Thüringer Orgeln - Lukaskantorei Stuttgart
Thüringer Orgeln - Lukaskantorei Stuttgart
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Verband Evangelische<br />
Kirchenmusik in Württemberg e.V.<br />
Gerokstraße 19, 70184 <strong>Stuttgart</strong><br />
0711/2371934-10<br />
Donnerstag, 7., bis Sonntag, 10.6.2012<br />
<strong>Thüringer</strong> <strong>Orgeln</strong> – jenseits von Silbermann<br />
Orgelreise nach Thüringen II<br />
Leitung: Kantor KMD Hans-Eugen Ekert (Lukaskirche <strong>Stuttgart</strong>)<br />
Mitarbeit: Bezirkskantor KMD Stefan Lust, Münsingen<br />
1
<strong>Thüringer</strong> <strong>Orgeln</strong> – jenseits von Silbermann<br />
Orgelreise nach Thüringen II<br />
Das landschaftlich so reizvolle Kulturland Thüringen – das Land der<br />
Reformation, der klassischen Dichtung, der Bach-Familie und: der <strong>Orgeln</strong>! Es<br />
birgt einen unermesslichen Reichtum an gut erhaltenen historischen<br />
Instrumenten, Klangdokumente ihrer Zeit, von denen viele eine Ahnung von<br />
der Klangwelt vermitteln können, die auch Johann Sebastian Bach geprägt<br />
hat.<br />
Auch diese Orgelfahrt wird in mancherlei Hinsicht eine Entdeckungsreise<br />
sein. In scheinbar entlegenen Dorfkirchen erleben wir prächtige Barockorgeln<br />
mit gravitätischen und anrührenden Klängen, mit einer beträchtlichen Zahl<br />
von „lieblichen“ Acht-Fuß-Registern, die einst zur „wohlbestallten Kirchen-<br />
Music“ erklungen sind. Manche <strong>Orgeln</strong> liegen so nahe beieinander, dass wir<br />
sie sogar „erwandern“ können. Auch die kunstvoll ausgestatteten Räume und<br />
die anmutige Landschaft werden ihren Teil dazu beitragen, dass diese Reise<br />
zu einem unvergesslichen Erlebnis werden wird.<br />
Herzlich willkommen und: Gute Reise!<br />
Hans-Eugen Ekert<br />
Stefan Lust<br />
Wichtige Telefonnummern während der Reise:<br />
Hans-Eugen Ekert mobil: 0176 / 23 14 12 98<br />
Stefan Lust mobil: 015 20 / 21 02 965<br />
Landhotel Klostermühle: 03 68 73 / 24 690<br />
Henfstädt<br />
Impressum: Hans-Eugen Ekert (Texte), Gunhild Cremer (Bilder), Stefan Lust (Layout)<br />
2
Bad Neustadt an der Saale, Karmelitenkirche<br />
Noch auf dem Weg nach Thüringen, an der Fränkischen Saale, befindet sich eine Orgel, an der man<br />
nicht vorbeifahren sollte: Ihrer herausragenden Qualität wegen, aber auch, weil vielfache Beziehungen<br />
zwischen der fränkischen und der thüringischen Orgellandschaft bestehen.<br />
Gebaut hat sie 1722 Ignaz Samuel Will aus Würzburg, der dort einige große Instrumente fertigte, die aber<br />
leider im 2. Weltkrieg zerstört wurden. Erst bei der Restaurierung durch Gebrüder Hoffmann aus Ostheim<br />
vor der Rhön 1972 wurde er als Erbauer aufgrund eines Zettels in der Windlade nachgewiesen: „INRI in<br />
nomine Sanctissime Trinitatis Patris et filij et Spiritus Sancti Beatissimaque Virginis Maria Hoc organum<br />
factum est a me Joann Ignatius Samuel Will Orgelmacher in Würtzburg Anno 1722, undt ich Will, sooft<br />
diese orgel lauten wü…, daß auch in<br />
meinem namen Gott der Almächtige undt<br />
seine libe Mutter gelobet werdte Amen,<br />
derjenige der Es witerum Eröffnet, den<br />
bitte Er bette vor meine arme sehl.“<br />
Im Ensemble mit der beeindruckenden<br />
Kassettendecke aus dem 17. Jahrhundert,<br />
der kühnen Barockkanzel von<br />
Joseph Kessler (18. Jh.), der Lorettokapelle<br />
mit der schwarzen Madonna aus<br />
dem späten Mittelalter und der lichten<br />
Annenkapelle steht sie wahrhaft raumbeherrschend<br />
auf der Westempore und<br />
erscheint wie eine geöffnete Monstranz.<br />
Es ist schon sehr bemerkenswert, dass<br />
eine einmanualige Orgel aus der Bachzeit<br />
6 labiale Achtfußregister hat. Die<br />
Bifaria, eine Salicional-Schwebung, ist in<br />
vielen barocken mainfränkischen <strong>Orgeln</strong><br />
zu finden. Die Viola da Gamba ist in Bass<br />
und Diskant geteilt, was beim Continuospiel<br />
sehr hilfreich sein kann: Man registriert<br />
z. B. die Copel 8’ (Gedeckt) und fügt<br />
im Bass Viola da Gamba 8’ hinzu und<br />
bekommt dadurch eine schöne Zeichnung der Bassstimme. Die Grundregister haben eine gute<br />
Klangverschmelzung und bieten großen Farbenreichtum, klingen zusammen aber immer transparent.<br />
Bad Neustadt an der Saale, Karmelitenkirche<br />
Ignaz Samuel Will, Würzburg 1722<br />
Restauriert 1972 durch Fa. Hoffmann, Ostheim vor der Rhön<br />
Teilrestauriert 1994 durch Fa. Hey, Urspringen/Rhön<br />
Manual CDEFGA - c’’’ (kurze Oktave, Normalklaviatur neu, nicht vorhandene Töne Oktavrepetitionen)<br />
Principal 8’ Prospekt 1972<br />
Viola da Gamba 8’ geteilt in Bass und Diskant<br />
Salicional 8’<br />
Bifaria 8’ Schwebung<br />
Quintade 8’<br />
Copel 8’ Holz gedeckt, steht ganz hinten im Gehäuse<br />
Octav 4’<br />
Quinte 3’<br />
Superoctav 2’<br />
Sexquialtera 1-2fach 1972<br />
Mixtur 4-5fach<br />
Pedal CDEFGA – a (kurze Oktav,<br />
Klaviatur neu, Oktavrepetitionen)<br />
Subbaß 16’<br />
Octavbaß 8’<br />
Posaune 8’<br />
Pedalkoppel<br />
3
Ostheim vor der Rhön, Kirchenburg St. Michael<br />
Die Ostheimer Kirchenburg wurde um 1400 erbaut. Die quadratische Befestigungsanlage von 66 x 66<br />
Meter Seitenlänge ist die größte und besterhaltene Kirchenburg Deutschlands. In den 72 Gaden fand in<br />
Belagerungszeiten die gesamte Bürgerschaft der Stadt Zuflucht und konnte dort ihre Vorräte lagern, was<br />
zum Teil heute noch geschieht. Die jetzige Kirche St. Michael wurde 1615/19 erbaut. Das große hölzerne<br />
Tonnengewölbe wurde 1619 von Nicolaus Storant aus Meiningen mit einem umfassenden<br />
Deckengemälde ausgestattet, in dessen Mitte Gottvater thront.<br />
Die Orgel wurde 1738 von Johann Ernst Döring (1704-1787) erbaut. Döring wurde in Voigtstädt (Nordthüringen)<br />
geboren, ging nach eigenen Angaben in Erfurt in die Lehre und arbeitete anschließend als<br />
Geselle bei Nicolaus Seeber in Römhild. 1734 wurde er in Eisenach examiniert und arbeitete ab 1735 als<br />
„Fürstlich Sächsisch-Eisenachischer Privilegierter Orgelmacher“ in Ostheim. Er starb 1787 „als ältester<br />
Bürger hiesiger Stadt … beerdiget, die Predigt wurde in der großen Kirche gehalten, und auf sein<br />
Verlangen musste die Orgel zum Gesang gespielet werden“ (es war damals nicht üblich, dass bei einer<br />
Beerdigung die Orgel gespielt wurde).<br />
Der erste große Umbau geschah 1848 durch den Ostheimer Orgelbauer Johann Georg Markert (1813-<br />
1891). Markert erlernte bei seinem Vater in Ostheim den Beruf des Schreiners, wurde 1835-1841 bei<br />
