Merkblatt Spurenelement Jod
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<strong>Merkblatt</strong> <strong>Spurenelement</strong> <strong>Jod</strong><br />
Autorin: Dipl.-Päd. Nicole Rolfsmeier<br />
Datum: 10. Juli 2012<br />
Was ist <strong>Jod</strong>? Warum ist <strong>Jod</strong> für die Schilddrüse wichtig?<br />
<strong>Jod</strong> ist ein chemisches Element und gehört zur Gruppe der Halogene. Der Name "<strong>Jod</strong>" leitet sich vom<br />
altgriechischen Wort „ioeides“ ab, welches so viel wie "veilchenfarbig" bedeutet. Der Hintergrund für die<br />
Namensgebung ist die Tatsache, dass die beim Erhitzen von <strong>Jod</strong> freigesetzten Dämpfe eine sehr charakteristische<br />
violette Farbe haben.<br />
<strong>Jod</strong> ist ein wichtiger Bestandteil des menschlichen Organismus und in besonders hoher Konzentration in der<br />
menschlichen Schilddrüse vorhanden. Etwa 8 mg, das sind 65 % des körpereigenen <strong>Jod</strong>s, befinden sich in der<br />
Schilddrüse. Da der menschliche Körper <strong>Jod</strong> nicht selbst herstellen kann, muss es über die Nahrung zugeführt<br />
werden. Das über die Ernährung zugeführte <strong>Jod</strong> wird im Darm resorbiert. Mit dem Blut gelangt das aufgenommene<br />
<strong>Jod</strong> zur Schilddrüse. Diese filtert das <strong>Jod</strong> aus dem Blut heraus. Die Schilddrüsenzellen transportieren das <strong>Jod</strong> in ihr<br />
Zellinneres, wo daraus die Schilddrüsenhormone Trijodthyronin und Thyroxin hergestellt werden.<br />
Welche Rolle spielt <strong>Jod</strong> im Hinblick auf Erkrankungen der Schilddrüse?<br />
<strong>Jod</strong>mangelstruma<br />
Ein <strong>Jod</strong>mangel hat zunächst eine euthyreote Kropfbildung zur Folge, d.h. die Schilddrüse vergrößert sich ohne<br />
dass die Schilddrüsenfunktion beeinträchtigt ist. Erst ein längere Zeit anhaltender, ausgeprägter <strong>Jod</strong>mangel führt<br />
zu einer Schilddrüsenfehlfunktion. Diese Unterfunktion der Schilddrüse ist durch eine unzureichende Synthese der<br />
Schilddrüsenhormone Trijodthyronin und Thyroxin gekennzeichnet. Schilddrüsenhormone tragen entscheidend zur<br />
körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit bei. Nahezu alle Organe wie Herz, Gehirn, Niere, Lunge, Leber,<br />
Darm und die Skelettmuskulatur werden durch die Schilddrüsenhormone beeinflusst. Dabei haben sie vielfältigste<br />
Wirkungen im Körper. Aus der Vielzahl dieser Funktionen können sich dann aber auch im Gegenzug bei einem<br />
Mangel an Schilddrüsenhormonen zahlreiche Krankheitssymptome (Erschöpfung, Konzentrationsschwäche,<br />
Melancholie, Verstopfung, strohige Haare, trockene Haut, Muskelschmerzen) zeigen.<br />
Autoimmunthyreopathie<br />
Weitgehende Übereinstimmung herrscht darüber, dass <strong>Jod</strong> (bei entsprechender genetischer Veranlagung) zum<br />
Ausbruch einer Hashimoto-Thyreoiditis oder eines Morbus Basedow beiträgt und auch, dass <strong>Jod</strong> den<br />
Zerstörungsprozess der Schilddrüse bei bestehender autoimmuner Schilddrüsenerkrankung beschleunigt.<br />
Umstritten ist hingegen bei welcher, über einen längeren Zeitraum, täglich aufgenommenen Menge <strong>Jod</strong> es zu<br />
diesen negativen Effekten kommt. Während einige Experten den Grenzwert bei circa 200 µg <strong>Jod</strong>aufnahme täglich<br />
sehen, halten andere Experten täglich aufgenommene Mengen von bis zu 500 µg <strong>Jod</strong> noch für unbedenklich.<br />
Diese voneinander abweichenden Einschätzungen der Schilddrüsenexperten sind u. a. auf die bislang wenig<br />
erforschten Zusammenhänge zwischen <strong>Jod</strong>zufuhr und Schilddrüsenautoimmunerkrankungen zurückzuführen.<br />
<strong>Jod</strong>ismus (<strong>Jod</strong>unverträglichkeit, <strong>Jod</strong>allergie, <strong>Jod</strong>akne, <strong>Jod</strong>vergiftung)<br />
