Die Health Claims-Verordnung – Neues Rechtsregime für die ...
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RECHT<br />
<strong>Die</strong> <strong>Health</strong> <strong>Claims</strong>-<strong>Verordnung</strong> <strong>–</strong> <strong>Neues</strong> <strong>Rechtsregime</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesundheitswerbung bei Lebensmitteln ab<br />
1.7.2007: Paradigmenwechsel vom Missbrauchs- zum<br />
Verbotsprinzip<br />
K. KOSSDORFF<br />
I. Einleitung<br />
<strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> (EG) Nr 1924/2006 über nährwert-<br />
und gesundheitsbezogene Angaben bei Lebensmitteln<br />
(<strong>Claims</strong>-VO) wurde am 30. Dezember 2006 im<br />
Amtsblatt veröffentlicht (ABl Nr L 404/26). <strong>Die</strong> Bestimmungen<br />
in der berichtigten Fassung vom 18. Jänner<br />
2007 sind am 19. Jänner 2007 in Kraft getreten<br />
und ab 1. Juli 2007 anzuwenden. Parallel dazu wurde<br />
<strong>die</strong> <strong>Verordnung</strong> (EG) Nr 1925 über <strong>die</strong> freiwillige Anreicherung<br />
von Lebensmitteln mit Vitaminen und<br />
Mineralstoffen veröffentlicht (ABl Nr L 404/26 vom<br />
30. Dezember 2006). Mit den beiden <strong>Verordnung</strong>en<br />
hat der europäische Gesetzgeber einen neuen strikten<br />
Rechtsrahmen <strong>für</strong> den Zusatz von Stoffen zu Lebensmitteln<br />
und <strong>die</strong> Kommunikation über <strong>die</strong> besondere<br />
Zusammensetzung oder <strong>die</strong> positive Wirkung<br />
des Lebensmittels auf <strong>die</strong> Gesundheit geschaffen. Er<br />
vollzieht damit einen Paradigmenwechsel vom Missbrauchsprinzip<br />
zum Verbotsprinzip.<br />
II. Hintergrund<br />
<strong>Die</strong> <strong>Claims</strong>-VO sieht ein strenges Regelungsregime<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Verwendung von Angaben über den besonderen<br />
Nährwert oder den positiven Gesundheitsnutzen<br />
eines Lebensmittels vor: Nährwert- und gesundheitsbezogene<br />
Angaben sind grundsätzlich verboten,<br />
sofern sie nicht den Voraussetzungen der <strong>Verordnung</strong><br />
entsprechen, insbesondere nach den vorgesehenen<br />
Verfahren zugelassen sind (Verbotsprinzip).<br />
Der Verabschiedung der <strong>Verordnung</strong> gingen drei<br />
Jahre intensiver Verhandlungen und hitziger politischer<br />
Diskussionen voraus. Gerade <strong>die</strong> formalen<br />
und bürokratischen Anforderungen, <strong>die</strong> künftig mit<br />
der Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogenen<br />
Angaben verbunden sind, wurden im Lichte<br />
1 Commission Green Paper: The general principle of food<br />
law in the European Union, COM (97) 176 final.<br />
der „Lissabon“-Strategie kritisch hinterfragt, <strong>die</strong> zeitgleich<br />
mit der Gesetzeswerdung der <strong>Claims</strong>-VO neu<br />
proklamiert worden war. Geht es nach dem poli-<br />
tischen Willen des Europäischen Rates soll Europa<br />
bis zum Jahr 2010 der wettbewerbsfähigste, dynamischste<br />
und wissensbasierteste Wirtschaftsraum<br />
der Welt sein. Den Weg dorthin soll ein umfassender<br />
Bürokratieabbau und eine bessere, vor allem einfachere<br />
Gesetzgebung ermöglichen („Simplification<br />
and Better Regulation“).<br />
<strong>Die</strong> Kennzeichnung von Lebensmitteln ist seit Ende<br />
der siebziger Jahre harmonisiertes Recht. Auch<br />
nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben sind<br />
seit damals <strong>–</strong> zumindest im Grundsätzlichen <strong>–</strong> europa-<br />
weit einheitlich geregelt, indem sie einem generellen<br />
Irreführungsverbot unterliegen. Später traten<br />
spezielle Bestimmungen, wie <strong>die</strong> über <strong>die</strong> Nähr-<br />
wertkennzeichnung, hinzu. <strong>Die</strong> Etikettierungsrichtlinie<br />
2000/13/EG und <strong>die</strong> Richtlinie 84/450/EWG über <strong>die</strong><br />
irreführende und vergleichende Werbung verbieten<br />
zur Irreführung geeignete Angaben über <strong>die</strong> Eigenschaften<br />
oder Wirkungen eines Lebensmittels sowie<br />
krankheitsbezogene Angaben unabhängig von ihrer<br />
Irreführungseignung (vgl. Art 2 der Etikettierungsricht-<br />
linie, § 5 LMSVG). Nährwert- und gesundheitsbezogene<br />
Angaben konnten bisher ohne Genehmigungsverfahren<br />
verwendet werden, solange sie nicht irreführend<br />
waren. Es galt also das Missbrauchsprinzip.<br />
Ab Mitte der neunziger Jahre wurde über eine<br />
weitergehende Harmonisierung von nährwert- und<br />
gesundheitsbezogenen Angaben nachgedacht. Im<br />
Grünbuch 1 über <strong>die</strong> allgemeinen Grundsätze des<br />
Lebensmittelrechts vom März 1998 wurde <strong>die</strong> Kommission<br />
aufgefordert, angesichts der zunehmenden<br />
Bedeutung der Ernährung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesundheit, Rechtsvorschriften<br />
<strong>für</strong> ernährungsbezogene Werbeaussagen<br />
vorzuschlagen. Das Weißbuch 2 über Lebens-<br />
2 Commission of the European Communities, White Paper<br />
on Food Safety, 12. January 2000, COM (1999) 719 final.<br />
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 313
mittelsicherheit aus dem Jahr 2000 enthält konkrete<br />
Maßnahmen zur Regelung der Verwendung von An-<br />
gaben zur Wirkungsverbesserung und Risikoreduzie-<br />
rung von Krankheiten. In einem ersten Schritt sollten<br />
<strong>die</strong> Voraussetzungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verwendung von Nährwertangaben<br />
wie „fettfrei“ oder „light“ europaweit<br />
einheitlich festgelegt werden. Gesundheitsbezogene<br />
Angaben wurden in einer späteren Phase in den Harmonisierungsprozess<br />
eingebunden mit dem Ziel, <strong>die</strong><br />
Vorgaben des FAO/WHO Codex Alimentarius auf europäischer<br />
Ebene zu etablieren und eine einheitliche<br />
wissenschaftliche Bewertung sicherzustellen.<br />
Im Jahr 2002 legte <strong>die</strong> Kommission ein erstes Arbeitspapier<br />
vor (SANCO/1832/2002). <strong>Die</strong>sem Arbeitspapier<br />
und dem ein Jahr später im Juli 2003 verabschiedeten<br />
endgültigen Entwurf (KOM[2003] 424 endg) gingen<br />
intensive Diskussionen der beteiligten Verkehrskreise<br />
voraus, bei denen <strong>–</strong> insbesondere von Seiten der<br />
Verbraucherschützer <strong>–</strong> strengere Vorschriften zur Eindämmung<br />
des „Wildwuchses“ bei <strong>Claims</strong> gefordert<br />
wurden. <strong>Die</strong> Kommission reagierte auf <strong>die</strong>ses Ansinnen<br />
mit Informations- und Werbeverboten.<br />
Der <strong>Verordnung</strong>svorschlag wurde in der Folge sehr<br />
kontroversiell diskutiert. So wurden in den zwei<br />
Lesungen des Europäischen Parlaments insgesamt an<br />
<strong>die</strong> sechshundert Abänderungsanträge eingebracht.<br />
Zählt man <strong>die</strong> über vierhundert Abänderungsanträge<br />
der ersten Lesung der Parlamentsperiode 1999 bis<br />
2004 dazu, wurden an <strong>die</strong> tausend Anträge zur Änderung<br />
der <strong>Verordnung</strong> vorgelegt. In einer Presseaussendung<br />
3 versuchte der damals <strong>für</strong> Gesundheit und Verbraucherschutz<br />
zuständige Kommissar David Byrne<br />
<strong>die</strong> Wogen der Kritik aus den Reihen der europäischen<br />
Lebensmittelwirtschaft zu glätten: Angaben wie<br />
„Red Bull verleiht Flügel“ oder „Haribo macht Kinder<br />
froh“ sollten weiterhin verwendet werden dürfen. In<br />
der gleichen Presseaussendung verwies er allerdings<br />
auch darauf, dass Slogans wie „Gillette, <strong>für</strong> das Beste<br />
im Mann“, „Katzen würden Whiskas kaufen“ oder<br />
„<strong>Die</strong> zarteste Versuchung seit es Schokolade gibt“<br />
3 (MEMO/03/188, 2003,http://europa.eu.int/comm/dgs/health_consumer/library/press/index_en.html).<br />
4 Zur Kritik allgemein siehe u. a.: Epping/Greifeneder, <strong>Die</strong><br />
<strong>Health</strong>-<strong>Claims</strong>-<strong>Verordnung</strong> auf der Zielgeraden <strong>–</strong> Eine<br />
erste kritische Auseinandersetzung mit den praktischen<br />
Problemen eines Kompromissvorschlags, WRP 2006, 830;<br />
Gorny, Der Abschied vom verständigen Durchschnittsverbraucher<br />
im Lebensmittel-Werberecht, ZLR 2003, 253;<br />
derselbe, Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben<br />
<strong>–</strong> Der internationale Hintergrund, GRUR 2005, 892; Stellungnahme<br />
des GRUR-Fachausschusses <strong>für</strong> Arznei- und<br />
Lebensmittelrecht zum Vorschlag <strong>für</strong> eine <strong>Verordnung</strong><br />
über nährwert-, wirkungs- und gesundheitsbezogene Angaben<br />
auf Lebensmittel, GRUR 2003, 770; Hagenmeyer,<br />
<strong>Health</strong> <strong>Claims</strong> meet Bureaucracy, EFFL 2006; Hauer, The<br />
Regulation on Nutrition and <strong>Health</strong> <strong>Claims</strong>, EFFL 2006,<br />
355; derselbe, Gesundheitsbezogene Angaben einst und<br />
nicht von der geplanten <strong>Verordnung</strong> umfasst wären.<br />
<strong>Die</strong> Tatsache, dass <strong>die</strong> Werbung <strong>für</strong> Pet Food und kosmetische<br />
Mittel in einem Atemzug mit der Regelung<br />
von Angaben zur Wirkung von Lebensmitteln genannt<br />
wurde, haben viele in der Lebensmittelindustrie als<br />
Hinweis auf zunehmende Orientierungsschwierigkeiten<br />
der Kommission im Zusammenhang mit der Regelung<br />
von <strong>Claims</strong> interpretiert 4 .<br />
Im Herbst 2006 einigten sich <strong>die</strong> europäischen Institutionen<br />
auf einen Kompromisstext, der am 31. Dezember<br />
2006 im Amtsblatt veröffentlicht wurde. Dabei<br />
handelte es sich allerdings um eine fehlerhafte Textfassung,<br />
<strong>die</strong> nicht dem finalen Kompromisstext entsprach<br />
und daher berichtigt werden musste. So hat<br />
<strong>die</strong> Diskussion rund um <strong>die</strong> <strong>Claims</strong>-VO ihr vorläufiges<br />
Ende gefunden. Abgeschlossen ist sie damit noch lange<br />
nicht, wird doch bereits an einer Änderung der <strong>Verordnung</strong><br />
gearbeitet, mit der das Komitologieverfahren<br />
mit Kontrolle und eine Übergangsfrist <strong>für</strong> Angaben<br />
über <strong>die</strong> Entwicklung und Gesundheit von Kindern in<br />
<strong>die</strong> <strong>Verordnung</strong> eingearbeitet werden sollen.<br />
III. Ziel der <strong>Verordnung</strong><br />
Ziel der <strong>Claims</strong>-VO ist es, ein hohes Maß an Verbraucherschutz<br />
durch freiwillige Informationen zu gewährleisten,<br />
den freien Warenverkehr zu verbessern und<br />
höhere Rechtssicherheit, einen fairen Wettbewerb sowie<br />
<strong>die</strong> Förderung und den Schutz von Innovationen<br />
im Lebensmittelbereich sicherzustellen.<br />
IV. Aufbau der VO<br />
<strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> legt in 29 Artikeln den Rechtsrahmen<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Verwendung nährwert- und gesundheitsbezogener<br />
Angaben fest. Den Artikeln sind 37 Erwägungsgründe<br />
vorangestellt. <strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> umfasst fünf<br />
Kapitel:<br />
i. Kapitel I regelt den Geltungsbereich der Verord-<br />
jetzt <strong>–</strong> eine Bilanz, ernährung/nutrition 2/2007, 85; Hüttebräuker,<br />
Vorschlag <strong>für</strong> eine EU-<strong>Verordnung</strong> über nährwert-<br />
und gesundheitsbezogene Angaben in Bezug auf Lebens-<br />
mittel <strong>–</strong> Eine kritische Bestandsaufnahme, WRP 2004, 188;<br />
Loosen, „Großer Bruder“ statt „schöne neue Welt“, ZRL<br />
5/2006, 521; Meisterernst, Vom Regen in <strong>die</strong> Traufe, ZLR<br />
2002, 569; derselbe, Europäische Gesetzgebung auf Abwegen<br />
<strong>–</strong> eine kritische Betrachtung der laufenden Vorhaben<br />
zu <strong>Health</strong> <strong>Claims</strong>, Anreicherung Herbals, ZLR 2004, 43; Sosnitza,<br />
Gesundheitsbezogene Werbung <strong>für</strong> Lebensmittel <strong>–</strong><br />
Paradigmenwechsel in Europa? WRP 2003, 669; derselbe,<br />
Der <strong>Verordnung</strong>svorschlag über nährwert- und gesund-<br />
heitsbezogene Angaben <strong>für</strong> Lebensmittel, ZLR 2004, 1;<br />
von Danwitz, Werbe- und Anreicherungsverbote: Stand<br />
und Perspektive der Auseinandersetzung, ZLR 2005, 201;<br />
derselbe, Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben<br />
im Visier des Gesetzgebers, GRUR 2005, 896, 233;.<br />
314 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007
nung und legt <strong>die</strong> wesentlichen Begriffsbestimmungen<br />
fest.<br />
ii. In Kapitel II werden <strong>die</strong> allgemeinen Grundsätze<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Verwendung von nährwert- und gesundheitsbezogener<br />
Angaben festgelegt.<br />
iii. Nährwertbezogene Angaben sind in Kapitel III geregelt.<br />
iv. Kapitel IV normiert spezielle Regelungen <strong>für</strong> gesundheitsbezogene<br />
Angaben, insbesondere das<br />
Zulassungsverfahren und<br />