Hartmann Bernhard in Romrod (Oberhessen) als Orgelbauer ausgebildet, kam als Geselle auf der<br />
Wanderschaft nach Regensburg, Passau, Linz, Wien, Prag, Dresden, Halle und Weimar. 1848 konnte er<br />
sich in Ostheim selbständig machen. Markert wollte sich mit dem Umbau der Döring-Orgel ein<br />
„Vorzeigeinstrument“ schaffen und vergrößerte die Orgel über den Kostenvoranschlag hinaus.<br />
1894 wurde das Instrument von Otto Reinhold Markert, der 1891 vom Vater die Werkstatt übernommen<br />
hatte, auf eine neu errichtete Westempore versetzt und mit zwei neuen Spitzfeldern für das Pedalwerk<br />
versehen. 1917 mussten wegen des Ersten Weltkriegs die Prospektpfeifen aus Zinn eingezogen werden,<br />
sie wurden später durch Zinkpfeifen ersetzt. 1961 bekam die Orgel durch die Enkel von Otto Markert,<br />
Otto und Louis Hoffmann, wieder zinnerne Prospektpfeifen.<br />
1975 wurde die Chorempore über dem Altar rekonstruiert und die Orgel wieder auf ihren ursprünglichen<br />
Standort versetzt. Ziel der Restaurierungs- und Rekonstruktionsarbeiten war der nachweisbare Bestand<br />
von 1845, was dann leider auch auf Kosten der romantischen durchschlagenden Zungenstimmen von<br />
Markert ging. Ausgeführt wurden diese Arbeiten von der Ostheimer Orgelbau-Werkstatt Otto Hoffmann,<br />
die auch die neue Chororgel stiftete. Diese kann (mechanisch) von der Hauptorgel aus und auch<br />
selbständig gespielt werden.<br />
Ostheim Kirchenburg (http://www.ostheim.rhoen-saale.net/internet/index.php)<br />
4
Ostheim vor der Rhön, Kirchenburg St. Michael<br />
Johann Ernst Döring, Ostheim 1738<br />
Johann Georg Markert, Ostheim 1848<br />
Rest. Otto Hoffmann Ostheim 1961/1975<br />
Hauptwerk (I, C, D-c’’’)<br />
Principal 8’ 1961 Prospekt<br />
Quinatön 16’ Döring (D)<br />
Gedackt 8’ Markert (M)/D<br />
Gemshorn 8’ D<br />
Viola da Gamba 8’ D/1975<br />
Flauto dolce 4’ D<br />
Octave 4’ D<br />
Quinte 3’ D<br />
ab c’ plus Terz 3 1/5’ D<br />
Flageolet 2’ D<br />
Mixtur 4fach 2’ D/M<br />
Cymbel 3fach 1’ 1961<br />
Trompete 8’ 1961, beim Ziehen des Registers setzt<br />
der Engel die Trompete an den Mund<br />
Positiv (II, C, D-c’’’)<br />
Principal 4’ 1961 Prospekt<br />
Quintatön 8’ D<br />
Praestant 8’ D<br />
Salicional 8’ M<br />
Flauto traverso 8’ 1975<br />
Spitzflöte 4’ D<br />
Kleingedackt 4’ D<br />
Octave 2’ D<br />
Mixtur 3fach 1’ 1975<br />
Dulcian 8’ 1975 (vormals durchschlagendes<br />
Krummhorn von Markert 1848,<br />
in der Werkstatt noch komplett<br />
vorhanden)<br />
Pedal (C, D-d’)<br />
Principalbaß 16’ D<br />
Subbaß 16’ D<br />
Quinte 12’ 1975<br />
Octavbaß 8’ D<br />
Gedacktbaß 8’ M/1975<br />
Octavbaß 4’ 1975<br />
Mixtur 5fach 2 2/3’ M/1975<br />
Posaunenbaß 16’ 1961 (1848 durchschlagende Zunge)<br />
Cymbelstern<br />
Manualkoppel, Pedalkoppel I/P<br />
Klaviatur von Markert 1848<br />
2 Keilbälge, 1 Magazinbalg,<br />
gleichschwebende Temperatur, a’=440 Hz<br />
Die 1975 von Otto Hoffmann gestiftete Chororgel ist vom Hauptwerk aus mechanisch spielbar.<br />
5<br />
Trompetender Engel
Bettenhausen<br />
Das Dorf Bettenhausen liegt im Herpfgrund zwischen dem Hutsberg und der Hohen Geba und wurde<br />
zwischen 750 und 800 von fränkischen Bauern besiedelt. Namensgeber soll der Siedlungsführer Betto<br />
gewesen sein. Im späten 9. Jahrhundert schenkte ein Graf namens Boppo seinen Bettenhäuser Besitz<br />
dem Kloster Fulda. Graf Berthold VII. von Henneberg-Schleusingen kaufte am 13. Oktober 1320 dem<br />
fuldischen Tochterkloster Neuenburg Bettenhausen und Seeba ab und schenkte die Dörfer wieder an<br />
Fulda, um sie dann wieder als Erblehen zu erhalten. Der hennebergische Besitz ist durch die<br />
Wetterfahne auf dem Kirchturm dokumentiert, wo die Henne und der halbe Adler ihres Wappens zu<br />
sehen sind. Das Dorf mit seiner Kirchenburg erhielt wohl im 14. Jahrhundert eine Ummauerung, die 1576<br />
erweitert wurde.<br />
Von einer Vorgängerkirche wurde eine romanische Säule mit Kopfkapitell gefunden. Das jetzige<br />
Kirchenschiff wurde von 1617-1619 erbaut, also in gerade zweijähriger Bauzeit. Sie wurde damals<br />
„Kirche zum Heiligen Geist“ genannt. Nachgotisches Maßwerk (sollte die Bedeutung der Kirche von alters<br />
her demonstrieren) und reich verzierte Renaissanceportale zeichnen das Äußere aus. Auch das Innere<br />
stammt architektonisch aus dieser Zeit.<br />
In einer Chronik von 1810 ist zu lesen, man sei in der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts „hier darauf bedacht<br />
gewesen, der Kirche als einem der öffentlichen Gottesverehrung gewidmeten Hause, ein gutes Ansehen<br />
zu verschaffen und sie innerlich und äußerlich zu verschönern.“ 1766 wurde die Kirche barock ausgemalt<br />
von Johann Jakob Gehres und Johann Jakob Prazzo aus Meiningen. Die Felder der Emporenbrüstungen<br />
tragen Bibelverse, auf dem Tonnengewölbe sind Szenen aus der neutestamentlichen Heilsgeschichte<br />
gemalt. Der Kanzelaltar von 1775 wird von den lebensgroßen Figuren des Mose und Johannes des<br />
Täufers flankiert. Er bildet mit der schon 1747 fertiggestellten Orgel von Johann Ernst Döring aus<br />
Ostheim vor der Rhön eine Einheit.<br />
Bettenhausen, Kirche zum Heiligen Kreuz<br />
Johann Ernst Döring, Ostheim v. d. Rhön 1747<br />
Restauriert 1993 von der Orgelbauwerkstätte Otto Hoffmann, Ostheim<br />
Sachberatung: KMD Jürgen Peter Schindler, Sulzbach-Rosenberg<br />
Werk C, D-c’’’ (II. Manual)<br />
Principal 8’ original, Prospekt rekonstruiert<br />
Violdigamba 8’ teilw. original<br />
Quintatön 8’ original<br />
Spitz Flöte 4’ original<br />
Quinta 3’ original<br />
Octava 2’ original<br />
Tertia 1 3/4’ rekonstruiert<br />
Mixtur 3fach 1’ original<br />
Positiv C. D-c’’’ (I. Manual)<br />
Grobgedackt 8’ original<br />
Fleu Travers 8’ original<br />
Kleingedackt 4’ original<br />
Principal 2’ original, Prospekt rekonstruiert<br />
Quinta 1 ½’ rekonstruiert<br />
Mixtur 2fach 1’ original<br />
Pedal C, D (nur bis) a<br />
Subbaß 16’ original<br />
Principalbaß 8’ original, Holz mit Zinnfolie belegt<br />
Posaun 8’ rekonstruiert<br />
Manualschiebecoppel<br />
Pedalcoppel II<br />
Cymbal C-Dur (Zimbelstern mit Schalenglöckchen)<br />
Cymbal G-Dur (Zimbelstern mit Schalenglöckchen)<br />
Cymbelstern (Krallenglöckchen)<br />
Stimmton:a’=485 Hz<br />
Temperierung: Bach-Kellner<br />
6
Helmershausen<br />
“Dom der Rhön“<br />
Die 1736-1777 unter Einbeziehung<br />
eines gotischen Turms<br />
erbaute Helmershäuser Kirche<br />
ist mit ihrem großen Kirchenschiff<br />
und dem Mansardendach<br />
von Weitem sichtbar. Noch<br />
mehr aber überrascht die ungewöhnliche<br />
Weiträumigkeit im<br />
Inneren des Gebäudes. Die im<br />
