<br />

St<strong>und</strong>e breit macht, sorgt <strong>für</strong> eine<br />

Seelenruhe, die aus <strong>de</strong>r „erfüllten<br />

Pflicht“ heraus entsteht.<br />

2. St<strong>und</strong>e:<br />

Ich hole die Kin<strong>de</strong>r aus <strong>de</strong>m<br />

Klassenzimmer ab. Auf <strong>de</strong>m Weg in<br />

die Turnhalle erzählt Thorsten 1<br />

1 Der Name ist, wie alle an<strong>de</strong>ren, geän<strong>de</strong>rt.<br />

91


92<br />

Ach ja, die Werte!<br />

begeistert über sein Wochenen<strong>de</strong>.<br />

Er war snowboar<strong>de</strong>n, ist noch ganz<br />

begeistert von seinen Erlebnissen.<br />

Entspricht all das, was er erzählt,<br />

<strong>de</strong>r Realität?<br />

Nach einem kurzen Gespräch, bei<br />

<strong>de</strong>m die Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Klasse ihren Plan<br />

<strong>für</strong> die kommen<strong>de</strong> St<strong>und</strong>e absprechen,<br />

teilen sie sich Raum <strong>und</strong><br />

Material ein. Auf <strong>de</strong>m Luftkissen<br />

entwickeln sich ähnliche Spiel- <strong>und</strong><br />

Bewegungsformen wie oben<br />

geschil<strong>de</strong>rt: austoben, rennen,<br />

springen, Salti schlagen, von oben<br />

in das Luftkissen reinspringen,<br />

reinfallen lassen. Schließlich wird<br />

auch hier gecatcht. Als ein Junge<br />

mich einlädt zu einem Kampf,<br />

wehre ich ab (was sonst nicht<br />

meine Art ist). Alfred kommt mir zu<br />

Hilfe: „Lass <strong>de</strong>n Herrn Hammer in<br />

Ruhe, er hat ein wehes Kreuz“ – was<br />

stimmt.<br />

Beim Catchen kommt es zu einer<br />

Auseinan<strong>de</strong>rsetzung. Wie so oft<br />

wird <strong>de</strong>r Grat zwischen Spaß <strong>und</strong><br />

Ernst überschritten. Thorsten<br />

schlägt hart zu, verletzt seinen<br />

„Gegner“, <strong>de</strong>r sich das nicht gefallen<br />

lässt <strong>und</strong> zurückschlägt. Ich gehe<br />

dazwischen, unterhalte mich mit<br />

bei<strong>de</strong>n. Thorsten ist ziemlich<br />

gela<strong>de</strong>n, bekommt Tränen in <strong>de</strong>n<br />

Augen, will aber nicht sagen, woher<br />

seine Wut kommt.<br />

Ich la<strong>de</strong> ihn ein, mit Fußball zu<br />

spielen, wobei er <strong>de</strong>n Ball <strong>de</strong>rmaßen<br />

stark in Richtung Tor knallt, dass<br />

Dieter sich zurückzieht. Er hält die<br />

Wut Thorstens nicht aus. Ich steige<br />

also ein, werfe ihm <strong>de</strong>n Ball zu, <strong>de</strong>n<br />

er dann mit all seiner Kraft gegen<br />

die Wand dreschen kann.<br />

Beim Weggehen sagt er: „Hoffentlich<br />

bin ich in <strong>de</strong>r nächsten St<strong>und</strong>e<br />

besser drauf.“<br />

Auch hier können die Kin<strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r<br />

im vorgegebenen Rahmen ihre<br />

St<strong>und</strong>e selbst gestalten, erleben<br />

also, was es heißt, autonom han<strong>de</strong>ln<br />

zu können – in Solidarität mit <strong>de</strong>n<br />

an<strong>de</strong>ren. Die Respektierung meines<br />

verletzten Kreuzes zeigt auch, dass<br />

ein Gefühl <strong>für</strong> die Achtung <strong>de</strong>s<br />

körperlichen Wohls an<strong>de</strong>rer Menschen<br />

vorhan<strong>de</strong>n ist – ein Gefühl,<br />

das auch im Han<strong>de</strong>ln konkret wird.<br />

Auch die körperliche Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

„belehrt“. Die Auflösung<br />

macht <strong>de</strong>utlich, dass beim gemeinsamen<br />

Spielen die Wür<strong>de</strong> <strong>und</strong><br />

Unversehrtheit <strong>de</strong>s An<strong>de</strong>rn zu<br />

achten ist – was halt auch im Kampf<br />

gegeneinan<strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>s<br />

gemeinsamen Han<strong>de</strong>lns sein muss.<br />

3. St<strong>und</strong>e<br />

Martin <strong>und</strong> Thomas, zwei „tragen<strong>de</strong><br />

Pfeiler“ einer 3er-Gruppe, organisieren<br />

ihre St<strong>und</strong>e selbst. Martin sagt<br />

mir schon eine St<strong>und</strong>e vorher auf<br />

<strong>de</strong>m Pausenhof: „Halten Sie die<br />

Grigris bereit, wir wer<strong>de</strong>n klettern.“<br />

Daniel setzt sich auf die Bank, hat<br />

keine Lust. Hinter ihm liegt ein<br />

Hilfeplangespräch, bei <strong>de</strong>r ihm<br />

mitgeteilt wur<strong>de</strong>, dass er bis En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s 9. Schuljahres noch im Heim<br />

bleiben muss – also noch zweieinhalb<br />

Jahre. Kein W<strong>und</strong>er, dass er<br />

jetzt keine Lust hat, Luftsprünge zu<br />

machen.<br />

Er ist sonst sehr lebendig <strong>und</strong> aktiv.<br />

Da die An<strong>de</strong>ren ihre St<strong>und</strong>e selbst<br />

organisieren, habe ich Zeit, mich zu<br />

ihm auf die Bank zu setzen <strong>und</strong><br />

mich mit ihm über seine Situation<br />

zu unterhalten. Die an<strong>de</strong>ren bei<strong>de</strong>n<br />

ziehen sich – über <strong>de</strong>m Luftkissen<br />

schwebend – am Kletterseil<br />

gegenseitig hoch, sich mit <strong>de</strong>n<br />

Grigris absichernd. Sie erreichen<br />

fast die Hallen<strong>de</strong>cke <strong>und</strong> genießen<br />

<strong>de</strong>n Blick von oben (etwa 6 m Höhe)<br />

– ohne Störung, mit Ruhe. Thomas<br />

ist mit dabei, er, <strong>de</strong>r sonst so häufig<br />

im Mittelpunkt steht, weil die<br />

An<strong>de</strong>ren ihn gerne ärgern. Er kommt<br />

mit nach oben, erhält dadurch mehr<br />

Akzeptanz. Er hat inzwischen auch<br />

gelernt, sich zu wehren: „ich will<br />

das jetzt nicht.“<br />

Autonomes Han<strong>de</strong>ln, ein hohes Maß<br />

an Selbstbestimmung zieht sich<br />

durch, ist tragen<strong>de</strong>r Pfeiler <strong>de</strong>r<br />

Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>en. Ein Element,<br />

das sicher nicht ohne Mühe erreichbar<br />

ist. Viele St<strong>und</strong>en, mit häufigen<br />

Enttäuschungen sind nötig, um<br />

dieses Stadium mit einer Gruppe zu<br />

erreichen: sie kommen mit schon<br />

geklärten Vorstellungen <strong>und</strong> haben<br />

wenig Probleme, diese im gemeinsamen<br />

Diskurs vor <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e<br />

abzuklären <strong>und</strong> dann zu realisieren.<br />

Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage ist es möglich,<br />

die Gruppe auch mal „allein“ zu<br />

lassen <strong>und</strong> sich <strong>de</strong>n Problemen<br />

Einzelner zu widmen. Hier erlebt<br />

Daniel, dass er angenommen wird, er<br />

erlebt die Zuwendung, das „geliebt<br />

wer<strong>de</strong>n“ als Bestätigung, als<br />

Würdigung seiner Persönlichkeit.<br />

4. St<strong>und</strong>e:<br />

Thema ist „Rettungseinsatz am<br />

Luftkissen“. Stefan bringt einen<br />

Sanitätskasten mit, ist Notarzt.<br />

Immer wie<strong>de</strong>r passieren „Verletzungen“<br />

beim „Sturz“ vom Luftkissen<br />

o<strong>de</strong>r bei einem Crash mit <strong>de</strong>m<br />

Rollbrett. Mit Rollbrettern wird ein<br />

Krankenwagen gebaut. Kastenteile<br />

dienen dazu, <strong>für</strong> die schlimmsten<br />

Fälle einen Sarg herzustellen. Nicht<br />

je<strong>de</strong>r wird gerettet: ein Neuer (noch<br />

Außenseiter) bleibt liegen. Ich<br />

schenke ihm meine Aufmerksamkeit.<br />

Während <strong>de</strong>s Spiels wird es<br />

plötzlich ruhiger. Vier Kin<strong>de</strong>r ziehen<br />

sich in eine Ecke zurück <strong>und</strong><br />

beschäftigen sich mit einem<br />

Stethoskop, das sich in <strong>de</strong>m<br />

Verbandskasten befand. Stefan<br />

verkauft es <strong>für</strong> 8 e an Christoph. Er<br />

ist darüber sehr glücklich, Christoph<br />

auch. (Ich weiß nicht, wer hier über<br />

<strong>de</strong>n Tisch gezogen wor<strong>de</strong>n ist.)<br />

Christoph bringt das Stethoskop<br />

sofort zu Einsatz. Er testet es bei<br />

<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> stellt bei<br />

<strong>de</strong>m Neuen fest: „Du bist herzlos.“<br />

In dieser St<strong>und</strong>e steht das Thema<br />

„Retten“ im Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>. Hier<br />

drücken die Kin<strong>de</strong>r ihr Bedürfnis aus<br />

nach Versorgung, nach umsorgt<br />

wer<strong>de</strong>n, nach Zuwendung. Sie<br />

inszenieren dies im Spiel <strong>und</strong> geben<br />

sich mit meiner Unterstützung das,<br />

was sie sonst vielleicht zu oft<br />

vermissen. Es geht um das psychische,<br />

aber auch körperliche Wohl,<br />

es geht aber auch um das Erleben<br />

von Brü<strong>de</strong>rlichkeit <strong>und</strong> Gemeinsamkeit.<br />

Was sie beim Verhan<strong>de</strong>ln um<br />

das Stethoskop erfahren lässt sich in<br />

Hentig’s Wertekatalog nur schwer<br />

wie<strong>de</strong>rfin<strong>de</strong>n. Ist es das Wissen um<br />

die Verhältnisse in einer konsumorientierten,<br />

einer kapitalistischen<br />

Gesellschaft?<br />

5. St<strong>und</strong>e:<br />

Sechs Kin<strong>de</strong>r einer 5. Klasse äußern<br />

sehr unterschiedliche Vorstellungen<br />

über die Gestaltung <strong>de</strong>r Psychomo-


torikst<strong>und</strong>e: Zwei wollen Fußball<br />

spielen, zwei schaukeln, zwei wollen<br />

mit <strong>de</strong>n Inlinern fahren. Es ist ihr<br />

Vorschlag, <strong>de</strong>n Raum mit Langbänken<br />

abzuteilen, sodass ein Bereich<br />

<strong>für</strong> die Fußballer, ein an<strong>de</strong>rer <strong>für</strong> die<br />

Schaukel reserviert wird <strong>und</strong><br />

schließlich auch noch genügend<br />

Platz bleibt zum Fahren mit <strong>de</strong>n<br />

Inlinern.<br />

Dies ist möglich, da sie sich<br />

inzwischen (das war nicht immer<br />

so) gegenseitig respektieren <strong>und</strong> in<br />

<strong>de</strong>r Lage sind, auf <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren<br />

Rücksicht zu nehmen. So bleibt am<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e das Resümee: „Das<br />

haben wir gut hingekriegt. Sooo<br />

unterschiedliche Wünsche <strong>und</strong> doch<br />

hat es geklappt.“<br />

Beeindruckt hat mich hier das<br />

Resümee einer Schülerin: „So<br />

unterschiedliche Wünsche <strong>und</strong> doch<br />

hat es geklappt.“ Sie hatten die<br />

Möglichkeit, <strong>de</strong>n Verlauf <strong>de</strong>r St<strong>und</strong>e<br />

frei zu bestimmen – <strong>und</strong> es funktionierte:<br />

in einem Klima <strong>de</strong>r Fre<strong>und</strong>lichkeit<br />

<strong>und</strong> Gewaltlosigkeit, in<br />

Gemeinsamkeit <strong>und</strong> Solidarität mit<br />

<strong>de</strong>n An<strong>de</strong>ren. Kein W<strong>und</strong>er, dass sich<br />

bei <strong>de</strong>n Schülern hier die Seelenruhe<br />

breit macht, die aufgr<strong>und</strong> einer<br />

„erfüllten Pflicht“ entsteht.<br />

6. St<strong>und</strong>e:<br />

Der Psycho<strong>motorik</strong>tag neigt sich zu<br />

En<strong>de</strong>. Es bleibt noch ein Fußballspiel<br />

mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn einer Wohngruppe.<br />

Auch hier steht wie<strong>de</strong>r das Prinzip<br />

<strong>de</strong>r Selbstorganisation im Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong>.<br />

Die Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

dürfen abwechselnd die Mannschaft<br />

zusammenstellen – nicht wählen!<br />

Auftrag ist: die Mannschaften<br />

müssen in ihrer Spielstärke ausgeglichen<br />

sein. Da zu Beginn dieser<br />

Art <strong>de</strong>r Mannschaftsbildung schon<br />

öfters Mal <strong>de</strong>r Wunsch, <strong>für</strong> sich<br />

selbst eine Topmannschaft zusammenzustellen,<br />

im Vor<strong>de</strong>rgr<strong>und</strong><br />

stand, wur<strong>de</strong> eine Regel eingeführt:<br />

das Spiel dauert generell, bis eine<br />

Mannschaft 10 Tore erzielt hat.<br />

Führt jedoch eine Mannschaft mit<br />

drei Toren Abstand, so ist das Spiel<br />

zu En<strong>de</strong>. Wie so oft wird es ein<br />

intensives, anstrengen<strong>de</strong>s aber <strong>für</strong><br />

alle Beteiligten befriedigen<strong>de</strong>s Spiel,<br />

mit vielen Toren, mit Sieger <strong>und</strong><br />

Verlierer – aber ohne Streit!<br />

Es mag ja ganz banal klingen, aber<br />

es ist eben nicht selbstverständlich,<br />

dass Fußballspiele gelingen – ohne<br />

Streit, ohne Ärger, ohne Raufereien<br />

<strong>und</strong> Rangeleien. Nach<strong>de</strong>m diese<br />

Gruppe seit mehr als eineinhalb<br />

Jahren regelmäßig einmal pro<br />

Woche nach <strong>de</strong>m gleichen Regelwerk,<br />

innerhalb <strong>de</strong>r gleichen<br />

Rahmenbedingungen spielt, hat sich<br />

eine „Spielkultur“ breitgemacht, die<br />

geprägt ist von Ehrgeiz (sie <strong>und</strong><br />

auch wir Erwachsene wollen<br />

gewinnen), aber auch von einem<br />

starken Gefühl <strong>de</strong>s Miteinan<strong>de</strong>r<br />

Spielens, das sich letztlich als<br />

erfolgreicher herausgestellt hat, als<br />

die spektakulären Einzelaktionen.<br />

Die Aufgabe, ausgewogene Mannschaften<br />

zusammenzustellen, gibt<br />

<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

wie<strong>de</strong>r das Gefühl, autonom<br />

han<strong>de</strong>ln zu können – allerdings auf<br />

<strong>de</strong>r Basis <strong>de</strong>r Gerechtigkeit. Wird<br />

diese Voraussetzung nicht eingehalten,<br />

kommt das Spiel zu einem<br />

schnellen En<strong>de</strong>.<br />

Bleibt noch festzuhalten, dass die<br />

Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendlichen in dieser<br />

Zeit nicht nur gelernt haben mit<br />

bestimmten Werten zu leben <strong>und</strong><br />

sich daran zu orientieren, son<strong>de</strong>rn<br />

dass sich auch ihr Fußballspiel<br />

erheblich verbessert hat – auch hier<br />

wie<strong>de</strong>r ein Baustein zur selbstbewussten<br />

Persönlichkeit.<br />

„Quod erat <strong>de</strong>monstrandum“: Was zu<br />

beweisen war! Wir vermitteln in <strong>de</strong>n<br />

Psycho<strong>motorik</strong>st<strong>und</strong>en auch Werte.<br />

Bleibt zu ergänzen, dass <strong>für</strong> mich in <strong>de</strong>r<br />

Begegnung mit <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen die unantastbare Wür<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Menschen an oberster Stelle steht –<br />

verb<strong>und</strong>en mit seinem körperlichen <strong>und</strong><br />

psychischen Wohl <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Möglichkeit,<br />

sein in ihm wohnen<strong>de</strong>s Potenzial zur<br />

Entfaltung zu bringen. Autonomie <strong>und</strong><br />

Selbstorganisation, gepaart mit<br />

Solidarität, sind die Leitsterne meines<br />

psychomotorischen Han<strong>de</strong>lns.<br />

Han<strong>de</strong>ln wir auf dieser Gr<strong>und</strong>lage,<br />

haben wir berechtigte Aussicht auf<br />

Erfolg, wenn wir als Erfolg bezeichnen,<br />

dass Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche es lernen<br />

in Selbstverantwortung solidarisch zu<br />

han<strong>de</strong>ln. Erreichen können wir dies nur<br />

– hier schließe ich mich v. Hentig an –<br />

unter vier Bedingungen: „1) die Sache<br />

muss <strong>de</strong>n Erziehen<strong>de</strong>n <strong>und</strong> Lehren<strong>de</strong>n<br />

selbst wichtig sein, 2) nichts, was<br />

bleiben soll, kommt schnell, 3) alles<br />

Lernen ist mit Erfahrung zu verbin<strong>de</strong>n,<br />

wenn es schon nicht immer aus ihr<br />

hervorgehen kann, 4) die Person <strong>de</strong>s<br />

Erziehen<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Lehren<strong>de</strong>n muss<br />

ins Spiel kommen, ja, sie ist ihr stärkstes<br />

Mittel“ (v. Hentig 2001, 76).<br />

Das heißt letztlich, „eine Erziehung <strong>für</strong><br />

eine noch offene <strong>und</strong> nicht beliebige<br />

Zukunft, die auf natürliche Weise<br />

einschließt, was als ‚Werteerziehung’<br />

gefor<strong>de</strong>rt wird, liegt im Wi<strong>de</strong>rstreit mit<br />

allem, was darauf angelegt ist, Menschen<br />

ans Gängelband zu nehmen“<br />

(ebd., 101).<br />

Autonomes <strong>und</strong> solidarisches Han<strong>de</strong>ln,<br />

verb<strong>und</strong>en mit <strong>de</strong>r Achtung <strong>de</strong>r Wür<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s An<strong>de</strong>rn, entsteht nur aus <strong>de</strong>m<br />

Erleben erfolgreichen gemeinsamen<br />

Han<strong>de</strong>lns. Erfolgreich kann es aber nur<br />

dann sein, wenn wir als Erwachsene<br />

<strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen die<br />

notwendigen Rahmenbedingungen<br />

vorgeben, also Situationen gestalten,<br />

die <strong>für</strong> sie eine Herausfor<strong>de</strong>rung<br />

darstellen, in motorischer, sozialer,<br />

kognitiver Hinsicht – eine Herausfor<strong>de</strong>rung<br />

allerdings, die <strong>für</strong> sie auch<br />

meisterbar ist.<br />

Mein Richtmaß ist hier immer:<br />

So viel Offenheit wie möglich –<br />

aber so viel Struktur wie nötig!<br />

Literatur:<br />

Hammer, R. (1997): „... in seiner<br />

Einheit von Wahrnehmen,<br />

Erleben <strong>und</strong> Bewegen ...“. Auf<br />

<strong>de</strong>r Suche nach <strong>de</strong>m Erleben in<br />

<strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>. In: <strong>motorik</strong>,<br />

21, 3, S. 134–147.<br />

Hentig, H. v. (2001): Ach, die Werte.<br />

Weinheim: Beltz.<br />

Jetter, K. (1977): Dialektischmaterialistische<br />

Aspekte <strong>de</strong>r<br />

Theoriebildung <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>.<br />

In: Daus, R./Roth, K. (Hrsg.):<br />

Motorische Entwicklung.<br />

Darmstadt: Selbstverlag.<br />

Wiesmeyer, M. (2006): Perspektiven<br />

<strong>de</strong>s „sinnzentrierten Ansatzes“<br />

in <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>. Eine<br />

Verknüpfung von Psycho<strong>motorik</strong><br />

<strong>und</strong> Logotherapie. Weinheim/<br />

Basel: Beltz, S. 138–140.<br />

93


94<br />

„Und wer sieht uns?“ – Bewegungsdiagnostik <strong>für</strong> Jugendliche<br />

Mone Welsche / Cordula Stobbe / Georg Romer<br />

„Und wer sieht uns?“ –<br />

Bewegungsdiagnostik <strong>für</strong> Jugendliche<br />

In vielen kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> jugendpsychiatrischen Kliniken gehören bewegungsdiagnostische<br />

Verfahren zum Standard <strong>de</strong>r Versorgung. 2003/04 wur<strong>de</strong> eine Befragung zum<br />

Thema „Einsatz von bewegungsdiagnostischen Verfahren in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie“<br />

durchgeführt. Hier wur<strong>de</strong> die Dominanz von Metho<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlich, die<br />

primär <strong>de</strong>n motorischen Entwicklungsstand sowie Wahrnehmungsleistungen im<br />

Kin<strong>de</strong>salter überprüfen. In <strong>de</strong>r Erfassung von Bewegungsverhalten sowie in <strong>de</strong>r<br />

Bewegungsdiagnostik jugendlicher Patienten bil<strong>de</strong>ten sich Defizite <strong>und</strong> ein grosser<br />

Bedarf ab. In diesem Artikel wird die Be<strong>de</strong>utung bewegungsdiagnostischer Verfahren<br />

<strong>für</strong> jugendliche Patienten diskutiert <strong>und</strong> bewegungsdiagnostische Ansätze, die bei<br />

Jugendlichen eingesetzt wer<strong>de</strong>n können, wer<strong>de</strong>n vorgestellt.<br />

Einleitung<br />

Wer kennt es nicht, das klassische<br />

Phänomen <strong>de</strong>r Adoleszenz: Nicht mehr<br />

Kind, noch nicht erwachsen, fühlen<br />

Jugendliche sich häufig unverstan<strong>de</strong>n,<br />

zu kurz kommend, zu wenig beachtet<br />

<strong>und</strong> immer irgendwie zwischen <strong>de</strong>n<br />

Stühlen stehend – wo gehören Jugendliche<br />

eigentlich hin <strong>und</strong> wird sich<br />

tatsächlich nicht ausreichend um sie<br />

gekümmert?<br />

Die Geschichte <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Entwicklung,<br />

weg von <strong>de</strong>r „großen Schwester“<br />

Erwachsenenpsychiatrie <strong>und</strong> hin zu<br />

einer eigenständigen Fachdisziplin,<br />

zeigt, dass behandlungsbedürftige<br />

Jugendliche zumin<strong>de</strong>st im kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

jugendpsychiatrischen Setting lange<br />

keinen rechten „eigenen“ Platz gehabt<br />

zu haben scheinen. Die ersten Veröffentlichungen<br />

zum kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

jugendpsychiatrischen Bereich befassten<br />

sich ausschließlich mit Patienten im<br />

Kin<strong>de</strong>salter (vgl. u. a. Emminghaus<br />

1887) <strong>und</strong> die Behandlung jugendlicher<br />

Patienten fand in <strong>de</strong>n Anfangszeiten<br />

<strong>de</strong>r heutigen Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie<br />

entwe<strong>de</strong>r im Kontext <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r- o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Erwachsenenpsychiatrie<br />

statt (vgl. Remschmidt 1992). Auch<br />

wenn das Jugendalter mit seinen<br />

Entwicklungsstufen, spezifischen<br />

Themen <strong>und</strong> Problematiken im Laufe<br />

<strong>de</strong>r Zeit zunehmend als eigenständiger<br />

Bereich im Diskurs <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendpsychologie <strong>und</strong> Psychiatrie<br />

Anerkennung fand (vgl. u. a. Bühler<br />

1921, Blos 1973, Erikson 1966), dauerte<br />

es erstaunlicherweise bis 1978, bis <strong>de</strong>r<br />

Begriff <strong>de</strong>r Adoleszenz – <strong>und</strong> damit die<br />

Altersgruppe <strong>de</strong>r jugendlichen Patienten<br />

– explizit in <strong>de</strong>n Titel <strong>de</strong>s international<br />

größten Verban<strong>de</strong>s <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendpsychiatrie, <strong>de</strong>r „International<br />

Association for Child and Adolescent<br />

Psychiatry and Allied Professions“<br />

(IACAP and AP), integriert wur<strong>de</strong> (vgl.<br />

Remschmidt 1992, 6). Trotz<strong>de</strong>m wird<br />

vielerorts die Entwicklungsphase <strong>de</strong>r<br />

Adoleszenz als ein „auch heute noch<br />

vernachlässigtes Gebiet“ gesehen, wie<br />

Remschmidt (1992, 1) feststellt.<br />

Jugendliche in <strong>de</strong>r klinischen<br />

Bewegungsdiagnostik <strong>und</strong><br />

-therapie<br />

Betrachtet man die Fachliteratur zu<br />

Themen <strong>de</strong>r Bewegungsdiagnostik <strong>und</strong><br />

Bewegungstherapie 1 , so scheint es, als<br />

wur<strong>de</strong> die Zielgruppe <strong>de</strong>r Jugendlichen<br />

auch in diesem Kontext bisher eher<br />

vernachlässigt. Veröffentlichungen zur<br />

bewegungsorientierten <strong>und</strong> -diagnostischen<br />

Arbeit mit Kin<strong>de</strong>rn fin<strong>de</strong>n sich<br />

sehr häufig (vgl. u. a. Irmischer/Fischer<br />

1989; Passolt 1996; Neuhäuser 1996;<br />

1 Der Begriff <strong>de</strong>r Bewegungsdiagnostik wird<br />

in diesem Artikel als Sammelbegriff <strong>für</strong><br />

motodiagnostische bzw. bewegungsdiagnostische<br />

Konzepte verwen<strong>de</strong>t. Auch <strong>de</strong>r Begriff<br />

<strong>de</strong>r Bewegungstherapie ist in diesem Artikel<br />

als Überschrift <strong>für</strong> alle bewegungs- <strong>und</strong><br />

körperorientierten Therapieformen zu verstehen.<br />

Panten 1997), während die Anzahl <strong>de</strong>r<br />

Publikationen zu bewegungsorientierten<br />

Themen mit Jugendlichen –<br />

sowohl diagnostisch als auch therapeutisch<br />

– <strong>de</strong>utlich spärlicher ausfällt (vgl.<br />

u. a. Welsche 2006; Gille 2002;<br />

Hammer/Müller 2001). Auch wenn in<br />

vielen Arbeiten von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong><br />

Jugendlichen als Zielgruppe gesprochen<br />

wird, so wird meist nicht auf die<br />

beson<strong>de</strong>ren Bedürfnisse <strong>und</strong> Voraussetzungen<br />

von Jugendlichen eingegangen.<br />

Nichts<strong>de</strong>stoweniger stellt die Patientengruppe<br />

<strong>de</strong>r Jugendlichen einen<br />

wesentlichen Bestandteil <strong>de</strong>s klinischen<br />

Klientels dar, sei es im ambulanten,<br />

teilstationären o<strong>de</strong>r vollstationären<br />

Setting. Bewegungstherapeutische<br />

Gruppen- o<strong>de</strong>r Einzeltherapien gehören<br />

auch <strong>für</strong> Jugendliche in <strong>de</strong>n meisten<br />

Kliniken zum therapeutischen Angebot.<br />

Wie aber steht es um die Bewegungsdiagnostik?<br />

Bei Betrachtung von Hölters<br />

Spiralmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s therapeutischen<br />

Prozesses (Abbildung 1) wird <strong>de</strong>utlich,<br />

dass die Bewegungsdiagnostik einen<br />

wichtigen Bestandteil <strong>de</strong>s therapeutischen<br />

Prozesses darstellt.<br />

Durch <strong>de</strong>n Einsatz diagnostischer Mittel<br />

kann<br />

• die Ausgangslage bestimmt wer<strong>de</strong>n:<br />

Mit welchen Problemen, Auffälligkeiten<br />

<strong>und</strong> Bedürfnissen kommt <strong>de</strong>r<br />

Patient?<br />

• eine Indikation zur (bewegungs-)therapeutischen<br />

Behandlung gestellt<br />

wer<strong>de</strong>n: Ist Bewegungstherapie <strong>für</strong><br />

diesen Patienten indiziert? Wenn ja,<br />

mit welchem Ziel?<br />

• die Behandlung im Verlauf o<strong>de</strong>r zum<br />

En<strong>de</strong> evaluiert wer<strong>de</strong>n, um sowohl<br />

Auswirkungen <strong>de</strong>r Behandlung<br />

aufzuzeigen, als auch Hinweise <strong>für</strong><br />

notwendige Verän<strong>de</strong>rungen im<br />

therapeutischen Prozess <strong>de</strong>utlich zu<br />

machen: Was hat sich im Verlauf<br />

verän<strong>de</strong>rt? Ist die Verän<strong>de</strong>rung<br />

positiv o<strong>de</strong>r negativ? Bil<strong>de</strong>n sich<br />

neue Themen o<strong>de</strong>r Problembereich<br />

ab, die in <strong>de</strong>n therapeutischen<br />

Prozess integriert wer<strong>de</strong>n sollten?


