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Arbeitsbericht 2001- 2003 Sonderforschungsbereich 477 - SFB 477

Arbeitsbericht 2001- 2003 Sonderforschungsbereich 477 - SFB 477

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<strong>Arbeitsbericht</strong> <strong>2001</strong>- <strong>2003</strong><br />

<strong>Sonderforschungsbereich</strong> <strong>477</strong><br />

Sicherstellung der Nutzungsfähigkeit von Bauwerken<br />

mit Hilfe innovativer Bauwerksüberwachung<br />

Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />

TECHNISCHE UNIVERSITÄT CAROLO-WILHELMINA<br />

Braunschweig


Inhaltsverzeichnis Seite<br />

1 Allgemeine Angaben zum <strong>Sonderforschungsbereich</strong><br />

1.1 Wissenschaftliche Entwicklung des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>s 1<br />

1.2 Entwicklung der Kooperation im <strong>Sonderforschungsbereich</strong> 2<br />

1.3 Stellung innerhalb der Hochschule 3<br />

1.4<br />

1.5<br />

1.6<br />

Förderung der Lehre und des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

Förderung der Gleichstellung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />

Ergebnisse des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> in Bezug auf Patentanmeldungen<br />

2 Berichte über die einzelnen Teilprojekte<br />

Projektbereich A: Methoden und Strategien zur Bauwerksüberwachung<br />

A1 Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung und Optimierung<br />

von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen (Hosser)<br />

Projektbereich B: Adaptive Modelle<br />

B1 Modellgestützte Bauwerksüberwachung und Schadensdiagnose anhand eines<br />

online an den jeweiligen Zustand anzupassenden dynamischen Rechenmodells<br />

(Oeljeklaus)<br />

B3 Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten Bauwerken durch Monitoring<br />

und begleitende Versuche (Peil)<br />

B4 Restlebensdauervorhersage für Schweißverbindungen an Stahlkonstruktionen<br />

und Maßnahmen zur kontrollierten Nutzungsausweitung (Wohlfahrt)<br />

B5 Analyse der biologischen und chemischen Reaktionsprozesse in Deponien<br />

(Hempel, Haarstrick)<br />

B6 Analyse der gekoppelten Prozesse von Wärmeentwicklung, Flüssigkeits- und<br />

Stofftransport in der Deponiestruktur (Dinkler, Ahrens)<br />

B9 Adaptives Modell zur Dauerhaftigkeitsprognose im Zuge der Überwachung<br />

von Betonbauwerken (Budelmann, Schmidt-Döhl)<br />

Projektbereich C: Messtechnik – Entwicklung und Adaption<br />

C1a Faseroptische Sensoren für die Bauwerksüberwachung (Kowalsky, Johannes) 145<br />

C1b Mikrowellensensoren und -messtechnik für die Bauwerksüberwachung<br />

(Jacob, Johannes)<br />

165<br />

C2 Zustandserfassung und -beurteilung vorgespannter Zugglieder durch Monitoring<br />

(Budelmann, Rostásy)<br />

189<br />

Projektbereich D: Erprobung an Bauwerken<br />

D1 Überwachung und Beurteilung von Deponien (Fricke, Collins)<br />

3 Abgeschlossene Teilprojekte<br />

A2 Wissensbasiertes System „Messtechnik im Bauwesen“ zur Messdatenerfassung<br />

und Auswertung innerhalb der Bauwerksüberwachung (Natke†)<br />

C3 Mehrkomponenten-Dehnungs-und Spannungsaufnehmer für das Monitoring<br />

von Bauwerken (Peters)<br />

C4 Geodätische Sensoren und Methoden zur Bauwerksüberwachung (Niemeier)<br />

4 Dokumentation der sonstigen Aktivitäten 277<br />

3<br />

6<br />

6<br />

7<br />

27<br />

37<br />

61<br />

81<br />

101<br />

125<br />

213<br />

235<br />

237<br />

257


Sicherstellung der Nutzungsfähigkeit von Bauwerken<br />

mit Hilfe innovativer Bauwerküberwachung<br />

Sprecher: Prof. Dr.-Ing. U. Peil<br />

Stellvertretender Sprecher: Prof. Dr.-Ing. D. Hosser<br />

1 Allgemeiner Teil<br />

1.1 Wissenschaftliche Entwicklung des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>es<br />

- 1 -<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

Der vorliegende <strong>Arbeitsbericht</strong> beschreibt die Tätigkeiten und die Entwicklung des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

während der vergangenen 3 Arbeitsjahre. Die wissenschaftliche Entwicklung des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> ist<br />

in dieser Zeit sehr erfreulich vorangeschritten. Die Entwicklung der Teilprojekte im Teilprojektbereich<br />

A Methoden und Strategien war durch die Bereitstellung und Programmierung<br />

grundlegender Algorithmen, Beratung der anderen Teilprojekte in Fragen der Zuverlässigkeitstheorie,<br />

probabilistische Abschätzung der Lebensdauer, Schwachstellenerkenung etc.<br />

gekennzeichnet.<br />

Im Teilprojektbereich B Adaptive Modelle wurde an Modellierungen des Verhaltens<br />

konstruktiver Bauwerke und von Deponien gearbeitet. Dabei entstanden eine Reihe interessanter<br />

Ansätze, die zum einen auf bekannten Modellen aufsetzten, zum anderen aber ganz<br />

andere Wege gingen, z.B. durch Verbindung von Monitoring und parallelen Experimenten.<br />

Wesentlich bei allen Modellentwicklungen ist, dass Änderungen im Verhalten des Bauwerks<br />

erfasst und prognostiziert werden können.<br />

Im Teilprojektbereich C Messtechnik - Entwicklung und Adaption wurde eine Reihe neuer<br />

Sensoren erdacht, entwickelt und bereits nahezu in eine Phase gebracht, das sie industriell<br />

gefertigt werden können. Schwierigkeiten ab es hier bei der Entwicklung von Trägersubtanzen<br />

für die Sensorstoffe. Mittlerweile ist aber hier ein wesentlicher Durchbruch erzielt worden.<br />

So ist Herrn Prof. Kowalsky (Leiter des Teilprojektes C1a) ist im letzten Jahr der Leibniz-Forschungspreis<br />

der DFG verliehen worden.<br />

Der Teilprojektbereich D Erprobung an Bauwerken ist der Bereich des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, in dem die<br />

in den Teilprojektbereichen A bis C entwickelten Methoden, Strategien und Sensoren eingesetzt<br />

und unter Praxisbedingungen erprobt werden sollen. Bisher wurde im Bereich der Deponien<br />

geforscht. Die Messung von Verformungen der Oberfläche und der Dichtungskonstruktion,<br />

einschließlich örtlichen Sickerwasseranfalls sind wichtige Eingangsgrößen für die Beurteilung<br />

der biochemischen Aktivitäten und damit zusammenhängend auch für die Standsicherheit.<br />

Bei den großen Abmessungen der Deponien kommt einem effizienten Messmanagement<br />

eine wichtige Rolle zu. In der nächsten Förderperiode werden auch Spannbetonbauwerke<br />

und der Baugrund selbst mit einbezogen.<br />

Bedingt durch die enge Kopplung der adaptiven Modellentwicklung und der Sensorentwicklung<br />

und -adaptierung sind hier sehr erfreuliche Forstschritte zu verzeichnen, die ohne das


<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

Instrument <strong>SFB</strong> und der dadurch stimulierten fachübergreifenden Diskussion und Zusammenarbeit<br />

wohl kaum erzielt worden wären.<br />

Die Verflechtung der einzelnen Teilprojekte ergibt sich thematisch zwangsläufig durch die<br />

sehr methodisch eingesetzten sog. Ersatzbauwerke, das sind Bauwerke, die im Labor untersucht<br />

werden und damit alle Freiheiten der Parameterwahl bieten. Nahezu alle Teilprojekte<br />

sind aktiv an den untersuchten Ersatzbauwerken beteiligt, Ergebnisse können so verglichen,<br />

kalibriert und abgesichert werden. Genaueres dazu ist bei den Teilprojektbeschreibungen<br />

nachzulesen.<br />

1.2 Entwicklung der Kooperation im <strong>Sonderforschungsbereich</strong><br />

Die Kooperation im <strong>Sonderforschungsbereich</strong> ist zum einen durch die sehr erfreuliche freundschaftliche<br />

und kollegiale Atmosphäre aller Mitglieder und Mitarbeiter gekennzeichnet, ein<br />

wesentlicher Punkt für eine gute Zusammenarbeit. Zur Vertiefung und Angleichung spezieller<br />

Fachkenntnisse wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, die in der Regel von einem Mitglied<br />

vorbereitet und geleitet wurden. In diesen Arbeitsgruppen wurde neben der Faktenpräsentation<br />

besonderer Wert auf lebhafte Diskussion gelegt. Bisher wurden folgende Arbeitsgruppen<br />

eingerichtet:<br />

� Probabilistische Methoden<br />

� Messtechnik<br />

� Deponierung vorbehandelter Siedlungsabfälle<br />

� Zeitreihenanalyse<br />

Daneben wurden zeitlich begrenzte Kompaktkurse auf den Gebieten<br />

� Symptom- und modellgestützte Diagnose technischer Systeme<br />

� Stochastische Finite Elemente<br />

� Numerische Modellierung bei Mehrphasenströmungen und Transportprozessen.<br />

abgehalten.<br />

Den beiden Standbeinen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> gemäß, wurde eine Koordinationsgruppe Deponie und<br />

eine Gruppe Konstruktiver Ingenieurbau gegründet, um die spezifischen Fragestellungen im<br />

kleineren Kreis intensiv diskutieren zu können.<br />

Neben diesen mehr internen Instrumenten der Zusammenarbeit wurde eine große Zahl von<br />

Workshops durchgeführt, zum größten Teil mit Experten außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>. Die<br />

Workshops erfüllen zwei Zwecke: der erste Zweck ist dazuzulernen, der andere Zweck ist die<br />

Möglichkeit zu einer kritischen Beurteilung der eigenen Positionen zu kommen. Die vortragenden<br />

Wissenschaftler waren in der Regel länger in Braunschweig und haben mit den jeweils<br />

tangierten Teilprojekten intensiv diskutiert und zusammengearbeitet. Die Workshops<br />

fanden ein lebhaftes Interesse auch außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, es waren häufig Gäste anderer<br />

Universitäten, gelegentlich auch aus der Industrie und Verwaltung, zum Teil aus dem Ausland<br />

anwesend. Die öffentlichen Workshops und Kompaktkurse sind im Abs. 4 noch einmal zusammengestellt.<br />

- 2 -


1.3 Stellung innerhalb der Hochschule<br />

- 3 -<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

Der <strong>Sonderforschungsbereich</strong> <strong>477</strong> hat in den letzten beiden Förderperioden erheblichen Einfluss<br />

im Bereich der TU-Braunschweig und darüber hinaus gewonnen. Im Fachbereich Bauingenieurwesen<br />

wurde zum Sommersemester 2000 eine neue Vertiefungsrichtung “Bauwerkserhaltung”<br />

eingerichtet, die mittlerweile sehr erfolgreich ist. In dieser Vertiefungsrichtung<br />

hat die Bauwerksüberwachung, also der <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, einen großen Anteil. Als ganz wichtiger<br />

Auswirkung des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> kann die Einwerbung des Stiftungslehrstuhls Bauwerkserhaltung<br />

und Tragwerk gewertet werden, dessen Forschungsschwerpunkte exakt im Fokus des<br />

<strong>SFB</strong> liegen. Stifterin ist die Salzgitter Stahl und Technologie AG. Dies zeigt deutlich das Interesse<br />

der Wirtschaft an den grundlegenden Fragestellungen, an denen auch der <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> arbeitet.<br />

Der Lehrstuhl ist seit dem 01.05.<strong>2003</strong> mit Herrn Prof. Dr.-Ing. T. Ummenhofer besetzt.<br />

Mit der Universität Florenz besteht seit dem 01.01.2002 ein Internationales Graduiertenkolleg<br />

auf dem Gebiet des Risk Management of Natural and Civilisation Hazards on Buildings and<br />

Infrastructure, gegründet worden. Die Fragestellungen die hier bearbeitet werden stehen in<br />

engem Zusammenhang mit Fragestellungen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>. Die Veranstaltungen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

und auch die des Internationalen Graduiertenkollegs werden stark wechselseitig besucht.<br />

Mit der Stanford-University, Palo Alto Ca. (Prof. Fu-Kuo Chang) und der University of Colorado<br />

at Boulder (Prof. D. Frangopol) wird derzeit eine Forschungskooperation auf dem Gebiet<br />

des Structural Health Monitoring vorbereitet, um die Forschungsinteressen zu bündeln und<br />

damit gegenseitig zu verstärken. Die Initiative wird auf amerikanischer Seite vom dortigen<br />

NSF (National Science Foundation) im Rahmen eines Schwerpunktprogramms zentral gefördert.<br />

1.4 Förderung der Lehre und des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />

Wie bereits dargestellt, haben die Aktivitäten des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> eine neue Vertiefungsrichtung<br />

“Bauwerkserhaltung” initiiert, in denen Vorlesungen über spezielle <strong>SFB</strong>-Themen gehalten<br />

werden um so die Studierenden auf die künftigen Aufgaben der Berufspraxis vorzubereiten.<br />

In der Zwischenzeit sind viele Promotionen aus dem <strong>SFB</strong> heraus entstanden, weitere sind in<br />

Vorbereitung. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick.<br />

Teilprojekt Vor- und<br />

Zuname<br />

Thema<br />

A1 Michael Dehne Probabilistisches Sicherheitskonzept für die brandschutztechnische<br />

Bemessung<br />

A1 Ralf Schnetgöke Logische Modellierung komplexer realer Bauwerke<br />

A1 Hans-Jürgen<br />

Schlüter<br />

Rechnergestützte Beurteilung der Effizienz von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen<br />

B1 Olaf Huth Ein adaptiertes Polyreferenz-Verfahren und seine Anwendung<br />

in der Systemidentifikation.


<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

Teilprojekt Vor- und<br />

Zuname<br />

Thema<br />

B3 Matthias Behrens Laterale Schwingungen und Ermüdung von schlanken<br />

Bauwerken im böigen Wind<br />

B3 Rüdiger Scharff Schwingung und Ermüdung schlanker Brückenhänger bei<br />

Zufallserregung<br />

B3 Michael Wichers Schweißen unter Betriebsbeanspruchung<br />

B3 Matthias Frenz Lebensdauervorhersage für Stahltragwerke durch Monitoring<br />

und Versuche unter Berücksichtigung des Systemtragverhaltens<br />

B3 M. Clobes Querschwingungen eines prismatischen Baukörpers im natürlichen<br />

Wind unter Berücksichtigung aeroelastischer Effekte<br />

/ Beitrag zur Ermittlung von Antworten infolge häufiger<br />

Windereignisse low-cycle-fatique gefährdeter Bauwerke<br />

B3 O. Dreyer Regen-Wind induzierte Seil- und Hängerschwingun-gen<br />

und die Auswirkungen auf Lebensdauer und Gebrauchstauglichkeit<br />

der betroffenen Bauwerke<br />

B3 M. Corte Ermüdung von Offshore-Windkraftanlagen<br />

B4 J. Kotowski Ermittlung von Dauerschwingfestigkeitskennwerten für die<br />

Bemessung von geschweißten Aluminiumbauteilen auf der<br />

Grundlage örtlicher Strukturbeanspruchungen<br />

B4 M. Bruns Verbesserung der Lebensdauervorhersage von Schweißverbindungen<br />

mittels zerstörungsfreier Prüfverfahren<br />

B4 M. Stadtaus Simulation der Vorgänge im Schmelzbad beim Laserschweißen<br />

zur Voraussage von Nahtbildung, Gefüge, Verzug<br />

und Schweißeigenspannungen<br />

B5 Hilke Heinke Untersuchung der physiko-chemischen und biochemisch<br />

reaktiven Eigenschaften von Deponieabfällen<br />

B5 Nelson Mora<br />

Naranjo<br />

Analyse und Modellierung der Kinetik des Problemstoffabbaus<br />

in Deponien<br />

B5 Andres Leon Ohl Einfluss von Wachstumsbedingungen auf die Struktur von<br />

Biofilmen<br />

B5 Wibke Potratz Biologischer Abbau von Amino-Polycarbonsäuren<br />

B5 Matthias<br />

Bößmann<br />

Wachstumsverhalten und Struktur von partikelfixierten Biofilmen<br />

B6 Anas Al Farra Fluid-Struktur-Interaktion mit Turbulenzen<br />

B6 Lars<br />

Aschenbrenner<br />

Werkstoffmodellierung von Asphalt<br />

- 4 -


Teilprojekt Vor- und<br />

Zuname<br />

Thema<br />

B6 Mark Beckmann Schädigungsprozesse im Beton<br />

B6 Jonathan<br />

Kindlein<br />

Transport- und Reaktionsprozesse in Deponien<br />

B6 Andreas Kölke Fluid-Struktur-Interaktion mit freien Oberflächen<br />

B6 Volker Krase Instabilität von Böschungen<br />

B6 Michael Löhr Stochastiche-Finite-Elemente<br />

- 5 -<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

B6 Andreas Vehre Reduktionsverfahren für Finite-Raum-Zeit-Elemente bei<br />

Fluid-Struktur-Interaktion<br />

B6 Tim Zümendorf Kriech-Schädigung bei Metallen<br />

B9 Ellen Rigo Probabilistische Simulation der Dauerhaftigkeit mittels<br />

transport-reaction Modellierung<br />

B9 Stephan Bruder Adaptive Modellierung der Dauerhaftigkeit im Zuge der<br />

Überwachung von Betonbauwerken<br />

C1a Marc Brandes Photonische Komponenten und optische Messtechnik<br />

C1a Pavel<br />

Makedonski<br />

Entwicklung und Synthese von Sensormaterialien für die<br />

Bauwerksüberwachung<br />

C1b Thorsten Sokoll Bauwerksüberwachung mit Mikrowellen<br />

C1b Christian<br />

Meiners<br />

Charakterisierung komplexer Materialien<br />

C1b Holger Pawlak Integrierte Antennen<br />

C1b Leif Stange Systemintegration<br />

C1b Alexander Molke Integrierte HF-Schaltungen<br />

C1b Johann Heyen Millimeterwellen-Aufbautechnik<br />

C2 Alexander Holst Ein Beitrag zur Korrosionsdiagnostik von Spannbetonbauwerken<br />

mittels zerstörungsfreien Prüfmethoden<br />

C2 Hans-Joachim<br />

Wichmann<br />

In-Situ-Erfassung des Spannungszustands und Bruchortung<br />

von Spanngliedern<br />

C3 Falk Tegtmeier Mehrkomponenten-Dehnungs- und Spannungsaufnehmer<br />

für das Monitoring von Bauwerken<br />

C4 John-Bosco<br />

Miima<br />

Artificial Neural Networks and Fuzzy Logic Techniques for<br />

the Reconstruction of Structural Deformations<br />

C4 Fredie Kern Automatisierte Modellierung von Bauwerksgeometrien aus<br />

3D-Laserscanner-Daten<br />

C4 Wolfgang<br />

Katrycz<br />

Hochpräzise Rohrvermessung mit Strapdown-Inertialsystemen


<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

Teilprojekt Vor- und<br />

Zuname<br />

Thema<br />

C6 Kai Weilert Schädigungsanalyse mit Hilfe der Mustererkennung bei<br />

Schallemissionssignalen an Baustahl im LCF-Bereich<br />

C6 Stefan Loppe Piezo-Arrays zur Schadensdetektion<br />

1.5 Förderung der Gleichstellung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />

Die besonderen Maßnahmen zur Gleichstellung sind durch die einschlägigen Gesetze und<br />

Verwaltungsregeln berücksichtigt. Die im <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> tätigen Wissenschaftlerinnen genießen<br />

exakt die gleichen Rechte und haben die gleichen Pflichten wie die männlichen Wissenschaftler.<br />

1.6 Ergebnisse des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> in Bezug auf Patentanmeldungen<br />

Im Rahmen des Teilprojektbereiches C “Messtechnik - Entwicklung und Adaption” erfolgten<br />

bisher Patentanmeldungen in:<br />

- TP C3 (Sensor zur Dehnungs- und Spannungsmessung in festen Materialen) 2000.<br />

- TP C2 (jetzt D3) und TP C1b (Verfahren zur Zustandserkennung von elektrisch<br />

leitfähigen länglichen Spanngliedern) 2002.<br />

- TP C1a (Verfahren zur Feuchtebestimmung, Sensor zur Durchführung des Verfahrens<br />

und Messanordnung) <strong>2003</strong>.<br />

- TP C1b (Resonanter Mikrowellensensor) <strong>2003</strong>.<br />

Gewinne wurden bislang nicht erzielt. Das Interesse der Industrie ist allerdings groß.<br />

- 6 -


Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung und<br />

Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen<br />

Prof. Dr.-Ing. D. Hosser<br />

Dipl.-Ing. M. Dehne, Dipl.-Ing. Ralf Schnetgöke<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

2.1.1 Einleitung<br />

- 7 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

Bauwerksüberwachung dient dem Zweck, negative Abweichungen von den planmäßigen Eigenschaften,<br />

z. B. systematische Veränderungen oder zufällig entstehende Schäden frühzeitig zu erkennen,<br />

die weitere Entwicklung zu kontrollieren und falls nötig Sanierungsmaßnahmen einzuleiten,<br />

um die Nutzungsfähigkeit oder die Gebrauchstauglichkeit für die vorgesehene Zeitdauer zu gewährleisten.<br />

Dabei müssen die durch Monitoring erhaltenen Zusatzinformationen und Aussagesicherheiten<br />

in einem ausgewogenen Verhältnis zum Überwachungsaufwand stehen. Eine Kostenminimierung<br />

gelingt nur, wenn die Monitoringmaßnahmen auf die für das Bauwerkverhalten kritischen<br />

Schwachstellen und die dafür maßgeblichen Unsicherheiten konzentriert werden und die aus<br />

der Überwachung erhaltenen Informationen unmittelbar in die Zustandsbewertung des Bauwerks<br />

einbezogen werden.<br />

Durch Verknüpfung von Methoden der Zuverlässigkeits- und Systemtheorie, der Stichprobenplanung<br />

und der Entscheidungstheorie in einem wissensbasierten Bauwerksüberwachungssystem soll<br />

unter Verwendung existierender Vorinformationen aus dem Bauwerksentwurf (Grenzzustandsbeschreibungen,<br />

Einflussparameter), Schadensanalysen sowie allgemeiner und bauwerksspezifischer<br />

Parameterinformationen ein auf die versagensrelevanten Aspekte zugeschärftes Beschreibungsmodell<br />

gewonnen werden. Mit Hilfe dieses Modells und der anfallenden Daten aus der Bauwerksüberwachung<br />

soll eine immer präzisere Bewertung des Bauwerkszustandes und Identifizierung potentieller<br />

Schwachstellen ermöglicht werden.<br />

2.1.2 System- und Schwachstellenanalysen<br />

Fast alle heute angewendeten Sicherheitskonzepte konzentrieren sich auf die Erfassung der unterschiedlichen<br />

streuenden Einflussgrößen in den für ein Versagen maßgebenden Grenzzuständen. In<br />

den bisherigen Betrachtungen wurde davon ausgegangen, dass der tatsächliche Zustand des Bauwerks<br />

durch die deterministische und stochastische Modellbildung relativ gut beschrieben wird.<br />

Gefährdungen ergeben sich im Wesentlichen aus Streuungen der Einflussparameter und aus Modellunsicherheitent.<br />

Dabei bleiben sogenannte grobe Fehler gänzlich unberücksichtigt. Die am Bau<br />

beteiligten Menschen verursachen jedoch „grobe Fehler“, d. h. objektiv unbekannte, subjektiv unerkannte,<br />

unberücksichtigte sowie infolge unzweckmäßiger bzw. falsch angewandter Maßnahmen<br />

nicht abgewehrte Gefahren.<br />

Rund 90 % der Summe aller Bauschäden und rund 85 % der Personenschäden sind trotz Qualitätssicherungsmaßnahmen<br />

auf solche „groben Fehler“ bei der Planung, der Herstellung oder beim Betrieb,<br />

z. B. vergessene Bewehrung oder fehlerhafte Schweißnähte, zurückzuführen. Daher ist es<br />

zwingend erforderlich, diese bei den probabilistischen Analysen einzubeziehen.<br />

Die Vernachlässigung dieser Einflüsse ist vertretbar, wenn deren Auftretenshäufigkeit klein oder


A1<br />

Hosser<br />

die Auswirkungen im Vergleich zu denen der streuenden Einflussgrößen gering sind, z. B. aufgrund<br />

umfassender Qualitätssicherungsmaßnahmen oder vorhandener Redundanzen. Wenn dagegen die<br />

bekanntermaßen streuenden Einflüsse immer zutreffender erfasst werden und durch bessere Berechnungsmodelle<br />

stille Reserven abgebaut werden, gewinnen die groben Fehler trotz ihrer relativ<br />

geringen Auftretenswahrscheinlichkeit wegen des größeren Schadenpotentials immer mehr an Bedeutung.<br />

Die Methodenentwicklung musste darum im Bereich der System- und Schwachstellenanalyse<br />

dahingehend erweitert werden, dass neben zufälligen Streuungen auch Human Error modelliert<br />

und berücksichtigt werden kann.<br />

Grobe Fehler haben nicht an allen Stellen im Bauwerk die gleiche Auswirkung. Beispielsweise<br />

richten vergessene Bewehrung oder Fehlstellen im Beton an hoch ausgenutzten Stellen mehr Schaden<br />

an als im übrigen Bereich des Bauwerkes. Da auch der erfahrene Ingenieur bei komplizierten<br />

Tragwerken oder Deponiebauwerken nicht in der Lage ist, alle besonders gefährdeten Orte vorherzusagen,<br />

müsste der grobe Fehler wie eine Wanderlast über das gesamte System geschoben werden,<br />

wobei die Auswirkungen auf eine Komponente, ein Teilsystem und auf das Gesamtsystem jeweils<br />

zu berechnen sind. Diese Methode bietet sich allenfalls bei überschaubaren Bauwerken mit verhältnismäßig<br />

wenigen Komponenten an. Bei großen Bauwerken wäre der Rechenaufwand auch mit<br />

leistungsfähigen EDV-Anlagen kaum oder nur mit großem Zeitaufwand zu bewältigen. Es mussten<br />

daher Methoden entwickelt werden, mit deren Hilfe grobe Fehler mit vertretbarem Aufwand in die<br />

System- und Schwachstellenanalyse einbezogen werden können.<br />

2.1.3 Wissensbasiertes System PROBILAS<br />

Die einzelnen Module und Algorithmen zur Auffindung von Schwachstellen und zur Planung von<br />

Messungen wurden in der zweiten Förderperiode im Programmsystem PROBILAS (PRObabilistic<br />

Building Inspection and Life ASsessment) zusammengefasst. Die Struktur dieses Programms wurde<br />

in [DEHNE 2002, ARBEITSBERICHT 2000, SCHLÜTER et al. 1999 und HOSSER et al. 1999]<br />

beschrieben.<br />

Bild 1 zeigt zusammenfassend die wesentlichen Bestandteile von PROBILAS und den üblichen<br />

Ablauf des Bauwerksbewertungskreislaufes.<br />

Zunächst werden alle vorab bekannten bauwerksspezifischen Daten durch ein Graphical User-Interface<br />

an das Datenbankmodul übergeben und anschließend von dort an die Berechnungsmodule<br />

weitergeleitet. Die Ergebnisse des ersten Bewertungsschrittes werden an die Datenbank zurückgeleitet.<br />

Auf Grundlage dieser ersten Ergebnisse werden potentielle Schwachstellen und Versagenspfade<br />

identifiziert, woraufhin Sensoren für die Bauwerksüberwachung platziert werden können.<br />

Die Sensoren liefern fortlaufend neue Messdaten, die eine ständige Neubewertung des Bauwerkes<br />

erforderlich machen. Die neuen Daten werden über das Graphical User-Interface an das Updating-<br />

und Statistik-Modul übergeben und werden nach der Verknüpfung mit den älteren Informationen<br />

von dort an die Datenbank weiter geleitet.<br />

- 8 -


Bild 1 Bestandteile und Bewertungskreislauf des wissensbasierten Systems PROBILAS<br />

- 9 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

Mit dem aktualisierten stochastischen Modell wird der nächste Berechnungsschritt durchgeführt,<br />

und die neuen Ergebnisse werden an die Datenbank zurückgeleitet. Die alten Ergebnisse werden<br />

nicht überschrieben, sondern jedes Ergebnis erhält ein Datum, so dass die unterschiedlichen Bewertungsschritte<br />

jederzeit verglichen und anhand des zeitlichen Verlaufes des Sicherheitsindex �sys<br />

für das Gesamtsystem auch Trends und Entwicklungen bezüglich der Systemzuverlässigkeit abgeleitet<br />

werden können.<br />

Wesentlicher Bestandteil des wissensbasierten Systems PROBILAS ist das Graphical User-Interface,<br />

das in einer Rapid Application Development-Entwicklungsumgebung (RAD) in der Programmiersprache<br />

C++ realisiert wurde. Aufgabe dieses User-Interface ist die Ein- und Ausgabe aller<br />

bauwerksspezifischen Daten, die Weitergabe der Daten an die verschiedenen Module und die graphische<br />

Darstellung sowohl der Systemverknüpfungen als auch der Ergebnisse der Systembewertungen<br />

[DEHNE 2002].<br />

Das Datenbankmodul von PROBILAS wurde als Relational Database Management System mit dem<br />

Microsoft SQL-Server 2000 realisiert. Zur Kommunikation des Graphical User-Interface mit der<br />

Datenbank wird Open Database Connectivity (ODBC) verwendet.<br />

Bei realen Bauwerken liegen häufig sehr komplexe Systeme vor, die sich aus zahlreichen Teilsystemen<br />

zusammensetzen. Es kann in solchen Fällen vorkommen, dass bestimmte Komponenten in<br />

verschiedenen Teilsystemen auftauchen. Die Speicherstruktur als Baum erleichtert hier Änderungen<br />

und Erweiterungen der Systemverknüpfungen. Weiterhin erlaubt diese Speicherstruktur die Implementierung<br />

eines einfachen und effizienten Suchverfahrens für Teilsysteme, die von Änderungen<br />

betroffenen sind.<br />

Die Berechnung der Zuverlässigkeit für einzelne Grenzzustände und die Bestimmung der Systemzuverlässigkeit<br />

wird mit den Programmen COMREL und SYSREL durchgeführt [RCP GMBH<br />

1999a]. Dabei werden in erster Linie die vielfach bewährten Methoden FORM und SORM verwendet.<br />

Für Vergleichsrechnungen wird zusätzlich die Monte-Carlo-Simulation in Verbindung mit der<br />

Adaptive Sampling Technik genutzt. Der Start der Programme erfolgt direkt aus der PROBILAS-<br />

Umgebung heraus. Die Übergabe der notwendigen Eingabedatenfiles geschieht automatisch durch<br />

das Graphical User Interface [HOSSER et al. <strong>2003</strong>a, PEIL et al. <strong>2003</strong>, HOSSER et al. 2002].


A1<br />

Hosser<br />

Für die Berücksichtigung der sukzessiv anfallenden neuen Messdaten aus der Bauwerksüberwachung<br />

in der Systembewertung und für die Aktualisierung des stochastischen Modells der Basisvariablen<br />

wurde ein Updating- und Statistik-Modul innerhalb des wissensbasierten Systems PROBI-<br />

LAS vorgesehen. Basis dieses Modul ist das Programm STATREL [RCP GMBH 1999b], zusätzlich<br />

wurden einige Tools im Bereich Stichprobenplanung implementiert, die in der Programmiersprache<br />

C++ geschrieben wurden und den Vorgang der Systembewertung erheblich vereinfachen<br />

[DEHNE 2002].<br />

Da Korrelationen zwischen den Parametern der Grenzzustandsgleichungen einen erheblichen Einfluss<br />

auf das Ergebnis der System- und Schwachstellenanalyse haben können, wurden vorab sämtliche<br />

Parameter, für die bereits Messwerte vorliegen, mit entsprechenden Analysemethoden (Korrelationsmatrizen)<br />

daraufhin überprüft, ob und in welchem Maße untereinander Abhängigkeiten bestehen.<br />

Die entsprechenden Korrelationskoeffizienten der Basisvariablen wurden im Datenbankmodul<br />

von PROBILAS abgespeichert. Die Quantifizierung der Korrelationen aus Messwerten und die<br />

Berechnung sinnvoller zeitlicher und räumlicher Abstände zukünftiger Messungen erfolgt ebenfalls<br />

im Updating- und Statistik-Modul von PROBILAS.<br />

2.2 Angewandte Methoden<br />

2.2.1 System- und Schwachstellenanalysen<br />

Durch systematische Schadensanalysen für die im Rahmen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> untersuchten Bauwerke<br />

auf Grundlage der Auswertung langjähriger statistischer Erhebungen von Bauschäden konnten<br />

mögliche grobe Fehler erkannt, ihre Auftretenshäufigkeit abgeschätzt und ihr Einfluss auf das Bauwerksversagen<br />

bewertet werden. Dabei musste beachtet werden, dass sich die Auftretenshäufigkeiten<br />

bestimmter Fehler mit der Zeit ändern.<br />

Das Hauptaugenmerk lag dabei in der Ermittlung von Schäden aus menschlichen Fehlhandlungen,<br />

die bezogen auf den Neubau zu einem hohen Sanierungsaufwand oder sogar zum Totalabbruch des<br />

Tragwerks führten. Zu den Tragwerken zählen neben der Hauptkonstruktion auch deren Hilfskonstruktionen<br />

(Traggerüste) und Baugruben. Es konnten drei Hauptgruppen bezüglich der Schadensursachen<br />

herausgearbeitet werden, die in Tabelle 1 zusammengestellt sind und als Grundlage für die<br />

weitere Aufgliederung verwendet werden.<br />

Tabelle 1 Auswertung der Schadensanalyse<br />

Bauphase Anteil am Gesamtschaden in [%]<br />

1. Planungsfehler 43<br />

2. Ausführungsfehler 51<br />

3. Fehler in Betrieb und Wartung 6<br />

Die Schadensanalyse und Zusammenstellung der Schadensbilder aus menschlichem Fehlverhalten<br />

gliedert sich danach in die Bauphasen Planung, Ausführung und Betrieb. Zu den Planungsfehlern<br />

gehören vor allem Konstruktionsfehler und Bemessungsfehler. Fehlerhafter Einbau von Bewehrung,<br />

Betoniermängel oder fehlerhafte Schweißnähte werden den Ausführungsfehlern zugeordnet.<br />

- 10 -


- 11 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

Betriebliche Fehler sind z. B. mangelnde Bauunterhaltung oder Wartungsmängel. Die Anteile der<br />

jeweiligen Schadensbilder an den Gesamtschäden sind am Beispiel von Brückenbauwerken in Tabelle<br />

2 zusammengestellt:<br />

Tabelle 2 Auswertung der Schadensanalyse für Brückenbauwerke<br />

Art des Fehlers<br />

Anteil am Gesamtschaden<br />

in [%]<br />

1. PLANUNGSFEHLER 48,0<br />

Konstruktionsfehler 20,0<br />

- Fehleinschätzung Baugrund 2,0<br />

- Falsche Bewehrungs- und Spanngliedführung 2,0<br />

- Fehler in der konstruktiven Bauteilausbildung 10,0<br />

- Fehler im Entwurf der Bauhilfskonstruktion 6,0<br />

Bemessungsfehler 24,0<br />

- Stabilitätsprobleme 1,0<br />

- Fehler in der Belastungsermittlung 10,0<br />

- Fehler in der Schnittgrößenermittlung 6,0<br />

- Ungenügende Baustoffkenntnisse 5,0<br />

- Vernachlässigung von Montagezuständen 2,0<br />

Fehler in der Bauablaufplanung 2,0<br />

Fehler in der Wartungsplanung 2,0<br />

2. AUSFÜHRUNGSFEHLER 48,0<br />

Montagefehler 5,0<br />

Fehler bei Betonherstellung und -einbau 13,0<br />

Fehler beim Einbau von Bewehrung und Spanngliedern 17,0<br />

Fehlerhafte Schweißnähte 2,0<br />

Fehlerhafte Bauwerksabdichtung 4,0<br />

Fehler in Bauhilfskonstruktionen 7,0<br />

- Ausführungsfehler 2,0<br />

- Bedienungsfehler 1,0<br />

- Mangelnde Koordination zwischen Planung und Ausführung 4,0<br />

3. Fehler in Betrieb und Wartung 4,0<br />

Fehlerhafter Korrosionsschutz 2,0<br />

Fehlerhaftes Wartungsgerät 1,0<br />

Fehler im Arbeitsablauf 1,0


A1<br />

Hosser<br />

Bei der System- und Schwachstellenanalyse werden grobe Fehler als Totalausfall einer Komponente<br />

modelliert. Anstelle der Grenzzustandsfunktion der Systemkomponente i wird dabei eine<br />

standardnormalverteilte Basisvariable �i im stochastischen Modell berücksichtigt, die eine Ausfallwahrscheinlichkeit<br />

pi � 1 ergibt, z. B.<br />

pi = � (-�i) = 0,999 � �i = -3.<br />

Dies wird systematisch nacheinander bei allen Komponenten i durchgeführt, die durch den jeweiligen<br />

groben Fehler betroffen sein könnten. Indem der Sicherheitsindex �sys für das Gesamtsystem<br />

zwischen allen Rechenläufen verglichen wird, lässt sich ersehen, ob der bei der jeweiligen Komponente<br />

angenommene grobe Fehler die Systemversagenswahrscheinlichkeit maßgeblich erhöht. Nur<br />

die Stellen, bei denen der grobe Fehler sich maßgeblich auf die Systemzuverlässigkeit auswirkt,<br />

werden diesbezüglich genauer untersucht. Hierfür wurden geeignete Indikatoren für die groben<br />

Fehler zusammengestellt. Dies sind messbare Größen, z. B.<br />

� Auflagerverdrehungen und<br />

� Stützensenkungen,<br />

die Aufschluss darüber geben, ob ein bestimmter Bauwerksteil tatsächlich durch den jeweiligen<br />

groben Fehler geschädigt sein könnte.<br />

2.2.2 Wissensbasiertes System PROBILAS<br />

Das wissensbasierte System PROBILAS basiert auf der Verknüpfung verschiedener Module, unter<br />

denen die einzelnen Aufgaben wie Dateneingabe, -verwaltung und –verarbeitung aufgeteilt sind<br />

(siehe Bild 1). Im Datenbankmodul erfolgt die Datenverwaltung über ein Relational Database Management<br />

System (RDBMS) auf Grundlage des Microsoft SQL-Server 2000. Dieser verbindet eine<br />

Datenbankverwaltung mit vor- und benutzerdefinierten Datenbankfunktionen und bietet so umfangreiche<br />

Möglichkeiten für die Entwicklung komplexer Datenbanksysteme. Dies wird durch eine benutzerfreundliche<br />

grafische Bedienungsoberfläche (GUI) unterstützt.<br />

Kern des Datenbanksystems ist eine SQL-Datenbank, in der alle von PROBILAS verwendeten Daten<br />

in Tabellen gespeichert sind. Die einzelnen Datenbanktabellen sind über Fremdschlüssel (Foreign<br />

Keys) miteinander verbunden, um die Eingabe unzulässiger Werte zu verhindern und somit<br />

die Datenbankintegrität zu gewährleisten.<br />

Bild 2 zeigt eine Übersicht über die Struktur der PROBILAS-Datenbank. Diese lässt sich logisch in<br />

vier Bereiche gliedern:<br />

� Projektebene,<br />

� System- und Komponentenebene,<br />

� LSF-Ebene (LSF: Limit State Function – Grenzzustandsgleichung) und<br />

� Parameterebene.<br />

Die Projektebene dient hauptsächlich dazu, die Systeme bzw. Komponenten und die Parameter der<br />

Grenzzustandsgleichungen eindeutig dem jeweiligen Projekt zuzuordnen. Darüber hinaus werden<br />

hier die Berechnungsergebnisse (z. B. Sicherheitsindizes �) der einzelnen Projekte gespeichert.<br />

- 12 -


- 13 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

In der System- und Komponentenebene werden alle im logischen Modell der Projekte vorhandenen<br />

Systeme und Komponenten gespeichert. Hier wird auch die Struktur des Fehlerbaumes abgelegt.<br />

Die LSF-Ebene speichert die Grenzzustandsgleichungen für die Komponenten und listet die zugehörigen<br />

Parameter auf.<br />

In der Parameterebene werden die Parameter mit ihren ggf. zugehörigen Messwerten, statistischen<br />

Verteilungen, stochastischen Momenten, Wichtungsfaktoren �i und untereinander bestehenden Korrelationen<br />

gespeichert. Für jeden Parameter lassen sich mehrere dieser Werte verwenden, die dann<br />

durch den Berechnungszeitpunkt unterschieden werden können.<br />

Die theoretische maximale Anzahl der in der Datenbank gespeicherten Projekte hängt lediglich vom<br />

verfügbaren Speicherplatz ab.<br />

Die Dateneingabe erfolgt über das Managementmodul (Graphical User Interface) von PROBILAS.<br />

Dabei handelt es sich um eine mit der RAD-Entwicklungsumgebung C++ Builder 6 erstellte graphische<br />

Benutzeroberfläche. Diese führt den Benutzer durch den typischen Ablauf einer Berechnung.<br />

Die einzelnen Arbeitsschritte sind durch Tabs sortiert. Es können neue Projekte erstellt oder vorhandene<br />

geladen und weiter bearbeitet werden. Zuerst wird das logische Modell des betrachteten<br />

Systems in der Grundform eingegeben, wofür Fehlerbäume verwendet werden. Dazu werden die<br />

Systeme und Komponenten auf der Arbeitsfläche des Programms erstellt und benutzerfreundlich<br />

zum Fehlerbaum verbunden. Änderungen werden sofort in der Datenbank registriert. Nun können<br />

die Grenzzustandsgleichungen für die zuvor definierten Komponenten eingegeben werden. Aus den<br />

Fehlerbäumen werden mit Hilfe der Booleschen Algebra die minimalen Schnittmengen erzeugt, die<br />

der verwendete FORM– bzw. SORM-Algorithmus zur Lösung des Systemzuverlässigkeitsproblems<br />

benötigt.<br />

Im nächsten Schritt werden die benötigten Parameter definiert und den entsprechenden Grenzzustandsgleichungen<br />

zugeordnet. Für jeden Parameter können ggf. vorhandene Messwerte eingelesen<br />

und mit den integrierten Hilfsmitteln der deskriptiven Statistik weiterverarbeitet werden. Dies beinhaltet<br />

z. B. die Berechnung von Mittelwert, Standardabweichung und Korrelationen zwischen den<br />

Parametern. Aus diesen Werten lässt sich auch eine Eingabedatei für das Updating-Modul von<br />

PROBILAS erstellen.<br />

Für die Systemzuverlässigkeitsanalyse können die gewünschten Grenzzustandsgleichungen der<br />

Komponenten und Momente der Parameter ausgewählt werden. Daraus lässt sich dann automatisch<br />

eine Eingabedatei für das Berechnungsmodul von PROBILAS erstellen. Die Berechnungen werden<br />

größtenteils von kommerziellen Programmen vorgenommen. Dazu wird z. B. die RCP-Software<br />

COMREL und SYSREL unterstützt [RCP GMBH 1999a]. Für diese Programme können in PRO-<br />

BILAS Eingabedateien konzipiert und übergeben werden. Die Ergebnisdatei des jeweils verwendeten<br />

Programms wird anschließend wieder eingelesen und die berechneten Werte werden in das<br />

Datenbankmodul übernommen.


A1<br />

Hosser<br />

Bild 2 Struktur des Datenbankmoduls von PROBILAS<br />

2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

2.3.1 System- und Schwachstellenanalysen<br />

Die relevanten Schwachstellen eines Systems werden mit Hilfe der Methoden der<br />

Zuverlässigkeitstheorie (FORM/SORM) anhand der Sicherheitsindizes (�-Werte) identifiziert,<br />

wobei auch der Einfluss grober Fehler berücksichtigt werden kann. Die für ein Versagen<br />

maßgeblichen Parameter können anhand der Sensitivitäten (�i-Werte) ermittelt werden. Die<br />

entsprechenden probabilistischen Berechnungen laufen innerhalb des wissensbasierten Systems<br />

PROBILAS ab. Die wesentlichen Ergebnisse sollen anhand der Systemzuverlässigkeitsanalyse für<br />

ein Ersatzbauwerk von TP C2 (Budelmann) erläutert werden [HOSSER et al. <strong>2003</strong>b].<br />

- 14 -


- 15 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

In dem hier vorgestellten Anwendungsbeispiel werden Spannelemente systematisch korrosiv<br />

beansprucht. Es handelt sich um einfach ausgebildete und instrumentierte Spannbetonplattenstreifen,<br />

die im Spannbettverfahren mit teilweiser Vorspannung hergestellt wurden. Für die Systemzuverlässigkeitsanalyse<br />

wurde ausschließlich der Tragfähigkeitsverlust des Bauwerks durch Spannstahlbruch<br />

infolge fortgesetzter Chloridkorrosion betrachtet.<br />

Es wurden Methoden zur Identifizierung der maßgebenden Schwachstellen und Versagenspfade<br />

bei Spannbetonbauteilen infolge Chloridkorrosion entwickelt, die im Folgenden vorgestellt werden<br />

sollen.<br />

Querschnitt<br />

Mitte Stab 4<br />

Ansicht<br />

F Beaufschlagungsfläche<br />

F<br />

12<br />

5<br />

7<br />

85 80<br />

7 7 7 7<br />

250<br />

275 cm<br />

35 cm<br />

Bild 3 Spannbetonersatzbauwerk von TP C2<br />

85<br />

12<br />

12 5<br />

4 Spanndrähte,<br />

Ø 7mm, l=2,95m<br />

nom c = 3,7cm<br />

Bei dem in Bild 3 dargestellten Ersatzbauwerk werden zwei Grenzzustände betrachtet. Zum einen<br />

das Überschreiten einer kritischen Chloridkonzentration, zum anderen das Versagen des Spanndrahtes<br />

durch korrosionsbedingten Querschnittsverlust. Das Bauteil versagt noch nicht notwendigerweise<br />

beim Bruch eines einzelnen Spanndrahtes, weil Umlagerungsmöglichkeiten auf andere<br />

Bereiche bestehen, jedoch beim Versagen weiterer Spanndrähte. Es liegt also ein systematischer<br />

Zusammenhang mit logischen Verknüpfungen vor, da das Bauteil gegebenenfalls erst nach Überschreitung<br />

mehrerer Grenzzustände versagt.<br />

Die möglichen Versagenspfade wurden auf der Grundlage von Ereignisablaufdiagrammen identifiziert<br />

(siehe Bild 4). Beim vorliegenden Ersatzbauwerk existieren nur wenige mögliche Versagenspfade.<br />

Der wahrscheinlichste Pfad lässt sich in diesem Fall auch ohne Zuverlässigkeitsbetrachtung<br />

aus der ingenieurmäßigen Anschauung heraus leicht vorhersagen. Bei einem komplexen Bauwerk<br />

liegt die Anzahl der möglichen Versagenspfade jedoch um ein Vielfaches höher. Der wahrscheinlichste<br />

Pfad lässt sich dann nur noch durch systematische Untersuchungen ermitteln. Die vorgenommene<br />

Systembewertung des Ersatzbauwerkes mit Hilfe der Berechnungsmethode SORM dient<br />

der Erprobung dieser Vorgehensweise.<br />

12<br />

35<br />

4


A1<br />

Hosser<br />

Die Systemzuverlässigkeitsanalyse erfordert stets die Verknüpfung des logischen Modells der Systemkomponenten<br />

und der stochastischen Eigenschaften der streuenden Einflussgrößen mit einem<br />

geeigneten physikalischen Modell - hier für den Chlorideindringvorgang und den korrosiven Abtrag<br />

der Spanndrähte. Für die Beschreibung des Chlorideindringvorgangs wird das 2. Fick’sche Diffusionsgesetz<br />

verwendet.<br />

Bild 4 Ereignisablaufdiagramm für das Versagen des Spannbetonersatzbauwerkes<br />

Ein korrosiver Angriff auf den Spanndraht findet statt, wenn eine kritische Chloridkonzentration<br />

überschritten wird und gleichzeitig alle anderen korrosionsauslösenden Bedingungen (Feuchte,<br />

Sauerstoff etc.) erfüllt sind. Ein Spanndraht versagt, wenn die vorhandene Zugkraft die durch den<br />

lokalen, korrosionsbedingten Querschnittsverlust des Spanndrahtes reduzierte aufnehmbare Zugkraft<br />

übersteigt. Die entsprechenden Grenzzustandsgleichungen sind in [Hosser et al. <strong>2003</strong> b] aufgeführt<br />

und erläutert.<br />

Die Aufstellung von Grenzzustandsgleichungen gestaltet sich im vorliegenden Fall relativ einfach,<br />

weil das mechanische Modell geschlossene lineare Gleichungen verwendet. Wenn das nicht der Fall<br />

ist, z. B. bei nichtlinearen Differentialgleichungssystemen oder FE-Modellen, kann das Antwortflächenverfahren<br />

(Response Surface Method) angewendet werden. Dabei wird mittels verschiedener<br />

Algorithmen aus einigen mit dem jeweiligen Modell (z. B. FE-Modell) errechneten Punkten, die als<br />

Stützstellen dienen, eine sogenannte Antwortfläche entwickelt. Diese Antwortfläche soll sich der<br />

wirklichen, unbekannten Funktion zumindest im sogenannten Bemessungspunkt optimal annähern<br />

und wird als Grenzzustandsgleichung verwendet.<br />

Zur Generierung der Antwortfläche existieren verschiedene Ansätze. Bei der Polynomapproximation,<br />

dem bekanntesten Verfahren, wird im n-dimensionalen Raum eine Grenzzustandsgleichung<br />

mittels eines Polynoms n-ten Grades approximiert. Dafür werden exakt n + [n � (n + 1)] / 2 Punkte<br />

der unbekannten Grenzzustandsgleichung benötigt.<br />

- 16 -


- 17 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

Mit Hilfe des wissensbasierten Systems PROBILAS werden nun die Versagenspfade, das stochastische<br />

Modell der Basisvariablen und die Grenzzustände effizient verwaltet und weiterverarbeitet.<br />

Der auf Grundlage des Ereignisablaufdiagramms (Bild 4) entstehende Fehlerbaum wird über das<br />

Graphical User Interface in PROBILAS eingegeben.<br />

Bild 5 Eingabemaske für den Fehlerbaum von PROBILAS<br />

Im nächsten Schritt werden die oben erläuterten Grenzstandsgleichungen für die jeweiligen Systemkomponenten<br />

eingegeben. Schließlich erfolgt die Zuordnung der statistischen Verteilungen zu<br />

den entsprechenden Basisvariablen der Grenzzustandsgleichungen. Nähere Angaben zum stochastischen<br />

Modell der hier vorkommenden Einflussgrößen sind in [Hosser et al. <strong>2003</strong>b] aufgeführt. Vorhandene<br />

Messwerte für die Einflussgrößen werden über ihr Datum in PROBILAS verwaltet.<br />

Nachdem alle notwendigen Eingaben in PROBILAS eingepflegt wurden (siehe Bild 6 und Bild 7),<br />

wird automatisch die Eingabedatei für das Programm SYSREL [RCP GMBH 1999a] erzeugt (siehe<br />

Bild 8), wobei jeweils die aktuellsten Daten übergeben werden. Nach Berechnung der Systemversagenswahrscheinlichkeiten,<br />

Sicherheitsindizes und Wichtungsfaktoren �i werden diese an PRO-<br />

BILAS zurückgegeben.<br />

Die Berücksichtigung der sukzessive anfallenden neuen Messdaten aus der Bauwerksüberwachung<br />

in der Systembewertung und die Aktualisierung des stochastischen Modells der Basisvariablen erfolgt<br />

über das Updating- und Statistik-Modul in PROBILAS. In den wesentlichen Teilen beruht<br />

dieses Modul auf dem Programm STATREL [RCP GMBH 1999b], es wurden jedoch zusätzlich<br />

einige nützliche Tools implementiert, welche den Vorgang der Systembewertung erheblich vereinfachen.<br />

Dabei handelt es sich z. B. um die Erstellung von Stichprobenplänen für die Variablenprüfung.


A1<br />

Hosser<br />

Bild 6 Eingabe der Grenzzustandsgleichungen in PROBILAS<br />

Bild 7 Zuordnung der Verteilungen und Einheiten<br />

- 18 -


Bild 8 Übergabe des Eingabefiles an SYSREL [RCP GMBH 1999a]<br />

- 19 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

Durch Vergleich des Sicherheitsindex � der verschiedenen Versagenspfade zu bestimmten Zeitpunkten<br />

lässt sich erkennen, auf welche Weise das Bauteil am wahrscheinlichsten versagt. In diesem<br />

Fall hat sich der Versagenspfad 1 als maßgebend herausgestellt. Dies deckt sich absolut mit der<br />

ingenieurmäßigen Annahme. Die Sicherheitsindizes � der anderen Versagenspfade deuten aufgrund<br />

ihrer hohen Beträge darauf hin, dass sie bezüglich der Zuverlässigkeit des Systems praktisch keine<br />

Rolle spielen und daher vernachlässigbar sind.<br />

Bezüglich der Planung der Bauwerksüberwachungsmaßnahmen bedeutet dies, dass die Sensoren<br />

bevorzugt an den zu Versagenspfad 1 gehörenden Spanndrähten platziert werden müssen.<br />

Zusätzlich wurde anhand des Spannbetonersatzbauwerkes der Einfluss grober Fehler auf die Systemzuverlässigkeitsanalyse<br />

betrachtet. Als grober Fehler wurde hier das Vergessen eines der vier<br />

Spanndrähte vorausgesetzt. Jeder Spanndraht wurde dazu innerhalb der Systemzuverlässigkeitsberechnung<br />

als eine Systemkomponente angesetzt. Die Ergebnisse der Berechnung bestätigen bei diesem<br />

sehr einfachen Beispiel die ingenieurmäßige Anschauung, dass sich der grobe Fehler hier am<br />

stärksten bei den außenliegenden Drähten auswirkt. Als Indikator für den groben Fehler wurde die<br />

Durchbiegung gewählt.<br />

Die Ergebnisse der Berechnung der Zuverlässigkeit bezüglich der maßgebenden Grenzzustände<br />

wurde mit der Monte-Carlo-Simulation in Verbindung mit der Adaptive Sampling Technik überprüft.<br />

Dabei zeigte sich, dass schon bei einer verhältnismäßig geringen Anzahl von 1000 Rechenläufen<br />

sehr gute Übereinstimmungen mit den Ergebnissen der Methoden FORM und SORM erreicht<br />

werden.


A1<br />

Hosser<br />

Bild 9 Vergleich der Sicherheitsindizes der verschiedenen Versagenspfade und zeitliche Entwicklung<br />

Anhand der absoluten Beträge der Wichtungsfaktoren �i als Ergebnisbestandteil der Systemzuverlässigkeitsberechnung<br />

lässt sich ersehen, welche Modellgrößen den stärksten Einfluss auf die Zuverlässigkeit<br />

haben. Wie in Bild 10 zu erkennen, handelt es sich dabei um die Ersatztiefe und die<br />

Betondeckung. Der Streuungseinfluss der übrigen 10 Modellgrößen ist so gering, bzw. ihre Wichtungsfaktoren<br />

sind so klein, dass sie sich in dem Diagramm (Bild 10) nicht mehr darstellen lassen.<br />

Bild 10 Wichtungsfaktoren �i<br />

- 20 -


2.3.2 Wissensbasiertes System PROBILAS<br />

- 21 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

Ein wesentlicher Bestandteil des wissensbasierten Bauwerksüberwachungssystem PROBILAS ist<br />

das Datenbankmodul, welches u. a. für die Verwaltung der Messwerte verwendet wird. Im Folgenden<br />

soll diese Messwertverwaltung anhand der Systemzuverlässigkeitsanalyse für ein Deponiebauwerk<br />

in Kooperation mit den Teilprojekten B5 (Hempel, Haarstrick), B6 (Dinkler, Ahrens) und D1<br />

(Fricke, Collins) dargestellt werden.<br />

Als Versagen wurde hier der Stillstand der Abbauvorgänge innerhalb des Deponiekörpers betrachtet,<br />

weil ein sukzessiver Abbau der möglichen Giftstoffe wünschenswert ist. Versagen äußert sich in<br />

diesem Fall durch die Unterschreitung bestimmter Gasbildungsraten. Bei der Auffindung der für die<br />

Systemzuverlässigkeit maßgebenden Versagenspfade wurden über eine Vielzahl von Ereignisablaufdiagrammen<br />

sämtliche Szenarien betrachtet, die zu einer Reduzierung der Abbauvorgänge führen<br />

könnten. Ähnlich wie bei Teilprojekt C2 (Budelmann, Rostásy) wurden dann die maßgebenden<br />

Pfade durch Systemzuverlässigkeitsbetrachtungen mit der Methode FORM ermittelt. Einzelheiten<br />

sind in [HOSSER et al. <strong>2003</strong>a] beschrieben.<br />

Bild 11 Mögliche Ereignisabläufe und Versagenspfade in Deponien<br />

Die Untersuchung der möglichen Versagenspfade dauert zur Zeit noch an. Erste Ergebnisse zeigen,<br />

dass die Systemkomponente „Wasserhaushalt“ sich stark auf die Systemzuverlässigkeit auswirkt.<br />

Weiterhin stellte sich anhand der Wichtungsfaktoren �i heraus, dass bei allen Grenzzuständen bezüglich<br />

der Bildung von Methan und Kohlendioxid die Basisvariable TOC den maßgebenden Einfluss<br />

auf die Zuverlässigkeit hat. Die Temperatur kann dagegen im Rahmen der Zuverlässigkeitsbetrachtungen<br />

vernachlässigt werden.<br />

Nach der in [HOSSER et al. <strong>2003</strong>a] beschriebenen ersten Systembewertung können potentielle<br />

Schwachstellen identifiziert und die Sensoren für die Deponieüberwachung dort bevorzugt platziert<br />

werden. Die Sensoren liefern sukzessive neue Messdaten, die eine fortlaufende Neubewertung des<br />

Deponiebauwerkes ermöglichen.


A1<br />

Hosser<br />

Bild 12 Messwertverwaltung in PROBILAS<br />

Aufgrund der bislang relativ geringen Datengrundlage im Deponiebereich müssen hier für die Definition<br />

des stochastischen Modells der verwendeten Basisvariablen vermehrt Expertenaussagen und<br />

Eckwerte aus einschlägigen Veröffentlichungen herangezogen werden. Diese Daten können die<br />

speziellen Verhältnisse im Einzelfall nicht ausreichend genau wiedergeben. Sie können jedoch als<br />

Vorinformation bzw. als a priori-Verteilung im Sinne der Bayesschen Statistik verwendet werden.<br />

Zusammen mit einer auf der jeweils betrachteten Deponie durchgeführten Messung relativ geringen<br />

Umfangs kann daraus nach dem Satz von Bayes eine posteriori-Verteilung definiert werden, welche<br />

die tatsächlichen Verhältnisse bezüglich der jeweiligen Basisvariable in der Regel zufriedenstellend<br />

wiedergibt. Die neuen Messdaten werden über das User-Interface an das Updating-Modul übergeben<br />

und von dort an das Datenbankmodul weiter geleitet.<br />

Bild 13 a priori und a posteriori Verteilungsdichte<br />

- 22 -


- 23 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

Mit dem aktualisierten stochastischen Modell kann dann der nächste Bewertungsschritt durchgeführt<br />

werden und die Sensoren werden ggf. neu platziert.<br />

2.4 Zusammenarbeit im <strong>SFB</strong><br />

Die Arbeiten in der laufenden Förderperiode waren und sind durch umfangreiche Kooperationen<br />

mit den am <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> beteiligten Teilprojekten geprägt. Diese Aktivitäten dienten dabei zum einen<br />

als Erprobungsfeld für die Eigenentwicklungen des TP A1 (Hosser) und zum anderen im beträchtlichen<br />

Maße als Serviceleistung und Hilfestellung für die anderen Teilprojekte.<br />

So wurde im Arbeitsbereich Konstruktiver Ingenieurbau gemeinsam mit dem Teilprojekt C2 (Budelmann,<br />

Rostásy) ein Spannbetonersatzbauwerk im Hinblick auf mögliche Versagenspfade und<br />

den Einfluss grober Fehler untersucht. Künftig werden speziell auf die Bedürfnisse von TP A1 abgestimmte<br />

Ersatzbauwerke benutzt, um die vorhandenen Methoden der System– und Schwachstellenanalyse<br />

zu erproben. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Anwendung der Modellansätze für<br />

grobe Fehler und der Beobachtung der Auswirkungen auf Indikatoren. Hierzu werden in den Stahlbeton-<br />

und Spannbetonersatzbauwerken (Concerto und Duett) grobe Fehler, z. B. vergessene Bewehrung<br />

oder fehlende Spannglieder, gezielt „eingebaut“.<br />

Die Anwendung von PROBILAS wird künftig auch auf reale Bauwerke ausgedehnt werden. Hier<br />

liegt der Schwerpunkt auf der Anwendung der im Arbeitsbereich „System- und Schwachstellenanalyse“<br />

zu entwickelnden Methoden für die logische Modellierung realer komplexer Systeme und<br />

der Untersuchung grober Fehler bei komplexen Bauwerken.<br />

In Zusammenarbeit mit dem TP B3 (Peil) wurden die Methoden zum Auffinden von Schwachstellen<br />

am Beispiel von Stahlbauwerken erprobt. Weiterhin wurden im Rahmen der gemeinsamen Arbeiten<br />

die Modellgrößen mit dem größten Einfluss auf die Zuverlässigkeit ermittelt, um zum einen<br />

die Berechnungen zu vereinfachen und zum anderen die Messungen auf die sensitiven Größen zu<br />

fokussieren. In der nächsten Förderperiode soll eine nicht mehr im Betrieb befindliche Stahlbrücke<br />

in der Umgebung von Braunschweig in die Untersuchungen einbezogen werden. Dabei soll auch<br />

die Veränderung des Systems nach Auftreten der ersten Schädigung untersucht werden.<br />

In Kooperation mit der Deponiegruppe (TP B5 (Hempel, Haarstrick), B6 (Dinkler, Ahrens) und D1<br />

(Fricke, Collins)) wurden mögliche Versagenspfade in Deponien untersucht. Wie bei der Kooperation<br />

mit Teilprojekt B3 (Peil) mussten auch hier die unbekannten Grenzzustandsfunktionen mit<br />

Hilfe der Response Surface Methode durch Antwortflächen angenähert werden. Neben der Betrachtung<br />

des Stillstands der Abbauvorgänge im Inneren des Deponiekörpers als Grenzzustand im<br />

biologisch/chemischen Sinne werden die Untersuchungen künftig auf das mechanische Verhalten<br />

des Müllkörpers (z. B. Spannungs-Verformungsverhalten) ausgedehnt.<br />

Bislang wurden in der Systembewertung lediglich kleine Ausschnitte des Deponiekörpers betrachtet.<br />

Bei der bereits in der laufenden Förderperiode untersuchten Deponie in Wolfsburg soll nun eine<br />

Zuverlässigkeitsbetrachtung für das gesamte Deponiebauwerk durchgeführt werden.


A1<br />

Hosser<br />

2.5 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong><br />

Parallelen zum Inhalt des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> ließen sich auf dem Workshop „Life-Cycle Cost Analysis and<br />

Design of Civil Infrastructure Systems“ des Joint Committee on Structural Safety (JCSS) im März<br />

<strong>2003</strong> in Lausanne erkennen. Dort ging es ähnlich wie bei der Kooperation der Teilprojekte A1<br />

(Hosser) und C2 (Budelmann, Rostásy) u. a. um die probabilistische Modellierung von Schädigungsprozessen<br />

bei Betonbauwerken.<br />

Auf der International Conference on Structural Safety and Reliability (ICOSSAR) im Juni <strong>2001</strong> in<br />

Newport Beach, Kalifornien war eine ganze Sitzung dem Thema „Structural Reliability and Optimization“<br />

gewidmet. Im Rahmen der Konferenz wurden viele Themen behandelt, die in engem Zusammenhang<br />

zum <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> stehen, z. B. „Stochastic Finite Elements“, „Stochastic Non-linear<br />

Analysis“, Reliability Analysis“, „New Developments in FORM/SORM and Response Surfaces“<br />

und „Reliability, Planning and Costs“.<br />

Die Task Group 5.1 „Monitoring and Safety Evaluation of Existing Concrete Structures“ der<br />

Fédération Internationale du Béton (fib) wertet weltweit Monitoring-Maßnahmen für existierende<br />

Betonbauwerke aus und plant Sicherheitsbewertungen aufgrund von Messergebnissen und probabilistischen<br />

Berechnungen, um Lebensdauervorhersagen treffen zu können. Durch Sensitivitätsanalysen<br />

werden die maßgeblichen Einflussparameter identifiziert und die probabilistischen Beurteilungen<br />

werden genutzt, um die deterministischen Modelle zu verfeinern [FIB <strong>2003</strong>, BERGMEISTER<br />

et al. <strong>2001</strong>].<br />

Im Rahmen des <strong>SFB</strong> 398 „Lebensdauerorientierte Entwurfskonzepte und Schädigungs- und Deteriorationsaspekte“<br />

entwickelt das Teilprojekt C-1 einen „Prototyp eines Konzeptes zur schädigungsorientierten<br />

Restlebensdauerermittlung räumlicher Stahlbetonkonstruktionen unter Betriebsbedingungen<br />

und Sondereinwirkungen“. Die probabilistischen Schädigungsaspekte werden über die<br />

Lebensdauer simuliert. In Verbindung mit dem Teilprojekt C-5 „Paralleles/verteiltes Entwurfssystem<br />

für die lebensdauerorientierte Auslegung von Tragwerken unter Berücksichtigung von Schädigungen“<br />

erfolgt die Zuverlässigkeitsermittlung. Das Entwurfssystem beinhaltet ein Sicherheits- und<br />

Zuverlässigkeitsmodell. Dabei wird im Wesentlichen auf Monte-Carlo-Simulationsverfahren zurückgegriffen.<br />

Im <strong>SFB</strong> 524 „Werkstoffe und Konstruktionen für die Revitalisierung von Bauwerken“ werden<br />

ebenfalls probabilistische Methoden angewendet. So arbeitet das Teilprojekt A-1 „Stochastische<br />

Modellierung und Schädigungsanalyse bestehender Tragwerke“ mit Verfahren, die auf der Zuverlässigkeitstheorie<br />

I. Ordnung beruhen. Im Teilprojekt A-3 „Sicherheit und Modellbildung wird die<br />

Monte-Carlo-Simulation zur Berechnung von Versagenswahrscheinlichkeiten eingesetzt. Der<br />

Schwerpunkt des <strong>SFB</strong> 524 liegt aber auf bestehenden Bauwerken. [<strong>SFB</strong> 525 <strong>2001</strong>].<br />

2.6 Offene Fragen<br />

2.6.1 System- und Schwachstellenanalyse<br />

Die Methoden der System- und Schwachstellenanalyse wurden bislang lediglich bei relativ einfachen<br />

Systemen mit überschaubaren logischen Verknüpfungen angewendet. Der wahrscheinlichste<br />

Versagenspfad ließ sich hier häufig schon aus der ingenieurmäßigen Anschauung heraus identifizieren.<br />

Bei komplexen Systemen dagegen liegt die Anzahl der möglichen Versagenspfade um ein Vielfaches<br />

höher. Der kritische Pfad lässt sich in solchen Fällen nur noch durch systematische Untersu-<br />

- 24 -


- 25 -<br />

A1<br />

Hosser<br />

chungen festlegen. Generell könnten hier die gleichen Methoden verwendet werden, die sich bei der<br />

Erprobung an den im <strong>SFB</strong> behandelten Ersatzbauwerken bewährt haben. Der dafür nötige Zeitaufwand<br />

nimmt jedoch bei größer werdender Anzahl von möglichen Versagenspfaden stark zu. Daher<br />

müssen für die unterschiedlichen Bauwerkstypen Ansätze entwickelt werden, mit deren Hilfe bereits<br />

vor der Durchführung der System- und Schwachstellenanalyse die Anzahl der zu untersuchenden<br />

Pfade auf eine relativ geringe Anzahl relevanter Pfade reduziert wird.<br />

Der Einfluss des Human Error auf die Systembewertung wurde bislang ebenfalls nur an den relativ<br />

einfach strukturierten Ersatzbauwerken mit einfachen Modellansätzen untersucht. Auch in diesem<br />

Bereich sollen die Berechnungen auf reale Bauwerke ausgedehnt und ggf. die Modelle erweitert<br />

werden.<br />

2.6.2 Wissensbasiertes System PROBILAS<br />

Der Vorgang der stetigen inhaltlichen Ergänzung des Datenbankmoduls von PROBILAS muss auch<br />

in der beantragten Förderperiode fortgesetzt werden. Dies betrifft sowohl das Zusammentragen von<br />

Parameterinformationen als auch die Sammlung von Grenzzuständen und möglichen Versagenspfaden.<br />

Insbesondere im Deponiebereich mussten für die Definition des stochastischen Modells aufgrund<br />

der dort bislang relativ geringen Datengrundlage vermehrt Expertenaussagen und Eckwerte<br />

aus einschlägigen Veröffentlichungen herangezogen werden.<br />

Die Anwendung des wissensbasierten Systems PROBILAS in der Bauwerksüberwachungspraxis<br />

setzt nach dem derzeitigen Stand des Programms trotz des bedienerfreundlich konzipierten Graphical<br />

User Interface intensive Vorkenntnisse des Nutzers voraus. Um auch dem BÜ-Ingenieur ohne<br />

umfangreiche Kenntnisse in der Zuverlässigkeits- und Systemtheorie den Einstieg in die Materie<br />

der Systembewertung zu erleichtern, müssen Beispiele für unterschiedliche Bauwerkstypen in<br />

PROBILAS integriert werden, die vom künftigen Anwender als „Defaultdatensatz“ verwendet und<br />

auf die im Einzelfall vorhandenen speziellen Gegebenheiten hin ergänzt werden können.<br />

2.7 Literatur<br />

ARBEITSBERICHT <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, Teilprojekt A1, 2000<br />

HOSSER, D., SCHLÜTER, H.-J., 1999, Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung<br />

und Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen, Institut für Baustoffe, Massivbau<br />

und Brandschutz, Braunschweig, Heft 144, 281-282<br />

SCHLÜTER, H.-J., HOSSER, D., 1999, Reliability-Based Planning and Assessment of Structural<br />

Monitoring in Safety and Reliability, Proceedings of ESREL `99 –The Tenth European Conference,<br />

Munich, Germany, 13-19 September. Rotterdam: Balkema, 545-550<br />

RCP GMBH, 1999a, STRUREL, a Structural Reliability Analysis Program-System, COMREL &<br />

SYSREL, Users Manual. München<br />

RCP GMBH, 1999b, STRUREL, a Structural Reliability Analysis Program-System, STATREL Users<br />

Manual. München<br />

BERGMEISTER et al., <strong>2001</strong>, Global Monitoring Concepts for Bridges, Structural Concrete,<br />

2. Jahrgang, März <strong>2001</strong>, Heft 1, Seite 29-39


A1<br />

Hosser<br />

FIB, <strong>2003</strong>, Monitoring and Safety Evaluation of Existing Concrete Structures, State-of-Art Report,<br />

FIB Bulletin 22, Task Group 5.1., fib, March <strong>2003</strong><br />

<strong>SFB</strong> 525, <strong>2001</strong>, Berichtskolloquium 08.+09.November <strong>2001</strong>, Weimar<br />

2.8 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />

Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahren.<br />

Bücher und Zeitschriften:<br />

HOSSER, D., DEHNE, M., HEMPEL, D. C., HAARSTRICK, A., MEIMA, J. A., <strong>2003</strong>a, Weak<br />

Point Analysis of Municipal Landfill Structures Using Adaptive Monitoring, Waste Management,<br />

eingereicht <strong>2003</strong><br />

HOSSER, D., BUDELMANN, H., DEHNE, M., HARIRI, K., HOLST, A., <strong>2003</strong>b, Monitoring und<br />

Schwachstellenidentifizierung bei Spannbetonbauwerken, Beton- und Stahlbetonbau, 98. Jahrgang,<br />

April <strong>2003</strong>, Heft 4, Seite 217 – 226<br />

HOSSER, D., DEHNE, M., AHRENS, H., KINDLEIN, J., 2002, Simplification of the modelling of<br />

processes in landfills using the methods of reliability theory, Waste Management & Research 21-1,<br />

UK <strong>2003</strong>, p. 119 – 126<br />

DEHNE, M., 2002, PROBILAS – PRObabilistic Building Inspection and Life ASsessment. User´s<br />

Manual. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz, TU Braunschweig<br />

ARBEITSBERICHT <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, Teilprojekt A1, 2000<br />

Kongressbeiträge:<br />

DEHNE, M., HOSSER, D., 2002, Schutzziele, Brandszenarien und Sicherheitsanforderungen für<br />

den Brandschutz am Beispiel des Industriebaus. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz,<br />

iBMB, TU Braunschweig Heft 163, S. 131-156<br />

PEIL, U., HOSSER, D., FRENZ, M., DEHNE, M., <strong>2003</strong>, Life Time Estimation of Steel Structures<br />

and Assessment of Critical Details. International Conference on Structural Faults and Repair, 10 th<br />

International Conference and Exhibition , Commonwealth Institute, Kensington, London<br />

DEHNE, M., <strong>2003</strong>, Ein übergreifendes Sicherheitskonzept für den vorbeugenden Brandschutz.<br />

Braunschweiger Brandschutztage <strong>2003</strong>: 10. Fachseminar Brandschutz - Forschung und Praxis ;<br />

30.9. - 1.10.<strong>2003</strong> in Braunschweig., Kurzreferate. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz,<br />

iBMB, TU Braunschweig Heft 168<br />

Vorträge:<br />

HOSSER, D., DEHNE, M., <strong>2003</strong>, Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung<br />

und Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen, Berichtskolloquium <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, 16. + 17.<br />

Juni <strong>2003</strong>, TU Braunschweig<br />

- 26 -


Modellgestützte Bauwerksüberwachung und Schadensdiagnose<br />

anhand eines online an den jeweiligen Zustand anzupassenden<br />

dynamischen Rechenmodells<br />

Priv.-Doz. Dr.-Ing. habil. M. Oeljeklaus<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragsstellung und Ausgangsfragestellung<br />

- 27 -<br />

B1<br />

Oeljeklaus<br />

Das Hauptziel dieses Projekt ist es, einerseits ein Monitoring von Bauwerken zu ermöglichen, in<br />

dessen Rahmen eine adaptive Korrektur eines zugehörigen Rechenmodells aufgrund von Messungen<br />

erfolgt. Weiterhin geht es um das Erkennen und die Ortung von auftretenden Schäden über Indikatoren<br />

und Symptome, deren Erforschung und Anwendung einen wichtigen Schwerpunkt dieses<br />

Projektes darstellen.<br />

Als besonders sensitiv in Bezug auf Systemveränderungen und insbesondere deren gewünschte Lokalisation<br />

haben sich Verfahren basierend auf dem Projektiven Eingangsgrößenverfahren (PEGV,<br />

[OELJEKLAUS 2000]) erwiesen. Es basiert, im Gegensatz zu den im Bereich der Schadensdiagnose<br />

sehr verbreiteten modalbasierten Verfahren, auf vorliegenden Ein- und Ausgangsmessungen,<br />

die bezüglich der Komponenten des verwendeten Rechenmodells unvollständig sein können. Eine<br />

wichtige Ausgangsfragestellung der aktuellen Förderperiode war, ob PEGV-basierte Indikatoren<br />

erfolgreich mit dem Ziel der Schadensdiagnose eingesetzt werden können.<br />

Die Resultate dieser Untersuchungen, die den Schwerpunkt der aktuellen Förderperiode ausmachen,<br />

sind in [OELJEKLAUS, POWALKA 2000], [OELJEKLAUS, NATKE <strong>2001</strong>], [OELJEKLAUS<br />

<strong>2003</strong>a] sowie im Berichtsband des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> zum Berichtskolloquium veröffentlicht. Da dort und<br />

insbesondere in [OELJEKLAUS, NATKE <strong>2001</strong>] und [OELJEKLAUS <strong>2003</strong>a] die wesentlichen<br />

Methoden und Ergebnisse detailliert aufgeführt werden, sind die Manuskripte dieser beiden Veröffentlichungen<br />

als Detailergänzung zu diesem Bericht sinnvoll. Der Bericht ist jedoch auch ohne<br />

diese Manuskripte aus sich heraus verständlich und ermöglicht die Bewertung der durchgeführten<br />

Forschungsarbeiten.<br />

2.2 Angewandte Methoden<br />

Die angewandten Methoden der aktuellen Förderperiode konzentrieren sich auf die Anwendung und<br />

Weiterentwicklung des oben beschriebenen PEGV-Indikators zur Schadensindikation und -lokalisation.<br />

Diese werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt.<br />

2.2.1 Das Rechenmodell<br />

Die Parameter des verwendeten Rechenmodells sind die Matrixkoeffizienten der Trägheits-,<br />

Dämpfungs- und Steifigkeits-Summandenmatrizen, die von den Parameterkomponenten faktoriell<br />

und damit linear korrigiert werden:<br />

M ( a): � � a�M B( a): � a B<br />

� � � � K( a): � �<br />

a�K� �<br />

�<br />


B1<br />

Oeljeklaus<br />

Der Parametervektor<br />

1: (1, ,1) � � �<br />

bewirkt keine Korrektur und wird als Startmodell oder A-priori-<br />

Rechenmodell bezeichnet. Ausgehend von einem validierten Rechenmodell 1� besteht die Aufgabe<br />

des Monitoring darin, Parameterabweichungen vom validierten Startmodell aufgrund aktueller<br />

Messungen zu ermitteln. Diejenige Parameterkomponente, für die ein Indikator signifikante Abweichungen<br />

anzeigt, indiziert einen möglichen Schadensort. Das zugeordnete Subsystem, beispielsweise<br />

der Ort einer Steifigkeitsmatrix K� , muss dann näher untersucht werden. Ein derartiges Modell<br />

liefert besipielsweise eine Finite-Elemente-Modellierung eines Bauwerks. Ein weit verbreitetes<br />

Programmsystem, das dieses leistet ist z.B. Ansys.<br />

2.2.2 Das Projektive Eingangsgrößenverfahren (PEGV)<br />

Das projektive Eingangsgrößenverfahren, kurz PEGV, ist ein Identifikationsverfahren basierend auf<br />

Eingangs- und, bezüglich der Freiheitsgrade des verwendeten Rechenmodells, unvollständig gemessenen<br />

Ausgangsgrößen im Frequenzbereich ([OELJEKLAUS 2000]). Anstelle der Reduktion<br />

des verwendeten Rechenmodells auf die gemessenen Freiheitsgrade werden im Rahmen des PEGV<br />

geeignete Projektionsräume für die Eingangsgrößenresiduen benutzt: Zu diesem Zweck werden die<br />

Residuen des klassischen Eingangsgrößenverfahrens auf das orthogonale Komplement des Nullraums<br />

des Operators CF� ( a)<br />

projiziert. Dabei ist C die Messmatix und CF� ( a)<br />

die<br />

Frequenzgangmatrix für den Parameter a und eine Erregerfrequenz � .<br />

Wie in [OELJEKLAUS 2000] gezeigt ist, sind die so gewonnenen parameterabhängigen Residuen<br />

sehr sensitiv in Bezug auf Änderungen der Systemparameter, eine generelle Eigenschaft des Eingangsgrößenverfahrens.<br />

Dies ist für die Zwecke der Schadenslokalisierung von großer Bedeutung,<br />

da in diesem Fall, ausgehend von einem validierten Startmodell, über die Parameterabweichungen<br />

als Indikatoren auf den Ort des Schadens bzw. auf die strukturelle Veränderung geschlossen werden<br />

kann [NATKE, OELJEKLAUS 2000].<br />

2.2.3 PEGV-Schadensindikator<br />

M<br />

( � ) vaU ( , )<br />

Die partiellen Ableitungen des Residuenvektors v (1) � �<br />

: � des PEGV nach den Parameter-<br />

�a�<br />

komponenten sind im validierten Startmodell sensitiv in Bezug auf Änderungen der physikalischen<br />

Parameter und geben daher Anlass zur Definition des folgenden Schadensindikators:<br />

��� M1<br />

v (1, � U )<br />

: � für �1,<br />

�,<br />

n<br />

��� v � U<br />

( � )<br />

� �<br />

M 2 (1, )<br />

p<br />

Für eine feste Versuchserregung M<br />

1<br />

P seien die Messungen M<br />

2<br />

U an der ungeschädigten und M<br />

U an<br />

der geschädigten Struktur vorgenommen worden. Im Zähler ist die partielle Ableitung der proji-<br />

1<br />

zierten Eingangsgrößen für<br />

M<br />

U nach a� ; diese hat im Falle kleiner Messfehler und eines guten<br />

Startmodells einen geringen absoluten Betrag. Weist nun das geschädigte System eine Veränderung<br />

in dem durch a� festgelegten physikalischen Parameter auf und hat sich diese in den Messungen<br />

M 2 U ausgewirkt, so gilt die Relation 1� �� � 0 : Dies folgt aus dem größeren Absolutbetrag des<br />

Nenners im abgenommenen Schadensfall für a� .<br />

- 28 -


- 29 -<br />

B1<br />

Oeljeklaus<br />

Eine erste Anwendung auf eine geschädigte Fräsmaschine ist in [OELJEKLAUS, POWALKA<br />

2000] veröffentlicht; siehe exemplarisch Abbildung 1 in der die „geschädigten“ Steifigkeitsparameter<br />

eindeutig durch kleine Indikatorwerte angezeigt werden. Weitere Anwendungen der aktuellen<br />

Förderperiode sid in Abschnitt 2.3. angegeben.<br />

Indicator value<br />

2.2.4 PEGV-Regularisierung<br />

1.4<br />

1.2<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Parameter no<br />

Abbildung 1: PEGV-Ergebnisse<br />

Eine Spektralzerlegung des Operators CF � (a) (siehe den letzten Abschnitt) liefert über eine geeignet<br />

abgeschnittene Singulärwertzerlegung eine Regularisierung des Projektiven Eingangsgrößenverfahrens,<br />

siehe [OELJEKLAUS, NATKE <strong>2001</strong>] für Herleitung und Anwendung. Da die Singulärwerte<br />

von CF� ( a)<br />

invertiert in die Spektralzerlegung des PEGV-Operators eingehen, werden die den<br />

kleineren Singulärwerten entsprechenden Terme zwecks Regularisierung abgeschnitten.<br />

2.2.5 PEGV-Subsystemadaption<br />

Im Falle großer Systeme hat das zugrunde liegende Rechenmodell oft tausende von Freiheitsgraden<br />

und ein Monitoring beschränkt sich meist nur auf einen Teil, ein Subsystem, des zu überwachenden<br />

Bauwerks. In diesem Fall sind insbesondere die für die Berechnung des Indikators notwendigen<br />

Projektionen zu zeitaufwendig für ein Monitoring, da die gesamte Systemdimension eingeht. Zu<br />

diesem Zweck wurde in [OELJEKLAUS <strong>2003</strong>a] eine Subsystemadaption des PEGV-Indikators<br />

vorgestellt. Diese Arbeit enthält weiterhin eine Anwendung auf einen Kranroboter mit einem echten<br />

Schaden, siehe Abschnitt 2.3.2.<br />

2.2.6 Output-Only-Monitoring<br />

In der Praxis kommt es häufig vor, dass keine Messungen der verwendeten Eingangsgrößen vorliegen.<br />

Es liegen in diesem Fall nur Ausgangsmessungen und mehr oder weniger gute Informationen<br />

über die Erregung vor, die es zu nutzen gilt. Da die im Schwerpunkt bisher verwendeten Verfahren<br />

jedoch auf dem Eingangsgrößenverfahren und damit in ihrer klassischen Form auf der Existenz von<br />

Eingangsgrößenmessungen basieren, ist eine Erweiterung für diesen Fall in der nächsten Förderperiode<br />

geplant. Zu diesem Zweck wurden bereits Vorarbeiten geleistet und der PEGV-Schadensindikator<br />

wurde für den folgenden Fall unbekannter Erregung erweitert: Bei beiden Messungen - d.h.<br />

für das ungeschädigte und später für das geschädigte Modell - liegt die gleiche Erregung vor.