18. Jahrhundert stark gewachsene<br />
Bevölkerung und die vier<br />
Adelshäuser der Ortsherrschaft<br />
hatten den Ehrgeiz, einen<br />
repräsentativen Kirchenbau zu<br />
errichten, der nicht mehr an<br />
eine Dorfkirche denken lässt<br />
und in dem 700 Personen<br />
Platz finden.<br />
Der gewölbte Kirchenhimmel zeigt die heilige Dreifaltigkeit, die Auferstehung und die Himmelfahrt Christi.<br />
Die dreigeschossige Emporenanlage wurde von einem Ostheimer Baumeister errichtet und erinnert auch<br />
an die Ostheimer Stadtkirche, nur eben noch monumentaler und prächtiger. Die 53 Leinwandmalereien<br />
an den Emporen zeigen die Propheten, die Evangelisten und den Leidensweg Christi und wechseln sich<br />
mit Bibelzitaten ab. Sie wurden von Johann Jacob Gehres aus Meiningen zwischen 1751 und 1753<br />
geschaffen. Der Kanzelaltar, der Georg Wagner zugeschrieben wird, ist umgeben von Statuen: Moses<br />
und Johannes der Täufer an der Brüstung, Luther, Melanchton und die Christusfigur oberhalb der Säulen.<br />
Rings um den gotischen Torbogen ist ein prunkvoller Vorhang gemalt. Zu beiden Seiten des Altars<br />
befinden sich etliche verglaste Logen für die Ortsherrschaft.<br />
Die Orgel auf der Westempore<br />
stammt von Johann Michael<br />
Voit aus Schweinfurt, dessen<br />
Nachfahre Johann Volkmar<br />
Voit 1794 in Durlach die Werkstatt<br />
von Georg Marcus Stein<br />
übernommen hatte, aus der<br />
dann im 19. Jahrhundert die<br />
international renommierte<br />
„Orgelfabrik Voit“ (heute noch<br />
erhaltene Instrumente: Alexanderkirche<br />
Marbach/Neckar -<br />
vormals Ladenburg, Stadthalle<br />
Heidelberg, Konzertsaal im<br />
Gemeindehaus Prag u. v. a. m.)<br />
entstand. Die mainfränkische<br />
Werkstatt in Schweinfurt ist seit<br />
dem 17. Jahrhundert nachweisbar.<br />
Die Helmershäuser Orgel ist mit ihren 26 Registern überdurchschnittlich groß für eine Dorfkirche. Ihre<br />
reiche Disposition umfasst sogar zwei Schwebungsregister, nämlich Unde Maris im Hauptwerk und<br />
Piffaro (hier eine Salizional-Schwebung) im Oberwerk. Als ich die Orgel 1995 zum ersten Mal besuchte,<br />
war sie kaum spielbar. Inzwischen wird das Instrument von der Orgelbauwerkstatt Hoffmann in Ostheim<br />
nach und nach wieder zum Klingen gebracht, die Rekonstruktion der Prospektpfeifen in Zinn und der drei<br />
Zungenstimmen ist geplant.<br />
7
Helmershausen<br />
Johann Michael Voit, Schweinfurt 1786<br />
Restauration Oberwerk: Orgelbau Hoffmann,<br />
Ostheim vor der Rhön 2005<br />
Restauration Hauptwerk und Pedal: 2011 Orgelbau<br />
Hoffmann&Schindler, Ostheim vor der Rhön<br />
Die nicht weiter bezeichneten Register sind alt.<br />
Hauptwerk C-d’’’<br />
Principal 8’ Prospekt Zink um 1925<br />
Bordun 16’<br />
Gamba 8’<br />
Unde Maris 8’ Schwebung<br />
Flauto Traverso 8’<br />
Octava 4’<br />
Flauto dolce 4’<br />
Quint 3’<br />
Superoctav 2’<br />
Sexquialtera 1 3/5’<br />
Mixtur 4fach 2’<br />
Vacant ursprünglich Trompetten 8’<br />
Oberwerk C-d’’’<br />
Principal 4’ Prospekt Zink um 1925<br />
Solicional 8’<br />
Piffaro 8’ Schwebung<br />
Hohlflöte 8’ (gedeckt?)<br />
Spitzflöte 4’ um 1890<br />
Flagiolet 2’<br />
Quinte 1 1/3’ 2006, gebrauchtes Pfeifenwerk, urspr. Naßat 3’ gedackt<br />
Mixtur 3fach 1’<br />
Lieblich Gedackt 8’ um 1890, ursprünglich Vox humana 8’<br />
Tremulant<br />
Pedal C-c’<br />
Subbaß 16’<br />
Principalbaß 16’<br />
Violonbaß 8’<br />
Octavbaß 4’ Prospekt Zink um 1925<br />
Violonbaß 16’ um 1890, ursprünglich Posaunenbaß 16’<br />
Koppel OW/HW<br />
Pedalcoppel HW<br />
Cymbelstern C-Dur-Akkord Glocken rekonstruiert<br />
Cymbelstern G-Dur-Akkord Glocken rekonstruiert<br />
Calcantenzug (heute Motorschalter)<br />
8
Geba<br />
Der kleine Ort Geba (90 Einwohner) liegt fast auf der Höhe der „Hohen Geba“, der höchsten Erhebung<br />
der thüringischen Rhön. Die alte Kirche war im Dreißigjährigen Krieg abgebrannt, erst 1728 wurde wieder<br />
eine neue Kirche gebaut. Diese ließ der neue Ortsherr, der Kammerherr und Konsistorialpräsident von<br />
Wechmar abreißen und stiftete die heutige Kirche, die am Johannistag 1793 eingeweiht wurde. Es ist ein<br />
länglich-achteckiger fachwerkbau, an den drei dem Dorf zugewandten Seiten verputzt und an den<br />
übrigen Seiten mit Wetterbrettern verschalt. Drei wie in einem Amphitheater abgestufte Bankreihen<br />
ziehen sich im Inneren an den Seiten entlang.<br />
Weihnachten 1977 fand der letzte Gottesdienst statt. Danach verfiel die Kirche zusehends und war<br />
ungeschützt der Witterung und dem Vandalismus ausgesetzt. Erst 1990 begann man, sich des Kleinods<br />
zu erbarmen, 1994 konnte die Kirche wieder geweiht werden, 1996 wurde die Orgel restauriert.<br />
Um sechs Stufen erhöht, steht die Orgel hinter dem Altar. Sie<br />
wurde in der Werkstatt von Johann Caspar Rommel,<br />
wahrscheinlich vornehmlich von dessen Sohn Johann<br />
Gabriel Rommel 1795 erbaut. Es ist ein einmanualiges<br />
Instrument mit 9 Registern und einer ganz erstaunlichen<br />
Klangvielfalt und -fülle. Einziges Register im Pedal ist ein<br />
offener Oktavbass aus Holz in 8’-Lage.<br />
Geba, Dorfkirche zur Heiligen Dreifaltigkeit<br />
Joh. Caspar Rommel, Joh. Gabriel Rommel 1795<br />
Rest. Hoffmann, Ostheim/Rhön<br />
Manual (C-c’’’)<br />
Gedackt 8’ Holz<br />
Flaut Travers 8’ Holz<br />
Principal 4’ Prospekt neu<br />
Klein Gedackt 4’ Holz<br />
Spitzflöte 2’<br />
Quinta 1 ½’<br />
Sesquialtera 4/5’ repetierend<br />
Mixtur<br />
Pedal (C-c’)<br />
Octavbaß 8’ Holz offen<br />
Pedalkoppel<br />
Balganlage (original)<br />
9
Seeba<br />
Das Dörfchen Seeba liegt über dem Herpftal<br />
am Fuße der Hohen Geba an einem fast kreisrunden<br />
natürlichen See. Der Ort ist von zahlreichen<br />
Quellen und Gräben gekennzeichnet, die<br />
alle in den See münden, der durch Auslaugung<br />
der Salz- und Gipsschichten im Unteren<br />
Muschelkalk entstanden ist. 1723 wurde das<br />
Dorf von einem verheerenden Brand heimgesucht.<br />
Bereits 1725 begann man unter Leitung<br />
von Baumeister Samuel Rust die neue Kirche<br />
auf den Überresten der alten Marienkirche<br />
aufzubauen. Die Sakristei mit ihrem Kreuzgewölbe<br />
stammt noch aus der alten Kirche.<br />
Erhalten hat sich eine Piscina, durch die<br />
Abendmahlswein und Taufwasser ausgegossen<br />
werden konnten und so in würdiger Form<br />
auf den Gottesacker befördert wurden.<br />
Die einmanualige Orgel stammt aus der Kirche<br />
im benachbarten Herpf. Sie wurde 1752 von<br />
Johann Caspar Rommel aus Roßdorf/Rhön in<br />
diese Kirche umgesetzt und umgebaut. In ihrer<br />