Abb. 1: Spiralmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>s therapeutischen Prozesses nach Hölter (2000, 103)<br />

Fehlen diagnostische Mittel, stellt sich<br />

die Frage, wie Indikationen zur Bewegungstherapie<br />

gestellt wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong> wie<br />

sich Behandlungserfolge, aber auch ein<br />

möglicherweise notwendiger Bedarf<br />

Dipl. Päd. Mone Welsche<br />

M. A. Jahrgang 1971, Studium <strong>de</strong>r<br />

Bewegungserziehung <strong>und</strong> –therapie an<br />

<strong>de</strong>r Uni Dortm<strong>und</strong>. Studium <strong>de</strong>r Somatic<br />

Studies and Labananalysis an <strong>de</strong>r<br />

Universität Surrey, UK. Bewegungstherapeutin<br />

in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie<br />

<strong>de</strong>r Universitätsklinik<br />

Hamburg-Eppendorf. Lehrbeauftragte<br />

an <strong>de</strong>r KHSB in Berlin, FB Heilpädagogik.<br />

Arbeitsschwerpunkt: Qualitative<br />

Bewegungsanalyse <strong>und</strong> -diagnostik,<br />

Jugendliche als Klientel <strong>de</strong>r Bewegungstherapie,<br />

Bewegungsverhalten<br />

<strong>und</strong> Psychopathologie.<br />

Anschrift <strong>de</strong>r Verfasserin:<br />

Dipl. Päd. M. Welsche, M. A.<br />

Klinik <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie<br />

Universitätsklinikum Hamburg-<br />

Eppendorf<br />

Martinistr. 52<br />

20246 Hamburg<br />

E-Mail: mwelsche@<br />

uke.uni-hamburg.<strong>de</strong><br />

nach Verän<strong>de</strong>rungen <strong>de</strong>s Prozesses<br />

erfassen lassen. Auf theoretischer Ebene<br />

scheint die Notwendigkeit <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Einsatz bewegungstherapeutischer<br />

Metho<strong>de</strong>n <strong>für</strong> das Jugendalter nachvollziehbar.<br />

Während viele Jugendliche im<br />

Laufe ihrer klinisch-psychiatrischen<br />

Behandlung bewegungstherapeutisch<br />

„gesehen“ wer<strong>de</strong>n, sind sie allerdings<br />

<strong>de</strong>utlich weniger in die bewegungsdiagnostische<br />

Versorgung eingeb<strong>und</strong>en<br />

(Welsche et al. 2005). Diese Beobachtung<br />

kann darauf zurückgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n, dass die Anzahl <strong>de</strong>r bewegungsdiagnostischen<br />

Ansätze <strong>für</strong><br />

Jugendliche klein ist <strong>und</strong> die vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Metho<strong>de</strong>n wenig bekannt zu sein<br />

scheinen. Der vorliegen<strong>de</strong> Beitrag<br />

versteht sich als Bestandserhebung zum<br />

Dipl. Päd. Cordula Stobbe<br />

Studium <strong>de</strong>r Bewegungserziehung<br />

<strong>und</strong> -therapie an <strong>de</strong>r Uni Dortm<strong>und</strong>,<br />

Doktorandin <strong>und</strong> wissenschaftliche<br />

Mitarbeiterin im Projekt „Studie zur<br />

Entwicklung von Bewegung, Spiel <strong>und</strong><br />

Sport in <strong>de</strong>r Ganztagsschule“ am<br />

Institut <strong>für</strong> Sportwissenschaft <strong>und</strong><br />

Motologie <strong>de</strong>r Universität Marburg.<br />

Einsatz motodiagnostischer Verfahren<br />

<strong>für</strong> Jugendliche im Kontext <strong>de</strong>r klinischen<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie,<br />

basierend auf <strong>de</strong>n Ergebnissen <strong>de</strong>r<br />

folgen<strong>de</strong>n Umfrage.<br />

Bewegungsdiagnostische<br />

Verfahren in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendpsychiatrie<br />

In <strong>de</strong>n Jahren 2003/04 wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>r<br />

Klinik <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie<br />

<strong>und</strong> Psychotherapie am Universitätsklinikum<br />

Hamburg-Eppendorf eine<br />

Erhebung zum Thema „Einsatz von<br />

bewegungsdiagnostischen Verfahren in<br />

<strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendpsychiatrie in<br />

Deutschland“ durchgeführt (Welsche et<br />

al. 2005). Der teilstrukturierte Fragebogen<br />

beinhaltete Fragen zu <strong>de</strong>n Rahmenbedingungen<br />

<strong>de</strong>r Klinik sowie Fragen<br />

zum Einsatz von strukturierten bewegungsdiagnostischen<br />

Verfahren.<br />

Darüber hinaus wur<strong>de</strong> die Qualifikation<br />

<strong>de</strong>r bewegungsdiagnostisch tätigen<br />

Mitarbeiter erfragt, um einen möglichen<br />

Zusammenhang zwischen <strong>de</strong>m<br />

Einsatz bestimmter Verfahren <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

Ausbildungsweg <strong>de</strong>r entsprechen<strong>de</strong>n<br />

Therapeuten o<strong>de</strong>r Mitarbeiter untersuchen<br />

zu können. Durch diese Erhebung<br />

sollte ein Überblick über vorhan<strong>de</strong>ne<br />

Verfahren, die in <strong>de</strong>r klinisch-bewegungsdiagnostischen<br />

Arbeit angewen<strong>de</strong>t<br />

wer<strong>de</strong>n, geschaffen wer<strong>de</strong>n. Der<br />

Dr. med. Georg Romer<br />

Jahrgang 1963, stellvertreten<strong>de</strong>r<br />

Direktor <strong>de</strong>r Klinik <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendpsychiatrie <strong>und</strong> Psychotherapie,<br />

Universitätsklinikum Hamburg-<br />

Eppendorf. Psychoanalytischer Paar-<br />

<strong>und</strong> Familientherapeut. Forschungsschwerpunkte:<br />

Versorgungsforschung,<br />

Kin<strong>de</strong>r körperlich kranker Eltern,<br />

operationalisierte psychodynamische<br />

Diagnostik im Kin<strong>de</strong>s- <strong>und</strong> Jugendalter.<br />

95


96<br />

„Und wer sieht uns?“ – Bewegungsdiagnostik <strong>für</strong> Jugendliche<br />

Standardisierte Test- <strong>und</strong> Beobachtungsverfahren zur Überprüfung von Wahrnehmung <strong>und</strong> Motorik<br />

Körperkoordinationstest <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r KTK (Schilling, F./Kiphard, E. J. 1974)<br />

Trampolin-Koordinationstest TKT (Kiphard, E. J. 1980a)<br />

Punktiertest <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r PKT (Kiphard, E. J. 1980b)<br />

Motoriktest <strong>für</strong> 4–6-jährige Kin<strong>de</strong>r MOT 4-6 (Zimmer, R./Volkamer, M. 1987)<br />

Hand Dominanz Test HDT (Steingrüber, H. J./ Lienerst, G. A. 1976)<br />

Tübinger Neuropsychologische Untersuchungsreihe <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r TÜKI (Deegener et al. 1992)<br />

Test <strong>de</strong>r motorischen Entwicklung FTM (Frostig, M. 1985)<br />

Graphomotorische Testbatterie GMT (Rudolf, H. 1986)<br />

Motometrische Rostock-Oseretzky-Skalen ROS (Kurth, E. 1985)<br />

Southern California Sensory Integration SCI (Ayres, A. J. 1980)<br />

Entwicklungstest 6 Monate bis 6 Jahre ET 6-6 (Petermann, F./Stein, I. A. 2000)<br />

Wiener Entwicklungstest WET (Kastner-Koller, U./Deimann, P. 1998)<br />

Leistungsdominanz Test LDT (Schilling, F. 1976b)<br />

Lincoln-Oseretzky-Skalen LOS (Eggert, D. 1971)<br />

Developmental Test of Visual Perception – Adolescents & Adults DTVP-2 (Reynolds et al. 2002)<br />

Developmental Test of Visual Perception DTVP-A (Hammill, D. D. et al. 1993)<br />

Forstig Entwicklungstest <strong>de</strong>r visuellen Wahrnehmung FEW (Lockowandt, O. 2000)<br />

Diagnostisches Inventar Auditiver Alltagssituationen DIAS (Eggert, D./Thomas, P. 1992)<br />

Diagnostisches Inventar taktil-kinästhetischer Alltagshandlungen DITKA (Eggert, D./Wegner-Blesin, N. 2000)<br />

Raum-Zeit-Inventar RZI (Eggert, D./Bertrand, L. 2002)<br />

Diagnostisches Inventar motorischer Basiskompetenzen DMB (Eggert, D. 1996)<br />

Movement Assessment Battery for Children M-ABC (Hen<strong>de</strong>rson, S./Sudgen, D. 1992<br />

HamMotScreen (Göbel, H./Panten, D. 2002)<br />

Sensorische Integration (u. a. Kesper, G./Hottinger, C. 2002)<br />

Kiphard Entwicklungsgitter (Kiphard, E. J. 2000)<br />

Denver Entwicklungsskalen (Flehmig. I. et al. 1973)<br />

Sportwissenschaftliche Verfahren (u. a. Bös, K. 2001)<br />

Standardisierte Beobachtung von Bewegungsqualitäten <strong>und</strong> Bewegungsverhalten<br />

Laban Bewegungsanalyse LMA (Laban, R. 1988)<br />

Checkliste motorischer Verhaltensweisen CMV (Schilling, F. 1976a)<br />

Löwener Beobachtungsskala<br />

Fragebögen zum Körperkonzept <strong>und</strong> Körperbild<br />

LOVIPT (Simons, J. et al. 1989)<br />

Body Attitu<strong>de</strong> Test BAT (Probst, M. et al 1990)<br />

Fragebogen zum Körperkonzept FBK-20 (Clement, U./Löwe, B. 1996)<br />

Frankfurter Körperkonzept Skalen FKKS (Deusinger, I. M. 1998)<br />

r Abb. 2: Kategorisierung <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r Fragebogenerhebung benannten Verfahren <strong>und</strong> Metho<strong>de</strong>n (nach Welsche et al 2005).<br />

Fragebogen wur<strong>de</strong> an die Bewegungstherapeuten<br />

in insgesamt 143 Kliniken<br />

in Deutschland verschickt <strong>und</strong> mit einer<br />

Beteiligungsrate von 62,2% angenommen.<br />

Die Ergebnisse dieser Erhebung<br />

bestätigen die Einschätzung, dass eine<br />

<strong>de</strong>utliche Mehrzahl <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r klinischen<br />

Praxis eingesetzten bewegungsdiagnostischen<br />

Verfahren ihren Schwerpunkt<br />

im Bereich <strong>de</strong>r quantitativen Überprüfung<br />

basismotorischer Kompetenzen<br />

<strong>und</strong> Wahrnehmungsleistungen hat.<br />

Verfahren, die Bewegungsverhalten,<br />

Bewegungsqualitäten sowie Beziehungsgestaltung<br />

zum eigenen Körper<br />

abbil<strong>de</strong>n, wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>utlich weniger<br />

häufig eingesetzt. In Abbildung 2 sind<br />

die in <strong>de</strong>r Fragebogenauswertung<br />

benannten standardisierten Verfahren<br />

(n=34) abgebil<strong>de</strong>t <strong>und</strong> in drei Kategorien<br />

eingeteilt:<br />

a) Testverfahren zur Überprüfung von<br />

Wahrnehmungsleistungen <strong>und</strong><br />

motorischen Basiskompetenzen,<br />

b) Bewegungsbeobachtungsverfahren<br />

zu Bewegungsverhalten <strong>und</strong><br />

Bewegungsqualitäten,


c) Fragebögen zur Erhebung <strong>de</strong>s<br />

Körperbil<strong>de</strong>s <strong>und</strong> <strong>de</strong>s Körperkonzeptes.<br />

Die Dominanz <strong>de</strong>r standardisierten<br />

Verfahren zur Erhebung von Wahrnehmungsleistungen<br />

<strong>und</strong> Basiskompetenzen<br />

wird mit 27 von 34 genannten<br />

Ansätzen <strong>de</strong>utlich. 3 <strong>de</strong>r 34 benannten<br />

bewegungsdiagnostischen Verfahren<br />

sind standardisierte Bewegungsbeobachtungskonzepte,<br />

die nicht rein<br />

motorische Abläufe <strong>und</strong> Auffälligkeiten<br />

untersuchen, son<strong>de</strong>rn Bewegungsverhalten<br />

<strong>und</strong> Bewegungsqualitäten<br />

qualitativ erfassen, beschreiben <strong>und</strong><br />

kategorisieren. Weitere 3 Verfahren<br />

wer<strong>de</strong>n eingesetzt, um Informationen<br />

zum Körperbild <strong>und</strong> Körpererleben <strong>de</strong>s<br />

Patienten durch self-rating Fragebögen<br />

zu erheben. Somit sind Verfahren zur<br />

Erfassung <strong>de</strong>s allgemeinen Bewegungsverhaltens,<br />

<strong>de</strong>r individuellen Bewegungsqualitäten<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>s Körperkonzeptes,<br />

also Bereiche, die eher über<br />

qualitative Beobachtungen <strong>und</strong><br />

Selbstauskünfte zu erfassen sind, in <strong>de</strong>r<br />

Praxis tatsächlich weniger gebräuchlich.<br />

Ein Überblick zum Altersspektrum<br />

<strong>de</strong>r benannten diagnostischen Metho<strong>de</strong>n<br />

zeigt zu<strong>de</strong>m, dass die Mehrzahl<br />

aller Verfahren <strong>für</strong> <strong>de</strong>n bewegungsdiagnostischen<br />

Einsatz bei Klein- o<strong>de</strong>r<br />

Schulkin<strong>de</strong>rn konzipiert sind. Nur 8 von<br />

34 eignen sich <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Einsatz in <strong>de</strong>r<br />

Altersgruppe <strong>de</strong>r Jugendlichen bzw.<br />

jungen Erwachsenen (ab 14 Jahren).<br />

Wie vermutet, wird eine „Lücke“ in <strong>de</strong>r<br />

bewegungsdiagnostischen Versorgung<br />

jugendlicher Patienten <strong>de</strong>utlich, die sich<br />

in <strong>de</strong>m formulierten Bedarf an Verfahren<br />

<strong>für</strong> Jugendliche von 44% aller<br />

Kolleginnen bestätigt. In <strong>de</strong>r Auswertung<br />

<strong>de</strong>r Ergebnisse zeigt sich, dass nur<br />

einige wenige Ansätze existieren <strong>und</strong><br />

vereinzelt genutzt wer<strong>de</strong>n, die <strong>für</strong><br />

Jugendliche einsetzbar sind, die<br />

• durch Beobachtung das Bewegungsverhalten<br />

<strong>und</strong> Bewegungsqualitäten<br />

erfassen,<br />

• Wahrnehmungsleistungen jugendlicher<br />

Patienten erheben,<br />

• o<strong>de</strong>r mit Hilfe von Fragebögen<br />

Auskunft über das Körperbild <strong>und</strong><br />

Körperkonzept <strong>de</strong>s Patienten geben<br />

können.<br />

Die Existenz dieser Verfahren scheint<br />

wenig verbreitet, wie anhand <strong>de</strong>r<br />

Aufzählung <strong>und</strong> Nutzungsfrequenz<br />

bewegungsdiagnostischer Ansätze in<br />

Abbildung 3 <strong>de</strong>utlich wird.<br />

Welche Verfahren wer<strong>de</strong>n von wie viel KJP (n=81) in Deutschland genutzt?<br />

Körper-Koordinationstest <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r KTK 62 x<br />

Motoriktest <strong>für</strong> 4–6-jährige Kin<strong>de</strong>r MOT 4-6 43 x<br />

„Freie Bewegungsbeobachtung“ 37 x<br />

Trampolin Koordinationstest TKT 21 x<br />

Lincoln-Oseretzky-Skala LOS 16 x<br />

Sensorische Integration SI 16 x<br />

Frostigs Entwicklungstest <strong>de</strong>r visuellen<br />

Wahrnehmung<br />

FEW 9 x<br />

Laban Bewegungsanalyse LMA 7 x<br />

Diagnostisches Inventar motorischer<br />

Basiskompetenzen<br />

DMB 7 x<br />

Kiphard Entwicklungsgitter 5 x<br />

Rostock-Oseretzky-Skalen ROS 3 x<br />

Denver Entwicklungsskalen 3 x<br />

Punktiertest <strong>für</strong> Kin<strong>de</strong>r PKT 3 x<br />

r Abb. 3: Darstellung <strong>de</strong>r Nutzung bewegungstherapeutischer Verfahren in <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendpsychiatrien (nach Welsche et al. 2005)<br />

Bewegungsdiagnostische Verfahren <strong>für</strong><br />

das Jugendalter<br />

Eingehend auf <strong>de</strong>n offensichtlichen<br />

Bedarf an Austausch zu <strong>für</strong> Jugendliche<br />

geeignete bewegungsdiagnostische Metho<strong>de</strong>n<br />

wer<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n<br />

Absätzen die aus <strong>de</strong>n Fragebogen<br />

hervorgehen<strong>de</strong>n bewegungsdiagnostischen<br />

Ansätze vorgestellt sowie <strong>de</strong>ren<br />

Beson<strong>de</strong>rheiten diskutiert.<br />

Metho<strong>de</strong>n zur Überprüfung von<br />

motorisch-koordinativen Parametern<br />

bei Jugendlichen wer<strong>de</strong>n in dieser<br />

Vorstellung nicht berücksichtigt. Ein<br />

Überblick über verschie<strong>de</strong>ne sportpädagogische<br />

Metho<strong>de</strong>n wird bei Bös<br />

gegeben (2001). Darüber hinaus bei<br />

Jugendlichen auch <strong>de</strong>r Trampolin-<br />

Koordinationstest eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />

(vgl. Kiphard 1980, 78), um motorischfunktionale<br />

Bewegungsauffälligkeiten<br />

zu erfassen.<br />

Bewegungsbeobachtung<br />

<strong>und</strong> Analyse<br />

Verfahren zur Beobachtung von<br />

Bewegungsqualitäten <strong>und</strong> Bewegungsverhalten<br />

Wie Hölter es im Kontext <strong>de</strong>r Bewegungsdiagnostik<br />

im Erwachsenenalter<br />

formuliert, ist das Verständnis von<br />

Bewegungsverhalten <strong>und</strong> Bewegungsbild<br />

als Ausdruck ein wichtiger bewegungsdiagnostischer<br />

Blickwinkel, <strong>de</strong>nn<br />

„Persönlichkeit, also auch Persönlichkeitsabweichungen,<br />

(schlagen sich) in<br />

Ausdruckserscheinungen wie in <strong>de</strong>r<br />

Gestik, <strong>de</strong>r Sprache, <strong>de</strong>r Haltung, <strong>de</strong>m<br />

Gang usw. nie<strong>de</strong>r“ (Hölter 1989, 9). Im<br />

Zentrum von diagnostischen Verfahren<br />

<strong>de</strong>r Bewegungsbeobachtung steht somit<br />

die Frage: Wie verhält sich <strong>de</strong>r Mensch?<br />

Wie bewegt er sich? Mit welchen<br />

Qualitäten? Auf welche Art <strong>und</strong> Weise?<br />

Bei <strong>de</strong>n hier vorgestellten Ansätzen sind<br />

sowohl Verfahren zu fin<strong>de</strong>n, die sich auf<br />

rein bewegungsbezogene Parameter<br />

• Laban Bewegungsanalyse (LMA)<br />

• Löwener Beobachtungsskala (LOVIPT)<br />

• Checkliste motorischer Verhaltensweisen (CMV)<br />

Fragebögen • Frankfurter Körperkonzept Skala (FKKS)<br />

• Fragebogen zum Körperbild (FBK-20)<br />

• Body Attitu<strong>de</strong> Test (BAT)<br />

Wahrnehmungstest • Developmental Test for Visual Perception (DTVP-A)<br />

97


98<br />

„Und wer sieht uns?“ – Bewegungsdiagnostik <strong>für</strong> Jugendliche<br />

beschränken, als auch Metho<strong>de</strong>n, die<br />

zusätzliche Beobachtungskriterien <strong>de</strong>s<br />

Verhaltensrepertoires erfassen.<br />

Die Laban Bewegungsanalyse (LMA) ist<br />

ein Gr<strong>und</strong>lagenkonzept <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Bewegung, welches von <strong>de</strong>m<br />

Bewegungstheoretiker Rudolf von<br />

Laban entwickelt wur<strong>de</strong> (Laban 1988).<br />

Labans Konzept <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Bewegung umfasst die Kategorien<br />

Antrieb, Form, Raum, Körper <strong>und</strong><br />

Beziehung (vgl. Abb. 4). Die Kategorie<br />

Antrieb unterteilt sich in die bipolaren<br />

aufgebauten Bereiche: Kraft, Fluss, Zeit,<br />

Raum <strong>und</strong> ihre unterschiedlichen<br />

Kombinationsmöglichkeiten. In <strong>de</strong>r<br />

Kategorie Form wird die Körperform<br />

<strong>de</strong>s Menschen beschrieben. Zu<strong>de</strong>m<br />

können die Qualitäten <strong>de</strong>r Formverän<strong>de</strong>rung<br />

<strong>und</strong> verschie<strong>de</strong>ne Möglichkeiten<br />

<strong>de</strong>r Formverän<strong>de</strong>rungen erfasst wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Kategorie Raum beschäftigt sich<br />

schwerpunktmäßig mit ein- bis<br />

dreidimensionalen Bewegungsmöglichkeiten<br />

<strong>de</strong>s Menschen im Raum,<br />

während die Kategorie Körper u. a.<br />

Körperteile bestimmt, Körperverbindungen<br />

<strong>und</strong> die Initiierung <strong>de</strong>r Bewegung<br />

analysiert. Die Kategorie Beziehung<br />

wur<strong>de</strong> erst in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

zu einem Bestandteil <strong>de</strong>r LMA. Hier<br />

kann die Beziehung zur materialen o<strong>de</strong>r<br />

personalen Umwelt sowie einzelner<br />

Körperteile miteinan<strong>de</strong>r beschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Laban Bewegungsanalyse wird in<br />

verschie<strong>de</strong>nen Ausbildungswegen<br />

gelehrt. In <strong>de</strong>n internationalen aka<strong>de</strong>-<br />

∞ ein-<br />

∞ zwei-<br />

∞ drei-dimensionale<br />

Bewegungen im Raum<br />

Konzept <strong>de</strong>r Raum Harmonie<br />

Antrieb<br />

Raum<br />

∞ Zeit: plötzlich – verlangsamt<br />

∞ Fluss: geb<strong>und</strong>en – frei<br />

∞ Kraft: kraftvoll – leicht<br />

∞ Raum: direkt – indirekt<br />

sowie 2er <strong>und</strong> 3er-Kombinationen Laban<br />

Bewegungs-<br />

Analyse<br />

Beziehung<br />

z. B.<br />

∞ von Gewahr sein<br />

∞ Über Berührung<br />

∞ Bis Verschlingung<br />

r Abb. 4: Parameter <strong>de</strong>r Laban Bewegungsanalyse<br />

mischen <strong>und</strong> institutionellen Ausbildungsgängen<br />

<strong>de</strong>r Tanz- <strong>und</strong> Bewegungstherapie<br />

ist die LMA als<br />

analytisches Tool Bestandteil <strong>de</strong>s<br />

Ausbildungscurriculums. Neben<br />

privaten Ausbildungsinstituten, welche<br />

zum Certified Movement Analyst (CMA)<br />

ausbil<strong>de</strong>n, existiert in England <strong>und</strong><br />

Amerika seit einigen Jahren die<br />

Möglichkeit, die LMA im universitären<br />

Kontext zu studieren. Um die Metho<strong>de</strong><br />

in <strong>de</strong>r Praxis einsetzen zu können,<br />

empfiehlt sich zumin<strong>de</strong>st eine Kurz-<br />

Fortbildung. Diese wird in verschie<strong>de</strong>nen<br />

Tanz- <strong>und</strong> Bewegungszentren in<br />

Deutschland angeboten (www.eurolab.<br />

<strong>de</strong>).<br />

Beson<strong>de</strong>rheit:<br />

Die LMA ist eine in ihrer Art einzigartige<br />

Basislehre <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Bewegung. Sie bietet eine Möglichkeit,<br />

die Bewegung <strong>de</strong>s Menschen in ihrer<br />

Komplexität <strong>de</strong>tailliert <strong>und</strong> wertfrei zu<br />

beschreiben <strong>und</strong> so das individuelle<br />

Bewegungsbild <strong>de</strong>s Patienten zu<br />

erfassen. Ressourcen, Einschränkungen,<br />

<strong>und</strong> Defizite bil<strong>de</strong>n sich ab <strong>und</strong> wer<strong>de</strong>n<br />

im tanz- <strong>und</strong> bewegungstherapeutischen<br />

Setting als Be<strong>de</strong>utungsphänomen<br />

(SEEWALD 1993) verstan<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

in <strong>de</strong>n Kontext <strong>de</strong>r individuellen<br />

Krankheitsgeschichte gesetzt. Die LMA<br />

kann sowohl zur Evaluation <strong>de</strong>s<br />

Behandlungsverlaufes im Sinne einer<br />

Anfangs- <strong>und</strong> Abschlussdiagnostik (vgl.<br />

Lausberg 1998), als auch als prozessdiagnostisches<br />

Tool eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Form<br />

∞ Formqualitäten<br />

(z. B.<br />

öffen – schliessen<br />

steigen – sinken)<br />

∞ Wege <strong>de</strong>r Formverän<strong>de</strong>rung<br />

Formfluss, mo<strong>de</strong>llieren,<br />

zielgerichtet bogen- o. pfeilförmig<br />

∞ Stille Formen<br />

Körper<br />

z. B.<br />

∞ Körperteile<br />

∞ Körperverbindungen<br />

∞ Initiierung<br />

∞ Bartenieff<br />

F<strong>und</strong>amentals<br />

Zu<strong>de</strong>m wird durch die Bestimmung <strong>de</strong>r<br />

Ausgangslage (Hölter 2000, 103) eine<br />

f<strong>und</strong>ierte Indikationsstellung <strong>und</strong><br />

Therapieplanung erleichtert. An <strong>de</strong>n<br />

erfassten Bewegungscharakteristika <strong>de</strong>s<br />

Patienten ansetzend, können dann<br />

durch individuelle Bewegungsangebote<br />

neue Entwicklungsschritte auf emotional-psychischer<br />

Ebene eingeleitet<br />

wer<strong>de</strong>n (vgl. u. a. Bartenieff/Lewis<br />

1986; Hackney 2002; Rollwagen 1994).<br />

Die Löwener Beobachtungsskala<br />

(LOVIPT) stellt eine qualitative Verlaufsbeobachtung<br />

dar, welche <strong>für</strong> <strong>de</strong>n<br />

Einsatz in <strong>de</strong>r psychomotorischen<br />

Therapie im Kontext <strong>de</strong>r Erwachsenenpsychiatrie<br />

entwickelt wur<strong>de</strong>, allerdings<br />

auch im kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> jugendpsychiatrischen<br />

Setting eingesetzt wer<strong>de</strong>n<br />

kann (vgl. Simon J. et al. 1989, Welsche/Romer<br />

2005). Über ein empirisches<br />

Auswahlverfahren wur<strong>de</strong>n neun<br />

relevante Beobachtungskriterien<br />

ausgewählt, welche <strong>de</strong>n Voraussetzungen<br />

nach Bezug zu psychologischen<br />

Aspekten, Beobachtbarkeit <strong>und</strong><br />

Beeinflussbarkeit innerhalb <strong>de</strong>r Therapie<br />

sowie Relevanz <strong>für</strong> die klinische Praxis<br />

haben: <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r emotionalen<br />

Beziehung, <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r Selbstsicherheit,<br />

<strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r Aktivität, <strong>de</strong>r Grad<br />

<strong>de</strong>r Entspanntheit, <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r<br />

Bewegungskontrolle, <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>s<br />

situativen Interesses, <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r<br />

Expressivität beim Bewegen, <strong>de</strong>r Grad<br />

<strong>de</strong>r verbalen Kommunikation <strong>und</strong> das<br />

Vermögen zur Anpassung <strong>und</strong> Selbstkontrolle.<br />

Diese Kriterien erfassen<br />

psychische <strong>und</strong> motorische Aspekte <strong>de</strong>s<br />

Verhaltensrepertoires im Gruppengeschehen<br />

<strong>und</strong> setzen an <strong>de</strong>n Problembereichen<br />

psychiatrisch behandlungsbedürftiger<br />

Patienten an. Auf einer<br />

7er-Skala, welche beim Nullwert das<br />

„normale“ (<strong>de</strong>r Situation angepasste)<br />

Verhalten angibt, wer<strong>de</strong>n die Abweichungen<br />

im Verhalten bis zu <strong>de</strong>n<br />

Extremen bei –3/+3 beschrieben<br />

(s. Abb. 5).<br />

Um eine möglichst objektive Verhaltensbeobachtung<br />

zu erlangen wird<br />

innerhalb <strong>de</strong>r einzelnen Beobachtungskriterien<br />

in die LOVIPT-Skalen A <strong>und</strong> S<br />

unterteilt. Im LOVIPT-A wer<strong>de</strong>n in<br />

kurzer Form ein<strong>de</strong>utige Adjektive<br />

benannt, mit welchen die Mittelwerte<br />

+2/-2 <strong>de</strong>r jeweiligen Beobachtungskategorie<br />

umschrieben wer<strong>de</strong>n (s. Abb. 6).<br />

Im LOVIPT-S wer<strong>de</strong>n unterschiedliche<br />

Beispiele, Umschreibungen <strong>und</strong>


Grad <strong>de</strong>r emotionalen Beziehung<br />

+3 +2 +1 0 -1 -2 -3<br />

sehr hohe eine hohe eine leichte emotional nur wenig kaum emotio- so gut wie<br />

emotionale emotionale emotionale angemessenes emotionale nale Bindung keine emotio-<br />

Bindung Bindung Bindung Kontaktverhalten<br />

Bindung<br />

nale Bindung<br />

r Abbildung 5: Beispiel <strong>de</strong>r 7er-Skala am Beobachtungskriterium Grad <strong>de</strong>r emotionalen Beziehung<br />

Möglichkeiten zu konkreten Verhaltensweisen<br />

<strong>für</strong> die Mittelwerte –2/+2 <strong>de</strong>r<br />

jeweiligen Beobachtungskategorie<br />

vorgegeben, um die Bandbreite <strong>de</strong>r<br />

verschie<strong>de</strong>nen Verhaltensmöglichkeiten<br />

aufzuzeigen <strong>und</strong> so <strong>de</strong>m Beobachter<br />

das Verständnis <strong>de</strong>r Kriterien sowie die<br />

Einglie<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s beobachteten<br />

Verhaltens zu erleichtern. Die Beobachtungsskala<br />

ist nach einer kurzen<br />

Einarbeitungsphase ökonomisch zur<br />

Dokumentation von Gruppenaktivitäten<br />

einzusetzen. Neben einer allgemeinen<br />

guten Beobachtungsfähigkeit <strong>und</strong><br />

Vertrautheit mit <strong>de</strong>n einzelnen Beobachtungskriterien<br />

bedarf es keiner<br />

beson<strong>de</strong>ren Voraussetzungen, um sie<br />

zur Dokumentation <strong>und</strong> prozessdiagnostischen<br />

Einschätzung einsetzen zu<br />

können.<br />

Beson<strong>de</strong>rheiten:<br />

Die LOVIPT-Skalen lassen sich leicht<br />

<strong>und</strong> ökonomisch in die Dokumentation<br />

<strong>de</strong>r bewegungstherapeutischen Verläufe<br />

integrieren <strong>und</strong> können darüber hinaus<br />

prozessdiagnostisch genutzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die verschie<strong>de</strong>nen Kriterien sind auch<br />

<strong>für</strong> „Nicht-Bewegungsmenschen“ gut<br />

verständlich. Dies erleichtert <strong>de</strong>n<br />

Austausch mit an<strong>de</strong>ren Berufsgruppen<br />

<strong>und</strong> die Integration <strong>de</strong>r Bewegungsdiagnostik<br />

in das klinische Setting.<br />

Die Checkliste motorischer Verhaltensweisen<br />

(CMV) wur<strong>de</strong> 1975 von Schilling<br />

(1976) entwickelt <strong>und</strong> kann <strong>für</strong><br />

Erwachsene <strong>und</strong> damit auch <strong>für</strong><br />

Jugendliche eingesetzt wer<strong>de</strong>n (vgl.<br />

Hölter 2000, 109), obwohl sie ursprünglich<br />

zur Beobachtung <strong>de</strong>s Bewegungsverhaltens<br />

bei Kin<strong>de</strong>rn zwischen 6 <strong>und</strong><br />

11 Jahren konzipiert wur<strong>de</strong>. Dieses<br />

motoskopische Verfahren besteht aus<br />

78 Adjektiven zur Beschreibung <strong>de</strong>s<br />

Bewegungsverhaltens, die von <strong>de</strong>m<br />

Beobachter als zutreffend o<strong>de</strong>r nicht<br />

zutreffend eingeschätzt wer<strong>de</strong>n. Diese<br />

Checkliste kann neben Bewegungstherapeuten<br />

auch von Erziehern, Lehrern,<br />

Psychologen, Ärzten durchgeführt<br />

wer<strong>de</strong>n, wenn <strong>de</strong>r Patient über längere<br />

Zeit in Bewegung erlebt wur<strong>de</strong>. Anhand<br />

von statistischen Analysen wur<strong>de</strong>n die<br />

78 Items in acht Skalen geglie<strong>de</strong>rt,<br />

wobei fünf Skalen auffällige Bewegungsmerkmale<br />

beschreiben (s. Abb. 7).<br />

Beson<strong>de</strong>rheiten:<br />

Diese Checkliste wur<strong>de</strong> von <strong>de</strong>n Au-<br />

toren bisher nicht eingesetzt, <strong>de</strong>shalb<br />

kann zu dieser Metho<strong>de</strong> keine Stellung<br />

bezogen wer<strong>de</strong>n.<br />

Fragebögen<br />

Der Einsatz von Fragebögen als so<br />

genannte „Ergebnisdiagnostik“ (Hölter<br />

2000, 103 f) ermöglicht die Untersuchung<br />

<strong>de</strong>s individuellen Körper- <strong>und</strong><br />

Bewegungserlebens <strong>de</strong>s Patienten, um<br />

es in Verbindung zur Krankheitsge-<br />

LOVIPT-A Die emotionale Beziehung<br />

- 2: Bei Beobachtungen in <strong>de</strong>r PMT<br />

kann ein Kontaktverhalten, dass kaum<br />

emotionale Bindungen erkennen lässt<br />

als apathisch, gehemmt, zurückhaltend,<br />

abweisend, unzugänglich, als zu<br />

förmlich o<strong>de</strong>r zu steif beschrieben<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

schichte zu verstehen <strong>und</strong> Ansatzpunkte<br />

<strong>für</strong> therapeutische Interventionen<br />

zu entwickeln. In <strong>de</strong>r Erhebung<br />

wur<strong>de</strong>n drei Fragebögen benannt, die<br />

zur Erfassung von Körperkonzept,<br />

Körperbild <strong>und</strong> Körperschema eingesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n 2 .<br />