Neben den Auswirkungen von <strong>Jod</strong> auf die Autoimmunerkrankungen der Schilddrüse, werden unabhängig davon<br />
noch weitere gesundheitliche Beeinträchtigungen im Zusammenhang mit einer erhöhten <strong>Jod</strong>aufnahme diskutiert.<br />
Dazu gehören – nach Aussage von Betroffenen - die <strong>Jod</strong>unverträglichkeit, die <strong>Jod</strong>allergie, die <strong>Jod</strong>akne und die<br />
<strong>Jod</strong>vergiftung. Mögliche Symptome des <strong>Jod</strong>ismus können demnach Reizungen der Mundschleimhaut,<br />
Hautausschläge und Entzündungen der Bindehaut des Auges sein. Die Möglichkeit, dass der Verzehr von<br />
jodhaltigen Lebensmitteln oder der Hautkontakt mit jodhaltigen Desinfektionsmitteln derartige Reaktionen auslösen<br />
kann, ist allerdings sehr umstritten.<br />
Wie viel <strong>Jod</strong> braucht eine gesunde Schilddrüse pro Tag?<br />
Die Aufnahme des <strong>Spurenelement</strong>es <strong>Jod</strong> über die Nahrung ist eine notwendige Voraussetzung dafür, dass eine<br />
gesunde Schilddrüse die Schilddrüsenhormone Trijodthyronin und Thyroxin produzieren kann. Aber nicht nach dem
Motto „viel, hilft viel“, sondern möglichst jodbewusst, d.h. in einer angemessenen Menge „nicht zu wenig, aber auch<br />
nicht zu viel“. Der Tagesbedarf eines Erwachsenen an <strong>Jod</strong> beträgt laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung 180 -<br />
200 µg. Die Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation) hält 1 – 2 µg <strong>Jod</strong> pro kg Körpergewicht für<br />
erforderlich.<br />
Ist Deutschland ein <strong>Jod</strong>mangelgebiet?<br />
Ob in Deutschland <strong>Jod</strong>mangel überhaupt beziehungsweise immer noch ein weit verbreitetes Problem darstellt ist<br />
seit längerem ausgesprochen umstritten. Die Befürworter der <strong>Jod</strong>ierung von Lebensmitteln und Tierfutter vertreten<br />
die nachfolgende Theorie: „[...] <strong>Jod</strong> ist ein Element, das vor allem im Gestein und in Böden vorkommt. In<br />
Deutschland und anderen Ländern der Erde wurden die Böden während der letzten Eiszeit ausgewaschen und das<br />
<strong>Jod</strong> ins Meer gespült. Daher findet sich das meiste <strong>Jod</strong> gelöst im Meerwasser, während in den Böden nur noch<br />
geringe Mengen des <strong>Spurenelement</strong>s <strong>Jod</strong> zu finden sind. Deshalb enthalten die Pflanzen, die darauf wachsen, zu<br />
wenig <strong>Jod</strong>, ebenso die Nutztiere, die sich von diesen jodarmen Pflanzen ernähren. Dies führt dazu, daß in<br />
Deutschland die pflanzlichen und tierischen Nahrungsmittel jodarm sind. <strong>Jod</strong>reich sind lediglich Meeresfische,<br />
andere Meerestiere und Algen. [...]“ (Arbeitskreis <strong>Jod</strong>mangel, www.jodmangel.de, Zugriff am 30.03.06). Die Gegner<br />
der künstlichen Anreicherung von Lebensmitteln und Tierfutter mit <strong>Jod</strong> sehen dies anders und argumentieren<br />
beispielsweise so: “[...] Aufmerksamen Lesern dürfte jedoch nicht entgangen sein, dass die fruchtbare<br />
Humusschicht auf unseren Böden gar nicht aus der Eiszeit stammt, sondern das Ergebnis der landwirtschaftlichen<br />
Aktivitäten der letzten Jahrhunderte ist. Auch hörte das Gestein nach der letzten Vereisung nicht auf, zu verwittern.<br />
Dabei werden aus den Bodenmineralien ständig <strong>Jod</strong>verbindungen freigesetzt, die dann in die Humusschicht<br />
wandern. Auch nehmen die Pflanzen <strong>Jod</strong> über die Luft auf. [...] Ebenso seltsam erscheint, dass der ganzen Nation<br />
Verkropfung droht, nur weil die Gletscher das <strong>Jod</strong> aus den Alpentälern gespült haben sollen. Stammen unsere<br />
Lebensmittel etwa aus dem Hochgebirge? Hat denn wirklich niemand bemerkt, dass unsere Lebensmittelindustrie<br />