v. Kapitel V enthält allgemeine Regelungen u. a. zum<br />
Gemeinschaftsregister und Datenschutz sowie<br />
Übergangs- und Schlussbestimmungen.<br />
V. Wesentliche Regelungsinhalte<br />
A. Geltungsbereich (Art 1):<br />
<strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> gilt <strong>für</strong><br />
- nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben in<br />
kommerziellen Mitteilungen,<br />
- Handelsmarken, Markennamen und Phantasiebezeichnungen<br />
sowie<br />
- traditionelle Bezeichnungen.<br />
A.1 Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben<br />
in kommerziellen Mitteilungen<br />
Geregelt werden nährwert- und gesundheitsbezogene<br />
Angaben, <strong>die</strong> in kommerziellen Mitteilungen bei der<br />
Kennzeichnung und Aufmachung von oder bei der<br />
Werbung <strong>für</strong> Lebensmittel gemacht werden, <strong>die</strong> als<br />
solche an den Endverbraucher abgegeben werden.<br />
Hinsichtlich der Begriffsdefinitionen „nährwert- und<br />
gesundheitsbezogene Angaben“, „Kennzeichnung“,<br />
„Lebensmittel“ und „Endverbraucher“ verweist <strong>die</strong><br />
<strong>Claims</strong>-VO in Artikel 2 auf <strong>die</strong> Definitionen der EG-<br />
BasisV Nr 178/2002, der Nährwertkennzeichnungsrichtlinie<br />
90/496/EWG, der Etikettierungsrichtlinie<br />
2000/13/EG und der Nahrungsergänzungsmittelrichtlinie<br />
2002/46/EG.<br />
A.1.1 Angabe<br />
Eine „Angabe“ im Sinne der <strong>Claims</strong>-VO ist „jede Aussage<br />
oder Darstellung, <strong>die</strong> nach dem Gemeinschaftsrecht<br />
oder den nationalen Vorschriften nicht obligatorisch<br />
ist, einschließlich Darstellungen durch Bilder,<br />
grafische Elemente oder Symbole in jeder Form, und<br />
mit der erklärt, suggeriert oder auch nur mittelbar<br />
zum Ausdruck gebracht wird, dass ein Lebensmittel<br />
besondere Eigenschaften besitzt“. Obligatorisch sind<br />
beispielsweise <strong>die</strong> Kennzeichnungselemente gemäß<br />
RL 2000/13/EG (bzw LMKV), u. a. <strong>die</strong> Sachbezeichnung<br />
(z. B. Mayonnaise 80 % Fett, Energy Drink, Leichtkonfitüre).<br />
Weiters sind auch Hinweise auf den besonderen<br />
5 KOM[96]0192, ABl C 66/11.<br />
Ernährungszweck bei diätetischen Lebensmitteln (§<br />
3 Z 3 LMSVG) verpflichtend. Derartige obligatorische<br />
Angaben sind, selbst wenn sie eine Aussage über<br />
<strong>die</strong> Verringerung eines Krankheitsrisikos treffen (z. B.<br />
Hinweis auf den diätetischen Zweck bei diätetischen<br />
Lebensmitteln <strong>für</strong> besondere medizinische Zwecke),<br />
vom Geltungsbereich der <strong>Claims</strong>-VO ausgenommen,<br />
da keine “Angabe“ iSd VO vorliegt.<br />
A.1.2 Kommerzielle Mitteilung<br />
Der Begriff kommerzielle Mitteilung (engl.: commercial<br />
communication) ist in der <strong>Claims</strong>-VO nicht<br />
definiert. Das Grünbuch 5 der Kommission über kommerzielle<br />
Kommunikationen im Binnenmarkt versteht<br />
darunter „sämtliche Formen der Kommunikation, <strong>die</strong><br />
auf <strong>die</strong> Förderung des Absatzes von Produkten oder<br />
<strong>Die</strong>nstleistungen bzw des Images eines Unterneh-<br />
mens oder einer Organisation gegenüber den Endverbrauchern<br />
und/oder Vertriebsunternehmern abzie-<br />
len”. Der Begriff umfasst sämtliche Formen von Werbung,<br />
Direktmarketing, Verkaufsförderung, Öffentlichkeitsarbeit<br />
und Sponsoring. <strong>Die</strong> Richtlinie 2005/29/EG<br />
über unlautere Geschäftspraktiken verwendet den<br />
Begriff kommerzielle Mitteilung als Überbegriff <strong>für</strong><br />
Werbung und Marketing (vgl. Art 2 lit d der Richtlinie<br />
2005/29/EG). Unter Werbung ist jede Äußerung bei<br />
der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks<br />
oder freien Berufs mit dem Ziel zu verstehen, den Absatz<br />
von Waren oder <strong>die</strong> Erbringung von <strong>Die</strong>nstleistungen,<br />
einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte<br />
und Verpflichtungen zu fördern (vgl. Art 2 Z 1 der<br />
Richtlinie 84/450). Umfasst sind <strong>die</strong> Produktwerbung<br />
in klassischen Me<strong>die</strong>n wie TV, Radio, Printme<strong>die</strong>n<br />
(z. B. Werbespots, Inserate, Plakate, Broschüren oder<br />
Folder), im Internet sowie <strong>die</strong> Kennzeichnung auf dem<br />
Produkt (z. B. Etikett). Auch allgemeine Werbeaus-<br />
sagen über Lebensmittel und Werbekampagnen, <strong>die</strong><br />
ganz oder teilweise von Behörden gefördert werden,<br />
werden als kommerzielle Mitteilungen verstanden<br />
(Erwägungsgrund Nr 4 erster Satz).<br />
Keine kommerziellen Mitteilungen im Sinne der<br />
<strong>Claims</strong>-VO sind u. a. (Erwägungsgrund 4 zweiter<br />
Satz):<br />
i. Ernährungsempfehlungen (<strong>die</strong>tary guidelines or<br />
advice) staatlicher Gesundheitsbehörden und<br />
-stellen (z. B. Ernährungsrichtlinien des zuständigen<br />
Bundesministeriums),<br />
ii. nichtkommerzielle Mitteilungen und Informationen<br />
in der Presse (z. B. Presseartikel eines Journalisten;<br />
nicht jedoch Presseaussendungen eines<br />
Lebensmittelunternehmers, wenn damit der Absatz<br />
eines Produktes gefördert werden soll),<br />
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 315
iii. nichtkommerzielle Mitteilungen und Informationen<br />
in wissenschaftlichen Veröffentlichungen<br />
(z. B. Artikel in einschlägiger Fachliteratur) sowie<br />
iv. gesundheitsbezogene Informationen und Kommunikation<br />
zur Unterstützung von Botschaften<br />
der nationalen Behörden oder der Gemeinschaft<br />
über <strong>die</strong> Gefahren des Alkoholmissbrauchs (Erwägungsgrund<br />
Nr 10).<br />
Werden Hinweise zum besonderen Nährwert oder zur<br />
Gesundheitswirkung eines Lebensmittels oder einer<br />
Lebensmittelzutat in nichtkommerziellen Mitteilungen<br />
gemacht, sind <strong>die</strong>se vom Geltungsbereich ausgenommen.<br />
A.1.3 Aufmachung<br />
Der Begriff der „Aufmachung“ eines Lebensmittels<br />
ist beispielhaft in Art 2 Abs 3 beschrieben. Darunter<br />
wird insbesondere <strong>die</strong> Form, das Aussehen, <strong>die</strong> Verpackung,<br />
<strong>die</strong> Art und Weise seiner Anordnung und <strong>die</strong><br />
Umgebung verstanden, in der es feilgehalten wird.<br />
A.1.4 Gastronomie, Gemeinschaftsverpflegung, lose<br />
Ware<br />
<strong>Die</strong> <strong>Claims</strong>-VO gilt auch <strong>für</strong> Lebensmittel, <strong>die</strong> <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Gastronomie oder Einrichtungen der Gemeinschaftsverpflegung<br />
bestimmt sind. Ebenfalls in den Anwen-<br />
dungsbereich der <strong>Verordnung</strong> fallen Lebensmittel, <strong>die</strong><br />
unverpackt („lose“) oder in Großgebinden in Verkehr<br />
gebracht oder erst am Point of Sale verpackt werden<br />
(u. a. Frischeprodukte wie Obst, Gemüse oder Brot).<br />
<strong>Die</strong>se Produkte sind von den Kennzeichnungsver-<br />
pflichtungen des Art 7 (verpflichtende Nährwertkenn-<br />
zeichnung) und 10 (Zusatzhinweise) ausgenommen.<br />
Bis zur Erarbeitung von Gemeinschaftsvorschriften<br />
können einzelstaatliche Bestimmungen über <strong>die</strong><br />
Kennzeichnung „loser“ Ware weiter angewendet<br />
werden.<br />
A.2 Handelsmarken, Markennamen und Phantasiebezeichnungen<br />
Handelsmarken, Markennamen oder Phantasiebezeichnungen<br />
(engl.: trade mark, brand name or fancy<br />
name), <strong>die</strong> als nährwert- oder gesundheitsbezogene<br />
Angabe verstanden werden können, fallen in den<br />
Anwendungsbereich der <strong>Verordnung</strong>. Ihre Einbe-<br />
ziehung war sehr umstritten. Während <strong>die</strong> Kommission<br />
forderte, dass Marken uneingeschränkt unter <strong>die</strong><br />
<strong>Verordnung</strong> fallen, sprach sich das Europäische Parlament<br />
<strong>für</strong> eine generelle Ausnahme aus. Als Kompromiss<br />
wurden ein „Koppelungsansatz“ (siehe un-<br />
6 Loosen, ZRL 5/2006, 527; Meisterernst/Haber, Praxiskommentar,<br />
Kommentierung zu Artikel 1 Rz 74.<br />
7 Hauer, The Regulation on Nutrition and <strong>Health</strong> <strong>Claims</strong>, European<br />
Food and Feed Law Review <strong>–</strong> EFFL, 356.<br />
ten) und eine Übergangsfrist <strong>für</strong> bereits bestehende<br />
Marken (Stichtag 1.1.2005) bis 2022 vorgesehen.<br />
Eine rechtliche Unterscheidung zwischen „Handelsmarken“<br />
und „Markennamen“ besteht nicht. Umfasst<br />
sind sowohl registrierte als auch nicht registrierte<br />
Marken sowie sonstige markenmäßige Kennzeichen<br />
wie Firmenschlagworte oder -logos sowie traditionelle<br />
Bezeichnungen (Umkehrschluss aus Art 1 Abs 4).<br />
A.2.1. „Koppelungsansatz“ bei Marken<br />
Marken im Sinne des Abs 3 unterliegen nicht dem<br />
Zulassungsverfahren der <strong>Verordnung</strong>, sofern ihnen<br />
eine nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe in<br />
der Kennzeichnung, Aufmachung oder Werbung beigefügt<br />
ist, <strong>die</strong> der <strong>Verordnung</strong> entspricht. In <strong>die</strong>sem<br />
Zusammenhang wird auch von einem „Koppelungsansatz“<br />
6 oder einer „Kombi-Lösung“ 7 gesprochen.<br />
Diskutiert wird, ob <strong>die</strong> beigefügten nährwert- oder<br />
gesundheitsbezogenen Angaben einen inhaltlichen<br />
Bezug zur Marke aufweisen müssen, mit anderen<br />
Worten: ob der beigestellte Claim <strong>die</strong> Marke näher<br />
beschreiben bzw erklären muss. <strong>Die</strong> englische und<br />
französische Textfassung der <strong>Verordnung</strong> legen <strong>die</strong>sen<br />
Schluss nahe 8 . Im englischen Text heißt es „accompanied<br />
by a related nutrition or health claim“, in<br />
der französischen Fassung ist von „une allegation nutritionelle<br />
ou de santé correspondante“ <strong>die</strong> Rede. So<br />
ist einer Marke „Schlank & Fit“ z. B. eine zugelassene<br />
gesundheitsbezogene Angabe beizustellen, welche<br />
<strong>die</strong> gewichtskontrollierende oder schlankmachende<br />
Eigenschaft des Lebensmittels beschreibt. Lautet eine<br />
Marke etwa „Knochenfit“ oder „Zellschutz“, ist eine<br />
Angabe beizufügen, <strong>die</strong> <strong>die</strong>se Aussage hinreichend<br />
erläutert (z. B. eine zugelassene gesundheitsbezogene<br />
Angabe über den Beitrag von Kalzium zum Knochenaufbau<br />
oder von Vitamin E zum Zellschutz) 9 .<br />
Das gilt jedoch nicht <strong>für</strong> Marken, <strong>die</strong> als allgemeiner,<br />
unspezifischer Hinweis auf <strong>die</strong> Gesundheit im allgemeinen<br />
oder das gesundheitliche Wohlbefinden iSd<br />
Art 10 Abs 3 verstanden werden können (sog. „Well-<br />
Being-Angaben“). Art 10 Abs 3 sieht ebenfalls einen<br />
„Koppelungsansatz“ vor. Danach sind „Well-Being-<br />
Angaben“ nur zulässig, wenn ihnen eine zugelassene<br />
gesundheitsbezogene Angabe beigefügt ist. Ein inhaltlicher<br />
Bezug zwischen der „Well-Being-Angabe“<br />
und der gesundheitsbezogenen Angabe ist nicht gefordert.<br />
Der Grund da<strong>für</strong> mag darin liegen, dass ein inhaltlicher<br />
Zusammenhang zwischen einem allgemein<br />
gehaltenen, unspezifischen Hinweis auf <strong>die</strong> Gesundheit<br />
(z. B. „XY ist gesund“, „Für Ihr gesundheitliches<br />
Wohlbefinden“) und einer spezifischen Gesundheits-<br />
8 so auch Loosen, ZLR 5/2006, 527; Meisterernst/Haber,<br />
Praxiskommentar, Kommentierung zu Art 1 Rz 74.<br />
9 Meisterernst/Haber, Praxiskommentar, Kommentierung<br />
zu Art 1 Rz 79.<br />
316 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007
angabe kaum hergestellt werden kann. Da kein sachlicher<br />
Grund vorliegt, allgemeine gesundheitsbezogene<br />
Angaben nach Art 10 Abs 3 und Marken, <strong>die</strong> als<br />
allgemeine unspezifische Angaben nach Art 10 Abs 3<br />
verstanden werden können, unterschiedlichen rechtlichen<br />
Anforderungen zu unterwerfen, ist davon auszugehen,<br />
dass bei <strong>die</strong>sen Marken auf einen inhaltlichen<br />
Bezug der beigestellten Angaben zur Marke verzichtet<br />
werden kann 10 . Folglich darf einer Marke, <strong>die</strong> als<br />
allgemeine unspezifische Angabe nach Art 10 Abs 3<br />
verstanden werden kann (z. B. „Vita-Fit“, „Balance-<br />
Joghurtdrink“, „Vital-Weizenbrot“), jede beliebige<br />
nährwert- oder gesundheitsbezogene Angabe beigestellt<br />
werden, <strong>die</strong> der <strong>Verordnung</strong> entspricht.<br />
In welcher Form eine nährwert- oder gesundheitsbezogene<br />
Angabe „beigefügt“ werden muss, lässt<br />
<strong>die</strong> <strong>Verordnung</strong> offen. Ein qu. a.lifiziertes räumliches<br />
Näheverhältnis (z. B. selbes Sichtfeld) wird nicht gefordert.<br />
A.3 Traditionelle Bezeichnungen<br />
Allgemeine Bezeichnungen, <strong>die</strong> traditionell zur An-<br />
gabe einer Eigenschaft einer Lebensmittelkategorie<br />
verwendet werden, und auf Auswirkungen auf <strong>die</strong><br />
Gesundheit hindeuten könnten, können von Abs 3<br />