Die Frankfurter Körperkonzept Skala<br />

(FKKS) dient <strong>de</strong>r Bestimmung <strong>de</strong>s auf<br />

<strong>de</strong>n Körper bezogenen Bereichs <strong>de</strong>s<br />

Selbstkonzeptes <strong>de</strong>s Jugendlichen/<br />

Erwachsenen <strong>und</strong> kann ab 12 Jahren<br />

eingesetzt wer<strong>de</strong>n. Auf einer sechsstufigen<br />

Antwortskala von trifft sehr zu<br />

bis trifft gar nicht zu wer<strong>de</strong>n 64 Items<br />

gestellt, die <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n neun Skalen<br />

2 Der Fragebogen zur Beurteilung <strong>de</strong>s eigenen<br />

Körpers (FbeK) von B. Strauß <strong>und</strong> H. Richter-<br />

Appelt (1996) wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Fragebogenerhebung<br />

nicht benannt, ist allerdings auch <strong>für</strong><br />

Jugendliche einsetzbar.<br />

+ 2: Ein Kontaktverhalten, das emotional<br />

überbin<strong>de</strong>nd ist, kann als schleimig,<br />

einschmeichelnd, gekünstelt, übertrieben<br />

geziert, aufdringlich, klammernd,<br />

als zu familiär <strong>und</strong> zu bemutternd<br />

beschrieben wer<strong>de</strong>n.<br />

r Abbildung 6: Umschreibung <strong>de</strong>r Mittelwerte anhand <strong>de</strong>s Beobachtungskriteriums<br />

„Grad <strong>de</strong>r emotionalen Beziehung“<br />

Beobachtungsskalen <strong>de</strong>r Checkliste motorischer Verhaltensweisen<br />

Skala 1: Freudige Spontan<strong>motorik</strong> – z. B. lebhaft, aktiv, bewegungsfreudig<br />

Skala 2: Beherrschte Motorik – z. B. besonnen, bedächtig, konzentriert<br />

Skala 3: Anmutige Motorik – z. B. leicht, elegant, graziös<br />

Skala 4: Schwerfällige Motorik – z. B. träge, mü<strong>de</strong>, bequem<br />

Skala 5: Enthemmte Motorik – z. B. unkonzentriert, zappelig, ablenkbar<br />

Skala 6: Gehemmte Motorik – z. B. tolpatschig, gehemmt, ungeschickt<br />

Skala 7: Überschießen<strong>de</strong> Motorik – z. B. hastig, übereilig, vorschnell<br />

Skala 8: Eckige Motorik – z. B. abgehackt, ruckartig, linkisch<br />

r Abbildung 7: Beobachtungsskalen <strong>de</strong>r Checkliste motorischer Verhaltensweisen<br />

99


100<br />

„Und wer sieht uns?“ – Bewegungsdiagnostik <strong>für</strong> Jugendliche<br />

untergeordnet sind: Ges<strong>und</strong>heit <strong>und</strong><br />

körperliches Befin<strong>de</strong>n, Pflege <strong>de</strong>s<br />

Körpers, Körperliche Effizienz, Körperkontakt,<br />

Sexualität, Selbstakzeptanz <strong>de</strong>s<br />

Körpers, Akzeptanz <strong>de</strong>s Körpers durch<br />

An<strong>de</strong>re, Aspekte <strong>de</strong>r äußeren Erscheinung<br />

<strong>und</strong> Dissimilatorische Körperprozesse<br />

(Körpergeruch). Die Durchführungsdauer<br />

liegt zwischen 15 <strong>und</strong> 25<br />

Minuten (Deusinger 1998).<br />

Der Einsatz <strong>de</strong>s Fragebogens zum<br />

Körperbild (FKB-20) wird ab 16 Jahren<br />

empfohlen (Clement/Löwe 1996). Dieser<br />

Fragebogen wird zur Diagnose von<br />

Körperbildstörungen <strong>und</strong> Beeinträchtigungen<br />

<strong>de</strong>s Körperbil<strong>de</strong>s eingesetzt. Er<br />

misst in 20 Items auf einer 5 stufigen<br />

Antwortskala von trifft nicht zu bis zu<br />

trifft völlig zu zwei unabhängige<br />

Dimensionen <strong>de</strong>s Körperbil<strong>de</strong>s. Mit <strong>de</strong>r<br />

Skala „Ablehnen<strong>de</strong> Körperbewertung“<br />

(AKB) wird die äußere Körpererscheinung<br />

sowie das Wohlbefin<strong>de</strong>n im<br />

eigenen Körper beurteilt <strong>und</strong> beschrieben<br />

(z. B. Ich fühle mich in meinem<br />

Körper zu Hause). Die Skala „Vitale<br />

Körperdynamik“ (VKD) thematisiert <strong>de</strong>n<br />

bewegungsbezogenen Aspekt <strong>de</strong>s<br />

Körperbil<strong>de</strong>s bezüglich <strong>de</strong>r Einschätzung<br />

<strong>und</strong> Wahrnehmung von Kraft,<br />

Fitness <strong>und</strong> Ges<strong>und</strong>heit (z. B. Insgesamt<br />

empfin<strong>de</strong> ich mich als stark <strong>und</strong> robust).<br />

Die Durchführungsdauer liegt bei ca. 6<br />

bis 8 Minuten.<br />

Der Body Attitu<strong>de</strong> Test (BAT) stellt einen<br />

weiteren Fragebogen dar, welcher <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Einsatz bei Patienten mit Essstörungen,<br />

insbeson<strong>de</strong>re Anorexie,<br />

entwickelt wur<strong>de</strong> (Probst et al. 1990).<br />

In diesem Fragebogen wird in 20 Items<br />

die negative Einschätzung <strong>de</strong>s Körperumfanges<br />

(z. B. Meine Hüften erscheinen<br />

mir als zu breit), die allgemeine<br />

Unzufrie<strong>de</strong>nheit mit <strong>de</strong>m Körper<br />

(z. B. Wenn ich mich mit Gleichaltrigen<br />

vergleiche, bin ich mit meinem Körper<br />

unzufrie<strong>de</strong>n) sowie <strong>de</strong>r Grad <strong>de</strong>r<br />

Vertrautheit mit <strong>de</strong>m eigenen Körper<br />

(z. B. Mein Körper scheint mir zu<br />

gehören) gemessen. Die Durchführungsdauer<br />

beträgt ca. 10 Minuten.<br />

Beson<strong>de</strong>rheiten aller Fragebögen:<br />

Der Einsatz von Fragebögen <strong>für</strong><br />

Jugendliche hat sich in <strong>de</strong>r Praxis als<br />

sehr hilfreich <strong>und</strong> praktikabel erwiesen,<br />

vor allem wenn im Einzelsetting<br />

gearbeitet wird. Durch die Bearbeitung<br />

<strong>de</strong>r Fragebögen wird <strong>de</strong>n jugendlichen<br />

Patienten die Auseinan<strong>de</strong>rsetzung mit<br />

Problemen auf <strong>de</strong>r Körper- <strong>und</strong><br />

Bewegungsebene, die häufig schambesetzt<br />

ist, erleichtert. Zielformulierungen<br />

<strong>und</strong> Therapieplanung können anhand<br />

<strong>de</strong>s Fragebogens besprochen wer<strong>de</strong>n. In<br />

<strong>de</strong>r Arbeit mit Jugendlichen hat sich<br />

gezeigt, dass ein diagnostischer<br />

Erstkontakt, in welchem Probleme,<br />

Motivation <strong>und</strong> Zielvorstellungen<br />

anhand <strong>de</strong>r Fragebogenergebnisse<br />

gemeinsam besprochen <strong>und</strong> erarbeitet<br />

wer<strong>de</strong>n, sehr hilfreich <strong>für</strong> eine guten<br />

Start in die Therapie ist. Der jugendliche<br />

Patient, <strong>de</strong>r aufgr<strong>und</strong> seiner Entwicklungsphase<br />

häufig eher misstrauisch<br />

gegenüber Erwachsenen ist, wird aktiv<br />

in die Planung einbezogen, fühlt sich<br />

ernst genommen <strong>und</strong> eher als Erwachsener<br />

<strong>de</strong>nn als Kind behan<strong>de</strong>lt. Die<br />

Bearbeitung von Fragebögen setzte<br />

allerdings eine gewisse intellektuelle<br />

Fähigkeit <strong>und</strong> die Bereitschaft voraus,<br />

die Fragen zu beantworten. Bei<br />

„jungen“ Jugendlichen, Patienten mit<br />

einer Lernbehin<strong>de</strong>rung o<strong>de</strong>r auch<br />

Patienten, <strong>de</strong>ren Muttersprache nicht<br />

Deutsch ist, können Verständnisschwierigkeiten<br />

auftreten. Darüber hinaus<br />

kann <strong>de</strong>r Einsatz von Fragebögen bei<br />

Patienten, die zum Agieren neigen,<br />

problematisch sein, da die Angaben<br />

nicht unbedingt <strong>de</strong>m tatsächlichen<br />

Erleben entsprechen müssen. Bei akutpsychotischen<br />

Patienten ist die<br />

Anwendung von Fragebögen nicht<br />

ratsam (vgl. Hölter 2000).<br />

Wahrnehmungsdiagnostik<br />

In <strong>de</strong>r Erhebung wur<strong>de</strong> ein Verfahren<br />

zur Überprüfung von Wahrnehmungsleistungen<br />

benannt, das <strong>für</strong> Jugendliche<br />

<strong>und</strong> Erwachsene konzipiert wur<strong>de</strong>. Der<br />

Developmental Test for Visual Perception<br />

(DTVP-A) besteht aus einer Testbatterie<br />

mit sechs Untertests zu visumotorischen<br />

<strong>und</strong> visuellen Wahrnehmungs-<br />

leistungen. Dabei wer<strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong><br />

Fähigkeiten untersucht: Nachzeichnen,<br />

Figur-Gr<strong>und</strong>-Wahrnehmung, die<br />

Wahrnehmung räumlicher Beziehungen,<br />

Gestaltschließen, visuo-motorische<br />

Geschwindigkeit <strong>und</strong> Formkonstanz. Der<br />

Test führt zu einem differenzierten Bild<br />

<strong>de</strong>r Gesamtfähigkeit im Bereich <strong>de</strong>r<br />

visuellen Wahrnehmung <strong>und</strong> ermöglicht<br />

damit die Feststellung vom Vorhan<strong>de</strong>nsein<br />

<strong>und</strong> Ausmaß visueller Wahrnehmungsstörungen<br />

<strong>und</strong> visuo-motorischer<br />

Probleme. Der Test kann <strong>für</strong> Patienten<br />

von 11 bis 74 Jahren eingesetzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Durchführungsdauer beträgt etwa<br />

25 Minuten (Reynolds et al. 2002).<br />

Beson<strong>de</strong>rheiten:<br />

Auch dies Verfahren wur<strong>de</strong> von<br />

<strong>de</strong>n Autoren bisher nicht eingesetzt.<br />

Allerdings stellt es in sich schon<br />

eine Beson<strong>de</strong>rheit dar, da an<strong>de</strong>re<br />

Metho<strong>de</strong>n zur Überprüfung von<br />

visuellen Wahrnehmungsleistungen<br />

bei Jugendlichen <strong>und</strong> Erwachsenen<br />

nicht bekannt sind.<br />

Ausblick<br />

In diesem Beitrag wur<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne<br />

bewegungsdiagnostische Verfahren, die<br />

<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Einsatz im Jugendalter konzipiert<br />

o<strong>de</strong>r geeignet sind, vorgestellt.<br />

Nichts<strong>de</strong>stotrotz bleiben Jugendliche im<br />

klinisch-bewegungsdiagnostischen<br />

Setting im Vergleich zur Altersgruppe<br />

<strong>de</strong>r 6- ca. 12-jährigen Kin<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utlich<br />

unterversorgt. Es liegt in <strong>de</strong>r Hand <strong>de</strong>r<br />

Bewegungstherapeuten, die mit<br />

jugendlichem Klientel arbeiten, dieser<br />

Altersgruppe nicht nur in <strong>de</strong>r praktischen<br />

<strong>und</strong> therapeutischen, son<strong>de</strong>rn<br />

auch in <strong>de</strong>r theoretischen <strong>und</strong> diagnostischen<br />

Arbeit mehr Aufmerksamkeit zu<br />

schenken, in<strong>de</strong>m I<strong>de</strong>en <strong>und</strong> Konzepte<br />

diagnostischer wie auch therapeutischer<br />

Art publiziert <strong>und</strong> damit<br />

verbreitet wer<strong>de</strong>n. Auf diese Weise kann<br />

ein offensichtlich dringend benötigter<br />

Austausch von Informationen stattfin<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> im Feld <strong>de</strong>r Bewegungstherapie<br />

kann ein „eigener“ Platz <strong>für</strong> die<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Anfor<strong>de</strong>rung jugendlicher<br />

Patienten entstehen. Darüber<br />

hinaus ist die Diagnostik im klinischen<br />

Setting ein wichtiger Bestandteil <strong>de</strong>s<br />

gesamten Behandlungskonzeptes, um<br />

Indikationen zu stellen, Behandlungen<br />

zu überprüfen/überprüfen zu können<br />

<strong>und</strong> qualitätssichernd zu arbeiten.<br />

Gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r heutigen Zeit von<br />

Ökonomisierung, Controlling <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Entstehung von Leistungszentren<br />

besteht insbeson<strong>de</strong>re <strong>für</strong> unser Berufsfeld<br />

eine zunehmen<strong>de</strong> Notwendigkeit,<br />

Möglichkeiten, Inhalte <strong>und</strong> Metho<strong>de</strong>n<br />

transparenter zu machen. Qualitätssicherung<br />

ist in diesem Zusammenhang<br />

ein wichtiges Stichwort, um die<br />

Bewegungsdiagnostik <strong>und</strong> damit auch<br />

die Bewegungstherapie heute wie in<br />

Zukunft als festen Bestandteil <strong>de</strong>s


Ges<strong>und</strong>heitssystems <strong>und</strong> seiner<br />

Angebote zu verankern!<br />

Eine Literaturliste <strong>und</strong> Kurzbeschreibung<br />

<strong>de</strong>r in Abbildung 2 benannten<br />

Verfahren kann bei <strong>de</strong>n Autoren<br />

angefragt wer<strong>de</strong>n.<br />

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psychiatrisch-klinischen Setting.<br />

In: Bewegungstherapie <strong>und</strong><br />

Ges<strong>und</strong>heitssport, 5, 206–214.<br />

101


102<br />

Traditionen <strong>und</strong> gegenwärtige Trends <strong>de</strong>r motorischen Entwicklungsforschung in Deutschland<br />

Rainer Wollny<br />

Traditionen <strong>und</strong> gegenwärtige Trends<br />

<strong>de</strong>r motorischen Entwicklungsforschung<br />

in Deutschland<br />

Die lange Jahre kontrovers geführte Diskussion über die beste Entwicklungstheorie<br />

scheint aufgr<strong>und</strong> uneinheitlicher theoretischer Vorstellungen <strong>und</strong> empirischer<br />

Bef<strong>und</strong>e in eine „entwicklungstheoretische Sackgasse“ geraten zu sein. Perspektivisch<br />

gesehen kommt <strong>de</strong>n metatheoretischen Rahmenkonzeption <strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie<br />

<strong>de</strong>r Lebensspanne von Baltes eine große Innovationskraft <strong>für</strong> die<br />

zukünftige Forschung zu lebenslaufbezogenen Fragen <strong>de</strong>r motorischen Entwicklung<br />

zu. Von beson<strong>de</strong>rem wissenschaftlichem Interesse ist hierbei die Prüfung <strong>de</strong>s<br />

spezifischen Einflusses potenzieller Entwicklungsfaktoren unter extern vali<strong>de</strong>n,<br />

ökologischen Kontextbedingungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Annahmen <strong>de</strong>s Kontextualismus zum<br />

komplexen Bedingungsgefüge <strong>de</strong>r Ontogenese.<br />

Einführung<br />

Unabdingbare Voraussetzungen <strong>de</strong>r<br />

zielgerichteten För<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r Ontogenese<br />

<strong>de</strong>s Menschen sind verlässliche<br />

Kenntnisse über <strong>de</strong>n spezifischen<br />

Einfluss <strong>und</strong> das mehrdimensionale<br />

Wirkungsgefüge <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen<br />

Entwicklungsfaktoren. Den differenzierten<br />

Wissensbestän<strong>de</strong>n, Alltags- <strong>und</strong><br />

Berufstheorien langjährig erfahrener<br />

Sportlehrer, Trainer <strong>und</strong> Übungsleiter<br />

über <strong>de</strong>n Erklärungswert potenzieller<br />

Prädiktoren (Mo<strong>de</strong>ratorvariablen,<br />

Bedingungsfaktoren) <strong>für</strong> die allgemein<br />

beobachtbaren interindividuellen<br />

Differenzen <strong>und</strong> intraindividuellen<br />

Variabilitäten in <strong>de</strong>r Motorik <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

motorischen Entwicklung steht eine<br />

ausgesprochen lückenhafte Bef<strong>und</strong>lage<br />

<strong>de</strong>r psychologischen <strong>und</strong> sportwissenschaftlichen<br />

Entwicklungsforschung<br />

gegenüber. Diese Diskrepanz begrün<strong>de</strong>t<br />

sich vornehmlich darin, dass es<br />

Sportpraktiker mit vielfältigen Einzelfällen<br />

zu tun haben, während Entwicklungsforscher<br />

an personenübergreifen<strong>de</strong>n<br />

Gesetzmäßigkeiten interessiert<br />

sind: Was verän<strong>de</strong>rt sich im Verlauf <strong>de</strong>r<br />

Ontogenese? Welche Prädiktoren <strong>und</strong><br />

Wirkungszusammenhänge beeinflussen<br />

die Entwicklung? Welche Altersspezifität<br />

besteht <strong>für</strong> die Plastizität <strong>de</strong>r<br />

körperlichen, kognitiven <strong>und</strong> motorischen<br />

Ontogenese?<br />

Die bis in die 1990er Jahre vorherrschen<strong>de</strong>„Age-Functional-Relationship“-Forschung<br />

führt interindividuelle<br />

Entwicklungsunterschie<strong>de</strong> nahezu<br />

ausschließlich auf das Lebensalter<br />

zurück. Demgegenüber weist die<br />

mo<strong>de</strong>rne „Life-Span“-Psychologie das<br />

kalendarische Alter als eine physikalische<br />

Variable aus, die keine eigenständige<br />

erklären<strong>de</strong> Funktion <strong>für</strong> individuelle<br />

Entwicklungsverläufe <strong>und</strong><br />

Verhaltensän<strong>de</strong>rungen besitzt. Das Alter<br />

kennzeichnet lediglich bestimmte<br />

Zeiträume, in <strong>de</strong>nen biologische,<br />

psychologische, sozialkulturelle,<br />

materiale <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>heitliche Entwicklungs<strong>de</strong>terminanten<br />

wirken. Entgegen<br />

konventionellen Vorstellungen verläuft<br />

die Ontogenese <strong>de</strong>s Menschen nicht<br />

universell, invariant, unidirektional <strong>und</strong><br />

altersgeb<strong>und</strong>en, son<strong>de</strong>rn je<strong>de</strong>r Entwicklungsverlauf<br />

<strong>und</strong> je<strong>de</strong> Verhaltensweise<br />

resultiert aus <strong>de</strong>m komplexen Wechselspiel<br />

zahlreicher Einflussfaktoren. Der<br />

Grad <strong>de</strong>r Direktheit <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Indirektheit<br />

<strong>de</strong>r Auswirkungen einzelner Bedingungsvariablen<br />

auf die Ontogenese<br />

kann sehr unterschiedlich sein. Beispielsweise<br />

sind unter gleichen Sozialisationsbedingungen<br />

interindividuelle<br />

Differenzen im Entwicklungsverlauf zu<br />

beobachten. Auch können dieselben<br />

Trainingsinterventionen zu interindividuellen<br />

Motorikunterschie<strong>de</strong>n führen.<br />

Gegenwärtig mangelt es <strong>de</strong>r Entwicklungsforschung<br />

sowohl an multivariaten<br />

Analysen komplexer Konfigurationen<br />

von Einflussfaktoren zur Auf-<br />

klärung <strong>de</strong>r Konf<strong>und</strong>ierung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

relativen Be<strong>de</strong>utung einzelner Mo<strong>de</strong>ra-<br />

torvariablen als auch an <strong>de</strong>r engen<br />

Verzahnung theoretischer <strong>und</strong> empirischer<br />

Wissensbestän<strong>de</strong>.<br />

Der vorliegen<strong>de</strong> Übersichtsartikel<br />

thematisiert zunächst die historische<br />

Theoriediskussion <strong>und</strong> Forschungssituation<br />

zur kognitiven <strong>und</strong> (sport)-<br />

motorischen Ontogenese. Anschließend<br />

wer<strong>de</strong>n die momentan favorisierte<br />

Rahmenkonzeption <strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie<br />

<strong>de</strong>r Lebensspanne von<br />

Baltes (1990, 1997) <strong>und</strong> innovative<br />

Forschungsansätze zur motorischen<br />

Entwicklung im Lebenslauf vorgestellt.<br />

Was besagen Theorien <strong>de</strong>r<br />

menschlichen Entwicklung?<br />

Die Vielzahl <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>n letzten fünfzig<br />

Jahren rasch wechseln<strong>de</strong>n Entwicklungstheorien<br />

erfor<strong>de</strong>rt eine Systematisierung<br />

<strong>de</strong>r voneinan<strong>de</strong>r abweichen<strong>de</strong>n<br />

Vorstellungen über die potenziellen<br />

Entwicklungsfaktoren <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren<br />

vielschichtigen Wirkungsbeziehungen.<br />

Abbildung 1 ordnet einzelne Erklärungsansätze<br />

danach zu, inwieweit <strong>de</strong>m<br />

Subjekt <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Umwelt eine aktive<br />

o<strong>de</strong>r passive Rolle bei <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Ontogenese zukommt <strong>und</strong> welche<br />

Annahmen bezüglich <strong>de</strong>r Interaktionen<br />

zwischen endogenen <strong>und</strong> exogenen<br />

Prädiktorvariablen bestehen. Akzentuiert<br />

wer<strong>de</strong>n vier entwicklungstheoretische<br />

Gr<strong>und</strong>perspektiven unterschie<strong>de</strong>n:<br />

organismische, exogenistische,<br />

konstruktivistische <strong>und</strong> kontextualistische<br />

Konzeptionen.<br />

Kernannahmen klassischer<br />

Entwicklungskonzeptionen<br />

Traditionelle entwicklungspsychologische<br />

Erklärungsansätze lassen im<br />

Wesentlichen drei Gr<strong>und</strong>konzepte <strong>de</strong>r<br />

Ontogenese erkennen. Während<br />

organismische Entwicklungstheorien<br />

ausschließlich genetische Einflussfak-


Abb. 1: Gr<strong>und</strong>perspektiven <strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie<br />

toren <strong>und</strong> exogenistische Ansätze<br />

vornehmlich materiale <strong>und</strong> soziale<br />

Entwicklungs<strong>de</strong>terminanten favorisieren,<br />

erachten konstruktivistische<br />

Entwicklungskonzepte komplexe<br />

Mensch-Umwelt-Interaktionen als<br />

entwicklungsrelevant. Nachfolgend<br />

wer<strong>de</strong>n die zentralen Annahmen,<br />

Verdienste <strong>und</strong> Unzulänglichkeiten <strong>de</strong>r<br />

klassischen Entwicklungstheorien<br />

dargestellt.<br />

Bis Mitte <strong>de</strong>r 1960er Jahre beherrschen<br />

organismische Phasenkonzeptionen –<br />

Ontogenese als Entfaltung vom<br />

Einfachen zum Komplexen – die<br />

allgemeine Entwicklungspsychologie. In<br />

diesen Theorien gelten als alleinige<br />

Richtungsgeber kognitiver <strong>und</strong> motorischer<br />

Entwicklungsverläufe <strong>und</strong><br />

Verhaltensweisen endogene Anlage-<br />

<strong>und</strong> Reifungsfaktoren. Die Ontogenese<br />

wird durch einen vorab festgelegten,<br />

„schicksalsbestimmten“ genetischen<br />

Plan bestimmt. Die physikalischen <strong>und</strong><br />

sozialen Umweltbedingungen können<br />

zwar modifizierend, aber nicht strukturell<br />

verän<strong>de</strong>rnd auf die Entwicklung<br />

einer Person einwirken. Die von <strong>de</strong>r<br />

frühen Sportwissenschaft favorisierten<br />

organismischen Entwicklungstheorien<br />

von Möckelmann <strong>und</strong> Schmidt (1952,<br />

1981), Mester (1962) <strong>und</strong> Neumann<br />

(1964) betrachten ausschließlich die<br />

leib-seelische Entwicklung von Heranwachsen<strong>de</strong>n.<br />

Als Beurteilungskriterien<br />

<strong>de</strong>s allgemeinen Entwicklungsstan<strong>de</strong>s<br />

gelten die Ausprägung <strong>de</strong>r motorischen<br />

Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten.<br />

Die in <strong>de</strong>n siebziger <strong>und</strong> achtziger<br />

Jahren weit verbreiteten exogenistischen<br />

Phasenkonzeptionen – Ontogenese<br />

als Sozialisation – favorisieren<br />

physikalische, zeit- <strong>und</strong> kulturabhängige<br />

soziale Bedingungsvariablen,<br />

während Anlage- <strong>und</strong> Reifungsfaktoren<br />

nahezu unberücksichtigt bleiben. Der<br />

Mensch wird unter Zugr<strong>und</strong>elegung<br />

behavioristischer Lerntheorien (Skinner,<br />

1953) als ein passives Wesen angesehen,<br />

das auf die „aktive“ Umwelt<br />

reagiert. Die vorherrschen<strong>de</strong>n Umweltbedingungen<br />

rufen bei je<strong>de</strong>r Person die<br />

gleichen Erfahrungen, Kenntnisse <strong>und</strong><br />

Verhaltensweisen hervor.<br />

Die Sportwissenschaft untersucht<br />

vorrangig <strong>de</strong>n speziellen Einfluss<br />

materialer <strong>und</strong> sozialer Bedingungsfaktoren<br />

auf die motorische Entwicklung.<br />

Nach <strong>de</strong>n Erkenntnissen <strong>de</strong>r empirischen<br />

schichtanalytischen Sozialforschung<br />

variieren die Bewegungsaktivitäten<br />

<strong>de</strong>s Menschen in Abhängigkeit<br />

von <strong>de</strong>r sozialen Gesellschaftsschicht<br />

<strong>und</strong> bedingen eine schichttypische<br />

motorische Entwicklung (Überblick:<br />

Voigt, 1978; Heinemann, 1983).<br />

Verlässliche empirische Bef<strong>und</strong>e liegen<br />

nur <strong>für</strong> das Erwachsenenalter vor.<br />

Beispielsweise wen<strong>de</strong>n sich die<br />

Angehörigen „höherer“ Sozialschichten<br />

häufiger <strong>und</strong> über einen längeren<br />

Zeitraum sporttypischen Aktivitäten zu,<br />

als die Mitglie<strong>de</strong>r „unterer“ Sozialschichten.<br />

Bevorzugt wer<strong>de</strong>n körperkontaktfreie<br />

Sportdisziplinen wie Golf,<br />

Tennis o<strong>de</strong>r Volleyball, während in <strong>de</strong>n<br />

unteren sozialen Schichten körperkontaktbetonte<br />

Sportarten (Boxen, Fußball,<br />

Ringen usw.) dominieren. Die in<br />

höheren Sozialschichten weit verbreiteten<br />

Wertorientierungen hinsichtlich<br />

eines Leistungsgedankens, Selbstständigkeit,<br />

Selbstverantwortung <strong>und</strong> <strong>de</strong>s<br />

Verzichts auf direkte Bedürfnisbefriedigung<br />

erleichtern nachweisbar die<br />

Ausübung <strong>de</strong>s Wettkampf- <strong>und</strong><br />

Leistungssports.<br />

Der theoretische <strong>und</strong> empirische<br />

Wissensstand zum Kin<strong>de</strong>s- <strong>und</strong><br />

Jugendalter ist ausgesprochen wi<strong>de</strong>rsprüchlich<br />

<strong>und</strong> lückenhaft. Schichteinflüsse<br />

wer<strong>de</strong>n als eher gering eingestuft.<br />

Sie führen vornehmlich in <strong>de</strong>n<br />

unteren sozialen Schichten zu auffälligen<br />

Beeinträchtigungen <strong>de</strong>r Motorik<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Ontogenese. Untersucht<br />

Rainer Wollny<br />

1980–1986 Lehramtsstudium Sport u.<br />

Biologie, Sek. I u. II, Universitäten<br />

Gießen <strong>und</strong> Bielefeld, 1. Staatsexamen;<br />

1987–1992 wiss. Mitarbeiter, Universität<br />

Bielefeld; 1992 Promotion zum Dr.<br />

phil., Universität Bielefeld; 1992–1994<br />

wiss. Mitarbeiter, Freie Universität;<br />

1995–1998 DFG-Habilitationsstipendiat;<br />

1998–2006 wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter, Universität Hei<strong>de</strong>lberg;<br />

2000 Habilitation u. venia legendi f.<br />

Sportwissenschaft, Universität Hei<strong>de</strong>lberg;<br />

Erster Preis im Carl-Diem-<br />

Wettbewerb 1999/2000 (Habilitationsschrift);<br />

2000–2002 Vertretungs-<br />

professuren a. d. Universitäten Freiburg<br />

u. Stuttgart; 2005 außerplanmäßiger<br />

Professor, Hei<strong>de</strong>lberg; 2006 Universitätsprofessor<br />

in Halle<br />

Anschrift <strong>de</strong>s Verfassers:<br />

Martin-Luther-Universität<br />

Halle–Wittenberg<br />

Department Sportwissenschaft<br />

Sport<strong>motorik</strong> <strong>und</strong> Sportbiomechanik<br />

Selkestraße 9F<br />

06122 Halle (Saale)<br />

103


104<br />

Traditionen <strong>und</strong> gegenwärtige Trends <strong>de</strong>r motorischen Entwicklungsforschung in Deutschland<br />

wer<strong>de</strong>n spezielle Lern- <strong>und</strong> Trainingsinterventionen<br />