weltweit einkauft, europaweit vermarktet, dass uns die Handelsketten von Flensburg bis Garmisch die gleiche Ware<br />
ins Regal legen? Wie können da einzelne "begrenzte <strong>Jod</strong>mangelgebiete" existieren, wie einige Mediziner<br />
behaupten? Da wir nicht in den Hochalpen leben, nehmen wir auch ohne <strong>Jod</strong>ierungsmaßnahmen genug von<br />
diesem <strong>Spurenelement</strong> auf, und zwar schon mit dem Trinkwasser, der Nahrung und mit gewöhnlichem Kochsalz<br />
ohne jeden <strong>Jod</strong>zusatz.“ (U. Pollmer u. a.: "Prost Mahlzeit! Krank durch gesunde Ernährung.", Kiepenheuer &<br />
Witsch-Verlag, Köln 2001).<br />
Arbeitskreis <strong>Jod</strong>mangel – wer oder was ist das?<br />
Zu den häufigsten Schilddrüsenerkrankungen gehörte bis in die 90er Jahre hinein eine durch einen <strong>Jod</strong>mangel<br />
ausgelöste Schilddrüsenvergrößerung (<strong>Jod</strong>mangelkropf, <strong>Jod</strong>mangelstruma), die in einigen Fällen auch zu einer<br />
Schilddrüsenfehlfunktion geführt hat. In Deutschland soll es in der Vergangenheit bei bis zu 20 Prozent der<br />
Bevölkerung dazu gekommen sein.<br />
Dieser Umstand war 1984 Anlass für die Gründung des Arbeitskreises <strong>Jod</strong>mangel durch Mitglieder der Sektion<br />
Schilddrüse der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie und der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Es<br />
folgte eine beispiellose Marketingkampagne, welche den Absatz von <strong>Jod</strong>salz erheblich steigerte. <strong>Jod</strong>iertes Salz<br />
wurde zwar bereits 1976 in Deutschland eingeführt, trug aber zunächst noch den Aufdruck „Nur bei ärztlich<br />
festgestelltem <strong>Jod</strong>mangel zu verwenden“. Der <strong>Jod</strong>gehalt betrug max. 5 mg <strong>Jod</strong> pro kg Salz und der Marktanteil lag<br />
bei < 1 %. Heute ist ein <strong>Jod</strong>gehalt von max. 25 mg <strong>Jod</strong> pro kg Salz erlaubt und der Marktanteil liegt bei > 80 %.<br />
Alfred Fischer war bis 2008 Geschäftsführer der praxis-press Public Relations GmbH, der damaligen Kontakt- und<br />
Organisationsstelle des Arbeitskreises <strong>Jod</strong>mangel. Im Rahmen eines Vortrags der 2. Sächsischen<br />
Ernährungskonferenz "Mir geht's jod" stellte er die Entwicklungsschritte kurz vor: „1989: <strong>Jod</strong>salz ist nicht länger<br />
Diätlebensmittel sondern Lebensmittel des allgemeinen Verzehrs. Der Einsatz von <strong>Jod</strong>salz in der<br />
Lebensmittelherstellung sowie in der Gastronomie und Gemeinschaftsverpflegung wird ermöglicht. 1991: Die<br />
Verwendung von <strong>Jod</strong>salz für die Herstellung von Wurst/-Fleischwaren (als jodiertes Nitritpökelsalz) wird erlaubt.<br />
Ferner wird die Anreicherung von Säuglingsmilch und Säuglingsbreinahrung mit <strong>Jod</strong> möglich. 1993: Die<br />
Kenntlichmachungsvorschriften für mit <strong>Jod</strong>salz hergestellte Lebensmittel werden neu geregelt: bei verpackten<br />
Lebensmittel reicht ein Hinweis im Zutatenverzeichnis, bei lose verkauften Lebensmitteln sowie in der<br />
Gemeinschaftsverpflegung ist eine Kenntlichmachung nicht erforderlich, freiwillige Angaben sind jedoch erlaubt.“<br />
Lange Zeit war die Resonanz auf die Bemühungen des Arbeitskreises <strong>Jod</strong>mangel (AKJ) die <strong>Jod</strong>versorgung der<br />
deutschen Bevölkerung zu verbessern ausgesprochen positiv. Seit einiger Zeit gerät der AKJ allerdings<br />
zunehmend in die Kritik. Ihm wird u. a. vorgeworfen, dass er neue wissenschaftliche Erkenntnisse nicht<br />
ausreichend berücksichtigt und die möglichen negativen Auswirkungen einer erhöhten täglichen <strong>Jod</strong>aufnahme<br />
verharmlost. Als Motivation für dieses Verhalten werden die Interessen der im Hintergrund agierenden Salz- und<br />
Pharmaindustrie angeführt.