der <strong>Verordnung</strong> ausgenommen werden. Das betrifft<br />
traditionelle, althergebrachte Bezeichnungen (engl.:<br />
„generic descriptors“) wie „Hustenbonbon“ oder „Digestif“<br />
(vgl. Erwägungsgrund Nr 5). Nach dem Wortlaut<br />
des Abs 4 entfällt damit unmittelbar nur <strong>die</strong> Ver-<br />
pflichtung gem. dem „Koppelungsansatz“ nach Abs 3,<br />
nämlich der Bezeichnung eine nach der <strong>Verordnung</strong><br />
zugelassene nährwert- oder gesundheitsbezogene<br />
Angabe beizustellen. Faktisch wird damit allerdings<br />
<strong>die</strong> Bezeichnung zur Gänze aus dem Anwendungsbereich<br />
der <strong>Verordnung</strong> ausgenommen. Muss der Bezeichnung<br />
keine der <strong>Verordnung</strong> entsprechende An-<br />
gabe beigefügt werden, um ohne Zulassung verwendet<br />
werden zu dürfen, liegt de facto keine zulassungs-<br />
pflichtige Angabe vor. Wird daher eine Ausnahme von<br />
Abs 3 der <strong>Verordnung</strong> <strong>für</strong> traditionelle Bezeichnungen<br />
genehmigt, kann <strong>die</strong>se ohne weitere Voraussetzungen<br />
verwendet werden. Sie ist gänzlich vom Anwen-<br />
dungsbereich der <strong>Verordnung</strong> ausgenommen 11 .<br />
<strong>Die</strong> Ausnahme ist vom Unternehmer zu beantragen.<br />
<strong>Die</strong> Entscheidung darüber trifft <strong>die</strong> Kommission im<br />
Regelungsverfahren gemäß Art 25. Verfahrensvorschriften<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Einreichung gegenständlicher Anträge<br />
werden von der Kommission erarbeitet. Bis zu<br />
deren Veröffentlichung ist davon auszugehen, dass<br />
10 so auch Loosen, ZRL 5/2006, 528; Meisterernst/Haber,<br />
Praxiskommentar, Kommentierung zu Art 1 Rz 78.<br />
11 so auch Loosen, ZRL 5/2006, 528; Meisterernst/Haber,<br />
Praxiskommentar, Kommentierung zu Art 1 Rz 80.<br />
12 vgl. Orientierungserlass des Bundesministeriums <strong>für</strong><br />
traditionelle Bezeichnungen weiterhin <strong>–</strong> ohne zusätz-<br />
liche Voraussetzungen <strong>–</strong> verwendet werden dürfen 12 .<br />
A.4 Verhältnis zu Spezialregelungen (lex specialis)<br />
Abs 5 legt das Verhältnis der <strong>Claims</strong>-VO zu bestimmten<br />
im Einzelnen genannten Gemeinschaftsvorschriften<br />
fest. <strong>Die</strong> <strong>Claims</strong>-VO gilt „unbeschadet“ der Bestimmungen<br />
über:<br />
i. Diätetische Lebensmittel (Richtlinie 89/398/EWG<br />
und Richtlinien zur Regelung von Lebensmitteln,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> besondere Ernährungszwecke bestimmt<br />
sind),<br />
ii. natürliches Mineralwasser (Richtlinie 80/777/<br />
EWG),<br />
iii. Wasser <strong>für</strong> den menschlichen Gebrauch (Richtlinie<br />
98/83/EG) und<br />
iv. Nahrungsergänzungsmittel (Richtlinie 2002/46/EG).<br />
<strong>Die</strong> genannten EG-Richtlinien enthalten spezifische<br />
Regelungen <strong>für</strong> nährwert- und gesundheitsbezogene<br />
Angaben (z. B. Angabe des diätetischen Zwecks bei<br />
diätetischen Lebensmitteln). Mit der Formulierung<br />
„unbeschadet“ (engl.: „without prejudice to“) legt<br />
der europäische Gesetzgeber fest, dass <strong>die</strong> <strong>Claims</strong>-<br />
VO grundsätzlich auf <strong>die</strong> in den genannten Richt-<br />
linien erfassten Produkte anzuwenden ist, sofern dort<br />
keine Spezialregelungen niedergelegt sind. Solche<br />
Regelungen bzw <strong>die</strong> entsprechenden einzelstaat-<br />
lichen Umsetzungsakte genießen als leges speciales<br />
Anwendungsvorrang vor den allgemeinen Vorschrif-<br />
ten der <strong>Claims</strong>-VO. So sind z. B. Angaben über den<br />
diätetischen Zweck, besondere ernährungsbezogene<br />
Eigenschaften eines diätetischen Lebensmittels oder<br />
<strong>die</strong> Besonderheit der Zusammensetzung gem § 5<br />
der österreichischen Diät-Rahmenverordnung, BGBl<br />
Nr 162/2006 und § 3 Z 3 LMSVG weiterhin zulässig<br />
und müssen nicht den Anforderungen der <strong>Claims</strong>-VO<br />
entsprechen, insbesondere nicht zugelassen werden.<br />
Gleiches gilt <strong>für</strong> <strong>die</strong> im Anhang zur Mineralwasserricht-<br />
linie 80/777/EWG bzw Mineral- und Quellwasserverordnung<br />
BGBl Nr 309/1999 idgF genannten Angaben<br />
(z. B. „mit geringem Gehalt an Mineralien“ oder<br />
„kalziumhaltig“). Nährwert- oder gesundheitsbezogene<br />
Angaben, <strong>die</strong> über <strong>die</strong> in den genannten Spezial-<br />
regelungen festgelegten Anforderungen hinausgehen,<br />
unterliegen der <strong>Claims</strong>-VO und müssen u. a. wissenschaftlich<br />
abgesichert und zugelassen sein (z. B.<br />
nährwert- oder gesundheitsbezogene Angaben, <strong>die</strong><br />
über den diätetischen Zweck eines diätetischen Le-<br />
bensmittels hinausgehende Aussagen treffen oder <strong>die</strong><br />
Gesundheit, Familie und Jugend zur <strong>Verordnung</strong> (EG)<br />
Nr 1924/2006 über nährwert- und gesundheitsbezogene<br />
Angaben über Lebensmittel vom 2.5.2007, GZ BMGFJ-<br />
75100/0018-IV/B/7/2007.<br />
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 317
nicht im Anhang der Mineralwasserrichtlinie genannt<br />
sind).<br />
Auf Grund der Diätrahmen-Richtlinie 89/398/EWG<br />
wurden folgende Vorschriften erlassen: Richtlinie<br />
96/8/EG über kalorienarme Lebensmittel, Richtlinie<br />
91/321/EWG über Säuglingsanfangs- und -folgenahrung,<br />
Richtlinie 1999/21/EG über diätetische Lebensmittel<br />
<strong>für</strong> besondere medizinische Zwecke und Richt-<br />
linie 2001/15/EG über Stoffe, <strong>die</strong> diätetischen Lebensmitteln<br />
zugefügt werden dürfen. <strong>Die</strong> darin enthaltenen<br />
spezifischen Kennzeichnungsvorschriften gehen<br />
der <strong>Claims</strong>-VO als leges speciales vor.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Claims</strong>-VO trifft keine Regelungen über andere als<br />
<strong>die</strong> in Abs 5 genannten Gemeinschaftsvorschriften.<br />
Unklar bleibt daher ihr Verhältnis u. a. zur Novel Food-<br />
<strong>Verordnung</strong> (EG) Nr 258/97 oder der <strong>Verordnung</strong> (EG)<br />
Nr 608/2004 über <strong>die</strong> Etikettierung von Lebensmitteln<br />
mit Phytosterin-, Phytosterinester-, Phytostanol-<br />
und/oder Phytostanolesterzusatz (in der Folge Phyto-<br />
sterin-<strong>Verordnung</strong>). Da beide <strong>Verordnung</strong>en analog zu<br />
den in Abs 5 genannten spezifischen Gemeinschaftsvorschriften<br />
ebenfalls Spezialregelungen über nähr-<br />
wert- und gesundheitsbezogene Angaben (Zulassung<br />
und Kennzeichnung) festlegen und kein sachlicher<br />
Grund vorliegt, <strong>die</strong> darin geregelten Lebensmittel<br />
anderen rechtlichen Anforderungen zu unterwerfen,<br />
ist davon auszugehen, dass <strong>die</strong>se gleichfalls als leges<br />
specialis den Bestimmungen der <strong>Claims</strong>-VO vorgehen.<br />
Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben,<br />
<strong>die</strong> gem. einer Entscheidung nach der Novel Food-<br />
<strong>Verordnung</strong> oder der Phytosterinverordnung zugelassen<br />
sind, müssen daher nicht den Bestimmungen<br />
der <strong>Claims</strong>-VO entsprechen, insbesondere nicht nach<br />
deren Zulassungsregime erneut genehmigt werden.<br />
<strong>Die</strong> Bedingungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verwendung der Angabe<br />
„laktose-“ oder „glutenfrei“ sind derzeit nicht gemeinschaftsweit<br />
einheitlich geregelt. Bis zur Festlegung<br />
gegenständlicher EG-Vorschriften, können <strong>die</strong><br />
Mitgliedstaaten einzelstaatliche Maßnahmen erlassen<br />
oder beibehalten (Erwägungsgrund Nr 22).<br />
A.5 „Negative Nährwerteigenschaften“<br />
<strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> gilt nicht <strong>für</strong> nährwertbezogene An-<br />
gaben, <strong>die</strong> „negative“ (unvorteilhafte) Nährwerteigenschaften<br />
eines Lebensmittels zum Inhalt haben<br />
(engl.: „non-beneficial nutrition claims“): Sie bleiben<br />
weiterhin einzelstaatlichen Regelungen vorbehalten<br />
(z. B. „Ampelkennzeichnung“ in Großbritannien).<br />
B. Allgemeine Voraussetzungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verwendung<br />
nährwert- und gesundheitsbezogener<br />
Angaben (Art 3)<br />
Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben sind<br />
grundsätzlich verboten, sofern sie nicht den Bestimmungen<br />
der <strong>Verordnung</strong> entsprechen, insbesondere<br />
nach der <strong>Verordnung</strong> zugelassen sind. Es gilt das Ver-<br />
botsprinzip. Sie sind auf das verzehrfertige Lebensmittel<br />
zu beziehen und dürfen nicht<br />
- falsch, mehrdeutig oder irreführend sein;<br />
- Zweifel an der Sicherheit oder der ernährungsphysiologischen<br />
Eignung anderer Lebensmittel auslösen;<br />
- zum übermäßigen Verzehr eines Lebensmittels ermutigen;<br />
- erklären, suggerieren oder mittelbar zum Ausdruck<br />
bringen, dass eine ausgewogene Ernährung nicht<br />
<strong>die</strong> notwendigen Nährstoffmengen liefern kann;<br />
- auf Veränderungen von Körperfunktionen Bezug<br />
nehmen, <strong>die</strong> beim Verbraucher Ängste auslösen<br />
könnten.<br />
C. Wissenschaftliche Absicherung (Art 5 und 6):<br />
Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben müssen<br />
sich auf allgemein anerkannte wissenschaftliche<br />
Nachweise (engl.: „evidence“) stützen. Nachzuweisen<br />
ist <strong>die</strong> in der Angabe beschriebene positive<br />
ernährungsbezogene oder physiologische Wirkung.<br />
Der Unternehmer hat <strong>die</strong> Verwendung der Angaben<br />
zu begründen und <strong>–</strong> wenn erforderlich <strong>–</strong> der Behörde<br />
sämtliche Unterlagen vorzulegen. Der Nährstoff muss<br />
im Endprodukt in einer signifikanten Menge vorhanden<br />
bzw nicht vorhanden sein, <strong>die</strong> nach allgemein<br />
anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnissen geeignet<br />
ist, <strong>die</strong> behauptete Wirkung zu erzielen. Der Stoff<br />
muss in der vorliegenden Form <strong>für</strong> den Körper bioverfügbar<br />
sein und <strong>–</strong> bei vernünftigerweise zu erwartendem<br />
Verzehr <strong>–</strong> in einer Menge aufgenommen werden,<br />
mit der <strong>die</strong> beschriebene Wirkung erzielt wird.<br />
Was unter „allgemein anerkannte wissenschaftliche<br />
Nachweise“ zu verstehen ist, lässt <strong>die</strong> <strong>Verordnung</strong> offen.<br />
Kriterien zur wissenschaftlichen Absicherung von<br />
Angaben wurden sowohl auf europäischer Ebene als<br />
auch im FAO/WHO Codex diskutiert. In Europa wurden<br />
im PASSCLAIM Projekt (Process for the Assessment<br />
of Scientific Support for <strong>Claims</strong> on Foods) allgemeine<br />
Kriterien <strong>für</strong> <strong>die</strong> wissenschaftliche Begründung<br />
gesundheitsbezogener Angaben definiert. <strong>Die</strong> Ab-<br />
sicherung der Angabe soll sich primär auf Human-<br />
stu<strong>die</strong>n stützen (Interventionsstu<strong>die</strong>n). Es sind geeignete<br />
Marker zu verwenden, wenn der Endpunkt des behaupteten<br />
Effekts nicht direkt bestimmt werden kann.<br />
Wissenschaftliche Referenzquellen werden auf einer<br />
Bewertungsskala von eins („nicht ausreichend“) bis<br />
fünf („ausreichend“) gewichtet (siehe Tabelle PASS-<br />
CLAIM). <strong>Die</strong> Frage, ob eine verfügbare wissenschaft-<br />
liche Referenz <strong>für</strong> <strong>die</strong> Absicherung einer Wirkungsaussage<br />
ausreicht, soll anhand einer Gesamtbewertung<br />
aller verfügbaren Quellen entschieden werden.<br />
Das Forschungsprojekt wurde vom International Life<br />
Science Institute (ILSI) Europe koordiniert und von<br />
der Europäischen Kommission unterstützt.<br />
318 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007
Abb. 1: PASSCLAIM<br />
D. Nährwertbezogene Angaben (Art 8):<br />
Nährwertbezogene Angaben (z. B. „fettarm“, „light“)<br />
dürfen gemacht werden, wenn sie im Anhang zur <strong>Verordnung</strong><br />
genannt sind und den dort festgelegten Definitionen<br />
entsprechen (Tabelle 1). Der Anhang ist abschließend<br />
(„taxativ“): Angaben, <strong>die</strong> nicht enthalten<br />
sind, dürfen künftig nicht verwendet werden (vgl.<br />
Übergangsfrist in Art 28). <strong>Die</strong> im Anhang enthaltenen<br />
Angaben sind keine „magischen Formeln“: Da „jeg-<br />
liche Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat“ unter den festgelegten Bedingungen<br />
verwendet werden kann, sind auch gleichsinnige<br />
Bezeichnungen zulässig. Der Anhang sieht auch<br />
sog. „Auffangtatbestände“ vor, z. B. „enthält (Name<br />
des Nährstoffs oder der anderen Substanz)“. Somit<br />
kann auch auf das Vorhandensein von Nährstoffen im<br />
Sinne des Art 2 Abs 2 Z 2 <strong>Claims</strong>-VO oder jeder anderen<br />
(ernährungsphysiologisch bedeutenden) Subs-<br />