(z. B. Hirtz, 1985),<br />

materiale (Wohnungsgröße, Spielflächen,<br />

Spielmaterial usw.), soziale,<br />

ökonomische <strong>und</strong> familiäre Umweltbedingungen<br />

(z. B. Berufstätigkeit <strong>de</strong>r<br />

Eltern, Erziehungsstil, Geschwisterzahl,<br />

Kin<strong>de</strong>rgarten, Sportverein; Vogt, 1978;<br />

Zimmer, 1981). Der nachweisbar<br />

geringe Einfluss einzelner exogener<br />

Prädiktoren auf die motorische Entwicklung<br />

von Heranwachsen<strong>de</strong>n darf<br />

jedoch nicht unterschätzt wer<strong>de</strong>n, da<br />

diese in <strong>de</strong>r Regel nicht isoliert, son<strong>de</strong>rn<br />

kumulierend wirken (Willimczik, 1983).<br />

Den dritten be<strong>de</strong>utsamen Paradigmenwechsel<br />

in <strong>de</strong>r klassischen Entwicklungspsychologie<br />

leiten Mitte <strong>de</strong>r<br />

siebziger Jahre konstruktivistische<br />

Entwicklungstheorien – Ontogenese als<br />

Einsicht <strong>und</strong> Erfahrung – ein. Ihr<br />

bekanntester Repräsentant Piaget<br />

(1966, 1970, 1976) beschreibt die<br />

menschliche Entwicklung als einen<br />

individuellen, selbststrukturieren<strong>de</strong>n<br />

Konstruktionsprozess, <strong>de</strong>n das Subjekt<br />

im aktiven Austausch mit <strong>de</strong>r „passiven“<br />

Umwelt gestaltet. Die vorherrschen<strong>de</strong>n<br />

materialen <strong>und</strong> sozialkulturellen<br />

Bedingungen dienen <strong>de</strong>m Individuum<br />

lediglich als „Lieferant“ vielfältiger<br />

Fragen, Problemstellungen <strong>und</strong> Lösungsvorschläge.<br />

Spezifische Entwicklungsverläufe<br />

<strong>und</strong> Verhaltensän<strong>de</strong>rungen<br />

beruhen einerseits auf <strong>de</strong>n<br />

selbstregulatorischen Ten<strong>de</strong>nzen <strong>de</strong>s<br />

Menschen zur Wahrung <strong>de</strong>s Gleichgewichts<br />

zwischen <strong>de</strong>r internen <strong>und</strong><br />

externen Struktur, an<strong>de</strong>rerseits auf <strong>de</strong>r<br />

offensichtlichen Neigung zur Ausbildung<br />

höherer Gleichgewichtszustän<strong>de</strong><br />

(Äquilibration). Anpassungen an die<br />

Umwelt erfolgen durch Adaptationen<br />

<strong>de</strong>s Verhaltens an die Umwelterfor<strong>de</strong>rnisse<br />

(Akkommodation) <strong>und</strong> subjektgeleitete<br />

Än<strong>de</strong>rungen sowie Anpassungen<br />

<strong>de</strong>r Umwelt an die individuellen<br />

Bedürfnisse <strong>und</strong> Handlungsmöglichkeiten<br />

<strong>de</strong>s Subjekts (Assimilation).<br />

Assimilationen können nur dann<br />

erfolgreich sein, wenn sie <strong>de</strong>n Umweltbedingungen<br />

nicht zuwi<strong>de</strong>rlaufen.<br />

Daher ist eine ständige Akkommodation<br />

notwendig.<br />

In sportwissenschaftlichen Untersuchungen<br />

zur kindlichen Bewegungsentwicklung<br />

<strong>und</strong> vorschulischen Spiel-<br />

sowie Bewegungserziehung (z. B.<br />

Scherler, 1975; Funke, 1979; Diettrich,<br />

1981; Frankfurter Arbeitsgruppe, 1982;<br />

Zimmer, 1981) wird eine 1:1-Übertragung<br />

<strong>de</strong>r konstruktivistischen Phasentheorie<br />

von Piaget auf die motorische<br />

Ontogenese praktiziert. Diese ist<br />

insofern problembehaftet, da Piaget<br />

ausschließlich die kognitive Entwicklung<br />

von Heranwachsen<strong>de</strong>n fokussiert.<br />

Die Verdienste <strong>de</strong>r klassischen Entwicklungsperspektiven<br />

liegen darin, dass<br />

diese erstmals in <strong>de</strong>r Geschichte <strong>de</strong>r<br />

Entwicklungspsychologie auf die<br />

qualitativen Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Ontogenese von Kin<strong>de</strong>rn, Jugendlichen<br />

<strong>und</strong> Erwachsenen aufmerksam machen<br />

sowie die Gefahr <strong>de</strong>r Nichtbeachtung<br />

von Entwicklungsabschnitten problematisieren.<br />

Die wesentlichen Unzulänglichkeiten<br />

betreffen die jeweils einseitige<br />

Darstellung <strong>de</strong>r Ontogenese als<br />

einen ausschließlich endogen o<strong>de</strong>r<br />

exogen gesteuerten Prozess, die<br />

Annahme altersgeb<strong>und</strong>ener Entwicklungsphasen<br />

<strong>und</strong> die Vorstellungen über<br />

die zeitlich gleichmäßige Ausprägung<br />

<strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Persönlichkeitsdimensionen.<br />

Neue Entwicklungsstudien<br />

belegen vielfältige Wirkungsbeziehungen<br />

zwischen endogenen <strong>und</strong><br />

exogenen Bedingungsfaktoren, breite<br />

altersunabhängige interindividuelle<br />

Differenzen <strong>und</strong> ontogenetische<br />

Asynchronitäten sowie interkulturelle<br />

Variabilitäten im Tempo <strong>und</strong> Niveau <strong>de</strong>r<br />

Ontogenese. Massiv kritisiert wird auch<br />

die einseitige Ausrichtung <strong>de</strong>r konventionellen<br />

Entwicklungsforschung auf die<br />

Entwicklung von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen.<br />

Das Erwachsenenalter bleibt<br />

aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Unzulänglichkeiten<br />

früherer entwicklungspsychologischer<br />

Untersuchungsmetho<strong>de</strong>n <strong>und</strong> fehlen<strong>de</strong>r<br />

theoretischer Einordnung <strong>de</strong>r empirischen<br />

Bef<strong>und</strong>e lange Zeit nahezu<br />

unberücksichtigt.<br />

Kernannahmen mo<strong>de</strong>rner Entwicklungskonzeptionen<br />

Seit <strong>de</strong>n 1980er Jahren begünstigen die<br />

Forschungsergebnisse <strong>de</strong>r „Life-Span“-<br />

Psychologie <strong>und</strong> die bevölkerungs<strong>de</strong>mografische<br />

Verschiebung <strong>de</strong>r Altersstruktur<br />

von einer „Alterspyrami<strong>de</strong>“ zu einem<br />

„Alterspilz“ die rasche Verbreitung <strong>de</strong>r<br />

kontextualistischen Entwicklungsperspektive<br />

– Ontogenese als Subjekt­<br />

Umwelt­Interaktion. Neu ist die<br />

Annahme, dass ein komplexes System<br />

wechselseitig abhängiger endogener<br />

<strong>und</strong> exogener Einflussfaktoren die<br />

Entwicklung <strong>de</strong>s Menschen lebenslang<br />

beeinflusst. Das Subjekt <strong>und</strong> die<br />

Umwelt gelten als unverzichtbare<br />

miteinan<strong>de</strong>r interagieren<strong>de</strong> Teilkomponenten<br />

<strong>de</strong>s Gesamtsystems (s. Abb. 1).<br />

Der in seinem Genbestand <strong>de</strong>terminierte<br />

menschliche Organismus legt<br />

einerseits die Möglichkeiten <strong>und</strong> die<br />

Grenzen <strong>de</strong>r Persönlichkeitsentwicklung<br />

fest; an<strong>de</strong>rerseits wird <strong>de</strong>r Genbestand<br />

durch die spezifischen Handlungen <strong>de</strong>s<br />

Individuums zum Phänotyp ausgebil<strong>de</strong>t.<br />

Zukunftsweisen<strong>de</strong> Forschungsstrategien<br />

wer<strong>de</strong>n durch die metatheoretische<br />

Rahmenkonzeption <strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie<br />

<strong>de</strong>r Lebensspanne von<br />

Baltes eröffnet (1987, 1990, 1997;<br />

Baltes, Lin<strong>de</strong>nberger/Staudinger, 1998;<br />

Baltes, Staudinger/Lin<strong>de</strong>nberger, 1999),<br />

die auf acht inhaltlichen Leitorientierungen<br />

zu <strong>de</strong>skriptiven <strong>und</strong> kausalanalytischen<br />

Aspekten <strong>de</strong>r Ontogenese<br />

basiert. Die ersten vier in Tabelle 1<br />

aufgeführten Leitsätze gehen auf das<br />

lebenslange ontogenetische Verän<strong>de</strong>rungspotenzial<br />

<strong>de</strong>s Menschen <strong>und</strong> die<br />

gleich bleiben<strong>de</strong> Gewinn-Verlust-<br />

Dynamik <strong>de</strong>r Ontogenese ein. Nach <strong>de</strong>r<br />

fünften Leitlinie (Kontextualismus-<br />

Konzept) resultiert je<strong>de</strong>r Entwicklungsverlauf<br />

aus <strong>de</strong>r Wechselwirkung<br />

ontogenetischer nach Alter gestufter,<br />

evolutionär-historischer (z. B. Kulturkreis,<br />

Gruppenzugehörigkeit, Lebensbedingungen)<br />

<strong>und</strong> nichtnormativer<br />

Einflussfaktoren (z. B. Unfälle, Verän<strong>de</strong>rung<br />

<strong>de</strong>s Ges<strong>und</strong>heitszustan<strong>de</strong>s, Zufälle<br />

mit biografischer Tragweite). Die<br />

sechste Kernannahme „Entwicklung als<br />

Auswahl <strong>und</strong> selektive Optimierung <strong>de</strong>r<br />

adaptiven Kapazität“ beschreibt die<br />

Ontogenese als einen auf biologischen,<br />

psychischen, kulturellen <strong>und</strong> materialen<br />

Einflussfaktoren beruhen<strong>de</strong>n Selektionsprozess.<br />

Die siebte Leitorientierung<br />

„intraindividuelle Plastizität“ betont die<br />

Notwendigkeit <strong>de</strong>r Evaluation <strong>de</strong>s<br />

Ausmaßes <strong>de</strong>r Plastizität <strong>de</strong>s Verhaltens<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Grenzen. Der achte Leitsatz<br />

„Effektive Koordination von Selektion,<br />

Optimierung <strong>und</strong> Kompensation“<br />

thematisiert die unvollständige<br />

biologisch- <strong>und</strong> kulturbasierte Architektur<br />

<strong>de</strong>r menschlichen Entwicklung.<br />

Die Rahmenkonzeption <strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie<br />

<strong>de</strong>r Lebensspanne von<br />

Baltes stellt kein eigenständiges<br />

Erklärungsmo<strong>de</strong>ll <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Ontogenese dar, son<strong>de</strong>rn lediglich eine<br />

Bün<strong>de</strong>lung anerkannter entwicklungs-


Tab. 1: Leitorientierungen <strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie <strong>de</strong>r Lebensspanne (mod. nach Baltes et al., 1998, S. 1043)<br />

Leitorientierungen Kernannahmen<br />

Lebenslange Entwicklung Die Entwicklung stellt einen lebenslangen Prozess dar, bei <strong>de</strong>m keine Altersstufe<br />

eine Vorrangstellung einnimmt.<br />

Lebenslange Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Mit zunehmen<strong>de</strong>m Lebensalter besteht eine <strong>für</strong> die Ontogenese wachsen<strong>de</strong><br />

Dynamik zwischen Biologie <strong>und</strong> Kultur funktionale Lücke zwischen <strong>de</strong>m biologischen Potenzial <strong>und</strong> <strong>de</strong>n kulturellen<br />

Zielen <strong>de</strong>s Subjekts.<br />

Lebenslange Verän<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>r Die Entwicklung beinhaltet die Zuweisung von Ressourcen in drei Funktionen:<br />

Zuweisung von Ressourcen einzelner Wachstum, Aufrechterhaltung <strong>und</strong> Regulation von Verlusten. Lebenslange Entwick-<br />

Entwicklungsfunktionen<br />

lungsverän<strong>de</strong>rungen beinhalten eine funktionale Verschiebung <strong>de</strong>r Zuweisung von<br />

Ressourcen von Wachstum (Kin<strong>de</strong>salter) zu einem größten Anteil <strong>de</strong>r Aufrechterhaltung<br />

<strong>und</strong> Regulation von Verlusten (Erwachsenenalter).<br />

Entwicklung als Gewinn- <strong>und</strong> Verlust- Die Ontogenese setzt sich lebenslang aus Gewinn (Wachstum) <strong>und</strong> Verlust (Abbau)<br />

Dynamik<br />

zusammen. Die Entwicklung stellt somit eine multidimensionale, multidirektionale<br />

<strong>und</strong> multifunktionale Konzeption dar.<br />

Kontextualismus Individuelle Entwicklungsverläufe resultieren aus <strong>de</strong>n Wechselwirkungen altersbedingter,<br />

evolutionär-historischer <strong>und</strong> nichtnormativer Einflusssysteme.<br />

Entwicklung als Auswahl <strong>und</strong> selektive Die Entwicklung stellt einen Prozess <strong>de</strong>r Selektion, <strong>de</strong>r selektiven Adaptation <strong>und</strong><br />

Optimierung <strong>de</strong>r adaptiven Kapazität <strong>de</strong>r Kompensation dar, <strong>de</strong>r auf biologische, psychologische, kulturelle <strong>und</strong> umgebungsbedingte<br />

Faktoren zurückzuführen ist.<br />

Intraindividuelle Plastizität Die Ontogenese ist durch die intraindividuelle Plastizität (Verän<strong>de</strong>rbarkeit innerhalb<br />

einer Person) charakterisiert. Entwicklungsverläufe variieren in Abhängigkeit von<br />

<strong>de</strong>n Lebensbedingungen <strong>und</strong> -erfahrungen. Die Hauptaufgabe <strong>de</strong>r Entwicklungsforschung<br />

besteht in <strong>de</strong>r Analyse <strong>de</strong>s Ausmaßes <strong>de</strong>r intraindividuellen Plastizität <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>ren Grenzen.<br />

Effektive Koordination von Selektion, Die erfolgreiche Ontogenese kennzeichnet die subjektive <strong>und</strong> objektive Maximie-<br />

Optimierung <strong>und</strong> Kompensation rung von Gewinnen <strong>und</strong> die Minimierung von Verlusten. Sie stellt das Resultat <strong>de</strong>s<br />

(SOK-Theorie)<br />

Zusammenspiels von Selektion, Optimierung <strong>und</strong> Kompensation dar. Im Lebenslauf<br />

nimmt <strong>de</strong>r ontogenetische Druck <strong>für</strong> diese Dynamik ebenso zu, wie die relative<br />

Unvollendung <strong>de</strong>r Architektur <strong>de</strong>r Entwicklung zunehmend betont wird.<br />

psychologischer Auffassungen. Keiner<br />

<strong>de</strong>r acht Leitorientierungen enthält bei<br />

isolierter Betrachtung „revolutionäre“,<br />

richtungweisen<strong>de</strong> Vorstellungen über<br />

die menschliche Entwicklung <strong>und</strong> die<br />

relevanten Mo<strong>de</strong>ratorvariablen. Der<br />

beson<strong>de</strong>re wissenschaftliche Wert <strong>de</strong>r<br />

Arbeiten von Baltes <strong>und</strong> Mitarbeitern<br />

liegt in <strong>de</strong>r Systematisierung, <strong>de</strong>r<br />

Integration <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Weiterentwicklung<br />

anerkannter entwicklungstheoretischer<br />

Kenntnisse begrün<strong>de</strong>t. Das größte<br />

theoretische <strong>und</strong> untersuchungsmethodische<br />

Anregungs- <strong>und</strong> Innovationspotenzial<br />

<strong>für</strong> die mo<strong>de</strong>rne Entwicklungsforschung<br />

besitzen die bei<strong>de</strong>n<br />

Leitsätze <strong>de</strong>r „intraindividuellen<br />

Plastizität“ <strong>und</strong> <strong>de</strong>s „Kontextualismus“.<br />

Nach <strong>de</strong>m Leitsatz <strong>de</strong>r intraindividuellen<br />

Plastizität stellt die Evaluation <strong>de</strong>s<br />

Ausmaßes <strong>de</strong>r Verän<strong>de</strong>rbarkeit von<br />

Entwicklungsverläufen die zentrale<br />

Aufgabe <strong>de</strong>r mo<strong>de</strong>rnen Entwicklungsforschung<br />

dar. Der Begriff Plastizität<br />

beschreibt das spezifische Potenzial, das<br />

<strong>de</strong>n Menschen aufgr<strong>und</strong> genetischer<br />

Prädispositionen <strong>und</strong> subjektiver<br />

Erfahrungen in Abhängigkeit vom biologischen<br />

Alter befähigt, sich lebenslang<br />

verschie<strong>de</strong>nen Umweltbedingungen<br />

anzupassen. Den Umfang <strong>de</strong>r intraindividuellen<br />

Plastizität <strong>de</strong>r Ontogenese<br />

begrenzen die Entwicklungs-, Kapazitäts-<br />

<strong>und</strong> Kompensationsreserven <strong>de</strong>s<br />

Individuums. Auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>r<br />

Leitorientierung <strong>de</strong>r intraindividuellen<br />

Plastizität lassen sich die auf Zufälligkeiten<br />

beruhen<strong>de</strong>n intraindividuellen<br />

Verän<strong>de</strong>rungen von internen <strong>und</strong><br />

externen Gesetzmäßigkeiten folgen<strong>de</strong>n<br />

Variabilitäten abgrenzen. Die „Testingthe-Limits“-Metho<strong>de</strong><br />

(Schmidt, 1971) –<br />

das Austesten <strong>de</strong>r speziellen Leistungsmöglichkeiten<br />

einer Person – ermöglicht<br />

die Analyse kognitiver <strong>und</strong> motorischer<br />

Entwicklungs- <strong>und</strong> Kapazitätsreserven.<br />

Die dahinter stehen<strong>de</strong> Annahme geht<br />

davon aus, dass Leistungsunterschie<strong>de</strong><br />

umso stärker hervortreten, je näher<br />

das Subjekt an seine genetisch <strong>de</strong>terminierte<br />

Leistungsgrenze heranreicht.<br />

Die Plastizität <strong>de</strong>s kognitiven <strong>und</strong><br />

motorischen Verhaltens wird auf drei<br />

Ebenen evaluiert: Die baseline performance<br />

(Ausgangsleistung) kennzeichnet<br />

die aktuelle Leistungsfähigkeit, die eine<br />

Person ohne Interventionsmaßnahmen<br />

bei einmaliger Testanwendung erreicht.<br />

Die baseline reserve capacity (Ausgangskapazitätsreserve)<br />

beschreibt die<br />

unter optimalen Bedingungen zu<br />

erzielen<strong>de</strong> obere Grenze <strong>de</strong>s Leistungspotenzials.<br />

Die <strong>de</strong>velopmental reserve<br />

capacity (Entwicklungskapazitätsreserve)<br />

charakterisiert die durch<br />

spezielle Interventionen zu erreichen<strong>de</strong><br />

maximale Leistungsfähigkeit <strong>und</strong><br />

Entwicklungsperspektive <strong>de</strong>s Individuums.<br />

Das Konzept <strong>de</strong>s Kontextualismus<br />

erweitert <strong>de</strong>n Forschungsblick da<strong>für</strong>,<br />

dass komplex interagieren<strong>de</strong> altersbe-<br />

105


106<br />

Traditionen <strong>und</strong> gegenwärtige Trends <strong>de</strong>r motorischen Entwicklungsforschung in Deutschland<br />

zogene, evolutionär-historische <strong>und</strong><br />

nichtnormative Einflusssysteme die<br />

Ontogenese bestimmen.<br />

• Der altersbezogene, lebenslaufzyklische<br />

Prädiktorenbereich<br />

(„age-gra<strong>de</strong>d influences“) umfasst<br />

organismische <strong>und</strong> umweltbezogene<br />

Merkmale, die zu vorhersagbaren<br />

Verhaltensän<strong>de</strong>rungen führen <strong>und</strong><br />

eine variable Altersbindung zeigen.<br />

Hierzu zählen das Lebensalter,<br />

die Genetik, das Wachstum, die<br />

Reifung, das Geschlecht, die<br />

psychischen <strong>und</strong> kognitiven Faktoren,<br />

die koordinativen <strong>und</strong> informationell<br />

<strong>de</strong>terminierten Fähigkeiten, die<br />

Bewegungsbiografie, die sozialkulturelle<br />

<strong>und</strong> die materiale<br />

Umwelt.<br />

• Evolutionär­historische Faktoren<br />

(„history-gra<strong>de</strong>d-influences“)<br />

charakterisieren eine feste Bindung<br />

an geschichtliche Zeitdimensionen<br />

<strong>und</strong> kulturwan<strong>de</strong>lbezogene Einflüsse<br />

wie langfristige, epochalen historischen<br />

Wan<strong>de</strong>l unterliegen<strong>de</strong><br />

Wertorientierungen o<strong>de</strong>r perio<strong>de</strong>nspezifische<br />

historische Wertewan<strong>de</strong>l<br />

(politische, technologische Umwälzungen,<br />

Zeittrends usw.). Von<br />

zentraler Be<strong>de</strong>utung sind <strong>de</strong>r<br />

Kulturkreis, die Volks- <strong>und</strong> Gruppenzugehörigkeit,<br />

die Familie, die Schule<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Fre<strong>und</strong>eskreis.<br />

• Nichtnormative Prädiktorvariablen<br />

zeigen keine auffälligen Beziehungen<br />

zu altersgeb<strong>und</strong>enen <strong>und</strong> evolutionär-historischen<br />

Faktoren. Sie treten<br />

im Lebenslauf unerwartet auf <strong>und</strong><br />

lassen sich nicht „einfach“ in die<br />

Lebensroutine einer Person einglie<strong>de</strong>rn<br />

(z. B. Verletzungen, Krankheiten).<br />

Für <strong>de</strong>n Einzelnen sind nicht<br />

das Ereignis selbst <strong>und</strong> die objektiven<br />

Folgen be<strong>de</strong>utsam, son<strong>de</strong>rn das<br />

Verhältnis zwischen <strong>de</strong>n situativen<br />

Anfor<strong>de</strong>rungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>n individuellen<br />

Bewältigungsressourcen (Filipp,<br />

1995). Kritische Lebensereignisse<br />

wer<strong>de</strong>n dadurch bestimmt, wie viele<br />

Menschen ein vergleichbares Ereignis<br />

trifft. Bei in nahezu gleicher Weise<br />

auf eine größere Personengruppe<br />

einwirken<strong>de</strong> Naturkatastrophen,<br />

Wirtschaftskrisen o<strong>de</strong>r Kriege<br />

scheint die psychologische Erfahrung<br />

<strong>de</strong>s Individuums eine an<strong>de</strong>re zu<br />

sein, als wenn nur einzelne<br />

Menschen betroffen wer<strong>de</strong>n<br />

(z. B. Blitzeinschlag).<br />

Zukunftsweisen<strong>de</strong> Forschungsansätze<br />

zur motorischen Entwicklung<br />

in <strong>de</strong>r Lebensspanne<br />

Das gr<strong>und</strong>lagenwissenschaftliche <strong>und</strong><br />

technologische Forschungsprogramm<br />

zur „Motorischen Entwicklung in <strong>de</strong>r<br />

Lebensspanne“ von Willimczik <strong>und</strong><br />

Conzelmann (1999) zielt auf die<br />

Übertragung <strong>de</strong>r Rahmenkonzeption <strong>de</strong>r<br />

Entwicklungspsychologie <strong>de</strong>r Lebensspanne<br />

auf <strong>de</strong>n (sport)motorischen<br />

Persönlichkeitsbereich. Die enorme<br />

Komplexität <strong>de</strong>s Untersuchungsgegenstan<strong>de</strong>s<br />

erfor<strong>de</strong>rt zunächst neben <strong>de</strong>r<br />

isolierten Analyse ausgewählter<br />

Altersgruppen <strong>und</strong> einzelner Leitsätze<br />

<strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie <strong>de</strong>r<br />

Lebensspanne die thematische Reduktion<br />

<strong>de</strong>s vielschichtigen Bedingungsgefüges<br />

<strong>de</strong>r motorischen Ontogenese<br />

(z. B. Einfluss bestimmter Bedingungsfaktoren,<br />

Entwicklung <strong>de</strong>r motorischen<br />

Fähigkeiten <strong>und</strong> Fertigkeiten). Darüber<br />

hinaus muss das Kontextualismus-<br />

Konzept durch bewegungsbezogene<br />

Prädiktoren (koordinatives <strong>und</strong> informationelles<br />

Fähigkeitsniveau, Fertigkeitsrepertoire,<br />

Bewegungsbiografie usw.)<br />

ergänzt wer<strong>de</strong>n. Momentan liegen nur<br />

wenige sportwissenschaftliche Studien<br />

zur Prüfung <strong>de</strong>r inhaltlichen Kernannahmen<br />

<strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie<br />

r Abb. 2: Strukturgleichungsmo<strong>de</strong>ll (Roth/Wollny, 1999b)<br />

<strong>de</strong>r Lebensspanne von Baltes vor.<br />

Roth et al. (2000) <strong>und</strong> Okonek (1996,<br />

2000) erläutern auf <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>lage <strong>de</strong>s<br />

Leitsatzes <strong>de</strong>s Kontextualismus, wie die<br />

komplexen Wirkungsbeziehungen<br />

potenzieller Entwicklungsfaktoren <strong>und</strong><br />

die Struktur <strong>de</strong>r motorischen Leistungsän<strong>de</strong>rung<br />

über die Zeit multikausal<br />

evaluiert wer<strong>de</strong>n können. Pauer (2001)<br />

<strong>und</strong> Conzelmann (1997, 1999) erforschen<br />

die intraindividuelle Plastizität<br />

motorischer Basisfähigkeiten leistungssportlich<br />

trainieren<strong>de</strong>r Jugendlicher <strong>und</strong><br />

langjährig erfolgreicher Seniorenwettkampfsportler.<br />

Wollny (2002) untersucht<br />

bei 10- bis 59-jährigen Mädchen<br />

<strong>und</strong> Frauen die interindividuellen<br />

Differenzen in <strong>de</strong>r intraindividuellen<br />

Plastizität motorischer Fertigkeitsoptimierungen.<br />

Willimczik, Voelcker-<br />

Rehage/Wiertz (2006) übertragen<br />

ausgewählte Leitsätze <strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie<br />

<strong>de</strong>r Lebensspanne auf<br />

die motorische Ontogenese. Die<br />

nachfolgen<strong>de</strong> Ergebnisdarstellung<br />

sportwissenschaftlicher Studien zu <strong>de</strong>n<br />

theoretischen Leitorientierungen <strong>de</strong>r<br />

Entwicklungspsychologie <strong>de</strong>r Lebensspanne<br />

verzichtet auf statistische<br />

Kennwerte, um die Lesbarkeit <strong>und</strong><br />

die Verständlichkeit <strong>de</strong>s Überblicksartikels<br />

nicht unnötigerweise zu<br />

erschweren.


Kontextualismus <strong>und</strong> interindividuelle<br />

Variabilitäten <strong>de</strong>r Motorik<br />

Roth et al. (2000) zeigen im Rahmen<br />

eines interkulturellen Forschungsprojekts<br />

<strong>de</strong>r Universitäten Hei<strong>de</strong>lberg <strong>und</strong><br />

Nara (Japan) zur Evaluation <strong>de</strong>r<br />

interindividuellen Differenzen in <strong>de</strong>r<br />

allgemeinen motorischen Leistungsfähigkeit<br />

von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

auf, wie verschie<strong>de</strong>ne Prädiktorvariablen<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Wechselwirkungen<br />

untersucht wer<strong>de</strong>n können. Die erfassten<br />

altersbezogenen, kultur- <strong>und</strong><br />

geschlechtsspezifischen sowie nichtnormativen<br />

Prädiktoren wer<strong>de</strong>n zwei<br />

Kausalitätsstufen zugeordnet (vgl. Abb.<br />

2; Roth/Wollny, 1999a, b). Die erste<br />

Gruppe umfasst Faktoren, die von<br />

keiner Vorhersagevariable beeinflusst<br />

wer<strong>de</strong>n, aber umgekehrt auf an<strong>de</strong>re<br />

Prädiktoren wirken (kalendarisches<br />

Alter: 10–17 Jahre; Kulturvergleichsvariable:<br />

Ägypten, Brasilien, Deutschland,<br />

Japan, Südafrika; Geschlecht: Mädchen,<br />

Jungen; nicht-normative Einflüsse). Die<br />

Prädiktorvariablen <strong>de</strong>r zweiten Kausalitätsstufe<br />

(Abb. 2) stellen altersgestufte<br />

Merkmale dar, die von <strong>de</strong>n Faktoren <strong>de</strong>r<br />

ersten Gruppe beeinflusst wer<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

gleichzeitig keinen Einfluss auf an<strong>de</strong>re<br />

Entwicklungsvariablen ausüben. Die<br />

interindividuellen Differenzen in <strong>de</strong>r<br />

Motorik – die Kriteriumswerte – wer<strong>de</strong>n<br />

über motorische Fähigkeitstests<br />

bestimmt (Kraft-, Ausdauer-, Schnelligkeits-,<br />

Beweglichkeitsfähigkeit,<br />

Koordination unter Zeit- o<strong>de</strong>r Präzisionsdruck).<br />

Die interindividuelle Verschie<strong>de</strong>nheit<br />

in <strong>de</strong>r motorischen<br />

Leistungsfähigkeit schätzt ein lineares<br />

Strukturgleichungsmo<strong>de</strong>ll mit latenten<br />

Variablen. Abbildung 2 gibt die Kausalhypothesen<br />

(H1-H23) <strong>und</strong> die Ursache-<br />

Wirkungsrichtung (Pfeile) wie<strong>de</strong>r.<br />

Die Datenerhebungen <strong>de</strong>s interkulturellen<br />

Forschungsprojekts sind auf <strong>de</strong>n<br />

vier Kontinenten weitgehend abgeschlossen.<br />

Erste Ergebnisauswertungen<br />

<strong>de</strong>uten darauf hin, dass <strong>de</strong>n Prädiktoren<br />

<strong>de</strong>r ersten Gruppe ein be<strong>de</strong>utsamer<br />

Beitrag <strong>für</strong> die Aufklärung <strong>de</strong>r allgemein<br />

beobachtbaren interindividuellen<br />

Differenzen in <strong>de</strong>r motorischen<br />

Entwicklung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r motorischen<br />

Leistungsfähigkeit zukommt. Dies trifft<br />

insbeson<strong>de</strong>re <strong>für</strong> die bislang wenig<br />

evaluierten evolutionsgeschichtlichen,<br />

kulturwan<strong>de</strong>lbezogenen <strong>und</strong> nichtnormativen<br />

Einflussfaktoren zu. Unter<br />

Berücksichtigung <strong>de</strong>r Resultatsten-<br />

<strong>de</strong>nzen bestehen interkulturelle<br />

Unterschie<strong>de</strong> hinsichtlich <strong>de</strong>r Schnellkraft-<br />