Grundsubstanz stammt sie von Johann Moritz<br />
Weise aus Gotha (vgl. Stiftskirche Römhild)<br />
und wurde 1668 gebaut, ist somit eine der<br />
ältesten <strong>Orgeln</strong> Thüringens. Sie wurde 1999<br />
von Hoffmann aus Ostheim restauriert.<br />
Seeba, Marienkirche<br />
Johann Moritz Weise, Gotha 1668 (für Herpf)<br />
Johann Caspar Rommel, Roßdorf/Rhön 1752<br />
Restauriert 1999 von Orgelbau Hoffmann,<br />
Ostheim vor der Rhön<br />
Manual C, D-c’’’<br />
Gedackt 8’ Rommel 1752, Markert 1880<br />
Quintaden 8’ alt<br />
Hohlflöte 8’ Markert 1880<br />
Principal 4’ Prospekt rekonstruiert<br />
Gedeckt 4’ alt<br />
Octav 2’ alt<br />
Quint 1 ½’ alt<br />
Mixtur 1’ alt<br />
Pedal C, D-c’<br />
Subbaß 16’ Holz, alt, ehemals im Prospekt (Frontseite gerundet)<br />
Violon 8’ Holz, alt<br />
Posaun 8’ rekonstruiert<br />
Tremulant<br />
Pedalcoppel<br />
Stimmton: a’=483 Hz<br />
Temperierung: Bach-Kellner<br />
10
Schmalkalden, Schlosskirche<br />
Schmalkalden, Schloss Wilhelmsburg, Schlosskirche<br />
Daniel Meyer, Göttingen, 1586-1589<br />
Restauriert von Wilhelm Rühle, Moritzburg, abgeschlossen 1976<br />
Das Schloss Wilhelmsburg in Schmalkalden war eine Nebenresidenz<br />
der Landgrafen von Hessen, die ab 1583 alleinige Besitzer<br />
der vormals hennebergischen Herrschaft Schmalkalden waren.<br />
Wilhelm IV. von Hessen ließ die Burg Waltaff aus dem 12. Jahrhundert<br />
abreißen und begann 1584 mit dem Bau des Renaissanceschlosses,<br />
das 1590 eingeweiht wurde.<br />
Die Schlosskirche wurde von dem Niederländer Willem Vernukken<br />
als protestantische Kirche erbaut. Die Renaissanceorgel ist die<br />
älteste Orgel Thüringens und eine der ältesten Europas. Gebaut<br />
wurde sie von Daniel Meyer aus Göttingen 1586-89. Die Prospektpfeifen<br />
sind aus Holz und mit Elfenbein belegt. Im Laufe der Jahrhunderte<br />
wurde sie mehrmals umgebaut und dem Zeitgeschmack<br />
und den gottesdienstlichen Bedürfnissen angepasst. Das staatliche<br />
Amt für Denkmalpflege der DDR beauftragte 1972 die kleine<br />
Werkstatt von Wilhelm Rühle im sächsischen Moritzburg mit der<br />
denkmalgerechten Restaurierung des Instruments. Dazu bekam er<br />
die Sondergenehmigung für eine Reise nach Dänemark, um im<br />
Schloss Frederiksborg bei Kopenhagen die berühmte Compenius-<br />
Orgel von 1610 zu untersuchen, die ebenfalls aus lauter Holzpfeifen<br />
besteht.<br />
Manual CDEFGA bis a’’, kurze Oktave<br />
Gedackt 8’ Holz original<br />
Principal 4’ Holz mit Elfenbein belegt, Prospekt, ganz original<br />
Spitzoktav 2’ Holz rekonstruiert<br />
Cymbeln 1/6’ Holz rekonstruiert<br />
Regal 8’ rekonstruiert<br />
Regal 4’ rekonstruiert<br />
Tremulant<br />
Vogelgeschrey<br />
Windladen, Spielanlage, Bälge größtenteils original<br />
Stimmton: a’=476,5 Hz<br />
Temperierung: modifiziert mitteltönig<br />
11
Floh bei Schmalkalden<br />
Der Ort (der Name Floh kommt von „fließend<br />
Wasser“, ist also mit dem englischen<br />
flow verwandt) war wie Schmalkalden kurhessisch,<br />
seit der Wende gehört die<br />
Gemeinde wieder zur Landeskirche Kurhessen-Waldeck.<br />
Die Kirche wurde<br />
1710/12 als reformierte Kirche gebaut, in<br />
der fast auf jeglichen Schmuck verzichtet<br />
wurde, bis auf die Kanzel,die einiges<br />
Schnitzwerk erhielt. 1743 erhielt die Kirche<br />
ihre charakteristische Ausmalung mit dem<br />
blauen Wolkenhimmel.<br />
Die große Orgel wurde 1788/89 von Johann<br />
Marcus Östereich aus Oberbimbach bei<br />
Fulda erbaut. Dieser Erbauer wurde erst im<br />
Zuge der Orgelrestaurierung 2007/08 ermittelt:<br />
OBM Stade von Orgelbau Waltershausen<br />
kam aufgrund von Bauvergleichen<br />
(Nieder-Moos, Stadtlengsfeld, Bremen bei<br />
Geisa) zu diesem Ergebnis, und Rainer Erbe aus Floh konnte dies aufgrund seiner Recherchen, u. a. im<br />
Gemeindearchiv, bestätigen und beweiskräftige Dokumente vorlegen. Die Orgel kostete zusammen mit<br />
den Schmiede- und Bildhauerarbeiten und dem Fuhrlohn 1070 Taler. Zum Vergleich: der Kirchenbau<br />
hatte 1710/12 3036 Taler gekostet.<br />
100 Jahre lang wurde die Orgel von der ortsansässigen<br />
Werkstatt Hilpert betreut. 1814 erstellt Georg<br />
Friedrich Hilpert, der 1828 zum Orgelsachverständigen<br />
für die Kreise Hersfeld und Schmalkalden berufen<br />
wurde, einen Kostenvoranschlag über eine<br />
Reparatur und Änderung der Traktur und der Bälge.<br />
Sein Sohn Martin Friedrich Hilpert repariert 1851<br />
die Orgel, baut die Traktur um, tauscht die Manuale<br />
aus, damit nun das Hauptwerk auf dem 1. Manual<br />
zu spielen ist und fügt auf einer leeren Schleife im<br />
Oberwerk das Register Flauto dolce 4’ ein, das sehr<br />
gut zu den anderen Stimmen passt.<br />
Der Erste Weltkrieg brachte – wie bei den meisten<br />
<strong>Orgeln</strong> Deutschlands und Österreichs – den Verlust<br />
der wertvollen Prospektpfeifen mit sich, die für Rüstungszwecke<br />
eingeschmolzen wurden. Sie wurden<br />
später durch Zinkpfeifen ersetzt. 1939 wurde die<br />
Keilbalganlage entfernt und durch einen Magazinbalg<br />
mit Schöpfgebläse und Elektromotor ersetzt.<br />
1960/61 wurden einige Veränderungen durch Fa.<br />
Schüßler aus Greiz vorgenommen. Wiederum<br />
wurde die Traktur verändert, Sperrholz und Kunstleder<br />
hielten Einzug in das ehrwürdige Instrument,<br />
das Metallpfeifenwerk wurde um einen Halbton angelängt<br />
und mit Stimmrollen versehen. Leider wurde auch die Trompete ersatzlos entfernt und vernichtet,<br />
nur einige Becher wurden später als Dekoration im Treppenhaus der Kirche ausgestellt.<br />
Trotzdem kann man von einem hohen Erhaltungsgrad des Instruments sprechen. 23 von 26 Registern<br />
sind erhalten, dazu die Windladen, Gehäuse und Tragwerk und Teile der Traktur. Die originale<br />
Keilbalganlage ist leider verloren. 2008 wurde die Östereich-Orgel von Orgelbau Waltershausen<br />
(Joachim Stade) nach denkmalpflegerischen Gesichtspunkten sorgfältig restauriert. Die Trakturführung<br />
und die Manualverteilung von Hilpert 1851 wurde beibehalten, ebenso der Magazinbalg von 1939. Die<br />
beiden Prospektregister und die Trompete des Hauptwerks wurden rekonstruiert, die erhaltenen<br />
Trompetenbecher wurden wiederverwendet. Vorbild war die erhaltene Trompete der Östereich-Orgel in<br />
Nieder-Moos/Oberhessen.<br />
12
Floh<br />
Johann Marcus Östereich, Oberbimbach bei Fulda 1788/89<br />
Restauriert von Orgelbau Waltershausen (Joachim Stade) 2008<br />
Hauptwerk C-d’’’ (mit Cis)<br />
Principal 8’ Prospekt 2008<br />
Quintatön 16’<br />
Gemshorn 8’<br />
Viola da Gamba 8’<br />