tanz hingewiesen werden (z. B. einfach oder mehrfach<br />
ungesättigte Fettsäuren, Omega-3-Fettsäuren) 13 .<br />
13 Loosen, ZLR 2006, 521, 539f.<br />
Zu korrigieren wäre eine Übersetzungsfehler in der<br />
deutschen Textfassung: So wird in der englischen<br />
Textfassung bei z. B. „Hoher Ballaststoffgehalt“ nicht<br />
zwischen flüssigen und festen Lebensmitteln unterschieden.<br />
Es gilt <strong>die</strong> englische Textfassung.<br />
E. Vergleichende Angaben (Art 9):<br />
Vergleichende Angaben dürfen sich nur auf Lebensmittel<br />
derselben Kategorie und identische Mengen<br />
des Lebensmittels beziehen. Anzugeben ist der Unterschied<br />
in der Menge des Nährstoffs/Brennwerts. Wie<br />
der Begriff „Kategorie“ auszulegen ist, bleibt abzuklären.<br />
F. Gesundheitsbezogene Angaben (Art 10ff):<br />
F.1. Grundsätzliches<br />
Gem Art 10 <strong>Claims</strong>-VO sind gesundheitsbezogene<br />
Angaben grundsätzlich verboten. Ihre Verwendung<br />
ist zulässig, wenn sie den allgemeinen Anforderun-<br />
gen in Kapitel II und den spezifischen Bestimmun-<br />
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 319
ANHANG<br />
Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen <strong>für</strong> ihre Verwendung<br />
Energiearm<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
energiearm, sowie jede Angabe,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat,<br />
ist nur zulässig, wenn das Produkt<br />
im Falle von festen Lebensmitteln<br />
nicht mehr als 40 kcal (170 kJ)/100 g<br />
oder im Falle von flüssigen Lebensmitteln<br />
nicht mehr als 20 kcal<br />
(80 kJ)/100 mL enthält. Für Tafel-<br />
süßen gilt ein Grenzwert von 4 kcal<br />
(17 kJ) pro Portion, <strong>die</strong> der süßenden<br />
Wirkung von 6 g Saccharose<br />
(ca. 1 Teelöffel Zucker) entspricht.<br />
Energiereduziert<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
energiereduziert, sowie jegliche<br />
Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher<br />
voraussichtlich <strong>die</strong>selbe Bedeutung<br />
hat, ist nur zulässig, wenn der<br />
Brennwert um mindestens 30 %<br />
verringert ist; dabei sind <strong>die</strong> Eigenschaften<br />
anzugeben, <strong>die</strong> zur Reduzierung<br />
des Gesamtbrennwerts des<br />
Lebensmittels führen.<br />
Energiefrei<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
energiefrei, sowie jegliche Angabe,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat, ist nur<br />
zulässig, wenn das Produkt nicht<br />
mehr als 4 kcal (17 kJ)/100 mL enthält.<br />
Für Tafelsüßen gilt ein Grenzwert<br />
von 0,4 kcal (1,7 kJ) pro Por-<br />
tion, <strong>die</strong> der süßenden Wirkung von<br />
6 g Saccharose (ca. 1 Teelöffel Zucker)<br />
entspricht.<br />
Fettarm<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
fettarm, sowie jegliche Angabe, <strong>die</strong><br />
<strong>für</strong> den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat, ist nur zulässig,<br />
wenn das Produkt im Fall von<br />
festen Lebensmitteln weniger als<br />
3 g Fett/100 g oder weniger als 1,5 g<br />
Fett/100 ml im Fall von flüssigen Lebensmitteln<br />
enthält (1,8 g Fett pro<br />
100 mL bei teilentrahmter Milch).<br />
Fettfrei/ohne Fett<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
fettfrei/ohne Fett, sowie jegliche<br />
Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher<br />
voraussichtlich <strong>die</strong>selbe Bedeutung<br />
hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt<br />
nicht mehr als 0,5 g Fett pro<br />
100 g oder 100 mL enthält. Angaben<br />
wie „X % fettfrei“ sind verboten.<br />
Arm an gesättigten Fettsäuren<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
arm an gesättigten Fettsäuren,<br />
sowie jegliche Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong><br />
den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat, ist nur<br />
zulässig, wenn <strong>die</strong> Summe der gesättigten<br />
Fettsäuren und der trans-<br />
Fettsäuren bei einem Produkt im<br />
Fall von festen Lebensmitteln<br />
1,5 g/100 g oder 0,75 g/100 mL im<br />
Fall von flüssigen Lebensmitteln<br />
nicht übersteigt; in beiden Fällen<br />
dürfen <strong>die</strong> gesättigten Fettsäuren<br />
und <strong>die</strong> trans-Fettsäuren insgesamt<br />
nicht mehr als 10 % des<br />
Brennwerts liefern.<br />
Frei von gesättigten Fettsäuren<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei frei<br />
von gesättigten Fettsäuren, sowie<br />
jegliche Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher<br />
voraussichtlich <strong>die</strong>selbe<br />
Bedeutung hat, ist nur zulässig,<br />
wenn <strong>die</strong> Summe der gesättigten<br />
Fettsäuren und der trans-Fettsäuren<br />
0,1 g je 100 g bzw. 100 mL nicht<br />
übersteigt.<br />
Zuckerarm<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
zuckerarm, sowie jegliche Angabe,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat, ist<br />
nur zulässig, wenn das Produkt im<br />
Fall von festen Lebensmitteln nicht<br />
mehr als 5 g Zucker pro 100 g oder<br />
im Fall von flüssigen Lebensmitteln<br />
2,5 g Zucker pro 100 ml enthält.<br />
Zuckerfrei<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
Tab. 1: Anhang Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen <strong>für</strong> ihre Verwendung<br />
zuckerfrei, sowie jegliche Angabe,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat,<br />
ist nur zulässig, wenn das Produkt<br />
nicht mehr als 0,5 g Zucker pro 100 g<br />
bzw. 100 mL enthält.<br />
Ohne Zuckerzusatz<br />
<strong>Die</strong> Angabe, einem Lebensmittel<br />
sei kein Zucker zugesetzt worden,<br />
sowie jegliche Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den<br />
Verbraucher voraussichtlich <strong>die</strong>-<br />
selbe Bedeutung hat, ist nur zulässig,<br />
wenn das Produkt keine zugesetzten<br />
Mono- oder Disaccharide<br />
oder irgend ein anderes wegen seiner<br />
süßenden Wirkung verwendetes<br />
Lebensmittel enthält. Wenn das<br />
Lebensmittel von Natur aus Zucker<br />
enthält, sollte das Etikett auch den<br />
folgenden Hinweis enthalten: „Enthält<br />
von Natur aus Zucker“.<br />
Natriumarm/Kochsalzarm<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei natrium-/kochsalzarm,<br />
sowie jegliche<br />
Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher<br />
voraussichtlich <strong>die</strong>selbe Bedeutung<br />
hat, ist nur zulässig, wenn das Produkt<br />
nicht mehr als 0,12 g Natrium<br />
oder den gleichwertigen Gehalt an<br />
Salz pro 100 g bzw. 100 ml enthält.<br />
Bei anderen Wässern als natür-<br />
lichen Mineralwässern, <strong>die</strong> in den<br />
Geltungsbereich der Richtlinie<br />
80/777/EWG fallen, darf <strong>die</strong>ser Wert<br />
2 mg Natrium pro 100 mL nicht<br />
übersteigen.<br />
Sehr Natriumarm/Kochsalzarm<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
sehr natrium-/salzarm, sowie jegliche<br />
Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher<br />
voraussichtlich <strong>die</strong>selbe Bedeutung<br />
hat, ist nur zulässig, wenn<br />
das Produkt nicht mehr als 0,04 g<br />
Natrium oder den entsprechenden<br />
Gehalt an Salz pro 100 g bzw.<br />
100 mL enthält. Für natürliche Mineralwässer<br />
und andere Wässer<br />
darf <strong>die</strong>se Angabe nicht verwendet<br />
werden.<br />
320 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007
Natriumfrei oder Kochsalzfrei<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
natriumfrei oder kochsalzfrei, sowie<br />
jegliche Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den<br />
Verbraucher voraussichtlich <strong>die</strong>-<br />
selbe Bedeutung hat, ist nur zulässig,<br />
wenn das Produkt nicht<br />
mehr als 0,005 g Natrium oder den<br />
gleichwertigen Gehalt an Salz pro<br />
100 g enthält.<br />
Ballaststoffquelle<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
eine Ballaststoffquelle, sowie jegliche<br />
Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher<br />
voraussichtlich <strong>die</strong>selbe Bedeutung<br />
hat, ist nur zulässig, wenn<br />
das Produkt mindestens 3 g Ballaststoffe<br />
pro 100 g oder mindestens<br />
1,5 g Ballaststoffe pro 100 kcal enthält.<br />
Hoher Ballaststoffgehalt<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel habe<br />
einen hohen Ballaststoffgehalt, sowie<br />
jegliche Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den<br />
Verbraucher voraussichtlich <strong>die</strong>-<br />
selbe Bedeutung hat, ist nur zulässig,<br />
wenn das Produkt im Fall von<br />
festen Lebensmitteln mindestens<br />
6 g Ballaststoffe pro 100 g oder im<br />
Fall von flüssigen Lebensmitteln<br />
mindestens 3 g Ballaststoffe pro<br />
100 kcal enthält.<br />
Proteinquelle<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
eine Proteinquelle, sowie jegliche<br />
Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher<br />
voraussichtlich <strong>die</strong>selbe Bedeutung<br />
hat, ist nur zulässig, wenn auf den<br />
Proteinanteil mindestens 12 % des<br />
gesamten Brennwerts des Lebensmittels<br />
entfallen.<br />
Hoher Proteingehalt<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel<br />
habe einen hohen Proteingehalt,<br />
sowie jegliche Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong><br />
den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat, ist nur<br />
zulässig, wenn auf den Proteinanteil<br />
mindestens 20 % des gesamten<br />
Brennwerts des Lebensmittels<br />
entfallen.<br />
[Name des Vitamins/der Vitamine]<br />
und/oder [Name des Mineralstoffs/<br />
der Mineralstoffe]-Quelle<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel sei<br />
eine Vitaminquelle oder Mineralstoffquelle,<br />
sowie jegliche Angabe,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat,<br />
ist nur zulässig, wenn das Produkt<br />
mindestens eine gemäß dem Anhang<br />
der Richtlinie 90/496/EWG<br />
signifikante Menge oder eine Menge<br />
enthält, <strong>die</strong> den gemäß Artikel 6<br />
der <strong>Verordnung</strong> (EG) Nr. 1925/2006<br />
des Europäischen Parlaments und<br />
des Rates vom 20. Dezember 2006<br />
über den Zusatz von Vitaminen und<br />
Mineralstoffen sowie bestimmten<br />
anderen Stoffen zu Lebensmitteln<br />
(1) zugelassenen Abweichungen<br />
entspricht.<br />
Hoher [Name des Vitamins/der Vitamine]<br />
und/oder [Name des Mineralstoffs/der<br />
Mineralstoffe]-Quelle<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel habe<br />
einen hohen Vitamingehalt und/<br />
oder Mineralstoffgehalt, sowie jegliche<br />
Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher<br />
voraussichtlich <strong>die</strong>selbe Bedeutung<br />
hat, ist nur zulässig, wenn<br />
das Produkt mindestens das Doppelte<br />
des unter „[Name des Vitamins/der<br />
Vitamine] und/oder [Name<br />
des Mineralstoffs/der Mineral-<br />
stoffe]-Quelle“ genannten Werts<br />
enthält.<br />
Enthält [Name des Nährstoffs oder<br />
der anderen Substanz]<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Lebensmittel enthalte<br />
einen Nährstoff oder eine<br />
andere Substanz, <strong>für</strong> <strong>die</strong> in <strong>die</strong>ser<br />
<strong>Verordnung</strong> keine besonderen<br />
Bedingungen vorgesehen sind,<br />
sowie jegliche Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong><br />
den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat, ist nur<br />
zulässig, wenn das Produkt allen<br />
entsprechenden Bestimmungen<br />
<strong>die</strong>ser <strong>Verordnung</strong> und insbesondere<br />
Artikel 5 entspricht. Für Vitamine<br />
und Mineralstoffe gelten<br />
<strong>die</strong> Bedingungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Angabe<br />
„Quelle von“.<br />
Erhöhter [Name des Nährstoffs]-<br />
Anteil<br />
<strong>Die</strong> Angabe, der Gehalt an einem<br />
oder mehreren Nährstoffen, <strong>die</strong><br />
keine Vitamine oder Mineralstoffe<br />
sind, sei erhöht worden, sowie<br />
jegliche Angabe, <strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher<br />
voraussichtlich <strong>die</strong>selbe<br />
Bedeutung hat, ist nur zulässig,<br />
wenn das Produkt <strong>die</strong> Bedingungen<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Angabe „Quelle von“ erfüllt<br />
und <strong>die</strong> Erhöhung des Anteils mindestens<br />
30 % gegenüber einem vergleichbaren<br />
Produkt ausmacht.<br />
Reduzierter [Name des Nährstoffs]-<br />
Anteil<br />
<strong>Die</strong> Angabe, der Gehalt an einem<br />
oder mehreren Nährstoffen sei reduziert<br />
worden, sowie jegliche Angabe,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher vor-<br />
aussichtlich <strong>die</strong>selbe Bedeutung hat,<br />
ist nur zulässig, wenn <strong>die</strong> Reduzierung<br />
des Anteils mindestens 30 %<br />
gegenüber einem vergleichbaren<br />
Produkt ausmacht; ausgenommen<br />
sind Mikronährstoffe, <strong>für</strong> <strong>die</strong> ein<br />
10 %iger Unterschied im Nährstoffbezugswert<br />