B1<br />

Oeljeklaus<br />

Dies ist z. B. bei Langzeitmessungen für Brücken mit etwa gleicher Verkehrsbelastung der Fall;<br />

siehe dazu z. B. [WAHAB 1998].<br />

Für den beschriebenen Fall können die Projektionen der unbekannten Erregungen - unter der Annahme<br />

eines validierten Startmodells 1� - auf das orthogonale Komplement des Kerns des Operators<br />

†<br />

CF� (1) � in der Form<br />

�M M1<br />

P : � �CF �1� � �� �CU � � � berechnet werden. Damit ist der PEGV-Indikator mit<br />

der berechneten Erregung anwendbar, da die gemessenen Erregungen des PEGV-Indikators (in seiner<br />

oben beschriebenen Form) ebenfalls nur in ihrer projizierten Form eingehen. Weitere Lockerungen<br />

der beschriebenen einschränkenden Annahme über die Erregungen sind in der nächsten Förderperiode<br />

geplant. Der Ergebnisabschnitt enthält eine Output-Only-Anwendung auf einen Kranroboter.<br />

2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

2.3.1 Anwendung des Indikators auf ein Ersatzbauwerk des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

Abbildung 2: Vergleichsprobe (TP B3)<br />

Bei den Messungen (s. auch den l. <strong>Arbeitsbericht</strong> von Bl) wurde das Modell in Abbildung 2, das<br />

auch von den Teilprojekten B3 und B4 untersucht wird, durch eine Einpunkterregung an der oberen<br />

rechten Ecke angeregt und es wurden Ausgangsmessungen an 45 gleichmäßig über die gesamte<br />

Probe verteilten Messpunkten abgenommen. Anschließend wurde ein 3 cm langer Riss im mittleren<br />

Teil des Bauteils im Bereich des Kerbgrundes erzeugt, um einen Schaden an der Struktur zu erzeugen.<br />

Dies ist eines von 5 untersuchten Schadenszenarien, die in der 1. Förderperiode mit modalbasierten<br />

Verfahren untersucht wurden. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Anwendung des<br />

PEGV-Indikators exemplarisch für diesen Fall dargestellt, da die Ergebnisse für die anderen 4 Fälle<br />

ähnlich sind.<br />

Zwecks Anwendung des Indikators wurde das in Abbildung 2 dargestellte Modell des Ersatzbauwerks<br />

in Teile zerlegt, denen anschließend die zu korrigierenden Steifigkeits-Summandenmatrizen<br />

mit ihren Parameterkomponenten a � zugeordnet wurden.<br />

Im 1. Szenario wurde das Rechenmodell des Trägers horizontal an den folgenden Koordinaten in<br />

Bereiche aufgeteilt: 0.45, 0.55, 0.65, 0.75, 1.00, 1.3.<br />

- 30 -


- 31 -<br />

B1<br />

Oeljeklaus<br />

Szenario 2 ist eine Verfeinerung des 1. Szenarios und beinhaltet neben einer vertikalen Aufteilung<br />

des Modells an der Koordinate 0.15 die folgende Verfeinerung der 1. Aufteilung in horizontaler<br />

Richtung an folgenden Koordinaten: 0.3, 0.35, 0.45, 0.55, 0.65, 0.75, 0.85, 0.95, 1.0 und 1.15 aufgeteilt.<br />

Die Zählweise der Bereiche verläuft für beide Szenarien zuerst in vertikaler und dann in horizontaler<br />

Richtung. Damit ergeben sich für Szenario l insgesamt 6 Bereiche, wobei der Teilbereich 3 den<br />

Schadensort enthält. Für Szenario 2 ergeben sich 24 Bereiche, wobei der Teilbereich 11 den Schadensort<br />

enthält. Die Abbildungen 3 und 4 enthalten jeweils die Ergebnisse der Anwendung des Indikators<br />

für Szenario l und Szenario 2. Die Ergebnisse illustrieren, dass der Schadensindikator die<br />

Schadensorte für die beschriebenen Versuchsauslegungen und die vorgenommenen Aufteilungen<br />

des Modells in Teilbereiche zuverlässig anzeigt.<br />

2.3.2 Anwendung des Indikators auf einen Kranroboter<br />

Ein Kranroboter, dessen schematisches Modell in Abbildung 5 dargestellt ist, wurde eingehend mit<br />

dem vorgestellten PEGV-Indikator untersucht. Das zugehörige Rechenmodell hat etwa 1200 Freiheitsgrade.<br />

Der untersuchte Frequenzbereich ist 18 - 215 Hz. Die für die Anwendung des Indikators<br />

ausgewählten Frequenzen befinden sich in der Nähe der wesentlichen 10 Eigenfrequenzen des Systems<br />

in diesem Frequenzbereich.<br />

Abbildung 5: Schematische Darstellung des Kranroboters


B1<br />

Oeljeklaus<br />

Wie die Abbildung 6 zeigt, wurde die vordere Hälfte des Rechenmodells in 6 Subsysteme zerlegt,<br />

von denen das 3. Teilsystem den Schaden enthält. Die Parameterkomponenten des Rechenmodells<br />

sind den zugeordneten Steifigkeitssubmatrizen des Rechenmodells zugeordnet. Die Dämpfungs-<br />

und Trägheitsmatrizen wurden vom Rechenmodell nicht korrigiert. Die Abbildung 6 zeigt ebenfalls<br />

den Aufbau der Versuchsauslegungen: ein Erregungspunkt und 9 Aufnehmer, wie in Abbildung 6<br />

dargestellt, über die vordere Hälfte der Struktur verteilt.<br />

Abbildung 6: Versuchsauslegung und Subsysteme<br />

Der in der Abbildung ausgewiesene Schadensort in Teilsystem 3 wird durch die dargestellten<br />

Schrauben gekennzeichnet. Diese wurden zwecks Erzeugung eines Schadens gelöst, nachdem die<br />

Messungen für den schadenfreien Fall durchgeführt wurden. Die Erregung bestand für Szenario l<br />

(Szenario 2) in einer Impulserregung durch einen Hammerschlag an der in der Abbildung 6 gekennzeichneten<br />

Stelle an der linken (rechten) vorderen Seite der Struktur. Die Sensoren wurden an den<br />

in den Teilsystemen gekennzeichneten Stellen angebracht und lieferten Messungen für jeweils drei<br />

Richtungen, x, y und z. Für jedes der beiden Szenarien l und 2 (linke und rechte Impulserregung)<br />

wurde der Indikator sowohl in seiner klassischen Form, basierend auf Input-Output-Messungen, als<br />

auch in seiner oben beschriebenen Output-Only Variante, basierend nur auf Output-Messungen,<br />

angewendet. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen 7, 8, 9 und 10 dargestellt. Alle Ergebnisse<br />

lassen einen Schaden im tatsächlich geschädigten Teilsystem 3 vermuten, erstaunlicherweise sind<br />

die Ergebnisse für die rechtsseitige Erregung (Szenario 2) jedoch eindeutiger, obwohl sich der eigentliche<br />

Schadensort auf der linken, also gegenüberliegenden Seite befindet. Als Grund lässt sich<br />

eine bessere Trennung von Erregung und Schadensort vermuten. Die Ergebnisse zeigen, dass es mit<br />

den verwendeten Verfahren möglich ist, einen vorliegenden Schaden bei einer komplexen Struktur<br />

wie dem vorgestellten Kranroboter zu diagnostizieren und zu lokalisieren. Weitere Ergebnisse sind<br />

in der im Anhang beigelegten Arbeit [OELJEKLAUS <strong>2003</strong>a] zu finden.<br />

- 32 -


2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong><br />

- 33 -<br />

B1<br />

Oeljeklaus<br />

Die Methoden vergleichbarer Projekte zur modellbasierten Schadensdiagnose außerhalb des <strong>SFB</strong><br />

<strong>477</strong> verwenden überwiegend modal-basierte Verfahren und verwenden Modellreduktionen zur Bewätigung<br />

des Problems der unvollständigen Ausgangsmessungen.<br />

Das Teilprojekt B1 verwendet dagegen überwiegend Ein- und Ausgangsmessungen ohne Modellreduktion.<br />

Die Unvollständigkeit der Messungen wird im Teilprojekt B1 durch geeignete Projektionen<br />

im Eingangsgrößenraum berücksichtigt. Dadurch entfällt die Modellreduktion und Identifikations-<br />

und Diagnoseergebnisse werden zuverlässiger.


B1<br />

Oeljeklaus<br />

2.5 Offene Fragen<br />

Im aktuellen Berichtszeitraum wurde schwerpunktmäßig der auf dem projektiven Eingangsgrößenverfahren<br />

basierende Indikator erforscht, weiterentwickelt und an verschiedenen Teststrukturen<br />

angewendet. Die dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die verwendeten Methoden erfolgreich an<br />

Bauwerken zur Schadensdiagnose im Rahmen eines Monitoring angewendet werden können. Offen<br />

ist die Frage, wie vorzugehen ist, falls die bisherige, vereinfachende Annahme gleicher Erregung<br />

beim Output-Only-Monitoring nicht anwendbar ist. In diesem Fall müssten die Ausgangsmessungen<br />

zu verschiedenen Zeitpunkten (Referenz- und Prüfmessung) auf eine andere Weise zueinander<br />

in Bezug gesetzt werden. Neben der oben vorgestellten Variante sollen daher weitere Möglichkeiten,<br />

bis hin zum gänzlichen Verzicht auf einschränkende Annahmen über die experimentellen Erregungen,<br />

erforscht werden. Statische Untersuchungen auf der Basis des PEGV könnten ebenfalls<br />

erfolgreich sein, da sich die Eingangsgrößen für diesen Fall einfach ermitteln lassen.<br />

Die Frage der Anwendbarkeit der untersuchten Methoden auf reale Bauwerke wie eine Brücke ist<br />

bisher offen geblieben. Daher sollte die Erprobung der Methoden an einer im Betrieb befindlichen<br />

Brücke sein stattfinden. Hier ist eine direkte Zusammenarbeit mit den Projekten A1, B3, B4 und<br />

dem neuen Projekt C6 möglich. Da es sich verbietet, einen irreversiblen Schaden an einer Brücke<br />

zu verursachen, ist seitens B1 geplant, den Schaden durch zusätzliche, die Struktur nicht schädigende,<br />

versteifende Stahlplatten, die via Schraubklemmen für den Zweck von Versuchen beliebig<br />

montiert und demontiert werden können, anzubringen. Als Eingangsgröße ist der Verkehr in natürlicher<br />

Weise vorhanden, die Aufnehmer müssen sowohl für die normale als auch für die versteifte<br />

Brücke an derselben Stelle angebracht werden<br />

2.6 Literatur<br />

Akzeptierte und bereits erschienene Veröffentlichungen:<br />

M. OELJEKLAUS, 2000: Projection Methods within Model Updating. Inverse Problems in Engeneering,<br />

8: 119-141.<br />

H.G. NATKE, 1999: Probleme bei der Diagnose technischer Systeme. Abhandlungen der Braunschweigischen<br />

Wissenschaftlichen Gesellschaft, XLIX:159-118.<br />

H. G. NATKE, 1998: Problems of Model Updating Procedures: A Perspective Resumption. Mechanical<br />

Systems and Signal Processing, 12(1), 65-74.<br />

H.G. NATKE AND C. CEMPEL, 1999: Holistic Dynamics and Subsystem Modelling - Principles.<br />

Int. Journal of Systems Science, 30(3):283-293.<br />

H.G. NATKE AND C. CEMPEL, 2000c: Model-Based Diagnosis of Systems Emphasizing a Holistic<br />

Approach, Int. J. of Systems Science, 2000, vol. 31, no. 11, 1497-1504.<br />

H.G. NATKE AND C. CEMPEL, <strong>2001</strong>: The Symptom Observation Matrix for Monitoring and Diagnostics,<br />

Journal of Sound and Vibration, <strong>2001</strong>, 248(4), 597-620.<br />

- 34 -


Konferenzbeiträge:<br />

- 35 -<br />

B1<br />

Oeljeklaus<br />

OELJEKLAUS, M., <strong>2001</strong>a: Damage Detection in Subsystems, Dynamische Probleme -- Modellierung<br />

und Wirklichkeit, <strong>2001</strong>, Hannover.<br />

OELJEKLAUS, M., <strong>2001</strong>b: The Use of Projected Input Residuals in Damage Identification, <strong>2001</strong>b:<br />

In Proceedings of the 3rd International Workshop on Structural Health Monitoring, Stanford<br />

CA, USA, 12.9.-14.9.<strong>2001</strong>. Stanford University, CA 94305, USA.<br />

OELJEKLAUS, M., <strong>2003</strong>a: A Non-Modal Structural-Damage-Location Method and ist Application:<br />

Proceedings of the 16th International Conference on the Applications of Computer Science and<br />

Mathematics in Architecture and Civil Engineering, Weimar, Germany, 10.6.-12.6.<strong>2003</strong>.<br />

OELJEKLAUS, M., <strong>2003</strong>b: A Weighted Output-Only Damage Detection Method, Proceedings of the<br />

6th International Conference on Material Science and Restoration (MSR VI), Karlsruhe, Germany,<br />

16.9.-18.9.<strong>2003</strong>.<br />

OELJEKLAUS, M., 1999:. Projection Methods within Model Updating. In M. I. Friswell, J.E. Mottershead,<br />

and A.W. Lees, editors, Identification in Engineering Systems, pages 325-335. University<br />

of Wales, Swansea.<br />

OELJEKLAUS, M. AND B. POVALKA, 2000: A projection based damage indicator working with<br />

incomplete measurements. In J.H. Zhang and X.N. Zhang, editors, Proceedings of International<br />

Conference on Advanced Problems in Vibration Theory and Applications, pages 249-256. Science<br />

Press, Beijing, China.<br />

NATKE, H.G., M. OELJEKLAUS, 2000: Data preprocessing, practical application and experience<br />

in monitoring and diagnosis. In P. Schwesinger, editor, Proceedings of the International Workshop<br />

on The Present and Future in Health Monitoring, Weimar, 3.9.-6.9.2000. Bauhaus University,<br />

Weimar, Germany.<br />

CEMPEL, C. AND H.G. NATKE, 1999: Symptom reliability and hazard for Systems condition<br />

monitoring. In 3rd Internat. Conference Acoustical and Vibratory Surveillance Methods and Diagnostic<br />

Techniques, pages 115-120, Senlis, France. Bulletin S.F.M.<br />

CEMPEL, C. AND H.G. NATKE, 2000: Holistic models and Singular value decomposition in Systems<br />

condition monitoring. In J.H. Zhang and X.N. Zhang, editors, Proceedings of International<br />

Conference on Advanced Problems in Vibration Theory and Applications, pages 304-310.<br />

Science Press, Beijing, China.


- 36 -


Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten<br />

Bauwerken durch Monitoring und begleitende Versuche<br />

Prof. Dr.-Ing. U. Peil<br />

Dipl.-Ing. M. Frenz<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

2.1.1 Allgemeines<br />

Die Pflege des großen Bestandes ermüdungsbeanspruchter Bauwerke, wie z.B. Eisenbahn- und<br />

Straßenbrücken, Kranbahnen, Offshore-Konstruktionen, hohe windbeanspruchte Bauwerke etc. hat<br />

in volkswirtschaftlicher Hinsicht eine große Bedeutung. Die zuverlässige Vorhersage der Lebensdauer<br />

derartiger Bauwerke ist deshalb für die Zukunft eine wichtige Aufgabe. Viele Bauwerke zeigen<br />

darüber hinaus Schäden infolge Anwachsens der Einwirkungen und höherer Ausnutzung des<br />

Widerstandes. Eine präzise Vorhersage der tatsächlichen Lebensdauer ermüdungsbeanspruchter<br />

Tragwerke kann dazu beitragen, die Gesamtkosten über die Lebensdauer erheblich zu senken. Das<br />

Ziel des TP B3 ist es daher, die Restlebensdauer von ermüdungsbeanspruchten Bauwerken aus<br />

Stahl möglichst realistisch vorherzusagen.<br />

Die dabei üblicherweise verwendeten theoretisch orientierten Prognosemodelle sind aber auch heute<br />

noch mit zum Teil erheblichen Unsicherheiten behaftet, da die benötigten Modelle der Nachweiskette<br />

Einwirkungsmodell � Systemmodell � Schädigungsmodell<br />

zum Teil große Ungenauigkeiten aufweisen. Das Ergebnis eines Modells in dieser Nachweiskette<br />

dient als Eingangswert für das nachfolgende, so dass durch die multiplikative Verknüpfung die Zuverlässigkeit<br />

der Prognose i.a. gering ist. So stellen z.B. bei Brückenbauwerken die Einwirkungen<br />

in der Regel stochastische Prozesse dar, die prinzipiell nicht deterministisch beschrieben werden<br />

können. Jede deterministische Beschreibung führt daher zu erheblichen systematischen und zufälligen<br />

Fehlern. Die Beanspruchung des Bauwerks wird mit Hilfe eines statischen oder dynamischen<br />

Systemübertragungsmodells (mechanische Admittanz) ermittelt. Hierbei treten bei der Ermittlung<br />

der örtlichen Beanspruchung sowohl systematische Fehler (z.B. durch ungenaue Modellwahl) als<br />

auch zufällige Fehler (z.B. durch Streuung der Geometrie und des Werkstoffes etc.) auf. Als letztes<br />

Glied in der Kette der Lebensdauervorhersage weisen die Schädigungsvorhersagemodelle die<br />

größten Abweichungen von der Wirklichkeit auf [PEIL et al. 1994, REPPERMUND 1984]. Bei der<br />

üblichen Methode zur Lebensdauervorhersage, dem Nennspannungskonzept, ist z.B. die Einstufung<br />

eines Kerbdetails in eine Kerbfallklasse oft nicht eindeutig möglich. Verfahren, die auf Grundlage<br />

örtlicher Beanspruchungen basieren, zeigen Probleme hinsichtlich der Einschätzung der Eingangsparameter<br />

und ggf. auftretender plastischer Verformungsanteile [SCHÜTZ 1994, PEIL et al. 1999].<br />

Reihenfolgeeffekte, die eine große Auswirkung haben, werden hierbei jeweils nicht erfasst. Auch<br />

hier treten systematische und zufällige Einflüsse auf, die nur schwer bestimmt werden können.<br />

- 37 -<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

2.1.2 Generelle Vorgehensweise<br />

Werden die Dehnungen direkt an den kritischen Stellen gemessen, entfallen die Unsicherheiten der<br />

in Abschnitt 2.1.1 erwähnten Last- und Systemmodelle (Bild 1 - die dort angegebenen Abschnittsnummern<br />

beziehen sich auf Abschnitte in diesem Bericht, in denen auf die Punkte genauer eingegangen<br />

wird). Mit den gemessenen Beanspruchungen und den daraus mit Hilfe von Zählverfahren<br />

wie der Rainflow-Methode ermittelten Beanspruchungskollektiven könnte eine Schädigungsberechnung<br />

nach den bekannten linearen oder nichtlinearen Schädigungsakkumulations-Verfahren<br />

durchgeführt werden. Eine auf diese Weise durchgeführte Lebensdauerermittlung umgeht das Last-<br />

und das Systemmodell, ist aber nach wie vor mit erheblichen Unsicherheiten behaftet (z.B. Nichtbeachtung<br />

des Reihenfolgeeffektes). Es ist daher konsequent, auch das Schädigungsmodell zu umgehen.<br />

Die Modellungenauigkeit aus dem Schädigungsmodell wird deshalb durch eine experimentelle<br />

Lebensdauerbestimmung minimiert. Hierzu wird im Labor ein Satz Proben (Vergleichsproben)<br />

mit einem dem Original nachgebildeten Detail (oder einem Ausschnitt daraus) in einer digital geregelten<br />

Prüfmaschine mit einem passenden Ersatzbeanspruchungsschrieb bis zum Versagen (Anriss)<br />

belastet und der Anrisszeitpunkt für das entsprechende Detail im Bauwerk statistisch abgesichert<br />

bestimmt.<br />

nein<br />

Klassisches Vorgehen:<br />

Lastmodell<br />

stochastisch<br />

Systemmodell<br />

statisch-dynamisch<br />

Dehnungen an<br />

kritischen Details<br />

Abs. 2.2.1<br />

Schädigungsmodell<br />

Globaler<br />

Grenzzustand<br />

erreicht?<br />

???<br />

Abs. 2.2.2.1<br />

Aktuell: Monitoring<br />

Vergangenheit: Modell<br />

Abs. 2.2.2.2<br />

krit. Details<br />

FORM<br />

Versagenspfade<br />

Fehlerbäume<br />

Verbessertes Vorgehen:<br />

Systemumlagerung<br />

Die so ermittelte Anriss-Lebensdauer ist deutlich genauer als die üblichen modellgestützten Vorhersagen.<br />

Der so bestimmte erste Anriss im Bauwerk ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Systemversagen.<br />

Nach dem ersten Anriss kann eine Spannungsumlagerung im Tragwerk auftreten, die<br />

mit zunehmender Risslänge ausgeprägter wird. Als Grenzzustand für die weiteren Überlegungen<br />

wird daher das Versagen des Gesamtsystems angesetzt. Untersuchungen über Versagenspfade und<br />

Fehlerbaumanalysen in Zusammenarbeit mit TP A1 können dabei zu neuen kritischen Details führen,<br />

für die dann der o.a. Prozess erneut durchgeführt wird.<br />

Eine im Ansatz ähnliche Vorgehensweise für Untersuchungen bis zum ersten Anriss ist in der Luftfahrtindustrie<br />

oder in der PKW-Entwicklung als Betriebslasten-Nachfahrversuch bekannt, welche<br />

- 38 -<br />

Abs. 2.2.4<br />

Markov Prozess<br />

Abs. 2.2.3<br />

Stochastischer<br />

Last Prozess:<br />

•<br />

•<br />

•<br />

Trends<br />

Last Cluster<br />

Ziel Statistik<br />

Statist. Bewertung<br />

Synth. Beanspruchg<br />

ArtificalTime Series<br />

´Snake-Algorithmus´<br />

Risswachstum<br />

Bild 1: Generelle Vorgehensweise<br />

Abs. 2.2.5<br />

Modell des Details<br />

in digital gesteuerter<br />

Prüfmaschine<br />

Abs. 2.2.6<br />

Globaler<br />

nein<br />

Grenzzustand<br />

erreicht?<br />

!!!!


an Prototypen mit standardisierten Lastfolgen (SAE-Histories, TWIST, FALLSTAFF, etc.) durchgeführt<br />

werden. Bei Bauwerken ist die Aufgabenstellung komplexer. Jedes Bauwerk ist in der Regel<br />

eine Einzelanfertigung mit i.a. nicht standardisierbaren realen (Ermüdungs-) Einwirkungen,<br />

Nutzungsänderungen können die Einwirkungsprognose weiter erschweren.<br />

Ein für die experimentelle Lebensdauerbestimmung verwendete Beanspruchungs-Zeitreihe muss<br />

die Beanspruchung über die gesamte Nutzungsdauer repräsentieren. Bei Brücken kann eine solche<br />

Zeitreihe nicht durch Kurzzeitmessungen im Betrieb gewonnen werden, da hierbei immer zufällige<br />

Ereignisse erfasst werden, die nicht die ganze statistische Wirklichkeit beschreiben. Es sind deshalb<br />

aus den statistischen Parametern der permanent gemessenen Beanspruchungen synthetische<br />

Beanspruchungs-Zeit-Verläufe (im folgenden auch Ersatzzeitschrieb genannt) zu generieren, die<br />

alle wesentlichen Reihenfolgeeffekte der Beanspruchung wie z.B. Clusterbildung aus LKW-Kolonnen<br />

etc. [PEIL et al. <strong>2001</strong>a] enthalten. Die schematisierte Vorgehensweise ist in Bild 1 dargestellt.<br />

Um dabei die sich ändernden Trends zu<br />

erfassen, erfolgt die experimentelle Lebensdauerbestimmung<br />

etappenweise. Es<br />

wird nicht die gesamte Lebenszeit, sondern<br />

nur ein sinnvoll vorgegebenes Zeitintervall<br />

(z.B. 5 Jahre), mit den aktuellen Messdaten<br />

simuliert. Wenn die Probe in der Prüfmaschine<br />

in dieser Zeit keinen Anriss zeigt, ist<br />

auch das zugehörige Bauwerksdetail sicher.<br />

Wegen der Streuung der Ermüdungsproben<br />

sind hierbei mehrere gleichartige Proben zu<br />

untersuchen, um zu abgesicherten statistischen<br />

Aussagen über die Lebensdauer zu<br />

kommen. Nach den Versuchen werden die<br />

Proben für das gewählte Zeitintervall am<br />

Schädigung<br />

5 Jahre<br />

Bild 2: Adaptive Trenderfassung durch Update<br />

der Ermüdungszustände<br />

Bauwerk gelagert, um möglichst gleichartige Umgebungsbedingungen zu erhalten. Nach Ablauf<br />

dieser Zeit werden Versuche für das nächste Zeitintervall durchgeführt. Hierzu wird der Zeitschrieb<br />

an den aktuellen Trend angepasst (Bild 2). Da das Bauwerk nicht exakt die gleiche Beanspruchung<br />

erlitten hat, wie bei der Prognose vermutet, müssen die unterschiedlichen Ermüdungszustände des<br />

Bauwerks und der Probe angeglichen werden. Wenn das Bauwerk eine größere Ermüdungsbelastung<br />

erfahren hat als bei den Prognoseversuchen vermutet wurde, muss die Differenz der Lastwechsel<br />

zunächst auch bei der Probe aufgebracht werden, bevor das nächste Zeitintervall untersucht<br />

wird. Da die Lastwechsel am Bauwerk „gemonitort“ werden und die Lastwechsel in der Probe<br />

ebenfalls bekannt sind, ist dies einfach durchführbar. Wenn das Bauwerk dagegen eine geringere<br />

Ermüdungsbeanspruchung erfahren hat als in den Prognoseversuchen vermutet wurde, muss mit<br />

dem nächsten Versuch so lange gewartet werden, bis im Bauwerk die gleiche Anzahl von Lastwechseln<br />

aufgetreten ist, wie beim Prognoseversuch an der Probe vorausgesetzt wurde (vgl. Warteperiode<br />

in Bild 2). Die Einführung einer Schädigungsdefinition ist hierbei nicht nötig, da lediglich<br />

die Lastwechsel verglichen werden.<br />

Dieses Vorgehen kann bei neuen Bauwerken wie oben geschildert angewendet werden. Bei der<br />

Restlebensdauerbestimmung vorhandener Tragwerke wird jedoch auch die Belastungsgeschichte<br />

aus der Vergangenheit benötigt. Da diese nicht mehr gemessen werden kann, wird ein Verfahren<br />

benötigt, mit dem Zeitschriebe künstlich generiert werden können, die die vorausgegangene Bean-<br />

- 39 -<br />

Warteperiode<br />

5 Jahre 5 Jahre<br />

Riss<br />

B3<br />

Peil<br />

Ausgleich der Ermüdungszustände<br />

Ermüdungszustand Probe<br />

Ermüdungszustand Bauwerk<br />

Zeit


B3<br />

Peil<br />

spruchung hinreichend genau erzeugen. Ein entsprechender Lösungsansatz wird in Abschnitt<br />

2.2.2.2 vorgestellt.<br />

Da die prognostizierte Lebensdauer eines realen Bauwerks relativ groß ist, ergeben sich Probleme<br />

bei der Validierung der angewandten Vorgehensweise, d.h. die Schadensprognose lässt sich am<br />

realen Bauwerk nicht unmittelbar bestätigen. Unabhängig davon kann die Untersuchung einiger<br />

weniger Bauwerke nicht die für eine Validierung erforderliche Bandbreite an Lastprozessen und<br />

Kerbdetails abdecken.<br />

Daher wird das Verfahren zunächst im Labor an sogenannten Ersatzbauwerken erprobt. Ersatzbauwerke<br />

sind dabei größere Probekörper (kleine Bauwerke) mit definierten Kerben, welche beliebigen<br />

Lastprozessen unterworfen werden, also z.B. Schmalband- oder Breitbandprozessen mit Amplitudengrößen,<br />

die Beanspruchungen vom Low-Cycle-Fatigue (LCF) bis zum High-Cycle-Fatigue<br />

(HCF) umfassen. Die Lebensdauer der kritischen Details dieser Ersatzbauwerke wird dann mit<br />

Hilfe des o.a. Verfahrens prognosti-<br />

A1<br />

ziert. Das generelle Vorgehen zur<br />

C6<br />

C3 � I /� II Herstellung der benötigten Vergleichs-<br />

R > S<br />

proben wurde im letzten <strong>Arbeitsbericht</strong><br />

ausführlich dargestellt [PEIL et<br />

al. 2000c].<br />

B3<br />

- 40 -<br />

Innerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> werden die<br />

Ersatzbauwerke, die vom TP B3 getestet<br />

werden, auch intensiv für die<br />

Untersuchungen anderer Teilprojekte<br />

genutzt. Dies kann den jeweiligen<br />

<strong>Arbeitsbericht</strong>en entnommen werden.<br />

Bild 3 stellt das Ersatzbauwerk des TP<br />

B3 „Tremolo“ dar, eingetragen sind<br />

die bereits durchgeführten bzw. geplanten<br />

Untersuchungen der beteiligten<br />

Teilprojekte.<br />

Im Folgenden werden, dem Flussdiagramm in Bild 1 folgend, die wesentlichen Methoden und Ergebnisse<br />

in der in diesem <strong>Arbeitsbericht</strong> möglichen Dichte dargestellt.<br />

2.2 Angewandte Methoden und Ergebnisse<br />

2.2.1 Ermittlung der kritischen Details<br />

B<br />

Bild 3: Das Ersatzbauwerk „Tremolo“ mit schematischer<br />

Darstellung der Aktivitäten der beteiligten Teilprojekte<br />

B4<br />

H<br />

A<br />

B1<br />

Die zuverlässige Bestimmung der Schwachstellen im Tragwerk ist eine wichtige Grundlage für das<br />

im TP B3 vorgestellte Vorgehen bei der Lebensdauervorhersage ermüdungsbeanspruchter Tragwerke.<br />

Die Stellen, an denen der erste Anriss erwartet wird und an denen daher gemonitort werden<br />

muss, lässt sich bei Tragwerken mit ausgeglichenem Sicherheitsniveau auf zufriedenstellende<br />

Weise nur mit probabilistischen Verfahren lösen. Der Anrissort wird dabei mit der First-Order-Reliability-Method<br />

(FORM) in Zusammenarbeit mit TP A1 bestimmt, vgl. dazu Abs. 2.2.6. Die<br />

Schwachstelle wird dabei anhand ihres Beitrages zur Gesamtversagenswahrscheinlichkeit ermittelt.<br />

Das Tragwerk wird hierzu zunächst als FE-Modell diskretisiert, die kritischen Punkte ergeben sich<br />

nach einer Schädigungsberechnung und Zuverlässigkeitsanalyse als die Stellen mit dem geringsten<br />

t


Sicherheits-Index ��[PEIL et al. <strong>2003</strong>d]. Im vorliegenden Ersatzbauwerk ist dies die untere äußere<br />

Ecke der Stegfenster.<br />

Am Beispiel des Ersatzbauwerks wurden die mit der FORM zu untersuchenden Punkte ingenieurmäßig<br />

ausgewählt, was bei komplexen Tragwerken jedoch schwierig und aufwändig wird. Daher<br />

wird derzeit an einer Kopplung zwischen dem FE-Programm ANSYS und dem von TP A1 entwickelten<br />

Programm PROBILAS gearbeitet, um die nötigen Berechnungen für jeden Punkt des Tragwerks,<br />

basierend auf Schädigungsberechnungen für jedes FE-Element, automatisiert durchführen zu<br />

können und so die kritischen Punkte des Tragwerks automatisch zu ermitteln.<br />

2.2.2 Ermittlung der Beanspruchungen am kritischen Detail<br />

2.2.2.1 Monitoring - Messtechnik und Messergebnisse<br />

An den vorab ermittelten kritischen Details, im folgenden auch Schwachstellen genannt, oder an<br />

zusätzlichen Punkten, die für die Ermittlung von Transferfunktionen wichtig sind [PEIL et al.<br />

2000c] wird „gemonitort“, d.h. gemessen, um die Beanspruchungs-Zeitverläufe für die Ermüdungsversuche<br />

zu erhalten. Erfahrungen im Bereich kontinuierliches Bauwerksmonitoring liegen am Institut<br />

schon seit ca. 15 Jahren vor. Die weltweit größte Windmessanlage, die 1989 am 350m Mast<br />

Gartow installiert wurde, liefert auch heute noch hervorragende Daten über die Windeinwirkungen<br />

und die zugehörigen Bauwerksantworten [Peil et al. 1994]. Für die hier durchgeführten Messungen<br />

wurde bereits in der ersten Antragsperiode in Zusammenarbeit mit Spezialisten der PTB (TP C3)<br />

eine Messanlage entwickelt [PEIL et al. 2000c], mit der sehr gute Erfahrungen gesammelt wurde.<br />

Diese Messanlage wurde in der ersten Antragsperiode zu Messungen an der alten BAB-Brücke über<br />

den Mittellandkanal bei Braunschweig eingesetzt. Sie ist nach wie vor an der Eisenbahnbrücke in<br />

Sülfeld im problemlosen Dauereinsatz und liefert kontinuierlich Messdaten. Beispielhafte Ergebnisse<br />

sind im vorherigen <strong>Arbeitsbericht</strong> dargestellt, sie werden hier nicht wiederholt. Um auch an<br />

anderen Bauwerken messen zu können, wurde eine zweite, weiterentwickelte Messanlage in Kooperation<br />

mit der PTB konzipiert und sehr kostengünstig realisiert (Bild 4). Im Folgenden werden<br />

kurz die Messinstallationen und einige Ergebnisse vorgestellt.<br />

Installiert wurde diese Anlage am Brückenneubau der Autobahn A2 über den Mittellandkanal bei<br />

Braunschweig-Wenden (Bild 5), wodurch die Belastungsgeschichte von Anfang an aufgezeichnet<br />

werden kann. Es handelt sich um eine Trogbrücke für jede Fahrbahn, bestehend aus Kastenhauptträgern<br />

sowie Querträgern im Verbund mit der Betonfahrbahnplatte. Die gemessenen Fahrzeugge-<br />

Bild 4: Messanlage Bild 5: Autobahnbrücke der A2 bei BS<br />

- 41 -<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

DMS Messpunkt am<br />

Untergurt der QT<br />

linke Spur<br />

mittlere Spur<br />

rechte Spur<br />

Standstreifen<br />

18 m 18 m<br />

Berlin<br />

Hauptträger (HT)<br />

Querträger (QT)<br />

Bild 6: Schematische Brückendraufsicht:<br />

Lage der Messpunkte<br />

- 42 -<br />

wichte und Verteilungen haben durch die<br />

zentrale Lage des Bauwerks Gültigkeit für<br />

eine Vielzahl von Brückenbauwerken im<br />

Zuge der A2. Die Messungen dienen - neben<br />

der Ermittlung der Beanspruchungen an<br />

den kritischen Details - vor allem auch der<br />

Ermittlung des Verkehrsverhaltens. Kenntnisse<br />

über das Verkehrsverhalten sind für<br />

die Beurteilung der Lebensdauer bestehender<br />

Bauwerke von Wichtigkeit, vgl. Abs.<br />

2.2.2.2 d.), die BAB-Brücke bietet für derartige<br />

Messungen hervorragende logistische<br />

Möglichkeiten (Institutsnähe, Zugänglichkeit<br />

etc.)<br />

Neben Dehnungsmessstreifen (DMS) an den kritischen Details wurden je Fahrspur (einschließlich<br />

Standspur) drei Dehnungsmessstreifen an den Untergurten der Querträger im Abstand von 18m<br />

appliziert (Bild 6), um neben den Gewichtsinformationen auch die Geschwindigkeit der Fahrzeuge<br />

ermitteln zu können. Um zuverlässige Ergebnisse zu erhalten, wurde die Messanlage durch Probebelastungen<br />

kalibriert. Die Kalibrierung erfolgte unter Anwendung der Vorgaben der europäischen<br />

weigh-in-motion Projekte WAVE und COST 323 [WAVE <strong>2001</strong>, COST 1999].<br />

Dabei passiert ein Fahrzeug mit bekanntem Gewicht mehrmals die Brücke, wobei entsprechend<br />

dem Verkehrsfluss verschiedene Geschwindigkeiten gefahren werden. Die Richtungsfahrbahnen<br />

werden mit kleinen seitlichen Abweichungen entsprechend des realen Verkehrsaufkommens befahren.<br />

Als Testfahrzeug wurde ein beladener LKW mit 31,05 t Gesamtgewicht genutzt, dessen Achslasten<br />

auf einer kalibrierten Waage exakt ermittelt wurden. Messungen mit weiteren Fahrzeugen<br />

unter laufendem Verkehr stehen noch aus.<br />

Jeder Sensorpunkt wurde zunächst statisch mit der Hinterachse des LKW (19,59 t) belastet. Um die<br />

Abweichungen im Messergebnis infolge verschiedener Geschwindigkeiten des passierenden LKW<br />

zu bestimmen, wurden je Fahrspur minimal 10 Überfahrten bei 80 km/h sowie 64 km/h durchgeführt<br />

(Bild 7). Über ein an die verschiedenen Geschwindigkeiten sowie die statischen Messungen<br />

angepasstes lineares Gleichungssystem, in dem die Messergebnisse aller 4 Sensoren eines Querträgers<br />

berücksichtigt werden, wird das Fahrzeuggewicht bzw. die aktuelle Achslast ermittelt.<br />

Last F in kN<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

Messdaten<br />

Hinterachse<br />

-50<br />

-20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20<br />

Abstand Hinterachse zum Querträger in m<br />

Bild 7: Messfahrzeug bei Überfahrt Bild 8: Berechnete Last aus Probebelastungen


Last F in kN<br />

250<br />

200<br />

150<br />

100<br />

50<br />

0<br />

-50<br />

Mittelwert Hinterachse:<br />

198 kN � rechnerisches Gesamtgewicht:<br />

316 kN<br />

Mittelwert Vorderache:<br />

Vorderachse:<br />

118 kN<br />

-20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20<br />

Abstand Hinterachse zum Querträger<br />

Bild 9: Achslastermittlung über Einflusslinie aus FEM<br />

Eine entsprechend aus verschiedenen Überfahrten berechnete Einflusslinie für einen Sensorpunkt ist<br />

in Bild 8 dargestellt.<br />

Um auch die Vorderachslast zu ermitteln, wurde anhand eines kalibrierten FE-Modells die Einflusslinie<br />

für die Hinterachse ermittelt. Zieht man diese von der Gesamteinflusslinie aus Bild 8 ab,<br />

ergibt sich die Einflusslinie der Vorderachse, deren Last ebenfalls zuverlässig ermittelt wird (Bild<br />

9).<br />

Die Einflusslinie für das Gesamtfahrzeug in Bild 8 ist dabei charakteristisch für das Messfahrzeug.<br />

Andere LKW, wie z.B. Sattelschlepper, weisen andere Verläufe auf, die ebenfalls charakteristisch<br />

sind. Aus der Form dieser Verläufe lassen sich einzelne Fahrzeugtypen ermitteln.<br />

Die aufgenommenen Gewichtsabweichungen der verschiedenen Überfahrten zur statischen Messung<br />

des Messfahrzeugs dienen zur Einordnung der Messeinrichtung in vorgegebene Genauigkeitsklassen<br />

[COST 1999]. Bei einem Konfidenzniveau von 95% liegt der Toleranzbereich � bei fast<br />

allen Sensorpunkten bei unter 5%. Die Messungen ergaben eine Gewichtsauflösung der Messeinrichtung<br />

von 250 kg. Dementsprechend kann die Messeinrichtung in die Genauigkeitsklasse D+(20)<br />

eingeordnet werden, was nach [COST 1999] ausreichend ist für detaillierte statistische Studien sowie<br />

für Ermüdungsberechnungen. Die Messanlage ist somit auch eine geeignete Grundlage für<br />

weitere statistische Untersuchungen des Verkehrsaufkommens.<br />

2.2.2.2 Ermittlung von Beanspruchungs-Zeitverläufen für die Vergangenheit<br />

Bei bestehenden Bauwerken liegen über die Vergangenheit naturgemäß keine Messergebnisse vor.<br />

In diesem Fall müssen die Beanspruchungen an den kritischen Details zwangsläufig mit Hilfe von<br />

möglichst genauen Modellen ermittelt werden. Hierzu ist zum einen die Kenntnis der globalen Verkehrsstatistik<br />

(Verteilungsdichten der verschiedenen Fahrzeugtypen, ggf. auch zeitabhängig) zum<br />

anderen aber auch das Verkehrsverhalten (z.B. Clusterbildung durch LKWs) nötig. Wie später gezeigt<br />

wird, hat die Berücksichtigung der Clustern einen erheblichen Einfluss auf die Lebensdauer.<br />

Die Verkehrsstatistik muss durch Verkehrsämter etc. bereitgestellt oder geschätzt werden. Es ist<br />

vorgesehen, in der folgenden Antragsperiode in Zusammenarbeit mit Verkehrswissenschaftlern<br />

- 43 -<br />

Messdaten Gesamtfahrzeug<br />

Einflusslinie Hinterachse<br />

aus FEM<br />

Vorderachse rechnerisch<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

hierzu Schätzverfahren zu entwickeln. Die Clusterbildung kann dabei nur aus Messungen heraus<br />

bestimmt werden. Diese müssen entweder am Bauwerk selbst oder an einem Bauwerk, das repräsentativ<br />

in Bezug auf die Verkehrsbelastung und Verteilung der Fahrzeugtypen sowie in Bezug auf<br />

die topographische Situation ist (Staubildung an Steigungen), durchgeführt werden. Die Messungen<br />

werden zwangsläufig in der Gegenwart durchgeführt, die Verwendung dieser Ergebnisse in Bezug<br />

auf Clustereigenschaften der vergangenen Belastungen stellt insofern eine Näherung dar. Wie später<br />

gezeigt wird liegt diese Rückextrapolation aber auf sicherer Seite, da zu erwarten ist, dass die<br />

Clusterbildung heute stärker ist als früher und die Clusterbildung die Lebensdauer verkürzt.<br />

Für die modellhafte Erzeugung von Beanspruchungs-Zeitverläufen müssen die Verteilung der Fahrzeuggewichte,<br />

die Folge der Fahrzeugtypen und die zeitlichen Abständen der Fahrzeugtypen bekannt<br />

sein.<br />

a) Verteilung der Fahrzeuggesamtgewichte<br />

Um die Auswerteverfahren anhand von realistischen Daten zu demonstrieren, werden die Messungen<br />

an der (Vorgänger)-Autobahnbrücke bei Braunschweig zugrundegelegt [MEHDIANPOUR<br />

<strong>2003</strong>]. Die hier betrachteten Fahrzeuggewichte wurden mit Hilfe eines Stabwerksmodells anhand<br />

von Dehnungsmessungen an einem Querträger bestimmt. Diese Gewichte werden ausgezählt und in<br />

einem Histogramm dargestellt (Bild 10). Die diskrete Verteilung lässt sich sehr gut durch die Kombination<br />

von vier Normalverteilungen annähern. Jede Dichteverteilung repräsentiert einen Fahrzeugtyp<br />

im Straßenverkehr. Die Verteilungsfunktion und die kumulative Häufigkeitsfunktion bieten<br />

zusätzlich eine gute grafische Vergleichsmöglichkeit und erlauben mittels Integration eine Kontrolle<br />

der ermittelten Parameter der Normalverteilungen.<br />

Dichte<br />

1<br />

Bild 10: Verteilung der Fahrzeuggewichte, die durch die Kombination<br />

von vier Normalverteilungen angenähert werden<br />

Anhand der Mittelwerte der Verteilungen werden folgende Fahrzeugtypen identifiziert:<br />

1) Motorräder und PKW´s<br />

2) Transporter und leere LKW´s<br />

3) Leichte LKW´s<br />

4) Schwere LKW´s<br />

- 44 -


Um die Cluster-Charakteristik zu erfassen, wird die Zeitreihe der Fahrzeugtypfolgen verwendet.<br />

Die gemessene Gewichts-Zeit-Ereignisfolge muss hierzu derart modifiziert werden, dass die Gewichte<br />

durch die zugehörigen Fahrzeugtypen ersetzt werden können. Jede Belastungsspitze wird<br />

also einem Fahrzeugtyp zugeordnet. Die Dichtefunktionen nach Bild 10, welche die Erwartungswerte<br />

und Standardabweichungen der Gewichte jedes Fahrzeugtyps beschreiben, dienen dabei als<br />

Orientierungshilfe. Die Schwierigkeit, dass z.B. ein Fahrzeug von 28,5 t dem Typ 3 sowie dem Typ<br />

4 zugeordnet werden kann, ist wegen der Überlappung der Dichten offensichtlich. Dieses Problem<br />

wird mit Hilfe der Diskriminanzanalyse gelöst [DEICHSEL et al. 1985].<br />

Die optimale Zuordnungsregel D * (die Zuordnungsregel, deren Fehlzuordnungen am geringsten<br />

sind) lautet hier: Ein Objekt wird der Gruppe zugeordnet, in der die tatsächliche Dichte für dessen<br />

Merkmal am größten ist. Die Zuordnungsregel führt auf drei Trennpunkte auf der Merkmalsachse,<br />

welche die Bereiche der vier Fahrzeugtypen gegeneinander abgrenzen. Die Grenzen verlaufen jeweils<br />

durch die Schnittpunkte der Dichtefunktionen in Bild 10. Danach werden die o.a. Peaks wie<br />

folgt klassifiziert:<br />

� G1 falls 0t�Gewicht � 3,0t<br />

�<br />

* � G2 falls 3,0 t �Gewicht �17,0<br />

t<br />

D � �<br />

� G3 falls 17,0 t �Gewicht �28,5<br />

t<br />

�<br />

�G4<br />

falls 28,5 t �Gewicht �max.<br />

G<br />

Bild 11 zeigt einen Ausschnitt des Ergebnisses der Auswertung. Die gesuchte Zeitreihe von Fahrzeugtypen<br />

ist durch die nummerierten Halbkreise unter dem Signal dargestellt.<br />

N/mm²<br />

10 10<br />

55<br />

00<br />

�t �t �t23 �t31 �t 4<br />

23 �t �t 31 �t �t 4<br />

11 �t �t �t 12 �t �t �t 23 �t �t �t 32 �t �t �t 21 �t �t �t 11<br />

3<br />

2<br />

1<br />

22 33 11 11 22 33 22 11 11<br />

42020 42020 42030 42030 42040 42040 42050 42050 Sekunden Sekunden<br />

b) Verteilung der Zeitlücken zwischen den Fahrzeugen<br />

Wird zur Generierung synthetischer Beanspruchungszeitreihen ein dynamisches Modell des Tragwerks<br />

verwendet (Abschnitt 2.2.2.2 d.)), müssen die Zeitlücken zwischen Fahrzeugen realistisch<br />

berücksichtigt werden, da sie die Bauwerksantwort beeinflussen.<br />

Hierfür wird auf der Grundlage der Zeitreihe der identifizierten Fahrzeuge der zeitliche Abstand<br />

zwischen zwei aufeinanderfolgenden Fahrzeugen registriert und ausgezählt (siehe Bild 11 oben).<br />

- 45 -<br />

Tonnen<br />

28,5<br />

23,3<br />

17,0<br />

11,6<br />

Bild 11: Zuordnung von Fahrzeugtypnummern aufgrund des Gewichts<br />

3,0<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

Erster Fahrzeugstyp<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

Zweiter Fahrzeugstyp<br />

1 2 3 4<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

Die Häufigkeitsverteilungen dieser Abstände können in einer Matrix dargestellt werden. Bei den<br />

vorliegenden vier verschiedenen Fahrzeugtypen ergibt die Anzahl der Variationen V zu 16.<br />

Zur Darstellung der Verteilungen wird in diesem Fall eine 4x4 Matrix verwendet, wobei die Zeilennummer<br />

die Nummer des ersten und die Spaltennummer die Nummer des darauf folgenden<br />

Fahrzeugtyps angibt. In jedem Element beschreibt eine Dichteverteilung die typischen zeitlichen<br />

Abstände zwischen den betrachteten Fahrzeugtypen (Bild 12).<br />

Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Bei dem Matrixelement (3;1) handelt es sich um die Verteilung<br />

der Zeitspanne, die verstreicht, bis nach einem Fahrzeug des Typs 3 ein Fahrzeug des Typs 1<br />

auftaucht. Die auffällig niedrigen Modalwerte der Verteilungen in den Elementen (3;1) und (4;1)<br />

zeigen, dass oft Pkw´s dicht hinter Lkw´s auf eine Überholgelegenheit warten. Eine andere Auffälligkeit<br />

sind die relativ hohen Dichten unter den großen Fahrzeugen bei verhältnismäßig geringen<br />

Modalwerten, was als ein Indiz für das geclusterte Auftreten von Lkw´s anzusehen ist.<br />

Bild 13: Verteilungen der Reihenfolgen. Der Abszissenwert kennzeichnet<br />

das dritte Fahrzeug einer Kette aus drei Fahrzeugen.<br />

- 46 -<br />

0.2 0.2<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

0.2 0.2<br />

00<br />

00 10 10 20 20<br />

Bild 12: Dichteverteilungen der Zeitlücken zwischen zwei aufeinander<br />

folgenden Fahrzeugen. Abszissenwert in Sekunden<br />

Erster Fahrzeugstyp<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

0.5 0.5<br />

1 2 3 4<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

Zweiter Fahrzeugstyp<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44<br />

0.5 0.5<br />

00<br />

11 22 33 44


c) Reihenfolgen von Fahrzeugtypen<br />

Zur Untersuchung von typischen Reihenfolgen werden bei der Auswertung hier jeweils drei aufeinanderfolgende<br />

Fahrzeugtypen berücksichtigt. Es wird untersucht, welcher Fahrzeugtyp sich an die<br />

Folge der ersten beiden Fahrzeugtypen anschließt. Auch hier lässt sich das Ergebnis in einer mit<br />

Diagrammen besetzten 4x4 Matrix darstellen, da die Anzahl der Variationen identisch ist (Bild 13).<br />

Die Zeilennummer der Matrix gibt den ersten Fahrzeugtyp an, die Spaltennummer den zweiten. Die<br />

dargestellten Diagramme sind Häufigkeitsverteilungen, bei denen die Abszisse die Typennummer<br />

des dritten Fahrzeugs angibt. Die Diagramme drücken also die Wahrscheinlichkeiten für die Fahrzeuge<br />

aus, die auf eine bestimmte Kombination von Zeilen- und Spaltennummern folgen.<br />

d) Ermittlung synthetischer Beanspruchungs-Zeitreihen für die Vergangenheit<br />

Für die Abschätzung der Restnutzungsdauer bestehender Bauwerke wurde ein Simulationsprogramm<br />

entwickelt, mit dem die Beanspruchungs-Zeit-Verläufe der Vergangenheit wirklichkeitsnah<br />

durch eine statistisch korrekte Folge von Fahrzeugen und durch eine anschließende strukturdynamische<br />

Berechnung generiert werden können. Hierbei wird die Wechselwirkung zwischen Bauwerk<br />

und Fahrzeugen sowie die Fahrbahnrauhigkeit berücksichtigt. Es können beliebig viele Fahrspuren<br />

mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, unterschiedlichen Fahrtrichtungen sowie Verkehrsparametern<br />

berücksichtigt werden (Bild 14).<br />

Bild 14: Eingabemaske<br />

Simulationsprogramm<br />

Gewicht Gewicht in in Tonnen Tonnen<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Zunächst werden mit Hilfe des Monte-Carlo-Verfahrens, ausgehend von den Fahrzeugtypen, dem<br />

zeitlichen Abstand und der Fahrzeugfolge, synthetische diskrete Lastereignisse erzeugt. Die Entscheidung<br />

für den neu zu generierenden Fahrzeugtyp wird anhand der Verteilungen in der Datenmatrix<br />

aus Bild 13 getroffen. Die Wahl des Matrixelementes, d.h. der zugehörigen Verteilung,<br />

hängt von den beiden zuvor generierten Fahrzeugtypen ab (erster Fahrzeugtyp = Zeilennummer;<br />

zweiter Fahrzeugtyp = Spaltennummer). Somit werden die Reihenfolgen der Fahrzeuge, im vorliegenden<br />

Fall anhand von drei aufeinander folgenden Fahrzeugen, statistisch korrekt berücksichtigt.<br />

Die Gewichte der einzelnen Fahrzeuge werden ebenfalls unter Zugrundelegung der Verteilungen<br />

nach Bild 11 gewählt. Analog wird der zeitliche Abstand zwischen den Fahrzeugen unter Berücksichtigung<br />

der Datenmatrix gemäß Bild 12 festgelegt. Es entsteht eine diskrete Zeitreihe von Lasten<br />

(Bild 15), aus der mittels einer dynamischen Simulationsrechnung synthetische Zeitschriebe der<br />

- 47 -<br />

300 350 400 450 500 550 600<br />

Zeit in Sekunden<br />

Bild 15: Generierte Fahrzeugfolge als Input für das<br />

dynamische Modell einer Straßenbrücke<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

Beanspruchung an den interessierenden Details erzeugt werden können [PEIL et al. <strong>2001</strong>a].<br />

Durch die strukturdynamische Berechnung soll die Wechselwirkung zwischen Bauwerk und Fahrzeugen<br />

berücksichtigt werden. Da sich das System in jedem Zeitschritt verändert, werden die Teilsysteme<br />

Brücke und Verkehr getrennt betrachtet und anschließend iterativ gekoppelt. Die Zeitschritt-Integration<br />

erfolgt dabei für die modal entkoppelten Systemgleichungen des Brückenmodells<br />

unter Ansatz einer Rayleigh-Dämpfung, während bei den stärker gedämpften Fahrzeugmodellen<br />

direkt die physikalischen Koordinaten verwendet werden.<br />

Für einen wesentlichen Teil der entstehenden Schwingungen ist der rauhe Fahrbahnbelag verantwortlich,<br />

der Fahrzeugschwingungen induziert, die wiederum auf das Gesamtsystem einwirken. Der<br />

Rauhigkeitsverlauf kann in Abhängigkeit vom Erhaltungszustand als normalverteilter, stationärer<br />

und ergodischer Zufallsprozess betrachtet und durch ein entsprechendes Leistungsspektrum charakterisiert<br />

werden. In [BRAUN 2002] wird die Exponentialfunktion<br />

�<br />

�������� 0<br />

�<br />

� �<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

0<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�w<br />

zur Beschreibung gemessener Rauhigkeitsspektren vorgeschlagen und Werte für das Unebenheitsmaß<br />

�(�0) sowie die Welligkeit w angegeben, auf denen auch die beispielhafte Darstellung der Unebenheitsspektren<br />

in Bild 16 beruht.<br />

Diskrete Realisationen von Unebenheitsprofilen u(x) bestimmt das Simulationsprogramm nach der<br />

Methode der Fourier-Synthese. Der stochastische Prozess wird als Überlagerung von Kosinus-<br />

Funktionen mit zufälliger Phase �i angenähert<br />

N<br />

� � i i i<br />

i�<br />

1<br />

,<br />

�x� û cos��x�<br />

�<br />

u �<br />

deren Amplituden ûi das gewählte Spektrum zugrunde liegt :<br />

i<br />

i<br />

� �<br />

û � 2�<br />

�� � � �<br />

i<br />

Das Unebenheitsprofil (Bild 17) erstreckt sich in der Simulation noch auf einer gewissen Wegstrecke<br />

vor der Brücke, um einen eingeschwungenen Zustand der Fahrzeuge beim Auffahren auf das<br />

Bauwerk sicherzustellen.<br />

Spektrale Leistungsdichte der<br />

Unebenheiten in cm³<br />

1000<br />

100<br />

10<br />

1<br />

0.1<br />

0.01<br />

Asphalt – sehr guter Zustand<br />

Asphalt – guter Zustand<br />

Beton – mittlerer Zustand<br />

Beton – guter Zustand<br />

Beton – sehr guter Zustand<br />

Asphalt – mittlerer<br />

Zustand<br />

0.001<br />

0.1 0.2 0.4 1 2 4 10 20<br />

Wegkreisfrequenz in 1/m<br />

Rauhigkeit in cm<br />

- 48 -<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 x in m<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

Asphalt - mittlerer Zustand<br />

Asphalt - guter Zustand<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 x in m<br />

Asphalt - sehr guter Zustand<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 x in m<br />

Bild 16: Unebenheitsspektren Bild 17: Generiertes Straßenprofil


Bauwerk<br />

FE – Modell<br />

Mode 1 Mode 3 Mode 5<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />

m<br />

m 2<br />

35 36 37 38 39<br />

m<br />

Um die iterative Zeitschrittberechnung durchführen zu können, wird vorab für ein Finite-Element-<br />

Modell des Brückenbauwerkes eine Modalanalyse durchgeführt (im vorliegenden Fall wurde dafür<br />

das Programm ANSYS verwendet) und die resultierenden Eigenfrequenzen und Eigenformen im<br />

interessierenden Frequenzbereich von 0 bis 20 Hz als Eingangsdaten an das Simulationsprogramm<br />

übergeben (Bild 18).<br />

Die verschiedenen Fahrzeugtypen werden als gedämpfte Zweimassenschwinger für jede Fahrzeugachse<br />

modelliert (Bild 19). Eine Radmasse wird gegen den Untergrund durch die Reifenfeder abgefedert,<br />

deren Steifigkeit die Reifensubtangente bei der statischen Auflast darstellt. Die zweite Masse<br />

beinhaltet den anteiligen Fahrzeugaufbau einschließlich der Nutzlast. Die beiden Massen sind durch<br />

Feder und viskosen Dämpfer verbunden. Das Simulationsprogramm wählt alle Parameter zufällig<br />

anhand der Literatur entnommener Richtwerte.<br />

Der iterative Lösungsprozess wird wie folgt durchgeführt: Die Koordinaten aller auf der Brücke<br />

befindlichen Fahrzeuge werden um die zur Zeitschrittlänge korrespondierende Wegstrecke aktualisiert.<br />

Gemäß den generierten Fahrzeugabständen werden ggf. neue Objekte erzeugt bzw. von der<br />

Brücke gefahrene entfernt. Die Koordinaten und Interaktionskräfte aus dem vorangegangenen Zeitschritt<br />

dienen als Startwerte der Iteration. Die Transformation der physikalischen Interaktionskräfte<br />

liefert den modalen Lastvektor für eine Lösung der Bewegungsgleichungen des Brückenmodells.<br />

Durch entsprechende Rücktransformation der Lösung und Addition der Rauhigkeitswerte des Belags<br />

ergeben sich die vertikalen Koordinaten der Kontaktpunkte der Fahrzeugmodelle.<br />

Damit kann eine Berechnung aller Fahrzeugmodelle durchgeführt werden, in deren Verlauf ein<br />

neuer Vektor der Interaktionskräfte aufgebaut wird. Diese aktualisierten Kontaktkräfte erfordern<br />

eine Neuberechnung des Brückenmodells, weshalb die Iteration mit Schritt 3 fortsetzt wird. Diese<br />

Schleife wird beendet, wenn die L2-Norm des Interaktionskraft-Vektors unter eine definierte Toleranzschwelle<br />

fällt. Bei angemessener Zeitschrittwahl werden nur wenige Iterationen benötigt.<br />

Anhand der gespeicherten Lösungen dieser Iteration werden in einer Nachlaufrechnung beliebige<br />

Zeitreihen von Spannungen oder Schnittgrößen auf der Basis einer Rücktransformation in physikalische<br />

Koordinaten ermittelt werden. Damit sind die Beanspruchungen der Vergangenheit rekonstruiert.<br />

- 49 -<br />

m 2<br />

m 1<br />

m 1<br />

2<br />

Linkes Rad<br />

Rechtes Rad<br />

Bild 19: Brücke mit Eigenformen Bild 20: Zweimassensysteme der Räder<br />

Bild 18: Brücke mit Eigenformen Bild 19: Zweimassensysteme der Räder<br />

2<br />

-1<br />

-2<br />

0<br />

0<br />

2<br />

1<br />

0<br />

-1<br />

-2<br />

0<br />

2<br />

1<br />

cm<br />

cm<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

2.2.3 Statistische Auswertung der Messdaten<br />

2.2.3.1 Allgemeine Vorgehensweise<br />

Der Beanspruchungs-Zeitverlauf, der auf das kritische Detail in der Prüfmaschine aufgebracht wird<br />

muss alle wesentlichen Eigenschaften der Originalbeanspruchungen enthalten. So müssen die statistischen<br />

Kennwerte, die Clustereigenschaften und der erwartete Trend der Originalbeanspruchung<br />

mit denen des Ersatz-Beanspruchungs-Zeitverlaufs übereinstimmen (Abs. 2.1.2)<br />

Ziel der Datenauswertung ist die Gewinnung dieser statistischen Informationen aus den Messschrieben<br />

zur Rekonstruktion des Belastungsszenarios des Bauwerks durch eine synthetische Beanspruchungszeitreihe.<br />

Dabei sind neben den Häufigkeiten und Größen auch die Reihenfolgen der<br />

Lasten von Interesse.<br />

Die entwickelten und programmtechnisch umgesetzten Auswerteroutinen extrahieren aus den<br />

Messschrieben folgende Informationen:<br />

� Clustermatrix<br />

� Matrix der Übergänge<br />

� Zeitreihen von identifizierten Fahrzeugtypen<br />

� Matrix der Zeitlücken zwischen Fahrzeugtypen<br />

� Matrix der Auseinanderfolge von Fahrzeugtypen und<br />

� Matrix der Aufeinanderfolge von Umkehrpunkten<br />

Zu Vergleichszwecken wurden außerdem Routinen programmiert, welche die Auswertung von Beanspruchungszeitreihen<br />

nach der Rainflow-Methode und eine Schadensberechnung nach Eurocode<br />

3 ermöglichen.<br />

Je nach dem Anwendungsfall neues oder bestehendes Bauwerk, werden die oben genannten Informationen<br />

allein oder kombiniert zur Generierung der synthetischen Beanspruchungszeitreihen eingesetzt.<br />

Für die Auswertung muss die gemessene Beanspruchungs-Zeit-Funktion zunächst aufbereitet<br />

werden. Zur Identifizierung der Hysteresen als Maß für schädigende Ereignisse werden die<br />

Umkehrpunkte gesucht. Zur Datenreduktion werden kleine, nicht schadensrelevante Peaks eliminiert<br />

sowie die Informationen über den zeitlichen Verlauf der Belastung vernachlässigt. Die aufbereiteten<br />

Beanspruchungszeitreihen werden u.a. mit Hilfe der Methode der Cluster- und Diskriminanzanalyse<br />

untersucht. Ziel der Clusteranalyse ist dabei das Auffinden von Klassen und deren Heterogenität.<br />

Die zu untersuchenden Objekte werden durch einen Merkmalsvektor beschrieben. Anschließend<br />

kann eine Zusammenfassung ähnlicher Objekte unter Berücksichtigung ihrer Merkmale<br />

erfolgen, wodurch Cluster erkannt werden. Bei der Diskriminanzanalyse bestehen im Gegensatz zur<br />

Clusteranalyse bereits vorgegebene Gruppen. Sie wird benutzt, um Gruppenunterschiede hinsichtlich<br />

einer Mehrzahl von Merkmalen zu untersuchen und die Eignung von Merkmalen zur Unterscheidung<br />

zwischen den Gruppen festzustellen.<br />

2.2.4 Ermittlung synthetischer Beanspruchungs-Zeitreihen für die Probenbelastung<br />

Bei neuen Bauwerken beinhalten die gemessenen Beanspruchungszeitreihen bereits die Bauwerksantwort<br />

und alle weiteren erforderlichen statistischen Informationen für das betrachtete kritische<br />

Detail. Somit kann der synthetische Zeitschrieb nach dem erkannten Muster der Umkehrpunkte der<br />

Messschriebe generiert werden.<br />

- 50 -


(Ziel-) Klasse<br />

(Ziel-) Klasse<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

gemessene<br />

Umkehrpunktfolge<br />

7 7 7<br />

6<br />

Ergebnis der Auszählung für die Sequenz 2 - 5 - 2<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

synthetische<br />

Umkehrpunktfolge<br />

5<br />

5<br />

3<br />

Zur richtigen Erfassung und Berücksichtigung dieser Umkehrpunktfolgen wurden verschiedene<br />

Generierungsalgorithmen entworfen [MEHDIANPOUR <strong>2003</strong>]. Dabei wurden in einem ersten<br />

Schritt spezielle Generierungsmethoden auf Grundlage von Übergangsmatrizen entwickelt, die im<br />

einfachsten Fall den Übergang von einer auf die folgende (Gewichts-) Klasse berücksichtigen.<br />

Mehrstufige Übergangsmatrizen wurden angewendet, um auch Folgen berücksichtigen zu können,<br />

die sich über mehrere Umkehrpunkte von dem aktuell zu wählenden Punkt erstrecken, wodurch<br />

auch Cluster wie z.B. LKW-Kolonnen oder typische Folgen einer Zugüberfahrt besser wiedergeben<br />

zu können. Es werden also nicht nur die Markovschen Übergangshäufigkeiten zwischen dem aktuell<br />

zu generierenden Umkehrpunkt und dem unmittelbar davor liegenden Umkehrpunkt betrachtet,<br />

sondern auch die Übergangshäufigkeiten weiter zurückliegender Punkte.<br />

Als beste Möglichkeit hat sich die Generierung mit Hilfe des sog. Snake-Algorithmus erwiesen, der<br />

ursprünglich in der Bilderkennung eingesetzt wird. Mit Snake wird dabei eine Kurve bezeichnet,<br />

die durch mehrere Stützpunkte definiert wird. Die zu erkennenden Kanten des Objektes werden<br />

dadurch erfasst, dass sich diese Kurve iterativ über die Umkehrpunkte der Zeitschriebe spannt. Es<br />

wird zunächst dazu verwendet, ein bestimmtes Muster an jeder Stelle der gemessenen Umkehrpunkte<br />

wieder zu finden, um für dessen richtige Fortsetzung eine Statistik aufzustellen. Daneben<br />

wird der Algorithmus auch während der Generierung der synthetischen Zeitreihen eingesetzt, um<br />

das aktuelle Muster am Ende der Umkehrpunkte zu erfassen und für die Fortsetzung die entsprechende,<br />

aus dem Messschrieb bestimmte Statistik zugrunde zu legen (Bild 20). Die Sequenzlänge<br />

des Snake-Algorithmus kann dabei beliebig gewählt werden.<br />

Die drei genannten Generierungsmethoden wurden in ein benutzerfreundliches Programm integriert<br />

(Bild 21), mit dem die statistische Ähnlichkeit zwischen einer als ´statistische Vorlage´ dienenden<br />

gemessenen Folge und der synthetischen Folge untersucht werden kann. Die Ähnlichkeit wird entweder<br />

nach dem Kriterium der besten Clustermatrix oder der besten Kollektivform bestimmt. Bei<br />

der Auswahl nach bester Clustermatrix wird die Summe der betragsmäßigen Differenzen der sich<br />

entsprechenden Matrixelemente der Clustermatrizen der gemessenen Folge und der generierten<br />

- 51 -<br />

2<br />

4 4 4<br />

Ziel 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15<br />

Häufigkeit 1 3 2 1 3<br />

5<br />

?<br />

Übergangswahrschein-<br />

lichkeit<br />

Pin %<br />

30 %<br />

20 %<br />

10 %<br />

7<br />

5<br />

3<br />

lfd. Nr.<br />

Bild 20: Prinzip der Generierungsmethode mit Hilfe des ´Snake´-Algorithmus<br />

(Ziel-) Klasse<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

Bild 21: Oberfläche des Generierungsprogramms<br />

Cluster-Form<br />

Folge als Verschiedenheitsmaß festgelegt, bei der Auswahl nach bester Kollektivform wird die<br />

Summe der betragsmäßigen Differenzen der Schwingspiele der sich entsprechenden Kollektivstufen<br />

als Verschiedenheitsmaß betrachtet.<br />

Ein Vergleich zwischen den drei Methoden zeigt einen deutlichen Vorteil der Generierung mit Hilfe<br />

des vorgestellten Snake-Algorithmus, der schon nach 10 Iterationen bessere Ergebnisse liefert als<br />

die Methode unter Ansatz von Übergangsmatrizen nach 1000 Iterationen.<br />

Die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Clustereffekte zeigte sich in einer Versuchsreihe, bei<br />

der gekerbte Rundproben (Bild 22) verschiedenen Beanspruchungstypen unterworfen wurden. Als<br />

Beanspruchungstypen wurde zum einen eine gemessene Zeitreihe verwendet, die mit daraus synthetisch<br />

generierten Zeitreihen verglichen wurde. Die synthetisch generierten Zeitreihen wurden<br />

dabei mit und ohne Berücksichtigung von Clustereffekten generiert, d.h. die Lastpeaks wurden zum<br />

einen zufällig über der Zeit verteilt, zum anderen mit dem Snake-Algorithmus geclustert.<br />

Die mit Hilfe des Snake-Algorithmus generierten Zeitreihe Syn_1 wurde nach der besten Clustermatrix,<br />

die Zeitreihe Syn_2 nach der besten Kollektivform bestimmt. Die damit im Versuch ermit-<br />

Überlebenswahrscheinlichkeit in %<br />

Überlebenswahrscheinlichkeit<br />

99<br />

98<br />

95<br />

90<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

5<br />

Syn_3<br />

Syn_2<br />

Syn_1<br />

99,99% KONF<br />

Messschrieb<br />

99,99% KONF<br />

Syn_2<br />

- 52 -<br />

99,99% KONF<br />

Syn_1<br />

200 200<br />

30 30<br />

50 50<br />

Ø14<br />

Ø19<br />

M 19X1,5<br />

60° 60°<br />

R0.2886 R0.2886<br />

1.0<br />

Bild 22: Probengeometrie<br />

2<br />

Messschrieb<br />

1<br />

10000 100000 1E+06 1E+07<br />

Nrev<br />

Lastwechselzahl N rev<br />

99,99% KONF<br />

Syn_3<br />

Bild 23: Zufallsstreubereiche der Ausgleichsgeraden der einzelnen<br />

Versuchsreihen, aufgetragen im logarithmischen Wahrscheinlichkeitsnetz


telten Lebensdauern zeigten (erwartungsgemäß) eine sehr gute Übereinstimmung mit den Ergebnissen<br />

unter Verwendung der gemessenen Ausgangs-Zeitreihe. Die synthetische Zeitreihe Syn_3 dagegen,<br />

generiert lediglich auf der Basis von Übergangsmatrizen, also ohne Berücksichtigung der<br />

Reihenfolgeeffekte, zeigte bei Ermüdungsversuchen an den Rundproben eine um 50 % höhere Lebensdauer<br />

als bei Verwendung des Originalschriebs. Die Aussagewahrscheinlichkeit dieser Versuchsergebnisse<br />

liegt bei 99,99%, die Abweichung des Mittelwertes ist nicht zufällig (Bild 23).<br />

2.2.5 Ermüdungsversuche an Ersatzbauwerken und Proben<br />

Die im ersten <strong>Arbeitsbericht</strong> [PEIL et al. 2000c] beschriebenen Versuche an Ersatzbauwerken und<br />

Vergleichsproben am Detailpunkt Stegfenster wurden zur statistischen Absicherung des hier vorgestellten<br />