Gedackt 8’<br />
Spitzflöte 4’<br />
Octave 4’<br />
Quinte 2 2/3’<br />
Lieblich Gedackt 4’<br />
Octave 2’<br />
Mixtur 4fach 2’<br />
Cimbel 3fach<br />
Trompete 8’ rekonstruiert nach Nieder-Moos, einige Becher original<br />
Oberwerk C-d’’’<br />
Principal 4’ Prospekt 2008<br />
Quintatön 8’<br />
Flaut travers 8’<br />
Salicional 8’<br />
Flascholett 2’<br />
Quinte 1 1/3’<br />
Mixtur 3fach 1’<br />
Flaut dolce 4’ Martin Friedrich Hilpert 1851<br />
Pedal C-d’<br />
Subbaß 16’<br />
Violonbaß 16’<br />
Principalbaß 8’<br />
Octave 4’<br />
Posaune 16’<br />
Manualkoppel, Pedalkoppel, Tremulant, Cymbelstern<br />
Stimmton: a’=466,5 Hz<br />
Temperierung: wohltemperiert nach Werckmeister III<br />
Winddruck: 72 mm WS<br />
13
Naumburg/Saale, Stadtkirche St. Wenzel<br />
Auch wenn Naumburg heute bereits in Sachsen-<br />
Anhalt liegt, soll jedoch auf die Domstadt mit ihrer<br />
inzwischen vorbildlich restaurierten Hildebrandt-<br />
Orgel, die von Johann Sebastian Bach und Gottfried<br />
Silbermann geprüft wurde, keinesfalls verzichtet<br />
werden. Nicht, dass es in Thüringen selbst nicht<br />
auch noch weitere hochbedeutende <strong>Orgeln</strong> von<br />
beträchtlicher Größe gäbe: z. B. die Trost-<strong>Orgeln</strong> in<br />
Waltershausen und Altenburg, oder die Silbermannorgel<br />
in Ponitz, nicht zuletzt auch die Eilert-<br />
Köhler-Orgel in Suhl, die in unserer letzten Thüringenreise<br />
besucht wurde.<br />
Am 27. August 1743 schließt der Rat der Stadt<br />
Naumburg mit dem ehem. Silbermannschüler<br />
Zacharias Hildebrandt, Leipzig, den Kontrakt über<br />
den Bau einer neuen Orgel mit 52 Stimmen in das<br />
vorhandene Gehäuse von Zacharias Thayßner<br />
(erbaut 1696-1705). Vorher war von J. S. Bach ein<br />
Gutachten zur Orgel eingeholt worden, „welches<br />
auch gütigst vor genehm“ gehalten wurde. Man<br />
kann also mit Sicherheit annehmen, dass Bach bei<br />
der Aufstellung der Disposition beratend und anregend<br />
zur Seite gestanden hatte, und dass dieses<br />
Werk seiner Vorstellung von einer „schönen und<br />
großen Orgel“ entsprochen hat. Am 27. September<br />
1746 nehmen J. S. Bach und Gottfried Silbermann<br />
die Prüfung der fertigen Arbeit vor und bescheinigen<br />
Hildebrandt gute Arbeit. 1748 wird Bachs<br />
Schwiegersohn Joh. Chr. Altnikol Organist an diesem<br />
Instrument.<br />
1834 erfolgt eine leichte Dispositionsänderung durch den Naumburger Orgelbauer Friedrich Beyer, 1864<br />
arbeitet Friedrich Ladegast, Weißenfels, an der Orgel und ändert ebenfalls die Disposition. 1917 entfernt<br />
Oskar Ladegast die Windladen des Oberwerks und setzt dafür Kegelladen ein. 1932/33 erfolgt ein<br />
einschneidender Umbau durch Walcker, Ludwigsburg: elektropneumatische Traktur, elektrischer<br />
Zweitspieltisch, die Disposition von 1746 wird unter Beratung von Christhard Mahrenholz nominell<br />
wiederhergestellt.<br />
1992 findet in Naumburg ein internationales Symposion zur Hildebrandt-Orgel statt, das ein eindeutiges<br />
Votum zur kompromisslosen Restaurierung ergibt. Die Restaurierungs- und Rekonstruktionsarbeiten<br />
wurden 1993-2000 von der Werkstatt Hermann Eule in Bautzen durchgeführt.<br />
Naumburg, St. Wenzel<br />
Gehäuse von Zararias Thayßner 1696-1705; Orgel von Zacharias Hildebrandt 1743-1746<br />
Restauriert und rekonstruiert von Fa. Eule, Bautzen 1993-2000<br />
Rückpositiv (I) C, D-c’’’<br />
Principal 8’ Prospekt<br />
Viola da Gamba 8’<br />
Prestanta 4’<br />
Quintadehn 8’<br />
Rohr-Floete 8’<br />
Vagara 4’<br />
Rohr-Floete 4’<br />
Nassat 3’ Eule 1993-2000 (E)<br />
Octava 2’ E<br />
Rausch-Pfeife 2fach E<br />
Mixtur 5fach E<br />
Fagott 16’ E<br />
14<br />
http://www.gdo.de/orgelgalerie/naumburg/<br />
Hauptwerk (II) C, D-c’’’<br />
Principal 16’<br />
Quintadehn 16’<br />
Octava 8’<br />
Spitz-Floete 8’ E<br />
Praestanta 4’<br />
Cornet 4fach<br />
Gedakt 8’<br />
Spitz-Floete 4’ E<br />
Sesquialter 2fach E<br />
Octava 2’ E<br />
Quinta 3’<br />
Weit-Pfeife 2’<br />
Mixtur 8fach E<br />
Bombart 16’ E<br />
Trompete 8’ E
Oberwerk (III) C, D-c’’’<br />
Bordun 16’<br />
Principal 8’<br />
Hohl-Floete 8’<br />
Princ. und. maris 8’ E (Principalschwebung „Unda maris“)<br />
Praestanta 4’<br />
Gemshorn 4’<br />
Quinta 3’<br />
Octava 2’<br />
Wald-Floete 2’ E<br />
Tertia 1 3/5’ E<br />
Quinta 1 1/2’ E<br />
Sif-Floete 1’ E<br />
Scharff 5fach E<br />
Vox humana 8’ E<br />
Koppel OW-HW<br />
Koppel RP-HW<br />
Pedalkoppel HW E<br />
Tremulant RP u. HW E<br />
Schwebung OW E<br />
Sperrventil HW E<br />
Sperrventil OW E<br />
Cymbelstern E<br />
Naumburg, St. Magdalenen<br />
1863 erteilte der Naumburger Magistrat dem damals schon weltbekannten Weißenfelser Orgelbauer<br />
Friedrich Ladegast den Auftrag für einen <strong>Orgeln</strong>eubau in der Magdalenenkirche. Aufgrung der geringen<br />
Akustik des Raumes bat Ladegast darum, die zweite Empore in der Kirche zu entfernen, um das<br />
Instrument voll zur Geltung bringen zu können. Nachdem seinem Wunsch entsprochen war, konnte<br />
Ladegast 1869 das Orgelwerk mit 23 Registern einbauen. Die Orgel wurde seitdem nicht verändert und<br />
zählt heute zu den am besten erhaltenen Instrumenten Ladegasts.<br />
Naumburg, St. Magdalenen<br />
Friedrich Ladegast, Weißenfels 1869<br />
Hauptwerk C-f’’’<br />
Bordun 16’<br />
Principal 8’<br />
Rohrflöte 8’<br />
Flöte 8’<br />
Gambe 8’<br />
Principal 4’<br />
Gedackt 4’<br />
Quinte 2 2/3’<br />
Octave 2’<br />
Terz 1 3/5’<br />
Mixtur 5fach<br />
15<br />
Pedal C, D-d’<br />
Oberwerk C-f’’’<br />
Lieblich Gedackt 16’<br />
Lieblich Gedackt 8’<br />
Flauto traverso 8’<br />
Viola d’amore 8’<br />
Dolcissimo 8’ Schwebung<br />
Principal 4’<br />
Flöte 4’<br />
Vorderpedal-Lade<br />
Principal 16’<br />
Octaven Bass 8’<br />
Violon Bass 8’<br />
Octaven Bass 4’<br />
Octava 2’ E<br />
Mixtur Bass 7fach E<br />
Trompet Bass 8’ E<br />
Clarin Bass 4’ E<br />
Hinterpedal-Lade<br />
Posaune 16’<br />
Posaune 32’ E<br />
Violon Bass 16’<br />
Subbass 16’<br />
Tonhöhe: a’=464 Hz<br />
Temperierung: Neidhardt I (1724)<br />
Winddruck: Man. 74 mm, Ped. 78 mm<br />
Pedal C-d’<br />
Subbaß 16’<br />
Violon 16’<br />
Cello 8’<br />
Baßquinte 5 1/3’<br />
Posaune 16’
Gräfenhain<br />
Die Dreifaltigkeitskirche in Gräfenhain wurde 1727 bis<br />
1728 vom späteren Gothaischen Hofbaumeister Johann<br />
Erhardt Straßburger (1675-1754) erbaut und zählt<br />
aufgrund ihrer reichen Ausstattung und der prachtvollen<br />
Malereien zu den schönsten Dorfkirchen Thüringens.<br />
Nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges entfaltete<br />