gemäß der Richtlinie<br />
90/496/EWG akzeptabel ist, sowie<br />
Natrium oder der entsprechende<br />
Gehalt an Salz, <strong>für</strong> das ein 25 %iger<br />
Unterschied akzeptabel ist.<br />
Leicht<br />
<strong>Die</strong> Angabe, ein Produkt sei<br />
„leicht“, sowie jegliche Angabe,<br />
<strong>die</strong> <strong>für</strong> den Verbraucher voraussichtlich<br />
<strong>die</strong>selbe Bedeutung hat,<br />
muss <strong>die</strong>selben Bedingungen erfüllen<br />
wie <strong>die</strong> Angabe „reduziert“;<br />
<strong>die</strong> Angabe muss außerdem mit einem<br />
Hinweis auf <strong>die</strong> Eigenschaften<br />
einhergehen, <strong>die</strong> das Lebensmittel<br />
„leicht“ machen.<br />
Von Natur aus/Natürlich<br />
Erfüllt ein Lebensmittel von Natur<br />
aus <strong>die</strong> in <strong>die</strong>sem Anhang<br />
aufgeführte(n) Bedingung(en) <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Verwendung einer nährwertbezogenen<br />
Angabe, so darf <strong>die</strong>ser<br />
Angabe der Ausdruck „von Natur<br />
aus/natürlich“ vorangestellt werden.<br />
Tab. 1 (Fortsetzung): Anhang Nährwertbezogene Angaben und Bedingungen <strong>für</strong> ihre Verwendung<br />
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 321
gen in Kapitel IV entsprechen, nach der <strong>Verordnung</strong><br />
zugelassen und in <strong>die</strong> Listen nach Art 13 und 14 eingetragen<br />
sind. <strong>Die</strong> genannten Voraussetzungen müssen<br />
kumulativ vorliegen. <strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> unterscheidet<br />
gesundheitsbezogene Angaben über:<br />
i. <strong>die</strong> Bedeutung eines Nährstoffs oder einer anderen<br />
Substanz <strong>für</strong> Wachstum, Entwicklung und Körperfunktionen<br />
(Art 13 lit a)<br />
ii. psychologische Funktion, Verhaltensfunktion (Art<br />
13 lit b),<br />
iii. schlank machende oder gewichtskontrollierende<br />
Eigenschaften, <strong>die</strong> Verringerung des Hungergefühls,<br />
ein verstärktes Sättigungsgefühl oder eine<br />
verringerte Energieaufnahme (Art 13 lit c),<br />
iv. <strong>die</strong> Reduzierung eines Krankheitsrisikos (Art 14),<br />
v. <strong>die</strong> Entwicklung und Gesundheit von Kindern<br />
(Art 14).<br />
Gesundheitsbezogene Angaben nach Art 13, <strong>die</strong><br />
auf allgemeinen wissenschaftlichen Erkenntnissen<br />
beruhen, werden in eine Liste eingetragen und können<br />
ohne vorhergehende Zulassung vom Unterneh-<br />
mer verwendet werden („Art 13-Liste“). Auf neuen<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhende Angaben<br />
unterliegen einer verkürzten Gemeinschaftszulassung.<br />
Das gilt nicht <strong>für</strong> Angaben über <strong>die</strong> Reduzierung<br />
eines Krankheitsrisikos und Angaben, <strong>die</strong> sich auf <strong>die</strong><br />
Entwicklung und Gesundheit von Kindern beziehen.<br />
Solche Angaben sind jedenfalls zulassungspflichtig<br />
(siehe unten). Gesundheitsbezogene Angaben lösen<br />
zusätzliche Kennzeichnungshinweise aus (vgl. u. a.<br />
Art 7 und 10).<br />
F.2. „Angaben zur Reduzierung eines<br />
Krankheitsrisikos“<br />
Künftig können auf Lebensmitteln Angaben bezüglich<br />
der Reduzierung eines Krankheitsrisikos“ (engl.:<br />
disease risk reduction claim) gemacht werden. Da-<br />
runter wird „jede Angabe, mit der erklärt, suggeriert<br />
oder mittelbar zum Ausdruck gebracht wird, dass der<br />
Verzehr einer Lebensmittelkategorie, eines Lebensmittels<br />
oder eines Lebensmittelbestandteils einen<br />
Risikofaktor <strong>für</strong> <strong>die</strong> Entwicklung einer Krankheit beim<br />
Menschen deutlich senkt“. <strong>Die</strong>se Angaben müssen<br />
von der EFSA zugelassen werden (Art 14ff).<br />
Lebensmittelkategorie/<br />
Lebensmittel/<br />
Lebensmittelbestandteil<br />
F.3. „Kinderclaims“<br />
In der zweiten Lesung des Europäischen Parlaments<br />
wurde (in letzter Minute) eine Bestimmung zu Angaben<br />
über <strong>die</strong> Entwicklung und Gesundheit von Kindern<br />
(„Kinderclaims“) in <strong>die</strong> VO aufgenommen. „Kinderclaims“<br />
sind den gesundheitsbezogenen Angaben<br />
gleichgestellt: Sie sind grundsätzlich verboten, außer<br />
sie sind von der EFSA zugelassen (Art 14ff). Mangels<br />
Definition bleibt offen, ab welcher Altersgruppe es<br />
sich bei der Zielgruppe um „Kinder“ iSd Art 14 Abs 1<br />
handelt. Weiters ist unklar, ob <strong>die</strong> Wortfolge „Kinder“,<br />
„Entwicklung“ und „Gesundheit“ in der Angabe ausdrücklich<br />
vorkommen muss, oder ob schon eine bloße<br />
kindergerechte Aufmachung ein Produkt zu einem<br />
„Kinderprodukt“ und da<strong>für</strong> verwendete Gesundheitsangaben<br />
zu „Kinderclaims“ macht. Unbestritten ist,<br />
dass bei ausdrücklicher Nennung des Wortes „Kind“<br />
im Zusammenhang mit „Entwicklung“ und „Gesundheit“<br />
ein zulassungsbedürftiger Claim vorliegt (vgl.<br />
Orientierungserlass des BMGFJ; siehe Kasten).<br />
F.4. „Artikel 13-Liste“<br />
Gesundheitsbezogene Angaben, <strong>die</strong> auf allgemeinen<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen und vom<br />
Verbraucher verstanden werden, können ohne vorherige<br />
Zulassung verwendet werden. Ihr Gebrauch setzt<br />
voraus, dass sie in einer Liste nach Art 13 <strong>Claims</strong>-VO<br />
eingetragen werden. In <strong>die</strong> Liste sollen Angaben aufgenommen<br />
werden, <strong>die</strong> folgende Merkmale eines Lebensmittels<br />
beschreiben oder darauf verweisen:<br />
- Bedeutung eines Nährstoffs oder einer anderen<br />
Substanz <strong>für</strong> Wachstum, Entwicklung und Körperfunktionen,<br />
- psychologische Funktion, Verhaltensfunktion oder<br />
- schlank machende oder gewichtskontrollierende<br />
Eigenschaften, <strong>die</strong> Verringerung des Hungergefühls,<br />
ein verstärktes Sättigungsgefühl oder eine<br />
verringerte Energieaufnahme 14 .<br />
<strong>Die</strong> Mitgliedstaaten haben bis Jänner 2008 einzelstaatliche<br />
Listen anerkannter gesundheitsbezogener<br />
Angaben an <strong>die</strong> Kommission zu übermitteln. Auf Basis<br />
<strong>die</strong>ser einzelstaatlichen Listen verabschiedet <strong>die</strong><br />
Kommission nach Anhörung der EFSA im Regelungsverfahren<br />
nach Art 25 bis 2010 eine Gemeinschafts-<br />
Österreichische Liste gemäß Artikel 13<br />
der EG-<strong>Verordnung</strong> über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben über Lebensmittel<br />
Zusammenhang<br />
zwischen<br />
Lebensmittelkategorie/<br />
Lebensmittel/<br />
Lebensmittelbestandteil<br />
&<br />
Gesundheit<br />
allfällige<br />
Bedingungen <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Verwendung<br />
der Angabe<br />
Tab. 2.: Formular <strong>für</strong> <strong>die</strong> Erstellung einer Liste gemäß Artikel 13<br />
Art und Ursprung<br />
des<br />
Belegs<br />
(wissenschaftlicher<br />
Nachweis durch)<br />
Literaturnachweise<br />
Beispiele <strong>für</strong><br />
Formulierungen<br />
322 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007
liste. In Österreich können Angaben nach Art 13 von<br />
den Interessenvertretungen bis 1. September 2007 an<br />
das Bundesministerium <strong>für</strong> Gesundheit, Familie und<br />
Jugend (BMGFJ) gemeldet werden. Das BMGFJ hat<br />
dazu einen Orientierungserlass sowie ein Meldeformular<br />
und eine Ausfüllhilfe auf seiner Homepage 15<br />
veröffentlicht. Das Formular <strong>für</strong> <strong>die</strong> Erstellung einer<br />
Liste ist das Ergebnis einer Koordination zwischen<br />
den beteiligten Verkehrskreisen auf europäischer<br />
Ebene (insbesondere des europäischen Dachverbandes<br />
der Lebensmittelindustrie <strong>–</strong> CIAA), der Euro-<br />
päischen Kommission und der Mitgliedstaaten vom<br />
März 2006 16 .<br />
Hinweise zum Ausfüllen des Formulars zur Meldung<br />
gesundheitsbezogener Angaben nach Art 13 Abs 2<br />
der <strong>Verordnung</strong><br />
(EG) Nr 1924/2006 an <strong>die</strong> Interessensverbände (siehe<br />
Ansprechpartner)<br />
Spalte 1 <strong>–</strong> Lebensmittelkategorie/Lebensmittel/Lebensmittelbestandteil<br />
In der ersten Spalte des Formulars ist <strong>die</strong> Bezeichnung<br />
der Lebensmittelkategorie (z. B. Obst, Gemüse), des<br />
Lebensmittels (z. B. Apfel, Paprika), des Nährstoffs<br />
(z. B. Vitamin A, Kalzium) oder anderer Substanzen/<br />
Zutaten, worauf sich <strong>die</strong> gesundheitsbezogene An-<br />
gabe bezieht, einzutragen.<br />
Spalte 2 <strong>–</strong> Zusammenhang zwischen Lebensmittelkategorie/<br />
Lebensmittel/ Lebensmittelbestandteil &<br />
Gesundheit<br />
In der zweiten Spalte ist <strong>die</strong> Wirkungsbeziehung zwischen<br />
der Lebensmittelkategorie, dem Lebensmittel<br />
oder dem Lebensmittelbestandteil und der Gesundheit<br />
anzugeben. Beispiele könnten sein: „Beitrag zur<br />
Sehkraft“ (<strong>für</strong> Vitamin A) oder „Aufbau des Knochens“<br />
(<strong>für</strong> Kalzium).<br />
Spalte 3 <strong>–</strong> Allfällige Bedingungen <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verwendung<br />
der Angabe<br />
In der dritten Spalte sind <strong>die</strong> speziellen Bedingungen,<br />
unter denen <strong>die</strong> gesundheitsbezogene Angabe verwendet<br />
werden kann, zu nennen. Darunter sind<br />
gegebenenfalls zu verstehen:<br />
• <strong>die</strong> tägliche oder wöchentliche Verzehrsmenge<br />
• der Zeitraum der Zufuhr<br />
• <strong>die</strong> Form, in der ein chemisch definierter Stoff <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Verwertung im Körper vorliegen muss<br />
14 Ausgenommen sind <strong>die</strong> in der Richtlinie 96/8/EG<br />
geregelten Lebensmittel <strong>für</strong> kalorienarme Ernährung zur<br />
Gewichtsreduktion.<br />
15 Formular <strong>für</strong> <strong>die</strong> Erstellung einer österreichischen Liste:<br />
http://www.bmgfj.gv.at/cms/site/attachments/1/9/3/<br />
CH0338/CMS1125494752923/tabelle.doc; Ausfüllhilfe:<br />
• Art und Menge des Stoffes pro Portion<br />
• <strong>die</strong> Personengruppe, auf <strong>die</strong> <strong>die</strong> Aussage zutrifft.<br />
Spalte 4 <strong>–</strong> Art und Ursprung des Belegs<br />
In Spalte 4 ist <strong>die</strong> Art des Belegs, der <strong>die</strong> in Spalte 2<br />
dargelegte Wirkungsbeziehung wissenschaftlich untermauert,<br />
einzutragen. Beispiele könnten sein:<br />
• randomisierte Human-Interventionsstu<strong>die</strong><br />
• systematischer Review<br />
• Artikel aus einer Fachzeitschrift<br />
• Monographie<br />
• Stellungnahme eines wissenschaftlichen Gremiums<br />
Spalte 5 - Literaturnachweise<br />
Spalte 5 soll <strong>die</strong> Quellen/Referenzen enthalten, <strong>die</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> wissenschaftliche Absicherung der Wirkungsbeziehung<br />
relevant sind. <strong>Die</strong> Angaben müssen vollständig<br />
sein und das schnelle Auffinden der Information<br />
ermöglichen. Es ist nicht erforderlich <strong>die</strong> zitierte Li-<br />
teratur beizulegen. Folgende Informationen sind anzugeben:<br />
• Name der Autoren<br />
• Datum<br />
• Titel<br />
• Name der Fachzeitung/Fachliteratur<br />
• Nummer, Seitenzahl<br />
• Webadressen (falls verfügbar)<br />
Spalte 6 <strong>–</strong> Beispiele <strong>für</strong> Formulierungen<br />
In Spalte 6 sollen beispielhaft konkrete Formulierungen<br />
gesundheitsbezogener Angaben eingetragen<br />
werden, <strong>die</strong> <strong>die</strong> in Spalte 2 beschriebene Wirkungsbeziehung<br />
darstellen. <strong>Die</strong> Formulierungen sollen den<br />
Grad der zugrunde liegenden Evidenz des<br />
Belegs berücksichtigen.<br />
F.5 Verbotene gesundheitsbezogene Angaben (Art 12)<br />
Verboten sind:<br />
• Angaben, <strong>die</strong> den Eindruck erwecken, der Verzicht<br />
auf das Lebensmittel könnte <strong>die</strong> Gesundheit beeinträchtigen;<br />
• Angaben über Dauer und Ausmaß der Gewichtsabnahme;<br />
• Hinweise auf Empfehlungen einzelner Ärzte oder<br />
Vertreter medizinischer Berufe oder von Vereinigungen,<br />
<strong>die</strong> nicht in Artikel 11 genannt sind;<br />
• Gesundheitsbezogene Angaben bei alkoholischen<br />
Getränken mit mehr als 1,2 VOL%. Nährwertbezogene<br />
Angaben, <strong>die</strong> sich auf einen niedrigen oder<br />
http://www.bmgfj.gv.at/cms/site/attachments/1/9/3/<br />
CH0338/CMS1125494752923/ausfuellhilfe.pdf<br />
16 vgl. wissenschaftliche Publikationen dazu: u. a. Richard<br />
et al., Food Science and technology Bulletin: Functional<br />
Foods (2007), 3, (8), 83-97.<br />
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 323
eduzierten Alkoholgehalt oder einen reduzierten<br />
Brennwert beziehen, sind zulässig (z. B. „alkoholfreies<br />
Bier“). Nahrungsergänzungsmittel, <strong>die</strong> in<br />
flüssiger Form dargereicht werden und mehr als<br />
1,2 VOL% Alkohol enthalten, gelten nicht als Getränke<br />