Verfahrens fortgeführt. Es wurden neben einer Versuchsreihe im Lastwechselzahlbereich<br />

von 10 4 bis 10 5 speziell im HCF-Bereich weitere Versuche sowohl mit einstufigen Sinusverläufen<br />

verschiedener Lastamplituden als auch einer 16 stufigen Randombeanspruchung, entwickelt aus der<br />

Messung an der Autobahnbrücke der A2 über den Mittellandkanal (s.o.), durchgeführt. Dabei wurden<br />

für die Untersuchungen zum Systemtragverhalten auch Risswachstumsmessungen an den<br />

Fensterecken durchgeführt.<br />

Bild 24 fasst das Ergebnis der diesbezüglichen Untersuchungen aus insgesamt 47 Trägerversuchen<br />

(Ersatzbauwerke) und 91 Vergleichsproben anschaulich zusammen. Darin sind die Mittelwerte der<br />

Anrisslastwechselzahlen der realen (Ersatz)bauwerksdetails über der Abszisse aufgetragen, die zugehörigen<br />

Prognosen aus Versuchen an Proben über die Ordinate. Gleiche Werte der Lebensdauer<br />

der Ersatzbauwerke und die der zugehörigen Proben liegen damit auf der Winkelhalbierenden. Wegen<br />

der großen Unterschiede der Lastwechelzahlen (10³ bis 10 8 ) wurde eine logarithmische Darstellung<br />

gewählt. Jeder Versuchsreihe liegen bis zu 14 Einzelversuche sowohl für die Ersatzbauwerke<br />

als auch für die Proben zugrunde. Zu jedem Mittelwert N50% ist das 95%-Konfidenzintervall<br />

dargestellt. Man erkennt, dass die Anrisslastwechselzahlen der Proben gut mit denen des Bauwer-<br />

P R O B E bzw. R E C H N U N G<br />

1,E+08<br />

1,E+07<br />

1,E+06<br />

1,E+05<br />

1,E+04<br />

1,E+03<br />

LCF<br />

F<br />

t<br />

1,E+02<br />

1,E+02 1,E+03 1,E+04 1,E+05 1,E+06 1,E+07 1,E+08<br />

( E R S A T Z ) B A U W E R K<br />

F<br />

t<br />

HCF<br />

Bild 24: Ergebnis der Lebensdauervorhersagen<br />

- 53 -<br />

F<br />

t<br />

Kerbdetail<br />

N Anriss<br />

Experiment<br />

N Anriss<br />

Kerbgrundkonzept<br />

Durchläufer<br />

95% KONF<br />

N 50%<br />

L E G E N D E<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

kes übereinstimmen, d.h. das Verfahren hat bisher die Erwartungen gut erfüllt. Die noch vorhandenen<br />

Abweichungen sind auf zum Teil noch geringe Versuchszahlen zurückzuführen. Es wird vermutet,<br />

dass sich diese Abweichungen durch weitere Einzelversuchsergebnisse reduziert werden.<br />

Die Ergebnisse der rechnerischen Ermittlung der Anrisslebensdauer nach dem Kerbgrundkonzept<br />

weisen Abweichungen von den Versuchsergebnissen auf, die etwa eine Größenordnung ungünstiger<br />

sind. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Anwendung des Kerbgrundkonzeptes bereits von den<br />

gemessenen Beanspruchungszeitreihen ausgegangen wurde, die sonst noch hinzukommenden Ungenauigkeiten<br />

des Last- und des Systemmodells sind also bereits eliminiert.<br />

Die manuelle Fertigung der 4-Lagen MAG-V Schweißnähte im Untergurt der Ersatzbauwerke<br />

(siehe Bild 3) und den Vergleichsproben wurden dabei im Rahmen der Zusammenarbeit am Institut<br />

für Füge- und Schweißtechnik (TP B4) vorgenommen. Die Ergebnisse für die Vergleichsproben der<br />

Schweißnaht in Bild 24 wurden vom TP B4 zur Verfügung gestellt [LACHMANN 2002].<br />

2.2.6 Systemtragverhalten<br />

Das bisherige Vorgehen verwendet als Grenzzustand das Auftreten des ersten Risses. Hiermit ist<br />

natürlich keine Aussage über das Gesamtbauwerksversagen zu treffen. Aus diesem Grund wird für<br />

die folgenden Untersuchungen die Grenzzustandsdefinition erweitert. Grenzzustand ist nun nicht<br />

mehr der erste Anriss, sondern das Erreichen der Traglast des Bauwerks (oder eines wesentlichen<br />

Teils davon). Da die entstehenden Risse hierbei zwangsläufig weiter wachsen, treten bei (innerlich<br />

und äußerlich) statisch unbestimmten Systemen Spannungsumlagerungen auf, hierdurch kommt es<br />

unter Umständen zu einem Wechsel der vorab bestimmten Schwachstellen. Es müssen ggf. neue<br />

Schwachstellen überwacht werden.<br />

Das systematische Vorgehen zur Untersuchung des Systemtragverhaltens ist in Bild 25 dargestellt.<br />

Grundlage bildet das oben beschriebene Verfahren zur Auffindung des ersten Anrissortes in Zusammenarbeit<br />

mit TP A1. Zur theoretischen Prognose des nächsten Anrissortes und –zeitpunktes<br />

wird anschließend an den als kritisch erkannten Punkten ein Anfangsriss in das FE-Netz eingefügt.<br />

Nach Berechnung und bruchmechanischer Auswertung durch Betrachtung des Spannungszustandes<br />

an der Rissspitze wird die Rissverlängerung in Abhängigkeit der vorgegebenen Lastwechselzahlen<br />

bestimmt. Das System wird infolge der Rissverlängerung neu vernetzt und die Berechnung erneut<br />

durchgeführt. Dieses schrittweise Vorgehen zur Simulation des Risswachstums ist durch selbst erstellte<br />

Routinen in ANSYS weitgehend automatisiert. Spannungsumlagerungen durch das schrittweise<br />

Risswachstum können erkannt werden. Das lokale Anwachsen von Spannungen an anderen<br />

Orten deutet auf eine neue Schwachstelle hin. Der Versagenpfad wird in Zusammenarbeit mit dem<br />

TP A1 probabilistisch bewertet. Eine Ermittlung des Sicherheitsindexes für die unterschiedlichen<br />

Pfade ergibt schließlich den Versagenspfad mit dem geringsten Sicherheitsindex. Dieser<br />

Versagenspfad wird messtechnisch überwacht.<br />

Durch die im Betrieb des Bauwerks parallel durchgeführten Untersuchungen an den Vergleichsproben<br />

erhält man für die Anrisslastwechselspielzahlen korrigierte Ergebnisse, die in die Untersuchungen<br />

zu den Versagenspfaden eingearbeitet werden. Durch den so im Vergleich zur Ursprungsberechnung<br />

nach dem Kerbgrundkonzept geänderten Beginn des Risswachstums kommt es zu anderen<br />

Schadenszuwächsen an den untersuchten Punkten, es kann zu einem Wechsel der Versagenspfade<br />

kommen. Es erfolgt also eine adaptive Anpassung und Zuschärfung des Vorhersagemodells an das<br />

Ermüdungsverhalten des Tragwerks. Der Spannungszuwachs an den kritischen Punkten muss dabei<br />

auch an den entsprechenden Vergleichsproben in der Prüfmaschine berücksichtigt werden. Dies<br />

erfolgt über eine schrittweise Trendanpassung im synthetischen Zeitschrieb (s. Bild 1).<br />

- 54 -


Ermittlung 1. Anrissort<br />

Anriss-Zeitpunkt<br />

Einprägen Risses<br />

im Ursprungs-FE-Netz<br />

FE-Analyse<br />

Bruchmechanische<br />

Auswertung<br />

Rissverlängerung<br />

(in neue Richtung)<br />

Kritische<br />

Spannungszunahme<br />

an anderem Ort?<br />

Anriss-Zeitpunkt<br />

nach Kerbgrundkonzept<br />

Versagenspfadanalyse<br />

Sicherheitsindex<br />

Update FE-Netz mit<br />

neuem Riss<br />

nein<br />

Neuvernetzung<br />

Für erste Untersuchungen des Systemtragverhaltens wurden Risswachstumsrechnungen am Ersatzbauwerk<br />

durchgeführt. Dabei wurde in der linken unteren Ecke eines Stegfensters, dem Punkt des<br />

ersten Anrisses, ein Ursprungsriss mit einer Anfangslänge von 10 mm vorgegeben. Mit der in AN-<br />

SYS selbst programmierten Berechnungsroutine erfolgte die Simulation mit der linear-elastischen<br />

Bruchmechanik (LEBM). Als Risswachstumsinkrement wurden 5 mm vorgegeben und jeweils die<br />

für diesen Risszuwachs benötigte Lastwechselzahl ermittelt. Die Endrisslänge war hier 70 mm. Bild<br />

26 zeigt den Spannungszuwachs der Hook´schen Spannungen �H in der gegenüberliegenden, nicht<br />

gerissenen rechten oberen Fensterecke, aufgetragen über der Lastwechselzahl N. Zusätzlich ist der<br />

Zuwachs der Schädigung S nach dem Kerbgrundkonzept aufgetragen. Die Schädigungen wachsen<br />

dort überproportional an, der nächste Anriss im Tragwerk wird so mit wachsender Risslänge zunehmend<br />

wahrscheinlicher.<br />

- 55 -<br />

TP A1<br />

Grenzustand erreicht<br />

Monitoring<br />

an kritischen Details des<br />

Versagenspfades<br />

TP A1<br />

Bild 25: Vorgehen bei der probabilistischen Bestimmung der kritischen Details<br />

���<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

Hook´sche Spannungen in N/mm²<br />

425<br />

400<br />

375<br />

350<br />

325<br />

300<br />

275<br />

250<br />

Spannungen in rechter,<br />

oberer Fensterecke<br />

Schädigung in rechter,<br />

oberer Fensterecke<br />

50000 100000 1.5E+05 2E+05 2.5E+05 3E+05<br />

Lastwechsel N<br />

Bild 26: Ergebnis Risswachtumsrechnungen<br />

an Ersatzbauwerk II mit F=140 kN<br />

Derartige Untersuchungen sollen in der nächsten Förderperiode mit mehreren Rissen im Tragwerk,<br />

d.h. im Ersatzbauwerk und mit realen Bauwerken weitergeführt werden. Durch eine Einbindung<br />

dieser Berechnungen in Versagenspfadbetrachtungen kann der wahrscheinlichste Punkt des nächsten<br />

Anrisses im Tragwerk bestimmt werden. Die Programmierung einer Routine zur Berechnung<br />

der Schädigung nach dem Kerbgrundkonzept für jedes FE-Element auf Grundlage der Ergebnisdateien<br />

von ANSYS ist bereits erfolgt, so dass hier die Anbindung zum Programm PROBILAS von<br />

TP A1 erfolgen kann.<br />

Gleichzeitig wurden Untersuchungen zum realen Risswachstum an Ersatzbauwerk II mit den in<br />

[PEIL et al. 2000c] beschriebenen Kupferdrahtsensoren durchgeführt. Hier treten noch Abweichungen<br />

auf, die durch die derzeitige Verwendung der LEBM zu erklären sind. Um das Systemtragverhalten<br />

auch bei solchen auftretenden Rissschließeffekten zutreffend simulieren zu können, ist die<br />

Anwendung der elastisch-plastischen Bruchmechanik mit Berücksichtigung von Rissschließeffekten<br />

vorgesehen.<br />

2.3 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen Öffentlichkeit<br />

auf die eigenen Arbeiten<br />

Auf vielen Konferenzen stellt die Frage nach einer zuverlässigen Ermittlung der Restlebensdauer<br />

bestehender Bauwerke einen wichtigen Schwerpunkt der vorgestellten Kongressbeiträge dar. Einige<br />

Autoren greifen dabei bei den Berechnungen der Lebensdauer ebenfalls auf gemessene Beanspruchungen<br />

zurück. Diese Messungen erstrecken sich jedoch häufig nur auf wenige Tage bzw. mehrere<br />

kurze Intervalle im Jahr [MOHAMMADI <strong>2001</strong>]. Des Weiteren werden oftmals Schädigungsmodelle<br />

wie z.B. die Schadensakkumulationshypothese von Palmgren-Miner verwendet [DEMPSEY<br />

et al. 2000, YAMADA et al. 2000]. Der im vorliegenden Bericht gezeigte Einfluss von Clustereffekten<br />

auf die Lebensdauer lässt sich damit nicht erfassen. Auch Änderungen in der Belastungsentwicklung<br />

lassen sich durch Kurzzeitmessungen nur unzureichend abdecken.<br />

Versuche an ganzen Tragwerksteilen alter Brücken wurden z.B. von [HELMERICH et al. 2002]<br />

und [BRANDES 1994] durchgeführt. Für die Vorhersage der Lebensdauer ist hier die geringe Anzahl<br />

an Versuchen als ungünstig einzustufen, da eine fundierte statistische Absicherung durch die<br />

geringe Anzahl an Versuchen nicht möglich ist.<br />

- 56 -<br />

0.6<br />

0.55<br />

0.5<br />

0.45<br />

0.4<br />

Schädigung S


2.4 Offene Fragen<br />

Die grundsätzliche Machbarkeit des vorgestellten Verfahrens wurde gezeigt, die Anwendung auf<br />

neue und alte Bauwerke ist konzipiert und kann erprobt werden. Bei den noch notwendigen Untersuchungen<br />

wird unterschieden zwischen weiteren Absicherungsversuchen im Labor mit Ersatzbauwerken<br />

und Vergleichsproben sowie theoretischer Untersuchungen zur Weiterentwicklung der<br />

Methodik. Die Fragen werden im Fortsetzungsantrag genauer behandelt.<br />

a) Weitere Absicherungsversuche<br />

� Bisher sind nur drei Typen von Last-Zeitverläufen untersucht worden: harmonische Belastung,<br />

harmonische Dreiecksbelastung und eine Random-Belastung. Wie wirken sich Breitbandprozesse,<br />

im Grenzfall ein weißes Rauschen, auf das Ergebnis aus?<br />

� Weitere Kerbdetails sollen untersucht werden: Bisher wurden die Fensterecke im Steg sowie<br />

die Schweißnaht im Untergurt untersucht. In der nächsten Periode sollen weitere Details wie<br />

z.B. die Lasteinleitungssteifen an den Ersatzbauwerken untersucht werden. Hier liegen die Versuchergebnisse<br />

der Ersatzbauwerke vor, Untersuchungen an Vergleichsproben stehen noch aus.<br />

� Im mittleren Lastwechselzahlbereich von 10 4 bis 10 5 wurde bisher nur eine Versuchsreihe<br />

durchgeführt, hier sollen ergänzende Versuche durchgeführt werden.<br />

� Wie wirken sich die hohen Frequenzen bei Versuchszeitverkürzungen bei hohen<br />

Beanspruchungsamplituden mit großen plastischen Dehnungen aus?<br />

� Wie wirken sich andere Baustahlsorten oder Chargen auf das Ergebnis aus?<br />

� Wie ist die Zuverlässigkeit des Verfahrens bei Verwendung alter Stähle, wie sie bei bereits<br />

bestehenden Bauwerken vorkommen?<br />

b) Allgemeine Fragen<br />

� An welchen Stellen muss gemonitored werden? Diese Frage ist bei Tragwerken mit einem<br />

ausgeglichenen Sicherheitsniveau aus reiner Anschauung nicht zu beantworten. Eine vollständige<br />

Schwachstellenanalyse auf probabilistischer Basis ist „von Hand“ - auch mit Computerunterstützung<br />

- aufwendig. Über eine Kopplung zwischen dem FE-Programm ANSYS und dem<br />

vom TP A1 entwickelten Programm PROBILAS soll die Schwachstellenanalyse automatisiert<br />

werden.<br />

� Durch örtliche Anrisse kommt es infolge Risswachstum bei innerlich statisch unbestimmten<br />

Systemen zu Spannungsumlagerungen. Dies führt zu anderen kritischen Punkten, die gemonitored<br />

werden müssen. Wie sind diese zuverlässig zu bestimmen? Wie werden Spannungsumlagerungen<br />

an den Vergleichsproben simuliert? Wie ist die Lebensdauer des Gesamtbauwerkes?<br />

� Beanspruchungs-Zeitverläufe liegen bei bestehenden Bauwerken für die Vergangenheit nicht<br />

vor. Wie kann man dennoch zu hinreichend genauen Ergebnissen kommen?<br />

� Große Detailpunkte wie z.B. Fachwerkknoten können nicht vollständig geprüft werden, wie<br />

kann hier vorgegangen werden? Wie müssen die Vergleichsproben aussehen?<br />

� Wie können Eigenspannungszustände, die am Bauwerk auftreten, im Zuge der Tests mit den<br />

Vergleichsproben berücksichtigt werden?<br />

- 57 -<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

2.5 Literatur<br />

BRANDES, K.,1994: Experimentelle Absicherung von Untersuchungen zur Restnutzungsdauer<br />

älterer Stahlbrücken, Stahlbau 63 (1994), 9, 273-278<br />

BRAUN, H., 2002: Untersuchungen über Fahrbahnunebenheiten. Dissertation, TU-Braunschweig<br />

COST 1999: Final Report of the COST 323 Project: Weigh-in-Motion of Road Vehicles. 1999. European<br />

Commission's Transport Directorate<br />

DEICHSEL, G., TRAMPISCH, H.J., 1985: Clusteranalyse und Diskriminanzanalyse. Gustav-Fischer<br />

Verlag, Stuttgart 1985<br />

DEMPSEY, A.T., KEOGH, D.L., JACOB, B., 2000: Orthotropic Steel Bridges: Management Tools<br />

for Live Load and Fatigue Assessment, 4 th International Conf. On Bridge Management, Guildford/<br />

Surrey 2000<br />

HELMERICH, R., BRANDES, K., 2002: Ermüdungsversuche an Fachwerkträgern der Berliner U-<br />

Bahn-Linie U1, Stahlbau 71 (2002), 11, 789-797<br />

LACHMANN, C., 2002: Einfluß von Eigenspannungsabbau und mikrostrukturellen Veränderungen<br />

auf die Lebensdauervorhersage schwingbeanspruchter Schweißverbindungen. Dissertation<br />

TU-Braunschweig 2002<br />

MOHAMMADI, J., <strong>2001</strong>: Input Data Requirements for Fatigue Reliability Analysis of Aging<br />

Structures, Proc. of the <strong>2001</strong> Structures Congress & Exposition, Washingtion D.C. <strong>2001</strong><br />

PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., 1999: Life Cycle Prediction via Monitoring. Structural Health<br />

Monitoring (Ed. Chang, F.-K.), Stanford 1999, S. 723-730.<br />

PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., FRENZ, M., 2000c: Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten<br />

Bauwerken durch Monitoring und begleitende Versuche. <strong>Arbeitsbericht</strong> des<br />

Teilprojektes B3 des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, Braunschweig 2000<br />

PEIL, U., NÖLLE, H., 1994: On Fatigue of Guyed Masts due to Wind Load. Structural Safety &<br />

Reliability (Ed. Schueller & Yao). Rotterdam, Baalkema 1994.<br />

REPPERMUND, K., 1984: Probabilistischer Betriebsfestigkeitsnachweis unter Berücksichtigung<br />

eines progressiven Dauerfestigkeitsabfalls mit zunehmender Schädigung. Dissertation<br />

Hochschule der Bundeswehr, Neubiberg 1984.<br />

SCHÜTZ, W., 1994: Fatigue Life Prediction by Calculation: Facts and Fantasies. Structural Safety<br />

& Reliability (Ed. Schueller & Yao). Rotterdam, Baalkema 1994, S. 1125-1131.<br />

WAVE <strong>2001</strong>: General Report: Weigh-in-motion of Road Vehicles for Europe. 4 th Framework Programme<br />

Transport, EU, <strong>2001</strong><br />

YAMADA, K., OJIO,S., K., and ITHO, K. 2000: Structural Behaviour and Rehabilitation of Fatigue<br />

Cracked Box Girder Bridge, 4 th International Conf. On Bridge Management, Guildford/<br />

Surrey 2000<br />

- 58 -


2.6 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />

Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahre<br />

a) Kongressveröffentlichungen<br />

DEUS, E.P., PEIL, U., 2000. A Fracture Mechanic Model applied to Steel Bridge Inspection. Proc.<br />

55th Con. Brazilian Assoc. Metallurgy and Materials. 2000,<br />

DEUS, E.P., VENTURINI, W.S., PEIL, U. 2002: An Inspection System to identify Fatigue Damage<br />

on Steel Bridge Structures. Journ. Brazil. Soc. Mech. Science 76, Vol. XXIV, 2002, 76-81.<br />

PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., 2000 a: Fatigue Prediction of bridges by monitoring and parallel<br />

testing. Proc. Conf. Bridge Management, Univ. Surrey, 2000.<br />

PEIL, U., MEHDIANPOUR, M. 2000 b: Fatigue Life Prediction of Steel Structures via Monitoring<br />

and Testing. Proc.Int.Workshop "The Present and the Future in Health Monit.Weimar 2000<br />

PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., SCHARFF, R., <strong>2001</strong> a: Life Time Assessment of Existing Bridges.<br />

Proc. 3rd Int. Workshop on Struct. Health Monitoring. Stanford Univ., Palo Alto <strong>2001</strong>, 365-<br />

383.<br />

PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., FRENZ, M., <strong>2001</strong> b: Life Cycle Prediction of Steel Structures via<br />

Monitoring and Testing in Parallel. 2nd Int. Conf. Struct. Eng. Washington <strong>2001</strong>,<br />

RUFF, D., PEIL,U., 2002 a: Fatigue of Bracings, Proceedings of the IABSE-Symposium 2002, S.<br />

262-263 (abstract) – vollständiger Artikel auf CD – ISBN 3-85748-107-2, IABSE, ETH<br />

Hönggerberg, Schweiz.<br />

PEIL,U., BEHRENS, M., NAHRATH, N., 2002 d: Dynamic Response of Slender Structures under<br />

Wind Load. Proc. EuroDyn 2002.<br />

PEIL,U., MEHDIANPOUR, M., SCHARFF, R., 2002 e: Life Time Assessment of Existing<br />

Bridges. EuroDyn 2002.<br />

PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., SCHARFF, R., FRENZ, M. 2002 f: Life Time Assessment of Existing<br />

Bridges. Proceedings of the First European Workshop: Structural Health Monitoring<br />

2002 (ed: BALAGEAS, D.), Paris , pp 999-1006<br />

PEIL, U., BEHRENS, M., <strong>2003</strong> b: Aerodynamic Admittance and Full Scale Measurements. 11th.<br />

Int. Conf. Wind Engineering <strong>2003</strong> (ICWE <strong>2003</strong>), Lubbock Texas.<br />

PEIL, U., NAHRATH, N., DREYER, O., <strong>2003</strong> c: Modelling Of Rain-Wind Induced Vibrations.<br />

11th. Int. Conf. Wind Engineering, <strong>2003</strong> (ICWE <strong>2003</strong>), Lubbock Texas.<br />

PEIL, U., FRENZ, M., HOSSER, D., DEHNE, M., <strong>2003</strong> d: Life Time Estimation of Steel Structures<br />

and Assessment of critical Details. Int. Conf. Struct. Faults and Repair, London.<br />

PEIL, U., NAHRATH, N., <strong>2003</strong> e: Modelling of Rain-Wind induced Vibrations. Wind & Structures<br />

<strong>2003</strong>.<br />

PEIL, U., <strong>2003</strong> h: Lebensdauervorhersage bei stählernen Konstruktionen - wie geht man vor?<br />

Deutsches Ingenieurblatt, September <strong>2003</strong>.<br />

PEIL, U., <strong>2003</strong> i: Life Time Prolongation of Civil Engineering Structures via Monitoring. Proc. 4st<br />

Int. Workshop on Struct. Health Monitoring. Stanford Univ., Palo Alto, <strong>2003</strong><br />

- 59 -<br />

B3<br />

Peil


B3<br />

Peil<br />

b.) Bücher und Zeitschriften<br />

PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., FRENZ, M., <strong>2001</strong> c: Fatigue Prediction of Steel Structures by<br />

means of Monitoring and Testing. In: Life-Cycle Cost Analysis and Design of Civil Infrastructue<br />

Systems. Ed. M. Frangopol, H. Furuta. ASCE <strong>2001</strong>, 222-238.<br />

PEIL, U., RUFF, D., <strong>2001</strong> d: Ermüdung von Windverbänden. In: VDI-Berichte Nr.1599, <strong>2001</strong>, S.<br />

313-320, ISBN 3-18-081599-4.<br />

PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., FRENZ, M., SCHARFF, R., 2002 b: Zuverlässige Lebensdauerbestimmung<br />

mit Hilfe von Monitoring. Stahlbau 2002. Heft 2.<br />

PEIL, U., BEHRENS, M., 2002 c: Fatigue of tubular steel lighting columns under wind load. Wind<br />

& Structures, Vol 5, No. 5 2002, 463-478.<br />

PEIL, U., <strong>2003</strong> a: Lebensdauerermittlung ermüdungsbeanspruchter Bauwerke. In: Der Prüfingenieur,<br />

Heft 1, <strong>2003</strong>.<br />

BÖTTCHER, C., REINIGHAUS, M., PEIL, U., <strong>2003</strong>: Einfluss der Beanspruchungsgeschwindigkeit<br />

auf das mechanische Verhalten von Baustahl. Erscheint Stahlbau <strong>2003</strong>.<br />

PEIL, U. <strong>2003</strong> f: Lebensdauerverlängerung von Bauwerken mit Hilfe von Bauwerksüberwachung.<br />

Bautechnik. Erscheint im September.<br />

c.) Dissertationen<br />

BÖTTCHER, C, 2002: Geschwindigkeitssensivität des mechanischen Verhaltens unlegierter Baustähle<br />

bei wiederholter Beanspruchung bis in den inelastischen Bereich – experimentelle<br />

Untersuchung und Modellierung, Dissertation TU-Braunschweig 2002, VDI-Verlag.<br />

MEHDIANPOUR, M., <strong>2003</strong>: Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten Stahltragwerken<br />

mit Hilfe von Monitoring und begleitenden Versuchen. Dissertation TU-Braunschweig<br />

<strong>2003</strong><br />

- 60 -


- 61 -<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

Restlebensdauervorhersage für Schweißverbindungen an Stahlkonstruktionen<br />

und Maßnahmen zur kontrollierten Nutzungsausweitung<br />

Prof. a.D. Dr.-Ing. H. Wohlfahrt, Prof. Dr.-Ing. K. Dilger,<br />

Dr.-Ing. Th. Nitschke-Pagel, Dipl.-Ing. M. Bruns<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

Das Ermüdungsverhalten von Schweißkonstruktionen hängt von lokalen Besonderheiten im Nahtbereich<br />

wie der Nahtgeometrie, den veränderten Werkstoffeigenschaften und vorhandenen<br />

Schweißeigenspannungen ab, so dass sich Schweißnähte oft als versagensrelevante Schwachstellen<br />

herausstellen können. Der Schädigungsprozess unter zyklischer Beanspruchung beginnt schon in<br />

der anrissfreien Phase mit inhomogenen Plastizierungen, die z.B. mit Änderungen der Versetzungsdichte<br />

bzw. der Versetzungsanordnung verbunden sein können. Der ursprüngliche Eigenspannungszustand<br />

kann dabei ebenfalls verändert werden. Für eine Bauwerksüberwachung mit dem Ziel der<br />

möglichst frühzeitigen Erkennung zum Versagen führender Ermüdungsschädigungen liegen somit<br />

Indikatoren vor, die sich mit unterschiedlichen Messmethoden verfolgen lassen. Der Schwerpunkt<br />

dieses Teilprojektes ist die zielgerichtete Entwicklung von Anwendungsmöglichkeiten des mikromagnetischen<br />

Verfahrens (3MA – Verfahren), um mittels zerstörungsfreier Messungen den Schädigungszustand<br />

von Schweißverbindungen an Bauwerken einschätzen und somit eine adaptive Lebensdauervorhersage<br />

vornehmen zu können.<br />

Hierzu wurden in der ersten Förderperiode (1998 bis 2000) Grundlagenuntersuchungen an quasistatisch<br />

sowie zyklisch beanspruchten Schweißsimulationsproben mit unterschiedlichen Gefügezuständen,<br />

wie sie für eine Schweißnaht und die angrenzende Wärmeeinflusszone repräsentativ sind,<br />

durchgeführt. Durch die Erfassung mehrerer magnetischer Kenngrößen, die sowohl vom Last- bzw.<br />

Eigenspannungszustand als auch vom Gefügezustand abhängig sind, konnte an schwingbeanspruchten<br />

Simulations- und Schweißproben gezeigt werden, dass das magnetische Verfahren zum<br />

Erkennen von Werkstoffveränderungen in der anrissfreien Phase grundsätzlich geeignet ist. Durch<br />

parallele röntgenographische Eigenspannungsmessungen und Interferenzlinienprofilanalysen in<br />

Beanspruchungspausen, konnte ein direkter Zusammenhang mit den Änderungen der magnetischen<br />

Messgrößen hergestellt werden. Am Ersatzbauwerk „Tremolo“ (B3, Peil) konnte der Zeitpunkt der<br />

Makrorissbildung im Nahtübergang der geprüften Schweißnaht anhand der Änderung der magnetischen<br />

Kenngrößen eindeutig bestimmt werden. Der dabei gefundene Hinweis auf einen Zusammenhang<br />

zwischen Risstiefe und magnetischen Kenngrößen führte zu dem Schritt, mit eingehenderen<br />

Untersuchungen im Rissfortschrittsstadium zu beginnen.<br />

In Kooperation mit den Teilprojekten B3 (Peil) und C3 (Peters) wurde die Anrissbildung und der<br />

Rissfortschritt am Radius einer Aussparung des Ersatzbauwerkes ohne vorhandene Schweißnaht<br />

untersucht. Der Vergleich der mit dem Mehrkomponenten-Dehnungsaufnehmer (C3, Peters) erfassten<br />

Änderung des Spannungszustandes sowie der mittels aufgeklebter Spulendrähte (B3, Peil)<br />

gemessenen Risslänge mit der Änderung der Überlagerungspermeabilität zeigte, dass diese magnetische<br />

Kenngröße im Rissfortschrittsstadium ebenfalls als ermüdungsrelevanter Indikator verwendet


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

werden kann. Von diesen Ergebnissen am Grundwerkstoff ausgehend, wurden die Untersuchungen<br />

der Anrissbildung und des Rissfortschritts auf Schweißproben ausgeweitet.<br />

Aufbauend auf den im ersten Förderzeitraum erarbeiteten Ergebnissen sollte vor allem geprüft werden,<br />

ob die magnetischen Messgrößen in ein Modell zur Lebensdauervorhersage eingearbeitet werden<br />

können, und ob auch eine Übertragung von Ergebnissen an Labor- bzw. Schweißsimulationsproben<br />

auf das Ersatzbauwerk möglich ist.<br />

2.2 Angewendete Methoden<br />

Da aus früheren Untersuchungen bereits bekannt war, dass die magnetischen Kenngrößen sowohl<br />

von der Mikrostruktur als auch vom Last- bzw. Eigenspannungszustand abhängen, wurde die Strategie<br />

verfolgt, durch Untersuchungen an Simulationsproben die Gefügeabhängigkeit der Messgrößen<br />

zu berücksichtigen. Die dabei erarbeiteten Erkenntnisse wurden dann im nächsten Schritt an<br />

Laborproben mit einer unter gleichen Bedingungen wie im Ersatzbauwerk hergestellten Schweißnaht<br />

überprüft, und ergänzend wurde die angewendete Mess- und Auswertemethodik bei parallelen<br />

Untersuchungen am Ersatzbauwerk (Walzprofil IPE500, S355J2G3, mit typischen Konstruktionsdetails<br />

wie Stegaussparungen, Versteifungen, Schweißnaht, TP B3 und C3) angewendet.<br />

Die Herstellung der Schweißsimulationsproben erfolgte in einer modifizierten Widerstandschweiß-<br />

DMS (B3)<br />

B4<br />

4-Lagen MAG-V-Naht<br />

3MA-Sensor (Manipulatorgeführt)<br />

Schweißsimulationsprobe<br />

�Untersuchung der Abhängigkeit<br />

der ZfP-Überwachungsgrößen<br />

von<br />

�Belastungszustand<br />

�Gefügezustand<br />

�Verfestigungsmechanismen<br />

�Werkstoffkennwerte<br />

�Kalibrieren der ZfP-Messgrößen<br />

Ersatzbauwerk „Tremolo“<br />

500<br />

Zerstörungsfreie Prüfverfahren<br />

Bild 1 Versuchskörper.<br />

anlage, bei der durch eine geregelte konduktive Widerstandserwärmung in Kombination mit einer<br />

geregelten Abkühlung im gesamten Prüfquerschnitt ein Erwärmungs- und Abkühlungszyklus nachgefahren<br />

werden konnte, wie er zuvor während des Schweißens in den verschiedenen Zonen der<br />

WEZ gemessen worden war. Auf diese Weise konnte in den verschiedenen Proben ein Gefüge erzeugt<br />

werden, das den verschiedenen Bereichen der WEZ entsprach und die Möglichkeit zur<br />

- 62 -<br />

3200<br />

F(t)<br />

B4<br />

Geschweißte Laborprobe<br />

Riß<br />

B3<br />

C3<br />

Gezielte Untersuchung lokaler<br />

Einflussgrößen auf das<br />

Ermüdungsverhalten<br />

� Nahtgeometrie<br />

� Schweißeigenspannungen<br />

� Werkstoffeigenschaften


- 63 -<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

Kalibrierung der magnetischen Messgrößen an diesen Proben gab. Einzelheiten der simulierten<br />

Temperaturzyklen sind Tabelle 1 zu entnehmen.<br />

Schweißung Werkstoffzustand<br />

MAG-DV<br />

MAG-V<br />

(manuell)<br />

Tmax [°C] (t8/5 [s])<br />

1. Zyklus 2. Zyklus<br />

Härte<br />

[HV 1]<br />

Rp0,2 bzw. ReH<br />

[MPa]<br />

WEZ-Decklage-grob 1240 (13) - 350 500<br />

WEZ-Gegenlage-grob 1240 (13) 800 (11) 220 360<br />

WEZ-Gegenlage-fein 1000 (11) 600 190 510<br />

WEZ-grob (Mod. I) 800+600 (15) 1240 (62) 210 500<br />

WEZ-grob (Mod. II) 1240 (62) - 220 465<br />

WEZ-fein 1000 (62) - 180 480<br />

Grundwerkstoff - - 190 380<br />

Tabelle 1 Verfahrensparameter und Werkstoffeigenschaften der schweißsimulierten Proben und des<br />

Grundwerkstoffs.<br />

Die Schweißnaht im Ersatzbauwerk wurde jeweils nach dem Durchtrennen des Gurtes quer zur<br />

Trägerlängsachse und einer entsprechenden Aussparung am angrenzenden Steg als vierlagige<br />

MAG-V-Naht manuell hergestellt. Vor der Erstbelastung wurden die Eigenspannungskomponenten<br />

quer und längs zur Beanspruchungsrichtung entlang einer über die Schweißnaht in<br />

Trägerlängsrichtung gelegten Spur röntgenographisch ermittelt. Die Biegebeanspruchung des<br />

Einfeldträgers durch eine mittig aufgebrachte schwellende Einzellast führte in der Schweißnaht<br />

näherungsweise zu einer Zugschwellbeanspruchung im Gurtblech und in der Schweißnaht in<br />

Querrichtung. Anhand von Dehnungsmessungen und FEM-Berechnungen wurden die tatsächlichen<br />

Beanspruchungen am Ersatzbauwerk festgestellt, so dass diese auf Versuche an Laborproben<br />

übertragen werden konnten. Aufgeklebte Spulendrähte im Nahtübergangsbereich der<br />

Schweißverbindung dienten zur Risserkennung. Die magnetischen Messungen wurden regelmäßig<br />

nach bestimmten Lastwechselintervallen sowie nach Erkennen eines Anrisses durch die<br />

Widerstandsänderung beim Durchtrennen der Spulendrähte durchgeführt.<br />

Die Prüfung der mit vergleichbaren Parametern geschweißten Querstumpfnahtproben erfolgte in<br />

einer servohydraulischen 400 kN Prüfmaschine unter Beanspruchungsbedingungen, die denen des<br />

Gurtblechs des Ersatzbauwerks entsprachen. Auch an diesen Proben wurden kontinuierlich die<br />

ermüdungsbedingten Veränderungen magnetischer Parameter durch Messungen in<br />

Belastungspausen erfasst. Aus den Versuchen an einer hinreichenden Zahl von Schweißproben<br />

wurden die zugehörigen Wöhlerlinien berechnet und mit den Ergebnissen der Schwingversuche am<br />

Ersatzbauwerk verglichen. Die Versuchsergebnisse lieferten zudem eine Vergleichsbasis zur<br />

Anwendung verschiedener Berechnungsansätze zur Lebensdauervorhersage.<br />

2.3 Eingesetzte Messverfahren<br />

Die Bestimmung des Schädigungszustandes der Schweißverbindungen und die Vorhersage der<br />

Lebensdauer stützt sich auf Ergebnisse unterschiedlicher, überwiegend zerstörungsfreier<br />

Messverfahren.


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

Als zentrales Verfahren zur kontinuierlichen Überwachung des Werkstoffzustandes in den<br />

Simulationsproben, den Schweißproben und dem Ersatzbauwerk wurde die Mikromagnetische<br />

Multiparameter Mikrostruktur- und Spannungsanalyse (3MA-Verfahren) eingesetzt. Das Verfahren<br />

beruht auf dem Prinzip, dass magnetostriktive Werkstoffe wie Eisen, Cobalt und Nickel bei lokalen<br />

elastischen Formänderungen Veränderungen der magnetischen Eigenschaften in mikroskopischen<br />

Bereichen erfahren. Dies führt zu charakteristischen Veränderungen der Magnetisierungsparameter<br />

bei Anlegen eines magnetischen Wechselfeldes. Die Form der Magnetisierungshysterese hängt<br />

daher vom lokalen Spannungszustand, aber auch von der Mikrostruktur des Werkstoffes ab. Das für<br />

die laufenden Arbeiten eingesetzte Gerät verfügte über zwei Messmodule - Barkhausenrauschen<br />

und Überlagerungspermeabilität - und konnte um ein weiteres Analysiermodul Oberwellenanalyse<br />

ergänzt werden, so dass insgesamt 9 Kenngrößen zur Verfügung stehen. Im Modul<br />

Barkhausenrauschen kann die spannungsabhängige maximale Barkhausenrauschamplitude Mmax,<br />

die vor allem gefügeabhängige Koerzitivfeldstärke Hcm sowie abgeleitete Kennwerte wie die Fläche<br />

AMH, die Halbwertsbreite SWMH und die Integralbreite IBMH der Magnetisierungskurve erfasst<br />

werden (Bild 2a). Weitere Kenngrößen sind die Überlagerungspermeabilität ��max und deren<br />

Induktion B<br />

a)<br />

Barkhausen-<br />

Rauschkurve<br />

M �� f (H)<br />

Feldstärke H<br />

SW SWMH MH<br />

H cm<br />

A MH<br />

Hysterese<br />

M Mmax max<br />

Bild 2 Kenngrößen des 3MA-Verfahrens;<br />

a) Modul Barkhausenrauschen<br />

b) Modul Überlagerungspermeabilität<br />

c) Modul Oberwellenanalyse.<br />

Rauschamplitude M<br />

Feldstärke Hcµ (Bild 2b) sowie die Oberwellenanalyse im Zeitsignal der magnetischen<br />

Tangentialfeldstärke, aus der der Klirrfaktor k und die zugehörige Feldstärke Hco hervorgeht (Bild<br />

2c).<br />

Der Versuch, den Änderungen der 3MA-Kenngrößen einzelne Werkstoffkennwerte bzw.<br />

Beanspruchungszustände zuzuordnen, war ohne Kalibrierung auf die entsprechende Zielgröße<br />

bisher nicht erfolgreich. Da die mikromagnetischen Messwerte miteinander in Wechselwirkung<br />

stehen, waren und sind hierzu systematische Untersuchungen erforderlich. Die unmittelbare<br />

Korrelation der magnetischen Kenngrößen mit spezifischen Werkstoffkennwerten oder den<br />

- 64 -<br />

Induktion B<br />

b)<br />

c)<br />

Oberwelle<br />

�� �max �max<br />

H Hc� c�<br />

Feldstärke H<br />

H H co<br />

�H �B<br />

�H �B<br />

Hysterese<br />

k ��<br />

��<br />

~<br />

A<br />

�� � � =�B/�H =�B/�H<br />

2<br />

3<br />

~<br />

��<br />

��<br />

A<br />

~<br />

A<br />

2<br />

5<br />

2<br />

1<br />

~<br />

��<br />

��<br />

A<br />

A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />

~<br />

A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />

~<br />

A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />

~<br />

A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />

~ A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />

~<br />

i<br />

Zeit t<br />

Zeitsignal der<br />

Koerzitivfeldstärke<br />

2<br />

7<br />

Überlagerungspermeabilität �� ��<br />

Feldstärke H t


- 65 -<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

unterschiedlichen Stadien des Ermüdungsvorganges einer Schweißverbindung ist bislang nur<br />

empirisch gelungen. Hierzu wird eine lineare Regressionsrechnung benötigt, in der die<br />

magnetischen Parameter zu berücksichtigen sind, die eine signifikante Veränderung (affin zur<br />

Veränderung der Zielgröße) aufweisen. Mit dem so erstellten Regressionspolynom lässt sich die<br />

entsprechende Zielgröße (Gl. 1) aus den zerstörungsfrei ermittelten Kennwerten berechnen.<br />

Zielgröße<br />

!<br />

� a + b · Hcm + c · Mmax + d · HC� + e · ��max + f · AMH + g · IBMH + h · k + i · HCO<br />

Bei einer Gegenüberstellung der berechneten Soll-Werte mit den Ist-Werten aus einer<br />

Kalibriermessung (Lastspannungen), einer Beobachtung (Anriss, Lebensdauer) oder einem weiteren<br />

zerstörungsfreien Referenzverfahren (z.B. der röntgenographisch bestimmten Versetzungsdichte),<br />

lässt sich die Vorhersagegenauigkeit und Zuverlässigkeit aus der Abweichung von der 45°-Soll-<br />

Geraden bestimmen (s. Bild 8 bis 10 Abs. 2.4.1). Die Verwendung aller magnetischen Kenngrößen<br />

für eine Multi-Parameteranalyse hat sich bei der Restlebensdauervorhersage als effektiv erwiesen,<br />

da bei einer Ermüdungsbeanspruchung oft sowohl von Veränderungen des<br />

Eigenspannungszustandes als auch der Mikrostruktur ausgegangen werden kann und sämtliche<br />

magnetischen Messgrößen sowohl vom Gefüge- als auch vom Spannungszustand abhängig sind. Es<br />

kann in anderen Fällen jedoch auch vorteilhaft sein, für die Multiparameteranalyse nur einzelne<br />

ausgewählte Kenngrößen zu verwenden, da Kalibriermessungen zeigten, dass z. B. die maximale<br />

Barkhausenrauschamplitude Mmax primär in Korrelation mit Last- bzw. Eigenspannungen steht, die<br />

Koerzitivfeldstärke hingegen besonders sensitiv auf Gefügeänderungen reagiert.<br />

Als Vergleichsbasis für die magnetischen Messungen dienten röntgenographische<br />

Eigenspannungsmessungen (sin 2 �� - Verfahren) in der Schweißnaht und deren Umgebung im<br />

Ausgangszustand und in Beanspruchungspausen nach unterschiedlichen Beanspruchungszyklen.<br />

Zur Charakterisierung der Mikrostruktur wurden neben den üblichen metallographischen<br />

Untersuchungen und Härtemessungen Röntgeninterferenzlinienprofilanalysen mit einem<br />

Einlinienverfahren (Einlinien-Voigt-Verfahren nach [DELHEZ 1982]) durchgeführt und anhand der<br />

korrigierten Halbwertsbreiten- und Integralbreitenmessungen die mikrostrukturellen Parameter<br />

Kohärenzlänge, mittleres Verzerrungsquadrat und Versetzungsdichte berechnet. Auf diese Weise<br />

konnte eine kontinuierliche Beobachtung dieser Parameter über die gesamte Lebensdauer erreicht<br />

werden. Die dabei erhaltenen Ergebnisse (Versetzungsdichte) wurden stichprobenartig anhand von<br />

transmissionselektronenmikroskopischen Untersuchungen überprüft.<br />

Die zuverlässige Voraussage des Ausgangsortes eines Ermüdungsrisses und die exakte<br />

Beschreibung der lokalen Beanspruchungsverhältnisse an kritischen Stellen mit entsprechender<br />

Kerbschärfe (Kerbwirkung) nach dem Strukturspannungskonzept oder dem Kerbgrundkonzept setzt<br />

die vollständige flächenhafte Erfassung der Nahtgeometrie voraus. Zur Beschreibung des<br />

tatsächlichen örtlichen Beanspruchungszustandes anhand der für die Kerbwirkung verantwortlichen<br />

geometrischen Verhältnisse ist die Qualität, also Umfang und Genauigkeit, der Erfassung aller<br />

Kerbdetails von entscheidender Bedeutung. Mit Hilfe eines Lasertriangulationssensors und eines<br />

rechnergesteuerten x-y-Positioniertisches gelang mit einer eigens entwickelten Auswertesoftware<br />

eine erhebliche Verbesserung der flächenhaften Ermittlung der Nahtgeometrieparameter. Die<br />

ermüdungsrelevante Oberflächenstruktur kann jetzt mit hoher Genauigkeit in kurzer Zeit<br />

dreidimensional erfasst und eine Berechnung von Nahtanstiegswinkel, Kerbradius und<br />

Nahtüberhöhung (Bild 3) vorgenommen werden. Auf den Umbau dieser Anlage zur mobilen<br />

(1)


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

Messung an Schweißnähten eines Bauwerks wurde verzichtet. Vielmehr zeigte sich, dass durch das<br />

Abscannen eines Negativabdruckes der entsprechenden Schweißnaht ein ausreichend genaues Bild<br />

entsteht.<br />

Bild 3 Nahtprofil und berechnete Parameter.<br />

Zur Rissfortschrittsmessung mittels mikromagnetischer Verfahren war die Anwendung eines<br />

zerstörungsfreien Referenzverfahrens zur Kalibrierung erforderlich. Hierzu konnte an<br />

Schweißsimulationsproben die Gleichstrompotentialmethode erfolgreich angewendet werden, um<br />

die Phase des stabilen Rissfortschritts zu verfolgen. In diesem Zusammenhang wurden außerdem<br />

Rissfortschrittsfolien eingesetzt, die eine Ermittlung der Risstiefe in 0,25 mm Schritten über die<br />

Widerstandsänderung infolge des Durchtrennens einzelner Drähte ermöglichten.<br />

2.4 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

Im folgenden werden zum einen detaillierte Ergebnisse von grundsätzlichen Untersuchungen an<br />

schweißsimulierten Proben und an geschweißten Proben vorgestellt, mit denen geklärt werden<br />

konnte,<br />

� über welche für den Werkstoff- bzw. Ermüdungszustand des Werkstoffs typische Kenngrößen die<br />

ermittelten mikromechanischen und röntgenographischen Messgrößen eindeutig Aufschluss<br />

geben können und<br />

� in welcher Weise diese Messgrößen grundsätzlich für eine Restlebensdauerabschätzung einsetzbar<br />

sind.<br />

Zum anderen lässt sich zeigen, dass die aufbereiteten Messgrößen erfolgversprechend für eine<br />

Lebensdauervorhersage herangezogen werden können. Hierzu sind allerdings weitere vertiefende<br />

Arbeiten notwendig.<br />

2.4.1 Kalibrierung der magnetischen Messgrößen<br />

Die Zunahme der plastischen Dehnungsamplitude bei der Wechselverformung von Stählen mit<br />

konstanter Spannungsamplitude wird allgemein als zyklische Entfestigung bezeichnet, obwohl die<br />

besonders bei relativ weichen Ausgangszuständen zu beobachtende Zunahme der<br />

Versetzungsdichte zu einer Erhöhung der Fließspannung, d. h. zu einer Verfestigung des<br />

Werkstoffes führt. Den Zusammenhang zwischen einer Versetzungsdichtezunahme und einer<br />

- 66 -<br />

b<br />

�<br />

h<br />

t<br />

t *<br />

b = Nahtbreite<br />

h = Nahtüberhöhung<br />

r = Makrokerbradius,<br />

Nahtübergangsradius<br />

r' = Mikrokerbradius<br />

� = Nahtanstiegswinkel<br />

t = Blechdicke<br />

t * = Einbrandkerbtiefe


� f [MPa]<br />

� [cm -2 ]<br />

�� m [-]<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

10 10<br />

10 9<br />

0.020<br />

0.015<br />

0.010<br />

0.005<br />

0.000<br />

Schweißsimulationsgefüge<br />

10 -1<br />

10 0<br />

Feinkorn, 220 HV<br />

Grobkorn, 220 HV<br />

Feinkorn, 190 HV<br />

8.0x10 4<br />

10 0<br />

10 1<br />

10 1<br />

Grundwerkstoff, 190 HV<br />

Grobkorn, 210 HV<br />

1.0x10 5<br />

� 1/2 [cm -1 ]<br />

Schweißsimulierte Gefüge<br />

Grobkorn, Decklage (350 HV)<br />

Grobkorn, Gegenlage (220 HV)<br />

Grundwerkstoff<br />

10 2<br />

10 2<br />

10 3<br />

10 3<br />

Grobkorn (350 HV)<br />

Grobkorn (220 HV)<br />

Grundwerkstoff<br />

N [-]<br />

1.2x10 5<br />

10 4<br />

10 4<br />

1.4x10 5<br />

Bild 4 Fließspannung ��f schweißsimulierter<br />

Gefügezustände über der Wurzel der<br />

Versetzungsdichte � (Profilanalyse nach dem<br />

Einlinien-Voigt-Verfahren).<br />

10 5<br />

10 5<br />

Bild 5 Verlauf der röntgenographisch abgeschätzten<br />

Versetzungsdichte mit der Lastspielzahl im<br />

Vergleich zur akkumulierten relativen<br />

Mitteldehnung ��m schweißsimulierter<br />

Wärmeeinflusszonengefüge.<br />

- 67 -<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

Fließspannungserhöhung wird durch die<br />

von [MECKING 1981] angegebene<br />

Proportionalität ~ � � � �<br />

� � (1)<br />

f<br />

beschrieben und in einem von [WEISS<br />

1987] vorgestellten „Fatigue-Monitoring“-<br />

Verfahren zur Beurteilung des<br />

Ermüdungsverhaltens auf der Grundlage<br />

von Versetzungsdichtebestimmungen aus<br />

der Verbreiterung von Röntgeninterferenzlinien<br />

herangezogen.<br />

Bild 4 zeigt die nach dem vorgestellten<br />

Ansatz berechnete Fließspannungserhöhung<br />

bei den untersuchten Schweißsimulationsproben<br />

mit unter schiedlichen<br />

Gefügezuständen. Die ten denziell gegenüber<br />

dem Grundwerkstoff größere Fließspannungszunahme<br />

in den Simulationsgefügen,<br />

ist mit der wegen der feinkörnigen<br />

bainitischen Struktur und der feinverteilten<br />

Karbide größeren Behinderung der<br />

Versetzungsbewegung in diesen Gefügen zu<br />

erklären. In Bild 5 sind die über der Lastspielzahl<br />

in verschiedenen Gefügen<br />

bestimmten Versetzungsdichten den gemessenen<br />

Mitteldehnungen gegenübergestellt.<br />

Merkliche Ver änderungen der<br />

Versetzungsdichte sind vor allem während<br />

des ersten Lastwechsels zu verzeichnen,<br />

insbesondere im Grundwerkstoff aufgrund<br />

einer Streckgrenzenüberschreitung. Im<br />

weiteren Beanspruchungsverlauf bleibt die<br />

Versetzungsdichte bei allen Gefügemodifikationen<br />

zunächst relativ konstant.<br />

Im weichen Grundwerkstoff sowie in<br />

geringerem Maße auch in der angelassenen<br />

Grobkornzone ist nach ca. 100 bzw. 1000<br />

Lastwechseln ein zunehmender Anstieg der<br />

Mitteldehnungen, d.h. ein zyklisches<br />

Kriechen zu beobachten. Zum gleichen<br />

Zeitpunkt steigen auch die Versetzungsdichten<br />

tendenziell an. Relativ hohe<br />

plastische Dehnungsamplituden zwischen<br />

1�10 -4 und 3�10 -4 bewirken zunehmende<br />

0


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

� [cm -2 ]<br />

2x10 10<br />

10 10<br />

9x10 9<br />

8x10 9<br />

7x10 9<br />

Schweißsimulationsgefüge<br />

Grobkorn, 350 HV<br />

(� o = 550 MPa, N A = 1.07x10 5 )<br />

Grobkorn, 220 HV<br />

(� o = 550 MPa, N A = 6.65x10 4 )<br />

Grundwerkstoff<br />

(190 HV, � o = 500 MPa, N A = 5.80x10 3 )<br />

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />

N/N [-] A<br />

Bild 6 Verlauf der röntgenographisch abgeschätzten<br />

Versetzungsdichte über der auf die Anrisslastspielzahl<br />

NA bezogene Lastspielzahl N.<br />

- 68 -<br />

Wechselplastizierungen und damit<br />

kommt es zu nachweisbaren Änderungen<br />

in der Versetzungsstruktur und -<br />

dichte.<br />

Als eine mit den Mikroeigenspannungen<br />

zusammenhängende<br />

Kenngröße, kann die Veränderung der<br />

Versetzungsdichte somit einen<br />

wichtigen Hinweis auf eine mögliche<br />

Wechselwirkung zwischen Eigenspannungsstabilität,<br />

Mikrostruktur und<br />

Lebensdauer darstellen und damit als<br />

Indikator für den Ermüdungszustand<br />

herangezogen werden.<br />

Eine Bestätigung finden diese<br />

Ergebnisse beim Vergleich mit Schrifttumsangaben.<br />

Ein nahezu linearer<br />

Anstieg der Versetzungsdichte über der<br />

Lastspielzahl, wie in Bild 6 für die<br />

Grobkornmodifikation geringerer Härte<br />

und für den Grundwerkstoff dargestellt, wurde auch von [WEISS 1987] beschrieben. Hier war die<br />

Versetzungsdichtezunahme mit steigender Lastspielzahl im weicheren Gefüge wesentlich<br />

ausgeprägter. Entscheidend hierfür ist das Ausmaß der zyklischen Plastizierungen und die damit<br />

verbundene Anrisslastspielzahl. In der härteren Grobkornmodifikation der Decklage mit einer<br />

anfänglichen Versetzungsdichte um 2�10 10 cm �2 tritt eine vergleichbare kontinuierliche Zunahme<br />

nicht auf. Bis zur halben Anrisslastspielzahl 0.5 NA ist ein leichter Anstieg und danach bis zum<br />

Anriss eine Verringerung von � in gleichem Ausmaß zu beobachten. Dieser Zusammenhang lässt<br />

sich mit Ergebnissen aus Wechselverformungsversuchen an vergüteten Proben des Stahls 42CrMo4<br />

von [EIFLER 1985] erläutern. Dort wurde gezeigt, dass vergütete Gefügezustände (450 HV) durch<br />

eine quasielastische Inkubationsphase gekennzeichnet sind, an die sich eine kontinuierlich in die<br />

Rissausbreitungsphase übergehende Wechselentfestigung anschließt. Weiterhin ist ergänzt, dass die<br />

Wechselentfestigung dort sehr inhomogen erfolgt und mit der Bildung sogenannter<br />

Ermüdungszonen, auf die sich die zyklischen plastischen Verformungen im wesentlichen<br />

konzentrieren, verbunden ist. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den eigenen Ergebnissen<br />

transmissionselektronenmikroskopischer Untersuchungen, welche im ermüdeten Zustand lokal<br />

höhere Versetzungsdichten mit verstärkter Bildung von Versetzungsknäueln im Vergleich zum<br />

Ausgangszustand zeigten.<br />

Die beschriebenen Befunde lassen vermuten, dass die aus der Röntgeninterferenzlinienprofilanalyse<br />

abgeleiteten Kennwerte für eine Charakterisierung des Ermüdungszustandes ein wichtiges<br />

Hilfsmittel darstellen können. Lebensdauerabschätzungen sollten demnach für normalisierte<br />

Grundwerkstoffzustände sowie für nicht zu harte WEZ-Gefüge möglich sein. Andere Autoren [LO<br />

1999, BŁACHNIO <strong>2001</strong>, LINDGREN <strong>2003</strong>] haben auch Änderungen mikromagnetischer<br />

Kenngrößen mit Änderungen der Versetzungsdichten beschrieben.


M [V] ; H [A/cm]<br />

max cm<br />

H [A/cm]<br />

�<br />

c<br />

2<br />

-400 -200 0 200<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

� X-Ray [MPa]<br />

Mmax<br />

Hcm<br />

Hcm<br />

0<br />

-400 -200 0 200<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

� X-Ray [MPa]<br />

Hcmy Hcµ<br />

mydelta µ�max<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

� �max [V]<br />

IB [A/cm] ;<br />

SW [W/cm]<br />

- 69 -<br />

6<br />

4<br />

IB_MH<br />

IBMH<br />

2<br />

0<br />

SW_MH<br />

SWMH<br />

A_MH<br />

AMH<br />

-400 -200 0 200<br />

2<br />

-400 -200 0 200<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

Auf die notwendige Kalibrierung der magnetischen Messgrößen wurde bereits hingewiesen. Bild 7<br />

zeigt exemplarisch die Spannungsabhängigkeit verschiedener magnetischer Messgrößen, wie sie an<br />

Vierpunktbiegeproben eines Simulationsgefüges unter Variation der Lastspannung ermittelt<br />

wurden.<br />

Die magnetischen Kenngrößen Mmax, Hcm, AMH, ��max, Hc� und Hco, (ausgefüllte Punkte in Bild 7),<br />

die zur Vorhersage des Spannungszustandes in das Regressionspolynom einer<br />

Multiparameteranalyse eingesetzt werden, zeigen eine signifikante und nahezu lineare Abhängigkeit<br />

vom Spannungszustand.<br />

In Bild 8 sind die Ergebnisse der Spannungsberechnung mit dem Regressionspolynom (■) den<br />

röntgenographisch ermittelten Spannungen gegenübergestellt. Wie man sieht, zeigen die aus dem<br />

Regressionspolynom bestimmten Werte relativ geringe Abweichungen von der 45°-Sollgeraden.<br />

Das heißt, dass die mikromagnetischen Messgrößen gut zur Charakterisierung des<br />

Spannungszustandes- bzw. Eigenspannungszustandes nutzbar sind.<br />

Dieses Verfahren wurde bei einer 2. Probe (�) angewendet, indem die Spannungswerte aus den an<br />

der Probe gemessenen mikromagnetischen Messwerten mit Hilfe des Regressionspolynoms der 1.<br />

Probe berechnet wurden. Die etwas größeren Abweichungen von der Idealgeraden sind vermutlich<br />

darauf zurückzuführen, dass die 2. Probe aufgrund größerer Eigenspannungen im Ausgangszustand<br />

bei der Belastung Plastizierungen erfahren hat. Grundsätzlich ist damit bewiesen, dass sich bei<br />

korrektem Vorgehen unter Anwendung des Regressionsverfahrens aus mikromagnetischen<br />

Messgrößen Spannungswerte ermitteln lassen.<br />

Aufgrund der bisher fehlenden Möglichkeit, verschiedene magnetische Messgrößen bzw. deren<br />

Änderungen eindeutig bestimmten mikrostrukturellen Parametern zuzuordnen, lassen sich<br />

MH<br />

k [%] , H [A/cm]<br />

co<br />

MH<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

� X-Ray [MPa]<br />

10<br />

9<br />

8<br />

7<br />

6<br />

5<br />

4<br />

3<br />

� X-Ray [MPa]<br />

k<br />

k<br />

H_co<br />

Hco<br />

Bild 7 3MA-Kenngrößen einer spannungsabhängigen Kalibrierung an einer<br />

Vierpunktbiegeprobe, Simulationsgefüge: WEZ-grob (Mod. II) 220 HV.<br />

60<br />

55<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

A [W/cm]<br />

MH


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

� ��� [Mpa]<br />

Schweißsimulationsgefüge<br />

WEZ-grob (Mod. II) 220 HV<br />

300<br />

200<br />

100<br />

-400 -300 -200 -100 0 100 200 300<br />

0<br />

-100<br />

-200<br />

-300<br />

-400<br />

� X-Ray [Mpa]<br />

Änderungen der mikromagnetischen Kenngrößen nicht ohne weiteres einer Restlebensdauer oder<br />

einem bestimmten Ermüdungsstadium zuordnen. Aus diesem Grund wurden in einem ersten Ansatz<br />

alle im Verlauf der zyklischen Beanspruchung bis zum Bruch gemessenen mikromagnetischen Parameter<br />

durch eine lineare Multiparameter-Regression an die jeweils verbleibende Restlebensdauer<br />

(Zielgröße) angepasst. Mit Hilfe des aus der Regressionsrechnung abgeleiteten Regressionspolynoms<br />

sollte dann eine Restlebensdauervorhersage von Proben möglich sein, bei denen die mikromagnetischen<br />

Parameter zu einem beliebigen Beanspruchungszeitpunkt gemessen werden.<br />

Bild 9 zeigt für die verschiedenen Gefügemodifikationen (vgl. Bild 6) die auf diese Weise abgeschätzten<br />

zu erwartenden relativen Lebensdauerwerte in Abhängigkeit von den auf die Anrisslastspielzahl<br />

bezogenen tatsächlichen relativen Lebensdauern. Die Güte der Anpassung kann mit Hilfe<br />

der resultierenden Streuung der berechneten Lebensdauerwerte gegenüber der Soll-Geraden, dem<br />

Betrag der relativen Standardabweichung des Erwartungswerts srel und dem Wert des Regressionskoeffizienten<br />

R beurteilt werden.<br />

Ähnlich wie bei den Ergebnissen der Interferenzlinienprofilanalysen in Bild 6 ist auch die Streuung<br />

der Lebensdauerwerte bei gleicher Oberspannung umso geringer, je weicher das Gefüge ist. Auch<br />

mit zunehmender Oberspannung werden die Streuungen kleiner. Naturgemäß wird die Zuverlässigkeit<br />

der Analyseergebnisse von der Anzahl der ermittelten Messwerte bestimmt. Der beschriebene<br />

Zusammenhang und die geringe Streuung bei der Modifikationen Feinkorn (180 HV) ist daher unter<br />

Berücksichtigung der relativ geringen Anzahl von Messwerten noch kritisch zu bewerten.<br />

Für eine statistisch abgesicherte Restlebensdauerprognose werden also Referenzdaten von einer<br />

hinreichend großen Anzahl Proben gleicher Gefügezustände benötigt. Wegen der Lastspannungs-<br />

- 70 -<br />

■ Probe zur Ermittlung<br />

des Regressionspolynoms:<br />

�3MA = a + b · Mmax<br />

+ c · Hcm + d · AMH<br />

+ e · Hcµ + f · µ�max<br />

∆ Referenzprobe,<br />

Anwendung des<br />

Polynoms zur<br />

Spannungsvorhersage<br />

Bild 8 Anwendung des Regressionspolynoms zur Spannungsvorhersage an einer<br />

Referenzprobe mittels magnetischer Kenngrößen.


- 71 -<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

abhängigkeit der mikromagnetischen Parameter sollten dabei gleiche Lastzustände, d.h. gleiche<br />

Spannungsamplituden und Mittelspannungen von Referenzprobe und unbekanntem Werkstoffzustand<br />

bereitgestellt werden.<br />

In Bild 10 ist exemplarisch für die Gefügemodifikation Grobkorn (Gegenlage, 220 HV) das Ergebnis<br />

eines Versuches dargestellt, das entwickelte Regressionspolynom konkret für die Restlebensdauervorhersage<br />

einer Probe des gleichen Gefügezustandes heranzuziehen. Die Schnittpunkte der<br />

gestrichelten Linien mit der Abszisse in Bild 10 geben die berechneten Restlebensdauern an, die<br />

man erhält, wenn die nach verschiedenen Lebensdauerphasen (N/NA nach 13 %, 34 % und 68 % der<br />

Anrisslastspielzahl) gemessenen Kennwerte in das Polynom eingesetzt werden. Man erkennt, dass<br />

die Vorhersagegenauigkeit um so größer wird, je näher der Zeitpunkt, zu dem die mikromagnetischen<br />

Kenngrößen gemessen werden, bei der tatsächlichen Anrisslastspielzahl liegt. Alle prognostizierten<br />

Restlebensdauern liegen unterhalb des realen Wertes, sind also konservativ.<br />

Schweißsimulationsgefüge,<br />

N R, zfP = f (H cm , M max , H c� , � �max , A MH , IB MH , SW MH , k, H co ) +/- s rel<br />

N R, zfP / N A [-]<br />

N R, zfP / N A [-]<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

R = 0.92<br />

s = 0.12<br />

rel<br />

0.0 0.5 1.0<br />

1.0<br />

0.5<br />

Grobkorn, 350 HV<br />

N A = 1.07x10 5<br />

Feinkorn, 180 HV<br />

N A = 2.06x10 4<br />

0.0<br />

R = 1.0<br />

s = 0.037<br />

rel<br />

0.0 0.5 1.0<br />

N R, ist / N A [-]<br />

0.0<br />

R = 0.96<br />

s = 0.084<br />

rel<br />

0.0 0.5 1.0<br />

Bild 9 Mittels linearer Vielparameter-Regression mikromagnetisch ermittelte (NR, zfP) und auf<br />

die Anrisslastspielzahl NA bezogene Restlebensdauer schweißsimulierter Gefügezustände und<br />

des Grundwerkstoffs im Vergleich zur tatsächlichen Restlebensdauer.<br />

1.0<br />

0.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

Grobkorn, 220 HV<br />

N A = 6.65x10 4<br />

GW, 190 HV<br />

N A = 5.8x10 3<br />

0.0<br />

R = 0.99<br />

s = 0.052<br />

rel<br />

0.0 0.5 1.0<br />

N R, ist / N A [-]


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

Eine in gleicher Weise durchgeführte Auswertung an einer Probe mit dem härteren Decklagengefüge<br />

(350 HV) führte allerdings noch nicht zum gleichen Ergebnis. Die Aussagesicherheit hängt<br />

somit offenbar von der Größe und der Reproduzierbarkeit der auftretenden Kenngrößenveränderungen<br />

im Ver-lauf der Probenlebensdauer ab, die, wie die vorgestellten Ergebnisse zeigen, eher bei<br />

weicheren Werkstoff-zuständen in Kombina-tion mit hohen Beanspruchungen diese Voraussetzung<br />

erfüllen.<br />

M [V] ; H [A/cm] ;<br />

IB [A /cm] ; SW [W /cm] ; a [mm]<br />

max cm<br />

N R, 3MA / N A [-]<br />

MH MH<br />

Aus Referenzmessung: N R, 3MA � A � B � M max � C � H cm � D �� �max � ...<br />

14<br />

12<br />

10<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

Grobkorn, 220 HV<br />

R = 0, � O = 550 MPa<br />

N A = 7.33x10 4<br />

(3)<br />

0.0<br />

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />

N R, ist / N A [-]<br />

Sollgerade<br />

Schweißsimulationsgefüge<br />

WEZ-grob (Mod. II) 220 HV N = 47910<br />

B<br />

30000 35000 40000<br />

N [-]<br />

45000 50000<br />

Bild 11 3MA-Kenngrößen im Rissfortschrittsstadium.<br />

(2)<br />

(1)<br />

N � 0<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

- 72 -<br />

Lebensdauerabschätzung<br />

mit Regressionspolynom<br />

der Referenzprobe<br />

Prognosen:<br />

(1) nach N / N A = 0.13<br />

(2) nach N / N A = 0.34<br />

(3) nach N / N A = 0.68<br />

(N / N A = 1 � N R, ist / N A )<br />

Bild 10 Anwendung des Regressionspolynoms einer Referenzprobe<br />

für die Lebensdauervorhersage einer unbekannten, aktuellen Probe<br />

der gleichen Gefügemodifikation.<br />

A [W/cm]<br />

MH<br />

Hcm<br />

Mmax<br />

IB_MH<br />

SW_MH<br />

Risslänge a<br />

A_MH<br />

Bild 11 zeigt den Verlauf<br />

verschiedener mikromagnetischerMessgrößen<br />

bei einer angerissenen<br />

Probe im<br />

Vergleich zur gemessenen<br />

Risslänge.<br />

Eine mehrparametrige<br />

Regression (Bild 12)<br />

führte auch für die Phase<br />

der stabilen Rissausbreitung<br />

zu einem<br />

relativ zuverlässigen<br />

Ergebnis, d. h. auch für<br />

die Rissfortschrittsphase<br />

erscheint die Anwendung<br />

der magnetischen<br />

Messmethode<br />

zweckmäßig.


a3MA [mm]<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

0<br />

a = f (M , H , A , IB , SW )<br />

3MA max cm MH MH MH<br />

0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />

a SOLL [mm]<br />

Bild 12 Anwendung der Multiparameter-Regression im Rissfortschrittsstadium.<br />

2.4.2 Überwachung und Lebensdauervorhersage bei Schweißverbindungen<br />

- 73 -<br />

R = 0,988<br />

s = 0,11 mm<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

In Bild 13 sind an geschweißten Proben und am Ersatzbauwerk über der Lastspielzahl gemessene<br />

magnetische Parameter (Hcm und µ�max) vergleichend gegenübergestellt. Außer der bereits vorgestellten<br />

guten Erkennbarkeit des Anrisszeitpunktes zeigt sich bei den Schweißverbindungen keine<br />

so eindeutige Tendenz einer Abhängigkeit der magnetischen Parameter vom Ermüdungsstadium<br />

Mikromagnetische Messung an MAG V-Naht,<br />

Meßort Nahtübergang (Anriß)<br />

10<br />

Laborprobe,<br />

8<br />

� = 295 MPa, � = 105 MPa<br />

m a<br />

H cm [A/cm]<br />

H cm [A/cm]<br />

6<br />

4<br />

2<br />

8<br />

6<br />

4<br />

2<br />

0<br />

10 5<br />

Ersatzbauwerk,<br />

F max = 260 kN<br />

10 6<br />

N [-]<br />

10 7<br />

� �max [V]<br />

3<br />

2<br />

1<br />

2<br />

1<br />

0<br />

10 5<br />

Querrichtung<br />

Längsrichtung<br />

Bild 13 Mikromagnetisch bestimmte Parameter Koerzitivfeldstärke und<br />

Überlagerungspermeabilität im Nahtübergang einer MAG-geschweißten V-Naht in<br />

Bauteilprobe und Ersatzbauwerk unter zyklischer Beanspruchung<br />

� �max [V]<br />

10 6<br />

N [-]<br />

10 7


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

wie bei den Simulationsproben. Die einfache Übertragung der dort entwickelten Regressionspolynome<br />

zur Lebensdauervorhersage bei den geschweißten Proben und dem Ersatzbauwerk war daher<br />

bislang noch nicht erfolgreich.<br />

Die Gründe liegen einmal in der an den konkreten Verbindungen vorhandenen Gefügeinhomogenitäten.<br />

So ist eine Kalibrierung der Messgrößen bei den hier vorliegenden Gefügegradienten wesentlich<br />

erschwert. Zum anderen sind zwei andere wichtige Einflussgrößen, nämlich der vorhandene<br />

Makroeigenspannungszustand sowie die Kerbwirkung des Nahtübergangs, zu berücksichtigen.<br />

Insbesondere die Kerbwirkung erschwert die Bewertung. Bei den Simulationsproben hatte sich<br />

gezeigt, dass die Zuverlässigkeit der anhand der magnetischen Parameter berechneten Lebensdauer<br />

in weicheren bzw. feinkörnigeren Gefüge zunimmt, grobkörniges Gefüge hingegen zu ungenaueren<br />

Ergebnissen führt. Aufgrund der dominanten Kerbwirkung am Nahtübergang treten aber bei den<br />

Schweißverbindungen die Bruchausgänge nahezu ausschließlich an diesen Stellen auf. Die aufgrund<br />

der geometrischen Gegebenheiten bestehenden Schwierigkeiten der Messwerterfassung durch<br />

die verminderte Aufsetzgenauigkeit des Sensors konnten durch eine zwischenzeitlich erfolgte<br />

Optimierung der Sensorgeometrie zum Teil behoben werden, doch ist das Problem der geringen<br />

Sensitivität des dort vorliegenden grobkörnigen Gefüges noch nicht befriedigend gelöst.<br />

Bild 14 zeigt die Ergebnisse der Schwingversuche an geschweißten Proben und die daraus berechneten<br />

Wöhlerlinien im Vergleich zu den Ergebnissen der Schwingversuche an Ersatzbauwerken.<br />

Werden die Proben bei einem nominal gleichen Spannungsverhältnis wie die Ersatzbauwerke R � 0<br />

beansprucht, so weisen die Proben eine deutlich höhere Schwingfestigkeit als die Bauteilproben<br />

auf. Werden die Proben hingegen mit einem Spannungsverhältnis von R � 0.5 beansprucht, so stellen<br />

sich Schwingfestigkeiten wie beim Ersatzbauwerk ein. In diesem Verhalten spiegelt sich das<br />

Problem wieder, dass bei Schweißkonstruktionen die Bewertung des kombinierten Mittel- und Ei-<br />

Nennspannungsamplitude � a,n<br />

300<br />

280<br />

260<br />

240<br />

220<br />

200<br />

180<br />

160<br />

140<br />

120<br />

100<br />

80<br />

10 4<br />

MAG-V-Hand<br />

10 5<br />

R = 0, Probe Ersatzbauwerk<br />

R = 0.5, Probe<br />

� V, Mises im Ersatzbauwerk<br />

(mit Eigenspannungen nach N = 1)<br />

- 74 -<br />

10 6<br />

Schwingspielzahl N A<br />

S = 145 MPa<br />

A<br />

Probe R = 0<br />

S A = 97 MPa<br />

10 7<br />

Probe R = 0.5<br />

Bild 14 Vergleich der Schwingfestigkeit von Proben und Ersatzbauwerk und<br />

berechnete Wöhlerlinien nach [KÖTTGEN 1992 und ANTHES 1993].


- 75 -<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

genspannungseinflusses auf die Schwingfestigkeit nach wie vor nicht vollständig geklärt ist. Bislang<br />

geht man vielfach davon aus, dass große geschweißte Konstruktionen immer Eigenspannungen<br />

in Höhe der Streckgrenze des Grundwerkstoffs enthalten, die wie Mittelspannungen wirken und<br />

demnach eine weitgehende Mittelspannungsunempfindlichkeit vorausgesetzt wird. Nach dem Eurocode<br />

3 ist somit allein die Spannungsschwingbreite lebensdauerbestimmend („����Konzept“). Die<br />

unterschiedliche Wirkungsweise von Eigen- und Mittelspannungen wird dabei ebenso außer acht<br />

gelassen wie die Möglichkeit, dass die Eigenspannungszustände von Proben und Bauteilen oft<br />

wesentlich geringere Unterschiede aufweisen, als dies ohne Berücksichtigung von Messergebnissen<br />

� ES<br />

V [MPa]<br />

� V, Mises [MPa]<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

MAG-V-Naht, Ausgangszustand - unbelastet<br />

Probe<br />

Großbauteil<br />

Schweißnaht<br />

0<br />

-30 -20 -10 0 10 20 30<br />

Abstand von der Nahtmitte [mm]<br />

MAG-V-Naht, nach Belastung<br />

Probe, 350 MPa<br />

Probe, 430 MPa<br />

Probe, 470 MPa<br />

Großbauteil, 300 kN<br />

Schweißnaht<br />

0<br />

-30 -20 -10 0 10 20 30<br />

Abstand von der Nahtmitte [mm]<br />

Bild 15 Vergleichsspannungen nach v. MISES im<br />

Nahtbereich im Ausgangszustand und bei verschiedenen<br />

Probenlastspannungen im Vergleich zum belasteten und<br />

Großbauteil.<br />

vermutet wird. Damit wird<br />

verständlich, dass die Anwendung<br />

des ����Konzepts<br />

nicht zwangsläufig zu konsistenten<br />

Ergebnissen führt, was<br />

sich anhand eines Vergleichs<br />

der hier untersuchten bei R � 0<br />

geprüften Proben mit den Ergebnissen<br />

der Bauteilversuche<br />

verdeutlichen lässt. So liegt die<br />

Dauerfestigkeit der bei R � 0<br />

geprüften vergleichbaren Laborproben<br />

mit SA � 145 MPa (Bild<br />

14) trotz gleicher Nahtausführung<br />

deutlich über der Dauerfestigkeit<br />

der Großbauteile<br />

selbst (SA � 100 MPa). Diese<br />

Diskrepanz ist nicht allein mit<br />

unterschiedlichen Ausgangseigenspannungszuständen<br />

zu begründen<br />

(vgl. Bild 14), sondern<br />

muss anhand von Bild 15 mit<br />

dem Abbauverhalten der Eigenspannungen<br />

und den sich daraus<br />

ergebenden veränderten Beanspruchungsbedingungen<br />

erklärt<br />

werden. Diese lassen sich anhand<br />

der Vergleichsspannungen<br />

charakterisieren, die sich nach<br />

dem quasistatischen Eigenspannungsabbau<br />

während des ersten<br />

Lastwechsels aus den stabilen<br />

Eigenspannungen und den Lastspannungen<br />

ergeben.