<strong>und</strong> Koordinationsfähigkeit. Eine<br />

auffällige Geschlechtstypik zeigen die<br />

Ausdauer-, Schnellkraft- <strong>und</strong> Schnelligkeitsfähigkeit.<br />

Das kalendarische Alter<br />

besitzt lediglich einen differenziellen<br />

Vorhersagewert <strong>für</strong> Schnellkraftleistungen.<br />

Okonek (1996, 2000) geht <strong>de</strong>r Frage<br />

nach: Welche Bedingungsfaktoren<br />

beeinflussen die breitensportliche<br />

Leistungsentwicklung über die Erwachsenenzeit?<br />

Längsschnittlich evaluiert<br />

wer<strong>de</strong>n sowohl personenexterne<br />

(geografische, kulturelle, ökonomische,<br />

soziale Bedingungen, kritische Lebensereignisse<br />

usw.) <strong>und</strong> personeninterne<br />

Einflüsse (Lebensalter, Persönlichkeit,<br />

Ges<strong>und</strong>heits-/Trainingszustand,<br />

Kontrollüberzeugungen, Lebensstil,<br />

Bildungsniveau usw.) als auch <strong>de</strong>ren<br />

Kovariation <strong>und</strong> Interaktion. Die<br />

retrospektive Beurteilung <strong>de</strong>r motorischen<br />

Leistungsentwicklung im<br />

Erwachsenenalter beruht auf <strong>de</strong>n<br />

leichtathletischen Wettkampfleistungen<br />

im Rahmen <strong>de</strong>s „Deutschen Sportabzeichen“<br />

(100-m-Lauf: Schnelligkeit;<br />

3000/5000-m-Lauf: aerobe Ausdauer;<br />

Weitsprung: Schnellkraft/Koordination)<br />

von 386 Breitensportlern (Jahrgang:<br />

1907-1949), die über mehr als zwanzig<br />

Jahre erfolgreich das Deutsche Sportabzeichen<br />

absolviert haben.<br />

Die Struktur <strong>de</strong>r motorischen Leistungsän<strong>de</strong>rung<br />

über die Zeit analysiert<br />

Okonek anhand <strong>de</strong>r Koeffizienten <strong>de</strong>r an<br />

die individuellen (z-transformierten)<br />

Messwie<strong>de</strong>rholungsreihen angepassten<br />

quadratischen Polynome (Steigungsmaße<br />

<strong>de</strong>r Funktion, Beschleunigung <strong>de</strong>s<br />

Leistungsabfalls). Der Vergleich <strong>de</strong>r<br />

Gradienten <strong>de</strong>r drei leichtathletischen<br />

Disziplinen verweist auf folgen<strong>de</strong><br />

Rangfolge <strong>de</strong>r sportmotorischen<br />

Leistungsabnahme im Erwachsenenalter:<br />

Schnellkraft/Koordination vor<br />

aerober Ausdauer <strong>und</strong> Schnelligkeit. Ab<br />

<strong>de</strong>m 50. Lebensjahr ist – mit beachtlichen<br />

interindividuellen Unterschie<strong>de</strong>n<br />

– eine nicht konstante Beschleunigung<br />

<strong>de</strong>s motorischen Leistungsrückgangs<br />

charakteristisch.<br />

Die komplexen Kausalbeziehungen<br />

zwischen <strong>de</strong>r motorischen Leistungsän<strong>de</strong>rung<br />

über die Zeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>n erfassten<br />

personenexternen sowie -internen<br />

Einflussfaktoren schätzen vollständige<br />

rekursive Mo<strong>de</strong>lle. Nicht-rekursive<br />

Pfad- <strong>und</strong> multiple Residualanalysen<br />

dienen <strong>de</strong>r Überprüfung spezieller<br />

Einzelhypothesen. Die Ergebnissauswertungen<br />

weisen <strong>de</strong>n Lebensstil, das<br />

Leistungsniveau, die Persönlichkeit, die<br />

Kontrollüberzeugung, das Trainingsverhalten<br />

<strong>und</strong> die Belastung durch<br />

kritische Lebensereignisse als wichtige<br />

Mo<strong>de</strong>ratorvariablen aus. Von herausragen<strong>de</strong>r<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>für</strong> die motorische<br />

Leistungsentwicklung im Erwachsenenalter<br />

ist <strong>de</strong>r Lebensstil im Kin<strong>de</strong>s­ <strong>und</strong><br />

Jugendalter. Dieser prägt nicht nur <strong>de</strong>n<br />

Lebensstil zwischen <strong>de</strong>m 40. <strong>und</strong> 60.<br />

Lebensjahr, son<strong>de</strong>rn beeinflusst auch<br />

positiv das Training, das Leistungsniveau<br />

<strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heit im späteren<br />

Erwachsenenalter (ab 60./70. Lebensjahr).<br />

Das im frühen Erwachsenenalter<br />

(20.-30. Lebensjahr) vorherrschen<strong>de</strong><br />

Leistungsniveau för<strong>de</strong>rt zwar ebenfalls<br />

das Training, das Leistungsniveau <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>n ges<strong>und</strong>en Lebensstil zwischen <strong>de</strong>m<br />

40. <strong>und</strong> 70. Lebensjahr, jedoch nicht die<br />

Ges<strong>und</strong>heit. Nicht weiter überrascht das<br />

Resultat, dass <strong>de</strong>r ges<strong>und</strong>e Lebensstil<br />

<strong>und</strong> die durch Trainingsinterventionen<br />

ausgelösten körperlichen Adaptationen<br />

we<strong>de</strong>r die altersbedingte Verschlechterung<br />

<strong>de</strong>r motorischen Leistung noch die<br />

markante Zunahme <strong>de</strong>r „Krankheitsjahre“<br />

im Lebenslauf verringern können.<br />

Intraindividuelle Plastizität motorischer<br />

Basisfähigkeiten in <strong>de</strong>r Lebensspanne<br />

Pauer (2001; Pauer/Roth, 1993)<br />

analysiert die intraindividuelle Plastizität<br />

motorischer Basisfähigkeiten im<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendleistungssport:<br />

Welche speziellen motorischen Fähigkeitsausprägungen<br />

kann das leistungssportliche<br />

Training bei entsprechen<strong>de</strong>n<br />

genetischen Dispositionen auslösen? Die<br />

Langfristigkeit <strong>de</strong>rartiger Anpassungsprozesse<br />

erfor<strong>de</strong>rt ein quasi-experimentelles<br />

Untersuchungs<strong>de</strong>sign. Querschnittlich<br />

verglichen wer<strong>de</strong>n 1481<br />

Berliner Schüler <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendsportschulen (KJS) <strong>de</strong>r ehemaligen<br />

DDR <strong>und</strong> <strong>de</strong>ren Nachfolgeinstitutionen<br />

mit 1019 unausgelesenen<br />

„Normalschülern“. In <strong>de</strong>n dreijährigen<br />

Längsschnitt gehen 448 Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendliche aus sportbetonten Berliner<br />

Schulen ein. Als Kriteriumswerte dienen<br />

15 motorische Fähigkeitsmessungen<br />

(Schnellkraft, Kraftausdauer, Ausdauer,<br />

Schnelligkeit, Beweglichkeit, Koordination).<br />

Die Evaluation <strong>de</strong>r interindividu-<br />

107


108<br />

Traditionen <strong>und</strong> gegenwärtige Trends <strong>de</strong>r motorischen Entwicklungsforschung in Deutschland<br />

ellen Kapazitätsdifferenzen in <strong>de</strong>r<br />

allgemeinen motorischen Leistungsfähigkeit<br />

basiert auf drei Prädiktorvariablen:<br />

Kalendarisches Alter (Querschnitt:<br />

8.–19. Lebensjahr;<br />

Längsschnitt: 13.–15. Lebensjahr),<br />

Geschlecht <strong>und</strong> Trainingsart.<br />

Die Ergebnisse belegen ein hohes<br />

Plastizitätspotenzial <strong>für</strong> die Ausbildung<br />

<strong>de</strong>r motorischen Basisfähigkeiten. Von<br />

herausragen<strong>de</strong>r Be<strong>de</strong>utung sind die<br />

speziellen Trainingsinterventionen,<br />

insbeson<strong>de</strong>re die Trainingsart, <strong>de</strong>ssen<br />

Wirkung die an<strong>de</strong>ren Bedingungsfaktoren<br />

vollkommen überlagert. Auffällig<br />

ist die disziplinorientierte Ausprägung<br />

<strong>de</strong>r motorischen Fähigkeitsprofile <strong>de</strong>r<br />

jugendlichen Leistungssportler. In<br />

motorischen Bereichen, <strong>de</strong>nen <strong>für</strong> die<br />

sportartbezogene Leistung keine o<strong>de</strong>r<br />

eine eher untergeordnete Be<strong>de</strong>utung<br />

zukommt, sind leistungssportlich<br />

trainierte Jugendliche überhaupt nicht<br />

o<strong>de</strong>r nur wenig besser als gleichaltrige<br />

Normalschüler. Die Kapazitätsreserven<br />

<strong>de</strong>r motorischen Leistungsfähigkeit<br />

lassen sich anscheinend nur dann<br />

vollständig erschließen, wenn die<br />

entsprechen<strong>de</strong>n Fähigkeiten speziell<br />

trainiert wer<strong>de</strong>n.<br />

Conzelmann (1997, 1999) evaluiert die<br />

individuellen Entwicklungsverläufe<br />

motorischer Basisfähigkeiten zwischen<br />

<strong>de</strong>m 45. <strong>und</strong> 90. Lebensjahr: Wie<br />

verän<strong>de</strong>rn sich die konditionellen<br />

Fähigkeiten im mittleren bis späteren<br />

Erwachsenenalter? Welche Beziehungen<br />

bestehen zwischen <strong>de</strong>r Entwicklung<br />

konditioneller Fähigkeiten <strong>und</strong> biogenetischen<br />

<strong>und</strong> exogenen Einflussfaktoren?<br />

Die kombinierte Quer- <strong>und</strong> retroperspektive<br />

Längsschnittstudie berücksichtigt<br />

620 langjährig erfolgreiche<br />

Seniorenwettkampfsportler, die <strong>de</strong>r Top-<br />

Ten-Liste <strong>de</strong>r inoffiziellen Seniorenbestenliste<br />

<strong>de</strong>s Deutschen Leichtathletik-<br />

Verban<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Jahre 1986 <strong>und</strong> 1987<br />

angehören (Reckemeier, 1975-1994).<br />

Die Möglichkeiten <strong>und</strong> die Grenzen <strong>de</strong>r<br />

motorischen Leistungsfähigkeit <strong>de</strong>r<br />

Senioren wer<strong>de</strong>n retrospektiv anhand<br />

<strong>de</strong>r Wettkampfleistungen in verschie<strong>de</strong>nen<br />

leichtathletischen Schnellig-<br />

keits-, Kraft-/Schnellkraft- <strong>und</strong> Ausdauerdisziplinen<br />

bewertet. Die Erforschung<br />

<strong>de</strong>s Erklärungswerts potenzieller<br />

Prädiktorvariablen sportlicher Spitzenleistungen<br />

im mittleren bis späteren<br />

Erwachsenenalter – kalendarisches<br />

Alter, Geschlecht, körperliche Aktivi-<br />

täten, Trainingsumfang, Bewegungs-<br />

<strong>und</strong> Krankheitsbiografie, Lebensgewohnheiten<br />

<strong>und</strong> kritische<br />

Lebensereignisse – stützt sich auf<br />

querschnittliche Fragebogendaten<br />

aktueller Merkmalsausprägungen <strong>de</strong>r<br />

Altersklassen M 45 bis M 75.<br />

Die Ergebnisauswertungen belegen,<br />

dass altersbedingte endogene Prozesse<br />

<strong>und</strong> umwelt<strong>de</strong>terministische biologische<br />

Adaptationen maßgeblich die Ausbildung<br />

<strong>de</strong>r konditionellen Fähigkeiten im<br />

Erwachsenenalter bestimmen. Nach <strong>de</strong>r<br />

motorischen Höchstleistungsphase<br />

führen biologische Alterungsprozesse –<br />

bezogen auf das kalendarische Alter –<br />

zu einer nonlinearen (parabolischen)<br />

Verschlechterung <strong>de</strong>r konditionellen<br />

Fähigkeiten. Positive <strong>und</strong> negative<br />

biologische Adaptationsprozesse fin<strong>de</strong>n<br />

zwar während <strong>de</strong>r gesamten Erwachsenenphase<br />

statt, maximale Ausprägungen<br />

bleiben aber nur über einen eng<br />

begrenzten Lebensabschnitt erhalten.<br />

Auffällig ist, dass sich im Erwachsenenalter<br />

die Wirkungen endogener Prozesse<br />

<strong>und</strong> biologischer Adaptationen in Bezug<br />

auf die Ausbildung <strong>de</strong>r konditionellen<br />

Fähigkeiten zwar addiert, jedoch<br />

bestehen keine Interaktionseffekte.<br />

Des Weiteren können <strong>für</strong> einzelne<br />

konditionelle Fähigkeiten markante<br />

Unterschie<strong>de</strong> im Entwicklungsverlauf<br />

belegt wer<strong>de</strong>n. Zum einen liegt das<br />

motorische Höchstleistungsalter<br />

trainierter Personen in <strong>de</strong>n Schnelligkeits-/Schnellkraftdisziplinen<br />

(100 m,<br />

400 m, Hür<strong>de</strong>n, Sprungdisziplinen)<br />

durchschnittlich zwischen <strong>de</strong>m 20. <strong>und</strong><br />

25. Lebensjahr, während die Spitzenleistungen<br />

in <strong>de</strong>n Kraft-/Schnelligkeits-<br />

(Wurf-/Stoßdisziplinen) <strong>und</strong> Ausdauerdisziplinen<br />

im Alter von 25 bis 35<br />

Jahren erzielt wer<strong>de</strong>n. Zum an<strong>de</strong>ren ist<br />

die Trainierbarkeit <strong>de</strong>r aeroben Ausdauer-<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Maximalkraftfähigkeit im<br />

Vergleich zur Schnelligkeits-, Schnellkraft-<br />

<strong>und</strong> anaeroben Ausdauerfähigkeit<br />

altersunabhängig <strong>de</strong>utlich größer.<br />

Erwähnenswert ist schließlich, dass<br />

biologische Alterungsprozesse die<br />

motorische Entwicklung im frühen <strong>und</strong><br />

mittleren Erwachsenenalter (18./20.–<br />

45./50. Lebensjahr) in einem <strong>de</strong>utlich<br />

geringen Maße beeinflussen als<br />

biologische Adaptationsprozesse. Im<br />

späten <strong>und</strong> späteren Erwachsenenalter<br />

(ab. 45./50. Lebensjahr) nimmt <strong>de</strong>r<br />

Einfluss biologischer Alterungsprozesse<br />

<strong>de</strong>utlich zu, während die relative<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Trainingseinflüsse <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n Ausprägungsgrad <strong>de</strong>r konditionellen<br />

Fähigkeiten auffällig abnimmt.<br />

Intraindividuelle Plastizität sportmotorischer<br />

Fertigkeitsoptimierungen<br />

Die längsschnittliche Optimierungsstudie<br />

von Wollny (2002) zielt auf die<br />

Aufklärung inter- <strong>und</strong> intraindividueller<br />

Leistungsunterschie<strong>de</strong> bei <strong>de</strong>r Stabilisierung<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Variation/Anpassung<br />

<strong>de</strong>s Tischtennis-Rückhand-Schupfschlags:<br />

Warum lernen <strong>und</strong> optimieren<br />

manche Menschen Bewegungen besser<br />

als an<strong>de</strong>re? Untersucht wer<strong>de</strong>n vier<br />

breit variieren<strong>de</strong> altersbezogene<br />

Prädiktoren: Kalendarisches Alter (10-<br />

59 Jahre), Bewegungsbiografie (Fragebogen<br />

zu alltags-, freizeit-, berufs- <strong>und</strong><br />

sportmotorischen Erfahrungen),<br />

koordinative <strong>und</strong> informationelle<br />

Fähigkeitskomponenten. Das dreistufige<br />

Treatment beginnt mit <strong>de</strong>r Aneignung<br />

<strong>de</strong>r Testbewegung, um bei <strong>de</strong>n 52<br />

Tischtennisnovizinnen ein vergleichbares<br />

Ausgangsniveau <strong>de</strong>r Gr<strong>und</strong>technik<br />

zu gewährleisten. Hierauf folgt eine in<br />

Art, Umfang <strong>und</strong> Intensität standardisierte<br />

Übungsphase zur Stabilisierung<br />

o<strong>de</strong>r Variation/Anpassung <strong>de</strong>s Rückhand-Schupfschlags<br />

[1500 Schläge; 5<br />

Messzeitpunkte (MZP)]. Den Abschluss<br />

bil<strong>de</strong>t ein durch <strong>de</strong>n individuellen<br />

Übungsfortschritt bestimmtes Optimierungstraining<br />

(max. 1440 Versuche;<br />

max. 4 MZP). Das Erreichen eines vorab<br />

festgelegten Lernziels markiert das<br />

En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Versuchs. Als Kriteriumsmerkmale<br />

wer<strong>de</strong>n nach jeweils 300 Versuchen<br />

quantitative (Zahl <strong>de</strong>r Übungsversuche<br />

bis zum Erreichen <strong>de</strong>s Lernziels;<br />

Zielgenauigkeit: Trefferquote) <strong>und</strong><br />

qualitative Kenngrößen erhoben<br />

(Bewegungsqualität: Tischtennis-<br />

B<strong>und</strong>estrainer-Rating).<br />

Welches „Steinchen“ kann <strong>de</strong>m<br />

„inkompletten Mosaik“ zur ontogenetischen<br />

Be<strong>de</strong>utung alterskorrelierter<br />

Personenmerkmale durch die Untersuchung<br />

von Wollny (2002) hinzugefügt<br />

wer<strong>de</strong>n. Auffällig ist, dass die Bewegungsbiografie<br />

entschei<strong>de</strong>nd die<br />

interindividuellen Differenzen in <strong>de</strong>r<br />

intraindividuellen Plastizität <strong>de</strong>r<br />

motorischen Optimierungsfähigkeit<br />

prägt. Demgegenüber spielen das<br />

kalendarische Alter <strong>und</strong> offenbar auch<br />

das koordinative, informationelle<br />

Fähigkeitsniveau nur eine untergeord-


nete „ontogenetische Rolle“. Es scheint<br />

weitgehend das von Be<strong>de</strong>utung zu sein,<br />

was die Testpersonen an Bewegungs-<br />

<strong>und</strong> Trainingserfahrungen gemacht <strong>und</strong><br />

vor allem, was sie in <strong>de</strong>r Vergangenheit<br />

versäumt haben.<br />

Im Einzelnen lassen sich die 52<br />

Probandinnen nach <strong>de</strong>n Fragebogendaten<br />

zur Bewegungsbiografie drei<br />

Gr<strong>und</strong>typen mit hohen, mittleren <strong>und</strong><br />

geringen Bewegungserfahrungen<br />

zuordnen. Zwischen diesen drei<br />

Versuchsgruppen bestehen signifikante<br />

Differenzen in <strong>de</strong>r Anzahl <strong>de</strong>r Übungsversuche<br />

bis zum Erreichen <strong>de</strong>s<br />

Lernziels. Die Prüfung <strong>de</strong>r Wirksamkeit<br />

<strong>de</strong>s Schulungsprogramms belegt nur <strong>für</strong><br />

die standardisierte Übungsphase (1.–5.<br />

MZP) eine be<strong>de</strong>utsame treatmentbedingte<br />

Verbesserung <strong>de</strong>r Zielgenauigkeit<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Bewegungsqualität. Im indi-<br />

vidualisierten Übungsabschnitt (6.–9.<br />

MZP) schei<strong>de</strong>n die Versuchspersonen<br />

bei Erreichen <strong>de</strong>s Lernziels „zwangsläufig“<br />

aus <strong>de</strong>r Studie aus. Für die standardisierte<br />

Übungsphase lassen sich <strong>für</strong> die<br />

Zielgenauigkeit <strong>und</strong> die Bewegungsqualität<br />

be<strong>de</strong>utsame Unterschie<strong>de</strong> zwischen<br />

<strong>de</strong>n drei bewegungsbiografischen<br />

Testgruppen belegen.<br />

Das kalendarische Alter besitzt <strong>de</strong>mgegenüber<br />

einen geringen differenziellen<br />

Erklärungswert <strong>für</strong> die beobachtbaren<br />

interindividuellen Unterschie<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r<br />

Fertigkeitsoptimierung. Es bestehen<br />

keine signifikanten Differenzen<br />

zwischen <strong>de</strong>n Altersgruppen in <strong>de</strong>r<br />

Anzahl <strong>de</strong>r Übungsversuche bis zum<br />

Erreichen <strong>de</strong>s Lernziels <strong>und</strong> <strong>für</strong> die<br />

standardisierte Übungsphase (1.–5.<br />

MZP) in <strong>de</strong>r Zielgenauigkeit <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Ausführungsqualität. Das allgemeine<br />

koordinative <strong>und</strong> informationelle<br />

Fähigkeitsniveau besitzt nach linearen<br />

schrittweisen multiplen Regressionsanalysen<br />

ebenfalls nahezu keinen<br />

r Abb. 4: Mögliche Hierarchie in alterskorrelierten Prädiktoren<br />

differenziellen Vorhersagewert <strong>für</strong> die<br />

interindividuellen Differenzen in <strong>de</strong>r<br />

Optimierungsfähigkeit. Inwieweit eine<br />

Hierarchie in altersbezogenen Prädiktoren<br />

existiert – möglicherweise gibt es<br />

direkte <strong>und</strong> indirekte Pfa<strong>de</strong> (vgl. Abb. 4)<br />

–, müssen weitere Analysen aufzeigen.<br />

Multidirektionalität, Gewinn­Verlust­<br />

Dynamik <strong>und</strong> Plastizität bei motorischen<br />

Leistungsdimensionen<br />

Willimczik et al. (2006; Voelker-<br />

Rehage/Willimczik, 2006) greifen drei<br />

be<strong>de</strong>utsame Problemstellungen <strong>de</strong>r<br />

mo<strong>de</strong>rnen Entwicklungsforschung auf:<br />

Wie sehen die Entwicklungsverläufe<br />

innerhalb einer <strong>und</strong> zwischen zwei<br />

motorischen Leistungsdimensionen aus<br />

(Multidirektionalität)? Wie verän<strong>de</strong>rt<br />

sich die Gewinn­Verlust­Dynamik <strong>für</strong> die<br />

Motorik über die Lebensspanne? Wie<br />

groß ist die intraindividuelle Plastizität<br />

<strong>de</strong>r Aneignung sportmotorischer<br />

Fertigkeiten im Lebenslauf? Querschnittlich<br />

evaluiert wer<strong>de</strong>n bei 917<br />

Frauen <strong>und</strong> Männern (Alter: 6–89<br />

Jahre) die Aneignung <strong>de</strong>s Jonglierens<br />

(mit Tüchern <strong>und</strong> Bällen) <strong>und</strong> das<br />

motorische Fähigkeitsniveau (maximale<br />

Handkraft, Schnellkraft <strong>de</strong>r Beine,<br />

Aktionsschnelligkeit, Reaktionsfähigkeit,<br />

Beweglichkeit, Gleichgewichtsfähigkeit,<br />

Feinkoordination). Die Prä-Post-<br />

Messungen <strong>de</strong>r intraindividuellen<br />

Plastizität erfassen die Ausgangsleistungen,<br />

die Ausgangskapazitätsreserven<br />

<strong>und</strong> nach sechs Übungseinheiten (à 15<br />

Minuten) die Entwicklungskapazitätsreserven<br />

<strong>de</strong>r Versuchspersonen. Die<br />

Differenz zwischen <strong>de</strong>r Entwicklungs-<br />

<strong>und</strong> Ausgangskapazitätsreserve<br />

<strong>de</strong>finieren Willimczik et al. als die<br />

Lernleistung.<br />

Die Entwicklungskurve <strong>de</strong>r motorischen<br />

Leistungsfähigkeit über die Lebensspan-<br />

ne anhand eines komplexen motorischen<br />

Leistungsin<strong>de</strong>x (Zusammenfassung<br />

<strong>de</strong>r z-transformierten Leistungs-<br />

kennwerte <strong>de</strong>r sportmotorischen Tests)<br />

verweist unter Auspartialisierung <strong>de</strong>s<br />

Einflusses von Geschlecht <strong>und</strong> Sportaktivität<br />

<strong>für</strong> die frühe Lebensphase auf<br />

einen auffälligen Zuwachs (Maximum:<br />

15.–29. Lebensjahr) <strong>und</strong> bis zum<br />

Lebensen<strong>de</strong> auf eine relevante Abnahme<br />

<strong>de</strong>r motorischen Leistungsfähigkeit.<br />

Der Rückgang <strong>de</strong>r Leistungsfähigkeit<br />

verläuft nicht linear, wie i<strong>de</strong>alisierte<br />

(Weiss, 1978; Schmidtbleicher, 1994)<br />

o<strong>de</strong>r aus unterschiedlichen Studien<br />

zusammengestellte Entwicklungskurven<br />

(Beck/Bös, 1995) suggerieren; typisch<br />

ist hingegen unabhängig vom Geschlecht<br />

<strong>und</strong> Umfang <strong>de</strong>r sportlichen<br />

Aktivität eine Plateaubildung zwischen<br />

<strong>de</strong>m 54. <strong>und</strong> 64. Lebensjahr.<br />

Innerhalb einer speziellen Fähigkeitsdimension<br />

(z. B. Kraft) zeigen die<br />

Teilfähigkeiten ausgesprochen unterschiedliche<br />

Entwicklungsverläufe. Für<br />

die Hand- <strong>und</strong> Sprungkraft besteht bis<br />

zum 19. Lebensjahr (Auspartialisierung<br />

<strong>de</strong>s Einflusses von Geschlecht, Sportaktivität<br />

<strong>und</strong> BMI) ein nahezu paralleler,<br />

<strong>für</strong> die bei<strong>de</strong>n Altersklassen 20. bis 24.<br />

Lebensjahr <strong>und</strong> 30. bis 34. Lebensjahr<br />

ein entgegengesetzter <strong>und</strong> bis zum<br />

Lebensen<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>rum ein weitgehend<br />

paralleler Entwicklungsverlauf. Die<br />

Interaktion zwischen <strong>de</strong>m Lebensalter<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Kraftkomponenten<br />

verweist <strong>für</strong> die 6- bis 34-jährigen auf<br />

eine signifikante relevante Mulitdirektionalität<br />

<strong>und</strong> <strong>für</strong> die 35- bis 79-Jährigen<br />

auf eine Unidirektionalität.<br />

Die Gewinn­Verlust­Dynamik <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong>n<br />

Kraftmerkmale verhält sich ebenfalls<br />

sehr unterschiedlich. Die vertikale<br />

Sprungkraft im Kin<strong>de</strong>s- <strong>und</strong> Jugendalter<br />

<strong>und</strong> die maximale Handkraft im<br />

Erwachsenenalter zeigen <strong>de</strong>utlich<br />

109


110<br />

Traditionen <strong>und</strong> gegenwärtige Trends <strong>de</strong>r motorischen Entwicklungsforschung in Deutschland<br />

höhere Werte als das jeweils an<strong>de</strong>re<br />

Kraftmerkmal. Bei <strong>de</strong>r Sprungkraft liegt<br />

das Höchstleistungsalter trainierter<br />

Personen zwischen <strong>de</strong>m 20. <strong>und</strong> 24.<br />

Lebensjahr, bei <strong>de</strong>r Handkraft hingegen<br />

zwischen <strong>de</strong>m 30. <strong>und</strong> 49. Lebensjahr.<br />

Während die maximale Handkraft im<br />

Lebenslauf nahezu linear abnimmt,<br />

kann <strong>für</strong> die vertikale Sprungkraft in<br />

<strong>de</strong>n Altersklassen 45. bis 49. Lebensjahr<br />

<strong>und</strong> 65. bis 69. Lebensjahr ein Leistungsplateau<br />

beobachtet wer<strong>de</strong>n.<br />

Der unterschiedliche Entwicklungsverlauf<br />

<strong>de</strong>r Gleichgewichtsfähigkeit <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>r Lernleistung im Jonglieren <strong>de</strong>utet<br />

darauf hin, dass zwischen bei<strong>de</strong>n<br />

motorischen Leistungsbereichen keine<br />

engen Beziehungen bestehen <strong>und</strong> dass<br />

es unzulässig ist, von einer koordinativen<br />

Teilkomponente unmittelbar auf<br />

die sportmotorische Lernleistung<br />

zurückzuschließen. In Übereinstimmung<br />

mit Joch <strong>und</strong> Hasenberg (1991, 1993:<br />

Jonglieren, Badminton) <strong>und</strong> Willimczik,<br />

Meierarend, Pollmann <strong>und</strong> Reckeweg<br />

(1999: Pedalofahren, Skitrainer) verfügt<br />

<strong>de</strong>r Mensch lebenslang über eine hohe<br />

intraindividuelle Plastizität <strong>de</strong>r Fertigkeitsaneignung.<br />

Unstrittig ist, dass das<br />

Jonglieren vor <strong>de</strong>r Pubertät nicht besser<br />

erlernt wird als nach <strong>de</strong>r Pubertät, <strong>und</strong><br />

dass die motorische Lernleistung nach<br />

<strong>de</strong>r Pubertät weiter ansteigt. Auch sind<br />

ältere Menschen durchaus in <strong>de</strong>r Lage<br />

neue Bewegungen zu erlernen. Es<br />

besteht bis ins hohe Alter eine Entwicklungskapazitätsreserve;<br />

die Ausgangsleistung<br />

<strong>de</strong>r Senioren ist zwar <strong>de</strong>utlich<br />

geringer als bei Jugendlichen <strong>und</strong><br />

jungen Erwachsenen, nicht jedoch als<br />

bei Erwachsenen ab <strong>de</strong>m 30. Lebensjahr.<br />

Zusammenfassung <strong>und</strong> Ausblick<br />

Die lange Jahre kontrovers geführte<br />

Diskussion über die beste Entwicklungstheorie<br />

scheint aufgr<strong>und</strong> uneinheitlicher<br />

theoretischer Vorstellungen <strong>und</strong><br />

empirischer Bef<strong>und</strong>e in eine „entwicklungstheoretische<br />

Sackgasse“ geraten<br />

zu sein. Zwar ist die neueste Entwicklungstheorie<br />

nicht automatisch die<br />

Beste. Unverkennbar ist aber, dass<br />

mo<strong>de</strong>rne Konzepte die Ontogenese<br />

umfassen<strong>de</strong>r betrachten als klassische<br />

Ansätze. Perspektivisch kommt <strong>de</strong>r<br />

metatheoretischen Rahmenkonzeption<br />

<strong>de</strong>r Entwicklungspsychologie <strong>de</strong>r<br />

Lebensspanne von Baltes – insbeson<strong>de</strong>re<br />

<strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n Leitsätzen <strong>de</strong>s Kontextualismus<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r intraindividuellen Plastizität<br />