im Sinne der <strong>Claims</strong>-VO (12. Erwägungsgrund).<br />
F.6. „Well-Being-Angaben“ (Art 10 Abs 3)<br />
Hinweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile des<br />
Nährstoffes oder Lebensmittels <strong>für</strong> <strong>die</strong> Gesundheit im<br />
allgemeinen oder das gesundheitliche Wohlbefinden<br />
(„Well-Being-Angaben“) sind nur zulässig, wenn sie<br />
mit einer gesundheitsbezogenen Angabe nach Art 13<br />
oder 14 verbunden werden („Koppelungsansatz“).<br />
Hinweise <strong>die</strong>ser Art stellen den größten Anteil gesundheitsbezogener<br />
Angaben im täglichen Geschäftsverkehr<br />
dar. Sah der ursprüngliche <strong>Verordnung</strong>sentwurf<br />
(KOM[2003] 424 endg) noch ein absolutes Verbot<br />
von „Well-Being-Angaben“ vor (Art 11: Verbot impli-<br />
ziter gesundheitsbezogener Angaben), wurde <strong>die</strong> Regelung<br />
in der finalen Textfassung entschärft. Analog<br />
zum „Koppelungsansatz“ bei Marken sind „Well-Being-Angaben“<br />
unter der Voraussetzung zulässig, dass<br />
ihnen eine zulässige gesundheitsbezogene Angabe<br />
beigestellt ist. Hintergrund war <strong>die</strong> Überlegung, allgemeine<br />
Verweise, <strong>die</strong> aufgrund ihres Charakters nicht<br />
wissenschaftlich abgesichert werden können, zu ge-<br />
statten, wenn sie von einer wissenschaftlich substanziierten<br />
Angabe begleitet werden. Damit soll einer<br />
allfälligen Irreführung des Verbrauchers vorgebeugt<br />
werden. Im Gegensatz zum „Koppelungsansatz“<br />
bei Marken ist in <strong>die</strong>sem Fall kein inhaltlicher Bezug<br />
zwischen beigestellter gesundheitsbezogener Angabe<br />
und „Well-Being-Angabe“ gefordert (vgl. oben).<br />
Solange Listen nach Art 13 und 14 nicht vorliegen,<br />
ist nach Auffassung des BMGFJ ein Vollzug <strong>die</strong>ser<br />
Bestimmung nicht möglich (vgl. Orientierungserlass,<br />
siehe Kasten). „Well-Being-Angaben“ können daher<br />
bis zur Veröffentlichung der Listen nach Art 13 und<br />
14 verwendet werden, auch wenn ihnen keine gegenständliche<br />
Angabe beigestellt ist. Sie müssen den<br />
allgemeinen Anforderungen der <strong>Verordnung</strong> entsprechen<br />
und dürfen insbesondere nicht irreführend sein<br />
(s Art 3).<br />
A. Kennzeichnung (Art 7, 10):<br />
Nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben lösen<br />
<strong>die</strong> Nährwertkennzeichnung nach der Nährwertkennzeichnungsrichtlinie<br />
90/496/EWG (NWK-RL) aus. Stoffe,<br />
<strong>die</strong> den Gegenstand einer Angabe bilden, ohne in<br />
der Nährwertkennzeichnung aufzuscheinen, sind im<br />
selben Sichtfeld in unmittelbarer Nähe der Nährwert-<br />
Tabelle anzugeben.<br />
• Für nährwertbezogene Angaben gelten <strong>die</strong> allgemeinen<br />
Bestimmungen der Nährwertkennzeichnungs-Richtlinie<br />
90/496/EWG. Bezieht sich <strong>die</strong><br />
Angabe auf zugesetzte Vitamine und Mineralstoffe,<br />
sind <strong>die</strong> Nährstoffe des Arti 4 Abs 1, Gruppe<br />
2 der Nährwertkennzeichnungs-Richtlinie 90/496/<br />
EWG anzugeben („Big 8“; vgl. <strong>Verordnung</strong> [EG] Nr<br />
1925/2006 zur Anreicherung von Lebensmitteln).<br />
Bei Nahrungsergänzungsmitteln (NEM) erfolgt <strong>die</strong><br />
Nährwertkennzeichnung nach der NEM-Richtlinie<br />
2002/46/EG.<br />
• Gesundheitsbezogene Angaben: Verpflichtend anzubringen<br />
sind <strong>die</strong> Nährstoffe der Gruppe 2 („Big<br />
8“) der Nährwertkennzeichnungs-RL sowie zusätzlich<br />
folgende Zusatzhinweise (Art 10):<br />
ß Hinweis auf <strong>die</strong> Bedeutung einer abwechslungsreichen<br />
und ausgewogenen Ernährung<br />
und einer gesunden Lebensweise;<br />
ß Informationen zur Menge des Lebensmittels<br />
und zum Verzehrsmuster, <strong>die</strong> erforderlich sind,<br />
um <strong>die</strong> beschriebene Wirkung zu erzielen;<br />
ß gegebenenfalls Hinweise <strong>für</strong> Personen, <strong>die</strong> den<br />
Verzehr des Lebensmittels vermeiden sollten<br />
und<br />
ß Warnhinweise bei Produkten, <strong>die</strong> bei über-<br />
mäßigem Verzehr eine Gesundheitsgefahr darstellen<br />
könnten.<br />
ß Bei Angaben zur Reduzierung eines Krankheitsrisikos:<br />
Hinweis, dass <strong>die</strong> gegenständliche<br />
Krankheit durch mehrere Risikofaktoren bedingt<br />
ist und dass <strong>die</strong> Veränderung eines <strong>die</strong>ser<br />
Risikofaktoren eine positive Wirkung haben<br />
kann oder auch nicht.<br />
H. Zulassungsverfahren (Art 15ff):<br />
H.1 Grundsätzliches<br />
Das Zulassungsverfahren gesundheitsbezogener<br />
Angaben erfolgt im Ausschussverfahren nach Art<br />
25 (Komitologieverfahren). <strong>Die</strong> Kommission und <strong>die</strong><br />
Mitgliedstaaten entscheiden auf Basis einer wissenschaftlichen<br />
Stellungnahme der EFSA. <strong>Die</strong>ser kommt<br />
dabei eine wesentliche Rolle zu, legt sie doch mit<br />
ihrem wissenschaftlichen Gutachten <strong>die</strong> Basis <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> politischen Entscheidungsträger, ob eine gesundheitsbezogene<br />
Angabe zugelassen wird. Mit der Einbindung<br />
der EFSA soll sichergestellt werden, dass<br />
künftig nur Gesundheitsangaben verwendet werden,<br />
<strong>die</strong> wissenschaftlich abgesichert sind und anhand<br />
einheitlicher Bewertungs- und Entscheidungspara-<br />
meter geprüft wurden.<br />
H.2 Zulassungsverfahren<br />
<strong>Die</strong> <strong>Claims</strong>-VO sieht drei verschiedene Zulassungsverfahren<br />
<strong>für</strong> gesundheitsbezogene Angaben vor:<br />
i. Für Angaben über <strong>die</strong> Reduzierung eines Krankheitsrisikos<br />
sowie Angaben über <strong>die</strong> Entwick-<br />
324 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007
lung und Gesundheit von Kindern gem Art 14<br />
<strong>Claims</strong>-VO ist eine Einzelzulassung nach den Art<br />
15 bis 17 <strong>Claims</strong>-VO erforderlich.<br />
ii. Angaben, <strong>die</strong> auf allgemeinen wissenschaftlichen<br />
Nachweisen beruhen und vom durchschnittlichen<br />
Verbraucher richtig verstanden werden, werden<br />
in eine Gemeinschaftsliste nach Art 13 <strong>Claims</strong>-VO<br />
aufgenommen.<br />
iii. <strong>Die</strong> Zulassung von Angaben, <strong>die</strong> auf neuen wissenschaftlichen<br />
Nachweisen beruhen oder einen<br />
Antrag auf Datenschutz enthalten, erfolgt nach<br />
dem beschleunigten Zulassungsverfahren des Art<br />
18 <strong>Claims</strong>-VO.<br />
Abb. 2.: Übersicht Zulassungsverfahren<br />
Das Zulassungsverfahren gliedert sich in drei Abschnitte:<br />
Den Antrag (Art 15), <strong>die</strong> Prüfung und Bewertung<br />
durch <strong>die</strong> EFSA (Art 16) und <strong>die</strong> Zulassung durch<br />
<strong>die</strong> Kommission im Wege des Ausschussverfahrens<br />
(Art 17).<br />
H.2.1. Antrag<br />
Der Antrag auf Zulassung ist bei der zuständigen<br />
nationalen Behörde einzubringen. <strong>Die</strong> zuständige<br />
einzelstaatliche Behörde hat den Erhalt des Antrages<br />
schriftlich innerhalb von 14 Tagen zu bestätigen<br />
und <strong>die</strong>sen unverzüglich an <strong>die</strong> EFSA weiter zu leiten<br />
(Abs 2 lit a). Eine Vorabprüfung der Unterlagen,<br />
eine Genehmigung oder Zurückweisung des Antrags<br />
kommt der nationalen Behörde nicht zu, hat sie doch<br />
lediglich eine „Briefkastenfunktion“ und ausschließlich<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Weiterleitung an <strong>die</strong> EFSA Sorge zu tragen.<br />
Dem Antrag beizulegen sind u. a.: Unterlagen,<br />
aus denen hervorgeht, dass <strong>die</strong> Angabe <strong>die</strong> Kriterien<br />
der <strong>Verordnung</strong> erfüllt, sowie ein Vorschlag <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
Formulierung der Angabe. Konkrete Durchführungsvorschriften<br />
zum Antragsverfahren, einschließlich<br />
Vorschriften zur Erstellung und Vorlage des Antrags<br />
werden im Wege des Ausschussverfahrens nach Art<br />
25 <strong>Claims</strong>-VO von der Kommission festgelegt. Dabei<br />
soll insbesondere <strong>für</strong> Klein- und Mittelbetriebe<br />
eine technische Hilfestellung bei der Vorbereitung<br />
und Einreichung eines Antrags bereitgestellt werden<br />
(Abs 4 und 5). Weiters hat <strong>die</strong> EFSA angekündigt,<br />
eine Leitlinie <strong>für</strong> das Antragsverfahren zu erarbeiten.<br />
Ein erster Entwurf wurde bereits veröffentlicht (siehe<br />
unter:<br />
http://www.efsa.europa.eu/etc/medialib/efsa/science/nda/nda_consultations/nda_guidelines_health.<br />
Par.0001.File.dat/draft_opinion_scientific_technical_<br />
guidance.pdf).<br />
H.2.2. EFSA-Bewertung<br />
<strong>Die</strong> EFSA hat innerhalb von fünf Monaten ab dem Datum<br />
des Eingangs eines gültigen Zulassungsantrags<br />
eine wissenschaftliche Stellungnahme abzugeben.<br />
<strong>Die</strong> inhaltliche Prüfung des Zulassungsantrags erfolgt<br />
im EFSA-Expertengremium <strong>für</strong> diätetische Produkte,<br />
Ernährung und Allergien (Scientific Panel on <strong>Die</strong>tetic<br />
Products, Nutrition and Allergies <strong>–</strong> NDA-Panel). Das<br />
NDA-Panel prüft zum einen, ob <strong>die</strong> gesundheitsbezogene<br />
Angabe durch wissenschaftliche Nachweise abgesichert<br />
ist, zum anderen, ob <strong>die</strong> Formulierung den<br />
Anforderungen der <strong>Verordnung</strong> entspricht (Abs 3).<br />
Da <strong>die</strong> <strong>Verordnung</strong> nicht näher differenziert, hat <strong>die</strong><br />
EFSA auch zu prüfen, ob <strong>die</strong> Formulierung gem Art<br />
3 weder irreführend noch falsch oder mehrdeutig ist.<br />
Damit kommt der Behörde eine Aufgabe zu, <strong>die</strong> über<br />
<strong>die</strong> rein wissenschaftliche Bewertung der dem Antrag<br />
zugrundeliegenden wissenschaftlichen Stu<strong>die</strong>nlage<br />
hinausgeht. Be<strong>für</strong>wortet <strong>die</strong> EFSA <strong>die</strong> Zulassung der<br />
Angabe, hat <strong>die</strong> Stellungnahme <strong>die</strong> in Art 16 Abs 4 beschriebenen<br />
Informationen, u. a. eine Empfehlung <strong>für</strong><br />
eine Formulierung der Angabe, zu enthalten. Darüber<br />
hinaus kann <strong>die</strong> EFSA in ihrer Stellungnahme Bedingungen<br />
oder Beschränkungen der Verwendung des<br />
Lebensmittels oder Warnhinweise vorsehen, <strong>die</strong> am<br />
Etikett angegeben werden müssen. <strong>Die</strong> Stellungnahme<br />
ist der Kommission zu übermitteln (s Ablaufschema<br />
EFSA „Evalu. a.tion & Authorisation Procedure“).<br />
H.2.3. Gemeinschaftszulassung<br />
<strong>Die</strong> endgültige Entscheidung über <strong>die</strong> Zulassung<br />
der Angabe trifft <strong>die</strong> Kommission auf Grundlage der<br />
EFSA-Bewertung im Komitologieverfahren. Dabei hat<br />
<strong>die</strong> Kommission <strong>die</strong> EFSA-Stellungnahme, alle einschlägigen<br />
europäischen Rechtsvorschriften sowie<br />
andere relevante legitime Faktoren zu berücksichtigen.<br />
Weiters können allfällige Anmerkungen, <strong>die</strong> bei<br />
der öffentlichen Konsultation gem Art 16 Abs 6 von<br />
der Öffentlichkeit bzw vom Antragsteller abgegeben<br />
werden, in <strong>die</strong> Entscheidung einfließen.<br />
Für den Entscheidungsprozess im Komitologieverfahren<br />
besteht keine zeitliche Vorgabe. Eine genaue<br />
Abschätzung der gesamten Verfahrensdauer ist daher<br />
nicht möglich. <strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> sieht <strong>für</strong> das gesamte<br />
Zulassungsverfahren eine Mindestdauer von zwölf<br />
bis sechzehn Monaten vor. Aufgrund der bisherigen<br />
Erfahrungen mit vergleichbaren Zulassungsverfahren<br />
(z. B. nach der Novel Food <strong>Verordnung</strong> Nr 258/97)<br />
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 325
Abb. 3: Ablauf Evaluation und Authorisierung<br />
wird mit einer Verfahrensdauer von ca zwei Jahren<br />
zu rechnen sein. Zugelassene Angaben werden in ein<br />
Gemeinschaftsregister eingetragen und im Amtsblatt<br />
veröffentlicht (s Ablaufschema).<br />
I. „Beschleunigtes Zulassungsverfahren“ (Art 18):<br />
I.1. Grundsätzliches<br />
Art 18 normiert ein beschleunigtes Zulassungsverfahren<br />
<strong>für</strong> gesundheitsbezogene Angaben nach Art 13<br />
Abs 5. <strong>Die</strong>ses Verfahren wurde in der zweiten Lesung<br />
des Europäischen Parlaments in den <strong>Verordnung</strong>stext<br />
eingefügt und verfolgt das Ziel, Produktinnovationen<br />
zu fördern (Erwägungsgrund Nr 26 letzter Satz). Gegenstand<br />
von Anträgen nach Art 18 sind ausschließlich<br />
Angaben nach Art 13. Angaben zur Reduzierung eines<br />
Krankheitsrisikos und zur Entwicklung und Gesundheit<br />
von Kindern gem Art 14 unterliegen in jedem Fall dem<br />
allgemeinen Zulassungsverfahren nach Art 15ff.<br />
Gem Art 18 können Lebensmittelunternehmer<br />
<strong>die</strong> Aufnahme einer Angabe<br />