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

Bei einer einheitlichen Spannungsamplitude (in diesem Fall ��a = 143 MPa) stellen sich im<br />

Nahtübergang von Probe und Bauteil vergleichbare Beanspruchungszustände, d.h. eine einheitliche<br />

obere Vergleichsspannung, nicht bei R = 0 (Oberspannung �� = 330 MPa), sondern erst dann ein,<br />

wenn die Probe mit R = 0.5 (Oberspannung �� = 430 MPa) beansprucht wird. Werden die in Bild<br />

15 dargestellten Vergleichsspannungen im Nahtübergang als Oberspannungen in das örtliche<br />

Konzept nach [ANTHES 1993] eingesetzt, so ergebt sich nicht nur eine relativ gute Übereinstimmung<br />

zwischen den berechneten und den experimentell ermittelten Anrisslastspielzahlen im<br />

Großbauteil. Auch mit den unter der Beanspruchung R = 0.5 für die Proben experimentell<br />

ermittelten Bruchlastspielzahlen sowie mit den rechnerisch bestimmten Proben-<br />

Anrisslastspielzahlen stimmen dann die Werte für das Ersatzbauwerk gut überein (Bild 14).<br />

Ein analoges Ergebnis wurde bereits früher u.a. von [OHTA 1997] beobachtet, konnte aber<br />

aufgrund fehlender Eigenspannungsmessungen nicht schlüssig begründet werden. Der dort<br />

gemachte Vorschlag, Wöhlerversuche mit einer Oberspannung �� = Re durchzuführen, führte hier<br />

zu keinem relevanten Unterschied in den rechnerisch bestimmten Anrisslastspielzahlen, wie Bild 14<br />

verdeutlicht.<br />

Wesentliche Unterschiede zwischen Bauteil und Probe bestehen vor allem in der Höhe der in Bild<br />

15 dargestellten Ausgangs-Vergleichseigenspannungen im Grundwerkstoff (in der Literatur oftmals<br />

als „globale Eigenspannungen“ bezeichnet). Diese allein sind aber für die Schwingfestigkeit<br />

offensichtlich von untergeordneter Bedeutung, da die Bruchausgänge ausschließlich am<br />

Nahtübergang anzutreffen sind.<br />

Die vorgestellten Ergebnisse lassen folgende Möglichkeiten für eine Lebensdauervorausbestimmung<br />

von einstufig schwingbeanspruchten Großbauteilen als erfolgsversprechend<br />

und zur weiteren Überprüfung geeignet erscheinen:<br />

� Lebensdauerberechnung für das Großbauteil nach dem örtlichen Dehnungskonzept von<br />

[KÖTTGEN 1992] unter Verwendung der Vergleichsspannungen, die sich mit den nach einem<br />

Lastwechsel in der Nahtübergangszone des Großbauteils gemessenen Eigenspannungen ergeben.<br />

Die zur Anwendung des örtlichen Konzeptes benötigten Dehnungswöhlerlinien können mit Hilfe<br />

der in Tabelle 1 aufgeführten mechanischen Werkstoffeigenschaften der WEZ abgeschätzt<br />

werden. Die Berechnung der Kerbwirkungszahl ist dabei über eine Auswertung von<br />

Nahtprofilschrieben und der Beziehung nach [ANTHES 1993] unter Verwendung des<br />

Ersatzmikrokerbradius r' = 1 mm sowie der Stützziffer nach Peterson möglich.<br />

� Zusätzliche Kontrolle der Ergebnisse anhand der Bruch- oder Anrisslastspielzahlen, die sich bei<br />

Schwingversuchen mit gleichartig geschweißten Laborproben unter einer Beanspruchung<br />

ergeben, die in den Vergleichsspannungswerten mit denen des Großbauteils so gut wie möglich<br />

übereinstimmt (Wahl der Oberspannung bzw. des R-Wertes).<br />

Für beide Möglichkeiten sind die Eigenspannungszustände an den Nahtübergängen als wichtige<br />

Kenngröße zu ermitteln.<br />

- 76 -


- 77 -<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

2.5 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />

Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />

Im Laufe des Berichtszeitraumes sind einige Veröffentlichungen erschienen, die die Anwendung<br />

magnetischer Verfahren zur Charakterisierung der Werkstoffermüdung beschreiben [LINDGREN<br />

<strong>2003</strong>], [LO 1999], [BŁACHNIO <strong>2001</strong>], [PALIT SAGAR 2002]. Es ist allerdings bei noch relativ<br />

geringer Erfahrung auf diesem Gebiet schwer zu beurteilen, inwiefern diese Ergebnisse, die mit<br />

unterschiedlichen Magnetisierungsverfahren und entsprechenden Sensoren an verschiedenen Werkstoffen<br />

ermittelt wurden, untereinander vergleichbar sind. Einen Überblick bisheriger Untersuchungen<br />

zum Einfluss zyklischer Beanspruchungen ferromagnetischer Werkstoffe auf das magnetische<br />

Barkhausenrauschen ist in [LINDGREN <strong>2003</strong>] dargestellt. Die eigenen Ergebnisse [LACHMANN<br />

1998b], die einen Zusammenhang der Änderung der Barkhausenrauschamplitude und dem Eigenspannungsabbau<br />

unter zyklischer Belastung zeigten, werden hier in Zusammenhang mit anderen<br />

Ergebnissen gebracht, die eine Korrelation der Barkhausenrauschamplitude mit Wechselver- und<br />

entfestigungen, der Fehlstellendichte und der Versetzungsdichte untersuchen. Die teils kontroversen<br />

Verläufe der Barkhausenrauschamplitude unter Ermüdungsbeanspruchung konnten mit einer Fehlinterpretation<br />

der Ergebnisse begründet werden.<br />

Aus den Ergebnissen von [CHEN 1994] geht hervor, dass die Kenngrößen Koerzitivfeldstärke und<br />

Remanenz zur Lebensdauervorhersage verwendet werden können, da eine logarithmische Korrelation<br />

dieser magnetischen Kenngrößen mit der Lastwechselzahl besteht. Dabei wurde allerdings der<br />

Prüfkörper mit einer umfassenden Spule magnetisiert. Die Möglichkeit zur Anwendung dieses Verfahrens<br />

für die Lebensdauervorhersage knüpft [CHEN 1994] an die Kalibrierung mittels eines alternativen<br />

zerstörungsfreien Prüfverfahrens zur Bestimmung der Bruchlastspielzahl, da die Ergebnisse<br />

sich lediglich auf die Untersuchung der Schadensakkumulation beziehen und keine Aussage über<br />

den Absolutwert im Ausgangszustand der unbeanspruchten Probe liefern.<br />

Die Untersuchungen an einem zyklisch beanspruchten ferritischen Chromstahl von [BŁACHNIO<br />

<strong>2001</strong>] beziehen sich ebenfalls auf die Beschreibung der nichtlinearen Änderungen der magnetischen<br />

Kenngröße Barkhausenrauschen mit der Lastwechselzahl, die anhand von transmissions- und rasterelektronenmikroskopischen<br />

Untersuchungen auf mikrostrukturelle Veränderungen (Änderungen<br />

der Korngröße, die Struktur der Versetzungsanordnung und der Fehlstellenverteilung) zurückgeführt<br />

werden. Dieser nichtlineare Zusammenhang wird auch von [PALIT SAGAR 2002] beschrieben,<br />

die direkt den einzelnen Stadien der Schädigung (Versetzungsstruktur, Persistente Gleitbänder,<br />

Ex-/Intrusionen) eines kohlenstoffarmen Stahls eine signifikante Änderung der Barkhausenrauschamplitude<br />

zuordnen konnten. Die generelle Möglichkeit der Anwendung des magnetischen Verfahrens<br />

zur Charakterisierung der Ermüdung ferromagnetischer Werkstoffe und zur Lebensdauervorhersage<br />

wird durch diese Veröffentlichungen bestätigt und die eigenen Untersuchungen nutzen dabei<br />

noch den Vorteil der Erfassung mehrer Kenngrößen mit unterschiedlichem Informationsgehalt.<br />

Die Untersuchung von Schweißverbindungen mittels magnetischer Verfahren beschränkt sich derzeit<br />

auf die Qualitätssicherung mittels zerstörungsfreier prozessintegrierter Überwachung im Fertigungsprozeß.<br />

So wurden von [OBERBECK-SPINTIG 2000] die physikalischen Feinblecheigenschaften<br />

und deren Änderung beim Fügen zur Tailored Blank Herstellung benutzt. Die Multiparameteranalyse<br />

wird hierbei zur Härte-, Gefüge- und Eigenspannungsbestimmung auf die magnetischen<br />

Kenngrößen angewendet.


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

2.6 Offene Fragen<br />

Die dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die lineare Multiparameter-Regressionsanalyse ein gutes<br />

Werkzeug zur Lebensdauervorhersage mittels mikromagnetischer Messgrößen darstellt. Im Verlauf<br />

der nächsten Förderperiode ist allerdings der Frage nachzugehen, welche Randbedingungen eine<br />

Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit und der Übertragbarkeit auf geschweißte Laborproben<br />

bzw. auf das Ersatzbauwerk ermöglichen. Dabei ist der von [BŁACHNIO <strong>2001</strong>] und [CHEN 1994]<br />

beschriebene nichtlineare Verlauf magnetischer Kenngrößen unter Ermüdungsbeanspruchung zu<br />

berücksichtigen, und auch die Nahtgeometrie geschweißter Proben muss (eventuell als offset) in das<br />

Verfahren der Multiparameter - Regression eingehen.<br />

Eine erweiterte Nutzung der an Laborproben ermittelten Lebensdauerwerte zur adaptiv verbesserten<br />

Lebensdauerprognose bei Bauwerken muss berücksichtigen, dass durch die große Starre der Einspannung<br />

der Schweißnaht im Ersatzbauwerk sowohl die belastungsbedingten Beanspruchungen als<br />

auch die schweißbedingten Eigenspannungen bedeutsame Unterschiede gegenüber den Laborproben<br />

aufweisen. Verbesserten Aufschluss über unterschiedliche Verhältnisse an Proben und Bauteilen<br />

können einerseits tiefenaufgelöste Eigenspannungsbestimmungen liefern und andererseits bisher<br />

nicht durchgeführte Beobachtungen der Eigenspannungsveränderungen unter Schwingbeanspruchung.<br />

Eigenspannungen in verschiedenen Tiefen unter der Oberfläche sind sowohl röntgenographisch<br />

erfassbar und können als Referenzwert für eine tiefenaufgelöste mikromagnetische<br />

Eigenspannungsbestimmungen dienen. Eine besondere Aufgabe wird die Erprobung dieser Methodik<br />

zur Lebensdauervorhersage bei Betriebsbeanspruchungen sein.<br />

2.7.1 Literatur<br />

ANTHES, R.J., KÖTTGEN, V.B., SEEGER, T., 1993: Kerbformzahlen von Stumpfstößen und Doppel-T-Stößen.<br />

Schweißen und Schneiden 45 (1993), 685<br />

BERGSTRÖM, J.; ERICSSON, T. 1987: Shot Peening, H. Wohlfahrt (Hrsg.) Proc. 3 rd Int. Conf.<br />

Shot Peening (ICSP-3), DGM Informationsgesellschaft (1987), 221.<br />

BŁACHNIO, J.; DUTKIEWICZ, J.; SALAMON, A. <strong>2001</strong>: The effect of cyclic deformation in a<br />

13% Cr ferritic steel on structure and Barkhausen noise level. Materials and Science and Engineering<br />

A323 (2002) 83.<br />

CHEN, Z. J.; JILES, D. C.; KAMEDA, J. 1994: Estimation of fatigue exposure from magnetic coercivity.<br />

J. Appl. Phys. 75 (1994) 6975.<br />

DELHEZ, R.; DE KEIJSER, T. H.; MITTEMEIJER, E. J. 1982: Determination of Crystallite Size<br />

and Lattice Distortions through X-Ray Diffraction Line Profile Analysis. Fresenius Z. Anal. Chemie<br />

312 (1982), 1.<br />

EIFLER, D. 1985: Zusammenhang zwischen Mikrostruktur und Schwingfestigkeitsverhalten von<br />

Stählen. In D. Munz (Hrsg.): Ermüdungsverhalten metallischer Werkstoffe, DGM Informationsgesellschaft-Verlag,<br />

Oberursel 1985.<br />

GURNEY, T.R. 1979: Fatigue of Welded Structures, Cambridge University Press (1979).<br />

LINDGREN, M.; LEPISTÖ, T. <strong>2003</strong>: Effect of cyclic deformation on Barkhausen noise in a mild<br />

steel. NDT & E International 36 (<strong>2003</strong>) 401.<br />

- 78 -


- 79 -<br />

B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

LO, C. C. H.; TANG, F.; SHI, Y.; JILES, D. C.; BINER, S. B. 1999: Monitoring fatigue damage in<br />

materials using magnetic measurement techniques. J. Appl. Phys. 85 (1999) 4595.<br />

NITSCHKE-PAGEL, TH.; WOHLFAHRT, H <strong>2001</strong>: Eigenspannungsabbau in zügig und zyklisch<br />

beanspruchten Schweißverbindungen. Z. Metallkd. 92 (<strong>2001</strong>); 860.<br />

MECKING, H.; KOCKS, U. F. 1981: Acta Metall. 29 (1981), 1865.<br />

OBERBECK-SPINTIG, I. 2000: Einsatz der Barkhausenrauschanalyse zur zerstörungsfreien Eigenschaftsprüfung<br />

geschweißter Feinbleche. Diss. Uni Hannover 2000<br />

OHTA, A.; SUZUKI, N; MAEDA, Y. 1997: Proc. Int. Conf. On Performance of Dynamically<br />

Loaded Welded Structures, Welding Research Council, New York (1997), 108.<br />

PALIT SAGAR, S.; PARIDA, N.; KUMAR, P., DAS, S.; DOBMANN, G.; BHATTACHARYA,<br />

D. K. 2002: Online monitoring of High Cycle Fatigue in Mild Steel by Magnetic Barkhausen Emission<br />

Technique. Presented at NDE2002, to predict. Assure. Improve. Abstract : www.nde2002.org,<br />

Chennai, 05.-07.12.2002<br />

WEISS, V. 1987: Residual Stresses in Science and Technology, V. Hauk and E. Macherauch<br />

(Hrsg.), DGM Informationsgesellschaft, Oberursel, 41.<br />

2.7.2 Veröffentlichungen des TP B4<br />

Beiträge zu Proceedings:<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1998b: Characterization of the<br />

Fatigue of Cyclically Loaded Welded Joints by Micromagnetic Testing and X-Ray Diffraction. Proc.<br />

of the 1 st International Conference on Barkhausen Noise and Micromagnetic Testing, Hannover<br />

1998, Publ. Stresstech-Oy, Finnland, 101-109.<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1999a: Characterization of Microstructural<br />

Changes in Fatigue Loaded Welded Joints by X-Ray Diffraction and Micromagnetic<br />

Testing Methods. Proceedings of the International Welding Conference, New Delhi 1999<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1999b: Nondestructive Characterization<br />

of Fatigue Processes in Cyclically Loaded Welded Joints by the Barkhausen Noise<br />

Method. Structural Health Monitoring 2000, Proceedings of the 2 nd International Workshop on<br />

Structural Health Monitoring, Stanford University 2000, Technomic, 327-336<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 2000a: Characterization of Residual<br />

Stress Relaxation and Microstructural Changes in Fatigue Loaded Welded Joints by X-ray<br />

Diffraction and Barkhausen Noise Method. Proceedings of the 5 th European Conference on Residual<br />

Stresses, Delft, 1999, Trans Tech Publications, 374-379<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 2000b: Nondestructive Characterization<br />

of Residual Stress Relaxation and Fatigue Processes in Cyclically Loaded Welded Joints.<br />

Proceedings of the 6 th International Conference on Residual Stresses, Oxford, IOM Communications,<br />

London, UK, 1400-1407


B4<br />

Wohlfahrt, Dilger<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, T., WOHLFAHRT, H., 2000c: Verbesserung der Lebensdauervorhersage<br />

von Schweißverbindungen mittels zerstörungsfreier Prüfverfahren. DVS-Berichte<br />

Band 209, Große Schweißtechnische Tagung 2000, DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf, 175-180<br />

NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 2000: Residual Stress Relaxation in Welded High<br />

Strength Steels under Different Loading Conditions. Proceedings of the 6th International Conference<br />

on Residual Stresses. Oxford, IOM Communications, London, UK, 1495-1502<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, T., WOHLFAHRT, H., <strong>2001</strong>: Possibilities for Improving<br />

the Life Cycle Prediction of Welded Joints by Nondestructive Methods. Konferenzband Kolloquium<br />

Prof. Schwalbe: The Life of a Crack: Initiation – Growth – Fracture. GKSS Research Center<br />

Geesthacht <strong>2001</strong>, 1-9<br />

WOHLFAHRT, H., BRINKMANN, D., <strong>2001</strong>: Consideration of Inhmogeneities in the Application of<br />

Deformation Models, Describing the Inelastic Behaviour of Welded Joints. DFG – Plasticity of<br />

Metals, Final Report of the Collaborative Research Centre 319. Wiley-VCH <strong>2001</strong>, 361 - 383<br />

Beträge zu Zeitschriften und Büchern:<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1998a: Charakterisierung des<br />

Ermüdungszustandes in zyklisch beanspruchten Schweißverbindungen durch röntgenographische<br />

und mikromagnetische Kenngrößen. Zeitschr. Materialwissenschaft und Werkstofftechnik, 11<br />

(1998), 686-693<br />

NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1999: Einfluß von Eigenspannungen auf die<br />

Schwingfestigkeit geschweißter Feinkornstähle. Eigenspannungen und Verzug durch Wärmeeinwirkung,<br />

DFG-Forschungsbericht, Weinheim, Wiley-VCH 1999, 291-308<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1999c: Zum Einfluß von Eigenspannungen<br />

und Mikrostruktur auf die Kaltrißneigung hochfester Stähle. Eigenspannungen und<br />

Verzug durch Wärmeeinwirkung, DFG-Forschungsbericht, Weinheim, Wiley-VCH 1999, 253-269<br />

RITTER, R., WOHLFAHRT, H., ZHANG, F., 1999: Werkstoff-, Verfahrens- und Geometrieeinflüsse<br />

auf den schweißbedingten Verzug. Eigenspannungen und Verzug durch Wärmeeinwirkung,<br />

DFG-Forschungsbericht, Weinheim, Wiley-VCH 1999, 202-232<br />

LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, T., WOHLFAHRT, H., <strong>2003</strong>: Bedeutung von Eigenspannungsabbau<br />

und mikrostrukturellen Veränderungen für die Lebensdauervorhersage schwingbeanspruchter<br />

Schweißverbindungen. Zeitschrift für Metallkunde 94 (<strong>2003</strong>), 640 – 648<br />

Dissertationen:<br />

BRINKMANN, D., 2000: Beitrag zur experimentellen und numerischen Verformungsanalyse von<br />

Schweißverbindungen. Dissertation, TU Braunschweig. 2000<br />

LACHMANN, C., <strong>2003</strong>: Einfluss von Eigenspannungsabbau und mikrostrukturellen Veränderungen<br />

auf die Lebensdauervorhersage schwingbeanspruchter Schweißverbindungen. Diss. TU Braunschweig<br />

<strong>2003</strong>, Forschungsberichte des Instituts für Schweißtechnik Nr. 8, Shaker-Verlag Aachen,<br />

ISBN 3-8322-1726-6<br />

- 80 -


Analyse der biologischen und<br />

chemischen Reaktionsprozesse in Deponien<br />

Dr. Andreas Haarstrick<br />

Prof. Dr.-Ing. Dietmar C. Hempel<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

- 81 -<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

Durch die biologischen Aktivitäten ist der Abfallkörper ständigen Veränderungen unterworfen,<br />

woraus unterschiedliche innere dynamische Strukturen entstehen können, die z.B. die Struktur und<br />

damit auch das mechanische Abfallverhalten beeinflussen. Die durch die physikalischen, chemischen<br />

und biologischen Prozesse resultierenden Belastungen des Deponiekörpers sind in Tab. 2.1-1<br />

aufgelistet. Diese Belastungen sind Teil des Risikopotentials eines Deponiebauwerks und werden<br />

zum Teil durch die Art und Weise bestimmt wie eine Deponie betrieben wird.<br />

Grundsätzlich sind Siedlungsabfallkörper vergleichbar mit teilkontrollierbaren Bioreaktoren, die<br />

immobilisierte Biomasse enthalten. Die Aktivität der Biomasse führt zu Emissionen über die Gasund<br />

Sickerwasserphase mit zurückbleibenden Veränderungen in der Zusammensetzung des organischen<br />

Massenanteils im Abfall und in der Abfallstruktur.<br />

Tab. 2.1-1: Belastungen durch physikalische, chemische und biologische Prozesse.<br />

� Emission von Sickerwasser (Qualität und Quantität)<br />

� Emission von Deponiegasen (Qualität und Quantität)<br />

� Hohe vertikale und horizontale Spannungen durch das Eigengewicht des<br />

Abfallkörpers und äußere Zusatzlasten<br />

� Große Verformungen des Abfallkörpers<br />

� Migration und Ausbreitung von Problemstoffen<br />

� Wärmeentwicklung (hohe Temperaturen)<br />

Bisherige Modellvorstellungen über das Abfallverhalten und langfristige Emissionen stützten sich<br />

lediglich auf Summenparameter und betrachten den „Systembereich“ Deponie als Black Box. Gezielte<br />

Untersuchungen, die auch die innere Struktur und milieuabhängige, biokinetische Prozesse<br />

berücksichtigen, sind hauptsächlich in den letzten Jahren durchgeführt worden [EL-FADEL et al.,<br />

1996a, b, c; SUK et al., 2000; WHITE et al., <strong>2001</strong>]. Diese Modelle wurden jedoch nur unzureichend<br />

validiert und es fehlten hinreichend genaue Formulierungen über die Anhängigkeit der Reaktionsprozesse<br />

von den Milieuparametern.<br />

Auf der Grundlage von Studien und Recherchen über biologische und chemische Umsetzungs- und<br />

Abbaureaktionen in Abfällen, Böden und Klärschlämmen wurde ein Reaktionsmodell entwickelt,<br />

das grundlegende Reaktionsprozesse auf der Basis kinetischer Veränderungen und thermo-dynamischer<br />

Gleichgewichte beinhaltet.<br />

Die bisher verfügbaren Modelle zur Vorhersage der Qualität und Quantität von Emissionen über die<br />

Gas- und Sickerwasserphase sowie zur Vorhersage des Zeitpunktes der Stabilisierung des Abfalls<br />

im Deponiekörper sind gegenwärtig noch unzureichend und scheitern insbesondere an der ungenauen<br />

Kenntnis der Mechanismen, die die Bioverfügbarkeit organischer Verbindungen im Deponiekörper<br />

und damit auch die biologischen und chemischen Abbauprozesse steuern.


B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

Zur Erarbeitung eines relativ genauen Modells ist es daher notwendig, zunächst die Zusammenhänge<br />

der chemischen und biologischen Reaktionsprozesse zu klären, die das Emissionsverhalten<br />

und die biologische Stabilität einer Siedlungsabfalldeponie bestimmen. Dazu ist es erforderlich,<br />

umfang-reiche analytische Kenndaten von Siedlungsabfalldeponien zu erheben und diese Daten als<br />

Grundlage für den Aufbau eines Simulationsprogramms zu nutzen. Hierbei werden auf der Grundlage<br />

von Vorgaben mit Hilfe des Simulationsmodells experimentelle Untersuchungen durchgeführt<br />

und zur Validierung des Modells genutzt. Das Ziel ist es, sowohl die lokalen biologischen und chemischen<br />

Reaktionsschritte als auch das Emissionsgeschehen unter dem Einfluss lokal verschiedener<br />

Milieufaktoren im Abfall hinreichend genau zu beschreiben und in Konzepte zur Bauwerksüberwachung<br />

(Monitoring) einfließen zu lassen.<br />

Darüber hinaus ist mit der Entwicklung und Zuschärfung der biologischen und chemischen Reaktionsmodelle<br />

sowie der Optimierung der Berechnungsalgorithmen in diesem Teilprojekt in integrativer<br />

Weise das Ziel des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>es „Bauwerksüberwachung“ verbunden, den noch<br />

unbeantworteten Fragen der Sicherstellung und Zuverlässigkeit von Deponiebauwerken nachzugehen<br />

und mit Hilfe adaptiver Modelle, Prognosen über die Funktionssicherheit und das Langzeitemissionspotential<br />

zu erstellen.<br />

2.2 Angewandte Methoden<br />

2.2.1 Modellkonzept<br />

Ziel bei der Entwicklung des lokalen Modells ist es, genauere Aussagen über die Dauer von Gasemissionen<br />

und organischen Belastungen im Sickerwasser einer Deponie zu erhalten und in ein<br />

Konzept zur Bauwerksüberwachung zu integrieren. In das Modell wurden eine Reihe von biologischen,<br />

chemischen und physikalischen Prozessen eingearbeitet, die auch zum überwiegenden Teil<br />

durch experimentelle Untersuchungen bereits verfeinert und validiert werden konnten<br />

[HAARSTRICK et al., <strong>2001</strong>; NARANJO et al., 2002; MEIMA et al., 2002].<br />

Der aktuelle Entwicklungsstand des lokalen Reaktionsmodells lässt sich zusammenfassend mit der<br />

allgemeinen Differentialgleichung (Gl. 2.2.1-1) für eine auf lokaler Ebene zeitlich abhängigen<br />

Komponente und der allgemeinen Modellstruktur nach Abb. 2.2.1-1 beschreiben:<br />

s� � s �M<br />

�R<br />

� �f<br />

�f<br />

� sˆ<br />

(2.2.1-1)<br />

(s)<br />

fTemp pH Wasser<br />

In Gleichung 2.2.1-1 stellen s die Komponentenmatrix, M die Koeffizientenmatrix, R(s) die Reaktionsmatrix,<br />

ftemp den Temperaturfaktor, fpH den pH-Faktor, fWasser den Wasserfaktor und sˆ einen<br />

Quellen- und Senkenterm (z.B. zur Beschreibung von Stoffübergängen) dar.<br />

Die Komponentenmatrix in Abb. 2.2.1-1 enthält die Konzentrationen der organischen und anorganischen<br />

Komponenten im Feststoffabfall, im Sickerwasser und in der Gasphase. Sowohl der Einfluss<br />

von chemischen Reaktionsprozessen auf die aktuellen Konzentrationen der Komponenten als auch<br />

der aktuelle pH-Wert werden über thermodynamische Gleichgewichtsreaktionssysteme berechnet.<br />

Die Konzentrationsangaben beziehen sich jeweils auf das Repräsentative Einheits-volumen (REV).<br />

Physikalische Parameter wie Porosität, Abfalldichte und die verschiedenen Volumenfraktionen<br />

(Biomasse, Wasser, Gas, organische Stoffe, inerte Feststoffe) werden ebenfalls auf der Basis der<br />

Komponentenmatrix berechnet.<br />

- 82 -


Temperatursystem<br />

�, �, k H , b = f(Temp)<br />

Wärmeentwicklung<br />

�H �H R<br />

Komponentensystem<br />

(Feststoff-, Wasser- und Gasphase)<br />

�, �, k kH, H, b = f(H f(H2O) 2O)<br />

Prozessmatrix<br />

Stöchiometrie<br />

�� i<br />

Reaktionssystem<br />

(Grundreaktionsgleichungen)<br />

- 83 -<br />

�, �, k H , b = f(pH)<br />

pH-System<br />

(Pufferkapazität)<br />

Stoffübergang<br />

(Gas-/Flüssigphase)<br />

Abb. 2.2.1-1: Allgemeine Modellstruktur<br />

(�: spezifische Wachstumsrate, kH: spezifische Hydrolyserate,<br />

b: Absterberate, ν: stöchiometrischer Koeffizient, �HR: Reaktionsenthalpie)<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

Die Koeffizientenmatrix enthält die stöchiometrischen Reaktionskoeffizienten der Abbaureaktionen.<br />

Der Abbau von organischen Feststoffen bis zum Kohlendioxid, Methan, Schwefelwasserstoff<br />

und Wasser ist in mehrere Reaktionsschritte und Folgereaktionen unterteilt. Diese Strukturierung<br />

der Reaktionssysteme erlaubt die Segregation von Deponien. Dieses bedeutet, dass im „Reaktionssystem“<br />

Deponie gekoppelte Reaktionsprozesse lokal getrennt und individuelle Milieueinflüsse auf<br />

diese Prozesse genauer untersucht werden können. Dazu gehören beispielsweise auch Wechselwirkungen<br />

(Sorptionsprozesse) von Reaktionszwischenprodukten mit der Feststoffabfallmatrix. Projiziert<br />

auf das Deponieverhalten beschreibt das mechanistische biologische, chemische und physikalische<br />

Modell grundsätzlich nur die lokalen Reaktionsvorgänge, aber nicht den Transport oder das<br />

Deponieverhalten insgesamt. Bei auftretenden Inhomogenitäten im Systemraum können die daher<br />

auch nur lokal formuliert werden. Eine globale Erfassung erfordert die Kopplung von lokalen Reaktionsprozessen<br />

mit Transportprozessen und numerische Methoden zur integrativen Lösung über<br />

das Gesamtsystem (Verknüpfung mit dem Teilprojekt B6, Dinkler/ Ahrens).<br />

Über die Reaktionsmatrix und den Monod-Kinetiken im lokalen Modell werden die aktuellen Reaktionsraten<br />

der Abbauvorgänge berechnet. Die aktuellen Reaktionsraten sind abhängig von den<br />

Komponentenkonzentrationen, so dass darüber Substratlimitierungen und/oder Inhibierungen der<br />

biologischen Aktivität erfasst werden können. Über den Temperaturfaktor, den pH-Faktor und den<br />

Wasserfaktor werden diese Milieueffekte in ihrer Einflussnahme auf die Reaktionsraten beschrieben.<br />

Die durch die Gl. 2.2.1-2 bis 2.2.1-4 definierten Funktionen nehmen Funktionswerte zwischen<br />

0 und 1 an. Das Modell berücksichtigt darüber hinaus auch Änderungen der Temperatur, des pH<br />

und des Wassergehalts, die durch lokale biologische und chemische Reaktionen verursacht werden.<br />

f �<br />

f<br />

2<br />

temp � exp � (κ (Takt<br />

Topt<br />

))<br />

(2.2.1-2)<br />

pH<br />

K pH<br />

� (2.2.1-3)<br />

pH pHopt1<br />

pH<br />

akt<br />

opt2 pHakt<br />

(K � (10 /10 �10<br />

/10 � 2)<br />

pH<br />

f WG<br />

akt<br />

� a � WG � b<br />

(2.2.1-4)<br />

In den Gl. 2.2.1-2 bis 2.2.1-4 repräsentiert der Index akt die aktuellen Milieuwerte und der Index


B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

opt die optimalen Milieuwerte für die Mikroorganismen, wobei opt1 und opt2 die Temperaturoptima<br />

im mesophilen bzw. thermophilen Bereich berücksichtigt (T ist die Temperatur, KpH , a und b<br />

sind Konstanten und WG ist der Wassergehalt).<br />

Die in der zweiten Förderungsperiode erstellten Erweiterungen und Verfeinerungen des Reaktionsmodells<br />

im Vergleich zu der ersten Förderungsperiode sind in Tab. 2.2.1-1 nochmals zusammengefasst.<br />

Tab. 2.2.1-1: Auflistung der Erweiterungen und Verfeinerungen des Reaktionsmodells.<br />

PROGRAMMTEIL ALTES MODELL ERWEITERTES MODELL<br />

Allgemein Rechengeschwindigkeit ist noch relativ langsam. Rechengeschwindigkeit ist jetzt erheblich größer (>10-fach) durch eine<br />

Optimierung der Datencodes und "softwaremäßige" Reduzierung der<br />

Reaktionskomponenten .<br />

Thermodynamisches<br />

System<br />

Physikalische Parameter<br />

(Porosität, Dichte)<br />

Biochemisches<br />

Reaktionssystem<br />

Eingabedatei stellt überwiegend Variablen zur Verfügung und<br />

noch wenige Modellkonstanten.<br />

Das Modell berechnet Komponentenkonzentrationen (z.B.<br />

Nährstoffe, Gase oder Biomassen), pH und Temperatur<br />

pH-Berechnung über die Ionenbilanz und<br />

das CaCO 3(s) Gleichgewicht.<br />

- 84 -<br />

Alle Variablen und Modellkonstanten sind jetzt über die Eingabedatei<br />

zugänglich.<br />

Das Modell berechnet die Komponentenkonzentrationen in kg.m -3<br />

Abfall und<br />

kg m -3<br />

gesätt. Porenvol., es beinhaltet zusätzlich den Einfluss der Porosität, des<br />

Wassergehalts und erweiterte Faktoren in der Monod-Gleichung.<br />

Andere Erweiterungen:<br />

Variablen können auch als Konstanten in das Modell eingeführt werden.<br />

Gasförmige Komponenten wie H2O und CO2 werden durch Stoffübergang<br />

aus dem Reaktionsraum abgeführt. Es können nun auch Wärmeverluste<br />

simuliert werden.<br />

Die Anzahl der Gleichgewichtsreaktionen ist erweitert worden:<br />

- H2S in Lösung.<br />

- Stoffübergang zwischen wässriger und gasförmiger Phase (Henry)<br />

- Stoffübergang zwischen Wasser- und Abfallfestphase<br />

- Pufferwirkung des Abfalls.<br />

- Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten.<br />

Wechselwirkung zwischen biologischen Prozessen und Berücksichtigung und Erweiterung durch physikalische Parameter und<br />

physikalischen Parametern muss noch vervollständigt werden. Prozesse:<br />

- Berechnung der Porosität<br />

- Berechnung von verschiedenen Volumenfraktionen (organische Stoffe,<br />

inerte Feststoffe, Wasser, Biomasse, Luft)<br />

- Berechnung der Abfalldichte und Sickerwasserdichte<br />

- Konzentrationsumrechnungen im Repräsentativen Einheitsvolumen REV<br />

Ein umfangreiches Paket an biologischen Abbaureaktionen ist Für die Zusammenarbeit mit B6 sind einige Reaktionen, die eine<br />

im Modell vorhanden.<br />

Modellreduzierung darstellen, hinzugefügt worden.<br />

Biomassenbildung beruht auf stöchiometrischen<br />

Die Biomassenbildung wird zusätzlich über den Ausbeutekoeffizienten<br />

Gleichgewichtsreaktionen.<br />

gesteuert.<br />

Hydrolyse nach dem Modell von Contois Hydrolyse nach Contois oder Reaktion 1. Ordnung wird in Abhängigkeit von<br />

der Biomassekonzentration formuliert.<br />

Die Biomassekonzentration kann bei ungünstigen<br />

Es wird eine minimale Biomassenkonzentration vorausgesetzt, so dass die<br />

Verhältnissen bis auf Null absinken.<br />

gesamte Biomasse nicht auf Null absinken kann.<br />

Die Reaktionsenthalpie wird über das Elektronenvalenz- Die Reaktionsenthalpie wird über die Bildungsenthalpien der einzelnen<br />

verfahren berechnet.<br />

Komponenten berechnet.<br />

Reaktionskinetik wird durch Milieueinflussfunktionen wie pH Eine Wassereinflussfunktion ist hinzugefügt und die Temperaturfunktion auf<br />

und Temperatur beeinflusst.<br />

mesophile und thermophile Bereiche erweitert worden.<br />

Der Stoffübergang zwischen wässriger und gasförmiger Phase Wechsel von CO2 und H2O zwischen wässriger und gasförmiger Phase wird<br />

(CO2, H2O) wird als kinetischer Prozesse definiert<br />

als Gleichgewichtsprozess definiert (damit weniger Modellkonstanten und<br />

weniger Rechenaufwand)<br />

2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

2.3.1 Sensitivitätsanalyse<br />

Ziel der Sensitivitätsanalyse ist es, die für die Methanbildungsrate in Deponien entscheidenden Modellkonstanten<br />

und Modellvariablen herauszusuchen, damit die Labor- und Feldexperimente gezielt<br />

auf diese Modellparameter ausgerichtet werden können. Der Einfluss eines Modellparameters auf<br />

die Methanbildungsrate beruht auf jeweils zwei Simulationen, wobei einmal ein Parameterwert mit<br />

dem niedrigsten dokumentierten Wert und ein anderes Mal mit dem höchsten dokumentierten Wert<br />

verwendet wurden.


Die Berechnung der Sensitivitäten erfolgte nach folgender Beziehung:<br />

t<br />

S �<br />

max, [TOC�0]<br />

t<br />

� t<br />

min[TOC�0]<br />

min, [TOC�0]<br />

�100<br />

- 85 -<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

(2.3.1-1)<br />

In Gl. 2.3.1-1 stellen S die Sensitivität (in %), und tmax,[TOC=0] und tmin,[TOC=0] (in Tagen) die maximale<br />

und minimale Zeitspanne dar, in der der gesamtorganische Kohlenstoff TOC vollständig abgebaut<br />

wird.<br />

In Abb. 2.3.1-1 sind die Sensitivitäten der Modellkonstanten dargestellt. Die Mehrzahl der Modellkonstanten<br />

hat nur einen geringen Einfluss auf die Methanbildungsrate. Die Modellkonstante mit<br />

dem größten Einfluss auf die Methanbildungsrate ist die spezifische Hydrolyserate. Sie beschreibt<br />

den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt in der Kette der mikrobiellen Abbauprozesse. Im Vergleich<br />

mit Literaturdaten geht dieses Ergebnis konform mit Ergebnissen, die von [EL-FADEL et al.,<br />

1996b] berichtet werden. Weitere Modellkonstanten, die mehr oder weniger einen signifikanten<br />

Einfluss haben, besitzen Sensitivitäten, die über 40% liegen. Hierzu zählen die Inhibierungskonstante<br />

für H2S, die maximale spezifische Wachstumsrate der methanogenen Biomasse, die<br />

Sättigungskonstante für Acetat und die Ausbeutekoeffizienten für die methanogenen Abbaureaktionen.<br />

Auf der Grundlage dieser Ergebnisse, wird es daher erforderlich sein, im Rahmen der Modellvalidierung<br />

und -weiterentwicklung sich gezielt auf diese Modellparameter und dabei insbesondere<br />

auf die Hydrolyserate zu konzentrieren.<br />

In Abb. 2.3.1-2 sind die Sensitivitäten der Modellvariablen dargestellt. Die untersuchten Variablen<br />

umfassen die Anfangskonzentrationen der Biomasse, den pH-Wert, den Wassergehalt (WG), die<br />

Temperatur, die Schwefelwasserstoffkonzentration, die Ammoniumkonzentration und die organische<br />

Feststoffkonzentration. Mit Ausnahme der acetogenen Biomassekonzentration und des pH-<br />

Wertes wurde für alle anderen Variablen eine hohe Sensitivität ermittelt. Die organische Feststoffkonzentration<br />

ist eine entscheidende Variable, da aus den im Abfall vorhandenen hohen organischen<br />

Feststoffanteilen große Methanmengen freigesetzt werden können. Hinsichtlich des Wassergehalts,<br />

der Temperatur, der Ammoniumkonzentration und der Schwefelwasserstoffkonzentration<br />

können Grenzwerte unter- bzw. überschreiten werden, die eine signifikanten Limitierung bzw. Inhibierung<br />

der biologischen Abbauvorgänge bewirken. Die methanogene Biomassekonzentration<br />

wurde als sensitiv eingeordnet, da die Wachstumsrate dieser Mikroorganismen im Vergleich zu den<br />

anderen anaerob lebenden Spezies sehr niedrig ist.<br />

Abb. 2.3.1-1:<br />

Sensitivität<br />

der Modellkonstanten.<br />

Parametersensitivität<br />

bei der Gasbildung<br />

250%<br />

200%<br />

150%<br />

100%<br />

50%<br />

0%<br />

baci,ace<br />

bme1,2<br />

fTemp[baci,ace]<br />

kHy<br />

µmax(ace)<br />

µmax(aci)<br />

µmax(me1)<br />

µmax(me2)<br />

Ks,gluc [Xaci,ace]<br />

Ks,but [Xaci,ace]<br />

Ks,pro [Xaci,ace]<br />

Ks,ac [Xme1]<br />

Ks,CO2 [Xme2]<br />

Ks,H2 [Xme2]<br />

Ks,NH4 [Xaci,ace]<br />

Ks,NH4 [Xme1,2]<br />

Ks,Hy [Xaci,ace]<br />

Ki,H2 [Xaci,ace]<br />

Ki,ac [Xaci,ace]<br />

Ki,H2S [Xaci, ace, me1,2]<br />

Ybut [Xaci,ace]<br />

Ypro [Xaci,ace]<br />

Yac [Xme1]<br />

YCO2 [Xme2]<br />

Ygluc [Xaci]<br />

Ygluc [Xace]


B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

Parametersensitivität<br />

bei der Gasbildung<br />

250%<br />

200%<br />

150%<br />

100%<br />

50%<br />

0%<br />

[Xaci,ace] t=0<br />

[Xme1,2] t=0<br />

pH<br />

WG<br />

Temperatur<br />

Abb. 2.3.1-2: Sensitivität der Modellvariablen<br />

2.3.2 Simulation und experimentelle Ergebnisse<br />

a) Temperatureinfluss<br />

H2S<br />

NH4<br />

TOC<br />

- 86 -<br />

Liste der in den Abb. 2.3.1-1 und 2.3.1-2 verwendenten<br />

Abkürzungen und Indices:<br />

µmax: maximale spezifische Wachstumsrate<br />

b: Absterberate<br />

fTemp: Temperaturfaktor<br />

kHy<br />

Ki:<br />

maximale spezifische Hydrolyserate<br />

Inhibierungskonstante<br />

Ks: Sättigungskonstante<br />

TOC: gesamtorganischer Kohlenstoff<br />

WG: Wassergehalt<br />

X: anaerobe Biomassenkonzentration<br />

Y: Ausbeutekoeffizient<br />

Indices:<br />

ac: Acetat<br />

aci, ace: acido-/acetogene Bakterien<br />

but: Butyrat<br />

CO2: Kohlendioxid<br />

gluc: Glucose<br />

H2: Wasserstoff<br />

H2S: Schwefelwasserstoff<br />

Hy: Hydrolyse<br />

me1,2: Methanbakterien Spezies 1 u. 2<br />

NH4: Ammonium<br />

pro: Propionat<br />

su: sulfatreduzierende Bakterien<br />

Für die Laborexperimente wurden spezielle gradientenfreie, temperierbare und luftdicht verschließbare<br />

Bioreaktoren konstruiert und damit unter homogenen Bedingungen kinetische Parameterdaten<br />

ermittelt.<br />

In Abb. 2.3.2-1 sind zwei relevante Verläufe der Temperaturfunktion dargestellt, die für die Simulation<br />

des spezifischen Biomassewachstums, wie beispielsweise in Abb. 2.3.2-2 dargestellt, verwendet<br />

wurden. Am Modell soll zunächst gezeigt werden, wie sich die Änderung der Temperatur<br />

beim Wechsel vom mesophilen (Optimum bei 35 °C) zum thermophilen Bereich (Optimum bei<br />

55 °C) sowohl auf die Hydrolyserate als auch auf die Wachstumsrate auswirkt. Entsprechend der<br />

mathematischen Formulierung der Temperaturabhängigkeit der Wachstums- und Abbauprozesse<br />

wird dabei erwartet, dass z. B. die Geschwindigkeit der Methanbildung ansteigt, jedoch die maximale<br />

Methanbildung unverändert bleibt. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass keine scharfe<br />

Trennlinie in einem Deponiekörper zwischen dem Wachstum im mesophilen und thermophilen Bereich<br />

existiert [DERNBACH, 1982; KRUSE, 1994; GURIJALA & SUFLITA, 1993].


Temperaturfaktor f T [-]<br />

spezifische Acetatbildung<br />

[g / kg-oTA]<br />

1,2<br />

1,0<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0,0<br />

mesophiler Bereich thermophiler Bereich<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />

Temperatur [°C]<br />

Abb. 2.3.2-1:<br />

Graphische Darstellung der Temperaturfunktionen<br />

(mesophil / thermophil).<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Acetat, Experiment bei 55 °C<br />

Acetat, Experiment bei 35 °C<br />

Acetat bzw . organischer Abfall, Simulation bei 35 °C<br />

Acetat bzw . organischer Abfall, Simulation bei 55 °C<br />

organischer Abfall<br />

Acetat<br />

0 5 10 15 20 25 30<br />

Zeit [d]<br />

Abb. 2.3.2-3:<br />

Temperatureinfluss auf anaerobe Abbauprozesse -<br />

Vergleich von simulierten und experimentellen<br />

Daten: Einfluss auf die Hydrolyse und spezifische<br />

Acetatbildung.<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

spezifische Masse des leicht<br />

abbaubaren organischen Abfalls<br />

[g / kg-oTA]<br />

Konzentration [kg / m 3 -Abfall ]<br />

- 87 -<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

.<br />

.<br />

hochmolekulare, leicht hydrolysierbare<br />

organische Verbindungen<br />

Ammonium<br />

Methanogene<br />

Biomasse<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

10<br />

1,0<br />

Acidogene<br />

.<br />

Biomasse<br />

.<br />

5<br />

0<br />

.<br />

.<br />

.<br />

abgestorbene<br />

Biomasse<br />

Ammonium<br />

0,5<br />

0,0<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Zeit [d]<br />

Abb. 2.3.2-2:<br />

Simulation der Hydrolyse von hochmolekularen,<br />

leicht abbaubaren organischen Verbindungen im<br />

Abfall und des Biomassewachstums von zwei Bakteriengruppen<br />

(Acidogene und Methanogene).<br />

spezifische Methanbildung<br />

[g / kg-oTA]<br />

8,0<br />

7,0<br />

6,0<br />

5,0<br />

4,0<br />

3,0<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

2,0<br />

Methan, Experiment bei 55 °C<br />

Methan, Experiment bei 35 °C<br />

1,0<br />

0,0<br />

Methan, Simulation bei 35 °C<br />

Methan, Simulation bei 55 °C<br />

0 5 10 15<br />

Zeit [d]<br />

20 25 30<br />

Abb. 2.3.2-4:<br />

Temperatureinfluss auf anaerobe Abbauprozesse<br />

- Vergleich von simulierten und experimentellen<br />

Daten: Einfluss auf die spezifische Methanbildung.<br />

In Abb. 2.3.2-3 und 2.3.2-4 sind die experimentellen und simulierten Daten der Acetatbildung sowie<br />

der Methanbildung aus leicht abbaubaren organischen Verbindungen für einen Zeitraum von 30<br />

Tagen dargestellt. Die Untersuchungen beziehen sich auf optimale Temperaturwerte von 35 °C<br />

(mesophiler Bereich) und 55 °C (thermophiler Bereich). In Abb. 2.3.2-4 ist zu erkennen, dass eine<br />

maximale spezifische Acetatbildung von ca. 10 g / kg-oTS 1) sowohl bei 35 °C als auch bei 55 °C<br />

resultiert. Während das Maximum im Fall von 55 °C bereits nach 3 Tagen erreicht wird, erfolgt die<br />

maximale Acetatbildung im Fall von 35 °C erst nach 6 Tagen. Es wird davon ausgegangen, dass die<br />

Hydrolyseprozesse im Abfall von leicht abbaubaren organischen Verbindungen schneller bei 55 °C<br />

als bei 35 °C ablaufen (Abb. 2.3.2-4). Damit würden die thermophilen Bakterien gegenüber den<br />

Ammonium [kg / m 3 -Abfall ]


B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

mesophilen Bakterien im Abfall eine wichtige Rolle spielen.<br />

Die Zeitpunkte, zu denen in Abb. 2.3.2-3 die Maxima der Acetatbildung erreicht werden, korrelieren<br />

mit den Zeitpunkten, zu denen in Abb. 2.3.2-4 ein exponentieller Anstieg der Methanbildung<br />

erfolgt. Die Ergebnisse dieser experimentellen Untersuchung zeigen, dass zwar mit der Erhöhung<br />

der Temperatur die maximale spezifische Methanbildung in kürzerer Zeit (von 20 Tagen auf 11<br />

Tagen) erreicht wird, die maximale spezifische Methanbildung von 7 g / kg-oTS sich dabei jedoch<br />

kaum ändert. Die nach den Vorgaben des Modells durchgeführten Experimente belegen, dass die im<br />

Modell formulierten kinetischen Reaktionsansätze und Milieueinflüsse (z. B. die Temperatur) richtig<br />

sind und so zu einer guten Übereinstimmung zwischen den simulierten und experimentellen<br />

Daten führen.<br />

Mit Hilfe des Modells und den experimentellen Untersuchungen über die Temperaturabhängigkeit<br />

der biokinetischen Prozesse wurde eine Parameterschätzung für den Temperaturfaktor (Gl.<br />

2.2.1-2) vorgenommen. Die Schätzung ergab für die kinetischen Parameter bei der Hydrolyse<br />

� = 0.03 °C -2 und bei der Methanogenese � = 0.04 °C -2 . Im Vergleich dazu liegen die in der Literatur<br />

publizierten Werte für � im Bereich von 0.06 – 0.12 °C -2 [HENZE et al., 1995].<br />

b) Wassergehaltseinfluss<br />

Der Literatur ist zu entnehmen, dass der optimale Wassergehalt für die enzymatische Hydrolyse von<br />

hochmolekularen organischen Verbindungen bei 65 Gew.-% liegt und unter 20 Gew-% Wassergehalt<br />

keine signifikante biologische Aktivität mehr zu verzeichnen ist [RODRIGUEZ et al., <strong>2001</strong>;<br />

YANG & CHANG, 1988]. Weitere aus der Literatur bekannte Messungen des Wassergehalts in<br />

Deponiekörpern zeigen, dass ein Wassergehalt von 65 Gew.-%, außer bei partiellen Einstauungen<br />

von Wasser (Speicherwasser) selten erreicht wird, und dass Der Wassergehalt in Deponien lt.<br />

[DERNBACH, 1982 und GURIJALA & SULFITA, 1993] durchschnittlich bei 30 Gew.-% liegt.<br />

Wie bereits oben erwähnt, wird ab Wassergehalte < 20 Gew.-% kaum noch biologische Aktivität<br />

beobachtet, so dass der Wassergehaltsfaktor fWG hier Null ist. Ausgehend von Literaturdaten und der<br />

Gl. 2.2.1-4 wurde für die Abhängigkeit des Wassergehaltsfaktors (fWG) vom Wassergehalt im Bereich<br />

von 20 Gew.-% bis 100 Gew.-% ein linearer Zusammenhang postuliert. Die graphische Darstellung<br />

sowie die Geradengleichung sind in Abb. 2.3.2-5 zu sehen. Der Wassergehaltsfaktor fWG als<br />

lineare Funktion des Wassergehalts WG ist zwar eine empirische Größe, sie erlaubt aber dennoch<br />

eine annähernd genaue Formulierung der Abhängigkeit der kinetischen Abbauprozesse vom Wassergehalt.<br />

Mit dieser Abhängigkeit und der Berücksichtigung, dass die Methanbildung durch zwei<br />

verschiedene Bakterienspezies erfolgt, ist eine dynamische Simulation der spezifischen Methanbildung<br />

durchgeführt worden und das Ergebnis in Abb. 2.3.2-6 dargestellt. Als limitierendes Substrat<br />

gilt für die Spezies 1 das Acetat und für die Spezies 2 der Wasserstoff, woraus in Verbindung mit<br />

CO2 als C-Quelle ebenfalls Methan entsteht [BÖHNKE et al. 1993; GUJER & ZEHNDER, 1983;<br />

McCARTY & MOSEY, 1991].<br />

Das Ergebnis der Simulation lässt erkennen, dass die Geschwindigkeit der Methanbildung ansteigt,<br />

die maximale Methanbildung jedoch bei auszuschließender Substratlimitierung unverändert bleibt.<br />

1) oTS: organische Trockensubstanz.<br />

- 88 -


Wassergehaltsfaktor fWG [-]<br />

1,00<br />

0,80<br />

0,60<br />

0,40<br />

0,20<br />

0,00<br />

y= 0,0125 x-0,2516<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Wassergehalt [Gew.-%]<br />

Abb. 2.3.2-5:<br />

Graphische Darstellung der Abhängigkeit der maximalen<br />

spezifischen Methanbildungsrate und des<br />

Wassergehaltsfaktors vom Wassergehalt.<br />

- 89 -<br />

spezifische Methanbildung<br />

[g / kg-oTA]<br />

7,0<br />

6,0<br />

5,0<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0<br />

0,0<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

Simulation bei 84%<br />

Simulation bei 41 %<br />

Simulation bei 27%<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />

Zeit [d]<br />

Abb. 2.3.2-6:<br />

Simulation der Abhängigkeit der spezifischen<br />

Methanbildung vom Wassergehalt<br />

In Verbindung mit der Modellsimulation (vgl. Abb. 2.3.2-6) wurde der Einfluss des Wassergehalts<br />

auf die spezifische maximale Methanbildungsrate und Methanbildung experimentell untersucht.<br />

Dazu wurden sowohl Feststoffabfallproben aus einer Deponiebeprobung 2) (Deponie Fallersleben,<br />

Stadt Wolfsburg) mit ihren in situ gemessenen Wassergehalten als auch Feststoffabfallproben mit<br />

im Labor eingestellten Wassergehalten verwendet. Anhand der graphischen Auswertung der experimentellen<br />

Ergebnisse in Abb. 2.3.2-7 wird deutlich, dass mit steigendem Wassergehalt von 27 auf<br />

83 Gew.-% die spezifische Methanbildungsrate linear zunimmt, im Fall der zeitvarianten spezifischen<br />

Methanbildung (Abb. 2.3.2-8) jedoch entgegen der Simulation (Abb.2.3.2-6) nicht die gleiche<br />

maximale Methanbildung resultiert. Durch die sukzessive Erhöhung des Wassergehaltes im Experiment<br />

ist allgemein davon auszugehen, dass den Mikroorganismen durch verbesserten Nährstofftransport<br />

und Stoffübergang mehr abbaubare organische Substanzen zur Verfügung stehen. Hinsichtlich<br />

der Methanbakterienspezies 2 ist davon auszugehen, dass im Fall der Wassergehalte von<br />

27 und 41 Gew.-% eine starke Substratlimitierung bezüglich des Wasserstoffs aber auch eine Substratlimitierung<br />

bezüglich des CO2 auftritt, da der Stoffübergang direkt in die umgebende Gasphase<br />

erfolgen kann als bei höheren Wassergehalten, wo sich zunächst eine Gleichgewichtseinstellung mit<br />

der Wasserphase ergibt und damit für die Methanbakterienspezies 2 die Chance größer ist Methan<br />

zu bilden. Diese Zusammenhänge wurden parallel zum Wassergehaltseinfluss im Modell berücksichtigt<br />

und erneut eine Simulation durchgeführt, die ebenfalls in Abb. 2.3.2-8 dargestellt ist.<br />

Hinsichtlich des in der Modellerweiterung berücksichtigten Wassergehaltsfaktors fWG, wurde dieser<br />

dahingehend modifiziert, dass auf der Grundlage des experimentellen Ergebnisses in Abb. 2.3.2-7<br />

der minimale Wassergehalt bei 15 Gew.-% liegt und damit die Formulierung für den Wassergehaltsfaktor<br />

fWG (vgl. Abb. 2.3.2-5) modifiziert wie folgt lautet: fWG = 0.012·WG – 0.18.<br />

2) Haarstrick et al. (<strong>2003</strong>), Deponiebericht der Teilprojekte B5 und D1.


B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

spezische Methanbildungsrate<br />

[g / kg-oTA / d]<br />

0,35<br />

0,30<br />

0,25<br />

0,20<br />

0,15<br />

0,10<br />

0,05<br />

0,00<br />

Abfallproben Bohrloch II mit original Wassergehalt<br />

Abfallproben mit im Labor eingestellten Wassergehalt<br />

0 20 40 60 80 100<br />

Wassergehalt [%- m/m]<br />

Abb. 2.3.2-7:<br />

Experimentelle Untersuchung des Einflusses des<br />

Wassergehaltes auf die spezifische Methanbildungsrate:<br />

(�) Messdaten auf der Grundlage des<br />

gemessener Wassergehalte im Feststof-fabfall,<br />

(■) Messdaten auf der Grundlage von unterschiedlichen<br />

konstant gehaltenen Wassergehalten<br />

bei T = 55°C.<br />

spezifische Methanbildung<br />

[g / kg-oTA]<br />

- 90 -<br />

8,0<br />

7,0<br />

6,0<br />

5,0<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0<br />

0,0<br />

Experiment bei 84%<br />

Experiment bei 41%<br />

Experiment bei 27%<br />

Simulation bei 27%<br />

Simulation bei 41%<br />

Simulation bei 84%<br />

0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />

Zeit [d]<br />

Abb.2.3.2-8:<br />

Simulierte und experimentelle Daten der spezifischen<br />

Methanbildung in Abhängigkeit von der Zeit und von<br />

unterschiedlichen konstant gehaltenen Wassergehalten<br />

(27, 41 und 84 Gew.-%) bei T = 55 °C.<br />

c) Sorptionseinflüsse<br />

Um den Einfluss von Sorptionseffekten simulieren zu können, wurden Sorptionsterme in das Modell<br />

mit der Annahme eingefügt, dass die Einflüsse überwiegend auf Kinetiken 1. Ordnung beruhen.<br />

Für den Adsorptionsprozess lautet die Formulierung:<br />

� �<br />

dC � �<br />

ads<br />

Cads<br />

� k ��<br />

� ads Cgel<br />

�<br />

2.3.2-1<br />

dt � K D �<br />

mit Cads als adsorbierte Menge der organischen Verbindung pro Masse des Feststoffabfalls, kads als<br />

Geschwindigkeitskonstante der Adsorptionsreaktion, Cgel als Konzentration der organischen Verbindung<br />

gelöst im Sickerwasser (DOC) und mit KD als Verteilungskoeffizient für das System<br />

fest/flüssig. Für den Desorptionsprozess lautet die Formulierung:<br />

dC<br />

dt<br />

�C�K�� ads k des � gel D Cads<br />

� 2.3.2-2<br />

mit kdes als Geschwindigkeitskonstante der Desorptionsreaktion.<br />

Die Gleichungen 2.3.2-1 und 2.3.2-2 gelten streng genommen nur für einzelne Sorptionsreaktionen.<br />

Wobei jedes Adsorbat-/Adsorptiv-System seinen eigenen KD Wert und seine eigenen kinetischen<br />

Konstanten besitzt. Da die Zusammensetzung des Abfalls sehr komplex ist, muss von globalen<br />

Sorptionsreaktionen ausgegangen werden, wobei die Annahme gilt, dass nur leicht abbaubare organische<br />

Substanzen in der Lage sind zu desorbieren. Bei den mittel- und schwerabbaubaren Substanzen<br />

wird davon ausgegangen, dass die biologische Hydrolyse und der weitere Abbau der Hydrolyseprodukte<br />

direkt an der Abfalloberfläche ablaufen. Im Fall der mittel- bis schwerabbaubaren Substanzen<br />

handelt es sich um komplexe hochmolekulare Substanzen, die einerseits nur zum Teil wasserlöslich<br />

andererseits aber auch hydrophob sind und damit das Sorptionsgleichgewicht in Richtung<br />

Adsorption verlagert wird.


- 91 -<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

Aus Abbauversuchen resultierte, dass die Sorption einen Einfluss auf die Methanbildungsrate hat.<br />

Um diesen Einfluss näher zu untersuchen, wurde Holz im sauren Milieu hydrolysiert und das erhaltene<br />

Hydrolysat als C-Quelle für die biologischen Abbauversuche verwendet. Die Abnahme des<br />

organischen Kohlenstoffs wurde sowohl in der Flüssigphase (System I, Abb. 2.3.2-9a) als auch in<br />

Verbindung mit Holzspäne als zusätzliche Feststoffphase (System II, Abb. 2.3.2-9b) untersucht. Im<br />

System III (Abb. 2.3.2-9c) wurde keine zusätzliche C-Quelle über die wässrige Phase hinzugefügt,<br />

sondern es wurde lediglich der biologische Abbau des vom Holz in die wässrige Nährlösung desorbierten<br />

organischen Kohlenstoffs untersucht.<br />

spezifische Gasbildung [g/g-C]<br />

0.50<br />

0.45<br />

0.40<br />

0.35<br />

0.30<br />

0.25<br />

0.20<br />

0.15<br />

0.10<br />

0.05<br />

0.00<br />

DOC<br />

CH 4<br />

CO 2<br />

0.70<br />

0.60<br />

0.50<br />

0.40<br />

0.30<br />

0.20<br />

0.10<br />

0.00<br />

DOC [g/L]<br />

0 2 4 6 8 10<br />

Zeit [d]<br />

CO2<br />

DOC<br />

CH4<br />

Abb. 2.3.2-9a:<br />

Bildung von Methan und Kohlendioxid sowie<br />

Abbau von DOC in wässriger Hydrolysatphase<br />

(System I); die durchgezogenen Linien stellen<br />

die Simulation dar.<br />

Abb. 2.3.2-9c:<br />

Bildung von Methan und Kohlendioxid sowie<br />

Abbau von DOC in wässriger Nährlösung mit<br />

Holzspäne als zusätzliche Feststoffphase (System<br />

III); die durchgezogenen Linien stellen die<br />

Simulation dar.<br />

spezifische Gasbildung [g/ g-C]<br />

0.035<br />

0.030<br />

0.025<br />

0.020<br />

0.015<br />

0.010<br />

0.005<br />

0.000<br />

CO 2<br />

DOC<br />

CH 4<br />

1.8<br />

1.6<br />

1.4<br />

1.2<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

DOC [g/L]<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Zeit [d] CO2<br />

DOC<br />

CH4<br />

Abb. 2.3.2-9b:<br />

Bildung von Methan und Kohlendioxid sowie<br />

Abbau von DOC in wässriger Hydrolysephase<br />

Holzspäne als zusätzliche Feststoffphase (System<br />

II); die durchgezogenen Linien stellen die Simulation<br />

dar.<br />

spezifische Gasbildung [g/ g-C]<br />

0.018<br />

0.016<br />

0.014<br />

0.012<br />

0.010<br />

0.008<br />

0.006<br />

0.004<br />

0.002<br />

0.000<br />

DOC<br />

CH 4<br />

CO2<br />

0.8<br />

0.7<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0.0<br />

DOC [g/L]<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Zeit [d]<br />

CO2<br />

DOC<br />

CH4<br />

Bei den dargestellten Punkten in den Abb. 2.3.2-9a-c handelt es sich um Messwerte, bei den Kurven<br />

um Simulationen, die auf der Grundlage der Modellgleichung 2.2.1-1durchgeführt wurden. In Abb.<br />

2.3.2-9a (System I) ist zu erkennen, dass die Methanproduktion gleichzeitig mit der Kohlendioxidproduktion<br />

startet. Dies wird durch das Modell gut wiedergegeben. Nach ca. 8 Tagen erfolgt eine<br />

Stagnation des DOC Abbaus, wobei es sich möglicherweise um eine Verzögerung der biologischen<br />

Hydrolyse von oligomeren Verbindungen handelt. In Abb. 2.3.2-9b sind die experimentellen Er-


B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

gebnisse des Systems II dargestellt. Für dieses Experiment wurde die gleiche Menge Hydrolysat<br />

wie im System I und damit ebensoviel leicht abbaubare Stoffe verwendet. Die anfängliche Zunahme<br />

des DOC resultiert durch die Desorption von leicht löslichen organischen Verbindungen des Holzes.<br />

Die Methanproduktion setzt wie in System 1 jedoch nicht sofort ein, sondern erst nach 12 Tagen.<br />

Es wird vermutet, dass diese Verzögerung auf eine Inhibierung der Aktivität der Methanbakterien<br />

durch desorbierte organische Verbindungen des Holzes zurückzuführen ist. Die gleiche Verzögerung<br />

der Methanbildung ist auch im System III (Abb. 2.3.2-9c) zu beobachten. Die Desorption in<br />

den ersten Tagen findet zeitgleich mit der Verzögerung der Methanbildung statt. Zwischen dem 30.<br />

und 40. Tag kommt es zu einer erneuten Desorption von organischen Verbindungen des Holzes und<br />

zu einer erneuten Inhibierung der Methanbildung. Dieses Messergebnis stützt die o.g. Vermutung,<br />

dass organische Verbindungen des Holzes eine inhibierende Wirkung auf die Methanbildung haben.<br />

Wie in den Abb. 2.3.2-9b (System II) und 2.3.2-9c (System III) zu erkennen ist, entspricht der im<br />

Modell berücksichtigte Einfluss von Sorptionseffekten auf den biologischen Abbau organischer<br />

Verbindungen noch nicht in zufriedenstellender Weise den experimentellen Ergebnissen. Es besteht<br />

noch weiterer Forschungsbedarf, um das Modell entsprechend zu verbessern.<br />

Um den Einfluss des mikrobiellen Wachstums auf die physiko-chemischen Eigenschaften des Abfalls<br />

zu untersuchen, wurden Experimente mit unterschiedlichen Tracern in einer Laborabfallsäule<br />

durchgeführt und nach einem 3-monatigen anaeroben Abbau des Abfalls wiederholt. Die Messungen<br />

ergaben, dass sich das Porenvolumen um 6% des ursprünglichen Wertes verringert hatte und<br />

durch die biologischen Abbauprozesse die Abfalloberfläche hydrophober geworden ist. Diese Veränderung<br />

der Oberflächeneigenschaft des Abfalls wird am Beispiel der experimentell ermittelten<br />

und in Abb. 2.3.2-10 dargestellten Durchbruchszeiten für Ethanol und Aceton deutlich. Da Ethanol<br />

aufgrund seines KOW-Wertes von –0.32 hydrophober ist als Aceton, das einen KOW-Wert von –0.48<br />

besitzt, wird das Ethanol durch die jetzt hydrophobere Abfalloberfläche länger in der Abfallsäule<br />

zurückgehalten.<br />

Abb. 2.3.2-10:<br />

Durchbruchszeiten für ver-<br />

schiedene anorganische und<br />

organische Tracerverbindungen.<br />

NaCl: Natriumchlorid<br />

MgCl: Magnesiumchlorid<br />

(NH4)2SO4: Ammoniumsulfat<br />

Kow-Wert: Verteilungskoeffizient<br />

im Zweiphasensystem Octanol /<br />

Wasser. Der Wert stellt ein Maß<br />

für die Hydrophobizität einer<br />

organischen Verbindung dar.<br />

Zeit [s]<br />

800<br />

700<br />

600<br />

500<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100<br />

0<br />

- 92 -<br />

vor Bewuchs<br />

nach Bewuchs<br />

NaCl MgCl (NH4)2SO4 Ethanol Aceton<br />

Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse (Abb. 2.3.2-10) kann davon ausgegangen werden, dass<br />

sich durch mikrobiellen Bewuchs die physiko-chemischen Eigenschaften der Abfalloberfläche ändern.<br />

Da es sich offensichtlich um Änderungen der chemischen Eigenschaften der Abfalloberfläche<br />

handelt, die jetzt hydrophober geworden ist, werden auch zunehmend hydrophobe organische Verbindungen<br />

auf der Abfalloberfläche adsorbiert und dadurch ihre Bioverfügbarkeit verringert.


- 93 -<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

In Tab. 2.3.2-1 sind einige Beispiele von Bioverfügbarkeiten organischer Verbindungen in Anwesenheit<br />

von Modellabfällen (Polyethylen (PE) und Holz) bzw. eines realen Deponieabfalls aufgeführt.<br />

Tab. 2.3.2-1: Bioverfügbarkeiten verschiedener Systeme.<br />

Adsorbat Adsorptiv KD-Wert Kow Bioverfügbarkeit<br />

Abfall<br />

Hexan 0,005 4,11 0,486<br />

Dioxan 0,0007 -0,38 0,871<br />

Ethanol 0,0009 -0,32 0,849<br />

PE Hexanol 0,009 2,02 0,3414<br />

Holz Hexanol 0,021 2,02 0,0176<br />

Bioverfügbarkeit:<br />

B<br />

f<br />

�<br />

1�<br />

1<br />

K � R<br />

KD:Verteilungskoeffizient fest/flüssig, RS/W: Feststoff/Wasser-Verhältnis<br />

Die in Tab. 2.3.2-1 dargestellten Ergebnisse belegen, dass die Bioverfügbarkeit mit zunehmender<br />

Hydrophobizität des Adsorptivs sinkt. Ein weiterer Faktor, der die Bioverfügbarkeit entscheidend<br />

beeinflusst, ist das Adsorbat. Komplexere Substanzen wie z.B. Holz haben einen wesentlich größeren<br />

hemmenden Einfluss als regelmäßig strukturierte Substanzen wie z.B. Polyethylen. Bei Holz<br />

stehen verschiedene Endgruppen für unterschiedliche Bindungsmechanismen zur Verfügung, so<br />

dass ein breiteres Spektrum an Substanzen adsorbieren kann. Aus diesem Grund ist es wichtig, die<br />

Abfallzusammensetzung und –eigenschaften noch näher zu untersuchen, um aus den sich zeitlich<br />

verändernden Bioverfügbarkeiten die Potentiale für das Langzeitemissionsverhalten von Deponien<br />

vorhersagen zu können.<br />

2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong><br />

Bisher diskutierte Modelle zur Beschreibung von zeitvarianten Abfallstabilisierungs- und Emissionsvorgängen<br />

aus Siedlungabfalldeponien waren und sind empirischer, formaler Natur. Dabei steht<br />

das allgemeine Reaktionsgeschehen in einer als „Black Box“ betrachteten Deponie im Vordergrund,<br />

so dass die hierauf aufbauenden Modelle eher deskriptiven Charakter besitzen. Biologisches und<br />

chemisches Detailwissen über das Reaktionsgeschehen innerhalb der Deponie ist dabei nicht eingebunden,<br />

so dass beispielsweise biologische Reaktionsvorgänge, Sättigungs- oder Inhibierungsvorgänge,<br />

Mikroorganismenwachstum und Biofilmbildung nicht berücksichtigt werden. Um dieses<br />

dennoch zu erreichen, ist in einem ersten Schritt die Entwicklung von prädikativen, mechanistischen<br />

Modellen hilfreich, um dann in einem zweiten Schritt diese Modelle in adaptive stochastische<br />

Modelle zu überführen. Die Grundlage hierfür bilden mathematische Ansätze über physikalische,<br />

chemische und biologische Reaktionsprozesse in Abfällen.<br />

Ähnliche vergleichbare deterministische Ansätze, wie sie im ersten Schritt der Modellentwicklung<br />

formuliert wurden, finden sich für das System Deponie hauptsächlich bei [EL-FADEL et al., 1996;<br />

DEMETRACOPOULOS et al., 1986; DACH et al., 1997 und YOSHIDA et al., 1997]. Im Bereich<br />

des Systems Boden sind die Informationen umfangreicher und bereits ausführliche physikalischmathematische<br />

Modelle erarbeitet worden [SCHÄFER, 1992]. So wurden Modelle vorgestellt, in<br />

D<br />

S<br />

W<br />

,


B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

denen Transport- und Reaktionsprozesse miteinander gekoppelt sind, um darüber Ausbreitungsphänomene<br />

bestimmter Schadstoffe im Boden zu beschreiben. Für den Bereich der Deponieabfälle<br />

sind derartige Kopplungen beispielsweise von [DACH et al., 1997] beschrieben worden. Eine eingehende<br />

Betrachtung der biokinetischen Prozesse wurde hier jedoch nicht vorgenommen; zur Beschreibung<br />

der Abbauprozesse von organischen Verbindungen dienten ausschließlich nur globale<br />

Abbaukonstanten. Biokinetische Daten aus der Untersuchung aerober und anaerober biologischer<br />

Stoffwechselprozesse sind bisher nicht publiziert worden. Lediglich aus den Bereichen Klärschlamm-<br />

und Sickerwasserbehandlung sind zahlreiche biokinetische Daten über aerobe und anaerobe<br />

biologische Stoffwechselprozesse bekannt und publiziert. Einen umfangreichen Überblick<br />

bieten hier die Arbeiten von [HENZE et al., 1995].<br />

Detailliertere Untersuchungen über Reaktions- und Transportvorgänge in Deponien wie auch die<br />

Entwicklung entsprechender Modelle zur Simulation von Stabilisierungs- und Emissionsprozessen<br />

in bzw. aus Deponien erfolgten hauptsächlich in den letzten 4 bis 5 Jahren. Hier sind vor allem die<br />

Arbeiten von [VAVILIN et al. <strong>2001</strong>; VEEKEN & HAMELERS, 1999; SIEGRIST et al. 2002;<br />

WHITE et al., <strong>2001</strong> sowie LAY et al., 1997] zu nennen, die sich mit der Modellierung biologischer<br />

Reaktionsprozesse und der Einflussnahme von spezifischen Milieubedingungen beschäftigen. Den<br />

thematischen Schwerpunkt bilden dabei insbesondere enzymatisch katalysierte Hydrolyseprozesse<br />

und deren Auswirkungen auf das Langzeitreaktions- und Emissionsgeschehen. Bezugnehmend auf<br />

Überlegungen, den gesamten Deponiekörper im Modell zu erfassen, berichten [GURIJALA & RO-<br />

BINSON, 1997] über umfangreiche, statistisch ausgewertete Deponiedaten. Ein großes Problem<br />

stellten dabei noch fehlende Kenntnisse über Parameterkorrelationen im Abfall und deren experimentelle<br />

Erfassung dar. Gerade diese Überlegungen und Probleme werden im vorliegenden Teilprojekt<br />

B5 bearbeitet. Vor allem die Überlegungen über die mathematische Formulierung der unterschiedlichen<br />

Mechanismen und der Einflussnahme von Milieuparametern auf die biokinetischen<br />

Abbauprozesse fanden durch einen Vortrag auf dem achten internationalen Kongress über Deponie-<br />

/Abfallbehandlungs- und Abfallmanagementmethoden auf Sardinien Beachtung. Hieraus entstandene<br />

und mittlerweile enge Kooperationen mit einer Arbeitsgruppe vom Department of Civil and<br />

Environmental Engineering (Prof. W. Powrie und Prof. J. White) der Universität Southampton<br />

(GB) sowie mit einer Arbeitsgruppe aus der Abteilung für Abfallmanagement (Prof. Stegmann) der<br />

TU Hamburg-Harburg belegen auch auf internationaler Ebene das Interesse an den eigenen Arbeiten<br />

und die Einbindung in aktuelle Forschungen auf diesem Gebiet.<br />

2.5 Offene Fragen<br />

Über die Entwicklung adaptiver, stochastischer Modelle in Verbindung mit einem modellgestützten<br />

Monitoring zur Prognose des Emissionsverhaltens von Deponien und möglicher Bauwerksschädigungen<br />

wurde in der Literatur bisher kaum etwas berichtet. In der Deponieüberwachung<br />

fehlen adaptive Modelle zur Beurteilung der aus den biologischen, chemischen und physikalischen<br />

Prozessen resultierenden Gefährdungspotentiale des Deponiebauwerks und daran angepasste Monitoringkonzepte.<br />

Die Frage der Einsetz- und Übertragbarkeit solcher Modelle ist dabei stark von<br />

der hinreichend genauen Kenntnis über Parameter- und Variablensignifikanzen sowie der statistischen<br />

Verteilung der Parameter im Deponiekörper abhängig.<br />

Deshalb wird sich in der dritten Förderungsphase die Modellschärfung im Wesentlichen sowohl auf<br />

die Einarbeitung von weiteren systemimmanenten Eigenschaften der in der zweiten Antragsphase<br />

eingeführten Repräsentativen Einheitsvolumina (REV) als auch auf experimentelle Untersuchungen<br />

an Laborabfallsäulen und in enger Kooperation mit dem Teilprojekt D1 auch vor Ort auf einen De-<br />

- 94 -


- 95 -<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

poniemessstand (Abb. 2.5-1) beziehen. Dort wird die Möglichkeit bestehen, einzelne vertikale Segmente<br />

im Deponieinneren über Messsonden, Sensoren und Probennahmen zu erreichen und zu charakterisieren.<br />

Abb. 2.5-1:<br />

Schema des Deponiemessstands<br />

auf der Deponie Deiderode<br />

(Stadt Göttingen)<br />

Sickerbecken für<br />

Tracerversuche<br />

Messungen in zeitlichen und örtlichen Abständen in der Deponie:<br />

9.5 m<br />

10 m<br />

Abstände der Messstellen:<br />

ca. 2,5 m (vertikal)<br />

Temperatur, relative Luftfeuchte, Deponiegaszusammensetzung,<br />

Konzentration anorganischer und organischer Verbindungen im Sickerwasser<br />

Die im Modell betrachteten REVs sollen den Segmenten des untersuchten Deponiebereichs entsprechen<br />

und werden als kleinste Modelleinheiten mit quasi homogenen Eigenschaften angenommen<br />

(segregiertes Deponiemodell). Sowohl diese als auch die Arbeiten zur Modellverfeinerung und<br />

Transportmodellierung erfolgen weiterhin im engen Verbund mit dem Teilprojekt B6<br />

(Dinkler/Ahrens). Weiterführende theoretische Überlegungen zur Modellverfeinerung und modellbegleitende<br />

experimentelle Untersuchungen werden genutzt, um die im Modell verwendete Anzahl<br />

von Parametern sinnvoll zu reduzieren. In diesem Zusammenhang werden in Fortsetzung der Kooperation<br />

mit dem Teilprojekt A1 (Hosser) die im Modell enthaltenen biochemischen, chemischen<br />

und physikalischen Parameter in Analysen über Versagenszustände statistisch bewertet und mit in<br />

die Überlegungen zur weiteren Modellverfeinerung bzw. Modellreduktion eingebunden.<br />

2.6 Literatur<br />

BÖHNKE B., BISCHOFSBERGER W., SEYFRIED W., 1993: Anaerobtechnik Handbuch der anaeroben<br />

Behandlung von Abwasser und Schlamm, Berlin: Springer - Verlag.<br />

DACH, J., OBERMANN, I., JAGER, J., OSTROWSKI, W., 1997: Water and Gas Transport in<br />

Landfills Contaminating Pretreated Waste. Proc. 6 th International Landfill Symposium, 13-17 October,<br />

Sardinia.<br />

DEHNE, M., HAARSTRICK, A., MEIMA, J.A., HEMPEL, D.C., HOSSER, D., <strong>2003</strong>: Weak Point<br />

Analysis of Municipal Landfill Structures Using Adaptive Monitoring. Waste Management,<br />

eingereicht <strong>2003</strong>.<br />

DEMETRACOPOULOS, A.C., ASCE, A.M., SEHAYEK, L., ERDOGAN, H., 1986: Modelling<br />

Leachate Production from Municipal Landfills, Waste Management, 112 (5), 849-867.<br />

DERNBACH H., 1982: Versuche zur Abschätzung des Gaspotentials einer Deponie anhand von<br />

Müllproben, Veröffentlichung des Instituts für Stadtbauwesen, Gas-, und Wasserhaushalt von<br />

Mülldeponien, Braunschweig, Heft 33.<br />

EL-FADEL, M., FINDIKAKIS, A.N., LECKIE, J.O., 1996a: Numerical Modelling of Generation<br />

and Transport of Gas and Heat in Landfills, I. Formulation, Waste Management and Research, 14,<br />

483-504.