– aufgr<strong>und</strong> <strong>de</strong>r hohen Integrationsfähigkeit<br />

verschie<strong>de</strong>ner entwick-<br />

lungstheoretischer Auffassungen <strong>und</strong><br />

empirischer Bef<strong>und</strong>e eine große<br />

Innovationskraft <strong>für</strong> die zukünftige<br />

Forschung zu lebenslaufbezogenen<br />

Fragen <strong>de</strong>r motorischen Entwicklung zu.<br />

Von beson<strong>de</strong>rem wissenschaftlichen<br />

Interesse ist die Prüfung <strong>de</strong>s spezifischen<br />

Einflusses potenzieller Entwicklungsfaktoren<br />

(z. B. Bewegungsbiografie,<br />

Kulturvariablen, nicht-normative<br />

Einflüsse) unter extern vali<strong>de</strong>n, ökologischen<br />

Kontextbedingungen <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Annahmen <strong>de</strong>s Kontextualismus zum<br />

komplexen Bedingungsgefüge <strong>de</strong>r<br />

Ontogenese. Zeitwan<strong>de</strong>l-Untersuchungen<br />

<strong>und</strong> kulturvergleichen<strong>de</strong><br />

Studien helfen hier Universalien <strong>und</strong><br />

zeit-kulturspezifische Ursache-<br />

Wirkungszusammenhänge <strong>de</strong>r motorischen<br />

Entwicklung abzugrenzen<br />

(Roth/Wollny, 1999b). Generell ist zu<br />

berücksichtigen, dass im Bereich <strong>de</strong>r<br />

motorischen Ontogenese das komplexe<br />

Bedingungsgefüge <strong>de</strong>r vielfältigen<br />

Einflussfaktoren nur schwer als Ganzes<br />

überprüft wer<strong>de</strong>n kann. In überschaubarer<br />

Zukunft wird sich die sportwissenschaftliche<br />

Entwicklungsforschung<br />

noch mit partiellen Analysen begnügen<br />

müssen (z. B. <strong>de</strong>m Einfluss konditioneller<br />

Fähigkeiten, motorischer Aneignung<br />

o<strong>de</strong>r Optimierung, sporttypischer<br />

Sozialisationsprozesse), die interpretativ<br />

in einen Gesamtrahmen wissenschaftlich<br />

einzuordnen sind.<br />

Literatur:<br />

Baltes, P. B. (1987). Theoretical<br />

propositions of life-span<br />

<strong>de</strong>velopment psychology: On the<br />

dynamics between growth and<br />

<strong>de</strong>cline. Developmental Psychology,<br />

23, 611–626.<br />

Baltes, P. B. (1990). Entwicklungspsychologie<br />

<strong>de</strong>r Lebensspanne.<br />

Theoretische Leitsätze. Psychologische<br />

R<strong>und</strong>schau, 41, 1–24.<br />

Baltes, P. B. (1997). Die unvollen<strong>de</strong>te<br />

Architektur <strong>de</strong>r menschlichen<br />

Ontogenese: Implikationen <strong>für</strong><br />

die Zukunft <strong>de</strong>s vierten Lebensalters.<br />

Psychologische R<strong>und</strong>schau,<br />

48, 191–210.<br />

Baltes, P. B./Lin<strong>de</strong>nberger, U./<br />

Staudinger, U. M. (1998). Lifespan<br />

theory in <strong>de</strong>velopmental<br />

psychology. In R. M. Lerner (Ed.),<br />

Handbook of child <strong>de</strong>velopment.<br />

Vol. 1. Theoretical mo<strong>de</strong>ls of<br />

human <strong>de</strong>velopment (pp. 1029–<br />

1143). New York: Wiley and<br />

Sons.<br />

Baltes, P. B./Staudinger, U. M./<br />

Lin<strong>de</strong>nberger, U. (1999). Lifespan<br />

psychology: Theory and<br />

application to intellectual<br />

functioning. Annual Review of<br />

Psychology, 50, 471–507.<br />

Beck, J./Bös, K. (1995). Normwerte<br />

motorischer Leistungsfähig­<br />

keit. Köln: Sport <strong>und</strong> Buch<br />

Strauß.<br />

Conzelmann, A. (1997). Entwicklung<br />

konditioneller Fähigkeiten im<br />

Erwachsenenalter. Schorndorf:<br />

Hofmann.<br />

Conzelmann, A. (1999). Plastizität<br />

motorischer Fähigkeiten im<br />

Lebensverlauf. Theoretischmethodische<br />

Überlegungen <strong>und</strong><br />

empirische Bef<strong>und</strong>e. psychologie<br />

<strong>und</strong> sport, 3, 76–89.<br />

Diettrich, M. (1981). Umwelt, Spiel<br />

<strong>und</strong> Bewegung. In M. Diettrich<br />

(Hrsg.), Kritische Sporttheorie.<br />

Alternativen <strong>für</strong> die Sport­ <strong>und</strong><br />

Bewegungserziehung (S. 74–<br />

108). Köln: Pahl-Rugenstein.<br />

Filipp, S.-H. (1995 3 ). Ein allge-<br />

meines Mo<strong>de</strong>ll <strong>für</strong> die Analyse<br />

kritischer Lebensereignisse. In<br />

S.-H. Filipp (Hrsg.), Kritische<br />

Lebensereignisse (S. 3–52).<br />

Weinheim: Psychologie Verlags<br />

Union.<br />

Frankfurter Arbeitsgruppe (1982).<br />

Offener Sportunterricht –<br />

analysieren <strong>und</strong> planen. Reinbek:<br />

Rowohlt.<br />

Funke, J. (1979). Selbständige<br />

Eroberungen im erziehlichen<br />

Milieu. Sportwissenschaft, 9,<br />

370–395.<br />

Heinemann, K. (1983). Einführung in<br />

die Soziologie <strong>de</strong>s Sports.<br />

Schorndorf: Hofmann.<br />

Hirtz, P. (1985). Koordinative<br />

Fähigkeiten im Schulsport.<br />

Berlin: Volk <strong>und</strong> Wissen.<br />

Joch, W./Hasenberg, R. (1991).<br />

Lernalter <strong>und</strong> motorische<br />

Lernleistungen. Zur Frage <strong>de</strong>s


optimalen Lernalters bei Kin<strong>de</strong>rn<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen. sportunterricht,<br />

40, 216–222.<br />

Joch, W./Hasenberg, R. (1993).<br />

Motorische Entwicklung <strong>und</strong><br />

altersabhängige motorische<br />

Lernleistungen. Sport Praxis, 3,<br />

3–5.<br />

Mester, L. (1962). Gr<strong>und</strong>fragen <strong>de</strong>r<br />

Leibeserziehung. Braunschweig:<br />

Westermann.<br />

Möckelmann, H./Schmidt, D.<br />

(1952/1981 9 ). Leibeserziehung<br />

<strong>und</strong> jugendliche Entwicklung.<br />

Schorndorf: Hofmann.<br />

Neumann, O. (1964). Die leibseelische<br />

Entwicklung im Jugendalter.<br />

München: Barth.<br />

Okonek, C. (1996). Lebensspannen-<br />

Entwicklungspsychologie <strong>und</strong><br />

motorische Entwicklung im<br />

Erwachsenenalter. Ergebnisse<br />

aus einer retrospektiven<br />

Längsschnittstudie. In H. Denk<br />

(Hrsg.), Alterssport: Aktuelle<br />

Forschungsergebnisse (S. 117–<br />

139). Schorndorf: Hofmann.<br />

Okonek, C. (2000) Längsschnittanalysen<br />

<strong>und</strong> Kausalmo<strong>de</strong>lle zur<br />

sportlichen Leistungsentwicklung<br />

im Erwachsenenalter.<br />

Habilitationsschrift. Bonn:<br />

Universität Bonn.<br />

Pauer, T. (2001). Die motorische<br />

Entwicklung leistungssportlich<br />

trainieren<strong>de</strong>r Jugendlicher.<br />

Schorndorf: Hofmann.<br />

Pauer, T./Roth, K. (1993). Jugendliche<br />

Leistungssportler – motorische<br />

Spezialisten o<strong>de</strong>r Allro<strong>und</strong>er?<br />

sportunterricht, 42,<br />

405–411.<br />

Piaget, J. (1966). Psychologie <strong>und</strong><br />

Intelligenz. Zürich: Rascher.<br />

Piaget, J. (1970). Piagets theory. In<br />

P. H. Mussen (Ed.), Carmichael’s<br />

Manual of Child Psychology (pp.<br />

703–732). New York: Wiley.<br />

Piaget, J. (1976). Die Äquilibration<br />

<strong>de</strong>r kognitiven Strukturen.<br />

Stuttgart: Klett.<br />

Reckemeier, J. (1975–1994).<br />

Senioren­Leichtathletik.<br />

Ol<strong>de</strong>nburg: Eigenverlag.<br />

Roth, K./Wollny, R. (1999a).<br />

Differentielle Aspekte in <strong>de</strong>r<br />

motorischen Entwicklung. In J.<br />

Wiemeyer (Hrsg.), Forschungsmethodologische<br />

Aspekte von<br />

Bewegung, Motorik <strong>und</strong> Training<br />

im Sport (S. 170–177). Hamburg:<br />

Czwalina.<br />

Roth, K./Wollny, R. (1999b).<br />

Motorische Entwicklung in <strong>de</strong>r<br />

Lebensspanne – Forschungsmethodische<br />

Perspektiven. psychologie<br />

<strong>und</strong> sport, 6, 102–112.<br />

Roth, K.,/Pauer, T./Kimura, M./Ono,<br />

K./Wakayoshi, K./Momenya, T.<br />

(2000). Zur Allgemein<strong>motorik</strong><br />

japanischer <strong>und</strong> <strong>de</strong>utscher<br />

Jugendlicher. In R. Naul/Y. Oka<strong>de</strong><br />

(Hrsg.), Sportwissenschaft in<br />

Deutschland <strong>und</strong> Japan (S. 150–<br />

172). Aachen: Meyer & Meyer.<br />

Scherler, K.-H. (1975). Sensomotorische<br />

Entwicklung <strong>und</strong> materiale<br />

Erfahrung. Schorndorf:<br />

Hofmann.<br />

Schmidt, L. R. (1971). Testing the<br />

limits im Leistungsverhalten:<br />

Möglichkeiten <strong>und</strong> Grenzen. In<br />

E. Duhm (Hrsg.), Praxis <strong>de</strong>r<br />

klinischen Psychologie (S. 2–29).<br />

Göttingen: Hogrefe.<br />

Schmidtbleicher, D. (1994). Entwicklung<br />

<strong>de</strong>r Kraft <strong>und</strong> Schnelligkeit.<br />

In J. Baur/K. Bös/R.<br />

Singer (Hrsg.), Motorische<br />

Entwicklung. Ein Handbuch (S.<br />

129–150). Schorndorf: Hofmann.<br />

Skinner, B. F. (1953). Science and<br />

human behavior. New York: Mac<br />

Millan.<br />

Voelcker-Rehage, C./Willimczik, K.<br />

(2006). Motor plasticity in a<br />

juggling task in ol<strong>de</strong>r adults ­ a<br />

<strong>de</strong>velopmental study. Age and<br />

Ageing, 35, 422–427.<br />

Voigt, D. (1978). Soziale Schichtung<br />

im Sport. Berlin: Bartels &<br />

Wernitz.<br />

Weiss, U. (1978). Biologische<br />

Gr<strong>und</strong>lagen <strong>und</strong> körperliche<br />

Leistungsfähigkeit. In K. Egger<br />

(Hrsg.), Turnen <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r<br />

Schule (S. 33–61). Bern:<br />

Eidgenössische Drucksachen<br />

<strong>und</strong> Materialzentrale.<br />

Willimczik, K. (1983). Sportmotorische<br />

Entwicklung. In K.<br />

Willimczik/K. Roth (Hrsg.),<br />

Bewegungslehre (S. 240–353).<br />

Reinbek: Rowohlt.<br />

Willimczik, K./Conzelmann, A.<br />

(1999). Motorische Entwicklung<br />

<strong>de</strong>r Lebensspanne. Kernannahmen<br />

<strong>und</strong> Leitorientierungen.<br />

psychologie <strong>und</strong> sport,<br />

2, 60–70.<br />

Willimczik, K./Meierarend, E.-M./<br />

Pollmann, D./Reckeweg, R.<br />

(1999). Das „beste motorische<br />

Lernalter“ – Forschungsergebnisse<br />

zu einem pädagogischen<br />

Postulat <strong>und</strong> zu<br />

kontroversen empirischen<br />

Bef<strong>und</strong>en. Sportwissenschaft,<br />

1, 42–61.<br />

Willimczik, K./Voelcker-Rehage, C./<br />

Wiertz, O. (2006). Sportmotorische<br />

Entwicklung über die<br />

Lebensspanne. Empirische<br />

Bef<strong>und</strong>e zu einem theoretischen<br />

Konzept. <strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Sportpsychologie,<br />

13, 10–22.<br />

Wollny, R. (2002). Motorische<br />

Entwicklung in <strong>de</strong>r Lebensspanne<br />

– Warum lernen <strong>und</strong> optimieren<br />

manche Menschen Bewegungen<br />

besser als an<strong>de</strong>re? Schorndorf:<br />

Hofmann.<br />

Zimmer, R. (1981). Motorik <strong>und</strong><br />

Persönlichkeitsentwicklung bei<br />

Kin<strong>de</strong>rn im Vorschulalter.<br />

Schorndorf: Hofmann.<br />

111


112<br />

Buchbesprechungen / Neuerscheinungen<br />

Buchbesprechungen / Neuerscheinungen<br />

Dräbing, Reinhard (Hrsg.)<br />

Kin<strong>de</strong>r brauchen Bewegung!<br />

Bewegung in <strong>de</strong>r Jugendhilfe?<br />

Aachen: Meyer & Meyer, 2006.<br />

ISBN 3­89899­164­4<br />

23,95 e<br />

Schon die Titelgestaltung<br />

macht klar: hier han<strong>de</strong>lt es<br />

sich um ein programmatisches<br />

Buch. Kin<strong>de</strong>r<br />

brauchen Bewegung! Mit<br />

Ausrufezeichen also.<br />

Bewegung in <strong>de</strong>r Jugendhilfe?<br />

Hier steht das Fragezeichen.<br />

Alle 24 Artikel dieses,<br />

mit viel Engagement von<br />

Praktikern aus <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r­<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe geschriebene<br />

Buch dreht sich um<br />

dieses Thema. Kin<strong>de</strong>r<br />

brauchen Bewegung: „man“<br />

weiß dies eigentlich schon<br />

immer, die neuesten<br />

Forschungsergebnisse <strong>de</strong>r<br />

Neurowissenschaften<br />

belegen dies – wie <strong>de</strong>r<br />

Herausgeber in seinem<br />

einleiten<strong>de</strong>n Artikel belegt.<br />

Die Realität in <strong>de</strong>n pädagogischen<br />

Institutionen, in<br />

Kin<strong>de</strong>rgärten, in <strong>de</strong>n Schulen<br />

<strong>und</strong> – wie hier gezeigt –<br />

auch in <strong>de</strong>n Kin<strong>de</strong>r­ <strong>und</strong><br />

Jugendhilfeeinrichtungen<br />

sieht an<strong>de</strong>rs aus.<br />

Nach<strong>de</strong>m im 1. Kapitel <strong>de</strong>r<br />

Sport im Heim als ungelöstes<br />

Problem in politischen<br />

Verantwortlichkeiten<br />

verortet <strong>und</strong> auf die Diskrepanz<br />

zwischen Wissen <strong>und</strong><br />

Wirklichkeit aufmerksam<br />

gemacht wur<strong>de</strong>, wird im<br />

folgen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>m Leser aus <strong>de</strong>r<br />

Erfahrung von Menschen, die<br />

<strong>de</strong>r Praxis von Bewegung,<br />

Spiel <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r­ <strong>und</strong> Jugendhilfe sehr<br />

nahe stehen, ein breites<br />

Spektrum an Möglichkeiten<br />

geboten, wie – trotz<br />

Geldmangel <strong>und</strong> manchmal<br />

politischer Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong> –<br />

durch Kreativität <strong>und</strong><br />

Solidarität mit <strong>de</strong>n Betroffenen<br />

Wege gef<strong>und</strong>en<br />

wer<strong>de</strong>n können es <strong>de</strong>nnoch<br />

zu tun: ein Innovationskonzept<br />

<strong>für</strong> Sport, Kampfkunst<br />

als Selbstbehauptungstraining,<br />

Ästhetische Praxis als<br />

Möglichkeit <strong>de</strong>r sensomotorischen<br />

För<strong>de</strong>rung <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Symbolbildung, psychomotorische<br />

För<strong>de</strong>rung mit<br />

hyperaktiven Kin<strong>de</strong>rn,<br />

Bewegungslandschaften,<br />

Schwimmen, Kreative<br />

Körperarbeit mit Mädchen,<br />

Tanz als Entwicklungs­ <strong>und</strong><br />

Bewegungsmöglichkeit <strong>für</strong><br />

Jugendliche mit Lernbehin<strong>de</strong>rung,<br />

sowie auch ein<br />

Angebot an „Alternativer<br />

Leichtathletik“.<br />

Hilfreich ist <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Leser<br />

auch eine ausgewählte<br />

Biographie zum Sport in <strong>de</strong>r<br />

Jugendhilfe.<br />

Hammer, Richard<br />

Bewegung allein genügt<br />

nicht<br />

Dortm<strong>und</strong>: verlag mo<strong>de</strong>rnes<br />

lernen, 2001.<br />

ISBN 3­8080­0488­6<br />

19,95 e<br />

Die Psycho<strong>motorik</strong> hat sich als<br />

pädagogische <strong>und</strong> therapeutische<br />

Maßnahme in <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r­ <strong>und</strong> Jugendhilfe<br />

bewährt, stößt allerdings in<br />

ihrer Wirksamkeit an Grenzen,<br />

wenn nicht auch <strong>de</strong>r Alltag<br />

von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

entsprechend gestaltet wird.<br />

Darum geht es in diesem<br />

Buch: es geht um Wege, die<br />

<strong>für</strong> eine ges<strong>und</strong>e Entwicklung<br />

von Kin<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> Jugendlichen<br />

eröffnet wer<strong>de</strong>n müssen. Es<br />

geht um das kindliche Leben<br />

<strong>und</strong> Erleben. Es geht letztlich<br />

um die Frage: wie sorgen wir<br />

als Erwachsene – aus <strong>de</strong>r<br />

Sicht <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong> –<br />

da<strong>für</strong>, dass Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong><br />

Jugendliche Lebensbedingungen<br />

vorfin<strong>de</strong>n, in <strong>de</strong>nen<br />

sie so etwas wie eine Heimat<br />

fin<strong>de</strong>n, etwas in <strong>de</strong>m sie zur<br />

Persönlichkeit wachsen <strong>und</strong><br />

die Lebenswelt erhalten<br />

können.<br />

Knab, Eckhart<br />

Sport in <strong>de</strong>r Heimerziehung.<br />

Frankfurt a. M.: Peter Lang,<br />

1999<br />

ISBN 3­631­34135­0<br />

40,00 e<br />

In dieser 1998 vorgelegten<br />

Dissertationsschrift wird auf<br />

empirischer Gr<strong>und</strong>lage die<br />

Be<strong>de</strong>utung von Bewegung,<br />

Spiel <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r­<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe dargestellt.<br />

Nach einer Einführung zur<br />

Klärung <strong>und</strong> Abgrenzung <strong>de</strong>r<br />

Begriffe aus <strong>de</strong>m Bereich<br />

Sport (Leibeserziehung, Sport,<br />

Bewegungserziehung,<br />

Sportwissenschaft, Sportpädagogik,<br />

Psycho<strong>motorik</strong>, <strong>Motopädagogik</strong>,<br />

Motologie) wird<br />

die aktuelle Situation in <strong>de</strong>r<br />

Heimerziehung dargestellt.<br />

Dem folgt ein historischer<br />

Überblick über die Be<strong>de</strong>utung<br />

von Bewegung, Spiel<br />

<strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r­ <strong>und</strong><br />

Jugendhilfe bis heute. Dabei<br />

wird insbeson<strong>de</strong>re die<br />

Psycho<strong>motorik</strong> bzw. <strong>Motopädagogik</strong><br />

berücksichtigt.<br />

Im empirischen Teil wird <strong>de</strong>r<br />

aktuelle Stand <strong>de</strong>r Sport­<br />

<strong>und</strong> Bewegungserziehung in<br />

<strong>de</strong>n Institutionen <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r­<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe dargestellt.<br />

Wichtige For<strong>de</strong>rungen, die<br />

sich aus <strong>de</strong>r Untersuchung<br />

ergaben sind:<br />

1. Die Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r<br />

Sportpädagogik im Heim<br />

muss ver<strong>de</strong>utlicht wer<strong>de</strong>n<br />

2. Sport als Freizeitpädagogik<br />

<strong>und</strong> Sport als <strong>Motopädagogik</strong><br />

in <strong>de</strong>r Heimerziehung<br />

sind systematisch<br />

zu för<strong>de</strong>rn <strong>und</strong> weiter zu<br />

entwickeln,<br />

3. <strong>für</strong> Untersuchungen zur<br />

Effektivität <strong>und</strong> zur<br />

Effizienz von Sportpädagogik<br />

besteht Handlungsbedarf.<br />

Klaus Fischer<br />

Rusch, Horst / Weineck, Jürgen<br />

Sportför<strong>de</strong>runterricht<br />

6., überarb. <strong>und</strong> erw. Aufl.<br />

2007.<br />

Schorndorf, Hofmann­Verlag.<br />

ISBN 978­3­7780­9376­4<br />

34,– e<br />

Das 1998 in 5. Auflage neu<br />

bearbeitete bewährte Lehr­<br />

buch <strong>de</strong>s Sportför<strong>de</strong>runterrichts<br />

liegt nun in<br />

überarbeiteter <strong>und</strong> erweiterter<br />

6. Auflage vor. Fast<br />

zehn Jahre sind also seit <strong>de</strong>r<br />

letzten Aktualisierung dieses


Klassikers auf <strong>de</strong>m Gebiet<br />

<strong>de</strong>s Sportför<strong>de</strong>runterrichts<br />

vergangen <strong>und</strong> wenn die<br />

neue Auflage <strong>de</strong>s Rusch/<br />

Weineck auf <strong>de</strong>n ersten Blick<br />

auch nicht so gewaltig ver­<br />

än<strong>de</strong>rt erscheint, so sind die<br />

Verän<strong>de</strong>rungen doch<br />

wesentlich: Erweitert wur<strong>de</strong><br />

das Kapitel 4.3 Bewegte<br />

Schule. In <strong>de</strong>r 5. Auflage nur<br />

kurz angerissen, wer<strong>de</strong>n jetzt<br />

konkrete Erfahrungen <strong>und</strong><br />

Ergebnisse aus Projekten in<br />

verschie<strong>de</strong>nen B<strong>und</strong>eslän<strong>de</strong>rn<br />

mit über 700 000<br />

Schülerinnen <strong>und</strong> Schülern<br />

präsentiert, die einen<br />

sogenannten „Bewegungs­<br />

Check­up“ durchlaufen ha­<br />

ben. Kernpunkt <strong>de</strong>s Bewegungs­Check­ups<br />

bil<strong>de</strong>t<br />

dabei <strong>de</strong>r von Rusch/Irrgang<br />

entwickelte erweiterte<br />

Münchner Fitnesstest, <strong>de</strong>r<br />

sich damit auf B<strong>und</strong>esebene<br />

etabliert hat <strong>und</strong> <strong>de</strong>m im<br />

Buch ein ausführliches<br />

Kapitel gewidmet ist. Dort<br />

wird auch auf die Möglichkeit<br />

<strong>de</strong>s Herunterla<strong>de</strong>ns im<br />

Internet hingewiesen. Lei<strong>de</strong>r<br />

fin<strong>de</strong>t sich die gegenüber <strong>de</strong>r<br />

5. Auflage ergänzte 7. Test­<br />

übung (aerobe Ausdauer)<br />

nicht in <strong>de</strong>n Normierungstabellen,<br />

wie sie <strong>für</strong> die Übun­<br />

gen 1–6 vorliegen. (Eine<br />

Rückfrage bei <strong>de</strong>n Autoren<br />

Rusch/Irrgang hat ergeben,<br />

dass <strong>de</strong>r MFT vom Kultusministerium<br />

Nie<strong>de</strong>rsachsen<br />

eigenmächtig <strong>für</strong> seine<br />

Aktion „Schulen in Bewegung“<br />

um eine 7. Übung<br />

erweitert wur<strong>de</strong>, ohne dass<br />

die Autoren darüber infor­<br />

miert wor<strong>de</strong>n sind <strong>und</strong> ohne<br />

dass eine Normierungstabel­<br />

le vorgelegt wur<strong>de</strong>.) Hinzugekommen<br />

sind die Kapitel<br />

5.2.6.1 <strong>und</strong> 5.2.6.2 „Aufmerksamkeitsgestörte,<br />

hyperaktive Kin<strong>de</strong>r“ <strong>und</strong><br />

„Dicke Kin<strong>de</strong>r <strong>und</strong> Jugendliche“,<br />

die <strong>de</strong>r verän<strong>de</strong>rten<br />

gesellschaftlichen Situation<br />

Rechnung tragen. Auch „Die<br />

inhaltlichen Säulen <strong>de</strong>r<br />

Karlsruher Rückenschule“<br />

<strong>und</strong> das neue Kapitel<br />

„Rückenschmerzen“ mit<br />

weiterführen<strong>de</strong>n Internet­<br />

Adressen sind vor <strong>de</strong>m<br />

Hintergr<strong>und</strong> zunehmen<strong>de</strong>r<br />

Haltungsschä<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

Rückenprobleme von immer<br />

mehr Schulkin<strong>de</strong>rn ein<br />

wichtiger Beitrag zur<br />

Ges<strong>und</strong>heitserziehung. Neu<br />

ist auch das entzücken<strong>de</strong><br />

Titelbild, das statt zweier<br />

konservativer Übungen nun<br />

das Foto eines Kin<strong>de</strong>s im<br />

Vorschulalter zeigt, das<br />

hochkonzentriert an einer<br />

Boul<strong>de</strong>rwand klettert. Damit<br />

erhält <strong>de</strong>r Sportför<strong>de</strong>runterricht<br />

schon rein optisch<br />

einen an<strong>de</strong>ren Schwerpunkt.<br />

Das traditionelle rein ge­<br />

s<strong>und</strong>heitsorientierte <strong>und</strong><br />

etwas trockene Bild <strong>de</strong>s<br />

Sportför<strong>de</strong>runterrichts wird<br />

aufgebrochen <strong>und</strong> erfährt<br />

durch Abenteuer­ <strong>und</strong><br />

Erlebnissport neue Impulse,<br />

weg von <strong>de</strong>r speziellen För­<br />

<strong>de</strong>rung leistungsschwacher<br />

Schüler, hin zur För<strong>de</strong>rung<br />

aller durch <strong>de</strong>n zunehmen­<br />

<strong>de</strong>n Bewegungsmangel in<br />

ihrer Entwicklung bedrohten<br />

Kin<strong>de</strong>r. Im Buch wird aller­<br />

dings kein Bezug auf die<br />

Boul<strong>de</strong>rwand als Teil einer<br />

erlebnisorientierten Bewegungserfahrung<br />

genommen,<br />

zumin<strong>de</strong>st eine Bemerkung<br />

hätte ich erwartet. Offenbar<br />

haben drucktechnische<br />

Abläufe dies verhin<strong>de</strong>rt. Weitere<br />

kleine Kritikpunkte sind:<br />

Wünschenswert gewesen<br />

wäre eine Aktualisierung <strong>de</strong>r<br />

Statistiken, ebenso eine<br />

Erweiterung <strong>de</strong>r Übungsgeräte<br />

(Igelbälle u. a.). Beim<br />

unverän<strong>de</strong>rten, sehr guten<br />

Kapitel Entspannung haben<br />

die Überarbeiter im Text<br />

versäumt, das 5­Mark­Stück<br />

gegen ein Euro­Stück<br />

auszutauschen – nicht<br />

wichtig, aber nicht aktualisiert.<br />

Insgesamt aber fällt die<br />

Beurteilung ausgesprochen<br />

positiv aus. Die Übungen<br />

bieten eine Fülle von Hin­<br />

weisen <strong>für</strong> je<strong>de</strong>n Einsteiger.<br />

Der neue Rusch/Weineck<br />

wird sowohl <strong>de</strong>m gerecht,<br />

<strong>de</strong>r schnell einige Übungen<br />

braucht als auch <strong>de</strong>m, <strong>de</strong>r<br />

sich Hintergr<strong>und</strong>wissen er­<br />

arbeiten will. Darüber hinaus<br />

sind die Übungen nicht nur<br />

<strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sportför<strong>de</strong>runterricht<br />

einsetzbar, son<strong>de</strong>rn auch <strong>für</strong><br />

<strong>de</strong>n allgemeinen Sportunterricht<br />

<strong>und</strong> teilweise auch sehr<br />

gut geeignet <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Er­<br />

wachsenen­ <strong>und</strong> Seniorensport.<br />

Maria Huber<br />

Rockemann, Ulrike/<br />

Bömermann, Hartmut<br />

Gr<strong>und</strong>lagen <strong>de</strong>r sportwissenschaftlichenForschungsmetho<strong>de</strong>n<br />