Wie kann ich mich jodreich ernähren?<br />
Zur Vorbeugung einer jodmangelbedingten Schilddrüsenerkrankung, wie beispielsweise dem gutartigen<br />
<strong>Jod</strong>mangelkropf wird häufig eine jodreiche Ernährung empfohlen. Um dies zu erreichen, sollte man<br />
1. <strong>Jod</strong>salz im Haushalt verwenden,<br />
2. täglich Milch und Milchprodukte essen und<br />
3. zwei Mal pro Woche Seefisch verzehren.<br />
Bei allen abgepackten Waren, z.B. Tiefkühl- und Fertigprodukten ist der Zusatz von jodiertem Speisesalz (<strong>Jod</strong>salz)<br />
deklarationspflichtig! Für Lebensmittel die mit <strong>Jod</strong>salz hergestellt wurden, gibt es seit 1996 sogar ein <strong>Jod</strong>siegel.<br />
Dieses wird von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung im Auftrag des Bundesministeriums vergeben<br />
und kann von den Lebensmittelproduzenten kostenlos verwendet werden. Wer sich jodreich ernähren möchte,<br />
sollte beim Einkauf auf das <strong>Jod</strong>siegel achten.<br />
Aber, und das ist ein weit verbreitetes Missverständnis, eine jodreiche Ernährung bietet keinen grundsätzlichen<br />
Schutz vor Schilddrüsenerkrankungen. Im Gegenteil, es gibt auch Schilddrüsenerkrankungen, die erst durch zu viel<br />
<strong>Jod</strong> ausgelöst werden.<br />
Was muss ich tun, wenn ich mich jodarm ernähren will?<br />
Es ist nicht möglich sich in Deutschland jodfrei zu ernähren und auch eine jodarme Ernährung ist nicht einfach<br />
einzuhalten. Trotzdem sollte bei den autoimmunen Erkrankungen der Schilddrüse (Morbus Basedow, Hashimoto-<br />
Thyreoiditis) und auch bei der Vorbereitung auf eine Radioiodtherapie (Schilddrüsenkrebs), unter Umständen<br />
abhängig von individuell unterschiedlichen Unverträglichkeiten, aber dennoch eine möglichst jodarme<br />
Ernährungsweise angestrebt werden. Eine jodarme Ernährungsweise wird erreicht durch<br />
1. Verzicht auf <strong>Jod</strong>salz und mit <strong>Jod</strong>salz hergestellter Lebensmittel<br />
2. Verzicht auf Seefisch, Sushi, Algenprodukten<br />
3. Einschränkung des Verzehrs von Milch und Milchprodukten<br />
Der gelegentliche Verzehr von mit <strong>Jod</strong>salz versetzten Lebensmitteln oder mit <strong>Jod</strong>salz zubereiteten Speisen ist auch<br />
für die Betroffenen der autoimmunen Schilddrüsenerkrankungen (Hashimoto-Thyreoiditis, Morbus Basedow)<br />
unbedenklich.<br />
In dem Zusammenhang ist es übrigens ein weit verbreiteter Irrglaube, dass Produkte aus dem Reformhaus oder<br />
Bioladen gänzlich ohne Lebensmittelzusätze hergestellt werden. Auch bei der Produktion ökologisch-biologischer<br />
Lebensmittel werden sehr oft jodiertes Tierfutter, <strong>Jod</strong>salz oder <strong>Jod</strong>zusätze verwendet.