B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

EL-FADEL, M., FINDIKAKIS, A.N., LECKIE, J.O., 1996b: Numerical Modelling of Generation<br />

and Transport of Gas and Heat in Landfills, III. Sensitivity Analysis. Waste Management and Research,<br />

14, 87-102.<br />

EL-FADEL, M., FINDIKAKIS, A.N., LECKIE, J.O., 1996c: Temperature Effects in Modelling<br />

Solid Waste Biodegradation. Environmetal Technology, 17, 915-935.<br />

GUJER W., ZEHNDER A.J.B., 1983: Conversion Processes in anaerobic digestion, Water Science<br />

and Technology, Vol. 15, 1983, pp.127 - 167.<br />

GURIJALA, K.R., SA, P., ROBINSON, J.A., 1997: Statistical modelling of methane production<br />

from landfill samples. Applied and environmental microbiology, 63 (10), 3797 – 3803, Heft 15.<br />

GURIJALA, K.R., SUFLITA, J.M., 1993: Environmental factors influencing methanogenesis from<br />

refuse in landfill samples, Environmental Science and Technology, Vol. 27, No. 6, 1993,<br />

1176 – 1181.<br />

HAARSTRICK, A., OSTERMANN, L., DINKLER, D., AHRENS, H., HEMPEL, D.C., <strong>2001</strong>a:<br />

Modelling of the Biodegradation of Organic Matter in Municipal Landfills. Waste Management &<br />

Research, 4 (19), 320-331.<br />

HAARSTRICK, A., MÜNNICH, K., MORA NARANJO, N., ZIEHMANN, G., <strong>2003</strong>: Erkundung<br />

von Gasbrunnenbohrungen auf der Deponie Fallersleben und Abfalldatenerhebung zur Untersuchung<br />

von Überwachungsparametern sowie zur Modellierung anaerober Abbauprozesse, Deponiebericht<br />

der Teilprojekte B5 und D1 im <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, TU Braunschweig, unveröffentlicht.<br />

HENZE, M., HARRMOES, P., JANSEN, J. L. C., ARVIN, E., 1995: Wastewater Treatment –<br />

Biological and Chemical Processes. Springer-Verlag, Deutschland.<br />

KRUSE, K., 1994: Langfristiges Emissionsgeschehen von Siedlungsabfalldeponien. Institut für<br />

Siedlungswasserwirtschaft – TU Braunschweig, Heft 54.<br />

LAY, J.J., LI, Y.Y., NOIKE, T., ENDO, J., ISHIMOTO, S., 1997: Analysis of environmental factors<br />

affecting methane production from high-solids organic waste. Water Science and Technology,<br />

36 (6-7), 493-500.<br />

McCARTY P.L., MOSEY F.E., 1991: Modelling of anaerobic digestion processes (a discussion of<br />

concepts), Water Science and Technology, Vol. 24, 1991, pp.17 - 33.<br />

MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C., 2002: Modelling the Effects of Environmental<br />

Conditions on the Biodegradation of Organic Material in Municipal Landfills. In: Waste Management<br />

and the Environment, Eds.: Almorza, Brebbia, Sale, Popov, WIT Press, Southampton, UK,<br />

479-489.<br />

MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C., 2002a.: Experimentelle<br />

Untersuchung und Modellierung der Kinetik anaerober Prozesse im Siedlungsabfall. gwf<br />

Wasser-Abwasser, 143 (2), 130-137.<br />

RODRIGUEZ C., HILIGSMANN S., LARDINOIS M., DESTAIN J., RADU J., CHARLIER R.,<br />

THONART P., <strong>2001</strong>: Cellulose enzymatic availability in solid waste, Proceedings 8 th International<br />

Waste Management and Landfill Symposium, Sardinia <strong>2001</strong>.<br />

- 96 -


- 97 -<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

SCHÄFER, W., 1992: Numerische Modellierung mikrobiell beeinflusster Stofftransportvorgänge<br />

im Grundwasser. Schriftenreihe gwf Wasser-Abwasser, Band 23.<br />

SIEGRIST, H., VOGT, D., GARCIA-HERAS, J.L., GUJER, W., 2002: Mathematical Model for<br />

meso- and thermophilic anaerobic sewage sludge digestion. Environ. Sci. Technol., 36, 1113-1123.<br />

SUK, B.H., LEE, K-K., LEE, C.H., 2000: Biologically reactive multispecies transport in sanitary<br />

landfill. Journal of Environmental Engineering, 126 (5), 419-427.<br />

VAVILIN, V.A., RYTOV, S.V., LOKSHINA, L.Y.A., RINTALA, J.A., LYBERATOS, G., <strong>2001</strong>:<br />

Simplified hydrolysis models for the optimal design of two-stage anaerobic digestion. Water Research,<br />

35 (17), 4247 – 4251.<br />

VEEKEN, A., HAMELERS, B., 1999: Effect of temperature on hydrolysis rates of selected biowaste<br />

components. Bioresource Technology, 69, 249-254.<br />

WHITE, J., Robinson, J., Ren, Q., <strong>2001</strong>: A Framework ton Contain a Spatially Distributed Model<br />

of the Degradation of Solid Waste in Landfills. Proc. 8 th International Landfill Symposium, 1.-5.<br />

October, Sardinia.<br />

YANG S, S., CHANG H-L., 1998: Effect of environmental conditions on methane production and<br />

emission from paddy soil, Agriculture, Ecosystems and Environment, 69, pp. 69 - 80.<br />

YOSHIDA, H., TANAKA, N., HOZUMI, H., 1997: Theoretical Study on Heat Transport Phenomena<br />

in a Sanitary Landfill. Proc. 6 th International Landfill Symposium, 13-17 October, Sardinia.<br />

2.7 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />

Veröffentlichungen der vergangenen 3 bis 4 Jahren.<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong> Workshop (Teilprojekt B5)<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (2000): Untersuchung der biologischen, chemischen und physikalischen Prozesse<br />

in Deponien, im Rahmen des Kontaktes mit dem Fachbereich Bauingenieurwesen, Abfallwirtschaft,<br />

Siedlungswasserwirtschaft, Prof. Dr.-Ing. Ehrig, der Bergischen Universität Wuppertal.<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (<strong>2001</strong>): Numerische Methoden zur Parameterschätzung und optimalen Versuchsplanung<br />

bei nichtlinearen Differentialgleichungen, im Rahmen des Kontaktes mit dem Institut<br />

für Wissenschaftliches Rechnen, Dr. P. Schlöder, Universität Heidelberg.<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (<strong>2001</strong>): Development of Sustainable Landfill Concepts based on understanding<br />

of Waste-Waste Interaction and Transformation Processes in a Landfill, im Rahmen des Kontaktes<br />

mit dem Energieuntersuchungszentrum Petten, Dr. H. A. van der Sloot, Niederlande.<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (2002): Modellierung und Simulation von Populationsbilanzen für Eigenschaftverteilungen,<br />

im Rahmen des Kontaktes mit der Computing in Technology GmbH, Dr. M. Wulkow,<br />

Rastede.<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (2002): a) Modelling the biochemical degradation of solid waste in landfills, b)<br />

Settlement of landfill wastes – small compression cell tests, im Rahmen der Kooperation mit dem<br />

Department of Civil and Environmental Engineering, Dr. J. White, Dr. R. Beaven, University of<br />

Southampton, Großbritannien.


B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

Vorträge<br />

HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (<strong>2001</strong>): Anaerobic Digestion in Municipal Landfills – Conceptual<br />

Considerations and Development of Structured Biodegradation Models, 8 th International<br />

Waste Management and Landfill Symposium, 10 – 15 Oct., Caliary, Sardinien, Italien.<br />

MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (2002): Modelling the Effects of Environmental<br />

Conditions on the Biodegradation in Municipal Landfills, 9 th International Conference on Envrion-<br />

Soft – Modelling, Monitoring and Management of Environmental Problems, 8-11 Mai, Bergen,<br />

Norwegen.<br />

MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (2002): Experimental<br />

Investigation and Modelling of the Effect of Sulfate on Anaerobic Biodegradation Processes in Municipal<br />

Wastes, 3 rd International Symposium on Anaerobic Digestion of Solid Wastes, 18 – 20<br />

Sept., München/Garching.<br />

HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (<strong>2003</strong>): Modellierung anaerober Abbauprozesse in Hausmülldeponien,<br />

Dechema Arbeitsausschusssitzung, 20. Sitzung der Arbeitsgruppe “Umweltbiotechnologie”,<br />

5. Febr., Frankfurt a. Main.<br />

MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (<strong>2003</strong>): Experimental<br />

Investigation and Modelling of the Effect of Environmetal Conditions on the Acetate and Methane<br />

Generation in Municipal Solid Waste, 9 th International Waste Management and Landfill Symposium,<br />

6 – 10 Oct., Caliary, Sardinien, Italien.<br />

Dissertationen<br />

Laufende Arbeiten:<br />

NELSON MORA NARANJO: Analyse der Kinetik des Abbaus organischer Verbindungen in<br />

Hausmüllabfällen, voraussichltiche Abgabe Ende <strong>2003</strong>.<br />

HILKE HEINKE: Untersuchung der physiko-chemischen und biochemisch reaktiven Eigenschaften<br />

von Deponieabfällen, voraussichtliche Abgabe Ende 2004.<br />

Diplomarbeiten<br />

MOLSEN, HILKE (<strong>2001</strong>): Untersuchung der physiko-chemischen Eigenschaften und biocchemischen<br />

reaktiven Eigenschaften von Deponieabfällen.<br />

CARMEN ALAMAR PROVECHO (2002): The influence of environmental factors like sulfate,<br />

dihydrogen sulfide, temperature and pH on the anaerobic degradation of organic waste in<br />

municipal landfills.<br />

LOURDES RUBIO (<strong>2003</strong>): Einfluss des mikrobiellen Wachstums auf die hydraulischen<br />

Eigenschaften von Abfallschüttungen.<br />

Studienarbeiten<br />

GEORG STRÜNCKMANN (2000): Erarbeitung eines Deponiezustandsprofils auf der Grundlage<br />

von Natur- und Labormessungen.<br />

DAGMAR BRACHT (2000): Untersuchung des Adsorptions- u. Desorptionsverhaltens von deponietypischen<br />

organischen Substanzen in definierten Abfallmatrices.<br />

- 98 -


- 99 -<br />

B5<br />

Haarstrick, Hempel<br />

JENS OHRT (2002): Untersuchung geeigneter Methoden zur Bestimmung von Biomasse- und<br />

Wachstumsparametern in Siedlungsabfällen.<br />

LINUS ASCHENBACH (<strong>2003</strong>): Bestimmung von Adsorptionskinetiken organischer Verbindungen<br />

an einer Abfallmatrix.<br />

STEFANIE DEMMING (<strong>2003</strong>): Einwirkung von Sorptionsprozessen auf die Hydrolysekinetik<br />

hochmolekularer organischer Verbindungen im Abfall.<br />

Veröffentlichungen (internationale Zeitschriften)<br />

A. HAARSTRICK, L. OSTERMANN, H. AHRENS, D. DINKLER, D. C. HEMPEL (<strong>2001</strong>): Modelling<br />

of the Biodegradation of Organic Matter in Municipal Landfills, Waste Management &<br />

Research, 4 (19), 320-331.<br />

MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (2002): Modelling the Effects of Environmental<br />

Conditions on the Biodegradation of Organic Material in Municipal Landfills, in: Waste<br />

Management and the Environment, Eds.: Almorza, Brebbia, Sale, Popov, WIT Press, Southampton,<br />

UK, 479-489.<br />

MORA NARANJO, N., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C.: Modelling the Effects of Environmental<br />

Conditions on the Acetate and Methane Formation in Municipal Wastes, Waste Management,<br />

eingereicht <strong>2003</strong>.<br />

HAARSTRICK, A., MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A.., HEMPEL, D.C.: Modelling Anaerobic Degradation<br />

in Municipal Landfills, Environmental Engineering Science, eingereicht <strong>2003</strong>.<br />

DEHNE, M., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C., HOSSER, D.: Weak Point Analysis of Municipal Landfill<br />

Structures Using Adaptive Monitoring, Waste Management, eingereicht <strong>2003</strong>.<br />

MEIMA, J.A., MORA-NARANJO, N., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C.: Literature review and sensitivity<br />

analysis of parameters controlling biodegradation processes in municipal solid waste landfills,<br />

Waste Management, eingereicht <strong>2003</strong>.<br />

MORA- NARANJO, N., ALAMAR- PROVECHO, MEIMA, C., J., HAARSTRICK, A.,<br />

HEMPEL, D.C.: Experimental Investigation and Modelling of the Effect of Sulfate on Anaerobic Biodegradation<br />

Process in Municipal Solid Waste, Water Science and Technology, eingereicht <strong>2003</strong>.<br />

Veröffentlichungen (nationale Zeitschriften)<br />

HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (<strong>2001</strong>): Modellierung chemischer und biologischer Reaktions-prozesse<br />

in Siedlungsabfällen, gwf Wasser-Abwasser, 142 (6), 435-442.<br />

MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C., (2002): Experimentelle Untersuchung<br />

und Modellierung der Kinetik anaerober Prozesse in Siedlungsabfällen, gwf Wasser-Abwasser,<br />

143 (2), 130-137.<br />

ZIEHMANN, G., MÜNNICH, K., HAARSTRICK, A., FRICKE, K., HEMPEL. D.C. (<strong>2003</strong>): Deponiemonitoring<br />

– Teil I, Müll & Abfall, 4, 156-161.<br />

ZIEHMANN, G., MÜNNICH, K., HAARSTRICK, A., FRICKE, K., HEMPEL. D.C. (<strong>2003</strong>): Deponiemonitoring<br />

– Teil II, Müll & Abfall, angenommen, Veröffentlichung im Juli <strong>2003</strong>.<br />

HAARSTRICK, A., MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A.., HEMPEL, D.C.: Monitoring und Prognose<br />

des Langzeitemissionsverhaltens von Siedlungsabfällen, gwf Wasser-Abwasser, angenommen, Veröffentlichung<br />

Ende <strong>2003</strong>.


- 100 -


Analyse der gekoppelten Prozesse von Wärmeentwicklung,<br />

Flüssigkeits- und Stofftransport in der Deponiestruktur<br />

Prof. Dr.-Ing. D. Dinkler<br />

Prof. Dr.-Ing. H. Ahrens<br />

Dr.-Ing. J. Hanel, Dipl.-Ing. J. Kindlein<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

- 101 -<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Im Teilprojekt B6 werden Modelle zur Beschreibung von Mehrphasenströmungen und Stofftransport<br />

sowie Stoffabbau in Siedlungsabfalldeponien untersucht und weiterentwickelt. Ziel der Arbeit<br />

ist die Entwicklung und exemplarische Erprobung von Berechnungsmodellen, die chemisch-biologische<br />

Reaktionen gekoppelt mit Transportvorgängen von Stoffen und Wärme in Deponien erfassen.<br />

Deponien stellen komplexe Ingenieurbauwerke dar, die während ihrer Lebensdauer (Funktionsphase<br />

und Nachsorgephase) vielfältigen inneren und äußeren Einwirkungen ausgesetzt sind. Für die<br />

Bewertung der Gefährdungspotentiale bestehender Deponien und neu zu errichtender Anlagen sind<br />

Modelle erforderlich, die das Langzeitverhalten von Deponien in seiner Komplexität zu beschreiben<br />

in der Lage sind. Hierbei müssen der Transport von Sickerwasser und Deponiegas sowie die mechanischen<br />

Eigenschaften und biochemische Abbauprozesse in einem gekoppelten Modell berücksichtigt<br />

werden, um das Zusammenwirken der Einzelprozesse im Gesamtsystem studieren und realitätsnah<br />

beschreiben zu können, siehe Abb. 1.<br />

Gasemissionen Niederschlag<br />

Verdampfung<br />

Deponiegas<br />

Methan, Kohlendioxid,...<br />

Wärmetransport<br />

bio-chemische<br />

Prozesse<br />

Stoffabbau,<br />

Gas- und Wärmeproduktion,<br />

Sickerwasserbelastung<br />

Sickerwasser<br />

gelöste Gase und<br />

Substanzen,<br />

Wärmetransport<br />

Abb. 1: Wesentliche Phänomene in Deponien<br />

Abfall<br />

Struktur<br />

Porosität<br />

Zusammensetzung<br />

Temperatur<br />

Verformung<br />

Volumenänderung<br />

Sickerwasserabfluss


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Modelle, mit denen die vielfältigen Mechanismen und Prozesse in einer Deponie rechnerisch untersucht<br />

werden können, sind auf verschiedenen Abstraktionsebenen möglich. Globale, stark vereinfachende<br />

Modelle, die „Black-box“-Charakter haben, sind mittels empirischer Methoden lange Zeit<br />

üblich gewesen, vgl. [DACH 1998; OBERMANN 1999; DANHAMER 2002]. Gegenstand gegenwärtiger<br />

und zukünftiger Forschung ist die Entwicklung genauerer Modelle, welche die Wechselwirkungen<br />

zwischen mechanischem Verhalten, Transportvorgängen und biologisch-chemischen<br />

Reaktionsprozessen mit Wärmeentwicklung implizit berücksichtigen, siehe [HANEL et al. <strong>2001</strong>;<br />

KINDLEIN et al. <strong>2003</strong>].<br />

Die Beschreibung von Energie- und Stofftransportvorgängen in Deponien erfolgt in der Regel in<br />

Analogie zu numerischen Verfahren zur Berechnung von Sickerströmungen in porösen Medien.<br />

Das poröse Medium wird als Kontinuum bestehend aus fester Phase (Kornmatrix) und mehreren<br />

Fluidphasen (Sickerwasser, Deponiegas) betrachtet. Infolge Gravitation, Dichte- und Druckgradienten<br />

kommt es zum Transport der Fluidphasen durch die Kornmatrix, siehe dazu [BEAR 1990;<br />

HELMIG 1997].<br />

Transport- und Reaktionsprozesse beeinflussen sich in vielfältiger Weise, so dass die Kopplung der<br />

Modelle zu stark nichtlinearen Modellgleichungen führt. Die Lösung der gekoppelten<br />

Modellgleichungen für Wärme- und Stofftransport in porösen Medien erfolgt numerisch. Die<br />

schwache Form der Transportgleichung wird mit Hilfe der Finite-Element-Methode diskretisiert.<br />

Die numerische Stabilisierung erfolgt mit dem von [HELMIG 1997] vorgestellten Box-Verfahren<br />

und oberstromgewichteten Koeffizienten (fully upwinding).<br />

Die Modellgleichungen für die lokale Massenbilanz und die Reaktionskinetik beschreiben den<br />

aeroben und anaeroben Abbau organischer Substanzen in der Feststoffmatrix und die Bildung<br />

flüssiger und gasförmiger Schadstoffe. In dieser Form sind sie als lokales Stoffgesetz in jedem<br />

Integrationspunkt der globalen Transportgleichungen für Deponien interpretierbar.<br />

Die Beschreibung von Reaktionsprozessen in Deponien ist bisher empirischer Natur. Die Deponie<br />

wird dabei als „Black-Box“ angesehen, deren Vorgänge in Deponie-Simulations-Reaktoren (DSR)<br />

beobachtet und rein phänomenologisch nachgebildet werden. Das an Experiment angepasste phänomenologische<br />

Abbaumodell von [DACH 1998] wird in eigenen Arbeiten mit Transportmodellen<br />

gekoppelt und zur Validierung der hier entwickelten Abbaumodelle herangezogen, siehe 2.3.<br />

Da innerhalb einer Deponie in Ort und Zeit stark unterschiedliche Prozesse vorhanden sein können,<br />

wird ein adaptives Modell entwickelt, mit dem auch die oft großen Unterschiede von Deponie zu<br />

Deponie oder bei Untersuchungen spezieller Deponiezustände, z. B. für Sensitivitätsanalysen, erfassbar<br />

sind. Das hierfür entwickelte Modell ist so strukturiert, dass die Anzahl der Unbekannten<br />

für Phasen und Komponenten beliebig gewählt und automatisch an die Deponiesituation angepasst<br />

werden kann.<br />

2.2 Angewandte Methoden<br />

Für die Simulation der in Deponien auftretenden Phänomene sind Modelle für die Beschreibung der<br />

Transportvorgänge von Stoffen und Wärme mit Modellen für biologische Abbauprozesse zu koppeln.<br />

Hierfür sind die lokalen Bilanzgleichungen der beteiligten festen, flüssigen und gasförmigen<br />

Stoffe, Biomassen und der Wärme aufzustellen sowie die räumlich und zeitlich veränderlichen<br />

Speicher-, Transport- und Milieubedingungen im eingelagerten Abfall zu beschreiben. Wegen der<br />

Komplexität von Reaktions- und Transportprozessen werden Modelle verglichen, die einerseits<br />

Transportvorgänge genau beschreiben und Reaktionen vereinfachend berücksichtigen sowie ande-<br />

- 102 -


- 103 -<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

rerseits Reaktionen genau erfassen und in vereinfachende Transportgleichungen eingebunden sind.<br />

Durch Vergleich der genauen und vereinfachenden Modelle wird die Güte der Simulation der Prozesse<br />

im Deponie-inneren analysiert und bewertet. Um verschiedene Deponiezustände adaptiv beschreiben<br />

und vergleichend beurteilen zu können, ist eine Adaptation der Primärvariablen und Prozesse<br />

an die jeweilige Situation erforderlich. Mit Hilfe von Systemvariationen wird der Einfluss von<br />

heterogenen Einlagerungen und inhomogenen Abfallschichten auf die Prozesse untersucht und hinsichtlich<br />

ihrer lokalen und globalen Bedeutung überprüft. Anhand von Berechnungsbeispielen werden<br />

Kriterien zur Bewertung von Deponiesituationen und zur Lebensdauervorhersage diskutiert.<br />

2.2.1 Lokale Massenbilanz und Reaktionskinetik<br />

Das Modell für den mikroskopischen Stoffabbau, siehe [HAARSTRICK et al. <strong>2001</strong>], wird in enger<br />

Zusammenarbeit der Teilprojekte B5 und B6 weiterentwickelt. Die biologisch-chemischen Prozesse<br />

von aerobem oder anaerobem Abbau sind mit Sättigungskinetiken formuliert. Das Modell berücksichtigt<br />

Milieubedingungen wie pH-Wert und Temperatur, Phasenübergänge sowie Wachstum und<br />

Absterben verschiedener Mikroorganismen. In Abb. 2 sind die Prozessketten für den aneroben Abbau<br />

dargestellt, wie sie mit dem Modell simuliert werden.<br />

ACIDOGENESE<br />

Feste organische Substanz<br />

Leicht bis mittelschwer abbaubar<br />

Gelöste, organische<br />

Verbindungen<br />

Biomasse (an)<br />

Lyse-<br />

Produkte<br />

(Zelltod)<br />

Biomasse (an)<br />

Organische Säuren<br />

Kohlendioxid<br />

Wasserstoff<br />

Methan<br />

Kohlendioxid<br />

HYDROLYSE<br />

Biomasse (an)<br />

Biomasse (m)<br />

ACETOGENESE<br />

Acetat<br />

Kohlendioxid<br />

Wasserstoff<br />

METHANOGENESE<br />

Abb. 2: Schematische Darstellung des anaeroben Abbaus mit dem mikroskopischen Abbaumodell<br />

Die zeitliche Änderung der Substrate s, hier die an den Reaktionsprozessketten beteiligten Stoffe<br />

und die Biomassen, folgen einer Reaktionskinetik 1. Ordnung nach Monod. Die mit den Abbauvorgängen<br />

freigesetzten Enthalpien werden mit der Energiebilanz in örtliche Temperaturen umgerechnet.<br />

Der pH-Wert wird durch eine Ionenbilanz bestimmt. Die Reaktionsgeschwindigkeiten R(s) sind<br />

von den Substraten selbst abhängig und ändern sich mit den Milieubedingungen sowie dem Vorhandensein<br />

inhibierender Substanzen. Die Beträge der Edukt- und Produktmassen sowie die Wärmeentwicklung<br />

sind für alle Reaktionen mit den stöchiometrischen Koeffizienten M erfasst:<br />

s� � B(<br />

s)<br />

�s<br />

� sˆ<br />

B( s)<br />

� M � R(<br />

s)<br />

.


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

In dieser Form beschreibt das Modell zunächst ein lokal geschlossenes System, in dem sich für einen<br />

vorgegebenen Anfangszustand Stoffe und Milieubedingungen ohne äußere Einflüsse entwickeln<br />

können. Mit der Erweiterung um Quellen und Senken sˆ beschreibt das Modell auch lokal<br />

offene Systeme und berücksichtigt so den Transport von Wärme oder Sickerwasser.<br />

Nach einer Erweiterung des bestehenden Modells ist jetzt auch die Berücksichtigung unterschiedlicher<br />

Bioverfügbarkeit der organischen Substanz (leicht, mittelschwer bis schwer abbaubar) möglich.<br />

Außerdem werden eine Reihe alternativer Oxidatoren und entsprechende Mikroorganismenspezies<br />

eingeführt. Bei der Anwesenheit mehrerer Stoffe, welche bei den Redox-Reaktionen als<br />

Elektronen-Akzeptoren dienen können, wird derjenige zuerst verwendet, der das höchste Energiepotential<br />

aufweist. In hierarchischer Reihenfolge sind dies, beginnend mit dem höchsten Redox-<br />

Potential: Sauerstoff, Nitrat, Eisen, Sulfat und letztendlich Kohlendioxid (Methanogenese), siehe<br />

dazu auch <strong>Arbeitsbericht</strong> von Teilprojekt B5.<br />

An den hier vorgestellten Reaktionsprozessen sind mehr als 25 Reaktionen mit ca. 30 Substraten<br />

beteiligt. Da eine Kopplung von Reaktionen mit Transportprozessen numerisch aufwendig ist, sollte<br />

die Anzahl der Reaktionen und Substrate reduziert werden, wenn deren Einfluss nicht signifikant<br />

ist. Es ist also notwendig, das Modell auf charakteristische Substrate bzw. Substratgruppen zu reduzieren,<br />

ohne dabei die wesentlichen Aussagen des genauen mikroskopischen Modells zu verlieren.<br />

Hierfür sind Sensitivitätsanalysen und Parameterstudien des mikroskopischen Modells erforderlich,<br />

die mit geeigneten Experimenten einhergehen, um wesentliche Parameter und Prozesse identifizieren<br />

zu können. In einem ersten Schritt ist ein reduziertes Abbaumodell entwickelt, mit den Kopplungen<br />

von mikroskopischer Reaktion und globalem Transport erprobt werden können.<br />

Das reduzierte Modell umfasst die Reaktionsgleichungen der Hydrolyse und Acidogenese. Feste<br />

organische Substanz wird während der Hydrolyse in das Zwischenprodukt Glucose umgewandelt.<br />

Bei hier angenommener guter Bioverfügbarkeit (leicht bis mittelschwer abbaubar) wird diese sofort<br />

metabolisiert und organische Säuren als Hauptprodukte ausgeschieden. Glucose kann daher als Unbekannte<br />

in den Gleichungen eliminiert werden. Als Beschreibungsvariablen verbleiben so organische<br />

Substanz, Methan, Kohlendioxid und die Summe organischer Säuren, zusammengesetzt aus<br />

Butter-, Propion- und Essigsäure, sowie die Milieubedingungen pH-Wert und Temperatur. Wasserstoff<br />

und Stickstoff werden vernachlässigt.<br />

Die Reaktionsgeschwindigkeiten folgen ebenfalls der Monod-Kinetik. Der geschwindigkeitsbestimmende<br />

Schritt der zusammengefassten Gleichungen ist die Hydrolyse. Die maximale Reaktionsrate<br />

beträgt im mikroskopischen Modell 0,37 1/d ([d]=Tag), während das Zwischenprodukt Glucose<br />

mit maximal 2,0 1/d im Vergleich unmittelbar abgebaut wird. Nach Zusammenfassen der Reaktionsraten<br />

in einer Reihenschaltung der Prozesse, folgt die maximale Rate der Hydrolyse mit k-<br />

H,max = 0,31 1/d. In der Acidogenese bleibt die maximale Abbaurate analog zum mikroskopischen<br />

Modell bei kA,max = 0,4 1/d. Der pH-Wert wird analog zum mikroskopischen Modell über eine Ionenbilanz<br />

der Substrate Wasser, organische Säuren und Ammonium bestimmt. Das somit von über<br />

20 Variablen auf 7 Variable reduzierte Modell kann mit sinnvollem Aufwand für Untersuchungen<br />

von mehrdimensionalen gekoppelten Transport- und Reaktionsprozessen eingesetzt werden.<br />

- 104 -


2.2.2 Transportmodell<br />

- 105 -<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Deponien können als Kontinua mit fester Phase (Kornmatrix) und mehreren Fluidphasen (Sickerwasser,<br />

Deponiegas) betrachtet werden, wobei jede Phase wiederum aus mehreren Komponenten<br />

bestehen kann. Die Grundgleichungen der Kontinuummechanik sind makroskopisch formuliert,<br />

wobei das repräsentative Elementarvolumen REV kleinste homogene Modelleinheit ist. Die gegenseitige<br />

Beeinflussung zweier Phasen im Porenraum ist mit empirischen Modellansätzen erfasst,<br />

Phasenübergänge werden lokal modelliert. Wärmetransport ist verschmiert über alle Phasen berücksichtigt,<br />

was einem lokalen thermodynamischen Gleichgewicht entspricht.<br />

Die Anwendung eines makroskopischen Kontinuumsansatzes führt bei porösen Medien und Mehrphasenströmungen<br />

zu neuen makroskaligen Systemvariablen. Die Porosität wird definiert zu:<br />

V<br />

V<br />

P � � �<br />

.<br />

REV<br />

Porenvolumen<br />

Gesamtvolumen<br />

Als weitere fundamentale Modellvariable wird die Sättigung S� einer Fluidphase � verwendet:<br />

V�<br />

V�<br />

S�<br />

� � ,<br />

V � �V<br />

P<br />

wobei V� das Volumen der Phase � und VP das gesamte Porenvolumen im REV darstellen. Für jede<br />

Komponente � einer Phase � wird eine Bilanzgleichung aufgestellt, welche die zeitliche Entwicklung<br />

in einem REV beschreibt:<br />

�<br />

�<br />

�<br />

����S�����X���div� � � �� div�<br />

� � � ���<br />

( ) � 0<br />

, � � X � D<br />

X q z<br />

t � � �<br />

� grad ��<br />

� �<br />

� �<br />

�<br />

REV<br />

REV<br />

v .<br />

Die 3-D-Transportgleichung basiert auf dem Prinzip der Massenerhaltung in einem Kontrollvolumen<br />

(REV). Die folgende Gleichung stellt die Gesamtheit aller Transportvorgänge in Matrixschreibweise<br />

dar, wobei die zeitliche Änderung einer makroskopischen Variable z innerhalb eines<br />

Kontrollvolumens beschrieben wird:<br />

Speicherterm Advektion Diffusion/Dispersion Quellen/Senken<br />

(As · z),t + div (Aa · z) + div (Ad · grad z) + q(z) = 0 .<br />

Beschreibungsvariablen z sind in diesem Fall der Fluiddruck p im Porenraum, die Sättigung S� der<br />

verschiedenen Phasen, die Temperatur und die Massenfraktionen X � der Komponenten (z.B. Cellulose,<br />

Acetat, Methan). Mit den Modellgleichungen können Mehrphasenströmungen mit konvektivem<br />

und diffusiv-dispersivem Transport von Stoffen und Wärme sowie Quellen und Senken beschrieben<br />

werden.<br />

Die Beschreibung der Strömungsgeschwindigkeiten v� erfolgt mit einem erweiterten Darcy-Gesetz<br />

für Mehrphasenströmungen. Die Strömungseigenschaften des betrachteten Fluids hängen dabei<br />

vom Druckgradienten, von den Fluideigenschaften (Viskosität �� und Dichte ��), den Matrixeigenschaften<br />

des porösen Feststoffes (Permeabilität Kabs) und der Interaktion mehrerer Fluide im Porenraum<br />

(relative Permeabilität kr� ) ab:<br />

k r<br />

�grad p � � g�<br />

�<br />

v� � K abs � �<br />

� � .<br />

�<br />


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Zur Beschreibung der Interaktion zwischen den verschiedenen Fluidphasen im Porenraum und des<br />

Kapillardruckes kommen empirische Ansätze zum Einsatz. In der vorliegenden Arbeit wird das<br />

verbreitete empirische Modell von [BROOKS-COREY 1964] für Gas-Wasser-Systeme verwendet.<br />

Dabei ist die relative Permeabilität kr� einer Phase � eine Funktion der Sättigung S� und eines<br />

Strukturparameters �BC:<br />

krα = f (Sα, λBC) .<br />

Der Parameter �BC berücksichtigt die Porengeometrie und -verteilung innerhalb eines REV. Bei<br />

kleineren Werten von �BC ist die Mobilität der Flüssigphase signifikant herabgesetzt, siehe Abb. 3.<br />

relative Permabilität k rw, k rg<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

krg<br />

0 0,2 0,4 0,6 0,8 1<br />

Sättigung Sw<br />

- 106 -<br />

�������<br />

�������<br />

Abb. 3: Funktion der relativen Permeabilität für Wasser (w) und Gas (g) nach BROOKS-COREY<br />

Der Wärmehaushalt des porösen Mediums wird mit der makroskopischen Energiebilanz beschrieben.<br />

Unter Vernachlässigung thermomechanischer Kopplungsterme ist darin die Änderung der spezifische<br />

Wärmeenergie im REV gleich dem Wärmezustrom oder -abstrom sowie den inneren Wärmequellen,<br />

z.B. aus Reaktion. Wärmespeicherung und -transport wird verschmiert über alle Phasen<br />

betrachtet, d. h. die Wärme wird als Komponente behandelt, wobei die Temperatur lokal in jeder<br />

Phase gleich groß ist. Dies entspricht der Annahme eines lokalen thermischen Gleichgewichts. Die<br />

gespeicherte spezifische Wärmeenergie im REV ist gleich der Summe der spezifischen Enthalpien<br />

der Phasen.<br />

Die Abhängigkeit der Gesamtenthalpie von der Phasenzusammensetzung wird über die Wärmekapazitäten<br />

und Partialdichten berücksichtigt. Die Erhaltungsgleichung wird analog zur Stofftransportgleichung<br />

formuliert und beschreibt makroskopisch die räumliche und zeitliche Wärmeentwicklung.<br />

Quell- und Senkterme berücksichtigen Wärmezu- und -abfluß aus Phasenübergängen und<br />

Reaktionsenthalpien sowie Enthalpien von äußeren Wärmequellen.<br />

2.2.3 Kopplung von Transport und Reaktion<br />

Transport- und Reaktionsprozesse beeinflussen sich in vielfältiger Weise. In Abb. 4 sind wesentliche<br />

Vorgänge von Reaktion und Transport dargestellt.<br />

krw


Chemisch-biologischer Abbau<br />

von organischem Siedlungsabfall<br />

Gase<br />

Gelöste und<br />

flüssige Stoffe<br />

Wärme<br />

Inkrustrationen<br />

Biofilmbildung<br />

Feststoffabbau<br />

Konsequenz<br />

Emissionen von<br />

Gasen, gelösten<br />

Stoffen und Wärme<br />

Änderung der<br />

Abbaubedingungen<br />

Änderung der<br />

Fluideigenschaften<br />

Änderung des<br />

Porenssystems<br />

- 107 -<br />

Gasströmung<br />

Sickerwasserströmung<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Transport von Stoffen und Wärme<br />

durch Siedlungsabfall<br />

Transport von<br />

- Sauerstoff<br />

- Nährstoffen<br />

- Mikroorganismen<br />

- toxischen Stoffen<br />

- Säuren<br />

- Wärme<br />

Abb. 4: Gegenseitige Wirkung und Abhängigkeit von Reaktion und Transport<br />

Im Hinblick auf eine möglichst effiziente und umfassende Analyse mit Kopplung von lokalen Reaktionen<br />

und globalem Stofftransport wird die gegenseitige Beeinflussung implizit berücksichtigt.<br />

Dabei wird die Massenänderung aus Reaktion in jedem Iterationsschritt über die linke Seite in der<br />

Massenbilanz des globalen Transportes berücksichtigt:<br />

s� � q� (z)<br />

.<br />

Die implizite Kopplung von Transport mit Reaktion erfolgt zunächst mit dem phänomenologischen<br />

Abbaumodell nach [DACH 1998] und exemplarisch mit genaueren Reaktionsmodellen für den<br />

Celluloseabbau. Eine umfassende Kopplung mit den in dieser Antragsphase neu hergeleiteten und<br />

reduzierten Reaktionsmodellen ist ebenfalls gelungen.<br />

2.2.4 Lösungsverfahren<br />

Die aufgestellten Modellgleichungen beschreiben nichtlineare Speicher- und Transportprozesse in<br />

porösen Medien und stellen in allgemeiner Form eine Anfangs-Randwert-Aufgabe dar. Separat bilden<br />

die ebenfalls nichtlinearen Reaktionsvorgänge eine Anfangswertaufgabe und sind so als lokales<br />

Stoffgesetz der globalen Massenbilanzen interpretierbar. Gekoppelt bilden sie ein System instationärer<br />

nichtlinearer partieller Differentialgleichungen.<br />

Beschreibungsvariablen des Systems sind die Massen der organischen Substanzen und Biomassen<br />

der Feststoffphase, Druck und Sättigung im Porenraum, Mengen transportierter Stoffe sowie die<br />

Temperatur. Das entwickelte Modell ist prozessadaptiv konzipiert, um die in Deponien sehr verschiedenen<br />

Vorgänge mit numerisch sinnvollem Aufwand untersuchen zu können.<br />

Aus der Abhängigkeit der Koeffizienten für Mehrphasenströmungen, Mehrkomponententransport<br />

und Reaktionsprozesse von den unbekannten Stoffmengen bzw. -zusammensetzungen folgt eine<br />

starke Nichtlinearität der Differentialgleichungen. Bei konvektiv dominierten Strömungen haben<br />

die Differentialgleichungen hyperbolischen Charakter. Um Oszillationen in den Lösungen zu vermeiden,<br />

sind daher numerische Stabilisierungsverfahren (fully-upwinding) erforderlich.


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Für Strukturberechnungen mit der Finite-Element-Methode (FEM) wird die differentielle Beschreibung<br />

in eine schwache Formulierung überführt. Wegen der zeitlichen Änderungen der Zustandsgrößen<br />

auf dem Rand spielt die Formulierung der Randbedingungen ebenfalls eine entscheidende<br />

Rolle bei der Simulation von gekoppelten Transport- und Reaktionsprozessen in Deponien. Zur<br />

numerischen Lösung der Modellgleichungen werden Diskretisierungsverfahren der FEM mit speziellen<br />

Wichtungsfunktionen und das Differenzenverfahren eingesetzt. Es kommt ein isoparametrisches<br />

und adaptives Element zum Einsatz.<br />

2.2.5 Randbedingungen<br />

Das vollständig gekoppelte Gleichungssystem stellt eine Anfangs-Randwert-Aufgabe dar. Zu Beginn<br />

von Systemberechnungen müssen daher an jedem Ort für alle gewählten Primärvariablen Anfangswerte<br />

definiert werden. Für die vollständige Beschreibung des Systems sind die gekoppelten<br />

Differentialgleichungen zudem um die Randbedingungen der Zustandsgrößen auf den umschließenden<br />

Ränder zu ergänzen. Allgemein sind drei Arten von Randbedingungen möglich: Dirichlet,<br />

Neumann und gemischte, Cauchy-Randbedingungen.<br />

Bei Dirichlet-Randbedingungen sind die Zustandsgrößen zi in der Regel als wesentliche Randbedingung<br />

vorgegeben. Die Randwerte auf dem Dirichlet-Rand �i D sind definiert zu<br />

� z � z � 0 .<br />

D<br />

�i i i<br />

Physikalisch beschreibt eine wesentliche Randbedingung eine fest vorgegebene prozessinvariante<br />

Zustandsgröße, wobei der zugehörige Randfluss der Größe frei ist. Zeitliche Änderungen der Randgrößen<br />

sind hier in festen Zeitintervallen möglich, so können z.B. jahreszeitliche Temperaturschwankungen<br />

mit Dirichlet-Randbedingungen formuliert werden.<br />

Die unbekannten Beschreibungsvariablen einer Deponieströmung, z.B. Druck und Sättigung, sind<br />

auf den Rändern jedoch nur unzureichend mit wesentlichen Randbedingungen erfassbar. Am oberen<br />

Rand, außerhalb einer Deponie, sind i. d. R. atmosphärische Bedingungen anzutreffen, die als Dirichlet-Randbedingungen<br />

berücksichtigt werden können. Da die Ränder jedoch Teil des Systems<br />

und nicht der umgebenden Atmosphäre sind, können sich auch dort Druck und Sättigung in den<br />

Poren entwickeln, was zu einer Kopplung der Zustandsgrößen und Flussgrößen führt.<br />

Neumann-Randbedingungen sind vorgegebene Randströme einer Zustandsgröße, die normal zum<br />

betreffenden Rand eingeprägt sind. So können Massen- oder Wärmerandflüsse mit<br />

N � �<br />

i � qi<br />

� ( q � n)<br />

� 0<br />

� i<br />

vorgeben werden. Als Neumann - Randbedingungen sind äußere Quellen und Senken formulierbar,<br />

z.B. können statistisch belegte Niederschlagsmengen und definierte Stoffinfiltrationen in Simulationen<br />

von Experimenten erfasst werden. Die spezielle Neumann-Randbedingung<br />

�<br />

q i<br />

� 0<br />

bedeutet physikalisch, dass sich beim Überschreiten des Randes der Wert der Zustandsgröße � nicht<br />

ändert. D.h. am Rand treten keine Stoff- oder Wärmeströme auf. Wenn Randflüsse nicht direkt als<br />

Primärvariable in der Bilanzgleichung berücksichtigt sind, wird die Neumann-Randbedingung natürlich<br />

erfüllt.<br />

- 108 -


- 109 -<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Gemischte, Cauchy-Randbedingungen ergeben sich durch eine Linearkombination der Dirichlet-<br />

und Neumann-Randbedingungen:<br />

C �<br />

k<br />

� � q ��<br />

( z)<br />

� z � q �n<br />

� 0<br />

i<br />

i<br />

�(z) ist der nichtlineare Proportionalitätsfaktor zwischen Randstrom und Zustandsgröße und ist physikalisch<br />

als Übergangskoeffizient deutbar. So können z.B. konvektive und diffusive Wärmeströme<br />

sowie Wärmestrahlungsübergangsbedingungen formuliert werden. Ergibt sich der Proportionalitätsfaktor<br />

zu Null, geht der Rand in einen Neumann-Rand über.<br />

Der Ansatz von Cauchy-Rändern vermeidet Randzwänge, die bei Dirichlet-Randbedingungen auftreten<br />

können. Die atmosphärischen Randbedingungen Druck und Sättigung sind beispielsweise mit<br />

Übergangskoeffizienten an das Gebiet gekoppelt, so dass sich die Zustandsgrößen auf den Rändern<br />

weiterhin in der Zeit entwickeln können.<br />

2.2.6 Heterogenität und Verformungsverhalten<br />

Deponien sind heterogene Systeme. Die makroskopische Beschreibung hydraulischer Mehrphasenprozesse<br />

erfasst die strukturelle Heterogenität des Porenraums, bedingt durch die sehr unterschiedlichen<br />

Korngrößen der eingelagerten Abfälle, mit Parametern in den Permeabilitäts- bzw. Kapillardruck-Sättigungs-Beziehungen,<br />

siehe 2.2.2. Die Ungleichheit des Porengefüges wird als hydraulische<br />

Heterogenität der Deponie bezeichnet und kann mit Anpassung der Parameter Kabs und �BC<br />

berücksichtigt werden. Unterschiedliche Durchströmungseigenschaften der Abfallmatrix in vertikaler<br />

und horizontaler Richtung als Folge von Schichtungen und Verdichtungen sind mit einem<br />

anisotropen Permeabilitätstensors beschreibbar. Darüber hinaus sind mögliche Inhomogenitäten<br />

infolge unterschiedlicher Einlagerungen von Abfällen zu beachten, die über die Größe eines REV<br />

hinausgehen. In diesem Fall wird die Inhomogenität des Kontinuums mit REVs unterschiedlicher<br />

Eigenschaften beschrieben.<br />

Eine zeitliche Veränderung des Porenraumes als Folge mikrobieller Aktivität oder Stoffabbaus kann<br />

ebenfalls einen deutlichen Einfluss auf die hydraulischen Eigenschaften haben. Infolge mikrobiellen<br />

Zellwachstums können Poren verkleinert oder ganz verstopft werden. Wenn sich das für die Wasserströmung<br />

zur Verfügung stehende Porenvolumen verkleinert, erhöht sich der Fließwiderstand. Ist<br />

die Wachstumsrate der Mikroorganismen bekannt, kann über das spezifische Volumen der Biomasse<br />

auf eine Veränderung der Porosität und Permeabilität geschlossen werden.<br />

Der Einfluss von Verformungen einer Deponie ist in vielen Parametern des Transportmodells zu<br />

beachten. Die makroskopischen Beschreibungsvariablen der festen Phase wie Porosität, Permeabilität<br />

und Feststoffdichte werden von Setzungen und Sackungen beeinflusst. Weiterhin können<br />

Funktionen zur Berücksichtigung von Mehrphasenprozessen, insbesondere für den Parameter �BC<br />

und den Diffusionskoeffizienten, auf ihre Abhängigkeit vom Verformungsverhalten hin untersucht<br />

werden. Vereinfachend ist die Wirkung des Setzungsverhaltens auf Porosität, Dichte und Permeabilität<br />

in Abhängigkeit von Auflasten und Strömungen der Phasen in Berechnungsbeispielen berücksichtigt.<br />

Das elastische Verhalten der Feststoffmatrix und die damit verbundene Änderung von<br />

Porosität und Dichte kann explizit mit Entwicklungsfunktionen beschrieben werden. Eine Kopplung<br />

von Fluiddruck und Auflast wird dabei vernachlässigt. Wenn durch Änderungen der Porenstruktur<br />

auch das Strömungsverhalten und damit die messbaren Emissionen beeinflusst werden, ist eine<br />

Kopplung mit physikalischen Verformungen sinnvoll und daher Gegenstand zukünftiger Arbeiten.<br />

i<br />

i<br />

.


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

Die Modelle für globalen Transport sowie lokale Massenbilanz und Reaktionskinetik sind zunächst<br />

getrennt erprobt. Danach werden in eindimensionalen Modelldeponien gekoppelte Prozesse verglichen.<br />

Der Einfluss heterogener Deponieschichten und streuender Parameter wird an eindimensionalen<br />

Modelldeponien mit Hilfe der Monte-Carlo-Methode untersucht. Abschließend erfolgt die<br />

numerische Untersuchung zweidimensionaler Ausschnitte der Deponien mit heterogenen Eigenschaften.<br />

In Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt A1 liegen Sensitivitätsstudien vor, die unter Berücksichtigung<br />

der stochastischen Streuung der Parameter deren Einfluss auf die Emissionen aufzeigen,<br />

[HOSSER et al. <strong>2003</strong>]. Dabei werden Menge, Konzentration und zeitlicher Verlauf der Sickerwasserbildung<br />

betrachtet. Im Einzelfall wird eine bestimmte Streuung für einen beliebigen Parameter,<br />

z.B. die Permeabilität, vorgegeben und der Einfluss dieser Streuung auf die Sickerwassermenge<br />

bestimmt.<br />

2.3.1 Lokale Massenbilanz und Reaktionskinetik<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Substrates [kg/m³]<br />

Temperature [°C]<br />

Cellulose<br />

CO 2<br />

0<br />

0 200 400 600<br />

Temperature<br />

Abb. 5: Vergleich der Abbaumodelle<br />

CH 4<br />

Time [d]<br />

oben links: phänomenologisches Modell<br />

nach [DACH 1998]<br />

oben rechts: mikroskopisches Abbaumodell<br />

unten rechts: reduziertes Abbaumodell<br />

- 110 -<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Cellulose<br />

Biomasses<br />

Temperature<br />

pH-Value<br />

Water<br />

0<br />

0 200<br />

Acids<br />

400 600<br />

60<br />

40<br />

20<br />

Cellulose<br />

Biomasses<br />

CH 4<br />

Temperature<br />

Acids<br />

Water<br />

pH-Value<br />

CO 2<br />

CH 4<br />

Time [d]<br />

CO 2<br />

0<br />

0 200 400 600<br />

Time [d]


- 111 -<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Ein phänomenologisches Abbaumodell wird von [DACH 1998] mit Anpassung an in DSR-Versuchen<br />

beobachteten Phänomenen und praxisorientierten Überlegungen vorgestellt. In den dreistufigen<br />

Abbaumodell 1. Ordnung sind in Abhängigkeit von Temperatur und Wassergehalt die Umwandlung<br />

organischer Substanz in Deponiegas und Wärme sowie im Sickerwasser gelöste Stoffe in<br />

Form von Summenparametern berücksichtigt. DACH passt die Abbaurate für anaerobe Abbauprozesse<br />

und die relativen Abbauraten zur Berücksichtigung von Umgebungstemperaturen und Wassergehalt<br />

an eigene DSR-Meßreihen für mechanisch-biologisch vorbehandelte Abfälle an.<br />

In Abb. 5 ist die zeitliche Entwicklung der Zustandsgrößen nach dem Modell von DACH mit den in<br />

Teilprojekten B5/B6 entwickelten Modellen der lokalen Massenbilanz und Reaktionskinetik verglichen.<br />

Dabei kommen das genaue mikroskopische Modell und das reduzierte Modell wie in 2.2.1<br />

beschrieben zur Anwendung. Simuliert ist hier ein lokal offenes System, d.h. Gase können ungehindert<br />

austreten. Die hier konstant gewählte Umgebungstemperatur von 20 °C beeinflusst die Entwicklung<br />

der Substrate und der Temperatur im Probenkörper.<br />

2.3.2 Globales Transportmodell<br />

Die verschiedenen Abbaumodelle sind nach 2.2.3 mit Transportprozessen gekoppelt. Die Untersuchung<br />

des gekoppelten Modells erfolgt an eindimensionalen (1-D) Beispiel, da mehrdimensionale<br />

Strömungen den Stoffabbau und die Emissionen signifikant verändern. Zunächst wird das Transportmodell<br />

mit dem phänomenologischen Abbaumodell gekoppelt und die Ergebnisse mit der Literatur<br />

verglichen. Anschließend erfolgt die Simulation einer homogenen Deponiesäule über einen<br />

Zeitraum von 30 Jahren, wobei das Transportmodell mit dem reduzierten Abbaumodell gekoppelt<br />

ist. Zusätzlich wird bei der Simulation heterogener Deponiesäulen der Einfluss streuender Permeabilität<br />

untersucht. Abschließend zeigen Berechnungen zweidimensionaler heterogener Deponieausschnitte<br />

realitätsnahe Simulationen gekoppelter Transport- und Reaktionsprozesse.<br />

Vergleich mit Ergebnissen aus der Literatur<br />

[DACH 1998] zeigt in verschiedenen Szenarien mögliche Gasemissionen und Temperaturentwicklungen<br />

für Deponiesäulen. Ausgehend vom vorgestellten phänomenologischen Abbaumodell wird<br />

mit Hilfe vereinfachender Ansätze das Strömungsfeld der Gase simuliert. Bei Annahme einer homogenen<br />

und stationär zu 90% wassergesättigten Deponie strömt das Gas von einem frei wählbaren<br />

Punkt im Abfallkörper mit konstanter Geschwindigkeit zu beiden Rändern ab.<br />

Oberflächenabdichtung<br />

Symmetrieachse<br />

25m<br />

Atmosphäre<br />

1bar, 10°C<br />

homogener<br />

Deponiekörper<br />

Porosität<br />

0.50<br />

orgFS<br />

X = 0.05<br />

v =<br />

DG<br />

-7<br />

2.5 10 m/s<br />

= konstant<br />

v = 0<br />

SW<br />

Druckmaximum<br />

= konstant<br />

Abb. 6: Simulation einer Deponiesäule nach [DACH 1998]


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Mit Hilfe gezielter Eingriffe in das eigene Programmsystem, die das freie Einstellen des Druck- und<br />

Gravitationsfeldes infolge der Umwandlung und Transport unterbinden, sowie durch Annahme einer<br />

residualen Wassersättigung von 90% können die Ergebnisse von DACH nachvollzogen werden.<br />

[kg/m<br />

1500<br />

2 ]<br />

1200<br />

900<br />

600<br />

300<br />

0<br />

0<br />

ausgetretenes DG an der Oberfläche<br />

Organik im Deponiekörper<br />

10 20 30 40 [a] 50<br />

- 112 -<br />

290<br />

[K]<br />

288<br />

286<br />

284<br />

282<br />

Verlauf nach Dach<br />

Berechneter Temperaturverlauf<br />

280<br />

0 10 20 30 40 [a] 50<br />

Abb. 7: links: Entwicklung der organischen Substanz im Deponiekörper und Gasemission;<br />

rechts: Entwicklung der Temperatur in Deponiemitte<br />

Untersuchung einer homogenen Deponiesäule<br />

Abb. 8 zeigt eine homogene Deponiesäule, die über einen Zeitraum von 30 Jahren untersucht wird.<br />

Die Deponie soll sich in der Nachsorgephase befinden, wobei eine Oberflächenabdichtung das Eindringen<br />

von Niederschlag verhindert. Am oberen und unteren Rand sind Cauchy-Randbedingungen<br />

mit den in angegebenen Umgebungswerten sowie außerhalb des Gebiets jeweils volle Gassättigung<br />

angenommen.<br />

Oberflächenabdichtung<br />

1m<br />

29m<br />

Dränschicht<br />

Atmosphäre<br />

1 bar , 283°K<br />

homogener<br />

Deponiekörper<br />

Neumann<br />

1 bar , 288°K<br />

Cauchy<br />

Cauchy<br />

Neumann<br />

Abb. 8: homogene Deponiesäule und FE-Netz mit Randbedingungen<br />

Simuliert wird eine 2-Phasenströmung mit Transport von 4 Komponenten und gekoppelten Abbauprozessen,<br />

die dem reduzierten Modell folgen. Zustandsgrößen des Systems sind der Druck der Sickerwasserphase<br />

(SW), die darin enthaltene Massenfraktion von Acetat, die Sättigung der Deponiegasphase<br />

(DG), die Massenfraktion von Kohlendioxid im Gas, die Temperatur und die Massenfraktion<br />

organischer Substanz in der festen Phase (orgFS).


30<br />

[m]<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

5a<br />

30a<br />

0<br />

100000 102500 10500<br />

Druck [Pa]<br />

SW,DG<br />

30<br />

[m]<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

5a<br />

30a<br />

0<br />

0 0.2 0.4 0.6 0.8 1<br />

SDG - 113 -<br />

30<br />

[m]<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

30a<br />

5a<br />

X orgFS<br />

0<br />

0 0.02 0.04 0.06<br />

30<br />

[m]<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

30a<br />

5a<br />

0<br />

273 293 313 333 353<br />

Temperatur [°K]<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Abb. 9: Entwicklung der Zustandsgrößen Druck, Sättigung, organische Substanz und Temperatur<br />

Die Entwicklung und Verteilung des Drucks im Porenraum, der Sättigung der Deponiegasphase,<br />

der Temperatur und der organischen Substanz ist in Abb. 9 dargestellt. In den ersten Jahren strömt<br />

der überwiegende Teil des mobilen Wassers in die Dränschicht, in der die Geschwindigkeit geringer<br />

als im Deponiekörper ist. Daher steigt der Wasserdruck mit zunehmender Deponietiefe, und Sickerwasser<br />

staut sich über der Dränschicht. In den nachfolgenden Jahren bleibt das Verhältnis der<br />

Sättigungen von Sickerwasser und Deponiegas nahezu konstant. Wenn der abgeschätzte Parameter<br />

des makroskopischen Modells für die relative Permeabilität �BC klein ist, sinkt die Mobilität der<br />

flüssigen Phase sehr rasch.<br />

In Bereichen, die nahezu optimale Abbaubedingungen (Temperatur, pH-Wert) aufweisen, ist die<br />

organische Substanz nach wenigen Jahren bereits vollständig abgebaut, wogegen in Bereichen mit<br />

hohen Temperaturen der Abbau viel langsamer abläuft. Daraus folgt, dass der Einfluss von Wärmetransport<br />

größer auf den Temperaturverlauf sein kann als der Einfluss von Wärmeproduktion aus<br />

den Enthalpien der Reaktionen.


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

30<br />

[m] 5a<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

30a<br />

0<br />

0 5000 10000 15000<br />

[mg Acetat / l Sickerwasser]<br />

- 114 -<br />

30<br />

[m]<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

CO 2 -Anteil<br />

Dampfanteil<br />

CH 4 -<br />

Anteil<br />

X k<br />

0<br />

0 0.25 0.5 0.75 1<br />

DG<br />

Abb. 10: Acetatkonzentration im Sickerwasser; Zusammensetzung der Gasphase nach 10 Jahren<br />

Die Entwicklung des Acetats in der Sickerwasserphase ist dem der organischen Substanz sehr ähnlich,<br />

siehe Abb. 10. In Bereichen mit günstigen Temperaturen wird produziertes Acetat sofort in<br />

Methan, Kohlendioxid und Wärme umgewandelt. Wenn zusätzlich die Mobilität der flüssigen<br />

Phase sehr gering ist, wird nur wenig Acetat nach unten transportiert, vgl. Abb. 11 links. Hier<br />

nimmt die Acetatkonzentration im abfließenden Sickerwasser nach ca. 3 Jahren ab. In Übereinstimmung<br />

mit dem Sättigungsverlauf sinkt die Emissionsrate des Sickerwassers auf einen Grenzwert.<br />

3000<br />

[kg]<br />

2400<br />

1800<br />

1200<br />

600<br />

Wasserabfluß<br />

Acetat-Konzentration<br />

0<br />

0<br />

0 10 20 Zeit [a] 30<br />

2500<br />

[mg/l]<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

800<br />

[kg] gespeicherte organische Substanz<br />

600<br />

400<br />

200<br />

CH4 CH4 -Emission<br />

CO2 CO2 -Emission<br />

0<br />

0 10 20 Zeit [a] 30<br />

Abb. 11: zeitliche Entwicklung der flüssigen und gasförmigen Emissionen<br />

Im vorliegenden Fall liegen nach Abfluss des überwiegenden Teils des mobilen Sickerwassers stationäre<br />

Werte der Emissionen und der Zustandsgrößen im Deponiekörper vor. Daher sind Prognosen<br />

für die Stoffentwicklungen für weitere Jahrzehnte möglich, wenn die Deponie abgedichtet<br />

bleibt. Die gespeicherte organische Substanz wird hier in rund 60 Jahren vollständig in Deponiegas<br />

umgewandelt und damit das initial vorhandene Gefährdungspotential verschwunden sein. Voraussetzung<br />

für qualifizierte Aussagen über den Einfluss einzelner Parameter ist neben hinreichend genauen<br />

Anfangswerten und Randbedingungen auch die Möglichkeit, die Deponie eindimensional<br />

abstrahieren zu können. Die horizontal eingebauten Abfallschichten müssen daher auf der Makroskala<br />

homogen sein, so dass keine signifikanten zweidimensionalen Strömungen auftreten. Nachfolgende<br />

heterogene Fallbeispiele zeigen zusätzlich den Einfluss streuender hydraulischer Parameter<br />

der Schichten in Langzeitanalysen auf.


Simulation der Prozesse in Deponiesäulen mit heterogenen Eigenschaften<br />

- 115 -<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Bislang sind die Anfangsbedingungen für Zustandsgrößen, Transport- und Reaktionsparameter im<br />

Anwendungsbeispiel homogen. Reale Deponien sind in Stoffzusammensetzung, Struktur und<br />

Randbedingungen jedoch äußerst heterogene Systeme. Die Erfassung hydraulischer Heterogenität<br />

des Porengefüges nach 2.2.6 gelingt mit Ansatz empirischer Modelle z. B. nach BROOKS-COREY.<br />

Lokale Inhomogenitäten des Deponiekörpers, die über die Größe eines REV hinausgehen, können<br />

durch Ansatz unterschiedlicher Anfangsbedingungen oder Parameter in den gekoppelten Modellen<br />

berücksichtigt werden. Die Inhomogenität des Kontinuums wird dann mit REVs mit unterschiedlichen<br />

Eigenschaften beschrieben.<br />

Darüber hinaus sind in Versuchen zur Validierung von Modellparametern breite Streubreiten der<br />

Messergebnisse die Regel. So werden in Experimenten von [OBERMANN 1999] Durchlässigkeiten<br />

für Sickerwasser von 10 -4 bis 10 -9 m/s und in Experimenten von [DACH 1998] bezogene Gasbildungsraten<br />

von 20 bis 80 l gemessen. Prognosen für Deponieverhalten mit deterministischen Berechnungen<br />

weisen daher große Unsicherheiten auf. Im Rahmen der durchgeführten Arbeiten wird<br />

zunächst der Einfluss inhomogener Eigenschaften des Deponiekörpers mit stochastischen Methoden<br />

untersucht. So kann der Einfluss der räumlichen Verteilung und Streuung einzelner Parameter auf<br />

die Prozesse überprüft und die Auswirkungen auf die Entwicklung der Zustandsgrößen im Deponiekörper<br />

und auf die Emissionen an Deponiegas und Sickerwasser untersucht werden.<br />

Exemplarisch wird hier der Einfluss der Streuung der absoluten Permeabilität Kabs als zentraler Parameter<br />

des Strömungsmodells untersucht. Im Modell nach Darcy ist die Permeabilität eine zentrale<br />

Eigenschaft von durchströmten porösen Medien. Da Versuche zu deren Bestimmung in Abfällen<br />

nach Literaturangaben sehr aufwendig sind und Messergebnisse große Streubreiten zeigen, ist es<br />

sinnvoll, den Einfluss der Permeabilität mit stochastischen Methoden zu analysieren. Die bereits<br />

zuvor homogen untersuchte Deponiesäule ist hier in 30 Schichten unterteilt, denen mit Zufallszahlen<br />

unterschiedliche Exponenten der absoluten Permeabilität zugewiesen sind.<br />

Die Berechnungsergebnisse sind exemplarisch angegeben, da die Anzahl der in der Monte-Carlo-<br />

Methode durchgeführten Simulationen nicht den erforderlichen Bedingungen genügt und keine belastbare<br />

Messdaten zur Validierung der Parameter vorliegen. Abb. 12 zeigt die angesetzte Normalverteilung<br />

und eine Realisierung für die inhomogene Deponiesäule.<br />

Häufigkeit<br />

0.9<br />

0.8<br />

0.7<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

1 K abs =10 -Exponent<br />

0<br />

6 7 8 9 10 11 12 13<br />

Exponent<br />

Deponiehöhe [m]<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

10 -13<br />

10 -12<br />

10 -11<br />

10 -10<br />

10 -9<br />

K abs [m 2 ]<br />

Abb. 12: Verteilungsfunktion für die absolute Permeabilität und eine Realisierung im Fallbeispiel


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

300<br />

[kg]<br />

200<br />

100<br />

homogen Kabs =10-11 homogen Kabs =10-11 homogen Kabs =10-10 homogen Kabs =10-10 0<br />

0 10 20 Zeit [a] 30<br />

- 116 -<br />

1800<br />

[kg]<br />

1200<br />

600<br />

homogen Kabs =10-10 homogen Kabs =10-10 homogen Kabs =10-11 homogen Kabs =10-11 0<br />

0 10 20 Zeit [a] 30<br />

Abb. 13: Emissionen an Gas und Sickerwasser bei streuender Permeabilität<br />

Abb. 13 zeigt die integrierten Abflüsse des Deponiegases an der Oberfläche und des Sickerwassers<br />

in der Dränschicht. Die Ergebnisse der insgesamt mehr als 30 Realisationen sind in mehrfacher<br />

Hinsicht zu beurteilen. Die Verteilung der Permeabilität wirkt sich auf das Emissionsverhalten der<br />

Phasen unterschiedlich aus. Wenn die Sickerwasserphase den Porenraum nur teilweise ausfüllt, ist<br />

deren Mobilität bei Ansatz von �BC � 0,5 begrenzt. Streuungen der absoluten Permeabilität führen<br />

auch zu Streuungen der Wassersättigung und wirken sich so auf die Mobilität aus, dass Strömungsgeschwindigkeiten<br />

praktisch gleich Null werden können. Dagegen ist die Mobilität der Deponiegasphase<br />

für kleine �BC bei den auftretenden Sättigungen konstant hoch, so dass die Gasgeschwindigkeit<br />

durch die Variation der Permeabilität weniger beeinflusst wird, und die Gasemissionen nur<br />

wenig streuen.<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

t = 5 a:<br />

µ = 1.02 * 10 3<br />

=1.35*10 2<br />

�<br />

900 1100 1300<br />

t =15 a:<br />

µ = 1.31 * 10 3<br />

=1.36*10 2<br />

�<br />

1200 1400 1600<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

t =10 a:<br />

µ = 1.21 * 10 3<br />

=1.36*10 2<br />

�<br />

0<br />

1000 1200 1400 1600<br />

0<br />

t =30 a:<br />

µ = 1.49 * 10 3<br />

=1.16*10 2<br />

�<br />

1300 1500 1700<br />

Abb. 14: Häufigkeitsverteilung des integrierten Sickerwasserabflusses [kg] zu verschiedenen Zeiten


- 117 -<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

In Abb. 14 sind die Abflusskurven als Häufigkeitsverteilungen dargestellt, die man erhält, wenn zu<br />

festen Zeiten die prognostizierten Abflüsse aller Realisationen in Klassen unterteilt werden. Die<br />

Abflussklassen haben gleiche Intervallbreiten und dienen der besseren Übersichtlichkeit. Die Ereignisse<br />

einer Klasse sind auf die Gesamtanzahl bezogen und zeigen daher relative Häufigkeiten. Wegen<br />

hoher absoluter Abflussunterschiede in den gewählten Zeitpunkten konnten keine Klassen<br />

gleich große Breiten gewählt werden. Der Mittelwert � sowie die Standardabweichung � werden<br />

zusätzlich berechnet.<br />

Die Standardabweichung der integrierten Abflusskurven ändert sich im Simulationszeitraum nur<br />

wenig, da das streuende Strömungsverhalten des Sickerwassers über die Zeit verschmiert enthalten<br />

ist. Für realistische Prognosen sind nicht nur integrierte, sondern auch aktuelle Emissionsmengen<br />

der Stoffe von Bedeutung, die in Abb. 15 als Häufigkeitsverteilungen aktueller Sickerwasser-abflüsse<br />

zu den gleichen Zeiten dargestellt sind. Die berechneten Standardabweichungen zeigen, dass<br />

sich lokale Inhomogenitäten in den ersten fünf Jahren am stärksten auswirken und daher die Standardabweichungen<br />

der integrierten Abflüsse konstant bleiben. In diesem Zeitraum ist der größte<br />

Teil des in der Deponie gespeicherten Wassers noch mobil. Nach 30 Jahren sind kaum noch<br />

Schwankungen festzustellen, über 90% der aktuellen Abflüsse liegen in der Klasse um 2,5·10 -7 kg/s.<br />

Die Abflusskurven unterstreichen, dass die absolute Permeabilität wesentlichen Einfluss auf Sickerwassermengen<br />

hat und daher für realitätsnahe Prognosen gezielt zu untersuchen ist. Wenn die<br />

Permeabilität homogen mit 10 -10 und 10 -11 m² angesetzt ist, fließen im zweiten Fall in 30 Jahren<br />

knapp 50% weniger Wasser ab, siehe Abb. 13. Die Streubreite der berechneten Abflüsse für die<br />

zwischen 10 -8 und 10 -12 m² normalverteilte Permeabilität liegt im Vergleich dazu in einem engen<br />

Bereich.<br />

Nach den hier gewonnenen Erkenntnissen ist für in-situ Untersuchungen und Prognosen eher die<br />

Größenordnung als die Streubreite der Permeabilität gezielt zu überprüfen.<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

t =5 a:<br />

µ = 1.77 * 10 -6<br />

=2.08*10 -7<br />

�<br />

1.5E-06 2E-06<br />

t =15 a:<br />

µ = 5.20 * 10 -7<br />

=5.14*10 -8<br />

�<br />

4E-07 5E-07<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

0.8 0<br />

0.6 0<br />

0.4 0<br />

0.2 0<br />

0<br />

t =10 a:<br />

µ = 8.14 * 10 -7<br />

=8.32*10 -8<br />

�<br />

6E-07 8E-07<br />

t = 30 a:<br />

µ = 2.66 * 10 -7<br />

=9.66*10 -9<br />

�<br />

3E-07 5E-07 7E-07<br />

Abb. 15: Häufigkeitsverteilung des aktuellen Sickerwasserabflusses [kg] zu verschiedenen Zeiten


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Simulation einer 2-D Modelldeponie<br />

Realitätsnahe Simulationen gekoppelter Transport- und Reaktionsprozesse in Deponien sind häufig<br />

nur mit mehrdimensionalen Modellen möglich. Das hier entwickelte Modell kann mit dem adaptiven,<br />

isoparametrischen Elementkonzept Prozesse in beliebig geformten, zweidimensionalen Strukturen<br />

untersuchen.<br />

Niederschlag<br />

10.-11. Tag<br />

abbaubare<br />

organische<br />

Substanz<br />

50 %<br />

KDB<br />

12m<br />

25 m<br />

Atmosphäre<br />

1bar , 288°K<br />

- 118 -<br />

Neumann<br />

Dränschicht<br />

1bar , 288°K<br />

FE - Netz<br />

Cauchy<br />

Dirichlet<br />

Neumann<br />

Neumann<br />

Abb. 16: 2-D-Modelldeponieausschnitt und FE-Netz mit Randbedingungen<br />

Die Möglichkeiten des Modells werden anhand des in Abb. 16 dargestellten zweidimensionalen<br />

Deponieausschnitts unter Ausnutzung von Symmetrien zu den vertikalen Rändern gezeigt. Zu Anfang<br />

ist der Porenraum zu 60% mit Sickerwasser und zu 40% mit Deponiegas gefüllt. Organische<br />

Substanz ist zu 50% in der Feststoffphase des gekennzeichneten Teilgebiets konzentriert, was zu<br />

stark heterogenen Prozessen führt. Der Stoffabbau folgt dem reduzierten Reaktionsmodell. Da die<br />

Deponie oben noch nicht abgedichtet ist, können Niederschläge, die als Quellen in der obersten<br />

Elementreihe modelliert sind, am 10. und 11. Tag in den Abfallkörper eindringen, Deponiegas kann<br />

ungehindert entweichen. Am unteren Rand ist eine geneigte Kunststoffdichtungsbahn (KDB) mit<br />

spezieller Neumann-Randbedingung und eine Dränschicht mit Dirichlet-Randbedingungen so modelliert,<br />

dass Sickerwasser nur im Bereich des linken Randes abfließt.<br />

Zustandsgrößen der nichtisothermen 2-Phasenströmung mit vier Komponenten sind der Druck der<br />

Sickerwasserphase, die darin enthaltene Massenfraktion von Acetat, die Sättigung der Deponiegasphase,<br />

die Massenfraktion von Kohlendioxid im Gas, die Temperatur und die Massenfraktion organischer<br />

Substanz in der festen Phase. Der Simulationszeitraum beträgt 50 Tage.<br />

Abb. 17 zeigt die Sättigung der Gasphase (Sg) im Porenraum während des Regenereignisses. Für<br />

Wassersättigungen von weniger als 40% ist die Wasserphase nahezu immobil. Mit Eindringen von<br />

Niederschlägen nimmt die Gassättigung ab, das wieder mobile Sickerwasser kann durch die Deponie<br />

strömen und staut sich zunächst über der Dränschicht um zeitlich verzögert abzufließen.<br />

Mit dem Abbau von organischer Substanz strömt das produzierte Deponiegas aus dem gekennzeichneten<br />

Teilgebiet in das restliche Gebiet, so dass das eindringende Wasser aus den Niederschlägen<br />

vom 10. bis 11. Tag nur begrenzt in das Teilgebiet gelangen kann. Das Wasser strömt bevorzugt<br />

um das Gebiet herum und erreicht dort auch Vollsättigung.