nach Art 13 in <strong>die</strong><br />
Gemeinschaftsliste nach<br />
Abs 3 („Art 13-Liste“) beantragen,<br />
sofern <strong>die</strong>se dort<br />
noch nicht genannt ist und<br />
auf neuen wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen beruht<br />
und/oder einen Antrag auf<br />
Datenschutz enthält. Das<br />
beschleunigte Verfahren<br />
unterscheidet sich vom allgemeinenZulassungsverfahren<br />
nach Art 15 durch<br />
kürzere Fristen und <strong>die</strong><br />
Entscheidungsstrukturen<br />
(Kommission hat Entscheidungshoheit;Mitgliedstaaten<br />
werden nur konsultiert;<br />
s Ablaufschema Art 18).<br />
I.2. „Neue“ wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse<br />
Der Begriff „neue“ wissenschaftliche<br />
Erkenntnisse<br />
darf nicht zu restriktiv ausgelegt<br />
werden. Der Sinn<br />
und Zweck des beschleunigten<br />
Verfahrens besteht<br />
darin, dem Unternehmer<br />
den Marktzutritt innerhalb<br />
eines angemessenen Zeitraums<br />
zu ermöglichen.<br />
Der Begriff „neu“ ist daher<br />
nicht ausschließlich iS von<br />
„neuartig“ zu verstehen.<br />
Vielmehr ist auf den Zeitpunkt der Erstellung der „Artikel<br />
13-Liste“ abzustellen. Entscheidend ist, ob <strong>die</strong><br />
wissenschaftlichen Daten bereits Gegenstand des<br />
Erstverfahrens zur Erarbeitung der Liste waren 17 . Ist<br />
das nicht der Fall, so sind sie „neu“ iSd Art 13 Abs<br />
5. Dadurch wird sichergestellt, dass Angaben, deren<br />
Aufnahme in <strong>die</strong> Liste nach Art 13 schlicht übersehen<br />
worden ist, nachträglich eingetragen werden können.<br />
J. Rechtsmittel<br />
Lehnt <strong>die</strong> Kommission den Antrag auf Zulassung ab<br />
oder legt sie unverhältnismäßige Verwendungsbedingungen<br />
oder <strong>–</strong>beschränkungen fest, kann der Antragsteller<br />
Nichtigkeitsklage nach Art 230 Abs 4 EGV beim<br />
Gerichtshof erster Instanz erheben (Individu. a.lklage).<br />
Eine Individu. a.lklage kann gegen Entscheidungen<br />
erhoben werden, <strong>die</strong> verbindliche Rechtswirkung <strong>für</strong><br />
den Einzelnen haben und <strong>die</strong>sen unmittelbar und in-<br />
326 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 327<br />
Abb. 5: Zulassungsverfahren gesundheitsbezogener Angaben, <strong>die</strong> auf „neuen“<br />
wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen (Art 13 Abs 5) gem Art 18<br />
Abb. 4: Zulassungsverfahren gesundheitsbezogener Angaben gemäß<br />
Art 15 ff
dividuell betreffen. Folglich kann der Antragsteller nur<br />
gegen <strong>die</strong> abschließende Entscheidung der Kommission<br />
ein Rechtsmittel erheben. <strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> sieht<br />
keine weiteren Anhörungs- bzw Einspruchsoptionen<br />
vor. Rechtsmittel gegen einzelne Verfahrensschritte<br />
(z. B. ablehnende Stellungnahme der EFSA) sind nicht<br />
vorgesehen 18 .<br />
K. Nährwertprofile (Art 4):<br />
<strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> sieht <strong>die</strong> Einführung von Nährwertprofilen<br />
vor. Erfüllt ein(e) Lebensmittel (-kategorie)<br />
das da<strong>für</strong> vorgegebene Nährwertprofil nicht, dürfen<br />
weder Angaben zum Nährwert noch zur Wirkung <strong>die</strong>ses<br />
Lebensmittels auf <strong>die</strong> Gesundheit gemacht werden.<br />
Das gilt auch dann, wenn <strong>die</strong> betreffende Angabe<br />
wissenschaftlich abgesichert ist. Ausnahmen bestehen<br />
<strong>für</strong> nährwertbezogene Angaben,<br />
- <strong>die</strong> sich auf <strong>die</strong> Verringerung von Fett, gesättigten<br />
Fettsäuren, Transfettsäuren, Zucker und Salz/Natrium<br />
beziehen. <strong>Die</strong>se Angaben dürfen ohne (!)<br />
Bezugnahme auf das Nährwertprofil <strong>für</strong> den konkreten<br />
Nährstoff gemacht werden, wenn sie den<br />
allgemeinen Regelungen entsprechen (z. B. „fettreduziert“<br />
bei Produkten mit hohem Zucker- oder<br />
Salzgehalt);<br />
- sofern ein (einziger) Nährstoff dem Profil nicht<br />
entspricht und in unmittelbarer Nähe der Angabe<br />
<strong>die</strong>ses Stoffes, auf der selben Seite und mit dem<br />
gleichen Aufmerksamkeitswert der Hervorhebung<br />
(engl.: „prominence“) wie dem der nährwertbezogenen<br />
Angabe der Hinweis erfolgt: „Hoher Gehalt<br />
an (...Name des Nährstoffs, der das Profil überschreitet)“.<br />
Nährwertprofile (einschließlich Bedingungen und<br />
Ausnahmen) werden bis 2009 von der Kommission<br />
und den Mitgliedstaaten auf Basis einer wissenschaftlichen<br />
Stellungnahme der EFSA festgelegt. Dabei sollen<br />
u. a. berücksichtigt werden:<br />
• <strong>die</strong> Mengen an bestimmten Nährstoffen wie Salz,<br />
Fett, Zucker, gesättigten Fettsäuren und Transfettsäuren;<br />
• <strong>die</strong> Rolle und Bedeutung des (der) Lebensmittel(s)<br />
(-kategorie) <strong>für</strong> <strong>die</strong> Ernährung;<br />
• <strong>die</strong> Nährwertzusammensetzung des Lebensmittels<br />
und das Vorhandensein von Nährstoffen mit<br />
wissenschaftlich anerkannter Wirkung auf <strong>die</strong> Gesundheit.<br />
L. Datenschutz (Art 21):<br />
Wissenschaftliche Daten im Zusammenhang mit der<br />
17 so auch Loosen, ZLR 5/2006, 521, 545; Meisterernst/<br />
Haber, WRP, 363, 384; Eppinger/Greifeneder, WRP 2006,<br />
830, 837.<br />
Zulassung gesundheitsbezogener Angabe können<br />
fünf Jahre geschützt werden. Ein Antrag auf Datenschutz<br />
ist zeitgleich mit dem Antrag auf Zulassung der<br />
Angabe zu stellen. <strong>Die</strong> Daten dürfen während <strong>die</strong>ses<br />
Zeitraums nicht <strong>für</strong> einen nachfolgenden Antrags-<br />
steller verwendet werden. Informationen über solche<br />
Angaben werden in einem gesonderten Anhang des<br />
Gemeinschaftsregisters veröffentlicht.<br />
M. Schutzmaßnahmen (Art 24):<br />
Führt ein Mitgliedstaat stichhaltige Gründe da<strong>für</strong><br />
ins Treffen, dass eine Angabe der <strong>Verordnung</strong> nicht<br />
entspricht, kann er deren Verwendung auf seinem<br />
Hoheitsgebiet vorübergehend aussetzen. Da es sich<br />
dabei de facto um ein absolutes Verwendungsverbot<br />
betroffener Angaben handelt, ist <strong>die</strong> Rechtfertigung<br />
eines solchen Verbots im Lichte der Verhältnismäßigkeit<br />
zu beurteilen. Art 24 ist daher restriktiv auszulegen.<br />
Stichhaltige Gründe im Sinne des Art 24 Abs 1<br />
liegen nur dann vor, wenn zwingende wissenschaftliche<br />
Daten vorgebracht werden, <strong>die</strong> eine solche<br />
Maßnahme rechtfertigen. Eine reine hypothetische<br />
Annahme, eine Angabe entspräche nicht der <strong>Verordnung</strong>,<br />
ohne dass eine substanzielle wissenschaftliche<br />
Absicherung vorliegt, genügt nicht 19 .<br />
N. Übergangsbestimmungen (Art 28):<br />
N.1. Grundsätzliches<br />
<strong>Die</strong> neuen Bestimmungen sind ab 1.7.2007 anzuwenden.<br />
Lebensmittel, <strong>die</strong> vor <strong>die</strong>sem Zeitpunkt in Verkehr<br />
gebracht oder etikettiert worden sind und den<br />
neuen Bestimmungen nicht entsprechen, dürfen bis<br />
zu ihrem Mindesthaltbarkeitsdatum, jedoch nicht länger<br />
als bis 31. Juli 2009, in Verkehr gebracht werden.<br />
Darüber hinaus gelten folgende spezifische Übergangsbestimmungen<br />
(s Zeitschiene):<br />
• Lebensmittel, <strong>die</strong> einem vorgegebenen Nährwertprofil<br />
nicht entsprechen, dürfen bis 24 Monate<br />
nach Verabschiedung des Profils in Verkehr gebracht<br />
werden.<br />
• Marken, <strong>die</strong> vor dem 1.1.2005 bestanden haben<br />
und nicht der <strong>Verordnung</strong> entsprechen, dürfen<br />
bis 19. Jänner 2022 in Verkehr gebracht werden.<br />
• Nährwertbezogene Angaben, <strong>die</strong> vor dem 1.1.2006<br />
in einem Mitgliedstaat zulässigerweise verwendet<br />
wurden und nicht im Anhang genannt sind, können<br />
bis 19. Jänner 2010 weiter verwendet werden.<br />
Das trifft etwa auf Angaben wie „cholesterinfrei“<br />
oder „cholesterinarm“ zu.<br />
• Nährwertbezogene Angaben in Form von Bildern<br />
oder Symbolen, <strong>die</strong> in einem Mitgliedstaat zuläs-<br />
18 so auch Meisterernst/Haber, WRP, 363, 386; von Danwitz,<br />
GRUR 2005, 896, 903.<br />
328 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007
sig, aber nicht im Anhang genannt sind, müssen<br />
bis zum 31. Jänner 2008 von den Mitgliedstaaten<br />
an <strong>die</strong> Kommission notifiziert werden.<br />
• Gesundheitsbezogene Angaben:<br />
ß Für Angaben über <strong>die</strong> Reduzierung eines Krankheitsrisikos<br />
und über <strong>die</strong> Entwicklung und Gesundheit<br />
von Kindern gilt <strong>die</strong> allgemeine Übergangsfrist<br />
(zulässig bis zum Ablauf des Mindesthaltbarkeitsdatums,<br />
längstens bis zum 31. Juli<br />
2009);<br />
ß Angaben über <strong>die</strong> Bedeutung einer Substanz <strong>für</strong><br />
Wachstum, Entwicklung und Körperfunktion (Art<br />
13 (1) lit a) dürfen bis zur Annahme der Art 13-<br />
Liste in Eigenverantwortung des Unternehmers<br />
verwendet werden (sofern <strong>die</strong> Angabe den allgemeinen<br />
Voraussetzungen der VO entspricht);<br />
ß Angaben über psychologische Funktionen und<br />
Verhaltensfunktionen sowie schlankmachende<br />
oder gewichtskontrollierende Eigenschaften<br />
(Art 13 (1) lit b und c):<br />
- Angaben, <strong>die</strong> in einem Mitgliedstaat bereits<br />
zugelassen wurden, sind von <strong>die</strong>sem Mitgliedstaat<br />
bis spätestens 31. Jänner 2008<br />
der Kommission zu übermitteln. <strong>Die</strong>se beschließt<br />
nach Anhörung der EFSA über <strong>die</strong><br />
Zulässigkeit der Angabe im Komitologieverfahren<br />
nach Art 25. Nicht zulässige Angaben<br />
dürfen bis sechs Monate nach der Beschlussfassung<br />
weiter verwendet werden.<br />
- Angaben, <strong>die</strong> in einem Mitgliedstaat nicht<br />
zugelassen sind, dürfen verwendet werden,<br />
wenn bis 19. Jänner 2008 ein Zulassungsantrag<br />
gestellt wird. Wird <strong>die</strong> Angabe nicht<br />
zugelassen, darf sie nur mehr sechs Monate<br />
nach der Entscheidung gem. Art 17 (3) weiter<br />
verwendet werden.<br />
N.2. Art 28 Abs 6<br />
Art 28 Abs 5 und 6 sehen unterschiedliche Übergangsfristen<br />
<strong>für</strong> gesundheitsbezogene Angaben nach Art 13<br />
lit a, b und c vor. Während Angaben nach lit a bis zur<br />
Veröffentlichung der Gemeinschaftsliste nach Art 13 in<br />
Eigenverantwortung des Unternehmers verwendet werden<br />
dürfen, müssen Hinweise nach lit b und c an <strong>die</strong><br />
Kommission notifiziert bzw bis Jänner 2008 zur Zulassung<br />
eingereicht werden. Da <strong>die</strong>se Bestimmung noch<br />
in der letzten Phase des Gesetzwerdungsprozesses geändert<br />
wurde, scheint <strong>die</strong> unterschiedliche Behandlung<br />
der Angaben nach lit a, b und c im <strong>Verordnung</strong>stext<br />
versehentlich nicht mehr korrigiert worden zu sein. Es<br />
liegen keine sachlichen Gründe vor, <strong>die</strong> Angaben nach<br />
19 Vgl. Rechtsprechung zu Artikel 7 EG-BasisV Nr. 78/2002:<br />
EuGH vom 11. September 2002, Pfizer Animal <strong>Health</strong> SA/<br />
Rat der Europäischen Union, Rs T-13/99 Rz 143f; EFTA-<br />
lit a, b, und c unterschiedlichen rechtlichen Anforderungen<br />
zu unterwerfen. Das BMGFJ geht daher in seinem<br />
Orientierungserlass davon aus, dass <strong>–</strong> vorbehaltlich anderslautender<br />
Ergebnisse auf Ratsarbeitsgruppenebene<br />
<strong>–</strong> sämtliche Angaben nach Art 13 der Übergangsfrist des<br />
Art 28 Abs 5 unterliegen. Mit anderen Worten bedeutet<br />
das, dass alle Angaben nach Art 13 (lit a als auch lit b<br />
und c) bis zur Veröffentlichung der Art 13-Liste in Eigenverantwortung<br />
des Unternehmers verwendet werden<br />
können. Dabei wird vorausgesetzt, dass <strong>die</strong> Angaben<br />
den allgemeinen Voraussetzungen der <strong>Verordnung</strong> entsprechen<br />
(s Orientierungserlass; Kasten).<br />
N.3 Welche Bestimmungen sind ab 1.7.2007 zu beachten?<br />
Ab 1.7.2007 sind u. a. folgende Bestimmungen zu beachten:<br />
• Nährwert- und Gesundheitsbezogene Angaben<br />
müssen:<br />
ß den allgemeinen Voraussetzungen der <strong>Verordnung</strong><br />
(Art 3ff) entsprechen,<br />
ß wissenschaftlich abgesichert und<br />
ß zugelassen sein:<br />
- Gesundheitsbezogene Angaben: Individualantrag<br />
nach Art 14 oder Gemeinschaftsliste<br />
nach Art 13 (s Übergangsfristen)<br />
- Nährwertbezogene Angaben müssen den<br />
Verwendungsbedingungen des Anhangs<br />
entsprechen. Andere als dort genannte Angaben<br />
dürfen nicht verwendet werden (s<br />
Übergangsbestimmungen).<br />
• Kennzeichnung: u. a.:<br />
ß Bei Verwendung nährwertbezogener Angaben:<br />
- gelten <strong>die</strong> allgemeinen Bestimmungen der<br />
Nährwertkennzeichnungs-Richtlinie 90/496/<br />
EWG.<br />
- Bezieht sich <strong>die</strong> Angabe auf zugesetzte Vitamine<br />