sich ein großer Baueifer an den aus den Landesteilungen<br />
hervorgegangenen Fürstenhöfen. Herzog Ernst der<br />
Fromme erhielt 1640 das neu gebildete Herzogtum<br />
Sachsen-Gotha. Als einer der aufgeklärtesten Fürsten<br />
seiner Zeit in Thüringen war er nach den Wirren des<br />
Krieges sehr um den materiellen und moralischen Aufbau<br />
in seinem Fürstentum bemüht.<br />
Er führte die Schulpflicht ein, ließ Schulen in den Dörfern errichten sowie Religions- und Lehrbücher<br />
drucken. Unter seiner Herrschaft und in der Nachfolgezeit erlebte der Kirchenbau in Stadt und Land<br />
enormen Aufschwung. Sein Enkel Friedrich II. führte dieses segensreiche Wirken fort und veranlasste<br />
auch den Kirchenneubau in Gräfenhain. 1728-31 wurde die Orgel von Johann Christoph Thielemann<br />
erbaut und auf der Westempore aufgestellt. Sie ist in weiten Teilen erhalten und besitzt sogar noch ihre<br />
originalen Prospektpfeifen.<br />
Der „gothaische Hoforgelmacher“ Johann Christoph<br />
Thielemann wurde 1682 in Wiegmar (Wechmar?)<br />
geboren und starb 1755. 1735 hatte er das Hoforgelmacherprivileg<br />
erlangt. Sein letztes Werk wurde<br />
1750 in Rehestädt von seinem Schüler Stephan<br />
Schmaltz fertiggestellt. 1754 bat Thielemann um Unterstützung<br />
wegen seiner „jetzigen großen Dürftigkeit“.<br />
Die Orgel in Gräfenhain ist seine am vollständigsten<br />
erhaltene. Fragmentarisch erhalten sind<br />
seine <strong>Orgeln</strong> in Wölfis, Tenneberg und Grabsleben.<br />
1993-96 wurde das Instrument von der Manufaktur<br />
„Orgelbau Waltershausen“ denkmalgerecht restauriert.<br />
Seitdem bemüht sich ein sehr rühriger „Freundeskreis<br />
Thielemannorgel“ darum, dieses Juwel aus<br />
der Bachzeit bekannt zu machen und gewinnt immer wieder renommierte Musiker für seine Konzertreihe.<br />
Gräfenhain bei Ohrdruf<br />
Johann Christoph Thielemann 1728-1731<br />
Restauriert 1993-1996 von Orgelbau Waltershausen<br />
Hauptwerk<br />
Quintatön 16’<br />
Principal 8’ Prospekt, original!<br />
Grobgedackt 8’<br />
Octava 4’<br />
Spiel Flaute 4’<br />
Quinta 3’<br />
Octava 2’<br />
Tertia 1 3/5’ neu<br />
Mixtur 6fach 2’<br />
Trombetta 8’ neu<br />
Brustwerk<br />
Gedackt 8’<br />
Quintatön 8’<br />
Principal 4’<br />
Gedackt 4’<br />
Octava 2’ neu<br />
Quinta 1 1/2’ neu<br />
Octava 1’<br />
Mixtur 4fach<br />
Pedalkoppel, Manualschiebekoppel<br />
Glockenspiel c’ bis c’’’ im Prospekt (Mechanik neu)<br />
2 Cymbelsterne (neu), 3 Sperrventile<br />
Registerschilder in Zinn graviert (neu, Erwähnung in einem Vertrag Thielemanns)<br />
Tonhöhe: a’=474 Hz<br />
Stimmung: erweitert mitteltönig<br />
Winddruck: 70 mm Ws<br />
16<br />
Pedal<br />
Violonbaß 16’<br />
Subbaß 16’<br />
Octavenbaß 8’<br />
Posaunenbaß 16’
Henfstädt<br />
Henfstädt hatte während der DDR keine<br />
eigene Kirchengemeinde mehr. Die Kirche<br />
wurde nicht benützt und wurde<br />
zweckentfremdet. Schon vor der Wende,<br />
im Jahre 1984, waren Henfstädter Bürger<br />
aktiv geworden, um die Kirche wieder<br />
zugänglich zu machen und zu restaurieren,<br />
zunächst in Eigenarbeit, dann unter<br />
Anleitung einer Restauratorin. 1997<br />
wurde die Kirche wieder geweiht. An<br />
Pfingsten 2009 war die Restaurierung der<br />
Orgel, die fast vollständig erhalten, aber<br />
nicht mehr spielbar war, durch die Werkstatt<br />
„Orgelbau Waltershausen“ (Joachim<br />
Stade) vollendet. Vorher hatte sie keinen<br />
Henfstädt: Balganlage<br />
Motor. Außer den Prospektpfeifen und<br />
den Tastenbelägen ist alles original. Ein Unikat ist auch das seitenständige Pedal im offenen Gehäuse<br />
rechts von der Orgel. Es war hinterständig geplant, hätte dann aber den Platz zum Läuten der Glocken<br />
beeinträchtigt.<br />
Henfstädt<br />
Johann Valentin Nößler, Zella St. Blasii (Zella-Mehlis) 1749<br />
Restauriert 2009 von Orgelbau Waltershausen<br />
Manual (C, D-c’’’)<br />
Principal 4’ Prospekt (neu)<br />
Gedackt 8’ Holz<br />
Quintathön 8’<br />
Hohlflöte 8’ Holz, die 9 tiefsten Töne mit<br />
Gedeckt 8’ zusammengeführt<br />
Spitzflöte 4’<br />
Gedackt 4’ Holz<br />
Quinte 3’<br />
Octave 2’<br />
Mixtur 3fach zum Teil ergänzt<br />
Pedal (C, D-c’)<br />
(im offenen Kasten, seitlich rechtwinklig vom Spielschrank)<br />
Subbaß 16’ Holz gedeckt<br />
Octavbaß 8’ Holz offen<br />
Pedalkoppel, Tremulant, 2 Keilbälge, Ventilator erst seit 2008, Stimmung: wohltemperiert (1/5 Komma)<br />
17<br />
Henfstädt: Seitenständiges Pedal!
Leutersdorf<br />
Die Kirchenburg Leutersdorf am Hang des Werratales<br />
ist mit ihrem Fachwerkturm schon von<br />
Weitem zu sehen. Leutersdorf war im frühen Mittelalter<br />
eine Urpfarrei, zu der bis zu 30 Ortschaften<br />
gehörten. Sie steht auf einer vorchristlichen<br />
Kultstätte und ist erstmalig 1187 als „Mutterkirche“<br />
bezeugt.<br />
Das planmäßig angelegte Dorf steht als Gesamtensemble<br />
unter Denkmalschutz. Es wurde 1057<br />
erstmals urkundlich erwähnt, als Bischof Adalbero<br />
von Würzburg Leutersdorf an die polnische<br />
Königin Richeza gegen sein Erbgut Salz an der<br />
(fränkischen) Saale vertauschte. Die Herrschaft<br />
über das Dorf wechselte immer wieder zwischen<br />
dem Bistum Würzburg und der Grafschaft Henneberg,<br />
deren Besitz nach ihrem Erlöschen hier<br />
von Sachsen-Meiningen übernommen wurde.<br />
Die jetzige Kirche mit ihrer spätbarocken Innenausstattung<br />
wurde 1758 auf den Resten der alten<br />
Kirche erbaut, die zum Teil noch aus der Romanik<br />
stammen. Die älteste der drei Glocken<br />
stammt von 1492.<br />
Die Orgel stammt noch aus der alten Kirche und<br />
wurde wahrscheinlich um 1718 von Johann Nicolaus<br />
Seeber aus Römhild erbaut. Bis auf die Prospektpfeifen<br />
weist auch diese Orgel einen hohen<br />
Anteil an Originalsubstanz auf - er wird auf ca.<br />
90% geschätzt -, auch wenn der Holzwurm und<br />
unsachgemäße Eingriffe („Verbesserungen“) ihre<br />
Spuren hinterlassen haben. 1999 wurde das<br />
wertvolle Instrument von der Orgelbauwerkstatt<br />
Rösel&Hercher denkmalgerecht restrauriert. Der<br />
Klangeindruck ist sehr bewegend, nicht zu überhören ist die Ähnlichkeit mit der Seeber-Orgel in Haina.<br />
Leutersdorf, Kirche St. Vitus<br />
Wahrscheinlich Nicolaus Seeber, Römhild, ca. 1718 für die Vorgängerkirche erbaut<br />
Restauriert 1999 von Rösel&Hercher, Saalfeld<br />
Manual C, D-c’’’<br />
Groß Principal 8’ innen<br />
Musicalisch Gedact 8’<br />
Viol di Gamba 8’<br />
Principal 4’ im Prospekt, rekonstruiert<br />
Spitz Fleute 4’<br />
Fleute douce 4’ gedeckt<br />
Quinta 3’<br />
Flagiolet 2’<br />