25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

- 119 -<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

Tag 9 Tag 10 Tag 11 Tag 12<br />

Abb. 17: Entwicklung der Depoiniegassättigung während des Regenereignisses<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

Abb. 18 zeigt die räumliche und zeitliche Entwicklung der Temperatur bei einer Ausgangstemperatur<br />

von 293 K im gesamten Deponieraum. Infolge des Stoffabbaus entsteht Wärme, die ausgehend<br />

vom Teilgebiet konvektiv mit Gas- und Wasserphase sowie durch Wärmeleitung transportiert wird<br />

und in der gesamten Deponie zu Temperaturerhöhungen führt.<br />

Wegen der geringeren Wärmekapazität des Deponiegases und der festen Phase hat die Sickerwasserphase<br />

den größten Einfluss auf die Temperaturentwicklung im Deponiekörper. Mit Einsetzen der<br />

Niederschläge, die eine Temperatur von 283 K haben, wird Wärme verstärkt mit der Sickerwasserphase<br />

konvektiv nach unten transportiert. Die Temperatur sinkt insbesondere in Bereichen mit Vollsättigung<br />

auf nahezu 283 K. Wenn sich das Sickerwasser bei Durchströmung des Teilgebietes erwärmt,<br />

zeigen Bereiche unterhalb des Teilgebietes aufgrund des Wärmetransports ebenfalls höhere<br />

Temperaturen.<br />

Nach Abklingen der Niederschläge erwärmt sich die Deponie infolge Wärmeleitung im Deponieinneren<br />

ausgehend vom Teilgebiet, in welchem wärmeproduzierende Abbauprozesse stattfinden. Dabei<br />

werden maximale Temperaturen von 323 K erreicht.<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

Tag 9 Tag 11 Tag 20 Tag 50<br />

Abb. 18: Entwicklung der Temperatur<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Sg [-]<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

T[°K]<br />

323<br />

313<br />

303<br />

293<br />

283


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

- 120 -<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

0 5 10 15<br />

Tag 9 Tag 11 Tag 16 Tag 50<br />

Abb. 19: Entwicklung der Acetatkonzentration in der Sickerwasserphase<br />

Ein weiteres Abbauprodukt der Hydrolyse ist Acetat, das in der Sickerwasserphase gelöst vorliegt<br />

und in Abb. 19 als Konzentration kg pro l Wasser dargestellt ist. Mit der Wasserströmung, insbesondere<br />

nach Niederschlägen, wird der gelöste Stoff konvektiv mit dem Sickerwasser transportiert<br />

und liegt dann unterhalb des Teilgebiets in geringen Konzentrationen vor. Die acidogene Abbaustufe<br />

wandelt Acetat in Methan und Kohlendioxid sowie in Wärme um, so dass es nach 50 Tagen<br />

wieder ausschließlich im Teilgebiet nachweisbar ist.<br />

2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Bewertung der Modelle<br />

Ein Vergleich der Ergebnisse der Modelle für lokalen Stoffabbau und der Transportmodelle mit<br />

Ergebnissen aus der Literatur ist in Abschnitt 2.3 ausführlich erfolgt. In einem Vergleich der verschiedenen<br />

Abbaumodelle bei der Nachrechnung von DSR-Versuchen von [DACH 1998] zeigt<br />

sich, dass neben den eingebauten Feststoffen auch bewegliche Substrate die chemisch-biologischen<br />

Abbauprozesse maßgeblich beeinflussen können. Dabei ermöglicht das mikroskopische Modell die<br />

genaue Analyse vorhandener und transportierter Stoffe während des Abbaus. Die phänomenologische<br />

Beschreibung auf makroskopischer Skala kann dagegen bewegliche Substrate nur integral berücksichtigen<br />

und ist für lokale Analysen insbesondere von transportierbaren Stoffen nicht geeignet.<br />

Mit Reduktion der beteiligten Stoffe und Reaktionen des mikroskopischen Abbaumodells gelingt<br />

hingegen eine effizienter und dennoch genauer Skalenübergang der lokalen Massenbilanzen und<br />

Reaktionskinetik auf die makroskopische Ebene.<br />

Im Vergleich lokaler und globaler Bilanzen der beteiligten Stoffe und der Wärme sowie deren Entwicklung<br />

ist die Identifikation wesentlicher Zustandsgrößen und Prozesse möglich. Die Berücksichtigung<br />

inhomogener Deponieschichten und streuender Parameter wird an Deponiesäulen mit<br />

Hilfe der Monte-Carlo-Methode untersucht und stellt den Einfluss einzelner Parameter des Transportmodells<br />

bei Langzeitsimulationen heraus. Abschließende Berechnungen demonstrieren die Anwendbarkeit<br />

der Modelle auf mehrdimensionale Ausschnitte einer Modelldeponie mit inhomogenen<br />

Einlagerungen. Die Untersuchungen zeigen, dass genaue Prognosen des Verhaltens von Deponien<br />

mithilfe reduzierter, mikroskopisch begründeter Reaktionsmodelle möglich sind, wenn sie mit<br />

mehrdimensionalen nichtisothermen Mehrphasenströmungs- und Transportmodellen gekoppelt<br />

sind.<br />

Im Vielstoffmilieu Deponie können zahlreiche Substanzen eine wesentliche Rolle spielen, wenn sie<br />

nach Transport die Abbauzonen erreichen und dort die Prozesse beeinflussen. Die spezifische Ent-<br />

Ac [kg/l]<br />

3.0E-03<br />

2.4E-03<br />

1.8E-03<br />

1.2E-03<br />

6.0E-04<br />

0.0E+00


- 121 -<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

wicklung der Stoffe im Deponiekörper gibt so Aufschluss über das Langzeitverhalten der von Deponien,<br />

das mit phänomenologischen Analysen der globalen Zu- und Abflüsse nicht vorhersagbar<br />

ist.<br />

Analog zur Beschreibung von Niederschlägen können auch Methoden der Deponieverfahrenstechnik<br />

simuliert werden. Denkbar sind z.B. gezielte Infiltrationen von Nährstoffen, die als Quellen<br />

modelliert die Abbauvorgänge stimulieren und deren Auswirkungen nicht nur lokal, sondern jetzt<br />

auch global mit gekoppelten Transport- und Reaktionsprozessen analysiert werden können. Langzeitprognosen<br />

mit den entwickelten Modellen sind in 1-D-Anwendungen sinnvoll, wenn der Deponiekörper<br />

näherungsweise homogen ist und bleibt. Treten jedoch signifikante Inhomogenitäten auf,<br />

die mehrdimensionale Strömungsfelder bewirken, sind auch Analysen mit dem vorgestellten Gesamtmodell<br />

möglich.<br />

2.5 Offene Fragen<br />

In der laufenden Antragsphase ist die Weiterentwicklung mikroskopischer und reduzierter Modelle<br />

für lokale Massenbilanzen und Reaktionskinetik gelungen. Diese können erfolgreich in globale<br />

Modelle überführt und mit Mehrphasenströmungs- und Mehrkomponententransportmodellen gekoppelt<br />

werden. Erprobungen der Modelle anhand ausgewählter Modelldeponien und Vergleiche<br />

mit Ergebnissen aus der Literatur zeigen, dass das gekoppelte Gesamtmodell für realistische Prognosen<br />

des Langzeitverhaltens von Deponien eingesetzt werden kann. Die Berücksichtigung heterogener<br />

Eigenschaften und Untersuchungen des Einflusses stochastisch verteilter Modellparameter<br />

sind möglich. Untersuchungen zu zeitlich veränderlicher Porenstruktur und der Kompaktion sowie<br />

deren Einfluss auf das hydraulische Verhalten werden am Ende dieser Antragsphase begonnen und<br />

in der folgenden fortgesetzt.<br />

Eine Weiterentwicklung des bestehenden numerischen Modells ist auf mehreren Gebieten möglich.<br />

Eine wichtige Aufgabe ist die Beschreibung der zeitlichen Entwicklung des Porengefüges und damit<br />

der Strömungseigenschaften. Diese sind abhängig von mechanischen Verformungen aus Kompaktion,<br />

Biofilmbildung und Stoffabbau sowie Stofftransport, wenn Sorptionsprozesse, Ablagerungen<br />

und Inkrustationen berücksichtigt werden. Damit einher geht eine Modifizierung und Verifizierung<br />

der Parameter für das erweiterte Darcy-Modell.<br />

Im Bereich der Abbaureaktionen ist die Entwicklung und Untersuchung anderer Reduktionsansätze<br />

und Skalierungen des mikroskopischen Reaktionsmodells erforderlich. Dabei können Methoden der<br />

Modalanalyse mit Eigenwertbestimmung und modaler Reduktion zur Anwendung kommen.<br />

Anhand von Versuchsergebnissen im Teilprojekt B5 soll eine weitere Validierung der Modellparameter<br />

des lokalen bio-chemischen Reaktionsmodells z.B. mit Abbauraten und eine Anpassung der<br />

Strömungsparameter der modifizierten Darcy-Ansätze vorgenommen werden. Der Einfluss von<br />

Biofilmbildung und Stoffabbau auf das Porenvolumen und die Transporteigenschaften soll dabei<br />

experimentell untersucht und modelliert werden.<br />

Für die Beschreibung des Verformungsverhaltens in Abhängigkeit von Strömung und Stoffabbau ist<br />

die Reduktion eines vorhandenen Modells für das Verformungsverhalten [EBERS-ERNST 1999]<br />

auf die Kompaktion durchzuführen. Die Entwicklung der Verformung in Abhängigkeit von Stoffabbau,<br />

Wassersättigung und Deponieaufbau sowie deren Einfluss auf die Transportparameter bei<br />

geändertem Strömungsverhalten bilden dabei Schwerpunkte. Die Anbindung des reduzierten Modells<br />

des mechanischen Verhaltens von Siedlungsabfall an das Transportmodell ist vorgesehen.


B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

2.6 Literatur<br />

BEAR, J. , BACHMAT, Y. , 1990: Introduction of Modelling Transport Phenomena in Porous Media.<br />

Kluwer Academic Publishers, The Netherlands<br />

BROOKS R., COREY A., 1964: Hydraulic Properties of Porous Media. Hydrol. Pap., Colorado<br />

State University 3.<br />

DACH, J. 1998: Zur Deponiegas- und Temperaturentwicklung in Deponien mit Siedlungsabfällen<br />

nach mechanisch-biologischer Abfallbehandlung. Schriftenreihe Institut WAR, TU Darmstadt, Heft<br />

107<br />

DANHAMER, H., 2002: Emissionsprognosemodell für Deponien mit mechanisch-biologisch vorbehandelte<br />

Abfällen – Schwerpunkt Modellierung des Gashaushaltes. Schriftenreihe WAR Bd. 138,<br />

Technische Universität Darmstadt<br />

EBERS-ERNST, J. , DINKLER D. , 1999: Modelling of Stress-Strain Behaviour of Municipal Solid<br />

Waste. Proc. Eurpean Conference on Computational Mechanics, Munich, Germany<br />

HAARSTRICK, A., HEMPEL, D. C., OSTERMANN, L., AHRENS, H., DINKLER, D., <strong>2001</strong>:<br />

Modeling of the Biodegradation of Organic Matter in Municipal Landfills. Waste Management and<br />

Research, 19, 320-331<br />

HANEL, J., DINKLER, D., AHRENS, H., <strong>2001</strong>: Modelling Coupled Processes of Waste Degradation,<br />

Gas- and Leachate Transport in Municipal Landfills. Sardinia <strong>2001</strong>, Proceedings Eighth International<br />

Waste Management and Landfill Symposium, CISA, Cagliari, Italy<br />

HOSSER, D., DEHNE, M., AHRENS, H., KINDLEIN, J., <strong>2003</strong>: Modelling Simplification of Landfill<br />

Processes by using Methods of Reliability Theory. Waste Management and Research, 21, 119-<br />

126<br />

HELMIG, R. , 1997: Multiphase Flow and Transport Processes in the Subsurface: A Contribution<br />

to the Modeling of Hydrosystems. Berlin/Heidelberg, Springer Verlag<br />

KINDLEIN J., DINKLER, D., AHRENS, H., <strong>2003</strong>: Verification and Application of Coupled Models<br />

for Transport and Reaction Processes in Sanitary Landfills. Sardinia <strong>2003</strong>, Proceedings Ninth<br />

International Waste Management and Landfill Symposium, CISA, Cagliari, Italy<br />

OBERMANN, I. , 1999: Modellierung des Wasserhaushalts von Deponien vorbehandelter Siedlungsabfälle.<br />

Mitteilungen Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft, TU Darmstadt, Heft 107<br />

2.7 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />

Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahren.<br />

DINKLER, D., HANEL, J., AHRENS, H., 2000: Modellierung von Deformations-, Transport-, und<br />

Reaktionsprozessen in Hausmülldeponien. Dynamische Probleme - Modellierung und Wirklichkeit,<br />

Tagung Universität Hannover<br />

HAARSTRICK, A., HEMPEL, D. C., OSTERMANN, L., AHRENS, H., DINKLER, D., <strong>2001</strong>:<br />

Modeling of the Biodegradation of Organic Matter in Municipal Landfills. Waste Management and<br />

Research, 19, 320-331<br />

HANEL, J., DINKLER, D., AHRENS, H., <strong>2001</strong>: Modelling Coupled Processes of Waste Degradation,<br />

Gas- and Leachate Transport in Municipal Landfills. Sardinia <strong>2001</strong>, Proceedings Eighth International<br />

Waste Management and Landfill Symposium, CISA, Cagliari, Italy<br />

- 122 -


- 123 -<br />

B6<br />

Dinkler, Ahrens<br />

DINKLER, D., AHRENS, H., KINDLEIN, J., 2002: Modelling Transport and Reaction Processes<br />

in Municipal Landfills. WCCM V, Fifth World Congress on Computational Mechanics, Eds.: H. A.<br />

Mang, F. G. Rammerstorfer, J. Eberhardsteiner, Vienna, Austria<br />

HOSSER, D., DEHNE, M., AHRENS, H., KINDLEIN, J., <strong>2003</strong>: Modelling Simplification of Landfill<br />

Processes by using Methods of Reliability Theory. Waste Management and Research, 21, 119-<br />

126<br />

KINDLEIN, J., HANEL, J., DINKLER, D., AHRENS, H., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C.,<br />

<strong>2003</strong>: Modeling and Numerical Simulation of Coupled Transport and Reaction Processes in MSW<br />

Landfills. Waste Management, Elsevier, accepted<br />

KINDLEIN J., DINKLER, D., AHRENS, H., <strong>2003</strong>: Verification and Application of Coupled Models<br />

for Transport and Reaction Processes in Sanitary Landfills. Sardinia <strong>2003</strong>, Proceedings Ninth<br />

International Waste Management and Landfill Symposium, CISA, Cagliari, Italy<br />

Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsgebiet<br />

EBERS-ERNST, J., DINKLER, D., 2000: Simulation of Deformation Behavivour of Municipal<br />

Solid Waste Landfills. Proceedings of the European Congress on Computational Methods in Applied<br />

Sciences and Engineering ECCOMAS 2000, Barcelona<br />

GEISTEFELDT, J., DINKLER, D., KOWALSKY, U., <strong>2001</strong>: A Perturbation-Based Stochastic Finite<br />

Element Method. ICOSSAR'01, Newport Beach, CA, USA<br />

STEFFENS, A., DINKLER, D., <strong>2001</strong>: A Numerical Model for Reactive Transport in Concrete.<br />

Creep, Shrinkage and Durability Mechanics of Concrete and other Quasi-Brittle Materials, CON-<br />

CREEP-6, Proceedings 6th International Conference, F.-J. Ulm, Z. P. Bazant, F. H. Wittmann<br />

(Edtrs.) Elsevier, Oxford<br />

Dissertationen mit Bezug zum Arbeitsgebiet<br />

EBERS-ERNST, J., <strong>2001</strong>: Modellierung des inelastischen Verformungsverhaltens von Siedlungsabfalldeponien.<br />

Institut für Statik, Bericht Nr. <strong>2001</strong>-91, Dissertation, TU Braunschweig<br />

HANEL, J., <strong>2001</strong>: Modell zur Analyse von gekoppelten Transport- und Stoffabbauprozessen in<br />

Deponien. Institut für Statik, Bericht Nr. <strong>2001</strong>-92, Dissertation, TU Braunschweig<br />

STEFFENS, A., <strong>2001</strong>: Modellierung von Karbonatisierung und Chloridbindung zur numerischen<br />

Analyse der Korrosionsgefährdung der Betonbewehrung. Institut für Statik, Bericht Nr. <strong>2001</strong>-90,<br />

Dissertation, Technische Universität Braunschweig<br />

TACKE, A., 2002: Feuchte- und Festigkeitsentwicklung hydratisierenden Betons – Modellierung<br />

und numerische Analyse. Institut für Statik, Bericht Nr. 2002-94, Dissertation, TU Braunschweig<br />

GEISTEFELDT, J., <strong>2003</strong>: Stochastische Finite-Element-Methoden mit Anwendung auf aero-elastische<br />

Tragsysteme. Institut für Statik, Bericht Nr. <strong>2003</strong>-97, Dissertation, TU Braunschweig


- 124 -


Adaptives Modell zur Dauerhaftigkeitsprognose<br />

im Zuge der Überwachung von Betonbauwerken<br />

Prof. Dr.-Ing. Harald Budelmann<br />

Dr.-Ing. Frank Schmidt-Döhl<br />

Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stephan Bruder<br />

Dipl.-Ing. Alexander Holst<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

- 125 -<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

Unter der Dauerhaftigkeit eines Betonbauwerks wird dessen baustoff- und bauteilspezifischer Widerstand<br />

gegen Einwirkungen aus Witterung, chemischen Einflüssen und Nutzung verstanden.<br />

Dauerhaftigkeitsmodelle gehen meist von Planungsdaten aus und berücksichtigen auch nur einige<br />

der vielfältigen Schädigungsprozesse, wie die Carbonatisierung oder den Chloridangriff. Sie sind<br />

zwangsläufig ungenau.<br />

Für eine zuverlässige nutzungsbegleitende Prognose der noch verbleibenden Dauerhaftigkeit (Restnutzungsdauer)<br />

eines Bauteils benötigt man zum einen Zustandsinformationen aus dem Bauwerk<br />

und zum anderen ein lernfähiges, adaptives Prognosemodell, das sich dem realen Zustand des Bauwerks<br />

anpassen kann. Ein solches adaptives Dauerhaftigkeitsmodell für die Bauwerksüberwachung<br />

von Betonbauwerken im Zusammenhang mit der notwendigen Messtechnik zu entwickeln und zu<br />

erproben, ist das langfristige Ziel des Teilprojektes (TP) B9.<br />

Das TP B9 wurde am 1.1.1999 begonnen, d.h. ein Jahr später als der generelle Start des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>.<br />

Aufbauend auf dem vorhandenen nichtadaptiv arbeitenden Simulationsprogramm Transreac wurden<br />

in der ersten Förderperiode die Grundlagen für die Erweiterung dieses Simulationsprogramms zum<br />

adaptiven Modell gelegt (Einbindung von Klimamessdaten, Erweiterung des Präprozessors und des<br />

Hauptprogramms um Messdaten aus dem Bauwerk verarbeiten zu können). Mit dem adaptiven Modell<br />

konnten im Rahmen der ersten Förderperiode erste Prognoseberechnungen für einen Säureangriff<br />

auf ein Stahlbetonbauwerk und die adaptive Modellierung eines Austrocknungsvorganges vorgenommen<br />

werden.<br />

Das TP B9 arbeitete in den vergangenen Förderperioden mit Ersatzbauwerken vom Typ „Hohes C“<br />

wobei bis zum Beginn der letzten Förderperiode zwei dieser Probebauwerke erstellt wurden. Es<br />

handelt sich dabei um realitätsnah hergestellte, vorgespannte Stahlbetonbauwerke, die mit aggressiven<br />

Lösungen sowie mit freier Witterung beaufschlagt werden und deren klimatische Randbedingungen<br />

durch eine ortsnahe Klimamessstation erfasst werden. Die Ersatzbauwerke wurden kontinuierlich<br />

messtechnisch begleitet und zur Erprobung und Weiterentwicklung von Sensoren eingesetzt.<br />

Zudem liefern sie die Datengrundlage für die adaptiven Simulationsberechungen und für die<br />

Validierung der Berechnungen mit dem adaptiven Programmsystem Transreac.<br />

2.2 Angewandte Methoden<br />

Ausgangspunkt für die theoretischen Arbeiten im TP B9, d.h. die Erstellung des adaptiven Modells<br />

zur Dauerhaftigkeitsprognose ist das Simulationsprogramm Transreac. Diese Software wurde mo-


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

dular durch für eine adaptive Modellierung notwendige Bausteine erweitert, wobei die vorhandenen<br />

Teilmodelle zur Simulation von chemischen Reaktionen, Transportprozessen, Veränderungen der<br />

Transportparameter, Materialfestigkeit usw. weitergenutzt werden. Dies betrifft auch die inzwischen<br />

im Rahmen des SPP 1122 realisierte Möglichkeit mit Transreac Monte-Carlo-Simulationen<br />

ausführen zu können. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil war die Einbeziehung eines Carbonatisierungsmodells.<br />

Diese theoretischen Arbeiten werden im Folgenden zuerst beschrieben.<br />

Wie bereits erwähnt, arbeitet das TP B9 auf der experimentellen Seite mit Ersatzbauwerken vom<br />

Typ „Hohes C“. Diese Ersatzbauwerke sind mit kommerziell erhältlichen Anodenleitern, Multiringelektroden<br />

und Thermoelementen sowie mit neu entwickelten Sensoren der TP C1a und C1b<br />

instrumentiert. Zur Erfassung des Zustandes dieser Ersatzbauwerke in den einzelnen Beaufschlagungsfeldern<br />

werden neben den Messsignalen dieser Sensoren auch manuell Daten mit klassischen<br />

Methoden der Bauwerksuntersuchung gewonnen (manuelle Messung von Schädigungstiefen, Probenentnahme<br />

zur Phasen- und Elementanalytik usw.). Diese Daten dienen dann als Eingangsgrößen<br />

für die adaptiven Modellierungen.<br />

Daneben hat sich das TP B9 auch mit der Entwicklung eines zum Monitoring geeigneten Sensorssystems<br />

zur Ermittlung der oberflächennahen Betonpermeabilität befasst und Dienstleistungen<br />

(Probenherstellungen und Berechnungen) für andere Teilprojekte erbracht.<br />

2.2.1 Einbindung eines Karbonatisierungsmodells in das Programmsystem Transreac<br />

Zur Simulation der Karbonatisierung von Stahlbetonbauteilen wurde Transreac um ein Modul zur<br />

Berechnung des material- und feuchteabhängigen CO2 (gas) Transports auf der Grundlage der<br />

Fick’schen Diffusionsgesetze erweitert. Aufgrund der sehr niedrigen Konzentrationen der bei der<br />

Karbonatisierung zu berücksichtigenden CO2-Spezies waren dabei einige nicht zu erwartenden<br />

Probleme zu lösen. Die adaptive Modellierung einer Karbonatisierung unter zu Hilfenahme dieses<br />

Moduls wird weiter unten vorgestellt.<br />

2.2.2 Präprozessorprogramm Adapti<br />

Das in der ersten Förderperiode für zwei adaptive Eingriffsvarianten realisierte Präprozessorprogramm<br />

Adapti wurde in der zweiten Förderperiode vollständig überarbeitet. Es besteht jetzt<br />

die Möglichkeit über eine Eingabemaske (s. Abb. 1) 9 verschiedene Eingriffsvarianten auszuwählen,<br />

die dann entsprechend den adaptiven Vergleichszeitpunkten gezielt die ausgewählten Transportparameter<br />

wie z.B. den Gasdiffusionskoeffizient, den Ionendiffusionskoeffizient oder den kapillaren<br />

Flüssigkeitstransport beeinflussen.<br />

Abbildung 1: Eingabemaske des Präprozessors für die adaptiven Daten<br />

- 126 -


2.2.3 Realisierung des adaptiven Eingriffes im Hauptprogramm<br />

- 127 -<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

Das in der ersten Förderperiode entwickelte Modul zur adaptiven Beeinflussung wurde in der<br />

zweiten Förderperiode überarbeitet und erweitert. Das bewährte Prinzip, die Modellparameter nicht<br />

direkt zu verändern, sondern lediglich mit einem Korrekturfaktor zu multiplizieren, wurde beibehalten.<br />

Der Programmablauf entspricht in etwa folgenden Schema.<br />

Im Hauptprogramm wird zum Programmstart überprüft, ob eine Datei mit adaptiven Daten vorliegt.<br />

Sofern Daten vorliegen, wird automatisch eine Variable gesetzt und somit das Modul für die adaptive<br />

Modellierung aktiviert. Das Modul überprüft dann kontinuierlich während der Simulationsrechnung,<br />

ob ein Vergleichsereigniss oder ein Vergleichszeitpunkt eintritt. Analog des in der ersten<br />

Förderperiode entwickelten Algorithmus werden die Transportparameter gezielt beeinflusst.<br />

In der zweiten Förderperiode sind weitere Beeinflussungsmöglichkeiten der Modellparameter umgesetzt<br />

und getestet worden. So kann jetzt der Gasdiffusionskoeffizient, der Ionendiffusionskoeffizient,<br />

der Kapillartransport oder global alle Stofftransporte beeinflusst werden. Neu hinzugekommen<br />

ist auch ein tiefenabhängiger Beeinflussungsfaktor, der sowohl auf den Kapillartransport und<br />

auf den Diffusionstransport wirkt und ebenfalls adaptiv beeinflusst werden kann. Der tiefenabhängige<br />

Beeinflussungsfaktor wurde notwendig, da sich einige Schädigungsprofile nicht mit den bisherigen<br />

Transportmechanismen abbilden ließen. Die Begründung für den tiefenabhängigen Beeinflussungsfaktor<br />

sehen die Autoren in der Selbstabdichtung des Betons bei realen Bauwerken. Hierzu<br />

sind in der kommenden Förderperiode weitere Untersuchungen und Simulationsrechnungen geplant.<br />

Die bis zum Berichtszeitpunkt durchgeführten adaptiven Berechnungen zeigen gute Prognoseergebnisse<br />

bei der Nutzung der oben dargestellten adaptiven Simulationsrechnungen. Details zu den<br />

Berechnungen sind im Kapitel 2.3 dargestellt.<br />

2.2.4 Stahlbeton-Ersatzbauwerke<br />

Zur Überprüfung der adaptiven Modellierung werden Korrosionsversuche an mit Sensorsystemen<br />

ausgerüsteten Stahlbeton-Ersatzbauwerken vorgenommen. In der zweiten Förderperiode wurde ein<br />

drittes Ersatzbauwerk des Typs „Hohes C“ erstellt. Die Unterschiede zwischen den Ersatzbauwerken<br />

sind in Tab. 1 dargestellt. Aus der Tabelle geht auch hervor, dass das dritte Ersatzbauwerk nicht<br />

vorgespannt wird. Diese Änderung verfolgt das Ziel, Unterschiede im Schädigungsverlauf zwischen<br />

gerissenen und ungerissenen Betonbauwerken für die adaptive Simulationsrechnung abzuschätzen<br />

und einige widersprüchliche Sensorergebnisse aus den Ersatzbauwerken 1 und 2 zu überprüfen. Um<br />

den Vergleich zwischen den Schädigungsmechanismen im gerissenen und ungerissen Beton durchführen<br />

zu können wurde, abweichend vom Antrag, bei dem dritten Ersatzbauwerkes auf die Verwendung<br />

von Hochofenzement verzichtet. Das Bild 2 zeigt die Ersatzbauwerke. Zu sehen ist auch<br />

die Klimastation, die das lokale Klima im Umfeld der Ersatzbauwerke aufzeichnet, welches in den<br />

Simulationsrechnungen berücksichtig wird.


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

Abbildung 2: Ersatzbauwerke (EB) vom Typ „ Hohes C“. Links EB2, mitte EB3, rechts EB1.<br />

Tabelle 1: Die wichtigsten Daten zu den Ersatzbauwerken vom Typ „Hohes C“.<br />

Bauwerk Ersatzbauwerk 1 Ersatzbauwerk 2 Ersatzbauwerk 3<br />

Betonage 5.5.1999 24.5.2000 30.1.<strong>2003</strong><br />

Beton C 30 / 37 C 30 / 37 C 30 / 37<br />

Zement CEM I 32,5 R CEM I 32,5 R CEM I 32,5 R<br />

Zementgehalt 340 kg/m 3 340 kg/m 3 300 kg/m 3<br />

w/z - Wert 0,5 0,585 0,593<br />

Sieblinie A/B 32 A/B 16 A/B 16<br />

Nachbehandlung 2 Tage in Schalung,<br />

3 Tage in feuchten<br />

Jutesäcken<br />

Mittlere Druckfestigkeit<br />

nach 28 Tagen<br />

Wassereindringtiefe nach<br />

28 Tagen<br />

Vorspannung 40 Tage nach Betonage<br />

- 128 -<br />

5 Tage in Schalung 5 Tage in Schalung<br />

44,5 N/mm 2 46,8 N/mm 2 48 N/mm 2<br />

33 mm 30 mm 23 mm<br />

100 Tage nach Betonage<br />

Nein


Beaufschlagung<br />

Beginn der Beaufschlagung<br />

mit Wasser<br />

Beginn der Beaufschlagung<br />

mit aggressiven<br />

Lösungen<br />

Beaufschlagungsfelder<br />

1. Frei Bewittert (Carbonatisierung)<br />

43 Tage nach Betonage<br />

61 Tage nach Betonage<br />

- 129 -<br />

41 Tage nach Betonage<br />

56 Tage nach Betonage<br />

2. Essigsaure Pufferlösung / stark lösender Angriff<br />

( 8,023g Natriumacetat und 60,05g konz. Essigsäure in 1 Liter H2O dest.)<br />

3. Konzentrierte NaCl Lösung (360g/l bei 20°C) / Bewehrungskorrosion<br />

4. Natriumsulfatlösung<br />

treibender Angriff<br />

5.Ammoniumnitratlösung<br />

lösender Angriff<br />

Sensoren in den Beaufschlagungsfeldern<br />

Messdatenerfassung diskontinuierlich<br />

2 x pro Woche<br />

MRE, AL<br />

Frei Bewittert MRE, AL, FMWS,<br />

T, F, P Klimadaten<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

147 Tage nach Betonage<br />

167 Tage nach Betonage<br />

3 g/l SO4 2- 30 g/l SO4 2- 30 g/l SO4 2-<br />

0,3 g/l NH4 + 3 g/l NH4 + 3 g/l NH4 +<br />

diskontinuierlich<br />

2 x pro Woche<br />

MRE, AL,<br />

MRE, AL*, FMWS,<br />

T, F, P, TP, Klimadaten<br />

Essigsaure Pufferlösung MRE* MRE, AL*, FMWS,<br />

T, F, P<br />

konzentrierte<br />

NaCl -Lösung<br />

kontinuierlich<br />

MRE, AL, P, T, TP<br />

Klimadaten<br />

MRE, AL, P<br />

MRE, AL* MRE, AL, FMWS,T MRE, AL<br />

Natriumsulfat MRE*, AL MRE, FMWS, T MRE, AL<br />

Ammoniumnitrat MRE SRE*, FMWS, T MRE, AL<br />

Legende:<br />

AL: Anodenleiter - Sensorprinzip ist die Stellvertreterkorrosion -<br />

SRE: Spreizringelektrode - wie Anodenleiter jedoch zum nachträglichen Einbau -<br />

MRE: Multiringelektrode - Sensor zur Messung der elektrolytischen Leitfähigkeit -<br />

T: Thermoelement – Temperatursensor –<br />

TP: Taupunktsensor – Sensor zur Erkennung der Wasseraufnahme durch Tauwas-<br />

serentstehung


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

Legende:<br />

FMWS: Feuchtesensor auf Mikrowellenbasis (C1) - Siehe Teilprojekt C1 -<br />

F: faseroptischer Feuchtesensor (C1) - Siehe Teilprojekt C1 -<br />

P: faseroptischer pH Sensor (C1) - Siehe Teilprojekt C1 –<br />

* Auf die mit * gekennzeichneten Sensoren wird in diesem Bericht näher<br />

eingegangen.<br />

Diskrete Untersuchungen<br />

essigsaure Pufferlösung MIP, DTA/TG MIP, DTA/TG<br />

konzentrierte<br />

NaCl Lösung<br />

XRD, DTA/TG, Cl,<br />

Ca<br />

Natriumsulfat MIP, XRD, DTA/TG,<br />

Ca<br />

XRD, DTA/TG, Cl,<br />

Ca<br />

MIP, DTA/TG, Ca<br />

Ammoniumnitrat MIP, DTA/TG, Ca MIP, DTA/TG, Ca<br />

Frei Bewittert MIP, DTA/TG, Ca MIP, DTA/TG, Ca<br />

Legende:<br />

Cl: Bestimmung des Cl Gehalts<br />

XRD: Röntgenphasenanalysen (z.B. auf Friedelsches Salz, Ettringit usw.)<br />

Ca: Calciumanalysen zur Bestimmung des Zementgehaltes der Probe. Notwendig<br />

für die Skalierung der Ergebnisse der diskreten Untersuchungen<br />

MIP: Quecksilberdruckporosimetrische Untersuchungen<br />

DTA/TG: Differentialthermoanalyse/-gravimetrie zur quantitativen Phasenanalyse<br />

einzelner Spezies (Friedelsches Salz, Portlandit)<br />

2.2.5 Untersuchung von Stahlbetonfundamenten von Windkraftanlagen in Böden mit<br />

kalklösender Kohlensäure<br />

Das TP B9 ist im Zuge der 2. Förderperiode an die Fa. Enercon herangetreten. Enercon baut Windkraftanlagen<br />

deren Fundamente z.T. einem Angriff durch kalklösende Kohlensäure ausgesetzt sind.<br />

Die adaptive Modellierung und Prognose dieses Angriffs auf entsprechende Bauteile soll ein<br />

Schwerpunkt des TP B9 in der nächsten Förderperiode darstellen (s. Antrag). Im Rahmen der 2.<br />

Förderperiode wurden dazu vorbereitende Arbeiten durchgeführt und in Zusammenarbeit mit Enercon<br />

eine erste Beprobung einer bestehenden Anlage durchgeführt, deren Daten später in die adaptive<br />

Modellierung einfließen sollen.<br />

2.2.6 Sensoren und Untersuchungen am Ersatzbauwerk<br />

Wie aus Tab. 1 hervorgeht, sind in den Ersatzbauwerken sowohl neuentwickelte Sensoren der Teilprojekte<br />

C1a und C1b als auch kommerzielle Sensoren installiert. Zu den Funktionsprinzipien und<br />

Ergebnissen der neuentwickelten Sensoren sei hier auf die Berichte der entsprechenden Teilprojekte<br />

verwiesen. Das Teilprojekt B9 nutzt die aufbereiteten Ergebnisse der neuentwickelten Sensoren für<br />

adaptive Simulationsrechnungen, wie z.B. der Austrocknung von Beton und stellt für die Sensorhersteller<br />

die beaufschlagten Ersatzbauwerke zur Installation und zum Test der Sensoren zur Verfügung.<br />

Weiter führt das Teilprojekt B9 diskrete Untersuchungen an den Ersatzbauwerken durch und<br />

- 130 -


- 131 -<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

stellt damit die Informationsgrundlage für die Validierung der Sensoren bereit. Bei den kommerziellen<br />

Sensoren sind Multiringelektroden, Anodenleiter und Spreizringelektroden der Fa. S&R<br />

Sensortec Aachen im Einsatz. Sie werden in den Ersatzbauwerken in von dem Hersteller nicht erprobten<br />

Bereichen eingesetzt. Details zu den Einsatzfeldern und Auswertungsergebnissen sind im<br />

Kapitel 2.3 aufgeführt.<br />

2.2.7 Entwicklung eines Systems zur Messung der oberflächennahen Betonpermeabilität<br />

Ziel dieser Arbeiten ist die Entwicklung eines online fähigen Messsystems zur Überwachung der<br />

Permeabilitätsveränderung oberflächennaher Betonschichten. Bei diesem Verfahren bildet sich infolge<br />

der natürlichen Luftdruckschwankungen eine Druckdifferenz in einem durch den zu untersuchenden<br />

Beton abgeschlossenen Holraum und der Atmosphäre. Die Druckdifferenz steht in Zusammenhang<br />

mit der atmosphärischen Druckveränderung und dem Permeabilitätskoeffizienten des<br />

zu beurteilenden Betons. Die Zusammenhänge sind in Abbildung 3 dargestellt. Zur Entwicklung<br />

des Systems sind nach einer Marktanalyse kostengünstige Drucksensoren beschafft worden und in<br />

Betonversuchskörper installiert und getestet worden. Erste Ergebnisse werden im Kapitel 2.3 dargestellt.<br />

Abbildung 3: Schematische Darstellung des Systems zur Messung der oberflächennahen<br />

Betonpermeabilität.<br />

2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

In diesem Bericht wird nur auf Ergebnisse der Ersatzbauwerke 1 und 2 eingegangen, da der Beaufschlagungszeitraum<br />

am 3. Ersatzbauwerk noch nicht ausreicht und bisher keine tiefengestaffelten<br />

Sensorsignale vorliegen. Es ist nicht vorgesehen, das Ersatzbauwerk 3 vorzuspannen, da die Ergebnisse<br />

der Ersatzbauwerke 1 und 2 es notwendig erscheinen lassen, die Sensoren ohne den Einfluss<br />

von Rissen zu testen. Um eine bessere Vergleichbarkeit zwischen den Ersatzbauwerken 1 und 2 mit<br />

Rissen und dem Ersatzbauwerk 3 ohne Risse zu erhalten, wurde auch abweichend von dem Antrag


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

der 2.Förderperiode das 3. Ersatzbauwerk ebenfalls mit einem Portlandzement und nicht mit einem<br />

Hochofenzement erstellt. Für die in der Tabelle 1 mit * gekennzeichneten Sensoren werden Messergebnisse<br />

in den folgenden Abbildungen dargestellt und kommentiert. Die Ergebnisse der Sensoren<br />

der Teilprojekte C1a und C1b sind in den Berichten dieser Teilprojekte dargestellt.<br />

2.3.1 Ergebnisse der Sensoren – Anodenleiter<br />

Die Anodenleitern der Firma Sensortec funktionieren nach dem Prinzip der Stellvertreterkorrosion.<br />

Für jede Sprosse der Anodenleiter wird die durch die Korrosion entstehende<br />

Korrosionsspannung und der Strom gemessen. Die Überschreitung<br />

der vom Hersteller definierten Alarmschwellen von -150<br />

[mV] für die Spannung und 15 [µA] für den Strom gibt die relevante<br />

Schädigungsinformation. Abb. 4 zeigt die Anodenleiter im Einbauzustand<br />

vor der Betonage. Abb. 5 zeigt das zeitlich versetzte tiefenabhängige<br />

Ansteigen der Korrosionsspannung. Das „verfrühte“ Ansteigen<br />

der Korrosionsspannung in 6 cm Tiefe unter der Betonoberfläche<br />

ist darauf zurückzuführen, das die entsprechende Anode mit dem Bewehrungskorb<br />

verbunden ist und daher Korrosionsspannungen des<br />

Bewehrungskorbes registriert.<br />

In die Abbildung 5 sind zwei Cl - Gehalte die aus einer Bohrmehlanalyse<br />

resultieren tiefen- und zeitrichtig eingezeichnet. Im ersten Fall<br />

Abbildung 4: Anoden- fällt die Probenahme mit dem Zeitpunkt des erstmaligen Überschreileiter<br />

im Einbauzustand tens der Alarmschwelle in der Tiefe 3,75 cm zusammen. Die Messda-<br />

kurz vor der Betonage.<br />

ten zeigen das prinzipielle Funktionieren der Anodenleiter im gerissenen<br />

Bereich einer im Zustand II befindlichen Stahlbetonkonstruktion.<br />

Andererseits zeigen Sie auch wie problematisch die Messung ist, da eine Schädigung des Bewehrungskorbes<br />

durch Stahlkorrosion bereits eingetreten ist, bevor die Anode in der selben Tiefenebene<br />

(5 cm Tiefe) die Alarmschwelle überschreitet.<br />

-150-0 [mV]<br />

-300--150<br />

7. Mai 99 9. Jul 99 28. Okt 99 5. Jun 00<br />

Datum<br />

9. Jan 01 2. Aug 01 22. Apr 02<br />

Abbildung 5: Korrosionsspannung gemessen mit der Anodenleiter im mit NaCl beaufschlagten Feld<br />

des Ersatzbauwerkes 1.<br />

- 132 -<br />

Chloridgehalt aus<br />

diskreter Messung vom<br />

Mai 2000<br />

0.18 [m.% / Beton]<br />

Chloridgehalt aus<br />

diskreter Messung vom<br />

August <strong>2001</strong><br />

0.18 [m.% / Beton]<br />

1.5 cm<br />

3.0 cm<br />

4.5 cm<br />

Tiefe<br />

Bewehrung


- 133 -<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

Die Anodenleiter im NaCl - beaufschlagten Feld des Ersatzbauwerkes 2 ( nicht abgebildet ) zeigte<br />

bereits vor dem Vorspannen Korrosionstiefen von 2,5 cm. 20 Tage nach dem Vorspannen lag die<br />

Spannung bei allen Anoden der Anodenleiter über dem Alarmwert. Dies zeigt, dass die Interpretation<br />

der Ergebnisse dieser Sensoren nicht immer leicht ist.<br />

Die Abbildung 6 zeigt die Korrosionsspannung gemessen mit der Anodenleiter im freibewitterten<br />

Feld des Ersatzbauwerkes 2. Hier wurde die Alarmschwelle für die erste Anode, die in einer Tiefe<br />

von 1,5 cm liegt, ca. 5 Monate nach der Herstellung des Ersatzbauwerkes überschritten. Die Ursache<br />

kann nicht auf großflächige Karbonatisierung zurückgeführt werden, da die Karbonatisierungstiefen<br />

zu diesem Zeitpunkt lediglich 2 mm betrugen. Genauso wenig lässt sich das Überschreiten<br />

der Korrosionsspannung an der Anode 4 in der Tiefe 3,75 cm mit Karbonatisierung erklären.<br />

Eine mögliche Erklärung ist eine Rissflankenkarbonatisierung.<br />

-150-0 [mV]<br />

-300--150<br />

-450--300<br />

1.5 cm<br />

Jun. 00 Sep. 00 Nov. 00 Mrz. 01 Jul. 01 Nov. 01 Mai. 02<br />

Bewehrung<br />

Mai. 03<br />

Datum<br />

Abbildung 6: Korrosionsspannung gemessen mit der Anodenleiter im freibewitterten Feld des Ersatzbauwerkes<br />

2.<br />

Die Abbildung 7 zeigt die Korrosionsspannung gemessen mit der Annodenleiter im mit essigsaurer<br />

Pufferlösung beaufschlagten Feld des Ersatzbauwerkes 2. Die Messwerte der Anodenleiter zeigen<br />

einen gut nachvollziehbaren Verlauf der Korrosionsfront. Gut zu erkennen sind auch die Zeiträume,<br />

in denen die Beaufschlagung unterbrochen wurde. Der Einsatz der Anodenleiter zur Detektierung<br />

dieses Schadensmechanismus scheint nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen auch im gerissenen<br />

Bereich einer Betonkonstruktion möglich und plausibel. Die letzte frei positionierbare Anode<br />

liegt in der Ebene der Bewehrung ohne mit dieser verbunden zu sein. Sie zeigt noch keine Korrosion.<br />

3 cm<br />

4.5 cm<br />

Tiefe


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

-150-0 [mV]<br />

-300--150<br />

-450--300<br />

Jun. 00 Sep. 00 Nov. 00 Mrz. 01 Jul. 01 Dez. 01 Jul. 02<br />

Datum<br />

Abbildung 7: Korrosionsspannung gemessen mit der Anodenleiter im säurebeaufschlagten Feld des<br />

Ersatzbauwerkes 2.<br />

2.3.2 Ergebnisse der Sensoren – Spreizringelektroden<br />

Die Spreizringelektroden arbeiten nach dem Prinzip der Anodenleitern, sind jedoch für die nachträgliche<br />

Installation im Bauwerk vorgesehen. Eine Spreizringelektrode wurde nachträglich im<br />

Ammoniumnitratfeld eingebaut, da bei der Betonage die eingeplante Multiringelektrode beschädigt<br />

wurde. Abb. 8 zeigt die gemessenen Korrosionsspannungen.<br />

Dez. 00 Mrz. 01 Mai. 01 Jul. 01 Okt. 01 Mrz. 02 Aug. 02<br />

Datum<br />

Abbildung 8: Korrosionsstrom gemessen mit der Spreizringelektrode im Ammoniumnitratbeaufschlagten<br />

Feld des Ersatzbauwerkes 2.<br />

Die gemessenen Korrosionsströme lagen unmittelbar nach dem Einbau über der Alarmschwelle für<br />

Korrosion. Mit dem Abschalten der Beaufschlagung während der Frostperiode sank der Korrosionsstrom<br />

deutlich unter die vorgegebene Alarmschwelle. Die Korrosionsspannung (nicht gezeigt)<br />

blieb jedoch auch in der beaufschlagungsfreien Zeit über den Grenzwerten. Die erhoffte tiefenselektive<br />

Korrosionsinformation konnte nicht beobachtet werden.<br />

- 134 -<br />

30-45<br />

15-30<br />

0-15 [µA]<br />

1.5 cm<br />

3 cm<br />

4.5 cm<br />

Bewehrung<br />

7.5<br />

6.25<br />

5<br />

3.75<br />

2.5<br />

Tiefe<br />

1.25<br />

Tiefe


- 135 -<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

Zur Beurteilung der Ursache für die nicht plausiblen Messdaten wurde die Spreizringelektrode aus<br />

dem Bauwerk entnommen. Dabei zeigte sich an allen Anodenringen im untenliegenden Mantelbereich<br />

Korrosion. Die untenliegende Mantelfläche der beim Einbau hergestellten Kernbohrung war<br />

offensichtlich nass. Da ein optisch sichtbarer Riss die Kernbohrung nicht kreuzte, muss die Flüssigkeit<br />

entweder an der Mantelfläche zwischen Spreizringelektrode und Kernbohrung eingedrungen<br />

sein oder konstruktionsbedingt einen Weg durch den Sensor genommen haben. Zur Überprüfung<br />

dieser Problematik sind weitere Untersuchungen in der dritten Förderperiode vorgesehen. Abb. 9<br />

zeigt die Spreizringelektrode nach dem Ausbau. Die Deformation der Spreizringelektrode entstand<br />

beim Ausbau für den die Elektrode in Einzelringe zerlegt werden musste. Schon beim Ausbau, der<br />

Spreizringelektrode trat in geringem Umfang Wasser aus der Kernbohrung aus. Der erste Ring der<br />

Elektrode zeigte auf dem gesamten Umfang deutliche Korrosion, wie in der mittleren Abbildung zu<br />

sehen ist. In dem in der Kernbohrung untenliegenden Bereich sind alle Ringe durch Korrosion angegriffen.<br />

Abbildung 9: Spreizringelektrode nach dem Ausbau aus dem Ammoniumnitrat beaufschlagten Bereich<br />

des Ersatzbauwerkes 2 Die Bilder zeigen von links nach rechts die Kernbohrung, die Spreizringelektrode<br />

mit der in der Kernbohrung oben liegenden Seite und die Spreizringelektrode mit der<br />

in der Kernbohrung unten liegenden Seite.<br />

2.3.3 Ergebnisse der Sensoren – Multiringelektroden<br />

Die Multiringelektroden der Fa. Sensortec werden für die tiefengestaffelte Leitfähigkeitsmessung<br />

(Impedanz bei ca. 105Hz) im Beton eingesetzt. Da der gemessene Wert eine systemspezifische<br />

Größe ist, sind nur qualitative Aussagen möglich. Dennoch hat sich die Multiringelektrode bei lösenden<br />

und bei treibenden Schädigungsmechanismen zur Schadenserkennung bewährt, da beide<br />

Schadensmechanismen das Porenvolumen des Betons verändern. Daraus resultiert eine signifikante<br />

Veränderung der Impedanz. Eine definierte „Alarmschwelle“, wie bei den Anodenleitern, gibt es<br />

bei den Multiringelektroden jedoch nicht. Abb. 10 zeigt Daten aus dem Natriumsulfatfeld des Ersatzbauwerkes<br />

1. Deutlich zu erkennen sind die Impedanzanstiege in den nicht beaufschlagten Zeiträumen,<br />

aber auch der von der Oberfläche ausgehende kontinuierliche Anstieg der Impedanz, der<br />

auf die Bildung von Ettringit und damit der Verringerung des Porenvolumen zurückgeführt werden<br />

kann (vgl. mit den Ergebnissen der Phasenanalysen im Kapitel 2.3.5). Eine erneute Verringerung<br />

der Impedanz durch Treibrissbildung wurde bislang nicht beobachtet. Sie wird in der kommenden<br />

Förderperiode erwartet.


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

1200-1800<br />

600-1200<br />

0-600<br />

Mai. 99 Jul. 99 Nov. 99 Jun. 00 Feb. 01 Sep. 01 Jul. 02<br />

Beaufschlagungsfreie Zeit<br />

Ausfall der Sensoren<br />

Abbildung 10: Messdaten der Multiringelektrode im Natriumsulfatfeld des Ersatzbauwerks 1. Die<br />

Einheiten sind messgerätspezifisch und können als Impedanz [Ohm] interpretiert werden (der physikalischen<br />

Bedeutung der Einheit werden die Messwerte jedoch nicht gerecht).<br />

Die Messergebnisse der Multiringelektrode im Säurefeld zeigen ein Absinken der Impedanz durch<br />

die Vergrößerung der Porosität des Betons. Als Schädigungskriterium wurde das Absinken der Impedanz<br />

auf unter 600 ([Ohm]) festgelegt. Dieses Schädigungskriterium stimmt gut mit den Ergebnissen<br />

manueller Messungen überein. Abb. 11 zeigt entsprechende Messdaten.<br />

1200-1800<br />

600-1200<br />

0-600<br />

Mai. 99 Jun. 99 Sep. 99 Nov. 99 Mai. 00 Okt. 00 Jun. 01 Mai. 02<br />

Datum<br />

Datum<br />

Abbildung 11: Messergebnisse der Multiringelektrode im mit Essigsäure beaufschlagten Feld des<br />

Ersatzbauwerkes 1. Die Einheiten sind messgerätespezifisch ( s.o.).<br />

2.3.4 Ergebnisse der Sensoren – Temperatur, Klima, Taupunkt, Sensoren TP C1a und C1b<br />

Die in den Ersatzbauwerken installierten Thermoelemente zeichnen kontinuierlich das Temperaturprofil<br />

auf. Die gemessenen Temperaturen werden zur Temperaturkompensation der mit den Multiringelektroden<br />

gemessenen Impedanzen und für die Erstellung von Temperaturprofilen verwendet.<br />

- 136 -<br />

0.5 cm<br />

1.5 cm<br />

2.5 cm<br />

3.5 cm<br />

0.5 cm<br />

1.5 cm<br />

2.5 cm<br />

3.5 cm<br />

Tiefe<br />

Tiefe


Cl-Gehalt [m.%-Beton]<br />

1.8<br />

1.6<br />

1.4<br />

1.2<br />

1<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0<br />

- 137 -<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

Cl-Gehalt Mai <strong>2003</strong><br />

Cl-Gehalt Aug <strong>2001</strong><br />

Cl-Gehalt Mai 2000<br />

0 0.5 1 1.5 2 2.5<br />

Tiefe [cm]<br />

3 3.5 4 4.5 5<br />

Abbildung 12: Chloridhalt im mit konzentrierter NaCl Lösung beaufschlagten Feld, Ersatzbauwerk 1.<br />

Nicht alle Befeuchtungsereignisse der Ersatzbauwerke waren über Regenereignisse erklärbar. Daher<br />

wurden auf der Oberfläche der bewitterten Seite Taupunktsensoren und beim Ersatzbauwerk 3 ein<br />

oberflächennaher Niederschlagssensor installiert. Diese zusätzlichen Informationen fließen bei der<br />

Kontrolle und Interpretation aller im freibewitterten Feld eingebauten Sensoren mit ein.<br />

2.3.5 Ergebnisse der diskreter Laboruntersuchungen<br />

Zur Überprüfung, Validierung und Interpretation der Sensorergebnisse und als Grundlage für die<br />

adaptive Simulationsrechnung wurden verschiedene tiefengestaffelte Laboranalysen an Proben aus<br />

den Ersatzbauwerken durchgeführt (s. Tab. 1). Zwei Beaufschlagungsbereiche sind dabei von besonderem<br />

Interesse. Das mit Natriumsulfat beaufschlagte Feld des Ersatzbauwerks 1 und zum anderen<br />

das mit konzentrierter NaCl-Lösung beaufschlagte Feld.<br />

Mittels Röntgenphasenanalyse von Bohrmehlproben im Sulfatfeld des Ersatzbauwerkes 1 konnte<br />

eine Zunahme der Ettringitkonzentration beobachtet werden. Um unterschiedliche Zuschlag/Bindemittelverhältnisse<br />

in den Einzelproben auszugleichen, wurden parallel zu den Röntgenphasenanalysen<br />

Calciumanalysen der Mehle durchgeführt und die Röntgenintensitäten mit einem<br />

entsprechenden Korrekturfaktor korrigiert. Mit den Analyen konnte nachgewiesen werden,<br />

dass die Ettringitkonzentration im ersten Zentimeter etwa um den Faktor 2 größer ist, als in größerer<br />

Tiefe des Betonbauwerks. Auch in 2 bis 4 cm Tiefe scheinen noch erhöhte Ettringitkonzentrationen<br />

vorzuliegen. Dies steht in guter Übereinstimmung mit den Messergebnissen der Multiringelektrode<br />

(s. dazu auch Kapitel 2.3.3).<br />

In der Abbildung 12 ist der Cl - -Gehalt bezogen auf den Beton über die Tiefe dargestellt. Die Analyseergebnisse<br />

weisen sehr hohe Chloridkonzentrationen bis in große Tiefen auf und zeigen gute<br />

Übereinstimmung mit der Anodenleiter. Die auf den Zementgehalt umgerechneten Messwerte<br />

(nicht dargestellt) liegen alle deutlich über dem Richartz - Kriterium für die maximal zulässigen<br />

Cl - -Konzentrationen.


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

2.3.6 Status des onlinefähigen Systems zur Messung der oberflächennahen<br />

Betonpermeabilität<br />

Nach einer grundsätzlichen Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Systems wurden mehrere Versuchskörper<br />

erstellt, die sich im Zementgehalt und im W/Z –Wert unterschieden. Die Seiten- und<br />

die Bodenfläche der Versuchskörper wurden mit einem Epoxydharz gasdicht versiegelt, so dass der<br />

Gasstrom nur durch die Betonoberfläche erfolgen konnte. Abb. 13 zeigt den Versuchsaufbau. Der<br />

notwendige Hohlraum im Beton wurde durch eine Bohrung ohne Schlag hergestellt. In den Bohrkanal<br />

wurde anschließend ein Adapter eingeklebt, der für einen gasdichten Abschluss des Bohrkanals<br />

sorgt. Der Gassaustausch aufgrund des atmosphärischen Druckverlaufes erfolgt somit durch<br />

das Porensystem des Betons. Die Kalibrierung der Drucksensoren erfolgt anhand von charakteristischen<br />

Punkten im Druckverlauf. So muss beim Hochpunkt und beim Tiefpunkt des Innendruckes<br />

der Luftdruck identisch mit dem atmosphärischen Luftdruck sein. Dabei wird der Tiefpunkt des<br />

Innendruckes genutzt, um den Offset des Drucksensors im Vergleich zum Referenzsensor festzulegen.<br />

Der Hochpunkt wird genutzt um die Steigung für die Zweipunktkalibrierung zu berechen. Mit<br />

den so aufgearbeiteten Messdaten wird unter Anwendung des Darcy-Gesetzes ein Permeabilitätsmaß<br />

berechnet. Da die durchströmte Fläche nicht eindeutig festgelegt werden kann, ist die direkte<br />

Bestimmung eines Permeabilitätskoeffizienten nicht möglich. Für die dritte Förderperiode sind deshalb<br />

Vergleichsmessungen mit dem VDZ-Laborverfahren vorgesehen.<br />

Abbildung 13: Versuchsaufbau. Im Vordergrund das<br />

Messgerät und dahinter Versuchskörper mit jeweils 4<br />

Drucksensoren und einem Temperatursensor. Die Versuchskörper<br />

unterscheiden sich im Zementgehalt und im<br />

W/Z – Wert.<br />

- 138 -<br />

Abbildung 14: Mangelhafte Abdichtung<br />

zwischen Beton und Adapterkörpers der<br />

zur Aufnahme des Drucksensors dient.<br />

Die unerwartet geringen Druckdifferenzen zwischen dem Innendruck und dem atmosphärischen<br />

Druck, die sich bei den Versuchen gezeigt haben, führten zu weiteren Untersuchungen der Einbauqualität<br />

der Adapterstücke. Es zeigte sich, dass die Verklebung wie in Abb. 14 nicht vollflächig er-


- 139 -<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

folgt war und damit die Betondeckung deutlich zu gering ausfiel. Derzeit laufen Versuche zur Optimierung<br />

des Einbauverfahrens, wobei spezielle Packer beschafft worden sind, die sowohl geklebt<br />

als auch gespannt eingebaut werden. Nach Abschluss der Optimierung werden die Versuchsreihen<br />

zur Bestimmung des Permeabilitätsmaßes weitergeführt.<br />

2.3.7 Karbonatisierungsberechnung mit dem Programmsystem Transreac<br />

Wie beschrieben wurde Transreac so erweitert, dass Karbonatisierungsreaktionen berechnet werden<br />

können. Der entscheidende Parameter für die transportierten Gasmengen ist der Diffusionskoeffizient.<br />

In dem Programmsystem wird der Diffusionskoeffizient durch die Feuchte des Bauteils und<br />

durch die adaptive Beeinflussung angepasst. Abb. 15 zeigt die zeitabhängigen Veränderungen des<br />

Phasenbestandes in einer nichtadaptiven Simulationsrechung für ein Ortselement in einer Tiefe von<br />

4-6 mm, für einen Beton mit einem Zementgehalt von 340 kg /m³. Weiterhin ist die Summe des in<br />

das Ortselement transportierten CO2 aufgetragen.<br />

Konzentration der Spezien [mol/m³]<br />

2000<br />

1800<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

2CaO . 3SiO2 2,5H2O 2CaO SiO . 2 1.17H2O 3CaO Al. 2O3 CaCO3 11H2O 4CaO . 3SiO2 1,5H2O 5CaO 6SiO2 . 10,5H2O Ca(OH) 2.<br />

CaCO . 3 calcite<br />

SiO2 amorph .<br />

Summe . CO2 0<br />

650 1650 2650 3650<br />

Zeit in Tagen<br />

4650 5650<br />

Abbildung 15: zeitliche Entwicklung der Spezies während der Karbonatisierung an einem Ortselement.<br />

2.3.8 Adaptive Prognose der Karbonatisierung<br />

Da die Carbonatisierung der Ersatzbauwerke vom Typ „Hohes C“ noch vergleichsweise gering ist,<br />

wurden adaptive Simulationen der Carbonatisierung für Betonprobebauteile durchgeführt, die von<br />

Bunte [BUNTE 1994] am Institut für Baustoffe Massivbau und Brandschutz im September 1987<br />

erstellt worden sind. Über diese Probebauteile liegen gute Informationen bezüglich des Betons und<br />

der Karbonatisierung vor. Sie sind aufgrund der langen natürlichen Bewitterung und der vorliegenden<br />

Daten eine gute Grundlage für die Validierung der adaptiven Simulationsrechnung zur Karbonatisierung.<br />

Für die adaptive Prognoserechnung wurde der vorhandene Datensatz für die Ersatzbauwerke vom<br />

Typ „Hohes C“ nur bezüglich des Zementgehaltes angepasst. Dieses Vorgehen wurde gewählt, um<br />

zu zeigen, dass die adaptive Modellierung auch bei einem „schlechten“ Eingangsdatensatz funktioniert.<br />

In Abb. 16 ist die zeitabhängige Konzentration des CaCO3 als Funktion der Ortselemente dargestellt.<br />

2000<br />

1800<br />

1600<br />

1400<br />

1200<br />

1000<br />

800<br />

600<br />

400<br />

200<br />

0<br />

Summe diffundiertes CO 2 [mol]


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

Über die adaptive Modellierung konnte die gemessene Karbonatisierung gut simuliert werden<br />

Konzentration der Spezie CaCO 3 [mol/m³]<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

0<br />

Abbildung 16: zeitliche Entwicklung des CaCO3 während der Karbonatisierung.<br />

2.3.9 Adaptive Prognose des Cl Eindringens<br />

Zeitraum des ersten adaptiven Eingriffes.<br />

(Beschleunigung)<br />

Zeitraum des zweiten adaptiven Eingriffes.<br />

(Verzögerung)<br />

veränderte Steigung aufgrund des neu<br />

berechnetern Beeinflussungsfaktors<br />

nach Ende der adaptiven Korrektur<br />

0.0 5.0 10.0 15.0 20.0 25.0 30.0 35.0 40.0<br />

Zeit in Jahren<br />

Die chloridbedingte Schädigung ist die verbreiteteste Schädigung von Stahlbetonbauwerken. Bei<br />

der Durchführung der Simulationsrechnung des Chlorideindringens in den Beton der Ersatzbauwerke<br />

vom Typ „Hohes C“ sind Widersprüche zwischen experimentell beobachtbaren Chloridverteilungen<br />

bzw. Sensor-Messdaten und den Berechnungen aufgetreten. Aus diesem Grund wurde für<br />

den Diffusions- und den Kapillartransport ein tiefenabhängiger adaptiv beeinflussbarer Umwegfaktor<br />

entwickelt und in das Programmsystem Transreac integriert. Dieser tiefenabhängige Umwegfaktor<br />

berücksichtigt Selbstabdichtungseffekte des Betons.<br />

Ein weiterer Problempunkt ist die Bildung des Friedelschen Salzes [3CaO Al2O3 CaCl2 10H2O].<br />

Hier konnten aus der Literatur keine eindeutigen Aussagen entnommen werden, ab welcher Cl - -<br />

Konzentration in der Porenlösung die Bildung des Friedelschen Salzes beginnt und welcher Anteil<br />

des vorhanden Tricalziumaluminats [3CaO Al2O3] für die Bildung des Friedelschen Salzes verfügbar<br />

ist. Derzeit laufende Untersuchungen am iBMB werden zum Ende dieser Förderperiode abgeschlossen<br />

sein und in die Simulationsberechnung mit einfließen. Abb. 17 zeigt aus verschiedenen<br />

adaptiven und nicht adaptiven Berechnungen resultierende Chloridprofile. Die Berechnungen wurden<br />

für ein Ersatzbauwerk des Teilprojektes C2 durchgeführt. Eingetragen ist auch das experimentelle<br />

Chloridprofil, das auch als Grundlage für die adaptive Berechnung diente. Die Abweichungen<br />

zwischen Berechnung und Analyse im oberflächennahen (0,5 cm) Chloridgehalt, kann mit der Probennahme<br />

erklärt werden, da das Beaufschlagungsfeld vor der Probennahme Niederschlag ausgesetzt<br />

war. In der Berechnung ohne adaptiven Eingriff wurde eine zu hohe Chloridkonzentration berechnet.<br />

Der Chlorid-Diffusionskoeffizient wurde daher durch einen adaptiven Beeinflussungsfaktor<br />

verringert.<br />

- 140 -<br />

2 Ortselement [-2 mm]<br />

3 Ortselement [-4 mm]<br />

4 Ortselement [-6 mm]<br />

5 Ortselement [-8 mm]<br />

6 Ortselement [-10 mm]<br />

7 Ortselement [-12 mm]<br />

8 Ortselement [-14 mm]<br />

adaptiver Eingriff


Cl- Konzentration [m.-% / Beton]<br />

1<br />

0.9<br />

0.8<br />

0.7<br />

0.6<br />

0.5<br />

0.4<br />

0.3<br />

0.2<br />

0.1<br />

0<br />

- 141 -<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5<br />

Tiefe [cm]<br />

Abbildung 17: Adaptive Simulationsrechnung für das Eindringen von Cl - Ionen in den Beton.<br />

2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />

Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />

Weitere Arbeiten mit gleicher Zielrichtung, nämlich zur adaptiven Modellierung der Dauerhaftigkeit<br />

von Betonbauwerken, existieren nach Wissen der Autoren nicht. Fortschritte außerhalb des<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong> wurden aber in den letzten Jahren zu zuverlässigkeitsorientierten Schädigungsmodellen<br />

zum Chloridangriff und zur Carbonatisierung erzielt. Die Vorhersage des zeitlichen Verlaufs von<br />

physikalisch-chemischen Schädigungsprozessen an mineralischen Werkstoffen ist Thema des<br />

SPP1122 der DFG, an denen die Antragsteller ebenfalls beteiligt sind. Einige Teilprojekte dieses<br />

SPP stellen eine ideale Ergänzung zu dem TP B9 des <strong>SFB</strong> dar. Der Fortsetzungsantrag geht darauf<br />

näher ein. Grundlegend für die adaptive Dauerhaftigkeitsmodellierung sind außerdem geeignete<br />

Sensoren zur Ermittlung von Transport- und Schädigungsparametern für Betonbauwerke. Auf Arbeiten<br />

außerhalb des <strong>SFB</strong> zu diesem Bereich gehen die Berichte der TP C1a und C1b vertieft ein.<br />

2.5 Offene Fragen<br />

450 Tage gemessen<br />

450 Tage berechnet nicht adaptiv<br />

450 Tagen adaptive Berechnung<br />

900 Tagen adaptive Prognose<br />

Offene Fragen sind im Antrag für die dritte Förderperiode aufgezeigt. Dort ist auch der Weg dargestellt<br />

wie in der kommenden Förderperiode die Beantwortung dieser Fragen angegangen werden<br />

soll. Die folgenden Ausführungen sind daher sehr kurz gehalten.<br />

2.5.1 Untersuchung zur Versagenswahrscheinlichkeit in Zusammenarbeit mit dem TP A1<br />

Aufgrund vieler in der 2. Förderperiode zu lösender Probleme wurde diese Zusammenarbeit bislang<br />

zurückgestellt. Außerdem konnte das Programmsystem Transreac im Rahmen des DFG SPP 1122<br />

durch Einbettung in eine MC-Simulation selbst zu einem probabilistischen Modell erweitert werden.<br />

In den zukünftigen Arbeiten soll das so erweiterte Modell Transreac jedoch nun in Zusammenarbeit<br />

mit dem TP A1 zur beispielhaften Ermittlung einer zeitabhängige Entwicklung der<br />

Versagenswahrscheinlichkeit genutzt werden.


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

2.5.2 Ankopplung von Sensoren<br />

Auch in der Vergangenheit wurden immer wieder Sensoren nachträglich in die Ersatzbauwerke<br />

eingesetzt. Die meisten bisher verwendeten Sensoren wurden jedoch schon bei der Betonage in das<br />

Bauwerk eingebaut, was die Ankopplung der Sensoren an den Beton wesentlich erleichtert. Die<br />

Problematik der Ankopplung von Sensoren an ein bestehendes Bauwerk wird in der kommenden<br />

Förderperiode ein Schwerpunkt der Arbeiten sein.<br />

2.5.3 Ereignisorientierte Interpretation der Sensorergebnisse<br />

Im Ersatzbauwerk 3 kommt nach einigen Anlaufschwierigkeiten erstmals das für den <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> von<br />

der ibac in Aachen entwickelte automatische Messsystem für die Multiringelektroden und die Anodenleitern<br />

zum Einsatz. Aufgrund der Möglichkeiten dieses Messsystems wird das Ziel einer ereignisorientierten<br />

Messdatenauswertung erreichbar sein und noch in dieser Förderperiode angegangen<br />

werden.<br />

2.5.4 Problematik der Selbstabdichtung<br />

Berechnungen und Messergebnisse zum Chlorideindringen in den Ersatzbauwerken haben erhebliche<br />

Widersprüche gezeigt. Wenn man von einer durchgängigen Kapillarität des Betons ausgeht,<br />

sind diese Untersuchungen nicht plausibel. Da Beton jedoch kapillar saugfähig ist, muss ein anderer<br />

Effekt den Kapillartransport unterbrechen oder zumindest stark verringern. Aus dieser Überlegung<br />

heraus wurde für die adaptive Modellierung ein tiefenabhängiger Umwegfaktor entwickelt und erfolgreich<br />

genutzt. Um den Effekt der Selbstabdichtung für die adaptiven Simulationsrechnungen<br />

besser nutzen zu können sind in der kommenden Förderperiode Untersuchungen zur Selbstabdichtung<br />

des Betons vorgesehen. Für diese Untersuchungen ist auch die Nutzung des in der Entwicklung<br />

befindlichen Permeabilitätsmeßsystems vorgesehen.<br />

2.5.5 Adaptive Berechnungen zum Sulfattreiben<br />

Es ist beabsichtigt erste adaptive Berechnungen zum Sulfattreiben noch in dieser Förderperiode<br />

durchzuführen.<br />

2.5.6 Validierung des Programmsystems<br />

Ziel der adaptiven Simulationsrechnung ist es, anhand von Messergebnissen eine Verbesserung der<br />

Zukunftsprognose zu erreichen. Dazu wurden und werden die adaptiven Algorithmen anhand von<br />

geänderten Problemstellungen und neuen Messwerten überprüft und weiterentwickelt.<br />

Ein wichtiger, noch ausstehender Schritt ist die Erprobung der adaptiven Dauerhaftigkeitsmodellierung<br />

an realen Betonbauwerken. Dazu erfolgt in der nächsten Förderperiode eine Zusammenarbeit<br />

mit der Fa. Enercon an Windkraftanlagen in Böden mit kalklösender Kohlensäure.<br />

Desweiteren erwarten wir von den Messungen an dem Ersatzbauwerk 3 ohne Vorspannung und<br />

ohne entsprechende Risse wichtige Vergleichsdaten im Hinblick auf den Einfluss der Risse auf die<br />

Messergebnisse und deren Einfluss auf die adaptive Modellierung.<br />

- 142 -


- 143 -<br />

B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

2.5.7 Weiterentwicklung des neuen Sensorsystems zum Monitoring der oberflächennahen<br />

Betonpermeabilität<br />

Die grundsätzliche Eignung des neuen Sensorsystems zum Monitoring der oberflächennahen Betonpermeabilität<br />

wurde zwar nachgewiesen, das System muss jedoch zu einem anwendungsreifen<br />

System weiterentwickelt werden.<br />

2.6 Literatur<br />

BUNTE, D. ,1994, Zum karbonatisierungsbedingten Verlust der Dauerhaftigkeit von Außenbauteilen<br />

aus Stahlbeton. Dissertation, Technische Universität Braunschweig, 1994. Auch als Heft 107<br />

der Schriftenreihe des iBMB der TU Braunschweig, ISBN 3-89288-086-7<br />

2.7 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />

Veröffentlichungen der vergangenen 4 Jahre.<br />

Zeitschriften / Bücher:<br />

SCHMIDT-DÖHL, F., BUDELMANN, H., 2000, Chemischer Angriff – Möglichkeiten der rechnerischen<br />

Simulation, Beton- und Stahlbetonbau, 95, 526-530<br />

Noch nicht erschienen:<br />

BRUDER, S., SCHMIDT-DÖHL, F., BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>, Adaptive carbonation modelling of<br />

concrete structures for structural health monitoring (accepted for: Journal of Structural Health<br />

Monitoring)<br />

Kongressbeiträge / Festschriften:<br />

SCHMIDT-DÖHL, F., 2000, Korrosionsverhalten mineralischer Baustoffe und Bauteile, Diskussionstagung<br />

des Arbeitskreises Numerische Umweltsimulation der Gesellschaft für Umweltsimulation,<br />

Bremen, 13.-14.7.2000<br />

SCHMIDT-DÖHL, F., BRUDER, S., BUDELMANN, H., 2000, Adaptive model for the prognosis<br />

of durability during the monitoring of concrete structures, in: 14. Internationale Baustofftagung<br />

ibausil, Weimar, 20.-23.9.2000, Bd. 1, 1001-1008<br />

BUDELMANN, H., HARIRI, K., SCHMIDT-DÖHL, F., ROSTÁSY, F.S., 2000, Monitoring of<br />

reinforced and prestressed concrete structures, in: International Workshop on the present and future<br />

in health monitoring. Weimar, 3.-6.9.2000, 135-145<br />

SCHMIDT-DÖHL, F., <strong>2001</strong>a, Corrosion of mineral building materials, modeling and prognosis,<br />

in: Third International Conference on Concrete under Severe Conditions: Environment & Loading,<br />

CONSEC‘01. Vancouver, 18.-20.6.<strong>2001</strong>, University of British Columbia, 1093-1100<br />

SCHMIDT-DÖHL, F., <strong>2001</strong>b, Dauerhaftigkeit mineralischer Baustoffe, 40. Forschungskolloquium<br />

des DAfStb, Braunschweig, 11.-12.10.<strong>2001</strong>, Heft 160 der Schriftenreihe des Instituts für Baustoffe,<br />

Massivbau und Brandschutz der TU Braunschweig, ISBN 3-89288-141-3, 9-18<br />

SCHMIDT-DÖHL, F., 2002, Simulation program Transreac, in: Metz, V., Lützelkirchen, J.,<br />

Schüßler, W., Pfingsten, W. (ed.): Workshop on modeling of coupled transport reaction processes,<br />

20./21.3.2002, Karlsruhe, FZKA Berichte 6721, 89-92


B9<br />

Budelmann, Schmidt-Döhl<br />

BUDELMANN, H., 2002, Monitoring für Betonbauwerke. Aus dem Stahlbeton- und Spannbetonbau<br />

und benachbarten Bereichen, Festschrift Friedhelm Stangenberg, Ruhruniversität Bochum,<br />

Oktober 2002, 55-67<br />

BRUDER, S., SCHMIDT-DÖHL, F., BUDELMANN, H., HOLST, A., <strong>2003</strong>, Adaptives Modell zur<br />

Dauerhaftigkeitsprognose im Zuge der Überwachung von Betonbauwerken, VDI-Berichte 1757,<br />

VDI-Verlag, Düsseldorf, <strong>2003</strong>, 117-126<br />

BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>a, Innovative Bauwerksüberwachung, VDI-Berichte 1757, VDI-Verlag,<br />

Düsseldorf, <strong>2003</strong>, 1-8<br />

Noch nicht erschienen:<br />

BUDELMANN, H., HARIRI, K., HOLST, A., <strong>2003</strong>, Realistic Full Scale Laboratory Tests for the<br />

Improvement of Long Term Monitoring Systems, in: Proceedings of the 4th International Workshop<br />

on Structural Health Monitoring, September 15-17 <strong>2003</strong>, Stanford, USA, Stanford University, USA,<br />

in print<br />

BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>b: Monitoring von Betonbauwerken, 15. ibausil- internationale Baustofftagung<br />

Weimar, Vortragsnr. 2.27, 24.-27.9.<strong>2003</strong>, in Druck<br />

BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>c: Vom Labor bis zum Betonbauwerk: Entwicklungsmethodik für Monitoring-Systeme,<br />

Festschrift 60. Geb. Peter Schießl, TU München, <strong>2003</strong>, in Druck<br />

- 144 -


Faseroptische Sensoren für die Bauwerksüberwachung<br />

- 145 -<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

Dr. rer. nat. H.-H. Johannes, Prof. Dr.-Ing. W. Kowalsky, Prof. Dr. rer. nat. W. Grahn †<br />

Dipl.-Chem.-Ing. P. Makedonski, Dipl.-Chem. M. Kröner, Dipl.-Ing. M. Brandes<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

In der ersten Förderperiode (FP) wurden bereits Materialien zur Feuchte- und pH-Wert-Bestimmung<br />

entwickelt und in ein faseroptisches Sensorkonzept integriert. Während die Langzeittests im<br />

Falle der auf dem Reichhardt-Farbstoff basierenden Sensoren positiv verliefen, zeigten die eingesetzten<br />

Materialien zur pH-Wert-Bestimmung fortschreitende Degradation innerhalb des Mediums<br />

Beton. Dies konnte auf die mangelhafte Stabilität der Verbindung Farbstoff-Polymer zurückgeführt<br />

werden. Darauf aufbauend wurden Konzepte entwickelt, die kovalente Bindung gegenüber eines<br />

basischen Angriffs zu stärken. Die Resultate waren vielversprechend und so konnte durch die<br />

ergänzende Variation des Polymers in der ausgehenden zweiten FP schließlich ein im Beton stabiles<br />

Sensormaterial erhalten werden. Orientierende Untersuchungen zur Übertragung dieses Konzeptes<br />

auf die Materialien zur Feuchtebestimmung zeigten keine weitere Verbesserung der ohnehin guten<br />

Langzeitstabilität und wurden daher nicht weiter verfolgt, um die Kosten für das Material nicht<br />

unnötig zu erhöhen. Dennoch waren die Experimente mit beiden Sensoren an den Ersatzbauwerken<br />

(ESB) nicht zufriedenstellend. Ein zu großer Anteil der implizierten Sensoren fiel frühzeitig aus<br />

oder wurde bereits während der Betonage zerstört.<br />

Zum Ende der ersten FP wurden einige Konzepte zur Chloridbestimmung untersucht. Vielversprechend<br />

erschien hier zunächst das Prinzip der Koextraktion [HUBER et al. 1999], welches sich jedoch<br />

in den fortgesetzten Arbeiten der zweiten FP im stark basischen Medium als nicht realisierbar<br />

erwies. Die im Antrag vorgeschlagenen Acridinium und Chinolinium-Chormophore zeigten wie<br />

erwartet eine Löschung ihrer Eigenfluoreszenz nach Zugabe von Chlorid. Obwohl die Messungen<br />

über die Intensitätsänderung stark fehlerbehaftet sind, erschien es zunächst sinnvoll dieses Konzept<br />

auch in der zweiten FP weiterzuführen.<br />

2.2 Angewandte Methoden und Ergebnisse<br />

2.2.1 Messsystem<br />

Das in Bild 1 schematisch dargestellte Messsystem besteht aus vier zentralen optischen Komponenten<br />

und einem Rechner. An den Faserschalter werden besonders hohe Anforderungen gestellt,<br />

da der sichtbare Spektralbereich mit möglichst geringen Verlusten übertragen werden muss. Dies ist<br />

nur mit Schaltern möglich, bei denen Eingangsfaser und Ausgangsfaser voreinander positioniert<br />

werden. Die im Teilprojekt C1a verwendeten Faserschalter haben durchschnittlich 1,6 dB Verluste.<br />

Zu diesen Verlusten addieren sich die im System inhärenten 3 dB Kopplerverluste, so dass bisher<br />

nur ein Schalter genutzt werden kann. Bei verbesserten Faserschaltern wird es durch eine Kaskadierung<br />

der Schalter möglich sein, mit diesem Messsystem eine große Anzahl von Sensoren automatisiert<br />

auszulesen und auszuwerten. Die aufgenommen Messdaten sind von einer zentralen Kontrollstation<br />

abrufbar, so dass die überwachten Bauwerke aus der Ferne ohne Vorort-Präsenz überprüft<br />

werden können. Aufgrund der hohen Flexibilität des Messsystems und der Sensoren können nicht<br />

nur Stahlbetonbauten überwacht werden, bei denen insbesondere Korrosionsprozesse von Interesse


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

sind, sondern auch Bauwerke aus anderen Baustoffen. So wurden der Bundesanstalt für Materialforschung<br />

und -prüfung (BAM) in Berlin sechs Feuchtesensoren zur Verfügung gestellt, da keine<br />

derartigen Sensoren kommerziell erhältlich waren (s. Kap. 2.2.3).<br />

Bild 1: Integriertes Messsystem des TP C1a im <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> für die Bauwerksüberwachung<br />

2.2.2 Sensordesign<br />

2.2.2.1 Planarer Transmissionssensor<br />

Die Ausfallmechanismen des im Antrag der zweiten FP vorgestellten Sensoraufbaus konnten bei<br />

Laborversuchen festgestellt werden, die eigentlich dem Vergleich des Messverhaltens von direkt<br />

einbetonierten und nachträglich installierten Feuchtesensoren dienen sollten. Nach dem Versagen<br />

der einbetonierten Sensoren wurden die Probekörper aufgebrochen. Dabei hat sich gezeigt, dass bei<br />

der Betonierung die flüssige Zementsuspension in den Sensor eindringt und den optischen Strahlengang<br />

unterbricht (Bild 2). Andere Untersuchungen zum Ansprechverhalten von pH-Sensoren<br />

haben ergeben, dass diese praktisch nicht reagieren, weil die Diffusionsstrecke der Hydroxidionen<br />

von den Kontaktflächen des Sensors zur Messumgebung bis zum Bereich der Detektion des Farbumschlags<br />

zu lang ist.<br />

Bild 2: Verschmutzter Sensor<br />

- 146 -


Bild 3: Schema des Sensoraufbaus<br />

- 147 -<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

Um die Probleme zu lösen wurde versucht, den Übergang Glasfaser – Spiegel mit der Sensorsubstanz<br />

zu verkleben, indem sie aus der Lösung aufgetropft wird. Dabei hat sich gezeigt, dass je nach<br />

Polymermatrix entweder eine gute Haftung am Spiegel oder an der Faser erzielt wird, dass aber<br />

wegen der Besonderheiten der jeweiligen Grenzfläche keine zufriedenstellende Haftung an beiden<br />

Grenzflächen erreicht wird.<br />

Bei dem in Bild 3 schematisch dargestellten neuen planaren Sensordesign ist der Spiegel von dem<br />

Ort der Detektion separiert, in dem die Endfläche eines kurzen Faserstücks verspiegelt wird. Dieses<br />

wird auf einem hochresistenten Polymersubstrat in einem definierten Abstand von ca. 30 µm zu<br />

einer zweiten Faser verklebt, die als Signalleitung dient. Um die Fasern voreinander zu zentrieren,<br />

wird eine ins Substrat geschnittene V-Nut als Positionierhilfe genutzt. Durch die Separierung ist es<br />

möglich, als Spiegelmaterial Silber zu verwenden, da die verspiegelte Endfläche durch den Kleber<br />

verkapselt wird und somit vor chemischen Angriffen geschützt ist. Die Lücke zwischen den Fasern<br />

wird mit dem sensitiven Material vergossen, dass sehr gut an den Fasern haftet und somit eine Unterbrechung<br />

des Strahlengangs durch Schmutzpartikel verhindert. Bei diesem Sensoraufbau steht<br />

der sensitive Bereich, in dem die optische Wandlung stattfindet, im direkten Kontakt mit der Messumgebung,<br />

so dass die Antwortzeit des Sensors nur wenig von der Diffusionsgeschwindigkeit der<br />

zu detektierenden Spezies im Polymer abhängt. Weiterhin zeichnet sich der Sensor durch eine sehr<br />

flache Bauhöhe von ca. 5 mm aus.