und Mineralstoffe, sind <strong>die</strong> Nährstoffe<br />
des Art 4 Abs 1, Gruppe 2 der Nährwertkennzeichnungs-Richtlinie<br />
90/496/EWG anzugeben<br />
(„Big 8“; vgl. <strong>Verordnung</strong> [EG] Nr. 1925/2006<br />
zur Anreicherung von Lebensmitteln).<br />
ß Bei Verwendung gesundheitsbezogener Angaben:<br />
- Verpflichtende Nährwertkennzeichnung im<br />
Umfang der Gruppe 2 („Big 8“) der Nährwertkennzeichnungs-Richtlinie<br />
90/496/EWG sowie<br />
- Zusatzhinweise nach Art 10 (u. a. Hinweis auf<br />
eine ausgewogene Ernährung und eine gesunde<br />
Lebensweise, Informationen zur Menge und<br />
zum Verzehrsmuster, <strong>die</strong> notwendig sind, <strong>die</strong><br />
beschriebene positive Wirkung zu erzielen).<br />
Gerichtshof vom 5. April 2001, Rs E-3/00, ZLR 2001, 697,<br />
703 Rz 36-38.<br />
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 329
Abb. 6: Übersicht <strong>–</strong> Übergangsbestimmungen-<strong>Claims</strong>-VO gem. Art. 28<br />
330 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007
VI. Kontroversielle Diskussion,<br />
Bewertung und Ausblick<br />
Der Verabschiedung der <strong>Claims</strong>-VO gingen intensive<br />
politische und rechtspolitische Diskussionen voraus.<br />
Im Fokus der Kritik stand insbesondere der Paradigmenwechsel<br />
vom Missbrauchs- zum Verbotsprinzip.<br />
Ein absolutes Verbot nährwert- und gesundheitsbezogener<br />
Angaben mit Zulassungsvorbehalt sei ein unverhältnismäßiger<br />
Eingriff in das Grundrecht der Er-<br />
werbsfreiheit und das durch <strong>die</strong> europäische Mensch-<br />
rechtskonvention garantierte Recht auf freie Meinungs-<br />
äußerung. <strong>Die</strong>se Freiheit darf nur dann beschränkt<br />
werden, wenn das im Interesse der öffentlichen<br />
Sicherheit, der Aufrechterhaltung der Ordnung und<br />
des Schutzes der Gesundheit unentbehrlich ist. <strong>Die</strong>sem<br />
Erfordernis der Unentbehrlichkeit werde <strong>die</strong><br />
<strong>Claims</strong>-VO keinesfalls gerecht 20 . Da <strong>die</strong> Verbotsnormen<br />
der <strong>Claims</strong>-VO auch wissenschaftlich abgesicherte<br />
Angaben unabhängig von ihrer Irreführungs-<br />
eignung umfassen, läge ein Verstoß gegen den Grundsatz<br />
der Verhältnismäßigkeit vor. Gerade vor dem Hintergrund<br />
der EuGH-Rechtsprechung zu § 9 LMG 1975<br />
ist <strong>die</strong>se Argumentation nachvollziehbar, hat doch<br />
der Gerichtshof das dort verankerte absolute Verbot<br />
gesundheitsbezogener Angaben und das damit verbundene<br />
Zulassungsverfahren als unverhältnismäßig<br />
und daher gemeinschaftswidrig erkannt 21 .<br />
Darüber hinaus verstoße <strong>die</strong> <strong>Verordnung</strong> gegen den<br />
verfassungsmäßig festgelegten Bestimmtheitsgrundsatz,<br />
da wesentliche Regelungen der <strong>Verordnung</strong> u. a.<br />
über Nährwertprofile oder <strong>die</strong> Liste allgemein wissenschaftlich<br />
anerkannter Angaben nach Art 13 nur ansatzweise<br />
in der <strong>Verordnung</strong> geregelt und erst in einer<br />
späteren Phase von der Kommission konkretisiert<br />
werden. <strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> sei daher zum Zeitpunkt ihres<br />
Inkrafttretens zu unbestimmt. Ebenfalls mit Inkrafttreten<br />
ungeklärt bleiben essentielle Begriffsdefinitionen<br />
wie „Lebensmittelkategorie“ oder „Kinder“ sowie<br />
Übergangsfristen <strong>für</strong> Hinweise nach Art 10 oder über<br />
<strong>die</strong> Entwicklung und Gesundheit von Kindern. Mithin<br />
verstoße <strong>die</strong> <strong>Verordnung</strong> gegen Grundprinzipien des<br />
Gemeinschafts- und Verfassungsrechts 22 .<br />
Kritischen Betrachtungen unterzogen wurde gleichfalls<br />
<strong>die</strong> Einrichtung eines “closed shop” nährwertbezogener<br />
Angaben: Ausschließlich <strong>die</strong> im Anhang zur<br />
<strong>Verordnung</strong> genannten Angaben dürfen unter näher<br />
20 Hauer, Gesundheitsbezogene Angaben einst und jetzt<br />
<strong>–</strong> eine Bilanz, ernährung/nutrition 2/2007, 85.<br />
21 EuGH Rs C 221/00, Kommission/Österreich, vom 23.1.2003,<br />
Slg 2003, I-1007ff, verbundene Rs C-421/00 bis C-426/00,<br />
Sterbenz, C-16/01, Haug; vgl. Hauer, Gesundheitsbezogene<br />
Angaben einst und jetzt <strong>–</strong> eine Bilanz, ernährung/nutrition<br />
2/2007, 84; derselbe, The Regulation on Nutrition<br />
and <strong>Health</strong> <strong>Claims</strong>, European Food and Feed Law Review<br />
geregelten Bedingungen verwendet werden (taxative<br />
Liste). Auch das generelle Verbot impliziter gesundheitsbezogener<br />
Angaben gemäß Art 11 des Entwurfs<br />
der Kommission (KOM[2003] 424 endg) wurde kontroversiell<br />
diskutiert. Art 11 sah ein absolutes Verbot allgemeiner<br />
unspezifischer Angaben (sog. „Well-Being-<br />
Angaben“) sowie von Angaben über psychologische<br />
Funktionen oder Verhaltensfunktionen, schlank-<br />
machende oder gewichtskontrollierende Eigenschaften<br />
eines Lebensmittels unabhängig von ihrer<br />
Irreführungseignung vor. <strong>Die</strong>ses Verbot wurde in der<br />
endgültigen Textfassung der <strong>Verordnung</strong> entschärft<br />
(vgl. „Koppelungsansatz“ gemäß Art 10 Abs 3).<br />
Kurz vor Veröffentlichung des endgültigen Entwurfes<br />
wurde <strong>die</strong> Bestimmung über Nährwertprofile aufgenommen.<br />
Ihre Einführung wurde von den beteiligten<br />
Verkehrskreisen differenziert gesehen. Nähr-<br />
wertprofile bilden künftig <strong>die</strong> Benchmark da<strong>für</strong>, ob ein<br />
Lebensmittel nährwert- oder gesundheitsbezogene<br />
Angaben tragen darf. Entspricht ein Lebensmittel<br />
oder eine Lebensmittelkategorie dem vorgegebenen<br />
Nährwertprofil nicht, dürfen in der Kennzeichnung,<br />
Aufmachung und Werbung weder nährwert- noch gesundheitsbezogene<br />
Angaben über das Lebensmittel<br />
bzw <strong>die</strong> Lebensmittelkategorie verwendet werden.<br />
Mit Nährwertprofilen als Voraussetzung <strong>für</strong> <strong>die</strong> Verwendung<br />
von nährwert- und gesundheitsbezogenen<br />
Angaben schlägt der europäische Gesetzgeber ein<br />
neues Kapitel im Lebensmittlerecht auf. Standen bisher<br />
<strong>die</strong> Lebensmittelsicherheit und der Täuschungs-<br />
schutz im Vordergrund lebensmittelrechtlicher Be-<br />
stimmungen, soll über <strong>die</strong> Nährwertprofile künftig<br />
auch das Ernährungsverhalten des Verbrauchers<br />
positiv beeinflusst werden (vgl. Erwägungsgrund Nr<br />
1 und 10ff). Mit <strong>die</strong>sem ernährungspolitischen Regelungsansatz<br />
verfolgt der Gesetzgeber Zielsetzungen<br />
des Gesundheitsschutzes. Da<strong>für</strong> besteht im EG-Vertrag<br />
allerdings keine Kompetenzgrundlage. <strong>Die</strong> Fest-<br />
legung von Nährwertprofilen kann auch nicht auf<br />
Art 95 EG-Vertrag gestützt werden, da zum Zeitpunkt<br />
der Veröffentlichung des ersten Kommissionsentwurfes<br />
keine Vorschriften über Nährwertprofile in den<br />
Mitgliedstaaten zur Anwendung kamen und somit<br />
keine rechtlichen Unterschiede vorlagen, <strong>die</strong> es zu<br />
harmonisieren galt 23 . Der politische Hintergrund der<br />
<strong>Claims</strong>-VO scheint demnach weniger der verbesserte<br />
Irreführungsschutz des Konsumenten zu bestehen, als<br />
EFFL 6/2006, 355, 357; MANZ-Kommentar zum Lebensmittelrecht,<br />
3. Auflage, Kommentierung zu § 5 Rz 13ff.<br />
22 u. a. von Danwitz, ZLR 2005, 201, 207ff; derselbe, ZRL<br />
2005, 201, 215; Sosnitza WRP 2003, 669, 674; GRUR Fachausschuss<br />
<strong>für</strong> Arzneimittel- und Lebensmittelrecht, GRUR<br />
2003, 770; Meisterernst, ZLR 2004, 43, 55; Hüttebräuker,<br />
WRP2004, 188, 194; Gorny, ZLR 2004, 143.<br />
ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007 331
vielmehr in der Verfolgung ernährungspolitischer Inhalte.<br />
Ob das ein erster Versuch ist, auf <strong>die</strong> von den USA<br />
und der WHO ausgehende Diskussion zu Ernährungs-<br />
themen wie „Übergewicht“ und „Fettleibigkeit“ zu reagieren,<br />
lässt <strong>die</strong> Kommission in den Erwägungsgründen<br />
der <strong>Verordnung</strong> unbeantwortet. Bestehen bleiben<br />
erhebliche Zweifel, ob der Kommission vor dem Hintergrund<br />
des Subsidiaritätsprinzips in Fragen der Gesundheits-<br />
und Ernährungspolitik überhaupt eine so weite<br />
Regelungskompetenz zukommt. <strong>Die</strong> allgemeine Kritik an<br />
der <strong>Verordnung</strong> ist ernst zu nehmen. Insbesondere der<br />
Vorwurf, <strong>die</strong> <strong>Verordnung</strong> verstoße gegen wesentliche<br />
Prinzipien des Gemeinschaft- und Verfassungsrechten,<br />
da sie unverhältnismäßig und zu unbestimmt sei und<br />
eine mangelnde Kompetenzgrundlage aufweise, lässt<br />
sich rechtlich hinreichend untermauern. Ob das zu einer<br />
Änderung oder Aufhebung der <strong>Verordnung</strong> durch den<br />
Europäischen Gerichtshof oder den Europäischen Ge-<br />
richtshof <strong>für</strong> Menschenrechte führen wird, ist ungewiss 24 .<br />
Fragen der Verhältnismäßigkeit oder der ausreichenden<br />
Kompetenzgrundlage wären von einem Mitgliedstaat<br />
zur Beurteilung an den EuGH heranzutragen. Ob dazu<br />
in einem Mitgliedstaat der politische Wille besteht, bleibt<br />
abzuwarten. Eine abschließende rechtliche Bewertung<br />
und Einschätzung der Folgen der <strong>Claims</strong>-VO <strong>für</strong><br />
<strong>die</strong> Normunterworfenen wird frühestens ab Veröffent-<br />
lichung der Nährwertprofile und der Liste gesundheitsbezogener<br />
Angaben nach Artikel 13-Liste möglich sein.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Verordnung</strong> sieht da<strong>für</strong> einen Zeithorizont bis 2010<br />
23 In <strong>die</strong>sem Sinne auch Hauer, ernährung/nutrition 2/2007,<br />
81; derselbe, EFFL Review 6/2006, 355 Hüttebräuker, WRP<br />
vor. Gerade <strong>die</strong> Festlegung der Nährwertprofile wird<br />
eine neue Zensur <strong>für</strong> <strong>die</strong> Kommunikation über Lebensmittel<br />
einführen. Zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der<br />
<strong>Verordnung</strong> ist unbestritten, dass <strong>die</strong> <strong>Claims</strong>-VO <strong>für</strong> <strong>die</strong><br />
europäische Lebensmittelwirtschaft mehr Stolperstein<br />
als Wegbereiter auf dem Pfad zur weltweit wettbe-<br />
werbsfähigsten Lebensmittelwirtschaft ist. <strong>Die</strong> recht-<br />
lichen Anforderungen, der finanzielle und bürokratische<br />
Aufwand durch <strong>die</strong> langwierigen Zulassungsverfahren<br />
werden Produktinnovationen, insbesondere <strong>für</strong> klein-<br />
und mittelständische Betriebe weitgehend verunmöglichen.<br />
<strong>Die</strong> <strong>Claims</strong>-VO ist daher alles andere als ein „Ticket“<br />
<strong>für</strong> <strong>die</strong> Reise nach „Lissabon“. <strong>Die</strong> Ansprüche der Lissabon-Strategie<br />
an eine bessere Gesetzgebung durch<br />
„Simplification“ und „Better Regulation“ werden in der<br />
<strong>Claims</strong>-VO kaum umgesetzt. Letztendlich wird aber erst<br />
<strong>die</strong> Anwendung und Auslegung der rechtlichen und wissenschaftlichen<br />
Anforderungen der <strong>Claims</strong>-VO durch <strong>die</strong><br />
europäischen und nationalen Behörden zeigen, welchen<br />
Platz <strong>die</strong> politischen Entscheidungsträger der Lissabon-<br />
Vision in der europäischen Agenda einräumen.<br />
Adresse der Autorin:<br />
<strong>Die</strong> Broschüre richtet sich an alle, <strong>die</strong> sich dem Thema Getreide und Getreide-<br />
produkte verbunden fühlen, angefangen von den Getreideproduzenten, unseren<br />
Landwirten, über <strong>die</strong> verarbeitenden Betriebe, unsere Müller und Bäcker,<br />
bis hin zu jenen Personenkreisen, <strong>die</strong> an Getreideernährung speziell interessiert<br />
sind. <strong>Die</strong> Broschüre stellt eine wertvolle Informationsquelle und Ergänzung der<br />
Lernbehelfe dar.<br />
Verkaufspreis: € 18<br />
(<strong>für</strong> Mitglieder der ICC-Austria und der ÖGE: € 15)<br />
Zu bestellen bei:<br />
ICC-Austria<br />
Marxergasse 2, 1030 Wien<br />
t +43/1/707 72 020, f +43/1/707 72 040<br />
e-mail: gen.sec@icc.or.at, www.icc.or.at/austria<br />
ÖGE<br />
Zaunergasse 1-3, 1030 Wien<br />
t +43/714 71 93, f +43/718 61 46<br />
e-mail:info@oege.at, http://www.oege.at<br />
Mag. Katharina Kossdorff<br />
Fachverband der Nahrungs- und Genußmittelindustrie<br />
Zaunergasse 1-3, 1030 Wien<br />
t +43 1 712 21 21 16<br />
e-mail: k.kossdorff@<strong>die</strong>lebensmittel.at<br />
2004, 188, 193ff; Sosnitza, ZLR 2004, 1, 18f.<br />
24 eher skeptisch Meisterernst/Haber, WRP, 363, 365.<br />
ICC-Austria<br />
(Internationale Gesellschaft <strong>für</strong> Getreide-<br />
wissenschaft und -technologie <strong>–</strong> Austria)<br />
ÖGE<br />
(Österreichische Gesellschaft<br />
<strong>für</strong> Ernährung)<br />
332 ERNÄHRUNG/NUTRITION, VOL 31/NR. 7/8 2007