Octava 2’<br />
Mixtur 3 fach 2’<br />
Pedal C, D-c’<br />
Subbaß 16’<br />
Principal Baß 8’ Holz, im Prospekt<br />
mit Zinnfolie belegt<br />
Posaune 16’ Holz, rekonstruiert<br />
Tremulant<br />
Copplung zum Manual<br />
18
Haina bei Römhild<br />
Der Name der Kirche „St.<br />
Johanns, des Täufers unseres<br />
Herrn“ wird im Jahre 1300 erstmals<br />
erwähnt. Sie war mit fünf<br />
Altären ausgestattet, von denen<br />
der St.-Georgs-Altar noch im<br />
Staatlichen Museum Meiningen<br />
zu sehen ist. Im sterngewölbten<br />
gotischen Chor sind fragmentarisch<br />
Fresken aus seiner Erbauungszeit<br />
zu sehen. Der in Mellrichstadt<br />
gefertigte barocke<br />
Hochaltar wurde von dem in<br />
Haina geborenen Peter Seeber,<br />
einem Bruder des Orgelbauers,<br />
gestiftet, der 1733 in London als<br />
„großbritannischer Oberconditor“<br />
verstarb. Das Kirchenschiff<br />
wurde 1839 neu aufgebaut und mit einer flachen Stuckdecke versehen. Der Vorgängerbau hatte – wie<br />
die meisten <strong>Thüringer</strong> Kirchen - ein hölzernes Tonnengewölbe, was die Klangverschmelzung der Orgel<br />
begünstigte.<br />
Der Erbauer der Orgel, Nicolaus Seeber (1680-1739) stammte aus Haina und war „Sächsisch-<br />
Römhildischer Orgelmacher, Praezeptor und Hofkapellmeister“. Er wird in Johann Matthesons<br />
„Ehrenpforte“ erwähnt, laut der er 56 <strong>Orgeln</strong> gebaut und zugunsten seiner Tätigkeit in Römhild auf eine<br />
hochdotierte Anstellung in einer Amsterdamer Kirche verzichtet haben soll. Der Lexikograph Ernst<br />
Ludwig Gerber erwähnt 1792, Seeber habe zwei Jahrgänge Kirchenkantaten komponiert. Bis jetzt ist nur<br />
eine einzige Kantate von ihm gefunden worden.<br />
Für seinen Heimatort Haina baute Johann Nicolaus Seeber 1718-1720 ein schönes Orgelwerk mit einem<br />
extra-vaganten Gehäuse. Das Positiv ist zu beiden Seiten des Hauptwerks angebaut. Was eine große<br />
Seltenheit ist: diese Orgel hat noch ihre originalen Prospektpfeifen. Sie mussten im Ersten Weltkrieg<br />
nicht abgeliefert werden, weil sie nach Meinung des Sachverständigen zu schlecht („dünn wie<br />
Löschpapier“) waren – aus heutiger Sicht ein Glücksfall. Dieses wertvolle Instrument wurde 1995 von der<br />
Werkstatt Alexander Schuke in Potsdam restauriert.<br />
Haina, St. Johannes<br />
Nicolaus Seeber 1718-1720; Rest. Schuke Potsdam 1995<br />
Hauptwerk (II, C, D-c’’’)<br />
Principal 4’ Prospekt original<br />
Groß Principal 8’ innen<br />
Gedackt 8’<br />
Viola di Gamb 8’<br />
Quintathöna 4’<br />
Quinta 3’<br />
Octav 2’<br />
Spitzflöthen 2’<br />
Sexquialtra 2fach 4 /5’ repetierend<br />
Mixtur 3fach 2’<br />
Pedal (C, D-c’, fest an das Hauptwerk gekoppelt)<br />
Subbaß 16’<br />
Octav Baß 8’ Prospekt, Holz mit Staniol belegt, original<br />
Waldflöt 2’<br />
PosaunenBaß 16’<br />
Tremulant für das ganze Werk<br />
Manualschiebekoppel I an II<br />
Temperierung: Kirnberger II<br />
Stimmton: fast einen Ganzton höher als 440 Hz<br />
Positiv (I, C, D-c’’’)<br />
Salicional 8’ rekonstruiert<br />
Hohlflöthen 4’ Holz, gedeckt<br />
Octav 2’ Prospekt original<br />
Quint 1 ½’<br />
Cymbel 2fach<br />
Hautbois 8’ rekonstruiert<br />
19
Bedheim<br />
Bedheim: Hauptorgel<br />
Bedheim - 1169 erstmals urkundlich erwähnt - liegt östlich der „Gleichberge“, zwei fast gleich hohe<br />
Basaltberge. Auf dem Kleinen Gleichberg befand sich ein bedeutendes keltisches Oppidum.<br />
Die Kirche ist dem Frankenapostel Kilian gewidmet, der Chor und die Sakristei im Turm sind um 1260/90<br />
erbaut worden. 1439-1775 waren die Herren von Heßberg Schlossbesitzer und Kirchenpatrone. 1521<br />
ernannte Philipp von Heßberg Otto Truckenbrod zum ersten protestantischen Pfarrer von Bedheim. 1696<br />
wurde das Kirchenschiff - damals mit einer direkten Verbindung zum Schloss - neu erbaut. 1778 erwirbt<br />
die Familie Rühle von Lilienstern Schloss und Kirchenpatronat, in deren Besitz das Schloss bis heute<br />
geblieben ist. In der Gruft unter dem Chor ist auch Charlotte von Lilienstern, geb. Wolzogen, eine<br />
Jugendliebe Friedrich Schillers, begraben.<br />
Einmalig auf der Welt ist die Doppelorgelanlage. 1711 wurde von Joh. Caspar Schippel aus<br />
Hildburghausen die Hauptorgel auf der Westempore gebaut. Wahrscheinlich aufgrund eines Gelübdes<br />
stiftete der neue Schloss- und Ortsherr Hans Philipp von Heßberg zehn Jahre später, 1721 die heute so<br />
genannte „Schwalbennestorgel“ über dem Chorbogen. Sie wurde von dem Römhilder Hoforgelmacher<br />
und –kapellmeister Nicolaus Seeber gebaut und wird von der Hauptorgel aus gespielt. Die Ton- und<br />
Registermechanik verläuft über den Dachboden.<br />
1856 erfolgte ein grundlegender Umbau durch Michael Schmidt, Schmiedefeld/Rennsteig. Er verlagerte<br />
das Gleichgewicht der beiden Orgel zugunsten der Hauptorgel, die nun die ganze Breite der Westempore<br />
einnahm, die Chororgel bekam „Fernwerkscharakter“. 1956/57 wurden beide <strong>Orgeln</strong> im Sinne der<br />
Orgelbewegung „barockisiert“, seitdem finden dort Konzerte statt, die weithin bekannt sind.<br />
1994-1996 wurde die Orgel einer sorgfältigen denkmalgerechten Restaurierung, bzw. Rekonstruktion<br />
unterzogen. Den Anstoß dazu gaben Spenden aus der württembergischen Partnerkirche und eine<br />
Spendenaktion des „Verband Evangelische Kirchenmusik in Württemberg“. Dabei konnte festgestellt<br />
werden, dass trotz der einschneidenden Umbauten 1856 und 1956 noch 14 Pfeifenreihen - mehr oder<br />
weniger verändert - vorhanden waren, 4 Register konnten nach der Seeber-Orgel in Haina und nach der<br />
Schippel-Orgel in Pfersdorf originalgetreu rekonstruiert werden. Am 22. September 1996, dem 275.<br />
Geburtstag der „Schwalbennestorgel“ wurde die Orgelanlage wieder eingeweiht. In der anschließenden<br />
Orgelwoche durfte im Rahmen eines Orgelkonzerts Hans-Eugen Ekert den Scheck der<br />
württembergischen Spendenaktion überreichen.<br />
20
Bedheim, Kiliankirche<br />
Joh. Caspar Schippel, Hildburghausen 1711 (Hauptorgel)<br />
Joh. Nicolaus Seeber, Römhild 1721 („Schwalbennest“ über dem Chorbogen)<br />
Restaurierung/Rekonstruktion Schuke Potsdam 1996<br />
Hauptorgel auf der Westempore (II, C, D-c’’’)<br />
Groß Gedackt 8’<br />
Viola di Gamb 8’<br />
Quintathön 8’<br />
Principal 4’ Prospekt<br />
Spitzflöt 4’<br />
Klein Gedeckt 4’<br />
Octava 2’<br />
Sexquialtera 2fach 4 /5’ repetierend<br />
Mixtur 3fach<br />
Positiv über dem Chorbogen (I, C, D-c’’’, Traktur über den Dachboden)<br />
Musicalisch Gedackt 8’<br />
Groß Principal 4’<br />
Hohlflöte 4’<br />
Principal 2’ Prospekt<br />
Quinta 1 ½’<br />