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

2.2.2.2 Evanescent Field Sensor<br />

Bild 4: Prinzip der Kopplung an das evaneszente Feld (vereinfachte Darstellung)<br />

Die Funktionsweise des neuentwickelten evanescent field Sensors wird anhand von Bild 4 erläutert.<br />

Ein Teil des geführten Lichts propagiert in dem niedrigbrechenden Mantel der Glasfaser. Dieser<br />

Anteil des Strahlprofils der elektromagnetischen Welle wird das evaneszente Feld genannt. Wird<br />

der Mantel durch die Sensorsubstanz ersetzt, koppelt das evaneszente Feld an den sensitiven Farbstoff<br />

an, wodurch das Licht charakteristisch gedämpft wird. Über die Länge der Koppelstrecke kann<br />

die Empfindlichkeit des Sensors eingestellt werden. Die Auswertung des evanescent field Sensors<br />

unterscheidet sich nicht von der des Transmissionssensors, da der Verlauf der Sensorspektren identisch<br />

ist.<br />

Der Aufbau eines evanescent field Sensors ist dem des Transmissionssensors sehr ähnlich (s. Bild<br />

5). Eine am Ende verspiegelte Faser wird auf einem Polymersubstrat in eine V-Nut so eingeklebt,<br />

dass ein Teilstück definierter Länge der Faser frei liegt. Nach dem Kleben wird mit gepufferter<br />

Flusssäure die freiliegende Faser auf den gewünschten Durchmesser geätzt und danach mit der Sensorsubstanz<br />

beschichtet. Der Bereich des Sensors, in dem die optische Wandlung stattfindet, ist mit<br />

einigen Zentimetern sehr viel größer als beim Transmissionssensor, wobei das Sensorsignal die<br />

Integration der charakteristischen Dämpfung der Sensorsubstanz über die gesamte Länge des beschichteten<br />

Bereichs darstellt.<br />

Bild 5: Schema des evanescent field Sensors<br />

- 148 -


2.2.2.3 Mikroresonator-Sensoren für die Detektion von Feuchte<br />

- 149 -<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

In der zweiten FP sind Mikroresonatorstrukturen untersucht worden, um sie zur Bestimmung von<br />

Feuchte zu nutzen. Bei Mikroresonatoren wird im Allgemeinen die Verschiebung der Resonanzfrequenz<br />

ausgewertet, die durch eine Änderung bei der optischen Weglänge n · d (n: Brechungsindex;<br />

d: Schichtdicke) im Resonator hervorgerufen wird. Bei den von uns verwendeten Sensormaterialien<br />

für die Feuchtesensoren ist der Brechungsindex abhängig von dem Wassergehalt in der Sensormatrix.<br />

So bestand die Hoffnung, dass durch Einsatz der Sensormaterialien in Mikroresonatoren die<br />

Empfindlichkeit der Sensoren wesentlich verbessert werden könnte. Allerdings hat sich bereits bei<br />

der Herstellung der sensitiven Schichten gezeigt, wie empfindlich der Resonator auf Schwankungen<br />

in der Schichtdicke reagiert. Das Sensormaterial ändert aber nicht nur seine optischen Eigenschaften<br />

durch die Aufnahme von Wasser, sondern beginnt zu quellen und vergrößert sein Volumen und<br />

somit auch die Schichtdicke d. Dieser Effekt hat sich als weitaus stärker erwiesen, als die Änderung<br />

des Brechungsindex. Des Weiteren ist festgestellt worden, dass sich das Quellverhalten der Sensormatrix<br />

bei jedem Befeuchtungs- und Trocknungsvorgang der Sensoren geändert hat und keiner<br />

Regelmäßigkeit vorliegt. Daher sind die Arbeiten an diesem Sensoraufbau eingestellt worden.<br />

2.2.3 Feuchtesensoren<br />

Die bereits in der ersten Förderperiode etablierten Feuchtesensoren wurden in ihrer chemischen<br />

Zusammensetzung nicht verändert. Der Reichardt-Farbstoff wird in PMAN (Polymethacrylonitril)<br />

im Host/Guest-System eingesetzt. Langzeitmonitoring von Mitte der ersten Förderperiode in Betonprobekörpern<br />

einbetonierten Sensoren hat gezeigt, dass mit diesem Sensormaterial ausgestattete<br />

Feuchtesensoren immer noch funktionieren und Messdaten liefern und somit eine Lebensdauer des<br />

Materials von mindestens 5½ Jahren festgestellt werden konnte. Eine sehr viel längere Lebensdauer<br />

ist zu erwarten.<br />

Absorption<br />

1.0<br />

r. E.<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

Verschiebung von � Max<br />

durch Gewitter<br />

A (25.04.03)<br />

B (26.05.03)<br />

C (10.06.03)<br />

Trocken<br />

0.0<br />

450 500 550 600 650 700 nm 750<br />

Wellenlänge �<br />

Bild 6: Spektren eines im Ersatzbauwerk der BAM eingemauerten Sensors<br />

Das Marktpotential dieser Sensoren darf mit Recht hoch eingeschätzt werden. Zum Ende der zweiten<br />

Förderperiode wurde eine externe Kooperation mit der BAM in Berlin vereinbart, die die vom<br />

IHF entwickelten Systeme zum Monitoring von Mauerwerken nutzen. Dies geschieht im Rahmen<br />

des EU-Projekts „On-Site Investigation Techniques for the Structural Evaluation of Historic Masonry<br />

Buildings” (Contract no: EVK4-CT-<strong>2001</strong>-00060) oder kurz „On Site for Masonry”, welches


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

sich mit dem Erhalt historischer Mauerwerke beschäftigt. Die BAM ist mit der Anfrage an das<br />

Teilprojekt C1a herangetreten, ob Sensoren für die Messung von Feuchte im Mauerwerk zur Verfügung<br />

gestellt werden können, da keine kommerziellen Sensoren für die Bauwerksüberwachung am<br />

Markt erhältlich waren. Die im Teilprojekt C1a entwickelten Sensoren für die Detektion von<br />

Feuchte im Stahlbeton sind ohne Probleme übertragbar auf Mauerwerke, so dass zunächst sechs<br />

Sensoren bereitgestellt werden konnten. Diese sind in einem Ersatzbauwerk (ESB) eingebaut worden,<br />

das der Nachbildung von historischen Mauerwerksverbänden dient. An dem ESB werden die<br />

in dem Forschungsvorhaben „On Site For Masonry” untersuchten Messmethoden getestet, wobei<br />

die von dem Teilprojekt C1a bereitgestellten Sensoren zur weiteren Bestätigung der Untersuchungsergebnisse<br />

dienen. In Bild 6 sind drei Spektren eines eingemauerten Sensors abgebildet.<br />

Kurve A stammt von dem trockenen Sensor nach seiner Herstellung im Labor, während Kurve B<br />

den Sensor ca. 3½ Wochen nach seinem Einbau zeigt. Einen Tag vor der dritten Messung (Kurve<br />

C) gab es starke Niederschläge infolge eines Gewitters. Der Sensor reagiert auf die Erhöhung der<br />

Feuchte im Ersatzbauwerk durch das Gewitter mit der Verschiebung der Wellenlänge der maximalen<br />

Absorption zu kürzeren Wellenlängen. Eine Kalibrierung der Sensoren auf den von der BAM<br />

verwendeten Mörtel steht noch aus. Das ebenfalls vom Teilprojekt C1a bereitgestellte Messprogramm<br />

ermöglicht das Auslesen der eingemauerten Sensoren in Berlin von Braunschweig aus.<br />

2.2.4 pH-Sensoren<br />

Im Antrag zur zweiten Förderperiode haben wir die Möglichkeit der Acetalanbindung eines Azofarbstoffs<br />

an hydrophile Polyalkohole diskutiert. Unserer Grundidee entsprechend, wurde diese<br />

basenstabile Verknüpfung von Farbstoff und Polymer zunächst mit Cellulosederivaten realisiert.<br />

Diese Polymere sind jedoch sehr schwer löslich und nicht bioresistent, vor allem aber erwiesen sich<br />

die generierten Polymerfilme im stark basischen Milieu als nicht langzeitresistent. Daher wurde die<br />

Nutzung anderer hydrophiler Polymere erwogen. Polyvinylalkohole (PVA) haben einen großen<br />

strukturspezifischen Vorteil, ihre Hydroxylgruppen sind in zwei nebeneinander liegenden Monomergruppen<br />

in 1,3-Position orientiert, so dass durch Acetalisierungsreaktion ein sehr stabiler sechsgliedriger<br />

Ring aufgebaut wird. Damit erreichen diese Polymer-Farbstoff-Verbindungen die notwendige<br />

Stabilität. Reines PVA ist wasserlöslich, deswegen wurde nach geeigneten Co-polymeren<br />

und Derivaten gesucht. Dabei war darauf zu achten, dass der Gehalt an Copolymer ausreichend<br />

groß war, um die Wasserlöslichkeit zu unterbinden, andererseits der hydrophile Charakter des Polymers<br />

jedoch erhalten blieb. Schlussendlich mussten diese Polymere immer noch im stark basischen<br />

Milieu stabil bleiben und eine gute Löslichkeit in organische Lösungsmitteln aufweisen, damit<br />

eine leichte Verarbeitbarkeit gewährleistet ist. Das kommerziell erhältliche [Fa. Aldrich] Poly-<br />

(vinylalkohol- co-ethylen), mit einem Comonomergehalt von 27 mol % Ethylen, zeigte in unseren<br />

Studien die gewünschten Eigenschaften und wurde als Polymermartix für die pH-Sensormaterialien<br />

ausgewählt. Erste Untersuchungen bezogen sich auf über Sulfonamidofunktionen polymergebundene<br />

Azofarbstoffe. Solche Substanzen sind recht leicht zu synthetisieren, da die die polymeranbindungsfähige<br />

Aldehydfunktion sehr einfach eingeführt werden kann. Die Synthese einer solchen<br />

Verbindung ist in Bild 7 wiedergegeben. Der synthetisierte pH-Indikatorfarbstoff wurde erfolgreich<br />

mit einem Polymer verbunden, eine Ausbeute wurde für diesen Schritt nicht bestimmt.<br />

- 150 -


N<br />

H 2<br />

O 2 N<br />

*<br />

O<br />

Cl<br />

S<br />

O<br />

S NH<br />

O<br />

H<br />

+<br />

/H2O O O<br />

O<br />

x<br />

*<br />

*<br />

N<br />

H 2<br />

O<br />

O<br />

m<br />

*<br />

*<br />

H<br />

N<br />

O<br />

S<br />

O<br />

N<br />

HO<br />

N<br />

O<br />

O<br />

OH OH<br />

O 2 N<br />

y<br />

*<br />

- 151 -<br />

S NH<br />

O<br />

OH<br />

O<br />

N<br />

N<br />

95% OH<br />

50%<br />

N<br />

N<br />

80%<br />

NaOH<br />

OH<br />

O<br />

S<br />

NH<br />

O<br />

75%<br />

O<br />

*<br />

O<br />

O<br />

OH OH<br />

O<br />

S<br />

NH<br />

O<br />

*<br />

n *<br />

DMF/H 2 SO 4<br />

Bild 7: Synthese des Sensormaterials mit Sulfonamidofunktion<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

Pd/C/H 2<br />

Die Ergebnisse mit den Sulfonamiden waren wenig zufriedenstellend. Die Stabilität war nicht ausreichend.<br />

Daher wurde der schon im Antrag vorgestellte Weg beschritten, der allerdings einen<br />

photochemischen Reaktionsschritt beinhaltet in dem mit 1,3-Dioxolan die Aldehydfunktion eingeführt<br />

werden muss. Gegenüber dem bisher verwandten Weg (vgl. Antrag) wurden einige Modifizierungen<br />

vorgenommen, um die Synthese über die Kresolfarbstoffe hinaus zu erweitern. Die photochemische<br />

Umsetzung mit 1,3-Dioxolan wurde im synthetischen Ablauf vorgezogen, um bessere<br />

Gesamtausbeuten für Ar(OH) ≠ o,m,p-Kresol zu erzielen (vgl. Bild 8).<br />

Vom einzelnen pH-Sensormaterial wurden dünne Membranen angefertigt. Diese wurden UV/Visspektroskopisch<br />

untersucht. Es hat sich hierbei gezeigt, dass die Umschlagspunkte der generierten<br />

Membranen im Vergleich zu ungebundenen Indikatorfarbstoffen (gemessen in Lösung), zu höheren<br />

pH-Werten verschoben werden. In der nachfolgenden Tabelle 1 sind die synthetisierten Sensormaterialien<br />

aufgelistet. Ein Material wurde dann als mangelhaft detektierbar eingestuft, wenn die<br />

spektralen Eigenschaften keine Auswertung zuliessen, sei es das die Absorptionsmaxima zu dicht<br />

beieinander lagen oder die Intensitätsveränderungen nicht deutlich genug waren. Die Güte der<br />

Transparenz bezieht sich auf ein wässriges Medium. Eine hohe Flexibilität bzw. Elastizität des<br />

Materials ist für den Sensorbau von Vorteil.<br />

EtOH<br />

m *<br />

O<br />

O


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

HO<br />

*<br />

H2SO4 S NH2 O<br />

O<br />

Ar(OH)<br />

OH OH<br />

O<br />

n<br />

DMF/H 2 SO 4<br />

*<br />

*<br />

O<br />

O<br />

S NH 2<br />

O<br />

- 152 -<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

S NH 2<br />

O<br />

+<br />

O<br />

S<br />

O<br />

N<br />

N<br />

Ar (OH)<br />

O<br />

S<br />

O<br />

N<br />

N<br />

Ar (OH)<br />

65-80% 60-80%<br />

NaOH H /H 2 O<br />

( 15% )<br />

m<br />

*<br />

*<br />

O O<br />

O<br />

86% 94%<br />

*<br />

x *<br />

h. �<br />

O<br />

m<br />

S N<br />

O<br />

Bild 8: Synthese der Sensormaterialien<br />

Tabelle 1: Sensormaterialien<br />

Material Polymer Eigenschaften<br />

*<br />

*<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

S<br />

O<br />

O<br />

O<br />

S<br />

O<br />

x * *<br />

N<br />

N<br />

OH<br />

* *<br />

m<br />

PH-Naph1-Co2<br />

x *<br />

N<br />

N<br />

OH<br />

*<br />

* *<br />

m<br />

PH-Naph2-Co2<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

z *<br />

z *<br />

*<br />

*<br />

OH<br />

OH<br />

n<br />

*<br />

m<br />

n<br />

*<br />

m<br />

*<br />

*<br />

OH OH<br />

N<br />

Ar (OH)<br />

- Löslich in warmen DMF<br />

- Umschlag pH >13<br />

- Transparenz sehr gut<br />

- Flexibilität befriedigend<br />

- Ansprechverhalten sehr gut<br />

- mangelhafte Detektierbarkeit<br />

- Löslich in warmen DMF<br />

- Umschlag pH > 12.5<br />

- Transparenz sehr gut<br />

- Flexibilität befriedigend<br />

- Ansprechverhalten sehr gut<br />

- gute Detektierbarkeit<br />

y<br />

*


*<br />

*<br />

*<br />

*<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

S<br />

O<br />

O<br />

O<br />

S<br />

O<br />

O<br />

S<br />

O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

*<br />

x *<br />

N<br />

N<br />

NH<br />

O<br />

S<br />

O<br />

HO<br />

*<br />

x *<br />

N<br />

N<br />

N<br />

N<br />

Material Polymer Eigenschaften<br />

O O<br />

OH<br />

*<br />

y *<br />

PH-Kres-Co1<br />

x * *<br />

OH<br />

* *<br />

m<br />

PH-Kres-Co2<br />

O O<br />

OH<br />

*<br />

y *<br />

O<br />

PH-Kres-Co3<br />

x *<br />

N<br />

N<br />

*<br />

*<br />

* *<br />

m<br />

*<br />

*<br />

c<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

PH-Naph1Amid-Co2<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

z *<br />

z *<br />

z *<br />

z *<br />

*<br />

*<br />

*<br />

OH<br />

OH<br />

OH<br />

H O<br />

*<br />

OH<br />

n<br />

n<br />

O<br />

*<br />

m<br />

n<br />

n<br />

*<br />

m<br />

- 153 -<br />

- Löslich in THF/Wasser<br />

- Umschlag pH > 11<br />

- Transparenz mangelhaft<br />

- Flexibilität sehr gut<br />

- Ansprechverhalten sehr gut<br />

- mangelhafte Detektierbarkeit<br />

- Löslich in warmen DMF<br />

- Umschlag pH > 11.5<br />

- Transparenz sehr gut<br />

- Flexibilität befriedigend<br />

- Ansprechverhalten sehr gut<br />

- sehr gute Detektierbarkeit<br />

- Löslich in DMF/Wasser<br />

- Umschlag pH > 11<br />

- Transparenz mangelhaft<br />

- Flexibilität gut<br />

- Ansprechverhalten sehr gut<br />

- mangelhafte Detektierbarkeit<br />

- Löslich in warmen DMF<br />

- Umschlag pH >12<br />

- Transparenz sehr gut<br />

- Flexibilität befriedigend<br />

- Ansprechverhalten sehr gut<br />

- mangelhafte Detektierbarkeit<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

Absorption<br />

0.65<br />

w. E.<br />

0.60<br />

0.55<br />

0.50<br />

H 2 O<br />

Übergang: H 2 O zu pH 13<br />

pH 13 Pufferlösung<br />

400 450 500 550 600 nm 650<br />

Wellenlänge �<br />

Absorption<br />

- 154 -<br />

0.65<br />

w. E.<br />

0.60<br />

0.55<br />

0.50<br />

0.45<br />

Trocken<br />

pH 13<br />

Wasser<br />

pH 13<br />

0 30 60 90 s 120<br />

Bild 9: Vis-Spektren (links) und zeitlicher Verlauf (rechts) eines pH-Sensors<br />

Zeit<br />

Max 1 (432 nm)<br />

Max 2 (517 nm)<br />

Des weiteren wurden auch Farbstoffe aus polymeren Vorstufen synthetisiert. Als Grundlage hierfür<br />

dienten verschiedene Polyphenol-Copolymere, die geeignet polymeranalog diazotiert wurden.<br />

Problematisch waren jedoch die mangelhafte Löslichkeit der gewonnen Materialien und vor allem<br />

die schlechte Transparenz im wässrigen Medium. Daher wurde dieser Weg nicht weiter beschritten.<br />

Von den untersuchten Materialien hat sich das Sensormaterial PH-Kres-Co2 (s. Tabelle 1) im Hinblick<br />

auf Stabilität und Transparenz als am geeignetsten erwiesen. Der in Bild 9 dargestellte Anstieg<br />

der Extinktion eines pH-Sensors mit dem Sensormaterial PH-Kres-Co2 bei 517 nm ist relativ<br />

zur Zunahme der Konzentration der deprotonierten Form des Farbstoffs bei steigenden pH-Wert.<br />

Der Verlauf der Extinktion bei den Wellenlängen 432 nm und 517 nm über der Zeit zeigt, dass der<br />

Sensor in ca. einer Sekunde auf die pH 13 Pufferlösung reagiert. Der umgekehrte Prozess von<br />

pH 13 zum Neutralpunkt benötigt ca. 45 Sekunden. Der Unterschied der Extinktion vom trockenen<br />

Zustand gegenüber dem nassen belegt das solvatochrome Verhalten des Farbstoffs.<br />

2.2.5 Chloridsensoren<br />

2.2.5.1 Koextraktion und Fluoreszenzlöschung<br />

Zum Ende der ersten Förderperiode wurde experimentelle Voruntersuchungen gemacht, die gezeigt<br />

haben, dass das Koextraktionsprinzip [HUBER et al. 1999] für den Sensorbau adaptierbar ist. Zu<br />

Beginn der zweiten Förderperiode wurde versucht, dieses Verfahren an die Umgebungsbedingungen<br />

im Beton zu adaptieren. Dies gelang jedoch nicht, da im basischen Milieu die Koextraktion von<br />

Chloridionen nicht möglich war. Daher wurde dieses Nachweisverfahren nicht weiter verfolgt.<br />

Für die Chloriddetektion wurde danach zunächst das Konzept der Fluoreszenzlöschung untersucht.<br />

In der ersten Förderperiode waren bereits erste Fluorophore synthetisiert und untersucht worden.<br />

Die damals betrachteten Chinolin- und Acridinderivate zeigten vielversprechende Ergebnisse. Es<br />

bestand jedoch noch Optimierungsbedarf in Bezug auf Ansprechverhalten und Löslichkeit, so dass<br />

wir uns dazu entschlossen, dieses Konzept weiterzuentwickeln.


MeO<br />

O<br />

N<br />

H<br />

OMe OMe<br />

R<br />

MeO<br />

R'<br />

+<br />

N<br />

OMe R' OMe<br />

R<br />

- 155 -<br />

O<br />

H<br />

R'' N<br />

R''<br />

1 2 3<br />

Bild 10: Acridone (1), Acridine (2) und Chinacridone (3)<br />

O<br />

N<br />

H<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

R=NH 2 , OMe<br />

R'=H,Cl,N(Alk) 2<br />

R''= OAlk, Alk<br />

Als Zielmoleküle wurden die in Bild 10 aufgeführten methoxysubstituierte Acridone (1), Acridine<br />

(2) und Chinacridone (3) gewählt, da bekannt ist [URBANO et al. 1984], [SCHULMANN et al.<br />

1977], dass auch ihre Fluoreszenz durch Halogenidionen gelöscht wird. Erste Untersuchungen ergaben<br />

jedoch, das im stark basischen Milieu auch die hohe Konzentration an Hydroxidionen eine<br />

Löschung der Fluoreszenz bewirkt. Um die Basenstabilität zu erhören, wurden daraufhin entschieden<br />

Tetramethoxy-, bzw. Trimethoxy-amino-Derivate zu synthetisieren. Diese Substanzen sollten<br />

ihre Fluoreszenzquantausbeute im stark basischen pH-Bereich auf einem hohen Niveau behalten. In<br />

Bild 11 ist die Synthese zu den Zielverbindungen 1 und 2 dargestellt.<br />

MeO<br />

MeO<br />

MeO<br />

OMe<br />

COOH MeO<br />

COOMe<br />

OMe<br />

COOH<br />

NBS MeOH<br />

R MeO<br />

NaOH/EtOH<br />

Br<br />

H 2 SO 4<br />

N<br />

N<br />

H<br />

H<br />

OMe OMe<br />

OMe<br />

25% 95%<br />

OMe<br />

NR' 2<br />

N<br />

OMe<br />

R<br />

COOH<br />

POCl 3<br />

MeO<br />

OMe<br />

R<br />

OMe<br />

85% 55%<br />

MeO<br />

MeO<br />

OMe<br />

OMe<br />

-<br />

SO 3<br />

Cl<br />

N<br />

60%<br />

NR' 2<br />

+<br />

N<br />

2<br />

OMe<br />

OMe<br />

R<br />

PPA<br />

O<br />

S<br />

O O<br />

COOMe<br />

Br<br />

MeO<br />

MeO<br />

Bild 11: Synthesewege zu den Acridonen (1) und Acridinen (2)<br />

R<br />

N<br />

H 2<br />

O<br />

OMe<br />

N<br />

H<br />

OMe<br />

40%<br />

OMe<br />

SO 3<br />

Cl<br />

+<br />

N<br />

R<br />

Pd(dba) 3 DPPF<br />

NaOtBu<br />

-<br />

1<br />

OMe<br />

OMe<br />

R = NO 2 , OMe<br />

R'= i Pr, n Bu<br />

R<br />

R


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

Das gewünschte Zielmolekül 2 konnte nicht synthetisiert werden, da weder die erforderliche Substitution<br />

des Chloratoms in 9-Position mit einem Dialkylamin noch die N-Alkylierung mit Butansulton<br />

gelang. Die Fluoreszenz der dargestellten Methoxyacridone 1 wird nicht wie angenommen<br />

bei pH 13 gelöscht, sondern verstärkt. Dies ist auf die Deprotonierung des Tautomerform (= 9-<br />

Hydroxyacridinol) zurückzuführen. So lässt sich auch mit diesem Verfahren kein chloridselektives<br />

Sensormaterial herstellen.<br />

Die synthetisierten Chinacridone 3 waren extrem schwer löslich und daher nur als Pigmente darzustellen.<br />

Sie sind aus diesem Grund ebenfalls für einen Einsatz im Sensorbau ungeeignet.<br />

2.2.5.2 J-Aggregate<br />

Es wurde ein neues Sensorkonzept entwickelt, das auf dem Prinzip der J-Aggregation von Polymethinfarbstoffen<br />

(Cyaninfarbstoffen) fußt. In der Photographie werden diese Farbstoffe mit Silberhalogeniden<br />

in Farb- und Monochromfilmen genutzt [GROSSMANN et al.1971], [YAMA-<br />

MOTO 1981] [KOBAYASHI et al.1998].<br />

Für Cyaninfarbstoffe ist bekannt, dass sie J-Aggregate bilden können. Dieser Phänomen ist 1936<br />

[JELLY 1936],[SCHEIBE 1936], [JELLY 1937], [SCHEIBE 1937] erstmals von Jelly und Scheibe<br />

veröffentlicht worden. Die Bezeichnung J-Aggergat beruht auf dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens<br />

von Jelly. J-Aggregate sind physikalische Oligomere, bei denen die einzelnen Moleküle in<br />

geordnetem Zustand vorliegen. Diese Ordnung führt zur Ausbildung eines neues bathochromen<br />

Absorptionsmaximums und wird von äußeren Einflüssen wie Temperatur [PAWLIK et al. 1997],<br />

Ionenstärke [Kajikawa et al. 1993], pH [ROSSI et al. 1995], Lösungsmittel [BERLEPSCH et al.<br />

2002] bestimmt. Die J-Aggregation ist ein reversibler Prozess [TYUYULKOV 1991].<br />

Unser Ziel war es nun Cyaninfarbstoffe zu synthetisieren, die nur unter Einwirkung von Chlorid J-<br />

Aggregate ausbilden. Insbesondere die Akzeptor-substituierten Benzimidazolyltrimethine können<br />

diese Eigenschaften aufweisen. Da es keinen einheitlichen Syntheseweg gibt, sind nachfolgend die<br />

Synthesewege des Tetrachloro-, Tetrabromo- sowie des Bissalicylsäure-Derivats in Bild 12 aufgeführt.<br />

1) Tetrachloro-:<br />

Cl<br />

Cl<br />

-O<br />

S 3<br />

NO 2 AlkNH2<br />

Cl<br />

-O3S<br />

NH<br />

(CH ) 2 4<br />

(CH2 ) 4<br />

Cl<br />

(x2)<br />

Cl<br />

N<br />

+<br />

N<br />

ALK<br />

CRX3 KO<br />

Cl<br />

Cl<br />

N<br />

+<br />

N<br />

ALK<br />

R<br />

tBu Cl<br />

Cl<br />

NO 2<br />

75-80% ALK<br />

50-65%<br />

- 156 -<br />

Zn/HOAc<br />

(AcO) 2 O<br />

70-95% 15-25%<br />

ALK<br />

Cl<br />

Cl<br />

N<br />

N<br />

(CH 2 ) 4<br />

SO 3 H<br />

Cl<br />

N<br />

N<br />

Cl<br />

ALK<br />

S<br />

O<br />

O O<br />

X = Hal<br />

1) R=H<br />

2) R=Aryl


2) Tetrabromo-:<br />

N<br />

N<br />

-O3S<br />

2 NBS<br />

Br<br />

Br<br />

N<br />

-O3S<br />

- 157 -<br />

AlkX<br />

Br<br />

N<br />

Br<br />

51% 75%<br />

(CH ) 2 4<br />

(CH ) 2 4 ALK<br />

Br<br />

(x2)<br />

Br<br />

N<br />

+<br />

N<br />

ALK<br />

97%<br />

CHI3 KO<br />

Br<br />

Br<br />

N<br />

+<br />

N<br />

ALK<br />

28%<br />

N<br />

N<br />

(CH2 ) 4<br />

SO3H tBu 3) Bissalicylsäure-:<br />

HO<br />

HOOC<br />

MeO<br />

MeOOC<br />

83-88%<br />

Cl<br />

NO 2<br />

NH<br />

ALK<br />

-O3S<br />

CH 3 COOH<br />

HNO 3<br />

HO<br />

HOOC<br />

Zn/CH 3 COOH<br />

(CH 3 CO) 2 O<br />

85%<br />

MeO<br />

MeOOC<br />

NO 2 AlkNH 2<br />

-O3S<br />

(CH2 ) 4<br />

(CH2 ) 4<br />

MeO<br />

(x2)<br />

MeOOC<br />

N<br />

+<br />

N<br />

ALK<br />

70-80%<br />

CHI3 KO<br />

MeO<br />

MeOOC<br />

N<br />

+<br />

N<br />

ALK<br />

tBu Cl<br />

80-97%<br />

N<br />

N<br />

ALK<br />

HO<br />

HOOC<br />

Bild 12: Synthesewege der Cyanine<br />

30%<br />

O<br />

N<br />

N<br />

ALK<br />

55-84%<br />

S<br />

O<br />

O<br />

ALK<br />

N<br />

N<br />

Br<br />

Br<br />

(CH 2 ) 4<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

NO 2<br />

NH<br />

ALK<br />

SO 3 H<br />

O<br />

S<br />

O<br />

O<br />

X = Hal<br />

2 CH3I COOMe<br />

Für die erhaltenen Farbstoffe wurde eine Polymermatrix entwickelt. Dazu wurde erneut auf PVA<br />

zurückgegriffen. Es wurden daraus diverse Polyvinylacetale hergestellt. Dazu wurden Polyvinylalkohole<br />

unterschiedlicher Molgewichte mit Butyr- oder Isobutyraldehyd derart acetalisiert, dass sich<br />

unterschiedliche Acetalisierungsgrade eingestellt haben. Die erhaltenen Polymere wurden hinsichtlich<br />

ihrer Transparenz, Löslichkeit und Flexibilität bewertet. Dabei erwies sich ein von uns hergestelltes<br />

Polyvinylbutyral mit einem Acetalisierungsgrad von 33 %, ausgehend von einem kommerziell<br />

erhältlichen Polyvinylalkohol mit einem mittleren Molekulargewicht von 30.000-50.000<br />

g/mol, als am geeignetsten. Eine kovalente Anbindung an das Polymer ist nicht notwendig, da die<br />

Farbstoffe ausreichend groß sind, um wirksam im Polymer eingeschlossen zu werden. Die erhaltenen<br />

Polymere können auch für pH-Sensormaterialien verwendet werden. Für diese Anwendung<br />

OMe


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

sind die Farbstoffe and das Polymer kovalent zu binden.<br />

Die Eigenschaften der so gewonnenen Materialien wurden unter Laborbedingungen untersucht.<br />

Dazu wurde jeweils eine Sensormembran hergestellt und mittels UV/Vis-Spektroskopie auf ihre<br />

Chloridsensitivität getestet (Bild 13). Das Tetrachlorderivat zeigt im stark basischen Milieu eine<br />

hervorragende Selektivität bzgl. Chlorid. Die spektrale Veränderung durch die Ausbildung einer J-<br />

Bande korreliert linear mit der steigenden Chloridkonzentration, wie in Bild 14 zu sehen. Eine Erhöhung<br />

der Carbonat-, Sulfat- oder Hydroxidkonzentration führt hingegen nicht zur Ausbildung<br />

eines J-Aggregats. Prinzipiell ist daher der Aufbau eines faseroptischen Festkörpersensors zur<br />

Chloriddetektion möglich. Das Tetrabromderviat ist in Polymermatrix deutlich instabiler. Es selektiert<br />

nicht mehr zwischen Chlorid und Hydroxid und kommt daher nicht für einen Sensor in Frage.<br />

Die Eigenschaften des Bissalicylsäurederivats sind Gegenstand aktueller Untersuchungen.<br />

Extinktion [r.E.]<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

pH 11.5<br />

500 525 550 575 600<br />

c(NaCl)<br />

0.0 M<br />

0.1 M<br />

0.3 M<br />

0.5 M<br />

1.0 M<br />

Maximaverhältnis 580 nm / 530 nm<br />

- 158 -<br />

2.5<br />

2.0<br />

1.5<br />

1.0<br />

0.5<br />

0.0<br />

Messwerte<br />

Ausgleichsgerade<br />

0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />

Wellenlänge [nm]<br />

Konzentration von Chlorid in mol/l<br />

Bild 13: Vis-Spektren des Tetrachlortrimethincyanins Bild 14: Auftragung des Extinktionsverhältnisses der<br />

in Polymermatrix. Das Maximum bei 580 nm ist auf Absorptionsmaxima bei 530 und 580 nm gegen die<br />

J-Aggeragtion zurückzuführen. Die Extinktion der J-<br />

Chloridkonzentration zeigt einen lineareren Verlauf.<br />

Bande steigt mit zunehmender Chloridkonzentration<br />

2.2.5.3 Fajans-Konzept<br />

Die Chloriddetektion nach Fajans beruht auf dem Zerfall von Silber/Chlorid/Fluorescein-Komplexen<br />

bei Erhöhung der Chloridkonzentration. Dabei wird sowohl der farbige Komplex zerstört als<br />

auch das farblose, fluoreszierende Fluorescein freigesetzt. Die Chloridkonzentration lässt sich daher<br />

nicht nur analog [FUHR1999] durch Absorptionslöschung, sondern auch durch die Intensitätserhöhung<br />

der Fluoreszenz nachweisen. Ein Vorteil dieses kombinierten Nachweises ist die extreme<br />

Empfindlichkeit, die es erlaubt schon geringe Konzentrationen von Chlorid nachzuweisen.<br />

Da im Sensor nicht mit einer Lösung gearbeitet werden kann, wurden für erste Untersuchungen die<br />

Fajans-Komplexe über einen Host/Guest-Einschluss in ein Polymer eingebracht, wie wir es bereits<br />

erfolgreich mit dem Reichardt-Farbstoff in den Materialien zur Bestimmung der Feuchte eingesetzt<br />

haben. Wir konnten zeigen, das auch im Host/Guest-System die Nachweisreaktion stattfindet.<br />

Bei dem Sensorbau mit dem Fajans-Prinzip ist der hohe pH-Wert der Betonporenlösung (ca. pH 13)<br />

zu berücksichtigen. Das Problem des Fajans-Prinzips ist, dass es nur bis ca. pH 10 funktioniert. Es<br />

wurde daher ein Weg gesucht um den pH-Wert in einem später zu konstruierenden Sensorkopf abzusenken.<br />

Ein möglicher Weg ist die Nutzung einer Nanofiltrationsmembran. Hierzu wurden im


- 159 -<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

Rahmen des Teilprojekts C1b bereits einige Voruntersuchungen durchgeführt, die bestätigen, dass<br />

dies prinzipiell möglich ist.<br />

2.2.6 Sensoren für das Deponiemonitoring<br />

In der ausgehenden Förderperiode haben wir uns im Rahmen einer Kooperation mit den Teilprojekten<br />

(TP) B5 und D1 mit Voruntersuchungen für den Einsatz von Feuchte- und pH-Sensoren zum<br />

Deponie-Monitoring befasst. Das Monitoring von Hausmülldeponien (TP C1a,b / B5) zeigt ein sehr<br />

deutlich von den Anforderungen des Monitoring von Betonbauwerken (TP C1a,b / B9) abweichendes<br />

Anforderungsprofil, so dass die vorhanden faseroptischen Sensoren aus diesem Bereich nicht in<br />

der Deponie nutzbar sind. Die Sensoren sind in der Deponie wesentlich extremeren chemischen<br />

Bedingungen ausgesetzt. Hochreaktive Gase wie Ammoniak und Schwefelwasserstoff bilden eine<br />

reduktive Atmosphäre, der die Sensormaterialen standhalten müssen. Der pH-Wert der Umgebung<br />

liegt dabei zwischen 4 und 9. Daher sollten die genutzten Materialien sowohl im sauren als auch im<br />

basischen Milieu eine ausreichende Stabilität aufweisen. Das Deponiesickerwasser ist stark mit<br />

organischen Substanzen belastet, was zu einer erhöhten Löslichkeit auch von fettlöslichen Verbindungen<br />

im Sickerwasser führt. Dies schränkt die Wahl insbesondere der Polymermatrix weiter ein.<br />

Zur Messung der Feuchte können keine auf dem Reichhardt-Farbstoff basierende optische Sensoren<br />

zum Einsatz kommen, da dieser unter den Umgebungsbedingungen chemisch nicht inert ist.<br />

Daher sind wir zu dem Schluss gekommen, hierfür ausschließlich die verfügbaren Mikrowellensensoren<br />

des TP C1b einzusetzen. Erste Untersuchungen zeigen allerdings einen korrosiven Angriff am<br />

Kupfermantel des Sensors durch den vorhandenen Schwefelwasserstoff. Inwieweit dies zu einer<br />

nachhaltigen Beeinträchtigung der Funktion führt, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen.<br />

Zur faseroptischen Bestimmung des pH-Werts müssen andere Indikatorfarbstoffe eingesetzt werden,<br />

als sie bislang in Betonbauwerken genutzt wurden. Wie bereits beschrieben, weicht der zu erwartende<br />

pH-Bereich deutlich von den Gegebenheiten im Beton ab. Es wurde daher auf gängige<br />

Azo- und Phenolfarbstoffe zurückgegriffen, die einen entsprechenden Umschlagsbereich aufweisen.<br />

Im einzelnen waren dies die in Bild 15 gezeigten Verbindungen Phenolrot, Kresolrot, Bromkresolpurpur,<br />

Bromkresolgrün, Methylrot und Neutralrot. Um die Stabilität zu testen wurden mit Farbstoff<br />

dotierte PVC-Membranen hergestellt und in die Hausmülldeponie Deiderode bei Göttingen<br />

eingebracht. Nach zwei Monaten wurden diese wieder eingesammelt und im Labor untersucht. In<br />

diesen Vorversuchen zeigte sich Methylrot gegenüber den Umgebungsbedingungen als etwas stabiler.<br />

Dennoch war auch bei diesen Membranen bereits eine deutlich Verfärbung festzustellen.


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

Br<br />

HO<br />

CH 3<br />

O<br />

S<br />

O O<br />

Br<br />

OH<br />

CH 3<br />

Br<br />

C<br />

H 3<br />

HO<br />

Br<br />

O<br />

S<br />

O O<br />

H C 3<br />

COOH<br />

N<br />

N<br />

- 160 -<br />

Br<br />

N<br />

Br<br />

CH 3<br />

OH<br />

CH 3<br />

C<br />

H 3<br />

N<br />

H 2<br />

C<br />

H 3<br />

HO<br />

O<br />

S<br />

O O<br />

Bromkresolpurpur Bromkresolgrün Kresolrot<br />

pH 5.2 (gelbgrün) - pH 6.8 (rotviolett) pH 3.8 (gelb) - pH 5.4 (blau) pH 1.8 (orange) - pH 2.0 (gelb)<br />

pH 7.0 (gelb) - pH 8.8 (violett)<br />

HO<br />

O<br />

S<br />

O O<br />

OH<br />

Phenolrot<br />

Methylrot<br />

Neutralrot<br />

pH 6.8 (gelb) - pH 8.2 (rot) pH 4.2 (pink) - pH 6.2 (gelb) pH 6.8 (rotviolett) - pH 8.0 (gelb)<br />

Bild 15: Untersuchte kommerzielle Indikatorfarbstoffe und ihre Umschlagbereiche<br />

N<br />

N<br />

H<br />

Cl -<br />

OH<br />

CH 3<br />

N CH +<br />

3<br />

PVC kann als chemisch inert in der Deponie gelten. Dennoch ist es unseren Erfahrungen nach für<br />

den Sensorbau nur wenig geeignet. Der Einsatz von PVC war zumeist aufgrund der sehr schlechten<br />

Antwortzeiten der so generierten Sensoren nicht möglich. Die Stabilität des Host/Guest-Systems<br />

war für PVC als Hostpolymer ebenfalls nicht ausreichend, um ein Auswaschen des Farbstoffs aus<br />

der Polymermembran zu verhindern. Die Versuche zeigen hier deutlich, dass der zu nutzende polymere<br />

Werkstoff hochvernetzt werden muss. Daneben wurde die Verwendung von anderen Host-<br />

Polymeren ebenfalls mittels Einbringung von Probenkörpern in die Hausmülldeponie Deiderode<br />

untersucht. Die mangelhafte Stabilität in dieser Umgebung sprach jedoch gegen einen Einsatz von<br />

Polymethacrylaten, wie PolyHema, PMMA, PMAN u.ä. Einige lösten sich innerhalb von vier Wochen<br />

sogar vollständig auf, andere, wie das PMAN, verloren ihre Transparenz durch die im Sickerwasser<br />

gelösten Fette. Auch die im Beton genutzten, aber säurelabilen Polyvinylacetale können<br />

nicht verwendet werden. Als unter Laborbedingungen tauglich, haben sich Sensormaterialien erwiesen,<br />

die auf einer Polysiloxanmatrix beruhen. Der Farbstoff wird nicht ausgewaschen und das Material<br />

zeigt im Labor sehr kurze Ansprechzeiten (unter 10 s) nach einer pH-Wert-Änderung. Auf dieser<br />

Basis wäre ein Sensor zur pH-Wert-Bestimmung in der Deponie realisierbar. Dieser könnte die<br />

in der Acidogenese durch bakterielle Stoffwechselprozesse gebildeten organischen Säuren (vor allem<br />

Essigsäure) als Summe über die pH-Wert-Änderung verfolgen. Da seitens des TP B5 die kontinuierliche<br />

Überwachung mit Hilfe faseroptischer pH-Sensoren von untergeordnetem Interesse ist<br />

und nicht weiterverfolgt wird, wird zukünftig auf den Bau solcher Sensoren verzichtet. Die Zusammenarbeit<br />

soll auf die Hilfestellung bei chemischen Problemen und Unterstützung durch analytische<br />

Verfahrenstechniken (NMR, HPLC, Massenspektrometrie, Elementaranalyse) verlagert werden.<br />

Die Möglichkeiten zur Feuchtebestimmung werden durch das TP C1b weiter untersucht.<br />

CH 3


- 161 -<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

2.3 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />

Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />

Auf dem Gebiet der faseroptischen Sensorik zur Bauwerksüberwachung wurden unseres Wissens<br />

nach außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> in den letzten drei Jahren keine entscheidenden Fortschritte erzielt, so<br />

dass an dieser Stelle für eine orientierende Übersicht auf unseren letzten Rechenschaftsbericht verwiesen<br />

sei. Die geringe Präsenz in der Literatur zeigt sich auch im Markt, wie auch die Nachfrage<br />

der BAM beim <strong>SFB</strong> hinsichtlich der Bereitstellung von Feuchtesensoren belegt. Faseroptische Sensoren<br />

zur pH-Wert-Bestimmung, die auf dem Evanescent Field Konzept beruhen, werden unabhängig<br />

von uns auch von einer Arbeitsgruppe aus Brooklyn bearbeitet. Diese Arbeit steht jedoch noch<br />

in den Anfängen und nutzt Materialien auf der Basis von Host/Guest-Systemen [GHANDEHARI et<br />

al. 2002] auf deren mangelhafte Langzeitstabilität wir bereits seit langem hingewiesen haben. Eine<br />

Überprüfung der Prototypen im Beton ist noch nicht erfolgt [GHANDEHARI <strong>2003</strong>a]. Zur Bestimmung<br />

von Chlorid in Bauwerken exsistiert in der Literatur nur das von [FUHR 1999] beschriebene<br />

Verfahren, welches wir bereits im letzen Rechenschaftsbericht vorgestellt haben. Der Arbeitskreis<br />

hat seitdem nichts mehr auf dieser Fragestellung publiziert. Er soll seine Bemühungen auf diesem<br />

Gebiet eingestellt haben [GHANDEHARI <strong>2003</strong>b].<br />

2.4 Offene Fragen<br />

Mit der ausgehenden zweiten Förderperiode konnten die Arbeiten an den Feuchte- und pH-Wertsensoren<br />

weitestgehend abgeschlossen werden. Die an uns herangetragene externe Kooperation mit<br />

der Bundesanstalt für Materialprüfung unterstreicht deutlich die Relevanz und Bedeutung der im<br />

C1a entwickelten faseroptische Feuchtesensoren. Es sind keine vergleichbaren Systeme auf dem<br />

Markt verfügbar. Die entwickelten Sensoren sollen auch in der dritten Förderperiode in weiteren<br />

Ersatzbauwerken eingesetzt und betreut werden. Die erhaltenen Daten fließen einerseits in die Modellentwicklung<br />

von TP B9 ein, dienen aber auch zur Überprüfung der Zuverlässigkeit. Geplant ist<br />

weiterhin die Adaption der Sensorkonzepte für nachrüstbare Sensoren. Wie bisherige Ergebnisse<br />

zeigten, ist dabei die Realisierung des Stofftransports vom Beton zum nachträglich eingebauten<br />

Sensor problematisch und erfordert eingehendere Untersuchungen.<br />

Die entwickelten Chlorid-Sensormaterialien müssen hinsichtlich ihrer Langzeitstabilität verbessert<br />

werden. Im Rahmen dieser Arbeiten wird parallel der Aufbau von Sensoren mit Tests in Probekörpern<br />

erfolgen, um den Einsatz im ESB vorzubereiten. Der Einsatz fertiger Sensoren im ESB muss<br />

dann die notwendigen Informationen über die Langzeitstabilität unter realitätsnahen Bedingungen<br />

liefern.<br />

Bislang fehlt ein Sensor zum Nachweis treibender Angriffe auf den Beton, wie sie von Sulfat, Magnesium<br />

oder Calcium hervorgerufen werden. Zu diesem Zweck soll in der dritten FP ein Magnesiumsensor<br />

entwickelt werden. Der kritische Parameter bei einem solchen Sensor ist die Querempfindlichkeit<br />

des Nachweises auf Calcium. Sollte es nicht gelingen, ein calciumunempfindliches<br />

Messsystem zu etablieren, ist dieser Sensor dennoch geeignet einen treibenden Angriff zu detektieren,<br />

da eine schwankende Konzentration, gleich, ob von Magnesium oder Calcium, dennoch auf<br />

einen treibenden Angriff auf den Beton schließen lässt.


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

2.5 Literatur<br />

BERLEPSCH, H. von, KIRSTEIN, S., Böttcher, C. 2002: Effect of Alcohols on J-Aggregation of a<br />

Carbocyanine Dye. Langmuir, 18, 7699 – 7705<br />

FUHR, P. L., 1999: The Development, Installation and Initial Results of Fiber Optic Chloride Sensors<br />

Embedded into Bridge Decks. SPIE 3538, 311.<br />

GHANDEHARI, M., VIMER, C.S., 2002: An Evanescent-Field Fiber Optic Sensor for pH Monitoring<br />

in Civil Infrastructure. 15 th ASCE Engineering Mechanics Conference EM2002, paper 585, 1<br />

– 9. (siehe HTTP://civil.columbia.edu/em2002/)<br />

GHANDEHARI, M., <strong>2003</strong>a: Vortrag im Rahmen des <strong>SFB</strong>-Kolloquiums <strong>2003</strong><br />

GHANDEHARI, M., <strong>2003</strong>b: pers. Mitteilung.<br />

GROSSMANN, J., BACH, G. 1971: Stabilizing sensitizers for photographic silver halide emulsions.<br />

Patent-Nr. DD 81569<br />

HUBER, C. et al., 1999 : Overcoming the pH Dependency of Optical Sensors: A pH-independent<br />

Chloride Sensor based on Co-extraction. Anal. Chim. Acta, 398(2-3), 137-143<br />

JELLY, E.E. 1936: Spectral Absortion and Fluorescence of Dyes in the Molecular State. Nature,<br />

138, 1009 – 1010.<br />

JELLY, E.E. 1937: Molecular, nematic and Crystal States of 1,1-Diethyl-c-cyaninechloride. Nature,<br />

139, 631 – 632.<br />

KAJIKAWA, K., Takezoe, H., Fukuda, A. 1993: Orientational structure of noncentrosymmetric<br />

domain of merocyanine J-aggregates studie by surface second-harmonic generation. Chem. Phys.<br />

Lett. 205, 225 – 228.<br />

KOBAYASHI, M., HIO, T., SUZUMOTO, T. 1998: Novel methine dye and silver halide photographic<br />

photosensitive material containing it Fuji Photo Film Co., Patent-Nr. JP 10110107<br />

PAWLIK, A., KIRSTEIN, S., ROSSI, U. de, DAEHNE, S. 1997: Structural Conditions for spontaneous<br />

Generation of Optical Activity in J-Aggregates. J. Phys. Chem. B., 101(29), 5646 – 5651<br />

ROSSI, U. de, MOLL, J., SPIELES, M., BACH, G., DAEHNE, S. KRIWANEK, J., LISK, M 1995:<br />

Control of the J-Aggregation Phenomenon by Variation of the N-Alkylsubstituents. J. prakt. Chem.,<br />

337, 203 –208.<br />

SCHEIBE, G. 1936: Über die Veränderlichkeit des Absorptionsspektrums einiger Sensibilisierungsfarbstoffe<br />

und deren Ursache. Angew. Chem., 49, 563<br />

SCHEIBE, G. 1937: Über die Veränderlichkeit der Absorptionsspektren in Lösung und die van der<br />

Waalsschen Kräfte als ihre Ursache. Angew. Chem. 50, 51<br />

SCHULMANN, S.G., STURGEON, R.J. 1977: Variations of fluoreszence efficiencies of 9-(10H)-<br />

Acridones and ist 4-methoxy derivates with excited-state proton transfer in very weak acids and<br />

bases. Anal. Chim. Acta, 93, 239-247<br />

TYUTYULKOV, N. et al., 1991: Polymethine Dyes. St. Kliment Ohridski University Press Sofia,<br />

107<br />

- 162 -


- 163 -<br />

C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

URBANO, E., OFFENBACER, H., WOLFBEIS, O.S. 1984: Optical Sensors for Continuous Determination<br />

of Halides. Anal. Chem., 56, 427 – 429<br />

YAMAMOTO, Y.S. 1981: Photographic compositions and elements spectrally sensitized with new<br />

methine dyes. Eastman Kodak Co, Patent-Nr. US 4375508<br />

2.6 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />

Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahren.<br />

GRAHN † , W., WICHERN, J., WIESE, S., KOWALSKY, W., GLÜMER, A., SKERIES, B. UND<br />

BUCHHOLZ, K., 1999: Faseroptische Sensoren zur Bestimmung des Feuchtegehalts von Beton.<br />

Bauchemie von der Forschung zur Praxis (Red. F. Winnefeld); GDCh-Monographie Bd. 15 (Beiträge<br />

der 2. Tagung Bauchemie in Siegen 1999), 107-111<br />

WIESE, S., KOWALSKY, W., JANNSEN, B., JACOB, A., WICHERN, J., GRAHN † , W.,<br />

HARIRI, K., UND BUDELMANN, H., 1999: Innovative Sensors for the Assessment of Durability<br />

and Load-Capacity of Concrete Structures. Life Prediction and Aging Management of Concrete<br />

Structures (Hrsg. T. Jávor), Proc. 8th Int. Expertcentrum Conf. held by RILEM Techn. Commitee<br />

160-MLN, Bratislava, Slovakia 1999, 94-103<br />

WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J. UND GRAHN † , W., 1999: Fiberoptical Sensors for<br />

On-Line Monitoring in Concrete Structures. Proc. 2nd Int. Workshop on Structural Health Monitoring,<br />

Stanford University CA, Technomic Pub. Company Inc., Ed. Fu-Kuo Chang, Stanford CA<br />

1999, 643-650<br />

WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J. UND GRAHN † , W., 1999: Neuartige faseroptische<br />

Feuchtesensoren zur zerstörungsfreien Langzeitüberwachung von Betonbauwerken. Feuchtetag '99:<br />

Umwelt - Meßverfahren - Anwendungen, DGZfP-Berichtsband BB 69-CD, Vortrag M4, BAM,<br />

Berlin-Lichterfelde 1999<br />

WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J. UND GRAHN † , W., 2000: Fiberoptical Sensors in<br />

Concrete. Proc. XVI IMEKO World Congress IMEKO 2000, Vol. VII, Ed. A. Afjehi-Sadat, M.N.<br />

Durakbasa and P.H. Osanna, Wien, 259-264<br />

WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J. UND GRAHN † , W., <strong>2001</strong>: Fiberoptical sensors for<br />

monitoring chemical attacks on concrete structures. Proc. Micro System Technologies <strong>2001</strong>, Ed. H.<br />

Reichl, VDE Verlag, Düsseldorf, 279-284<br />

WICHERN, J., MAKEDONSKI, P., GRAHN † , W., WIESE, S. UND KOWALSKY, W., <strong>2001</strong>:<br />

Fiberoptical Sensors for an In-Situ Monitoring of Moisture and pH-Value in Reinforced Concrete.<br />

Proc. 3 rd Int. Workshop on Sructural Health Monitoring, , Stanford University CA, CRC Press LLC,<br />

Ed. Fu-Kuo Chang, Stanford CA <strong>2001</strong>, 564-574.<br />

BRANDES, M., MAKEDONSKI, P., JOHANNES, H.-H., WIESE, S., KOWALSKY, W. UND<br />

GRAHN † , W., März 2002: Fiberoptical Sensors in Concrete. 11. ITG/GMA-Fachtagung Sensoren<br />

und Mess-Systeme 2002, Ludwigsburg<br />

BRANDES, M., MAKEDONSKI, P., WICHERN, J., JOHANNES, H.-H., WIESE, S., KOWAL-<br />

SKY, W. UND GRAHN † , W., 2002: Fibreoptical In-Situ Evaluation of Corrosion Processes in<br />

Reinforced Concrete. Proceedings of the First European Workshop on Structural Health Monitoring,<br />

Paris 2002, 599-606


C1a<br />

Johannes, Kowalsky<br />

BRANDES, M., MAKEDONSKI, P., BECKMANN, M., KRÖNER, M., JOHANNES, H.-H.,<br />

WIESE, S. UND KOWALSKY, W., <strong>2003</strong>: Neue Konzepte für faseroptische Chloridsensoren in der<br />

Bauwerksüberwachung. GESA-Symposium VDI Berichte Nr. 1757, Braunschweig <strong>2003</strong>, 167-174<br />

BRANDES, M., MAKEDONSKI, P., JOHANNES, H.-H. UND KOWALSKY, W., <strong>2003</strong>: Neuartige<br />

Faseroptische Sensoren für die Überwachung von Korrosionsprozessen in Bauwerken. Kolloquium<br />

mit Workshop Innovative Feuchtemessung in Forschung und Praxis, Karlsruhe <strong>2003</strong><br />

BRANDES, M., BECKMANN, M., KRÖNER, M., MAKEDONSKI, P., WIESE, S., JOHANNES,<br />

H.-H., KOWALSKY, W., <strong>2003</strong>: New Designs of Fiber-Optical Sensors in Structural Health Monitoring.<br />

4 th Int. Workshop on Sructural Health Monitoring, Stanford CA <strong>2003</strong>, angenommen<br />

MAKEDONSKI, P., BRANDES, M., GRAHN, W., KOWALSKY, W., WICHERN, J., WIESE, S.,<br />

JOHANNES, H.-H., <strong>2003</strong>: Synthesis of a new kind of reactive azo dyes and their application for<br />

fibre-optical pH-measurements. Dyes and Pigments, eingereicht<br />

Dissertation<br />

WIESE, S., <strong>2001</strong>: Faseroptische chemische Sensoren zur Überwachung von Betonbauwerken. Dissertation,<br />

ISBN: 3-8265-9417-7, Shaker Verlag <strong>2001</strong><br />

Patent<br />

WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J., JOHANNES, H.-H. UND GRAHN † , W., <strong>2003</strong>:<br />

Verfahren zur Feuchtebestimmung, Sensor zur Durchführung des Verfahrens und Messanordnung.<br />

Deutsches Patentamt DE19942317.2<br />

- 164 -


Mikrowellensensoren und -Messtechnik<br />

für die Bauwerksüberwachung<br />

- 165 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

Prof. Dr.-Ing. A. F. Jacob, Dr. rer. nat. H.-H. Johannes, Prof. Dr. rer. nat. W. Grahn † ,<br />

Dipl.-Chem. M. Beckmann, Dipl.-Ing. T. Sokoll, Dipl. Chem.-Ing. P. Makedonski,<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

Das Teilprojekt (TP) C1b war in der zweiten Förderperiode (FP) folgenden Aufgabengebieten gewidmet:<br />

Mikrowellenfeuchtesensoren, Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen, der<br />

Brucherkennung und Bruchortbestimmung an Spannstählen, dem Aufbau eines automatisierten<br />

portablen Labor-Messsystems, sowie der Konzipierung eines integrierten Messsystems.<br />

2.1.1 Mikrowellenfeuchtesensoren<br />

Eine wichtige Grundlage zur Beurteilung des Zustandes eines Bauwerkes ist die Kenntnis der Bauwerksfeuchte.<br />

Sie ist direkt oder indirekt an vielen Schädigungsprozessen (bakterieller Angriff,<br />

Transport von Ionen) beteiligt und daher im Rahmen eines ganzheitlichen Qualitätsicherungskonzeptes<br />

von besonderem Interesse. Ein idealer Feuchtesensor zur Verwendung im Bauwesen sollte<br />

zerstörungsfrei und reversibel arbeiten, tiefenaufgelöste und wiederholbare Ergebnisse liefern,<br />

schnell auswertbar sein, und unabhängig von bauwerksrelevanten Salzen reagieren [LESCHNIK<br />

1999]. Für eine qualifizierte Feuchtemessung stehen zur Zeit jedoch lediglich gravimetrische Verfahren<br />

zur Verfügung, obwohl diese weder zerstörungsfrei arbeiten noch schnelle Ergebnisse ermöglichen.<br />

Andere Verfahren sind Calciumcarbid-Verfahren, Karl-Fischer-Titration, Thermometrie,<br />

Hygrometrie, Infrarot-Verfahren, kernphysikalische Verfahren, sowie elektrische Methoden.<br />

Bis auf die elektrischen Methoden, sind alle Verfahren entweder nicht zerstörungsfrei, sehr aufwändig<br />

oder ungenau. Bei den elektrischen Methoden wiederum muss man unterscheiden zwischen<br />

niederfrequenten (kapazitive Sensoren) und hochfrequenten (Mikrowellensensoren) Messverfahren.<br />

Der entscheidende Vorteil der Mikrowellensensoren gegenüber den kapazitiven Sensoren liegt in<br />

dem wesentlich geringeren Störpotenzial bauwerksrelevanter Salze bei hohen Frequenzen. Beide<br />

Sensorarten nutzen zur Detektion von Feuchte die hohe Dielektrizitätszahl (DK) von Wasser, die<br />

sich aus dessen polarem Aufbau ergibt. Die DK ist entscheidend bei der Ausbreitung elektromagnetischer<br />

Wellen. Ausgehend von dieser physikalischen Grundlage ergeben sich eine Reihe von<br />

industriellen Anwendungsmöglichkeiten zur Detektion von Feuchte mittels Mikrowellen. Allerdings<br />

existiert momentan noch kein geeignetes Verfahren zum Online-Monitoring von Feuchte in<br />

Bauwerken.<br />

Am Ende der ersten Förderperiode standen zur Detektion von Feuchte unterschiedliche Sensorkonzepte<br />

gemäß Abbildung 1 zur Verfügung. In der zweiten Förderperiode wurden der Helixresonator,<br />

der Koaxialsensor und der Hohlleitersensor bezüglich Aufbau und Materialauswahl weiter optimiert.<br />

Während der Hohlraumresonator bei gleicher Funktion nicht so kompakt aufzubauen ist wie<br />

der Helixresonator, ist der Transmissionssensor [SCHNEIDER et al. 2000] nur nach aufwändiger<br />

Kalibrierung auswertbar.


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

Hohlraumresonator<br />

Sensorkonzepte<br />

schmalbandig breitbandig<br />

Helixresonator<br />

Koaxial Hohlleiter Transmission<br />

Abbildung 1: In der ersten Förderperiode entwickelte Sensorkonzepte.<br />

Der Koaxialsensor zeichnet sich durch seinen einfachen Aufbau aus. Eine einfache Modellierung<br />

der Messumgebung ermöglicht zudem die Anwendung eines schnellen Algorithmus zur Extraktion<br />

der komplexen Dielektrizitätszahl (DK) aus den gemessenen Streuparametern [WIESE et al. 1999,<br />

JANNSEN et al. 2000b]. Die Ermittlung der DK lässt sowohl Aussagen über die Feuchte als auch<br />

über die vorhandene Leitfähigkeit zu. Dieser Sensortyp wurde bereits in der ersten FP in Ersatzbauwerken<br />

(ESB) erprobt und liefert seitdem Ergebnisse (siehe Abschnitt 2.3.2.2.). Bedingt durch<br />

den einfachen Aufbau kann elektromagnetische Energie abgestrahlt werden. Dieses erschwert eine<br />

genaue Feuchtekalibrierung.<br />

Aus diesem Grund erfolgte die Entwicklung des Hohlleitersensors. Der Hohlleiter ist so konzipiert,<br />

dass die elektromagnetische Welle nur mit dem zu untersuchenden Material wechselwirkt, nicht<br />

jedoch abgestrahlt wird. Eine genauere Kalibrierung ist daher möglich, auch wenn die Extraktionsalgorithmen<br />

zur Bestimmung der komplexen DK einen etwas höheren Rechenaufwand bedingen.<br />

Dieser Sensortyp wurde ebenfalls in ESB eingebracht [JANNSEN et al. 1999, JANNSEN et al.<br />

2000a].<br />

Helixhalterung<br />

Messumgebung<br />

Abstandshalter<br />

r<br />

Abbildung 2: Erste Generation des Helixsensors und zugehörige Kalibrierkurve.<br />

�f res �<br />

Zusammen mit hochempfindlichen vektoriellen Netzwerkanalysatoren (VNA), die den Reflektionsfaktor<br />

nach Betrag und Phase messen, eignen sich die o.a. Sensoren besonders zur breitbandigen<br />

Untersuchung der Materialeigenschaften. Sie erlauben daher die Ermittlung der Frequenzbereiche,<br />

in denen die nachzuweisenden Effekte besonders ausgeprägt sind. Sind diese Bereiche lokalisiert,<br />

werden die sehr empfindlichen und einfach auszuwertenden schmalbandigen Sensoren eingesetzt.<br />

- 166 -<br />

0<br />

MHz<br />

-50<br />

-100<br />

-150<br />

-200<br />

-250<br />

-300<br />

Gemessene Werte<br />

Näherung<br />

0 20 40 60 80 % 100<br />

relative Luftfeuchte ��


- 167 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

Solch ein Sensorkonzept wurde mit dem Helixsensor [JANNSEN et al. <strong>2001</strong>b, JANNSEN et al.<br />

2002a, JANNSEN et al. <strong>2003</strong>] realisiert, der aufgrund der Verwendung der Helix innerhalb eines<br />

Resonators einen sehr kompakten Aufbau ermöglicht. So besitzt der in Abbildung 2 dargestellte<br />

Sensor einen Durchmesser von nur 14 mm bei einer Länge von 12 mm. Da das sensitive Material<br />

die Helixhalterung umfasst, konnte – bedingt durch die starke Verkopplung von Helix und Umgebung<br />

- eine sehr große Verschiebung der Resonanzfrequenz erreicht werden. Diese betrug 300 MHz<br />

in einem Feuchtebereich zwischen 0 % und 100 % relativer Luftfeuchte (rel. LF) bei einer Startfrequenz<br />

von 1,9 GHz bei 0 % rel. LF. Die Anpassung bei Resonanz (lediglich ca. –2 dB) und die<br />

niedrige Güte beeinträchtigen allerdings die Empfindlichkeit. Optimierungsbedarf bestand folglich<br />

bei der Verkopplung der Helix mit dem sensitiven Material einerseits und der Koaxialspeisung andererseits.<br />

Zur Kalibrierung wurden unterschiedliche gesättigte Salzlösungen verwendet, die das gezielte Einstellen<br />

der relativen Luftfeuchte (rel. LF) ermöglichen. Aus den Kalibrierpunkten wurde durch<br />

Verwendung eines nichtlinearen Anpassalgorithmus (Levenberg-Marquardt-Methode) eine Kalibrierkurve<br />

bestimmt, wobei sich ein funktionaler Zusammenhang der Form<br />

�<br />

f<br />

�<br />

fres res<br />

B<br />

C<br />

rel. LF � A�<br />

e � C � f res �e<br />

� E � f res � F<br />

mit den anzupassenden Parametern A bis F und der Resonanzfrequenz fres als geeignet herausgestellt<br />

hat.<br />

Die Eignung der Sensoren zur Bauwerksüberwachung konnte bereits in der ersten FP gezeigt werden.<br />

Offene Fragen für die zweite FP ergaben sich insbesondere im Hinblick auf die Erweiterung<br />

der Kalibrierung. Hier sollten Temperaturabhängigkeiten überprüft und der Einfluss eventueller<br />

Alterungsprozesse erfasst werden. Diese Sensoren wurden ebenfalls im Labor und in den ESB des<br />

TP B9 getestet.<br />

2.1.2 Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen<br />

Mit den o. a. breitbandigen Sensoren können, wie beschrieben, der Real- und der Imaginärteil der<br />

DK der Messumgebung bestimmt werden. Während der Realteil bei Frequenzen oberhalb 2 GHz<br />

Rückschlüsse auf die Feuchte ermöglicht, ist der Imaginärteil bei Frequenzen unterhalb 1 GHz von<br />

der Leitfähigkeit geprägt. Letzteres wird durch die Formel<br />

�´´<br />

�<br />

�<br />

(1)<br />

r , leit<br />

(2)<br />

2�f<br />

� � 0<br />

beschrieben, wobei � die Gleichstromleitfähigkeit, f die betrachtete Frequenz und �0 die<br />

Permittivität des Vakuums darstellt. Der Imaginärteil wächst demnach linear mit der Leitfähigkeit<br />

und fällt mit steigender Frequenz hyperbolisch ab. Dieses ermöglicht die getrennte Messung von<br />

Feuchte und Leitfähigkeit mittels Mikrowellen. Die Leitfähigkeit wird bestimmt durch die<br />

Konzentration und Spezies der sich in Lösung befindlichen Ionen. Mit nur einer Messgröße (�r’’) ist<br />

die selektive Detektion mehrerer Ionenspezies grundsätzlich nicht möglich.<br />

Um dennoch selektive Messungen zu ermöglichen, wurde in der ersten FP ein neuartiger Ansatz<br />

untersucht. Es wurde ein Sensormaterial verwendet, das seine dielektrischen Eigenschaften (�r’) nur<br />

unter Einflusss einer bestimmten Ionenspezies ändern kann. Die chemische Grundlage hierfür ist<br />

das Koextraktionsprinzip [ROTHMAIER et al. 1996]. Hierbei wird ein Ionophor in eine<br />

Polymermatrix integriert. Unter Aufnahme der ensprechenden Ionen aus der Messumgebung ändert


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

sich die Polarität der Polymermatrix, was dann mikrowellentechnisch erfasst werden kann. Um den<br />

Aufbau einer Potenzialbarriere durch Anbindung nur eines Ions zu verhindern, wird ebenfalls die<br />

Aufnahme eines Gegenions chemisch ermöglicht. Die ersten Versuche, die hierzu stattfanden,<br />

wurden mit einem dem Koaxialsensor ähnlichen Prinzip verwirklicht, um eine breitbandige<br />

Auswertung zu ermöglichen. Abbildung 3 (links) zeigt den Aufbau: Die am Stecker eingekoppelte<br />

elektromagnetische Welle wechselwirkt mit der Membran. Letztere befindet sich vor einer Kurzschlussplatte,<br />

die eine Abstrahlung der elektromagnetischen Welle verhindert. Über Öffnungen in<br />

der Platte tritt die Membran in Wechselwirkung mit der Umgebung. Diese Öffnungen sind so angeordnet,<br />

dass durch sie keine Abstrahlung stattfindet. Wiederum wird der komplexe Reflektionsfaktor<br />

r zur Auswertung herangezogen. Die ersten damit erzielten vielversprechenden Ergebnisse bei<br />

Verwendung einer chloridselektiven Membran sind rechts im Bild dargestellt. Es ist eine deutliche<br />

Veränderung des Betrages des Reflektionsfaktors bei steigender NaCl-Konzentration zu<br />

verzeichnen.<br />

Messumgebung<br />

-<br />

-- -<br />

r - -<br />

- -<br />

Kurzschlussplatte<br />

Membran Eintrittlöcher<br />

Abbildung 3: Aufbau des breitbandigen Sensors mit Verwendung einer chloridselektiven<br />

Membran und die erzielten Messergebnisse.<br />

In der zweiten Förderperiode stand daher die Verifikation der Messungen an. Hier sollten insbesondere<br />

die Querempfindlichkeiten der Membran auf andere Ionenarten, sowie die Anwendbarkeit des<br />

Verfahrens auf andere Ionenspezies (SO4 2- und NH4 + ) bei Verwendung entsprechender Ionophore<br />

untersucht werden. Da die durchgeführte breitbandige Messung darüber hinaus eine besonders<br />

starke Abhängigkeit im Bereich um f = 200 MHz zeigt, bestand die Frage, ob ein auf diese Frequenz<br />

optimierter resonanter Sensor zu einer höheren Empfindlichkeit beiträgt.<br />

2.1.3 Brucherkennung und Bruchortbestimmung an Spannstählen<br />

Die Brucherkennung an Spannstählen wird zurzeit durch visuelle Überprüfung, Röntgenspektroskopie,<br />

Magnetoresonanzmessungen [HILLEMEIER et al. 2002] oder akustische Verfahren<br />

[COCHRAN et al. 2002] durchgeführt. Jedes der Verfahren beinhaltet Einschränkungen bezüglich<br />

der Zerstörungsfreiheit, der Zugänglichkeit der Spannstähle, oder der Überdeckung durch den<br />

Werkstoff. Eine weitere Methode besteht in der Verwendung kurzer elektrischer Pulse, bei denen<br />

durch Messung von Laufzeiteffekten auf eventuelle Brüche geschlossen werden kann. Allerdings<br />

weisen zeitlich kurze Pulse ein breites Frequenzspektrum auf, wodurch die Pulse auf Grund der<br />

frequenzabhängigen Verluste im Beton stark verzerrt werden, was eine Bruchortbestimmung erschwert.<br />

In dem ehemaligen Teilprojekt C5 wurde daher in der ersten FP eine neuartige Methode mittels<br />

elektromagnetischer Resonanzmessungen untersucht [BUDELMANN et al. <strong>2001</strong>, Jannsen et al.<br />

|S 11 | �<br />

- 168 -<br />

0.0<br />

dB<br />

-0.4<br />

-0.8<br />

-1.2<br />

H 2 0<br />

NaCl 2%<br />

NaCl 4%<br />

0 250 500 750 MHz 1000<br />

Frequenz �


- 169 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

2002b]. Hierbei werden einzelne Stäbe als elektromagnetisch ungeschirmte Resonatoren betrachtet.<br />

Bei Anregung der Stäbe mit einem breitbandigen elektromagnetischen Signal (30 kHz – 300 MHz)<br />

kann man aus der Differenz zweier sich ergebender Reflektionsminima �f mit der Formel<br />

l<br />

c0<br />

�<br />

2�<br />

�f<br />

�<br />

auf die Länge l des angekoppelten Stabes und somit auf einen eventuell vorhandenen Bruch schließen.<br />

Die für Simulationen notwendige theoretische Beschreibung beruht auf der Betrachtung der<br />

Spannstähle als Leitungen, auf denen elektromagnetische Wellen wandern. Es handelt sich somit<br />

um ein grundlegendes hochfrequenztechnisches Problem. Mittels der durchgeführten Simulationen<br />

konnte sehr erfolgreich der Einfluss unterschiedlicher Parameter untersucht werden. So wurde klar<br />

die gemäß Formel 3 erwartete Verschiebung der Reflektionsminima mit veränderlicher Bruchposition<br />

ermittelt. Ebenfalls konnte bei Simulation eines Bündels von 5 Stäben der Länge 8,20 m, bei<br />

dem ein Stab einen Bruch nach 6,20 m aufweist, dieser klar am Reflektionsspektrum erkannt werden.<br />

Weitere Simulationen befassten sich mit der Ankopplung des elektromagnetischen Signals in<br />

die Spannstahlanordnung. Hier wurde gezeigt, dass bei der im theoretischen Fall einfach zu realisierenden<br />

Impedanzanpassung nicht nur die Länge des angeregten Stabes, sondern auch die der benachbarten<br />

Stäbe aus dem Reflektionsspektrum detektierbar wird. Um den Messaufwand auf das<br />

Monitoring nur eines Stabes zu reduzieren, sollte daher eine geeignete Schaltung konzipiert und<br />

erprobt werden, die eine ausreichende Anpassung gewährleistet.<br />

2.2 Angewandte Methoden<br />

2.2.1 Feuchtesensoren<br />

Die bestehenden Sensoren wurden sowohl im Labor als auch in ESB getestet. Insbesondere wurde<br />

ihre Temperaturabhängigkeit und Alterungsbeständigkeit untersucht. Die gewonnenen Erkenntnisse<br />

dienten der Optimierung. Der Fokus lag auf den besonders empfindlichen resonanten Sensoren.<br />

Für die Feuchtedetektion wurden in der ersten FP als Sensorsubstanz volumenbehaftete Materialien<br />

(poröse Keramiken, Zementstein) verwendet. Der selektive Nachweis von Ionen mittels Koextraktion<br />

verlangt dagegen nach Polymeren, die sich jedoch nur in Form von Membranen herstellen lassen.<br />

Hierfür wird ein festes Polymergranulat zunächst in Lösung gebracht. Das Lösungsmittel wird<br />

anschließend kontrolliert verdampft. Die erhaltenen Membranen sind allerdings sehr dünn. Sie lassen<br />

sich deshalb – auch mit dem dafür in der ersten Förderperiode entwickelten breitbandigen Sensor<br />

(vgl. Abbildung 3) – nicht mit der erforderlichen Genauigkeit charakterisieren. Um dieses<br />

Problem zu lösen, wurden systematisch<br />

planare Resonatoren untersucht – zunächst<br />

nur mit feuchtesensitiven Poly-<br />

meren [PAWLAK et al. <strong>2001</strong>]. Ziel<br />

dieser Forschungen war es festzustellen,<br />

wie dick die auf dem Resonator<br />

aufgebrachte Membran mindestens sein<br />

muss, damit die darüber liegende<br />

Schicht (z.B. das Baumaterial) das<br />

Messergebnis nicht verfälscht. Als besonders<br />

geeignet hat sich der Ringresonator<br />

nach Abbildung 4 herausgestellt.<br />

�<br />

r<br />

Polymer<br />

Ringresonator<br />

(3)<br />

Abbildung 4: Planarer Ringresonator und aufgebrachtes<br />

Polymer.