<strong>und</strong> Statistik<br />

Schorndorf: Hofmann, 2006.<br />

ISBN 978­3­7780­9120­3<br />

29,90 e<br />

Das Buch soll Studieren<strong>de</strong>n<br />

eine Hilfestellung sein, einen<br />

ersten Zugang zu <strong>de</strong>n<br />

Forschungsmetho<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

<strong>de</strong>n statistischen Verfahren,<br />

die <strong>für</strong> die Sportwissenschaft<br />

Relevanz besitzen, zu<br />

bekommen. Als ein Band <strong>de</strong>r<br />

Lehrbuchreihe „Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>de</strong>r Sportwissenschaft“<br />

nimmt es Bezug auf die<br />

Schil<strong>de</strong>rungen in <strong>de</strong>n<br />

an<strong>de</strong>ren Büchern <strong>und</strong> behan<strong>de</strong>lt<br />

die dort aufgegriffenen<br />

Forschungsmetho<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n<br />

Gr<strong>und</strong>zügen. Es soll eine<br />

allgemeine Einführung in die<br />

Denkweise vermitteln, die<br />

<strong>de</strong>r empirischen Forschung<br />

zugr<strong>und</strong>e liegt. Zu diesem<br />

Kurs wird ein ergänzen<strong>de</strong>r<br />

Online­Kurs empfohlen<br />

(www.sportwissenschaftaka<strong>de</strong>mie.<strong>de</strong>).<br />

Hartmann-Tews, Ilse/<br />

Rulofs, Bettina (Hrsg.)<br />

Handbuch Sport <strong>und</strong><br />

Geschlecht<br />

Schorndorf: Hofmann, 2006.<br />

ISBN 978­3­7780­4580­0<br />

29,90 e<br />

Nach ersten Beiträgen zu<br />

<strong>de</strong>m Thema „Sport <strong>und</strong><br />

Geschlecht“ in <strong>de</strong>n 1980er<br />

Jahren hat die Geschlechterforschung<br />

mittlerweile<br />

Einzug in die Sportwissenschaft<br />

gehalten. Der<br />

vorliegen<strong>de</strong> Band versammelt<br />

erstmalig systematisch<br />

Analysen zu verschie<strong>de</strong>nen<br />

thematischen Fel<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r<br />

sportwissenschaftlichen<br />

Geschlechterforschung in<br />

einem Werk. Das Buch liefert<br />

damit gr<strong>und</strong>legen<strong>de</strong><br />

Einsichten zur Geschlechterordnung<br />

im Sport aus <strong>de</strong>r<br />

Perspektive <strong>de</strong>r Sportsoziologie,<br />

­pädagogik, ­psychologie,<br />

­<strong>motorik</strong>, ­geschichte<br />

<strong>und</strong> ­politik <strong>und</strong> gibt in<br />

thematischer Breite einen<br />

Überblick über die relevanten<br />

Forschungsthemen.<br />

Melanie Behrens<br />

Die Buchbesprechungen/<br />

Neuerscheinungen<br />

wer<strong>de</strong>n in Motorik<br />

3/2007 fortgesetzt.<br />

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114<br />

<strong>Zeitschrift</strong>enspiegel<br />

<strong>Zeitschrift</strong>enspiegel<br />

Die hier aufgeführten<br />

Artikel stellen einen<br />

zusammenfassen<strong>de</strong>n<br />

Überblick aus diversen<br />

<strong>Zeitschrift</strong>en dar, die <strong>für</strong><br />

das Fachgebiet Psycho<strong>motorik</strong>/Motologie<br />

von<br />

Be<strong>de</strong>utung sind. Folgen<strong>de</strong><br />

<strong>Zeitschrift</strong>en sehen wir <strong>für</strong><br />

unsere Leser regelmäßig<br />

durch:<br />

• „Behin<strong>de</strong>rte“: Reha-Druck,<br />

Graz<br />

• „Ergotherapie & Reha-<br />

bilitation“: Schulz-<br />

Kirchner, Idstein<br />

• „Frühför<strong>de</strong>rung interdisziplinär“:<br />

Reinhardt,<br />

München/Basel<br />

Praxis <strong>de</strong>r<br />

Psycho<strong>motorik</strong><br />

Jahrgang 2005<br />

Panten, D.: Effekte <strong>de</strong>r<br />

Psychomotorischen<br />

Therapie <strong>und</strong> För<strong>de</strong>rung<br />

aus Sicht <strong>de</strong>r Eltern –<br />

eine Katamnesestudie.<br />

1: 4–12.<br />

Reichenbach, C.: (Moto-)<br />

Diagnostik zwischen<br />

Therapie <strong>und</strong> Pädagogik<br />

– Überlegungen zum<br />

• „Geistige Behin<strong>de</strong>rung“:<br />

Lebenshilfe-Verlag, Marburg<br />

• „Gr<strong>und</strong>schule“: Westermann,<br />

Braunschweig<br />

• „Haltung <strong>und</strong> Bewegung“:<br />

BAG, Wiesba<strong>de</strong>n<br />

• „Heilpädagogik“: Heilpädagogische<br />

Gesellschaft<br />

Österreich, Siegenfeld<br />

• „Hörgeschädigten<br />

Pädagogik“: Median-<br />

Verlag, Hei<strong>de</strong>lberg<br />

• „Kin<strong>de</strong>rgarten heute“:<br />

Her<strong>de</strong>r, München<br />

• „Kindheit <strong>und</strong> Entwicklung“:<br />

Hogrefe Verlag,<br />

Göttingen<br />

• „Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendarzt“:<br />

Hanseatisches Verlagskontor<br />

Lübeck<br />

diagnostischen Han<strong>de</strong>ln<br />

in <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>.<br />

1: 13–21.<br />

Schilling, F.: Grapho<strong>motorik</strong><br />

<strong>und</strong> Schriftspracherwerb.<br />

1: 22-30.<br />

Stapf, A.: Früherkennung<br />

hochbegabter Kin<strong>de</strong>r.<br />

1: 31–36.<br />

Krenz, A.: (N)Irgendwo ist<br />

Bullerbü – überlasst <strong>de</strong>n<br />

Kin<strong>de</strong>rn ihre Kindheit.<br />

Ein Plädoyer gegen die<br />

zunehmen<strong>de</strong> Vertreibung<br />

<strong>de</strong>s Kind(er)lebens.<br />

1: 37–40.<br />

Mall, W.: Sensomotorische<br />

Lebensweisen – Menschen<br />

mit „geistiger<br />

Behin<strong>de</strong>rung‘‘ besser<br />

verstehen. 1: 41–52.<br />

Richter, J.: Ich bin, was du<br />

bist, wenn du möchtest,<br />

das(s) ich bin. Bist du<br />

auch ich? Über das<br />

Arbeiten in <strong>und</strong> mit <strong>de</strong>r<br />

Übertragung innerhalb<br />

<strong>de</strong>s „Verstehen<strong>de</strong>n<br />

Ansatzes‘‘. 2: 76–85.<br />

• „Krankengymnastik“:<br />

Pflaum, München<br />

• „Mit Sprache“: Holzhausen<br />

Druck & Medien<br />

GmbH, Wien<br />

• „Päd Forum“: Schnei<strong>de</strong>r,<br />

Hohengehren<br />

• „Prävention“: Deutscher<br />

B<strong>und</strong>es-Verlag Bonn<br />

• „Praxis Ergotherapie“:<br />

Mo<strong>de</strong>rnes Lernen,<br />

Dortm<strong>und</strong><br />

• „Praxis <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>/<br />

Motopädie“: Mo<strong>de</strong>rnes<br />

Lernen, Dortm<strong>und</strong><br />

• „Schweizerische <strong>Zeitschrift</strong><br />

<strong>für</strong> Heilpädagogik“:<br />

Ediprim AG, Biel<br />

• „Sportpädagogik“: Erhard-<br />

Friedrich Verlag, Seelze<br />

Schoch, R.: In Zukunft:<br />

Improvisieren?! Zeitgemäß<br />

Han<strong>de</strong>ln in <strong>de</strong>r<br />

Psycho<strong>motorik</strong>. 2: 86–93.<br />

Doering, W.: Die Zukunft<br />

beginnt JETZT. Entwicklungsbegleitung<br />

Doering<br />

<strong>und</strong> Arbeit am TONFELD.<br />

2: 94-100.<br />

Grensemann, D./Sammann,<br />

K.: Ist die Beziehungsgestaltung<br />

das A <strong>und</strong> O in<br />

<strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong>.<br />

3: 144–149.<br />

Zirngiebel, E./Schulte-<br />

Mattler, U./Schlei<strong>de</strong>n, H./<br />

Schmidt, E./Borbein, J./<br />

Noppeney, A./Linxen, S.:<br />

Fi<strong>de</strong>lius: ein psychomotorischesBeobachtungsverfahren.<br />

3: 150–155.<br />

Bull, A.: Tiergestützte<br />

Therapie <strong>und</strong> Pädagogik.<br />

3: 173–181.<br />

Beckendorf, R.: Therapeutic<br />

Touch in <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendpsychiatrie: Die<br />

Kraft <strong>de</strong>r Berührung.<br />

4: 220–233.<br />

• „Son<strong>de</strong>rpädagogik“:<br />

Wissenschaftsverlag<br />

Spiess Berlin<br />

• „Sportunterricht“:<br />

Hofmann, Schorndorf<br />

• „Sportwissenschaft“:<br />

Hofmann, Schorndorf<br />

• „Unsere Jugend“: Reinhardt,<br />

München<br />

• „Welt <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s“: Kösel,<br />

München<br />

• „<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Erlebnispädagogik“:<br />

Neubauer,<br />

Lüneburg<br />

• „<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Heilpädagogik“:<br />

Julius Klink-<br />

hardt Verlag, Bad Heilbrunn<br />

• „Zusammen“: Friedrich,<br />

Velber<br />

Zuständige Redakteure: Melanie Behrens, Klaus Fischer<br />

Hanne-Behnke, G./Tham, K.:<br />

Die Rolle <strong>de</strong>r Eltern in<br />

<strong>de</strong>r psychomotorischen<br />

Therapie. Elternkurse als<br />

Therapiebegleitung.<br />

4: 234–240.<br />

Jansen, N.: Knisterwiese,<br />

Trockendusche & Co.<br />

Individuell gestaltetes<br />

Spielzeug <strong>und</strong> Frei-<br />

zeitmaterial <strong>für</strong> Menschen<br />

mit schwerster<br />

Behin<strong>de</strong>rung.<br />

4: 241–248.<br />

Kalbanter-Wernicke, K.:<br />

Die Fünf Wandlungsphasen<br />

im therapeutischen<br />

Alltag. 4: 249–257.<br />

Reihe „Praxis“<br />

Langkammer, S.: Ringen <strong>und</strong><br />

Raufen. Ein Projekt mit<br />

Mädchen an einer Schule<br />

<strong>für</strong> Lernbehin<strong>de</strong>rte.<br />

1: 53–59.<br />

Stöppler, R./Zacharias, M.:<br />

„Roll on!‘‘ Inline Skating<br />

bei Jugendlichen mit


geistiger Behin<strong>de</strong>rung.<br />

2: 104–112.<br />

Kubanski, D.: Übungen<br />

zur Stärkung <strong>de</strong>s<br />

Selbstbewusstseins.<br />

2: 101–103.<br />

Schönra<strong>de</strong>, S.: „Die Abenteuer<br />

<strong>de</strong>r kleinen Hexe im<br />

Buchstabenland.“<br />

Ein psychomotorischer<br />

Zugang zum Lernen<br />

von A–Z. 3: 156–165.<br />

Kopf, B.: Psycho<strong>motorik</strong> in<br />

<strong>de</strong>r pädiatrischen<br />

Onkologie – Angebote<br />

<strong>für</strong> krebskranke Kin<strong>de</strong>r.<br />

3: 166–172.<br />

Bull, A.: Tiergestützte<br />

Therapie <strong>und</strong> Pädagogik.<br />

3: 173–181.<br />

Jackel, B.: Kindliche Berührungserfahrungen<br />

<strong>und</strong><br />

kommunikative Kompetenz.<br />

Möglichkeiten <strong>de</strong>s<br />

Umgangs mit fühl- <strong>und</strong><br />

sprachför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>n<br />

Bil<strong>de</strong>rbüchern.<br />

3: 182–188.<br />

Sowa, M.: Jetzt kann ich<br />

endlich mitspielen!<br />

Badminton in heterogenen<br />

Sportgruppen von<br />

Nichtbehin<strong>de</strong>rten <strong>und</strong><br />

Sportlern mit geistiger<br />

Behin<strong>de</strong>rung.<br />

3: 189–194.<br />

Tille, H./Tille, G.: Die Abenteuer<br />

von Robinson<br />

Crusoe. Eine Bewegungsgeschichte<br />

als Gruppenwettkampf.<br />

4: 258–264.<br />

Reihe: „Fingerspiele <strong>für</strong> Jung<br />

<strong>und</strong> Alt“<br />

Kelber-Bretz, W.:<br />

Partner- <strong>und</strong> Gruppenspiele I.<br />

2: 113–119.<br />

Partner- <strong>und</strong> Gruppenspiele II.<br />

4: 265–269.<br />

Jahrgang 2006<br />

Richter, J. T. : Theorie einer<br />

psychomotorischen<br />

Beratung mit <strong>de</strong>r Familie.<br />

Entwicklungslinien <strong>und</strong><br />

Perspektiven einer<br />

familienpsychomotorischen<br />

Metho<strong>de</strong>.<br />

1: 4–13.<br />

Mayr, R.: Erleben, Spüren,<br />

Bewegen. Aspekte<br />

psychomotorischer<br />

Angebote <strong>für</strong> Menschen<br />

mit schwersten Behin<strong>de</strong>rungen.<br />

1: 14–21.<br />

Bull, A.: Tiergestützte Arbeit<br />

mit erwachsenen <strong>und</strong><br />

alten Menschen.<br />

1: 22–32.<br />

Mösch, B.: Lasst die Kin<strong>de</strong>r<br />

gelassen lernen. Körperlichkeit<br />

<strong>und</strong> Beziehungsfähigkeit<br />

als Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>für</strong> integrative Lernprozesse.<br />

2: 80–86.<br />

Richter, J./Heitkötter, T.: Die<br />

3 Phasen einer psychomotorischenFamilienberatung.<br />

2: 87–97.<br />

Graf, C./Dor<strong>de</strong>l, S.: Bewegungsmangel<br />

<strong>und</strong><br />

Übergewicht bei Kin<strong>de</strong>rn<br />

<strong>und</strong> Jugendlichen.<br />

2: 98–102.<br />

Högerle, M./B<strong>und</strong>schuh, C.:<br />

Raumwahrnehmung.<br />

Be<strong>de</strong>utung–Entwicklung<br />

– Prozess – För<strong>de</strong>rung.<br />

3: 152–162.<br />

Buchwald-Röser, A.: Plitsch-<br />

Platsch. Nasser Quatsch!<br />

– psychomotorisches<br />

Wasserangebot <strong>für</strong><br />

übergewichtige Kin<strong>de</strong>r.<br />

3: 177–181.<br />

Reihe „Praxis“<br />

Brettschnei<strong>de</strong>r, W./Malek, C.:<br />

„Walking Bus: <strong>de</strong>r aktive<br />

Schulweg. Eine Präventionsmaßnahme<br />

gegen<br />

Zuwachs körperlicher<br />

Inaktivität <strong>und</strong> Übergewicht.<br />

1: 33–36.<br />

Panhans, U./Wirth, S.: MUT<br />

TUT GUT – „Stockkampf<br />

& Tanz‘‘ – in <strong>de</strong>r therapeutischen<br />

<strong>und</strong> pädagogischen<br />

Arbeit.<br />

1: 37–42.<br />

Lange, A.: Abenteuer im<br />

Weltall. 1: 43–46.<br />

Schoch, R.: In Zukunft:<br />

Spielen?! 1: 47–51.<br />

Langer-Bär, H.: „Familie in<br />

Bewegung.“ Ein Projektbericht<br />

über die Verbindung<br />

<strong>de</strong>r Systemischen<br />

Beratung mit <strong>Mototherapie</strong>.<br />

2: 109–116.<br />

Hornung, S./Hofer, H.:<br />

Elternarbeit in <strong>de</strong>r<br />

Psycho<strong>motorik</strong>-Therapie.<br />

Empirische Untersuchung<br />

Teil I. 3: 168–172.<br />

Keller, C./Meister, B./<br />

Mosimann, M./Stal<strong>de</strong>r,<br />

D.: Psycho<strong>motorik</strong>-<br />

Therapie aus <strong>de</strong>r Sicht<br />

<strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s. Empirische<br />

Untersuchung Teil II.<br />

3: 173–176.<br />

Tille, H./Tille, G.: Raffinierte<br />

Staffelspiele <strong>für</strong> rüstige<br />

Senioren ab 70 Jahren.<br />

3: 182–187.<br />

<strong>Zeitschrift</strong> <strong>für</strong> Erlebnispädagogik<br />

Jahrgang 2005<br />

Schlick, K.: Naturerlebnisspiele.<br />

1/2: 1–89.<br />

Lienhard V.: Wie Kin<strong>de</strong>r<br />

lernen. 4: 3–6.<br />

Lakemann, U.: Die Angst <strong>de</strong>s<br />

Trainers vorm Transfer.<br />

Erlebnispädagogische<br />

Erfolge aus systemtheoretischer<br />

Sicht.<br />

4: 7–18.<br />

Münch, J.: Wie lässt sich<br />

das Leben erleben?<br />

Eine Erinnerung an<br />

<strong>de</strong>n Pädagogen, Künstler<br />

<strong>und</strong> Philosophen<br />

Hugo Kükelhaus.<br />

4: 19–34.<br />

Kükelhaus, H.: Über das<br />

Erleben von Naturgesetzen<br />

im Spiel. Zur Geräte-<br />

Auswahl <strong>de</strong>s Naturk<strong>und</strong>lichen<br />

Spiel-Werkes in<br />

Montreal. 4: 35–41.<br />

Holsten, A./Gorgas, S./<br />

Rauscher, R./Lehmann, J.:<br />

Psycho<strong>motorik</strong> auf <strong>de</strong>m<br />

Bauernhof. 4: 48–58.<br />

Maiwald, R.: Rhythmischmusikalische<br />

Erziehung.<br />

5: 50–59.<br />

San<strong>de</strong>rs, A./Lehmann, J.:<br />

Konstruktiv-interaktives<br />

Lernen. 6: 33–39.<br />

San<strong>de</strong>rs, A.: Bildung <strong>für</strong> das<br />

Leben in <strong>de</strong>r Weltgesellschaft.<br />

6: 49–57.<br />

Bieligk, M.: Erlebnispädagogische<br />

Ansätze im<br />

Sportunterricht.<br />

7/8/9: 1–180.<br />

Kuhlmann, J.: „BE-G-REIFEN“<br />

im Wald – Ausführungen<br />

zum aktuellen Stand <strong>de</strong>r<br />

Waldkin<strong>de</strong>rgartenpädagogik<br />

in Deutschland.<br />

10: 20–38.<br />

Kaiser, M.: Pfadfin<strong>de</strong>n <strong>und</strong><br />

Schule. 11/12: 1–89.<br />

<strong>Zeitschrift</strong>enspiegel<br />

wird in Motorik 3/2007<br />

fortgesetzt.<br />

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116<br />

Veranstaltungen<br />

Veranstaltungen<br />

20.–21. 7. 2007<br />

„Trauma <strong>und</strong> Entwicklung“<br />

Symposium <strong>de</strong>s Instituts<br />

<strong>für</strong> Analytische Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong><br />

Jugendlichenpsychotherapie<br />

(AKJP) Hei<strong>de</strong>lberg mit<br />

<strong>de</strong>m Schwerpunktthema<br />

Bindungsforschung.<br />

Ort: Hei<strong>de</strong>lberg<br />

E-Mail: info@akjp-hd.<strong>de</strong><br />

URL: http://<br />

www.akjp-hd.<strong>de</strong><br />

22.–24. 7. 2007<br />

„Internationaler Kongress<br />

zur Bewegungsanalyse in<br />

Erziehung, Therapie <strong>und</strong><br />

Forschung“<br />

Zum 20-jährigen Jubiläum<br />

veranstaltet das Zentrum <strong>für</strong><br />

Tanz & Therapie, München<br />

in Kooperation mit <strong>de</strong>r<br />

Universität Hei<strong>de</strong>lberg<br />

diesen internationalen<br />

Kongress zur Bewegungsanalyse<br />

aus <strong>de</strong>n Bereichen<br />

Tanz – Therapie – Pädagogik<br />

– Wissenschaft <strong>und</strong> Wirtschaft.<br />

Die Laban Bewegungsanalyse<br />

<strong>und</strong> das sich<br />

daraus entwickelte Kestenberg<br />

Movement Profile <strong>und</strong><br />

die Movement Pattern<br />

Analysis als differenzierte<br />

Instrumente <strong>de</strong>r psychophysischen<br />

Bewegungsanalyse<br />

wer<strong>de</strong>n durch bekannte<br />

internationale Dozentinnen<br />

<strong>und</strong> Dozenten, die zum Teil<br />

erstmalig in Deutschland<br />

ihre Arbeit vorstellen, durch<br />

Vorträge <strong>und</strong> Workshops<br />

angeboten.<br />

Ort: Freising bei<br />

München<br />

E-Mail: info@<br />

tanztherapiezentrum.<strong>de</strong><br />

URL: http://www.<br />

tanztherapiezentrum.<strong>de</strong>/<br />

in<strong>de</strong>x.html<br />

15. 9. 2007<br />

Fachtagung „Bewegung,<br />

Spiel <strong>und</strong> Sport in <strong>de</strong>r<br />

Kin<strong>de</strong>r- <strong>und</strong> Jugendhilfe“<br />

Bewegung, Spiel <strong>und</strong> Sport<br />

haben eine lange Tradition in<br />

<strong>de</strong>r Heimerziehung. Dies<br />

liegt sicher zum einen daran,<br />

dass Bewegung <strong>und</strong> Spiel zu<br />

<strong>de</strong>n wesentlichen Elementen<br />

kindlicher Entwicklung<br />

gehören <strong>und</strong> dass auch<br />

Jugendliche die sportliche<br />

Bewegung als Medium <strong>de</strong>r<br />

Selbstentwicklung einsetzen.<br />

Zum an<strong>de</strong>ren nutzten<br />

engagierte Heimerzieher<br />

ihre Vorliebe <strong>für</strong> <strong>de</strong>n Sport<br />

zum Aufbau von Beziehungen<br />

zu ihren Zöglingen,<br />

die sie <strong>für</strong> ihre erzieherische<br />

Arbeit verwen<strong>de</strong>n konnten.<br />

Bei dieser Fachtagung<br />

wer<strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>ne<br />

aktuelle Konzepte aus<br />

<strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>r Kin<strong>de</strong>r-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe vorge-<br />

stellt.<br />

Veran- Aktionskreis<br />

stalter: Psycho<strong>motorik</strong><br />

e. V., ÜBBZ,<br />

Katholische<br />

Fachschule <strong>für</strong><br />

Sozialpädagogik<br />

Saarbrücken<br />

Ort: ÜBBZ – Überre-<br />

gionales Beratungs-<br />

<strong>und</strong> Behandlungszentrum,<br />

Würzburg<br />

E-Mail: info@skf-wue.<strong>de</strong><br />

URL: http://www.<br />

skf-wue.<strong>de</strong><br />

10.–12. 9. 2007<br />

„Pädagogische<br />

Professionalität“<br />

70. Tagung <strong>de</strong>r Kommission<br />

„Arbeitsgruppe Empirische<br />

Pädagogische Forschung<br />

(AEPF)“ <strong>de</strong>r Deutschen<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Erziehungswissenschaft<br />

(DGfE).<br />

Ort: Leuphana Universität,<br />

Lüneburg<br />

E-Mail: aepf@unilueneburg.<strong>de</strong><br />

URL: http://www.fb1.<br />

uni-lueneburg.<strong>de</strong>/<br />

fb1/inst_suhf/neu/<br />

prog_tagesablauf.<br />

php<br />

19.–21. 9. 2007:<br />

Empowerment-Kongress<br />

2007: „Selbsthilfe <strong>und</strong><br />

Selbstunternehmung in <strong>de</strong>r<br />

Bürgergesellschaft –<br />

Zivilgesellschaftliches<br />

Engagement <strong>und</strong> Selbstorganisation<br />

als Zukunftsmo<strong>de</strong>ll“<br />

Die gegenwärtige wirtschaftliche<br />

<strong>und</strong> strukturelle<br />

Entwicklung erzeugt<br />

zunehmend ungeschützte<br />

Lebensverhältnisse. Damit<br />

einher gehen das Auseinan<strong>de</strong>rdriften<br />

von Bildungs- <strong>und</strong><br />

Einkommenschancen sowie<br />

die Erosion gemeinsamer<br />

Werte. Umsteuern ist da am<br />

ehesten möglich, wo die<br />

Menschen ihren Lebensmittelpunkt<br />

haben, nämlich vor<br />

Ort. Dort benötigen sie<br />

Ermutigung <strong>und</strong> niedrigschwellige,<br />

befähigen<strong>de</strong> <strong>und</strong><br />

lebensfre<strong>und</strong>liche För<strong>de</strong>rbedingungen,<br />

kurz: Empowerment.<br />

Durch <strong>de</strong>n Empowerment-Kongress,<br />

<strong>de</strong>r die<br />

Selbstbemächtigung <strong>de</strong>r<br />

Bürger auf lokaler Ebene<br />

anstrebt, soll eine breite<br />

Diskussion auf wissenschaftlicher<br />

<strong>und</strong> professioneller<br />

Ebene entfacht wer<strong>de</strong>n.<br />

Ort: Hochschule Mag<strong>de</strong>burg-Stendal<br />

(FH)<br />

E-Mail: info@<br />

kongress2007.<strong>de</strong><br />

URL: http://www.<br />

kongress2007.<strong>de</strong>/<br />

Home<br />

20.–23. 9. 2007<br />

„Selbstregulation: Körper –<br />

Gefühl – Denken“,<br />

3. Kongress <strong>de</strong>r Deutschen<br />

Gesellschaft <strong>für</strong> Körperpsychotherapie<br />

In <strong>de</strong>r Körperpsychotherapie<br />

nimmt das Konzept <strong>de</strong>r<br />

Selbstregulation ähnlich wie<br />

in <strong>de</strong>r Humanistischen<br />

Psychotherapie <strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Systemischen Therapie in <strong>de</strong>r<br />

Theorie wie auch im<br />

praktischen psychotherapeutischen<br />

Han<strong>de</strong>ln einen<br />

wichtigen Platz ein. Die<br />

Fähigkeit <strong>de</strong>s Patienten zur<br />

Selbstregulation gilt als eine<br />

Ressource <strong>für</strong> Heilung,<br />

Verän<strong>de</strong>rung <strong>und</strong> Wachstum.<br />

Der Kongress wird die<br />

verschie<strong>de</strong>nen Dimensionen<br />

<strong>de</strong>r Selbstregulation <strong>und</strong> das<br />

Verhältnis von Körper, Gefühl<br />

<strong>und</strong> Denken aus unterschiedlichen<br />

Perspektiven<br />

beleuchten.<br />

Ort: Freie Universität<br />

Berlin<br />

E-Mail: dgk@<br />

ctw-congress.<strong>de</strong><br />

URL: http://www.ctwcongress.<strong>de</strong>/dgk<br />

26.–28. 9. 2007<br />

„Bewegung - Ges<strong>und</strong>heit -<br />

Lebenswelt“ - Jahrestagung<br />

<strong>de</strong>r dvs-Kommission<br />

Ges<strong>und</strong>heit<br />

Die Weltges<strong>und</strong>heitsorganisation<br />

(WHO) hat die<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>r Kommune als<br />

Handlungsfeld <strong>für</strong> die<br />

Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rung<br />

erkannt <strong>und</strong> versucht, sie<br />

wie<strong>de</strong>r zu beleben. Sie<br />

för<strong>de</strong>rt (z. B. im healthycity-Projekt)<br />

<strong>und</strong> for<strong>de</strong>rt<br />

Aktivitäten auf <strong>de</strong>r kommunalen<br />

Ebene mit <strong>de</strong>m Ziel,<br />

ges<strong>und</strong>e Lebensräume zu<br />

schaffen. Erst in jüngster


Zeit wird die Ten<strong>de</strong>nz zur<br />

Umsetzung <strong>de</strong>r politischen<br />

I<strong>de</strong>e „Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rung“<br />

auch in <strong>de</strong>r Praxis <strong>de</strong>s<br />

Ges<strong>und</strong>heitssports sichtbar.<br />

Bei <strong>de</strong>n Bemühungen um<br />

eine Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s<br />

körperlich-aktiven Lebensstils<br />

<strong>de</strong>r Bevölkerung fin<strong>de</strong>n<br />

zunehmend sozial-ökologische<br />

Fragen <strong>de</strong>r Lebensqualität,<br />

<strong>de</strong>r Lebensbedingungen<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r<br />

Lebensgestaltung Berücksichtigung.<br />

Damit rückt <strong>de</strong>r<br />

Blick auf so genannte<br />

Settings <strong>de</strong>r bewegungsbezogenenGes<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rung<br />

(u. a. Schule, Betrieb,<br />

Kin<strong>de</strong>rgarten, Verein), die im<br />

Rahmen <strong>de</strong>r Tagung beleuchtet<br />

wer<strong>de</strong>n sollen.<br />

Ort: Universität<br />

Hamburg<br />

E-Mail: alexan<strong>de</strong>r.woll@<br />

uni-konstanz.<strong>de</strong><br />

URL: http://www.<br />

sportwissenschaft.<br />

<strong>de</strong><br />

27.–29. 9. 2007<br />

Europäischer Kongress<br />

„Energie-Psychologie ®<br />

<strong>und</strong> Psychotherapie“ –<br />

das reiche Spektrum<br />

heilen<strong>de</strong>r Kraft in<br />

individuellen <strong>und</strong> interaktionellen<br />

Systemen<br />

Die Konzepte <strong>de</strong>r „Energy-<br />

Psychology ® “ können als<br />

revolutionieren<strong>de</strong>s neues<br />

Paradigma in <strong>de</strong>r Psychotherapie<br />

bezeichnet wer<strong>de</strong>n. Sie<br />

verbin<strong>de</strong>n die effektivsten<br />

Zusatzqualifikation<br />

Psycho<strong>motorik</strong>/<br />

<strong>Motopädagogik</strong><br />

7. 9. 2007 bis 6. 7. 2008<br />

(10 Wochenendveranstaltungen)<br />

Ort: Erfurt<br />

Informationen: Institut <strong>für</strong> Psycho<strong>motorik</strong>, Dalbergsweg 10,<br />

99084 Erfurt<br />

Tel.: 03 61 / 2 25 23 34, www.psycho<strong>motorik</strong>.net<br />

Bernard Aucouturier<br />

Ansätze <strong>de</strong>r Kurzzeit-<br />

Psychotherapie mit <strong>de</strong>r<br />

Nutzung von Bio-Energie-<br />

Fel<strong>de</strong>rn.<br />

Ort: Milton-Erickson-<br />

Institut, Hei<strong>de</strong>lberg<br />

E-Mail: office@meihei.<strong>de</strong><br />

URL: http://<br />

www.meihei.<strong>de</strong><br />

25.–28. 10. 2007<br />

„Mentale Stärken –<br />

Sporthypnose – Selbsthypnose<br />

– Mentales<br />

Training – Coaching“<br />

Erstmalig wer<strong>de</strong>n aus aller<br />

Welt zirka 40 Experten <strong>für</strong><br />

Leistungssteigerung,<br />

Organisations- <strong>und</strong> Persönlichkeitsentwicklung<br />

in Sport, Wirtschaft, (Politik),<br />

Schule, Studium <strong>und</strong><br />

Rehabilitation zusammengeführt.<br />

Ort: Stadthalle,<br />

Hei<strong>de</strong>lberg<br />

E-Mail: mental@megrottweil.<strong>de</strong><br />

URL: http://www.<br />

meg-rottweil.<strong>de</strong><br />

1.–4. 11. 2007<br />

Kölner Therapietage<br />

„Psychotherapie reloa<strong>de</strong>d“<br />

Workshopreihe <strong>de</strong>r Aka<strong>de</strong>mie<br />

<strong>für</strong> Verhaltenstherapie Köln.<br />

Ort: Im MediaPark 7,<br />

Köln<br />

E-Mail: info@avt-koeln.org<br />

URL: http://www.<br />

koelner-therapietage.<strong>de</strong><br />

Der Ansatz Aucouturier – Handlungsfantasmen<br />

<strong>und</strong> psychomotorische Praxis<br />

288 Seiten, 50 Abbildungen, EUR 29,80<br />

ISBN 10: 3-9811066-0-1<br />

„…Dem Buch sind viele kreative <strong>und</strong> innovative Psycho<strong>motorik</strong>erInnen als<br />

LeserInnen zu wünschen…“<br />

(Richard Hammer)<br />

Holger Jessel<br />

Aufbaubildungsgang<br />

Musikalische För<strong>de</strong>rung im<br />

sozialpädagogischen Arbeitsfeld<br />

Aufbaubildungsgang <strong>für</strong> Absolvent/innen<br />

von Fachschulausbildungen, sozialpädagogischen<br />

<strong>und</strong> pädagogischen Studiengängen.<br />

Dauer: berufsbegleitend<br />

bzw.Teilzeit – 1 Jahr (600 St<strong>und</strong>en)<br />

Beginn: 1. August 2007<br />

Ernst-Kiphard-Berufskolleg<br />

Dortm<strong>und</strong>er Fachschule <strong>für</strong> Motopädie<br />

Victor-Toyka-Str. 6, 44139 Dortm<strong>und</strong><br />

Telefon 0231/103870, Fax 0231/103903<br />

info@motopaedieschule.<strong>de</strong> · www.motopaedieschule.<strong>de</strong><br />