Cymbel 2fach 1’<br />
Hautbois 8’<br />
Pedal (C, D-c’, ursprünglich fest an HW gekoppelt)<br />
Subbaß 16’<br />
Violon 16’<br />
Octav Baß 8’<br />
Pedaltrennung (nicht original)<br />
Transponiervorrichtung (Ganzton, nicht original)<br />
Manualschiebekoppel I an II<br />
Bedheim: Schwalbennestorgel<br />
Tremulant Hauptorgel<br />
Stimmton: a’=495 Hz (Ganzton höher als die heutige<br />
Normalstimmung 440 Hz))<br />
Temperierung: Bach-Kellner<br />
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Quellen:<br />
Hermann Fischer und Theodor Wohnhaas: Historische <strong>Orgeln</strong> in Unterfranken, Schnell und Steiner 1982<br />
Christian Schümann: Geschichte von Ostheim v. d. Rhön – in Geschichten der Menschen<br />
Versch. Autoren: Kirchenkreis Meiningen - Kirchen, Kunst, kirchliches Leben; Verlag Evangelischer Medienverband Kassel<br />
Joachim Neubert (Hrsg.): Die Kirchen im Landkreis Hildburghausen, Verlag Frankenschwelle 2006<br />
Hans Müller: Thüringen - Reisen durch eine deutsche Kulturlandschaft; Du Mont Buchverlag Köln 1994<br />
Hartmut Haupt: <strong>Orgeln</strong> im Bezirk Suhl - Staatliche Museen Meiningen DDR (um 1985, keine Jahresangabe)<br />
Hartmut Haupt: Die Orgel der Kapelle im Schloß Wilhelmsburg Schmalkalden; Museum Schloß Wilhelmsburg<br />
Schmalkalden DDR (um 1980)<br />
Bettenhausen - Ein Streifzug durch die Geschichte von Dorf und Kirche - Broschüre der Kirchengemeinde (um 1994)<br />
Jürgen Peter Schindler: Die Geschichte der Döring-Orgel der Kirche zum Heiligen Kreuz in Bettenhausen; Verein der<br />
Freunde und Förderer der Kirche zu Bettenhausen 1994<br />
Christoph Schindler 2011: Präsentation zur Restaurierung der Voit-Orgel zu Helmershausen<br />
Horst Hoffmann Ostheim 2002: Restaurierungsbericht zur Rommel-Orgel in Herpf<br />
Hans-Eugen Ekert: Orgelreise nach West-Thüringen 2010, Begleitheft mit Fotos von Gunhild Cremer; Verband<br />
Evangelische Kirchenmusik in Württemberg<br />
Hans-Eugen Ekert: Thüringen – jenseits von Silbermann, Begleitheft der Orgelreise mit mit Heideker-Reisen, Münsingen<br />
2011<br />
Diverse Informationsblätter und Websites über die <strong>Orgeln</strong> zu Ostheim v. d. Rhön, Helmershausen, Geba, Seeba, Floh,<br />
Naumburg, Leutersdorf, Gräfenhain, Bedheim<br />
Persönliche Informationen von Pfarrern, Organisten, Heimatforschern und Orgelbauern:<br />
Pfarrer Christian Schümann, Ostheim vor der Rhön<br />
Orgelmuseum Ostheim, ehem. Museumsleiterin Sigruth Strobel, Museumsleiter Jörg Schindler-Schwabedissen<br />
Frau Jeschke, Helmershausen<br />
Christoph Schindler, Ostheim<br />
Herr Göpfert, Bettenhausen und Seeba<br />
Hans-Jürgen Bobka, Henfstädt<br />
Rosemarie Peuckert, Leutersdorf<br />
Helgard Rutte, Schmalkalden<br />
Frau Röhrig, Zeilfeld<br />
Pastorin Sabine Seckel, Haina<br />
Pastor i. R. Eckhard Altenfelder, Bedheim<br />
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Donnerstag, 7. Juni<br />
08.45 Abfahrt in <strong>Stuttgart</strong>, Jägerstr., Nähe Hbf<br />
Reiseprogramm:<br />
09.30 Zusteigemöglichkeit Raststätte Wunnenstein Ost<br />
10.15 Zusteigemöglichkeit Raststätte Ob derTauber<br />
11.45 Bad Neustadt, Karmelitenkirche (Ignaz Samuel Will, Würzburg 1722 I/P 13)<br />
12.40 Abfahrt<br />
13.00 Ostheim/Rhön: Veschper im Schlossgarten beim Orgelmuseum (In der Metzgerei Markert<br />
gegenüber – extra für uns geöffnet - gibt es Ostheimer und <strong>Thüringer</strong> Spezialitäten)<br />
13.30 Ostheim/Rhön: Kirchenburg, Kirchen- und Orgelführung (Johann Ernst Döring, Ostheim 1739,<br />
Georg Markert 1848, Fam. Hoffmann, II/P 30), Gelegenheit zum Kaffeetrinken<br />
15.00 Orgelmuseum<br />
16.30 Abfahrt<br />
16.45 Bettenhausen (Joh. Ernst Döring, Ostheim 1747 II/P 18, 3 Zimbelsterne, Pedal bis a)<br />
17.30 Abfahrt<br />
17.40 Helmershausen (Johann Michael Voit, Schweinfurt 1786 II/P 26)<br />
18.30 Abfahrt<br />
19.30 Ankunft Klostermühle<br />
19.45 Abendessen (warm)<br />
Freitag, 8. Juni<br />
09.00 Abfahrt<br />
09.50 Geba (Johann Gabriel Rommel, Roßdorf/Rhön 1795 I/P 9, orig. Balganlage)<br />
10.15 Wanderung zum Gipfel und nach Seeba<br />
11.45 Seeba (zweitälteste Orgel Thüringens, Moritz Weise, Gotha 1668, Joh. Caspar Rommel,<br />
Roßdorf/Rhön 1753 I/P 11)<br />
12.15 Spaziergang durchs Dorf zum See<br />
12.30 Mittagsimbiss oder Kaffee im 'ostalgischen' „Café am See“<br />
14.00 Abfahrt nach Schmalkalden<br />
14.30 Schmalkalden Stadtbesichtigung auf eigene Faust<br />
15.30 Schloss Orgel (Daniel Meyer, Göttingen 1589, I 6, Prospekt Holz/Elfenbein)<br />
anschließend Besichtigung Schloss<br />
16.45 Abfahrt nach Floh<br />
17.00 Floh (Johann Marcus Östereich, Oberbimbach bei Fulda 1789, II/P 26)<br />
18.10 Abfahrt<br />
19.00 Ankunft Klostermühle<br />
19.30 Abendessen (warm)<br />
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Samstag, 9. Juni<br />
09.00 Abfahrt<br />
11.00 Naumburg Dom, dann Spaziergang durch die Stadt<br />
12.00 Mittagsmusik und Orgelvorführung Stadtkirche St. Wenzel (Zacharias Hildebrandt 1746,<br />
III/P 53, abgenommen von Gottfried Silbermann und Johann Sebastian Bach)<br />
Verpflegung in Eigenregie<br />
14.00 Fakultativ: St. Maria Magdalena, Ladegast-Orgel 1863<br />
15.00 Abfahrt Parkplatz am Dom<br />
16.30 Gräfenhain (J. Chr. Thielemann, Gotha 1731, II/P 22, Glockenspiel, 2 Zimbelsterne,<br />
Prospektpfeifen original!)<br />
17.30 Atelierbesuch Gerd Weber<br />
18.15 Abfahrt<br />
19.15 Ankunft Klostermühle<br />
19.30 Abendessen (warm)<br />
Sonntag, 10. Juni<br />
09.30 Abfahrt<br />
09.45 Henfstädt (Johann Valentin Nößler 1749, bis auf Prospekt und Tastenbeläge ganz original<br />
erhalten!), Andacht und Orgelbesichtigung<br />
10.30 Spaziergang im Werratal nach Leutersdorf (ca. 2 km)<br />
11.00 Leutersdorf (Nicolaus Seeber, Römhild um 1718, I/P 13), Dorfrundgang und Kirchenburg<br />
11.40 Abfahrt<br />
12.00 Haina (Nicolaus Seeber, Römhild 1720, II/P 19, Prospektpfeifen original!)<br />
12.45 Abfahrt<br />
13.00 Mittagessen im Brauerei-Gasthof zur Schwarzen Henne, Dingsleben<br />
14.15 Abfahrt<br />
14.30 Bedheim (weltweit einmalige Doppelorgelanlage: Schippel, Hildburghausen 1711, Seeber,<br />
Römhild 1721, II/P 16, 1995/96 Spendenobjekt des Verband Evang. Kirchenmusik in<br />
Württemberg)<br />
15.00 Ausklang im Gartencafé Schloss Bedheim<br />
16.00 Rückfahrt mit Halt bei Raststätte Ob derTauber und Raststätte Wunnenstein Ost<br />
19.00 Ankunft in <strong>Stuttgart</strong><br />
Mobil-Nr. Hans-Eugen Ekert: 0176 / 23 14 12 98<br />
Mobil-Nr. Stefan Lust: 015 20 / 21 02 965<br />
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