Bestellung bei:<br />

proiecta Verlag · Professor Neu-Allee 6 · D-53225 Bonn · Fon (0) 22 22 – 93 14 16 · Fax (0) 22 22 - 93 13 96<br />

zum Preis von · EUR 29,80 incl. MwSt. · zzgl. EUR 1,40 Versand<br />

117


118<br />

Erste Delegiertenversammlung<br />

<strong>de</strong>r<br />

Deutschen Gesellschaft<br />

<strong>für</strong> Psycho<strong>motorik</strong><br />

Am 6. Mai 2007 trafen sich<br />

in Hamm zum ersten Mal<br />

Vertreter aus <strong>de</strong>n sechs<br />

Sektionen <strong>de</strong>r DGfPM (akp,<br />

DBM, BVDM, WVPM, Aus-<br />

<strong>und</strong> Fortbildungsinstitutionen,<br />

Vereine) zur Delegiertenversammlung<br />

<strong>de</strong>r im<br />

September gegrün<strong>de</strong>ten<br />

DGfPM. Anstelle <strong>de</strong>s<br />

kommissarischen Vorstan<strong>de</strong>s<br />

tritt nun ein Vorstand,<br />

in <strong>de</strong>m alle Sektionen<br />

vertreten sind. Vorstandsmitglie<strong>de</strong>r<br />

sind: Horst Göbel<br />

(1. Präsi<strong>de</strong>nt), Maria Charbel<br />

<strong>und</strong> Resi Seeberger-Wissing<br />

(Vizepräsi<strong>de</strong>ntinnen),<br />

Eckhard Knab, Melanie<br />

Behrens, Riele Marnitz<br />

(Beisitzer). Der weitere<br />

Ausbau <strong>de</strong>s Verban<strong>de</strong>s durch<br />

Zugewinn von neuen<br />

Mitgliedsvereinen,<br />

-verbän<strong>de</strong>n <strong>und</strong> -institutionen,<br />

die Kooperation in <strong>de</strong>m<br />

Europäischen Forum <strong>und</strong> die<br />

Vertretung <strong>de</strong>r Psycho<strong>motorik</strong><br />

im öffentlichen Raum hat<br />

sich <strong>de</strong>r Vorstand zur<br />

dringlichsten Aufgabe<br />

gemacht.<br />

Jahreshauptversammlung<br />

<strong>und</strong><br />

Absolvententreffen<br />

in Marburg<br />

Am 10. November 2007<br />

fin<strong>de</strong>t in Marburg die<br />

diesjährige Jahreshauptversammlung<br />

<strong>de</strong>s Berufsverban<strong>de</strong>s<br />

statt. Sie ist wie<br />

üblich mit einem Fortbildungsangebot<br />

verb<strong>und</strong>en.<br />

Am Vormittag tritt zunächst<br />

in einem Fortbildungsangebot<br />

das immer wie<strong>de</strong>rkehren<strong>de</strong><br />

<strong>und</strong> im Moment<br />

brandaktuelle Thema <strong>de</strong>r<br />

Jungenför<strong>de</strong>rung in <strong>de</strong>n<br />

Mittelpunkt. Die Aktualität<br />

dieses Themas lässt sich u. a.<br />

an einem vom B<strong>und</strong>esministerium<br />

<strong>für</strong> Familie, Senioren,<br />

Frauen <strong>und</strong> Jugend geför<strong>de</strong>rten<br />

Pilotprojekt „Neue Wege<br />

r Neuer Vorstand <strong>de</strong>r DGfPM Foto R. Mross<br />

<strong>für</strong> Jungs“ ablesen. Dieses<br />

Projekt zeichnet Konzepti<strong>de</strong>en<br />

aus mit <strong>de</strong>r Zielsetzung,<br />

Jungen zu unterstützen,<br />

an<strong>de</strong>re Lebensmo<strong>de</strong>lle<br />

kennen zu lernen <strong>und</strong><br />

Alltags- <strong>und</strong> Sozialkompetenzen<br />

zu stärken (www.<br />

neue-wege-fuer-jungs.<strong>de</strong>).<br />

Wir haben zu unserer<br />

Fortbildung Sabine Hoffmann<br />

(Dipl.-Motologin)<br />

eingela<strong>de</strong>n, die in einem<br />

zweistündigen Workshop<br />

unter <strong>de</strong>r Themenstellung<br />

„Was Jungen bewegt“ zu <strong>de</strong>r<br />

Fragestellung: „Warum sind<br />

Jungen an<strong>de</strong>rs als Mädchen,“<br />

Antworten aus <strong>de</strong>n Bereichen<br />

<strong>de</strong>r Biologie, Soziologie<br />

<strong>und</strong> Entwicklungspsychologie<br />

darstellen <strong>und</strong> daraus<br />

mit <strong>de</strong>n Teilnehmern weitere<br />

Schlussfolgerungen <strong>für</strong> die<br />

motologischeArbeit entwickeln<br />

wird. Als ein weiteres<br />

Informationsangebot wird<br />

Fiona Martzy (Dipl.-Motologin)<br />

mit einem Impulsreferat<br />

zum Thema „Evaluationsforschung<br />

im motologischen<br />

Kontext “ einen motologischen<br />

Blick auf einen Be-<br />

reich werfen, <strong>de</strong>r in wissenschaftlichen,<br />

politischen<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlichen<br />

Diskussionen zunehmend<br />

zu einem „Dauerbrenner“<br />

wird.<br />

Natürlich soll es im Rahmen<br />

<strong>de</strong>r JHV auch Raum <strong>und</strong> Zeit<br />

geben, um sich im persönlichen<br />

Kontakt über die<br />

eigene motologische Arbeit<br />

auszutauschen, <strong>und</strong> so<br />

an<strong>de</strong>re o<strong>de</strong>r neue Wege in<br />

<strong>de</strong>r motologischen Arbeit<br />

mitzuteilen <strong>und</strong> zu erfahren.<br />

Das Fortbildungsangebot ist<br />

<strong>für</strong> Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s BVDM<br />

kostenlos. Interessierte, die<br />

nicht Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>s<br />

Berufsverban<strong>de</strong>s sind,<br />

können gegen ein Entgelt<br />

natürlich an <strong>de</strong>r Fortbildung<br />

teilnehmen.<br />

Informationen können ab<br />

Juli 2007 unter www.<br />

motologie.net erfragt,<br />

Anmeldungen über<br />

motologenverband@<br />

t-online.<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r über<br />

BVDM, Postfach 200655,<br />

35018 Marburg gemacht<br />

wer<strong>de</strong>n.<br />

In Kooperation mit <strong>de</strong>m<br />

Studiengang Motologie<br />

fin<strong>de</strong>t am Abend <strong>de</strong>s 10.<br />

November 2007 im IFL,<br />

Barfüßerstr. 1, in Marburg<br />

dann ein Absolvententreffen<br />

statt. Alle ehemaligen<br />

Stu<strong>de</strong>ntinnen <strong>und</strong> Stu<strong>de</strong>nten<br />

<strong>de</strong>s Studiengangs<br />

„Motologie“ in Marburg<br />

o<strong>de</strong>r Erfurt sind hierzu<br />

herzlich eingela<strong>de</strong>n. Neben<br />

Informationen zum neuen<br />

Masterstudiengang bietet<br />

sich hier eine gute Gelegenheit<br />

mal unabhängig von<br />

einer inhaltlichen Auseinan<strong>de</strong>rsetzung<br />

alte Bekannte<br />

aus <strong>de</strong>r Motologie wie<strong>de</strong>r zu<br />

treffen, neue kennen zu<br />

lernen, zu feiern <strong>und</strong> selbst<br />

in Bewegung zu kommen,<br />

also zu tanzen.<br />

Beson<strong>de</strong>rs gefragt sind an<br />

diesem Abend die Motologinnen<br />

<strong>und</strong> Motologen<br />

<strong>de</strong>s Diplomabschlusses<br />

1987, die hier zusammen ihr<br />

20-jähriges Jubiläum feiern<br />

können.<br />

Informationen unter:<br />

Motoinfo@staff.unimarburg.<strong>de</strong>.


Europäisches Forum<br />

In nicht einmal einem Jahr,<br />

vom 21. bis 23. Mai 2008<br />

fin<strong>de</strong>t <strong>de</strong>r nächste Europäische<br />

Kongress zur Psycho<strong>motorik</strong><br />

an <strong>de</strong>r freien<br />

Universität in Amsterdam<br />

statt. Nähere Informationen<br />

unter: www.efp­<br />

amsterdam2008.eu.<br />

Neue Homepage<br />

<strong>de</strong>s BVDM<br />

Die neue Homepage <strong>de</strong>s<br />

Berufsverban<strong>de</strong>s unter<br />

www.motologie.net ist<br />

zurzeit im Aufbau.<br />

D. Beckmann-Neuhaus<br />

Berichte<br />

„Psycho<strong>motorik</strong> in<br />

Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rung<br />

<strong>und</strong> Prävention.“<br />

Bericht von <strong>de</strong>r 31. Tagung<br />

<strong>de</strong>r Ev. Aka<strong>de</strong>mie Hofgeismar<br />

in Bad Orb vom<br />

8.–10. Dezember 2006<br />

Neugierig auf das mir<br />

bevorstehen<strong>de</strong> Wochenen<strong>de</strong><br />

reiste ich, zum ersten Mal<br />

nach Bad Orb. Nach einer<br />

intensiven Beschäftigung mit<br />

Spielräumen <strong>und</strong> psychomotorischer<br />

Entwicklung, im<br />

Rahmen meiner Bachelorarbeit<br />

im Studiengang<br />

Physiotherapie in Em<strong>de</strong>n,<br />

war ich gespannt darauf wie<br />

in dieser Tagung die Psycho<strong>motorik</strong><br />

<strong>und</strong> die Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rung<br />

bearbeitet<br />

<strong>und</strong> in Beziehung zueinan<strong>de</strong>r<br />

gesetzt wer<strong>de</strong>n. Das Ergebnis<br />

vorweg: die Referieren<strong>de</strong>n<br />

thematisierten in einer<br />

ausgewählt anregen<strong>de</strong>n<br />

Begegnungs­ <strong>und</strong> Lernatmosphäre<br />

zentrale Elemente<br />

einer psychomotorischen<br />

Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rung über<br />

die Lebensspanne.<br />

Die Bad Orber Tagung wur<strong>de</strong><br />

von Stephan Kuntz <strong>und</strong> Dr.<br />

Georg Hofmeister konzipiert<br />

<strong>und</strong> mo<strong>de</strong>riert <strong>und</strong> in<br />

Zusammenarbeit mit <strong>de</strong>m<br />

Arbeitskreis Kirche <strong>und</strong> Sport<br />

<strong>de</strong>r Ev. Kirche Kurhessen­<br />

Wal<strong>de</strong>ck realisiert. Die<br />

Teilnehmen<strong>de</strong>n erlebten im<br />

Bewegen, Spielen, Staunen,<br />

Selbsterfahren <strong>und</strong> Reflektieren<br />

eine ausgewogene<br />

Mischung aus Vorträgen <strong>und</strong><br />

Workshops, durch die sie<br />

selbst zu ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rn<strong>de</strong>m,<br />

aktivem Verhalten<br />

angeregt wur<strong>de</strong>n. Dieses<br />

Prinzip ist zentrales Interesse<br />

<strong>de</strong>s Bad Orber Forums, <strong>de</strong>nn<br />

es versteht sich selber als ein<br />

Beitrag zur Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rung<br />

<strong>und</strong> zur Prävention.<br />

Die Eigenerfahrung <strong>de</strong>r<br />

Teilnehmen<strong>de</strong>n dient als<br />

Ausgangspunkt <strong>de</strong>s berufsbezogenen<br />

<strong>und</strong> persönlichen<br />

Austausches. Dieser konnte<br />

auf internationaler Ebene<br />

stattfin<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>nn es waren<br />

sowohl unter <strong>de</strong>n Teilnehmerinnen<br />

<strong>und</strong> Teilnehmern<br />

r Entspannung als „achtsamen Dialog“ erleben<br />

als auch unter <strong>de</strong>n Vortragen<strong>de</strong>n<br />

Vertreter aus <strong>de</strong>r<br />

Schweiz, Österreich <strong>und</strong><br />

Deutschland angereist.<br />

Stephan Kuntz führte locker<br />

<strong>und</strong> souverän ein – in die<br />

Be<strong>de</strong>utung <strong>de</strong>s Humors <strong>für</strong><br />

die psychomotorische<br />

Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rung.<br />

Inspiriert wur<strong>de</strong> sein Vortrag<br />

von <strong>de</strong>n I<strong>de</strong>en <strong>und</strong> <strong>de</strong>m<br />

Lebenswerk von Prof. Dr. E. J.<br />

Kiphard, <strong>de</strong>r in seiner Rolle<br />

als Begrün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

Psycho<strong>motorik</strong> <strong>und</strong> als<br />

Ehrengast – inzwischen 83<br />

Jahre alt – in Bad Orb<br />

anwesend war. Humor im<br />

Kiphardschen Sinne betont<br />

die Einzigartigkeit je<strong>de</strong>s<br />

Einzelnen <strong>und</strong> lässt ihn<br />

selbstbewusst <strong>und</strong> kompetent<br />

in Konfliktsituationen<br />

han<strong>de</strong>ln. Zum weiteren<br />

Referententeam <strong>de</strong>r Tagung<br />

gehörten: Sylvia Ben<strong>de</strong>r,<br />

Fredrik Vahle, Sonja Quante,<br />

Marianne Eisenburger, Josef<br />

Voglsinger, Ruth Haas,<br />

Rosmarie Härdi, Manfred<br />

Jahn, Karin Brünner, Valerie<br />

Huber, Georg Hofmeister,<br />

Daniela Mautner, Marlene<br />

Tauzher. Sowohl in <strong>de</strong>n<br />

Vorträgen als auch in <strong>de</strong>n<br />

Workshops ergänzten sich<br />

einzelne Facetten einer<br />

psychomotorisch orientierten<br />

Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>de</strong>rung in<br />

ungewöhnlich dichter Art<br />

<strong>und</strong> Weise. So öffnete sich<br />

<strong>de</strong>n Teilnehmen<strong>de</strong>n ein<br />

interessanter <strong>und</strong> fein<br />

abgestimmter Erfahrungsraum.<br />

In einer entspannten<br />

<strong>und</strong> anregen<strong>de</strong>n Atmosphäre<br />

umran<strong>de</strong>ten viele weiterführen<strong>de</strong><br />

Gespräche dieses<br />

fachlich hochkarätige<br />

Angebot. Stephan Kuntz <strong>und</strong><br />

Georg Hofmeister schufen in<br />

faszinieren<strong>de</strong>r Art <strong>und</strong> Weise<br />

<strong>de</strong>n Rahmen <strong>für</strong> diesen fein<br />

nuancierten, ganzheitlichen<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig berufsbezogenen<br />

Austaus ch.<br />

Meine Erwartungen wur<strong>de</strong>n<br />

in <strong>de</strong>m Erlebnis <strong>de</strong>r Intensität<br />

<strong>und</strong> <strong>de</strong>r Möglichkeiten<br />

zum Austausch noch<br />

übertroffen. Aus <strong>de</strong>r Perspektive<br />

eines „Neulings“ hatte<br />

ich das Gefühl von erfahrenen<br />

Fachleuten ernst<br />

genommen zu wer<strong>de</strong>n. Gerne<br />

erinnere ich mich an <strong>de</strong>n<br />

119


120<br />

Berichte / Summaries<br />

r Vielfältige Entspannungsmöglichkeiten mit Alltagsmaterialen unter <strong>de</strong>r Leitung von Sonja<br />

Quante.<br />

Summaries<br />

Richard Hammer<br />

Movement, play and sport<br />

as an established measure<br />

in children’s and youth’s<br />

welfare service<br />

A look at the work of the<br />

“classics of home education”<br />

shows that movement, play<br />

and sport have a long tradition<br />

in this area of education. A<br />

survey of the current situation<br />

in institutions for childcare<br />

and education reveals that this<br />

is still true today. However, in<br />

spite of the positive results of<br />

studies of effectiveness the<br />

offer of movement-oriented<br />

measures is not always a<br />

matter of course.<br />

Mechthild Denzer<br />

Psychomotor therapy as<br />

an organised element in<br />

social-pedagogical training<br />

Movement, play and sport<br />

have proved their worth as<br />

pedagogical and therapeutic<br />

measures in child and youth<br />

welfare. However, there is<br />

consistent evi<strong>de</strong>nce that their<br />

successful use requires a<br />

pedagogical organisation of<br />

everyday life that is based on<br />

the concept that movement<br />

and play are f<strong>und</strong>amental<br />

elements of child <strong>de</strong>velopment.<br />

How these f<strong>und</strong>amentals<br />

can be conveyed to<br />

prospective educators in a<br />

way drawn from experience<br />

is illustrated by the training<br />

of educators at the Catholic<br />

School for Social Pedagogy in<br />

Saarbrücken. Based on the<br />

learning-field concept,<br />

movement, play and sport are<br />

essential parts of training in<br />

this school: both for improving<br />

the stu<strong>de</strong>nts’ health and<br />

well-being and for preparing<br />

them for their future area<br />

of work.<br />

Albert Müller<br />

“Semisport” as an example<br />

of the successful combination<br />

of theory and<br />

practice in the Würzburg<br />

supraregional counselling<br />

and treatment centre<br />

As it is the goal of therapeutic-pedagogy<br />

training to<br />

differentiate and to extend<br />

the special as well as action-<br />

and person-related competencies<br />

of prospective<br />

remedial teachers, professional<br />

and life experience as<br />

well as special theoretical<br />

knowledge and action<br />

competencies in therapeutic<br />

pedagogy must be integrated<br />

in an a<strong>de</strong>quate way. This is<br />

done among other things in<br />

the specific teaching and<br />

learning form of the<br />

practical field. The aimed at<br />

combination of theory and<br />

practice in a full-time<br />

erinnere ich mich an <strong>de</strong>n<br />

Austausch mit an<strong>de</strong>ren<br />

zurück, die ebenfalls zum<br />

ersten Mal dort waren, <strong>de</strong>nn<br />

unterschiedliche Erfahrungshintergrün<strong>de</strong><br />

erwiesen sich<br />

als interessante Ausgangspunkte.<br />

Mit großen Erwartungen<br />

kann <strong>de</strong>m nächsten<br />

Treffen in Bad Orb entgegengesehen<br />

wer<strong>de</strong>n. Vom 7. bis<br />

9. Dezember 2007 mit <strong>de</strong>m<br />

Thema „Sprache in Bewegung:<br />

Sprachför<strong>de</strong>rung in<br />

psychomotorischen Kontexten“<br />

sind alle Interessierten<br />

herzlich eingela<strong>de</strong>n. Unter<br />

<strong>de</strong>r Leitung von Stephan<br />

Kuntz <strong>und</strong> Georg Hofmeister<br />

wer<strong>de</strong>n als Referieren<strong>de</strong><br />

Dr. Barbara Zolliger,<br />

Prof. Dr. Lütje-Klose,<br />

Prof. Dr. Fredrik Vahle<br />

<strong>und</strong> an<strong>de</strong>re erwartet.<br />

Dirk Peschke<br />

training in therapeutic<br />

pedagogy is shown using the<br />

example of the methodical<br />

subjects “moto-pedagogical<br />

and moto-therapeutic<br />

support of children and<br />

adolescents with be-<br />

havioural disor<strong>de</strong>rs”.<br />

As this terminology is too<br />

long-win<strong>de</strong>d for everyday<br />

language the term “semisport”<br />

has in the course<br />

of the years become the<br />

natural term used by the<br />

children concerned.<br />

Jörg Lesch<br />

Psychomotor therapy as<br />

a movement-oriented offer<br />

of an institution for child<br />

and youth welfare<br />

Using the example of an<br />

institution for child and<br />

youth welfare in the<br />

Saarland, in this article<br />

the significance of move-


ment, play and sport as<br />

elements of pedagogical and<br />

therapeutic work with<br />

children is revealed.<br />

Sandra Klingler<br />

Letting oneself fall –<br />

a topic in children’s<br />

and youth’s care?!<br />

Using individual examples,<br />

the significance of letting<br />

oneself fall and letting go<br />

for the <strong>de</strong>velopment of<br />

children is ma<strong>de</strong> clear.<br />

Against the backgro<strong>und</strong> of<br />

Erikson’s <strong>de</strong>velopmental<br />

theory, the effectiveness of<br />

psychomotor offers –<br />

particularly falling – in the<br />

context of an institution for<br />

child and youth welfare<br />

becomes obvious.<br />

Eilert von Busch<br />

Sincerely welcome in the<br />

Stefan Kuntz Stadium or:<br />

The organisation of breaks<br />

in a school for childcare<br />

and education<br />

In the framework of an antiviolence<br />

year in a school for<br />

childcare and education it<br />

happened that the area of<br />

Résumés<br />

Richard Hammer<br />

Mouvement, jeu et sport en<br />

tant que mesure éprouvée<br />

dans l’ai<strong>de</strong> à l’enfance et<br />

l’adolescence<br />

Mouvement, jeu et sport ont<br />

une longue tradition dans<br />

l’éducation en foyer.<br />

Quelques aperçus du travail<br />

<strong>de</strong> «classiques dans<br />

l’éducation en foyer» le<br />

montrent. Une supervision<br />

<strong>de</strong> la situation actuelle dans<br />

<strong>de</strong>s institutions pour enfants<br />

et adolescents rend manifeste<br />

que cela est le cas encore<br />

aujourd’hui, que – malgré<br />

<strong>de</strong>s résultats positifs<br />

provenant d’étu<strong>de</strong>s<br />

sport and psychomotor<br />

education was also a part of<br />

this main emphasis of the<br />

work with children and<br />

adolescents exhibiting<br />

conspicuous behavioural<br />

traits. Although playing<br />

football in school is an old<br />

hat, it is a real challenge in<br />

a school for childcare and<br />

education.<br />

Richard Hammer<br />

Alas, the values!<br />

Psychomotor therapy can do<br />

everything – almost everything.<br />

Can it contribute to<br />

the awareness of values?<br />

Against the backgro<strong>und</strong> of a<br />

system of values <strong>de</strong>veloped<br />

by H. v. Hentig, this article<br />

shows how changes of the<br />

personality can be achieved<br />

in a psychomotor lesson.<br />

One should be aware of the<br />

fact that this can even<br />

happen unintentionally.<br />

Mone Welsche /<br />

Cordula Stobbe /<br />

Georg Romer<br />

“And who sees us?” – Motor<br />

diagnostics for youths<br />

d’efficacité – l’offre <strong>de</strong><br />

mesures orientées vers le<br />

mouvement n’est quandmême<br />

pas garantie automatiquement.<br />

Mechthild Denzer<br />

La psychomotricité comme<br />

élément créé dans la<br />

formation <strong>de</strong> pédagogie<br />

sociale<br />

Mouvement, jeu et sport se<br />

sont éprouvés en tant que<br />

mesures pédagogiques et<br />

thérapeutiques dans l’ai<strong>de</strong><br />

aux enfants et adolescents.<br />

Il s’avère cependant toujours<br />

<strong>de</strong> nouveau qu’une intervention<br />

à succès <strong>de</strong>man<strong>de</strong> une<br />

Procedures of motor<br />

diagnostics are wellestablished<br />

elements of<br />

care in a lot of children and<br />

youth psychiatry clinics.<br />

A survey conducted on the<br />

topic of “Using Procedures of<br />

Motor Diagnostics in<br />

Children and Youth Psychiatry”<br />

shows that the predominant<br />

methods used are those<br />

for checking the state of<br />

motor <strong>de</strong>velopment and<br />

perceptual performances<br />

during childhood. On the<br />

other hand, there are <strong>de</strong>ficits<br />

leading to a great <strong>de</strong>mand<br />

for methods of motor<br />

diagnosis in young patients.<br />

In this article, the significance<br />

of motor-diagnostic<br />

procedures for young<br />

patients is discussed and<br />

motor-diagnostic methods<br />

which can be used with<br />

adolescents are presented.<br />

Rainer Wollny<br />

Traditions and current<br />

trends of motor <strong>de</strong>velopment<br />

research in Germany<br />

Because of non-uniform<br />

theoretical concepts and<br />

organisation pédagogique<br />

quotidienne qui se fon<strong>de</strong><br />

également sur l’idée <strong>de</strong> base<br />

que mouvement et jeu<br />

constituent <strong>de</strong>s éléments<br />

fondamentaux du développement<br />

<strong>de</strong> l’enfant. Comment<br />

ces principes peuvent<br />

être communiqués en tant<br />

qu’aventures aux futures<br />

éducatrices et éducateurs<br />

montre la formation <strong>de</strong>s<br />

éducateurs <strong>de</strong> l’école<br />

catholique spécialisée pour<br />

pédagogie sociale <strong>de</strong><br />

Saarbrücken où – orientés<br />

au concept du champ<br />

d’apprentissage – mouvement,<br />

jeu et sport constitu-<br />

empirical findings the<br />

discussion about the best<br />

theory of <strong>de</strong>velopment that<br />

was conducted in a very<br />

controversial manner for<br />

many years seems to be<br />

stuck in a “<strong>de</strong>velopmenttheoretical<br />

blind alley”.<br />

When seen perspectively, the<br />

metatheoretical framework<br />

concept of the life-span<br />

<strong>de</strong>velopmental psychology<br />

<strong>de</strong>veloped by Baltes has<br />

great innovative strength<br />

regarding the future<br />

research of the problems of<br />

motor <strong>de</strong>velopment. In this<br />

connection the examination<br />

of the specific influence of<br />

potential <strong>de</strong>velopmental<br />

factors <strong>und</strong>er externally<br />

valid ecological context<br />

conditions and of the<br />

assumptions of contextualism<br />

concerning the com-<br />

plex causal structure of<br />

ontogenesis is of great<br />

interest.<br />

ent une partie fondamentale<br />

<strong>de</strong> la formation: aussi bien<br />

en vue <strong>de</strong> l’accroissement <strong>de</strong><br />

la santé et du bien-être <strong>de</strong>s<br />

élèves qu’à la préparation <strong>de</strong><br />

leur champ professionnel<br />

future.<br />

Albert Müller<br />

Le «semisport» - un exemple<br />

d’interconnexion efficace<br />

entre théorie et pratique au<br />

Centre <strong>de</strong> Consultation et <strong>de</strong><br />

Traitement surrégional <strong>de</strong><br />

Würzburg<br />

Comme le but <strong>de</strong> la formation<br />

<strong>de</strong> pédagogie curative est<br />

<strong>de</strong> différencier et d’élargir<br />

les compétences professi-<br />

121


122<br />

Résumés<br />

onnelles relatives à l’action<br />

et à la personne <strong>de</strong>s péda-<br />

gogues curatifs futures,<br />

il faut intégrer <strong>de</strong> façon<br />

adéquate expérience<br />

professionnelle et vitale,<br />

connaissances spécialisées<br />

et compétences d’action<br />

nécessitées en pédagogie<br />

curative. Cela se passe e.a.<br />

dans la forme d’enseigne-<br />

ment et d’aprentissage<br />

spécifique du champ<br />

pratique.<br />

L’interconnexion visée entre<br />

théorie et pratique <strong>de</strong> la<br />

formation <strong>de</strong> pédagogie<br />

curative à plein temps est<br />

présentée à l’ai<strong>de</strong> <strong>de</strong><br />

l’exemple du domaine<br />

méthodologique «Développement<br />

motopédagogique et<br />

motothérapeutique d’enfants<br />

et d’adolescents présentant<br />

<strong>de</strong>s troubles du comportement».<br />

Comme cette<br />

terminologie est trop<br />

compliquée dans l’usage<br />

quotidien <strong>de</strong> la langue, il<br />

s’est installé au cours <strong>de</strong>s<br />

années chez les enfants<br />

concernés le terme <strong>de</strong><br />

«Semisport».<br />

Jörg Lesch<br />

La psychomotricité en tant<br />

qu’offre orientée vers le<br />

mouvement dans une<br />

institution d’ai<strong>de</strong> aux<br />

enfants et adolescents<br />

A l’ai<strong>de</strong> <strong>de</strong> l’exemple d’une<br />

institution d’ai<strong>de</strong> aux<br />

enfants et adolescents dans<br />

le Saarland l’importance du<br />

mouvement, jeu et sport<br />

dans le travail pédagogique<br />

et thérapeutique avec <strong>de</strong>s<br />

enfants est mise en évi<strong>de</strong>nce.<br />

Sandra Klingler<br />

Se laisser tomber – un thème<br />

dans l’ai<strong>de</strong> à l’enfance et<br />

l’adolescence?!<br />

A l’ai<strong>de</strong> d’exemples <strong>de</strong> cas<br />

l’importance pour le<br />

développement <strong>de</strong> l’enfant<br />

<strong>de</strong> se laisser tomber et <strong>de</strong><br />

relâcher est démontrée.<br />

Devant l’arrière-plan <strong>de</strong> la<br />

théorie <strong>de</strong> développement <strong>de</strong><br />

Erikson se montre l’efficacité<br />

d’offres psychomotrices – ici<br />

en particulier se laisser<br />

tomber - dans le contexte<br />

d’une institution d’ai<strong>de</strong> aux<br />

enfants et adolescents.<br />

Eilert von Busch<br />

Bienvenu dans le sta<strong>de</strong><br />

Stefan Kuntz ou: Conception<br />

<strong>de</strong> la récréation dans une<br />

école d’ai<strong>de</strong> à l’éducation<br />

Dans le cadre d’une année<br />

anti-violence il s’est passé<br />

dans une institution <strong>de</strong> l’ai<strong>de</strong><br />

à l’enfance et l’adolescence<br />

qu’également le domaine<br />

sport/psychomotricité a<br />

participé à cette priorité<br />

dans le travail avec <strong>de</strong>s<br />

enfants et <strong>de</strong>s adolescents<br />

perturbés du comportement.<br />

Maintenant le jeu du<br />

football dans les écoles<br />

constitue un vieux<br />

chapeau, jouer avec<br />

succès au football dans<br />

une école d’ai<strong>de</strong> à<br />

l’éducation cependant<br />

constitue un véritable<br />

challenge.<br />

Richard Hammer<br />

Ah oui, les valeurs !<br />

La psychomotricité peut tout<br />

faire – presque. Peut-elle<br />

contribuer également au<br />

développement <strong>de</strong> la<br />

conscience <strong>de</strong> valeurs? Dans<br />

la contribution est mis en<br />

évi<strong>de</strong>nce – <strong>de</strong>vant l’arrièreplan<br />

d’un système <strong>de</strong> valeurs<br />

développé par H. v. Hentig –<br />

comment <strong>de</strong>s changements<br />

<strong>de</strong> personnalité peuvent être<br />

obtenus dans une leçon <strong>de</strong><br />

psychomotricité – souvent<br />

sans intention. Il faudrait<br />

s’en rendre compte.<br />

Mone Welsche /<br />

Cordula Stobbe /<br />

Georg Romer<br />

«Et qui nous voit?» –<br />

Diagnostic moteur pour<br />

adolescents<br />

Dans beaucoup <strong>de</strong> cliniques<br />

pédopsychiatriques <strong>de</strong>s<br />

mesures <strong>de</strong> diagnostic<br />

moteur font partie du<br />

standard <strong>de</strong> la prise en<br />

charge. Il y a eu une enquête<br />

à propos du thème «Mise en<br />

place <strong>de</strong> mesures <strong>de</strong><br />

diagnostic moteur dans la<br />

pédopsychiatrie». A ce<br />

propos la dominance <strong>de</strong><br />

métho<strong>de</strong>s contrôlant avant<br />

tout le niveau <strong>de</strong> développement<br />

moteur ainsi que <strong>de</strong>s<br />

performances <strong>de</strong> perception<br />

dans l’enfance s’est clairement<br />

montrée. Dans la prise<br />

en considération <strong>de</strong> comportement<br />

ainsi que <strong>de</strong> diagnostic<br />

moteur auprès <strong>de</strong><br />

patients adolescents on a<br />

constaté <strong>de</strong>s déficits et <strong>de</strong><br />

grands besoins. Dans cet<br />

article l’importance <strong>de</strong><br />

mesures <strong>de</strong> diagnostic<br />

moteur auprès <strong>de</strong> patients<br />

adolescents est discutée et<br />

<strong>de</strong>s approches <strong>de</strong> diagnostic<br />

moteur qui conviennent<br />

aux adolescents sont<br />

présentées.<br />

Rainer Wollny<br />

Les traditions et les tendances<br />

actuelles <strong>de</strong> la<br />

recherche <strong>de</strong> développement<br />

moteur en Allemagne<br />

La discussion menée pendant<br />

<strong>de</strong> longues années <strong>de</strong> façon<br />

controversée sur la meilleure<br />

théorie <strong>de</strong> développement<br />

semble s’être engagée dans<br />

une impasse concernant la<br />

théorie <strong>de</strong> développement<br />

sur base <strong>de</strong> représentations<br />

théoriques hétérogènes et <strong>de</strong><br />

résultats empiriques. Du<br />

point <strong>de</strong> vue perspectiviste il<br />

advient à la conception <strong>de</strong><br />

cadre metathéorique <strong>de</strong> la<br />

psychologie <strong>de</strong> développement<br />

<strong>de</strong> la durée <strong>de</strong> vie <strong>de</strong><br />

Baltes une gran<strong>de</strong> force<br />

d’innovation pour la<br />

recherche future à propos <strong>de</strong><br />

questions se rapportant au<br />

curriculum vitae du développement<br />

moteur. L’examen <strong>de</strong><br />

l’influence spécifique <strong>de</strong><br />

facteurs <strong>de</strong> développement<br />

potentiels est à ce propos<br />

d’un intérêt scientifique<br />

particulier sous <strong>de</strong>s conditions<br />

<strong>de</strong> contexte externes<br />

vali<strong>de</strong>s et écologiques et <strong>de</strong>s<br />

hypothèses <strong>de</strong> contextualisme<br />

du complexe conditionnel<br />

<strong>de</strong> l’ontogenèse.


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