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

Nach erfolgtem Entwurf wurde das Prinzip mit verschiedenen feuchtesensitiven Polymeren verifiziert.<br />

2.2.2 Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen<br />

Die selektive Detektion einzelner Ionenspezies mittels Mikrowellen ist ein völlig unerschlossenes<br />

Forschungsgebiet. Der hier verfolgte Ansatz basiert auf einer chemischen Substanz, die selektiv nur<br />

eine bestimmte Ionenspezies aus der Messumgebung aufnimmt und dadurch ihre dielektrischen<br />

Eigenschaften verändert. Eine solche Veränderung kann dann mikrowellentechnisch detektiert werden.<br />

Aufgrund der Neuartigkeit des Ansatzes konnte nicht auf Ergebnisse in der Literatur zurückgegriffen<br />

werden. Vielmehr wurden die unterschiedlichen chemischen Konzepte (Koextraktion und J-<br />

Aggregation) eingehend experimentell untersucht.<br />

Die Eignung von breitbandigen Mikrowellensensoren zur nichtselektiven Detektion von Ionen in<br />

Beton wurde bereits in der ersten FP gezeigt. In der zweiten FP wurde ebenfalls die Möglichkeit zur<br />

Verwendung der schmalbandigen Sensoren nachgewiesen [SOKOLL et al. 2002]. Da es sich hierbei<br />

um einen nichtselektiven Prozess handelt, wurden weiterhin systematisch unterschiedliche Filtermembranen<br />

auf ihre Eignung hin getestet, ein- und mehrwertige Ionen voneinander zu trennen,<br />

um somit zumindest eine eingeschränkte Selektivität zu erreichen.<br />

2.2.3 Brucherkennung und -ortung an Spannstählen<br />

Es wurde, wie geplant, eine Anpassschaltung konzipiert und dimensioniert. Parallel hierzu wurden<br />

die experimentellen Arbeiten aus TP C2 begleitet. So wurden Sensoren zur Messung der DK in den<br />

ESB zur Verfügung gestellt. Weiterhin umfassten diese Aktivitäten die Adaptierung der Auswerte-<br />

Software an die praktischen Erfordernisse. Hinzu kam schließlich die Unterstützung bei der Durchführung<br />

der Messungen und der Interpretation der Messergebnisse. Hierbei stellte sich heraus, dass<br />

unter praktischen Bedingungen eine Optimierung der Anpassschaltung wenig wirksam ist, denn die<br />

Ionenleitfähigkeit im Beton beeinträchtigt maßgeblich die Empfindlichkeit der Messung in den interessierenden<br />

Frequenzbereichen. Tatsächlich mussten die Modelle für die Interpretierbarkeit der<br />

Ergebnisse um diesen Effekt erweitert werden.<br />

2.2.4 Das Messsystem<br />

2.2.4.1 Automatisiertes portables System<br />

Um mit den unterschiedlichen Sensoren häufige Messungen mit vertretbarem Zeitaufwand zu ermöglichen,<br />

ist ein portables, automatisiertes Messsystem erforderlich. Ein solches System beinhaltet<br />

einen Steuerrechner, einen vektoriellen Netzwerkanalysator (VNA) und zur Vervielfachung der<br />

Messkanäle des VNA einen Koaxialschalter.<br />

Für die Programmierung der Steuersoftware wurde die Wahl der Softwareplattform mit TP C1a<br />

abgestimmt. Die Integration zu einem gemeinsamen in-situ-Messdatenerfassungssystem ist daher<br />

problemlos möglich.<br />

2.2.4.2 Konzipierung eines integrierten Systems<br />

Für die Anwendung im Bauwesen eignet sich das unter 2.2.4.1 beschriebene System nicht. Dieses<br />

liegt zum einen an den hohen Kosten der benötigten Komponenten. Zum anderen verfügen die<br />

VNA über eine Genauigkeit, die nicht zwingend erforderlich ist. Insbesondere bei der Auswertung<br />

der resonanten Sensoren ist das Messen des Reflektionsfaktors nach Betrag und Phase nicht notwendig.<br />

Eine reine Betragsmessung liefert alle erforderlichen Daten. Im Folgenden wurden daher<br />

Konzepte untersucht, bei denen die Betragsmessung unter Bauwerksbedingungen möglichst einfach<br />

- 170 -


- 171 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

und somit kostengünstig realisiert werden kann. Es wurden systematisch unterschiedliche Konzepte<br />

auf ihre Eignung zur Erzeugung und Verteilung des Mikrowellensignals, zur Datenübertragung und<br />

Integrierbarkeit hin vergleichend untersucht.<br />

2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

2.3.1 Feuchtesensoren<br />

2.3.1.1 Helixsensoren<br />

Schicht 2<br />

Schicht 3<br />

(Helixhalter)<br />

Schicht 1<br />

r<br />

Den optimierten Sensoraufbau zeigt<br />

Abbildung 5 [JANNSEN et al.<br />

<strong>2001</strong>b]. Die Schichten 1 bis 4 dienen<br />

der variablen Anpassung des Sensors.<br />

Anders als in Abbildung 2 ist die Helixhalterung<br />

hier nicht direkt in das zu<br />

untersuchende Material eingebettet.<br />

Die Ankopplung der Helix an das<br />

sensitive Material (Schicht 4) wird<br />

über die Schicht 3 verringert. Dieses<br />

bewirkt eine kleinere Verschiebung<br />

der Resonanzfrequenz, aber eine höhere<br />

Güte. Die Ankopplung der Helix<br />

an die Koaxialleitung wird über die<br />

Abstandsschicht 1 und die Verlängerung<br />

des Innenleiters der Koaxiallei-<br />

tung um e eingestellt. Durch diese Maßnahmen konnte die Empfindlichkeit des Sensors entscheidend<br />

verbessert werden. Dieses demonstriert sehr deutlich Abbildung 6. Zur besseren Vergleichbarkeit<br />

beziehen sich beide Spektren auf ihre jeweilige Resonanzfrequenz. Die Verbesserung ist so<br />

groß, dass bei Auftragung typischer Resonanzspektren der Sensoren beider Generationen in einem<br />

Diagramm das Resonanzspektrum des Sensors der ersten Generation kaum noch als solches zu erkennen<br />

ist.<br />

S 11 �<br />

0<br />

dB<br />

-2<br />

-4<br />

Helix<br />

e<br />

a b c d<br />

r min, H1 = -0,65 dB<br />

Schicht 4<br />

sensitives Material<br />

Abbildung 5: Zweite Generation des Helixsensors .<br />

-6<br />

-8<br />

Sensoren der<br />

ersten Generation<br />

-10<br />

r = -11,25 dB<br />

min, H2<br />

-12<br />

-200 -100 0<br />

zweiten Generation<br />

100 MHz 200<br />

relative Frequenz �<br />

Abbildung 6: Spektren der unterschiedlichen Sensorgenerationen.<br />

Das Eindringen von Porenlösung führte bei den Sensoren nach Abbildung 2 zu häufigen Ausfällen.<br />

Mit dem optimierten Aufbau nach Abbildung 5 konnte durch geeignetes Verspannen der Helixhalterung<br />

eine Abdichtung gegenüber der Messumgebung erreicht werden. Für die Helixhalterung


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

wurde wegen seiner hervorragenden Hochfrequenzeigenschaften Teflon verwendet. Auch bei den<br />

mechanisch stark beanspruchten Sensoren, die in den ESB getestet wurden, waren nun keine weiteren<br />

Ausfälle mehr zu verzeichnen.<br />

2.3.1.1.1 Laborversuche zu den Helixsensoren<br />

Um definierte Testbedingungen zu schaffen, wurden die optimierten Sensoren eingehend im Labor<br />

untersucht. Dafür wurden unterschiedliche Zementblöcke tiefengestaffelt mit Sensoren ausgestattet.<br />

Um die Eignung der Sensoren auch für den nachträglichen Einbau in bestehende Bauwerke zu<br />

überprüfen, wurden sie nicht nur direkt bei Betonage, sondern auch mittels Injektionspackern in den<br />

Betonblöcken befestigt (siehe Abbildung 7).<br />

PE-Rohre für<br />

PE-pipes for<br />

nachträglichen<br />

subsequent<br />

Einbau<br />

installation<br />

700 mm<br />

Mikrowellenkabel<br />

microwave cable<br />

microwave Mikrowellen-<br />

sensors sensoren<br />

Tabelle 1: Übersicht der im Labortest verwendeten Sensoren.<br />

Tabelle 1 zeigt die Art des<br />

Einbaus sowie Einbautiefe<br />

Sensorbezeichnung Block Einbautiefe Art des Einbaus (Abstand zwischen dem<br />

h1 1 10 mm direkt<br />

Boden des Betonblockes<br />

und Sensorkopf) der hier<br />

h2 2 10 mm direkt betrachteten Sensoren. In<br />

h3 1 10 mm nachträglich<br />

beiden Blöcken wurde je 1<br />

Sensor direkt bei der Beto-<br />

h4 2 5 mm / 10 mm nachträglich nage eingesetzt, während<br />

der zweite mit einem Injektionspacker<br />

in einbetonierte<br />

PE-Hüllrohre eingesetzt wurde. Die Einbautiefe betrug bei allen Sensoren bis auf h4 10 mm. Die<br />

Ergebnisse dieser Versuche sind in Abbildung 8 dargestellt. Die direkt eingebauten Sensoren h1<br />

und h2 zeigten bei Messbeginn bedingt durch den längeren Kontakt mit der Messumgebung einen<br />

hohen Feuchtewert. Der Sensor h2 detektierte zudem eine Feuchtewert oberhalb von 100 %. Dieses<br />

bedeutet, dass freies Wasser bei der Herstellung des Betonkörpers in den Sensor vorgedrungen war.<br />

Es wurden somit Feuchtigkeitswerte detektiert, die außerhalb der Kalibrierkurve liegen. Im weiteren<br />

Verlauf zeigten alle Sensoren das Austrocknen beider Blöcke an. Während die Sensoren h1, h2<br />

und h3 (gleich Einbautiefe) einen Wert von 65 � 1 % rel. LF an zeigten, ergab sich bei Sensor h4<br />

ein niedrigerer Wert, da er sich näher an der Oberfläche befand. Die Bewässerung von Block 1 nach<br />

- 172 -<br />

direct direkt<br />

subsequent<br />

nachträglich<br />

200 mm<br />

Abbildung 7: Direkt und nachträglich eingebaute Helixsensoren in Betonprobekörper.


- 173 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

115 Tagen wurde von beiden Sensoren h1 und h3 angezeigt. Der direkt eingebaute Sensor h1 kam<br />

hierbei wieder mit freiem Wasser in Berührung. Um schließlich die Funktionsfähigkeit des Sensors<br />

h4 zu kontrollieren, wurde er aus Block 2 entfernt und mit einer Einbautiefe von 10 mm in den bewässerten<br />

Block 1 verbracht. Der Sensor pegelte sich nach etwa 25 Tagen auf den gleichen Wert<br />

wie der ebenfalls nachträglich eingebaute Sensor h3 ein. Nach Beenden der Bewässerung detektierten<br />

alle im Block 1 befindlichen Sensoren den daraufhin einsetzenden Trocknungsprozess. Als Fazit<br />

dieser umfangreichen Versuche ist die Eignung der Helixsensoren zur Detektion von Feuchte in<br />

Beton festzustellen.<br />

relative Luftfeuchte ��<br />

100<br />

%<br />

75<br />

50<br />

25<br />

freies Wasser<br />

0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 d 240<br />

2.3.1.1.2 Helixsensoren in den Ersatzbauwerken<br />

Neben den Tests unter kontrollierten Bedingungen<br />

im Labor wurden die Sensoren auch<br />

in das ESB vom Typ Hohes C des TP B9<br />

eingebracht. Die Abmessungen des ESB<br />

sind in Abbildung 9 dargestellt. Das ESB<br />

wurde mit unterschiedlichen Lösungen beaufschlagt,<br />

und durch das Verspannen wurden<br />

zusätzliche Risse im Beton erzeugt. Betrachtet<br />

werden im Folgenden drei Sensoren,<br />

die tiefengestaffelt bei Einbautiefen von<br />

12 mm, 15 mm und 21 mm in die frei bewitterte<br />

Zone (siehe Markierungen in Abbildung<br />

9) des zweiten ESB vom Typ Hohes C<br />

eingebaut wurden. Der Abstand zwischen<br />

den einzelnen Sensoren betrug 10 cm. Die<br />

Sensoren wurden mittels Injektionspackern<br />

in das Bauwerk eingebracht und konnten<br />

Zeit ��<br />

Abbildung 8: Ergebnisse zu den Laborversuchen der getesteten Helixsensoren.<br />

2.20 m<br />

2 4<br />

Na SO<br />

4 3<br />

NH NO<br />

Säure<br />

1.50 m<br />

h1 (10 mm)<br />

h2 (10 mm)<br />

h3 (10 mm)<br />

h4 ( 5 / 10 mm)<br />

NaCl<br />

0.25 m 0.23 m<br />

1.00 m<br />

Abbildung 9: Beaufschlagtes und<br />

vorgespanntes Ersatzbauwerk Hohes C.<br />

0.23 m<br />

Zugang zu<br />

den Sensoren


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

somit wieder entnommen und im Labor eingehend untersucht werden. Der Einbau der ersten Helixsensoren<br />

mit optimierter Ankopplung erfolgte im September 2000. Die Sensoren wurden über einen<br />

Zeitraum von 930 Tagen getestet, bevor sie im Labor untersucht wurden. Die Ergebnisse sind in<br />

Abbildung 10 dargestellt. Nach stark unterschiedlichen Startwerten pegelten sich die Sensoren Anfang<br />

<strong>2001</strong> auf rel. LF-<br />

Werte zwischen 74 %<br />

und 87 % ein. Danach<br />

zeigte Sensor H2 deutlich<br />

andere Werte an<br />

als die Sensoren H1<br />

und H3. Die mit H2<br />

detektierte rel. LF stieg<br />

innerhalb eines Monates<br />

stark an. Die Messergebnisse<br />

lassen auf<br />

das lokale Auftreten<br />

von freiem Wasser<br />

schließen. Durch das<br />

Vorspannen des ESB<br />

bilden sich zufällig<br />

Risse aus, die Trans-<br />

rel. LF. �<br />

100<br />

%<br />

50<br />

0<br />

<strong>2001</strong><br />

freies Wasser<br />

0 200 400<br />

Zeit �<br />

600 800 d 1000<br />

Abbildung 10: Ergebnisse der Helixsensoren im ESB.<br />

- 174 -<br />

2002<br />

Sensor / Einbautiefe<br />

H1 / 21 mm<br />

H2 / 15 mm<br />

H3 / 12 mm<br />

<strong>2003</strong><br />

portkanäle für das von außen zugeführte Wasser darstellen. Sensor H2 liegt demnach im Bereich<br />

eines Risses, H1 und H3 nicht. Bei ihnen liegen die rel. LF-Werte im erwarteten Bereich, und die<br />

Sensoren reagieren tendenziell gleich. Diese Tatsache weist auf die Funktionsfähigkeit der Sensoren<br />

hin, was durch die nachträgliche Überprüfung im Labor bestätigt wurde. Bei Entnahme der<br />

Sensoren und anschließender Kontrolle im Klimaschrank zeigten alle Sensoren allerdings Abweichungen<br />

von den bei Messbeginn aufgenommenen Kalibrierkurven.<br />

� Temperatur<br />

Als Ursache für dieses Verhalten<br />

wurde die mangelnde<br />

thermische Stabilität des für<br />

die Helixhalterung verwendeten<br />

Teflons vermutet. Dieses<br />

wurde daraufhin eingehend<br />

im Labor untersucht.<br />

Dafür wurden zwei Sensoren<br />

bei konstanter rel. LF in eine<br />

Temperaturkammer ge-<br />

2.69<br />

GHz<br />

2.68<br />

2.67<br />

2.66<br />

fres Temperatur<br />

150<br />

°C<br />

100<br />

50<br />

bracht. Die Temperatur<br />

wurde in Stufen zwischen - 2.65<br />

0<br />

20 °C und 80 °C geändert,<br />

und die Resonanzfrequenz<br />

0 10 20 30 40 50 60 70d80 wurde gemessen. Das Er-<br />

Zeit �<br />

gebnis ist in Abbildung 11<br />

dargestellt. Es besteht keine<br />

Abbildung 11: Irreversibles Verhalten bei Verwendung von Teflon.<br />

Korrelation zwischen Temperatur und Resonanzfrequenz. Außerdem zeigt der Sensor kein reversibles<br />

Verhalten.<br />

f res �


Als Nächstes wurden Sensoren<br />

komplett ohne Teflon aufgebaut.<br />

Insbesondere wurden<br />

für die Helixhalterung andere<br />

Materialien verwendet. Weil<br />

die dielektrischen Eigenschaften<br />

meist nur bei 1 MHz<br />

angegeben werden, wurden<br />

die wegen ihrer günstigen<br />

thermischen Eigenschaften<br />

ausgewählten Materialien<br />

zunächst breitbandig mit dem<br />

zur Verfügung stehenden<br />

Hohlleitersensor bis 6 GHz<br />

untersucht. Es zeigte sich,<br />

dass mit den ausgewählten<br />

Materialien die Sensoren reversibel<br />

funktionierten. Ab-<br />

f res �<br />

3.03<br />

GHz<br />

3.02<br />

3.01<br />

- 175 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

3.00<br />

2.99<br />

10<br />

2.98<br />

2.97<br />

0 2<br />

fres Temperatur<br />

4 6 8 10<br />

0<br />

-10<br />

12 h 14<br />

Zeit �<br />

Abbildung 12: Reversibles Verhalten bei Verwendung einer<br />

Keramik als Helixhalter.<br />

bildung 12 zeigt stellvertretend die Ergebnisse eines Temperaturversuchs unter Verwendung einer<br />

Helixhalterung aus der Keramik C-STOCK AK-10 der Fa. Cuming Microwave Corporation.<br />

Diese Versuche bestätigen, dass Teflon für den Aufbau der Sensoren nicht geeignet ist. Die oben<br />

dargestellten Ergebnisse dokumentieren hier eine wesentliche Verbesserung, die auch für den Einsatz<br />

des Sensors im integrierten in-situ-Messsystem entscheidend ist.<br />

2.3.1.2 Ringresonator<br />

Unter einer Vielzahl von planaren Resonatoren hat sich der planare Ringresonator (vgl. Abbildung<br />

4) als besonders empfindlich herausgestellt. Die auf dem Resonator aufliegende Membran tritt<br />

in Wechselwirkung mit der Umgebung und verändert dadurch ihre dielektrischen Eigenschaften.<br />

Dies bewirkt eine Verschiebung der Resonanzfrequenz. Die Resonanzfrequenz eines solchen Resonators<br />

folgt aus:<br />

f<br />

res<br />

c<br />

� n �<br />

2�<br />

� r<br />

0<br />

m<br />

�<br />

e<br />

30<br />

°C<br />

20<br />

. (3)<br />

Hier ist c0 die Vakuumlichtgeschwindigkeit, n die Ordnung der Resonanz, rm der mittlere Radius<br />

des Ringresonators und �e die effektive DK. Letztere ist insbesondere eine Funktion der Höhe und<br />

der DK des Substrates, sowie der Eigenschaften des Polymers. Bei richtiger Dimensionierung wird<br />

sie nicht von der angrenzenden Umgebung beeinflusst. Die Ergebnisse einer systematischen Parameterstudie<br />

mittels einer Vollwellenanalyse sind in [PAWLAK et al. 2002] zusamengefasst. Als<br />

umgebendes Medium wurde willkürlich Luft angenommen, während für die Membran eine DK von<br />

4 angesetzt wurde. In Abbildung 13 ist die auf den Maximalwert �fres, max bezogene Resonanzfrequenzverschiebung<br />

�fres (�fres, rel = �fres / �fres, max) über der Dicke der Membran aufgetragen. Um<br />

auch bei dünnen Membranen eine möglichst geringe Abhängigkeit von den Umgebungseinflüssen<br />

zu gewährleisten, muss das Substrat eine hohe DK und eine geringe Dicke aufweisen – im Beispiel<br />

10,8 und 0,254 mm. Dann reicht für �fres > 0.9 �fres, max bereits eine Membrandicke von 0,5 mm.<br />

� Temperatur


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

� f res, rel �<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

0 1 2 3 mm 4<br />

h mem �<br />

Abbildung 13: Änderung der relativen Frequenzverschiebung über der Membrandicke mit der<br />

DK (links) oder der Höhe des Substrates (rechts) als Parameter.<br />

Nach dieser aufwändigen theoretischen Modellierung wurde der Sensor mittels herkömmlicher Lithografie<br />

und Ätzprozesse hergestellt und mit unterschiedlichen feuchtesensitiven Polymeren getestet.<br />

Abbildung 14 zeigt Er-<br />

gebnisse, die mit einer 0,25 mm<br />

dicken polyHEMA-Schicht erzielt<br />

wurden. Mit gesättigten<br />

Salzlösungen wurden definierte<br />

Feuchtewerte eingestellt. Der<br />

Sensor zeigte über den gesamten<br />

Feuchtebereich von 0 % bis<br />

100 % rel. LF eine Frequenzverschiebung<br />

von über 200 MHz.<br />

Die größte Empfindlichkeit liegt<br />

hierbei in dem bauwerksrelevanten<br />

Feuchtebereich zwischen<br />

60 % und 100 % rel. LF.<br />

� r, sub = 10.80<br />

� r, sub = 6.15<br />

� r, sub = 2.20<br />

f res �<br />

2.60<br />

GHz<br />

2.55<br />

2.50<br />

2.45<br />

2.40<br />

2.35<br />

� f res, rel �<br />

2.3.2 Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen<br />

2.3.2.1 Ionenselektive Sensoren<br />

Die Detektion schädigender Ionen in der Bauwerksüberwachung ist ein international vielbeachtetes<br />

Thema. Im Folgenden werden hierzu zwei neuartige Konzepte und Ergebnisse präsentiert.<br />

Es fanden umfangreiche Tests von ionenselektiven als auch ionensensitiven Membranen beziehungsweise<br />

Gels statt. Zum sensitiven Nachweis einzelner Ionenspezies mittels Mikrowellen wurde<br />

die Eignung des bekannten und vielversprechenden Prinzips der Koextraktion untersucht. Hierbei<br />

wird in eine vorzugsweise hydrophobe Membran ein ionenspezifischer Indikatorstoff eingebracht.<br />

Bei Aufnahme einer bestimmten Ionenspezies und geeigneter Gegenionen verändern sich die Polarität<br />

des Indikators und die des Ionophors und somit auch die dielektrischen Eigenschaften der<br />

Membran. Da a priori nicht bekannt ist, in welchem Frequenzbereich die größte Empfindlichkeit zu<br />

erwarten ist, wurde ein breitbandiger Sensor verwendet (siehe Abbildung 3), der von 0 bis 18 GHz<br />

einsetzbar ist.<br />

- 176 -<br />

1.0<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

h sub = 0.254 mm<br />

h sub = 1.270 mm<br />

h sub = 2.540 mm<br />

0 1 2 3 mm 4<br />

h mem �<br />

0 20 40 60 80 % 100<br />

rel. LF. �<br />

Abbildung 14: Resonanzfrequenzverschiebung über rel. LF.


- 177 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

Der Schwerpunkt der Untersuchungen zu ionensensitiven Materialien wurde auf die Chloriddetektion<br />

gelegt. Diese Gewichtung trägt dabei der Relevanz dieser korrosiv einwirkenden Spezies für<br />

die Bauwerksüberwachung Rechnung. Die ersten untersuchten Ionophore gehören zur Gruppe der<br />

Zinnorganyle, während als Indikator ein Fluorescein-Derivat verwendet wurde. Diese Ionophor-<br />

Indikator-Kombination hat sich im alkalischen Medium als nicht tauglich erwiesen. Daher wurden<br />

im nächsten Schritt aus der Literatur bekannte Organoquecksilberverbindungen untersucht<br />

[ROTHMAIER et al. 1996]. Diese sind für Anwendungen im optischen oder Mikrowellenbereich<br />

nur unter sehr hohem Aufwand zu synthetisieren. Die systematischen Testmessungen konnten trotz<br />

erwiesener Eignung des Sensoraufbaus keinen Funktionsnachweis der sensitiven Membran erbringen.<br />

Der Grund liegt wiederum in mangelnder pH-Stabilität. Es wurde somit gezeigt, dass das Prinzip<br />

der Koextraktion nicht zur sensitiven Detektion von Ionen im Mikrowellenbereich geeignet ist.<br />

In der Folge wurde das aus anderen Anwendungen bekannte chemische Prinzip der J-Aggregation<br />

Abbildung 15: Bildung (Abbau) von J-Aggregaten unter Zugabe (Abnahme) von Chloriden.<br />

auf seine Tauglichkeit für Mikrowellen untersucht [BERLEPSCH et al. 2000]. J-Aggregate entstehen<br />

durch die Ausrichtung ungeordneter polarer Monomere zu geordneten Strukturen unter der Zugabe<br />

einer bestimmten Ionenspezies (Abbildung 15). Da eine Neuordnung<br />

die Polarität des Gesamtmediums ändert, ist eine Verringerung<br />

der DK zu erwarten. Ein Vorteil dieser Methode besteht in<br />

der Möglichkeit, die zur J-Aggregation befähigten Materialien<br />

nicht nur in planaren Membranen, sondern auch in voluminöse<br />

Gels einbetten zu können. Als Wirtsmaterial wurde eine auf Polyvinylalkohol<br />

(PVA) basierende Matrix gewählt. Diese weist eine<br />

variabel einzustellende Vernetzungsstruktur auf. Das Auswaschen<br />

des sensitiven Materials kann somit gezielt verhindert werden. Die<br />

Verwendung von PVA vereinfacht den Sensoraufbau auch dahingehend,<br />

dass das entstehende Gel den Sensorkopf komplett umfasst<br />

(Abbildung 16). Ein Stofftransport entlang der Schnittstelle Sensor<br />

/ Gel kann ausgeschlossen werden. Es konnte somit auf die bestehenden<br />

Koaxialsensoren zurückgegriffen werden, welche eine mo-<br />

dellbasierte Extraktion der DK ermöglichen und somit eine physikalische<br />

Deutung der Messergebnisse zulassen. Die Herstellung<br />

des Gels bedurfte zunächst einer aufwändigen Optimierung. Hier-<br />

Abbildung 16: Messaufbau<br />

zum Test der J-Aggregate.<br />

bei stellten sich insbesondere die Parameter Molekülgewicht des PVA, die Temperatur des Herstellungsprozesses<br />

und die Konzentration des Vernetzers als entscheidende Größen heraus. Nachdem<br />

die Gels eine ausreichende Stabilität erreicht hatten, wurden systematische Versuche zur deren<br />

Charakterisierung unternommen. Die zu verändernden Parameter waren die Ionenkonzentrationen


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

sowie der pH-Wert. Die Versuche ergaben, dass der Sensor nicht nachweisbar selektiv auf Chloridionen<br />

reagierte, sondern vielmehr auf die veränderte Leitfähigkeit in Abhängigkeit der zugeführten<br />

Ionenkonzentrationen. Zur Verifikation der Messergebnisse wurden Gels ohne sensitive Materialien<br />

getestet. Die wichtigsten Ergebnisse sind in Abbildung 17 dargestellt. Wie deutlich zu erkennen ist,<br />

unterscheiden sich die Sensorantworten der mit Gels ummantelten Sensoren nur geringfügig<br />

voneinander, wobei die Tendenzen denen des unbeschichteten Sensors ähneln. Dieser Effekt wurde<br />

auch bei Beaufschlagung der Sensoren mit anderen Salzen beobachtet. Mögliche Effekte der J-<br />

Aggregate auf die DK werden offensichtlich von der DK der eindringenden Lösung überdeckt. Die<br />

maximale, für die Bildung von J-Aggregaten nicht zu überschreitende, erzielbare Konzentration an<br />

sensitivem Material ist offenbar zu gering.<br />

Realteil (DK) �<br />

80<br />

70<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

0<br />

0 20 40 60 80 h 100 0 20 40 60 80 h 100<br />

Zeit �<br />

Zeit �<br />

Abbildung 17: Real- (links) und Imaginärteil (rechts) der DK eines Gels nach<br />

Chloridbeaufschlagung.<br />

2.3.2.2 DK-Sensoren<br />

Gel+sensitives Material<br />

Gel<br />

Ohne Gel<br />

Da die chemischen Prinzipien zur ionenselektiven Detektion nicht die gewünschten Ergebnisse<br />

zeigten, wurden die bestehenden Sensorkonzepte auf ihre Eignung untersucht. Zunächst wurde ein<br />

Helixsensor für eine Resonanzfrequenz von 800 MHz dimensioniert und getestet [SOKOLL et al.<br />

2002]. Als Messgröße wurde der Betrag des Reflektionsfaktors in Resonanz herangezogen. Die<br />

Funktionalität konnte nachgewiesen werden. Änderungen der Chloridkonzentration in einer Lösung<br />

konnte im Labor mit einer Genauigkeit von 0,03 M detektiert werden. Als problematisch hat sich<br />

die mangelnde Stabilität der zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig optimierten Sensoren herausgestellt.<br />

Die Kalibrierung erwies sich in diesem Zusammenhang als eine besondere Herausforderung.<br />

Die mangelnde Stabilität verhinderte letztlich einen erfolgreichen Einsatz des Sensors in<br />

Beton wegen der dort vorherrschenden zahlreichen anderen Einflüsse.<br />

Bereits in der ersten Förderperiode wurde die prinzipielle Eignung der breitbandigen DK-Sensoren<br />

zur qualitativen Detektion von Ionen und Feuchte gezeigt [JANNSEN et al. <strong>2001</strong>a]. Im Folgenden<br />

wurde die Eignung der Koaxialsensoren zur Detektion von Ionen sowohl im Labor als auch in den<br />

ESB detailliert untersucht. Die Laboruntersuchungen umfassten typische bauwerksrelevante Salze.<br />

Der experimentelle Aufbau entspricht dem in Abbildung 16 dargestellten, wobei jedoch das Gel<br />

durch Zementstein ersetzt wurde. Zur Herstellung des Zementsteines wurde ein w/z-Verhältnis von<br />

0,45 gewählt. Die anschließende Lagerung bei einer Luftfeuchte von 100 % betrug zwei Tage gefolgt<br />

von einer viertägigen Trocknung. Der Sensor wurde sukzessive mit unterschiedlichen<br />

- 178 -<br />

Imaginärteil (DK) �<br />

400<br />

300<br />

200<br />

100


Realteil {DK} �<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

Konzentration<br />

10<br />

0 1 2 3 4 5 GHz 6<br />

Frequenz �<br />

NaCl-Lösung:<br />

0.924 M<br />

1.232 M<br />

1.848 M<br />

2.464 M<br />

3.080 M<br />

3.696 M<br />

Abbildung 18: Änderung der DK mit zunehmender<br />

Salzkonzentration.<br />

- 179 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

Ionenkonzentrationen beaufschlagt, bis<br />

sich ein Gleichgewichtszustand eingestellt<br />

hatte. Abbildung 18 zeigt<br />

deutlich den Einfluss unterschiedlicher<br />

NaCl-Konzentrationen auf den Realteil<br />

der DK bei Frequenzen bis 6 GHz.<br />

Aufgrund der Trägheit der Wassermoleküle<br />

nimmt die DK mit wachsender Frequenz<br />

ab. Eine weitere Abnahme der DK<br />

wird durch den Zusatz von Salzen erreicht.<br />

Hier lagern sich Wassermoleküle<br />

um die Ionen an und verringern somit die<br />

Beweglichkeit, was sich in einer<br />

niedrigeren DK zeigt.<br />

Koaxialsensoren wurden auch schon in der ersten Förderperiode in den ESB eingesetzt. Eine fundierte<br />

Interpretation der Ergebnisse war allerdings wegen der Rissbildung in den vorgespannten<br />

Bauwerken problematisch. Aus diesem Grund wurde das 3. ESB des TP B9 zunächst nicht verspannt.<br />

Wiederum wurden Koaxialsensoren tiefengestaffelt mit Einbautiefen von 10 mm, 25 mm<br />

und 40 mm sowohl in die frei bewitterten Flächen als auch in die mit NaCl beaufschlagten Felder<br />

installiert. Die Sensoren wurden direkt bei Betonage im Bauwerk am Bewehrungsgitter befestigt.<br />

Die Ergebnisse sind in Abbildung 19 zusammengefasst.<br />

Realteil {DK} �<br />

60<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Sensor / Einbautiefe<br />

NaCl 1 / 10 mm<br />

NaCl 2 / 25 mm<br />

NaCl 3 / 40 mm<br />

0<br />

01.02.03 01.04.03 01.06.03<br />

Datum �<br />

01.08.03<br />

0<br />

01.02.03 01.04.03 01.06.03 01.08.03<br />

Betoniert wurde am 30.01.<strong>2003</strong>. Bis Anfang Mai wurde das ESB in der Betonagehalle aufbewahrt.<br />

Die erste Messung erfolgte am 10.02.<strong>2003</strong>. Der noch nicht abgeschlossene Austrockungsprozess<br />

bewirkte tendenziell eine Abnahme der DK. In dem darauf folgenden Zeitraum bis zum Einsetzen<br />

der Bewässerung am 25.06.<strong>2003</strong> (erste Markierung in Abbildung 19) bleibt die DK weitgehend<br />

konstant. Das Einsetzen der Bewässerung führt bei dem Sensor NaCl_1 (Einbautiefe 10 mm) innerhalb<br />

von 14 Tagen zu einer Erhöhung des Realteils der DK um 11, während Sensor NaCl_2<br />

(Einbautiefe 25 mm) lediglich eine Änderung von 7 aufweist und Sensor NaCl_3 (Einbautiefe<br />

Imaginärteil {DK} �<br />

50<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

Sensor / Einbautiefe<br />

NaCl 1 / 10 mm<br />

NaCl 2 / 25 mm<br />

NaCl 3 / 40 mm<br />

Datum �<br />

Abbildung 19: Ergebnisse von drei tiefengestaffelten NaCl-Sensoren bei einer<br />

Auswertefrequenz von 100 MHz.


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

40 mm) keine Änderung zeigt. Die Erhöhung des Realteils weist auf die Existenz von Wasser hin.<br />

Dieses wird durch kapillare Saugprozesse im Beton transportiert. Dabei werden ebenfalls Ionen an<br />

die Sensoren gespült, wie die Erhöhung des Imaginärteils zeigt. Am 08.07.<strong>2003</strong> wird das Feld zusätzlich<br />

mit einer gesättigten NaCl-Lösung beaufschlagt (zweite Markierung). Durch die vorherige<br />

Bewässerung sind an dem nun einsetzenden Stofftransport keine schnellen kapillaren Saugprozesse<br />

mehr involviert, sondern konzentrationsgetriebene Diffusionsprozesse. Dementsprechend reagiert<br />

lediglich der nahe der Oberfläche positionierte Sensor NaCl_1 mit einer deutlichen Zunahme des<br />

Imaginärteils. Dieses Verhalten entspricht den Erwartungen. Unerwartet hingegen ist das weitere<br />

Ansteigen des Realteils. Denn bei der Zugabe freier Ionen in Wasser positionieren sich die Wassermoleküle<br />

zu einer Hydrathülle um die Ionen [HASTED 1973]. In Lösung führt dies zu einer<br />

Verminderung des Realteils – ein Effekt der hier, im ESB, erst am 25.07.<strong>2003</strong>, d.h. 17 Tage nach<br />

Beaufschlagung gemessen wurde. Eine Beaufschlagung mit Ammoniumnitrat und Natriumsulfat in<br />

ähnlichen Versuchen ergibt nicht diese deutlichen Änderungen der DK. Zur Klärung der offenen<br />

Fragen sind Laboruntersuchungen geplant. Das Bauwerk wird zudem weiter beobachtet, wobei<br />

insbesondere die Detektion von Chloriden durch tieferliegende Sensoren kontrolliert werden muss.<br />

Die Eignung der DK-Sensoren zur Detektion von Ionenlösungen konnte somit nachgewiesen werden.<br />

Allerdings reagieren diese nicht selektiv auf einzelne Ionenspezies. Um dennoch die Trennung<br />

einwertiger von mehrwertigen Ionen zu realisieren, wurden erste Versuche mit Nanofiltrationsmembranen<br />

und Umkehrosmosemembranen<br />

durchgeführt. Beide Arten von Filtermembranen<br />

haben sich in der Trinkwasseraufbereitung<br />

unter extremen Umweltbedingungen bewährt.<br />

Sie werden zu diesem Zweck unter hohem<br />

Druck mit dem zu reinigenden Wasser überspült.<br />

Für die Beschreibung des Durchdringens<br />

der Membran stehen entsprechende Modelle<br />

zur Verfügung. Indes existieren keine Modelle,<br />

welche die Verwendung der Membran unter<br />

drucklosen Bedingungen beschreiben. Gerade<br />

diese Bedingungen sind es aber, unter denen<br />

ein kostengünstiger, einfach handhabbarer Sen-<br />

sor für das Bauwesen vorstellbar ist. Es wurden daher sowohl Nanofiltrations- als auch Umkehrosmosemembranen<br />

unter drucklosen Bedingungen untersucht. Den Versuchsaufbau illustriert Abbildung<br />

20. In ein geschlossenes Gefäß wird eine Salzlösung definierter Konzentration gegeben. Der<br />

Durchtritt der Lösung durch die Membran wird mittels des Koaxialsensors detektiert. Um Aussagen<br />

über die durchgetretene Ionenmenge machen zu können, ist eine ionenspezifische Kalibrierung des<br />

Koaxialsensors erforderlich. Zum Funktionsnachweis wurden zum einen einmolare NaCl-Lösungen<br />

(einwertige Ionen) und Natriumsulfat-Lösungen (zweiwertige Ionen) verwen-det. Mit den Nanofiltrat-ionsmembranen<br />

konnte ledig-lich ein zeitlich begrenzter Konzentrationsunterschied festgestellt<br />

werden. Letztlich kam es jedoch stets zum kompletten Austausch der Konzentrationen. Bei<br />

Umkehr-osmosemembranen hingegen, die eine noch feinere Porenstruktur aufweisen, konnte<br />

schließlich wiederholt eine deutliche Konzentrationsdifferenz zwischen einwertigen und zweiwerti-<br />

- 180 -<br />

Lösung<br />

Membran<br />

Koaxialsensor<br />

Abbildung 20: Messaufbau zum Testen von<br />

Filtrationsmembranen.


Konzentration �<br />

1.0<br />

M<br />

0.8<br />

0.6<br />

0.4<br />

0.2<br />

0.0<br />

0 4 8 12<br />

Zeit �<br />

16 d 20<br />

Abbildung 21: Durchgang ein- und zweiwertiger Ionen durch<br />

eine Umkehrosmosemembran.<br />

sich die Selektivität auch auf andere zwei- oder höherwertige Ionen ausweiten lässt.<br />

2.3.3 Brucherkennung und -ortung an Spannstählen<br />

- 181 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

gen Ionen festgestellt werden.<br />

Bei Verwendung einer einzelnen<br />

Membran kam es bei einer<br />

einmolaren NaCl-Lösung zum<br />

vollständigen Ausgleich, während<br />

eine einmolare Natriumsulfat-Lösung<br />

lediglich bis<br />

zu einer Konzentration von<br />

0.4 M durch die Membran hindurchtritt.<br />

Weitere Versuche<br />

werden zeigen, inwieweit sich<br />

dieses Verfahren durch die<br />

Verwendung mehrerer Membranen<br />

optimieren lässt und ob<br />

Für das elektromagnetische Verfahren zur Erkennung und Lokalisierung von Brüchen ist die<br />

Kenntnis der DK des die Stäbe umschließenden Materials notwendig. Es wurden daher in Zusammenarbeit<br />

mit TP C2 insgesamt 27 Koaxialsensoren zur Bestimmung der DK eingesetzt. Die Sensoren<br />

wurde regelmäßig ausgewertet und die Ergebnisse bildeten die Grundlage weiterer Simulationen.<br />

Die Modellierung der Brucherkennung und -ortung an Spannstählen wurde in der 2. FP entscheidend<br />

vorangetrieben.<br />

Neben der Erweiterung<br />

auf beliebig viele unterschiedlicheLeitungsabschnitte<br />

wurde auch die in<br />

Beton auftretende Leitfähigkeit<br />

in das Modell integriert.<br />

Dieser Schritt<br />

hatte erheblichen Einfluss<br />

auf die weiteren Forschungen.<br />

Insbesondere<br />

stellte sich heraus, dass<br />

bei steigender Leitfähigkeit<br />

die Dämpfung zunimmt<br />

(siehe Abbildung<br />

22) und damit die Mess-<br />

S 11 �<br />

0<br />

dB<br />

-5<br />

-10<br />

-15<br />

-20<br />

-25<br />

NaCl<br />

Na 2 S0 4<br />

Leitfähigkeit<br />

0 25 50 MHz 75<br />

Frequenz �<br />

Abbildung 22: Resonanzspektren bei Variation der<br />

empfindlichkeit reduziert wird. Simuliert wurde die einfachst mögliche Anordnung bestehen aus<br />

einem Spannstahl der Länge 6,20 m. Die Leitfähigkeit wurde von 0,1 mS/m in drei Schritten um<br />

jeweils 0,1 mS/m erhöht. Der Realteil der DK wurde in dieser Simulation ohne Beschränkung der<br />

Allgemeinheit zu 1 angenommen. Der Abstand der Resonanzen bleibt nahezu konstant. In dem<br />

vorliegenden Fall liefert Gleichung 3 also auch bei leitfähiger Umgebung die richtige Länge. Dieses<br />

Ergebnis bestätigt den experimentellen Befund.<br />

Wegen der verringerten Messempfindlichkeit kann bei Anregung eines Stabes ein Bruch auf be-


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

nachbarten Stäben auch bei Optimierung der Anpassung nicht detektiert werden. Eine wichtige Erkenntnis<br />

ist also, dass die Spannstähle unter realen Bedingungen einzeln vermessen werden müssen.<br />

2.3.4 Messsystem<br />

Bei der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Sensorkonzepte und Versuche ist zur effektiven Nutzung<br />

der hochempfindlichen und daher teuren Messgeräte notwendig, über ein geeignetes Messsystem<br />

zu verfügen. In der 2. FP wurden daher für den Laboreinsatz ein vielseitiges Messsystem<br />

aufgebaut und für den Einsatz am Bauwerk mehrere integrierte in-situ-Konzepte untersucht.<br />

2.3.4.1 Automatisiertes portables Messsystem<br />

Die zur Verfügung stehenden VNA HP8753d (HP) und Sitemaster S331b (Anritsu) besitzen jeweils<br />

zwei beziehungsweise einen Messkanal. Zum Multiplexing der Messkanäle ist es daher notwendig,<br />

Koaxialschalter zu verwenden. Diese werden synchron zu dem VNA über einen Rechner gesteuert.<br />

Die selbstprogrammierte Steuerung wurde äußerst flexibel gestaltet und erlaubt das automatische<br />

Auslesen sämtlicher Messkanäle. Mittels eines integrierten Webservers kann der Steuerrechner via<br />

Internet lokal unabhängig kontrolliert werden. Das Messsystem wurde während der zweiten Förderperiode<br />

fortlaufend weiterentwickelt. Besondere Entwicklungsschritte zur erhöhten Messgenauigkeit<br />

umfassen den Entwurf einer Schaltung zur Spannungsstabilisierung der Schalt- und Versorgungsspannungen<br />

des Koaxialschalters, sowie die messkanalspezifische Kalibrierung. Letztere garantiert<br />

eine gleichbleibende Genauigkeit der Messergebnisse trotz Integration des Koaxialschalters<br />

in die Messstrecke. Zur umfassenden Sensorcharakterisierung im Labor kann ebenfalls ein Klimaschrank<br />

angesteuert werden.<br />

2.3.4.2 Konzipierung eines integrierten Messsystems<br />

Das aufgebaute automatisierte portable Messsystem eignet sich aufgrund der hohen Anschaffungskosten<br />

nicht für die Dauerüberwachung einer Vielzahl von Sensoren, die weit verstreut über ein<br />

Bauwerk angeordnet sind. Hier sind vielmehr integrierte Lösungen erforderlich. In der zweiten FP<br />

wurden daher auf unterschiedlichen Konzepten basierende Systeme untersucht.<br />

Abb.23: Ein automatisiertes Mikrowellenmesssystem bestehend aus Rechner,<br />

Netzwerkanalysator (NWA), Koaxialschalter und ggf. Klimaschrank.<br />

- 182 -


- 183 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

Als ein erfolgversprechendes Konzept hat sich der Aufbau eines skalaren Netzwerkanalysators<br />

(SNWA) herausgestellt. Skalare Netzwerkanalysatoren messen den Betrag, nicht aber die Phase des<br />

Reflektionsfaktors und sind daher einfacher zu realisieren als VNA. Der Aufbau eines integrierten<br />

SNWA in dem interessierenden Frequenzbereich der resonanten Sensoren lässt sich mit diskreten<br />

Komponenten bewerkstelligen. Der SNWA kann sowohl mittels eines Koaxialkabels an den Sensor<br />

angeschlossen und dann an der Oberfläche des Bauwerkes verbleiben oder zusammen mit dem Sensor<br />

im Bauwerk eingelassen werden. In beiden Fällen ist die Datenauswertung via Funk oder Zweidrahtleitung<br />

möglich (siehe Abbildung 24 und 25).<br />

Weiterhin wurde ein neues Konzept entwickelt, welches den resonanten Sensor als Rückkopplung<br />

für einen Verstärker nutzt und somit gezielt zu Schwingungen der Gesamtschaltung führt. Änderungen<br />

in der Resonanzfrequenz können dann mittels einer Phase-Locked-Loop-Schaltung oder<br />

durch einen einfachen Frequenzzähler ermittelt werden. Eine solche Auswerteelektronik ist aus<br />

schaltungstechnischen Gründen direkt am Sensor zu integrieren (Abbildung 25).<br />

8 cm<br />

Elektronik<br />

Messen, DFÜ<br />

Sensor<br />

Koaxialkabel<br />

Beton<br />

Abbildung 24: Sensor mit<br />

herausgeführter Auswerteelektronik.<br />

Sensor<br />

Elektronik<br />

Beton<br />

Abbildung 25: Sensor mit integrierter<br />

Auswerteelektronik.<br />

Die Realisierung jedes der hier genannten Konzepte erfordert ein hohes Maß an Integration und die<br />

besondere Berücksichtigung der aggressiven Messumgebung.<br />

2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />

Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />

Die Entwicklung von Feuchtesensoren für unterschiedliche Anwendungsgebiete ist ein aktuelles<br />

Forschungsgebiet [TRABELSI et al. <strong>2001</strong>, DASCHNER 2002], aus dem bereits viele Anwendungen<br />

für industriell genutzte Feuchtemessverfahren hervorgingen. Zur Detektion von Feuchte in<br />

Bauwerken eigenen sich Mikrowellensensoren besonders gut, da durch die richtige Auswahl der<br />

Messfrequenz Störeinflüsse durch Ionen minimiert werden können [LESCHNIK 1999]. Mikrowellensensoren<br />

werden daher sowohl bei der Herstellung von Beton als auch bei der anschließenden<br />

Überwachung genutzt. Die existierenden Forschungsarbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> befassen sich<br />

mit Sensorkonzepten, welche sich aufgrund mangelnder Zerstörungsfreiheit, ihrer Größe oder hoher<br />

Kosten nicht für das Monitoring von Bauwerken eignen [KNÖCHEL et al. 1999].<br />

Obwohl die zerstörungsfreie Detektion schädigender Ionen in Bauwerken im Fokus aktueller Forschung<br />

steht [HAEBUM et al. 2002], liegen zur Zeit nur wenige Messverfahren vor. Die selektive<br />

Detektion wird vorwiegend mittels selektiver Elektroden durchgeführt. Diese sind allerdings aufwändig<br />

zu kalibrieren, benötigen eine Referenzelektrode und verfügen über eine begrenzte Lebensdauer<br />

[ELSENER et al. 1997, SCHIEGG 2002].<br />

Die Brucherkennung und -ortung an Spannstählen mittels resonanter Mikrowellenmessungen ist<br />

neuartig und wird zur Zeit nicht von anderen Forschungseinrichtungen untersucht. Stand der Tech-


C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

nik sind vielmehr magnetische Methoden, bei denen der zu untersuchende Spannstahl durch ein<br />

externes magnetisches Feldes vormagnetisiert wird: Zur Bruchdetektion wird das vormagnetisierte<br />

Spannglied auf einen Wechsel der Polarität untersucht. Das Verfahren wird bereits in der Praxis<br />

eingesetzt, allerdings schließen sich einige Anwendungsfälle bei hoher Betonüberdeckung der<br />

Spannstähle aus.<br />

Vollautomatisierte Messsysteme zur Auswertung von Sensoren in Bauwerken sind bereits bekannt.<br />

So wurde ein Sensorsystem entwickelt, welches kapazitive Sensoren ausliest. Der kapazitive<br />

Feuchtesensor kann als verlorener Sensor in das Bauwerk integriert werden. Die Auswertung erfolgt<br />

über eine entsprechende Elektronik [SCHICKERT et al. 2002]. Nachteilig ist hierbei die<br />

Querempfindlichkeit kapazitiver Sensoren auf die Existenz von Ionen. Weiterhin wird über ein<br />

System berichtet, welches es erlaubt, Mikrowellenfeuchtesensoren breitbandig auszumessen<br />

[SACHS et al. 1999]. Das System ist allerdings trotz bereits erfolgter Integration sehr groß und entsprechend<br />

teuer in der Herstellung. Es liegt somit kein System vor, welches den spezifischen Anforderungen<br />

der hier vorgestellten Sensoren genügt.<br />

2.5 Offene Fragen<br />

Die Vielseitigkeit der hier präsentierten Ergebnisse zeigt deutlich den großen Forschungsbedarf und<br />

das große Potenzial der Mikrowellensensoren für die Bauwerksüberwachung. Es ergeben sich allerdings<br />

zahlreiche weitere Möglichkeiten für Optimierungen.<br />

2.5.1 Feuchtesensoren<br />

Die Feuchtesensoren sind weitgehend ausgereift. Zur weiteren Verbesserung sollen geeignete Materialien<br />

sowohl für die Helixhalterung, als auch für das sensitive Material untersucht und erprobt<br />

werden. Letzteres ist insbesondere auf bislang nicht berücksichtigte Hystereseeffekte zu untersuchen.<br />

Zur Ankopplung des Sensors an die integrierten Schaltungen sind ggf. weitere konstruktive<br />

Maßnahmen erforderlich.<br />

2.5.2 Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen<br />

Durch Verwendung der Umkehrosmosemembran in drucklosen Anwendungen wurde eine partielle<br />

Trennung zischen ein- und mehrwertigen Ionen erreicht. Ungeklärt ist zur Zeit, ob die Selektivität<br />

durch Verwendung mehrerer Membranen oder anderer Membranen mit leicht modifizierten Eigenschaften<br />

weiter optimiert werden kann. Offen ist weiterhin die Anwendbarkeit der Membranen in<br />

Sensorapplikationen für das Bauwesen und der Einwirkung der damit verbundenen aggressiven<br />

Messumgebung. Gegebenenfalls sind zahlreiche konstruktive Aufgaben zu lösen.<br />

2.5.3 Brucherkennung und -ortung an Spannstählen<br />

Die theoretische Modellierung ist sehr weit vorangeschritten. Bis dato noch ungeklärt ist allerdings<br />

die Anwendbarkeit der Modellierung auf reale Bauwerke, die komplexe Strukturen aufweisen können.<br />

Aus diesem Grund soll untersucht werden, inwieweit das bestehende Modell erweitert werden<br />

kann. Die Modellparameter hierfür sind aus einer komplexen und zeitaufwändigen numerischen<br />

Simulation durch eine kommerzielle Software zu gewinnen und dann in die eigene, numerisch sehr<br />

einfache Modellierung zu übernehmen.<br />

- 184 -


2.5.4 Messsystem<br />

- 185 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

Der Aufbau und die Optimierung des vollautomatischen portablen Messsystems zum Einsatz im<br />

Labor ist abgeschlossen. Im Hinblick auf das vollintegrierte System stehen mehrere, z.T. neuartige<br />

Konzepte zur Auswahl. Offen ist hier die Frage, ob eine zweidimensionale Integration ausreichend<br />

ist, oder ob vielmehr hochintegrierte dreidimensionale Schaltungstechniken zum Einsatz kommen<br />

müssen.<br />

2.6 Literatur<br />

BERLEPSCH, H., BÖTTCHER, C., QUART, A., BURGER, C., DÄHNE, S., KIRSTEIN, S.,<br />

2000: Supramolecular Structures of J-Aggregates of Carbocyanine Dyes in Solution, Journal Physical<br />

Chemistry B, 2000, 104, 5255-5262<br />

COCHRAN, S., HUTCHINS, D., GAN, T., WALSH, M., 2002: Ultrasound Measurements in Concrete<br />

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Albrechts-Universität zu Kiel, Shaker Verlag (Aachen), 2002<br />

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ISBN 4122 0980081973, 163 -174<br />

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(Poster 13) 1-9<br />

LESCHNIK, W., 1999: Feuchtemessung an Baustoffen – Zwischen Klassik und Moderne. DGZfP-<br />

Berichtsband BB 69-CD, Feuchtetag ’99, Berlin 1999, (Vortrag H2 13) 1-23<br />

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anion-selective electrodes based on mercury organic compounds as ionophores, Analytica Chimica<br />

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SACHS, J., PEYERL, P., ROßBERG, M., 1999: A New UWB-Principle for Sensor Array Application.<br />

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C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

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362<br />

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TRABELSI S., KRASZEWSKI A.W., NELSON S.O., <strong>2001</strong>: Optimizing a Universal Calibration<br />

Method for industrial Microwave Moisture Measurements. Proceedings, 4 th International Conference<br />

on Electromagnetic Wave Interaction with Water and Moist Substances, Weimar <strong>2001</strong>, 117-<br />

124<br />

2.7 Aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandene Vorträge und Veröffentlichungen der<br />

vergangenen 4 Jahre<br />

BUDELMANN, H., HARIRI, K., JACOB, A.F., JANNSEN, B., SCHNEIDER, G., WICHMANN,<br />

H.-J., <strong>2001</strong>: Detection and Localization of Fractures in Tendons by Means of Electromagnetic<br />

Resonance Measurement. Proc. 3 rd Int. Workshop on Structural Health Monitoring: the Demands<br />

and Challenges, Stanford, CA <strong>2001</strong>, 1333-1342<br />

JANNSEN, B., JACOB, A.F., 1999: Ein Mikrowellensensor zur in-situ-Messung von Feuchte in<br />

Beton. Proc. Feuchtetag ‘99, DGZfP, vol. BB 69-CD, Berlin 1999, (Poster 12) 1-7<br />

JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2000a: A Microwave-sensor for Monitoring the Moisture Content of<br />

Concrete. Proc. 5 th International Symposium on Non-destructive Testing in Civil Engineering -<br />

NDT-CE 2000, Elsevier, Tokyo, Japan 2000, 191-197<br />

JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2000b: Microwave Moisture Measurements on a Test-Building. Proc.<br />

XVI IMEKO World Congress, Wien, Österreich 2000, 239-244<br />

JANNSEN, B., JACOB, A.F., ATAEVA, A., <strong>2001</strong>a: Characterization of Ions Relevant for Concrete.<br />

Proc. 4 th International Conference on Electromagnetic Wave Interaction with Water and<br />

Moist Substances, Weimar <strong>2001</strong>, 454-461<br />

JANNSEN, B., JACOB, A.F., <strong>2001</strong>b: A Miniaturized Resonant Moisture Sensor. Proc. 31 st EuMC<br />

<strong>2001</strong>, vol. 3, London, England <strong>2001</strong>, 269-272<br />

JANNSEN, B., SOKOLL, T., GRAHN, W., JACOB, A.F., 2002a: Monitoring the Moisture Content<br />

of Buildings with Microwave Sensors. 11. ITG/GMA-Fachtagung Sensoren und Mess-Systeme<br />

2002, Ludwigsburg 2002, 111-114<br />

PAWLAK, H., JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2002: Systematic Design of Resonant Microstrip Sensors<br />

with Sensitive Coating. Microwave and Optical Technology Letters, vol. 32, no. 1, 21-25<br />

SCHNEIDER, G., JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2000: A Novel Broadband Transmission-Type<br />

Sensor. Proc. 25 th International Conference on Infrared and Millimeter Waves, Beijing, PR China<br />

2000, 449-450<br />

- 186 -


- 187 -<br />

C1b<br />

Jacob, Johannes<br />

SOKOLL, T., JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2002: A Novel Sensor Design for Measuring Ion Concentrations<br />

in Concrete Structures. 11. Feuchtetag 2002, Weimar 2002, 36-46<br />

WIESE, S., KOWALSKY, W., JANNSEN, B., JACOB, A.F., WICHERN, J., GRAHN, W.,<br />

HARIRI, K., BUDELMANN, H., 1999: Innovative Sensors for the Assessment of Durability and<br />

Load-Capacity of Concrete Structures. Proc. Intern. Conference on Life Prediction and Aging Management<br />

of Concrete Structures, Bratislava, Slowakia 1999, 94-103<br />

Dissertationen<br />

JANNSEN, B., 2002c: Mikrowellensensoren zur in-situ-Feuchtemessung in der Bauwerksüberwachung,<br />

Dissertation, Technische Universität Braunschweig, Shaker Verlag (Aachen).<br />

Patente<br />

JANNSEN, B., SCHNEIDER, G., JACOB, A.F., BUDELMANN, H., HARIRI, K., WICHMANN,<br />

H.-J., 2002b: Verfahren zur Zustandserkennung von elektrisch leitfähigen länglichen Spanngliedern.<br />

Deutsches Patent- und Markenamt, DE 101 02 577 C1 20. Juni 2002.<br />

JANNSEN, B., JACOB, A.F., <strong>2003</strong>: Resonanter Mikrowellensensor. Deutsches Patent- und Markenamt,<br />

DE 101 02 578 C2, 09. Januar <strong>2003</strong>.


- 188 -


Zustandserfassung und -beurteilung<br />

vorgespannter Zugglieder durch Monitoring<br />

Prof. Dr.-Ing. H. Budelmann, em. Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. F.S. Rostásy<br />

Dr.-Ing. K. Hariri, Dipl.-Ing. A. Holst, Dipl.-Ing. H.-J. Wichmann<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

- 189 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Vorgespannte Zugglieder findet man in allen Bereichen des konstruktiven Ingenieurbaus, u.a. bei<br />

Tragwerken des Massivbrückenbaus mit interner bzw. externer Vorspannung, bei Hänge- und<br />

Schrägseilbrücken, vorgespannten Flachdecken, Erd-, Fels-, Wand- und Gewölbeankern, Masten,<br />

Abspannungen u.a.m. Durch den Einsatz von Spanngliedern werden sehr filigrane Konstruktionen<br />

möglich. Aus der Funktion und aus dem Tragverhalten heraus resultiert die Notwendigkeit der<br />

Überwachung dieser mechanisch hoch beanspruchten Bauteile während der gesamten Nutzungsdauer.<br />

Bisher gibt es für vorgespannte Bauelemente jedoch nur unzureichende technische Überwachungsmöglichkeiten,<br />

die aus einem Defizit an adäquater Sensorik resultieren. Hierauf beruht die<br />

Intention des Teilprojektes C2 (TP C2).<br />

Das Ziel und zugleich die Herausforderung des TP C2 ist die Entwicklung, Erprobung und Optimierung<br />

eines umfangreichen Messtechnikpaketes für das Online-Bauwerksmonitoring vorgespannter<br />

Zugglieder durch Ermittlung wesentlicher Zustandsgrößen. Diese Zustandsgrößen sind:<br />

� lokale Dehnungen bzw. Spannungen,<br />

� die Stahlkorrosion (Korrosionsaktivität und -schädigung)<br />

� sowie der Bruch von Drähten und Stäben (Detektion und Ortung).<br />

Das TP C2 nutzt hierfür unterschiedliche Sensorik und Messverfahren auf der Basis der Faseroptik,<br />

der Magnetoelastik, der elektrochemischen Korrosionsstellvertretersensorik und der Mikrowellentechnik,<br />

welche ständig anwendungsorientiert weiterentwickelt werden.<br />

Die in der 1. Förderperiode (1. FP) im Labor unter einfachen Randbedingungen erprobten Messverfahren<br />

und Strategiekonzepte wurden erweitert und sind in der 2. FP zunehmend auch an größeren<br />

Versuchskörpern bzw. aufwendiger gestalteten Bauteilversuchen angewendet worden. Ziel war es<br />

dabei, die grundlegenden Verfahrenserkenntnisse auch an kleineren Bauwerksausschnitten, welche<br />

typische Schwachstellen repräsentieren, unter praxisnahen Beanspruchungen und Beaufschlagungsbedingungen<br />

zu verifizieren. Daher wurden vom TP C2 entsprechend der unterschiedlichen Aufgaben-<br />

und Zielstellungen verschiedene instrumentierte Ersatzbauwerke konzipiert und realisiert (vgl.<br />

Abschnitt 2.2.4). Zudem erfolgte der Ersteinsatz einzelner Messverfahren an Realbauten und in<br />

Freiversuchen.<br />

Über die in der 2. FP des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse wird nachfolgend<br />

berichtet.


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

2.2 Angewandte Methoden<br />

2.2.1 Spannungs- und Dehnungssensorik<br />

In der 2. Förderperiode wurden magnetoelastische Sensoren, konventionelle Dehnmessstreifen<br />

(DMS) und erstmalig faseroptische Bragg-Gitter-Dehnungssensoren zur direkten, lokalen Spannungs-<br />

bzw. Dehnungsmessung an vorgespannten Stahlzuggliedern eingesetzt.<br />

Faseroptik (Faser-Bragg-Gitter-Sensorik)<br />

Die in der 1. FP für die Dehnungsuntersuchung als Dämpfungssensoren (Microbending) und interferometrische<br />

Sensoren (SOFO) verwendeten kommerziellen Lichtwellenleitersensoren erwiesen<br />

sich für die direkte Stahlanbindung aufgrund der verwendeten mechanischen Klemmverankerung<br />

und daraus resultierender Verschiebungen bzw. Kerbeinwirkungen als ungeeignet. Als Alternative<br />

wurde nunmehr die Applikation durch Verklebung fokussiert. Am Ende der 1.FP wurden hierzu<br />

zunächst grundlegende Untersuchungen zur Formstabilität eines Epoxidklebers unter verschiedenen<br />

klimatischen Randbedingungen durchgeführt. Die Suche nach einem neuen, technisch robusten und<br />

insbesondere für die örtliche Dehnungsmessungen mit hoher Auflösung geeigneten Messsystem<br />

führte im Folgenden zu Faser-Bragg-Gitter-Sensoren (FBGS). Im Zuge dessen wurde ein neues<br />

onlinefähiges Messsystem der AOS GmbH Dresden auf der Basis von Faser-Bragg-Gitter-Sensorik<br />

aus Mitteln der Grundausstattung erworben und eingesetzt.<br />

FBGS wirken als schmalbandige, spektraloptische Filter, die Licht in einer bestimmten Wellenlänge<br />

reflektieren. Die charakteristische Bragg-Wellenlänge wird durch die Gitterperiode und den optischen<br />

Brechungsindex des Lichtwellenleiters bestimmt und ist daher von der Dehnung der Faser<br />

und der Temperatur abhängig. Die Gitter werden durch das Einschreiben von mikrostrukturierten<br />

Brechzahl-Gittern in den Kern des Lichtwellenleiters mittels UV-Laserstrahlung erzeugt. Diese in<br />

den Lichtwellenleiter integrierten Gitter dienen als optische DMS und sind gegenüber elektrischen<br />

und magnetischen Feldern unempfindlich. Mit diesem Verfahren wird eine Auflösung von etwa<br />

1 µm/m (Genauigkeit besser als 10 µm/m) bzw. 0,1 K (Genauigkeit ca. 0,5 K) erreicht, wobei die<br />

Mess- und Auswerteeinheit aus einem Spektrometer und einem PC für die Steuerung und Datenaufzeichnung<br />

besteht. Insbesondere für dynamische Untersuchungen mit bis zu 1 kHz ist dieses Messverfahren<br />

prädestiniert.<br />

Schwerpunkt der mit faseroptischen Bragg-Gitter-Extensometern durchgeführten Laboruntersuchungen<br />

war neben der Handlingserprobung vorrangig die Überprüfung der direkten Applikation<br />

dieser Lichtwellenleitersensoren am Spannstahl (Drähte und Litzen). Dabei wurde eine kontinuierliche<br />

sowie diskontinuierliche Applikation verfolgt und ein optimaler Kleber bzw. Sensorträger<br />

gesucht, wobei auf Erfahrungen aus der DMS-Applikationstechnik zurückgegriffen werden konnte.<br />

Insbesondere wurden hier maßgebende Einflussgrößen unter Berücksichtigung der Verbundeigenschaften<br />

des Systems Spannstahl-Kleber-LWL-Sensor untersucht und das Sensorverhalten bzgl.<br />

Messempfindlichkeit und Reproduzierbarkeit verifiziert.<br />

Nach grundlegenden Tastversuchen im Labor erfolgte eine erste Applikation der FBGS an einzelnen<br />

Spannstählen der Ersatzbauwerke vom Typ „Duett“ und am für externe Spannglieder konzipierten<br />

Ersatzbauwerk „Kato“. Bei den noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen am „Kato“<br />

wird die Auswirkung lokaler Spannkraftänderungen und -umlagerungen infolge Verbundwirkung,<br />

Umlenkungsreibung und Temperatureinflüssen, Keilschlupf der Spannverankerung sowie von Sekundärverformungen<br />

(Kriecheffekten) in Kurzzeit- und Langzeitversuchen verfolgt. Durch den Ein-<br />

- 190 -


- 191 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

satz in den C2-Ersatzbauwerken konnten erste Erfahrungen im Umgang der Sensoren unter praxisnahen<br />

Bauteilbedingungen gesammelt werden.<br />

Magnetoelastik<br />

Am iBMB der TU Braunschweig wurde ein magnetoelastisches Verfahren zur Spannkraftmessung<br />

von Spannstählen unterschiedlicher Art und Anordnung entwickelt und im Rahmen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-<br />

Forschungsprogramms für das Bauwerksmonitoring erweitert [WICHMANN & LAUBE <strong>2003</strong>].<br />

Der magnetoelastische Effekt beschreibt den Zusammenhang zwischen den mechanischen und<br />

magnetischen Eigenschaften ferromagnetischer Stoffe. Bei mechanischer Belastung eines ferromagnetischen<br />

Materials ändern sich auch dessen magnetische Kenngrößen, die sich mit zunehmender<br />

Zugspannung verringern.<br />

Beim verwendeten magnetoelastischen Sensor dient eine Spule zur Erregung des magnetischen Feldes<br />

und eine zweite Spule zur Aufnahme der Induktionsspannung. Beide Spulen umschließen das<br />

zu messende Spannelement, welches die Funktion eines Spulenkerns übernimmt. Ein sinusförmiger<br />

Wechselstrom wird vom Generator in die Erregerspule eingespeist und die in der Induktionsspule<br />

induzierte Spannung gemessen. Die Spitzenwerte der Induktionsspannung sowie des Erregerstroms<br />

ermöglichen dann die Berechnung der magnetischen Kenngrößen des Spannelementes. Ein Vergleich<br />

der vor Ort gemessenen magnetischen Kenngrößen mit den Ergebnissen einer in der Zugprüfmaschine<br />

durchgeführten Inertialkalibrierung ermöglicht die Berechnung der Vorspannkraft der<br />

Spannglieder. Die Temperatur wird parallel durch Messung des Ohmschen Spulenwiderstandes<br />

bestimmt und bei der Berechnung der Spannstahlkräfte berücksichtigt. Die absolute Messgenauigkeit<br />

beträgt ca. ±20 bis 30 N/mm², bezogen auf zulässige Spannstahlspannungen also bei 2 bis 4%.<br />

Das am iBMB entwickelte Verfahren arbeitet mit einem geregelten Erregerstrom, so dass nur eine<br />

Messspule benötigt wird. Die Auswertung der vier magnetischen Kenngrößen Permeabilität µr,<br />

Koerzitivfeldstärke Hc, Maximalinduktion BS und Remanenz BR ermöglicht es, die Spannkraft auch<br />

bei Stählen zu bestimmen, bei denen aufgrund der Materialeigenschaften die Auswertung von nur<br />

einer Kenngröße nicht zu einer eindeutigen Lösung führt. Dieses gilt u.a. für alle warmgewalzten<br />

und vergüteten Stähle, die z. B. für die Herstellung von Gewi-Ankern Verwendung finden.<br />

Die Messeinrichtung und Steuersoftware wurden in der 2. FP dahingehend erweitert, dass eine<br />

Dauerüberwachung der Spannkraft durch Online-Monitoring sowie ein Multiplexing von bis zu<br />

8 Sensoren möglich ist. Für die nachträgliche Instrumentierung an bestehenden Vorspanngliedern<br />

wurde eine spezielle Wickelmaschine konstruiert, mit der a posteriori an externen bzw. zugänglichen<br />

Spanngliedern die Sensorspulen in-situ hergestellt werden können [WICHMANN & LAUBE<br />

<strong>2003</strong>].<br />

Das Messverfahren der magnetoelastischen Spannkraftermittlung wird z. Z. an allen C2-Ersatzbauwerken<br />

und darüber hinaus weiterhin am B9-Ersatzbauwerk „Hohes C“ eingesetzt. Eine erste In-<br />

Situ-Applikation in der Talbrücke Meinerzhagen, welche mit Spanngliedern zur externen Vorspannung<br />

nachträglich verstärkt wurde, bestätigt die positiven Ergebnisse der zahlreichen Labor- und<br />

Bauteilversuche.


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

2.2.2 Korrosionssensorik<br />

Die Bewehrungskorrosion ist bezogen auf die Lebensdauer nach [TUUTTI 1982] in zwei Phasen zu<br />

unterteilen: die Einleitungsphase (Inkubationsphase) und die Schädigungsphase (Zerstörungsphase).<br />

Diesen beiden Phasen können zwei Monitoringstufen zugeordnet werden.<br />

1. Monitoringstufe der Korrosion<br />

In der ersten Monitoringstufe werden in der Spannstahlumgebung zunächst geeignete Messfühler<br />

(„Schnüffler“) zur In-Situ-Überwachung korrosionsbeeinflussender Parameter verwendet. Dabei<br />

werden die Feuchte, Salz- bzw. weitere Schadstoffgehalte (Chloride, Sulfate etc.), der pH-Wert<br />

(Karbonatisierung) und die Temperatur gemessen. Hierzu werden die faseroptischen und mikrowellentechnischen<br />

Sensoren der TP C1a (Kowalsky/Johannes) und C1b (Jacob/Johannes) und<br />

Weiterentwicklungen sowie konventionelle Temperaturmessfühler eingesetzt.<br />

Die C1-Chemo- und Mikrowellensensoren wurden jeweils auf ihrem aktuellen Entwicklungsstand<br />

für die 1. Monitoringsstufe in die Ersatzbauwerke des TP C2 eingebaut und Messwerte wurden ausgelesen.<br />

Dies musste bisher diskontinuierlich geschehen. Es zeigte sich, dass die erste Generation<br />

des Sensorkonzeptes der Chemosensoren bauartbedingt nicht die für langzeitiges Monitoring erforderliche<br />

Robustheit aufwies (näheres siehe Ergebnisberichte der TP C1a und C1b).<br />

Neben den C1-Sensoren wurden im TP C2 auch sogenannte Stellvertretersensoren entwickelt, die<br />

anhand einsetzender Korrosion an Ersatzelektroden tiefenabhängig das Eintreten der Korrosionsvoraussetzungen<br />

(z.B. Depassivierungsfront) anzeigen. Diese wurden in Labor- und Bauteilversuchen<br />

erprobt. Es handelt sich hierbei um kleinere, separat instrumentierte Messfühler nach folgenden<br />

zwei Bauarten:<br />

� elektrisch isolierte Spannstahlproben als Makrokorrosionselemente (Anodensensor) und<br />

� miniaturisierte Elektrodensensoren als Platinensensoren unterschiedlicher Bauform und<br />

variierender Elektrodenanzahl.<br />

Abb. 1: links: Ausschnitt eines mit Korrosionssensorik der TP C1a, C1b und C2 instrumentierten<br />

Plattenstreifens - Ersatzbauwerk „Duett“, Mitte: elektrisch isolierte Spannstahlproben als<br />

Anodensensoren mit Bezugselektrode, rechts: elektrochemischer Mini-Elektrodensensor<br />

(Platinensensor) mit 8 Elektroden auf Sensorträger (Betonabstandshalter)<br />

Diese onlinefähigen Sensoren wurden als korrosionssensitive Elemente bei den Probekörpern im<br />

Bereich der Betondeckung der untersuchten Spannstähle eingebaut und online beobachtet. Mit ihnen<br />

können nach jetzigem Erkenntnisstand der Korrosionsbeginn, die -aktivität sowie z. T. nachfolgende<br />

Korrosionsschäden tiefengestaffelt durch die Messung der Veränderung der elektrochemi-<br />

- 192 -


- 193 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

schen Systemkenngrößen Impedanz (Betonwiderstand), Potential und galvanischer Strom zwischen<br />

benachbarten Elektroden bzw. zwischen Einzelelektroden und einer tiefergelegenen Referenzelektrode<br />

diagnostiziert werden. Die in elektrische Signale umgewandelten Messgrößen werden durch<br />

einen Datalogger der Firma FLUKE online erfasst. Das Messprinzip ist nicht neu; die Innovation<br />

ist, zu kleinen, kostengünstigen, robusten, leicht und flexibel einbaubaren Sensoren mit einer, für<br />

Monitoring-Aufgaben optimierten Sensorauslegung zu kommen.<br />

Nach Vorversuchen an kleinen Laborversuchskörpern zur Determinierung genereller Korrosionseffekte<br />

in Abhängigkeit der Beaufschlagungsbedingungen erfolgte der Einsatz einzelner C2-Stellvertretersensoren<br />

als Prototypen in den vier instrumentierten Plattenstreifen des Ersatzbauwerktyps<br />

„Duett“.<br />

2. Monitoringstufe der Korrosion<br />

Die Messverfahren für die 2. Monitoringstufe der Korrosion (Zerstörungsphase) wurden auf Gutachterempfehlung<br />

in der 2. FP zurückgestellt. Außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> erfolgten jedoch weitergehende<br />

Laboruntersuchungen mit dem HF-Reflexionsverfahren auf der Basis des Skineffektes. Hierbei<br />

wird die Tatsache genutzt, dass Wechselströme mit zunehmender Frequenz bevorzugt im korrosionsgefährdeten<br />

Oberflächenbereich des Spannstahles geleitet werden. Örtliche kerbenartige Querschnittsveränderungen<br />

rufen lokale Impedanzänderungen hervor, die bei der HF-Reflexionsmessung<br />

nach Einkopplung eines breitbandigen elektromagnetischen Signals im Frequenzantwortspektrum<br />

durch lokale bzw. bereichsweise Änderungen ersichtlich werden. Dies kann zur Beschreibung<br />

des Korrosionszustandes genutzt werden. Die bei den Untersuchungen mit einfachen Spanngliedanordnungen<br />

gefundenen grundlegenden Erkenntnisse sind vielversprechend. Erste Ergebnisse sind in<br />

[HOLST et al. 2002] veröffentlicht. Aus diesem Grunde soll das Verfahren in der 3. FP wieder aufgenommen<br />

und weiterverfolgt werden. Die Anwendung für Korrosionsuntersuchungen stellt dabei<br />

eine direkte, konsequente Fortführung des HF-Bruchortungsverfahrens (vgl. Abschnitt 2.2.3) dar.<br />

2.2.3 Bruchortung<br />

Im früheren TP C5 wurde ein neues elektromagnetisches Resonanzmessverfahren zur Brucherkennung<br />

an Spannstählen entwickelt, u.a. [BUDELMANN et al. <strong>2001</strong>]. Eine elektromagnetische Welle<br />

wird dabei an einem Spanngliedende eingekoppelt, wobei die Frequenz des Signals über einen großen<br />

Bereich systematisch verändert wird. Aus dem messtechnisch bestimmten Reflexionsparameter<br />

können die Resonanzfrequenzen ermittelt werden. Die Länge des gesamten Spannglieds bzw. die<br />

Länge bis zum Bruchort ergibt sich aus der Differenz benachbarter Resonanzfrequenzen. Ein wesentlicher<br />

Vorteil des Verfahrens ist, dass eine messtechnische Kontaktierung lediglich zu einem<br />

Punkt des Spanngliedes erforderlich ist und daher das Spannglied nicht auf voller Länge „abgefahren“<br />

werden muss. Hierdurch werden auch Untersuchungen an schwer zugänglichen Spanngliedern,<br />

wie. z. B. Erdankern ermöglicht. Weitere Vorteile der Verfahrens sind:<br />

� die Kenntnis der exakten Lage der Spannbewehrung ist nicht erforderlich und<br />

� die Lagentiefe und die Ausrichtung der Spannglieder ist unerheblich.<br />

Die ggf. durch einen Bruch verkürzte Länge l des Spannstabes lässt sich dabei für den einfachen<br />

Fall eines Einzelstabes aus dem Abstand ∆f benachbarter Resonanzfrequenzen des Reflexionsparameters<br />

wie folgt berechnen:


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

c<br />

0 l= , (1)<br />

2 �� r f<br />

wobei c0 die Vakuumlichtgeschwindigkeit und εr die Dielektrizitätskonstante (DK) des umgebenden<br />

Mediums kennzeichnen.<br />

In der 1. FP wurden hierzu vom TP C5 sehr grundlegende Untersuchungen durchgeführt. Es konnte<br />

gezeigt werden, dass die Bruchortung auf der Basis der Resonanzmessung für einfache Spanngliedanordnungen<br />

in Luft- und Sandumgebung gelingt.<br />

In der 2. FP wurde das Messverfahren im TP C2 in Labor- und Bauteilversuchen an vorgespannten<br />

bzw. schlaff bewehrten Beton- bzw. Mörtelkörpern und den C2-Ersatzbauwerken weiter untersucht,<br />

[WICHMANN et al. <strong>2003</strong>]. In zahlreichen Untersuchungen wurden Einflüsse der Spannstahlumgebung<br />

sowie von Bündelspanngliedern und der umgebenden Schlaffbewehrung sowie von Hüllrohren,<br />

Spanngliedkopplungen und -verankerungen ermittelt. Zur Bestimmung der Dielektrizitätskonstante<br />

wurden i.d.R. Koaxialsensoren des TP C1b (Jacob/Johannes) eingesetzt.<br />

Die Modellierung der Spannstahlbruchortung wurde in der Kooperation vom TP C1b (Jacob/Johannes)<br />

weiterentwickelt und im Rahmen der Auswertung zur Interpretation der Versuchsergebnisse<br />

herangezogen. Für diesen Zweck wurde ein vom TP C1b zur Verfügung gestelltes Softwaretool<br />

eingesetzt.<br />

Aufgrund der guten Erfolgsaussichten, der Vorteile und der Leistungsfähigkeit des Resonanzverfahrens<br />

für die Bruchuntersuchung wurde die in der 1. FP im Ansatz verfolgte magnetische Pulstechnik<br />

als mögliches weiteres Verfahren zur Bruchdiagnose zurückgestellt.<br />

2.2.4 Ersatzbauwerke<br />

Aufgrund der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von vorgespannten Zugglieder in Bauwerken<br />

und der verschiedenen verfolgten Untersuchungsziele wurden vom TP C2 unterschiedliche realitätsnah<br />

gestaltete und beaufschlagte Versuchsbauteile, sogenannte Ersatzbauwerke, erstellt und betrieben.<br />

Diese vorgespannten Ersatzbauwerke bilden größere, maßstabsgerechte und mit typischen<br />

Schwachstellen behaftete Bauwerksausschnitte u.a. von Platten mit interner Vorspannung ohne<br />

bzw. mit sofortigem Verbund, von Bauteilen mit externer Vorspannung und von Erdankern ab<br />

[BUDELMANN & HARIRI <strong>2003</strong>].<br />

Ein erster Ersatzbauwerkstyp namens „Duett“ besteht aus zwei an den Enden gegeneinander gespannten<br />

Spannbeton-Plattenstreifen (2,75 m lang, 0,35 m breit und 0,12 m hoch) im Zustand II,<br />

wobei die Spannelemente systematisch korrosiv beansprucht werden, Abb. 2 (oben). Von den derzeit<br />

hergestellten 5 (ursprünglich waren nur 3 geplant) wurden insgesamt 4 Platten mit den Feuchte-<br />

und pH-Sensoren des TP C1a (Kowalsky/Johannes), mit DK-Sensoren des TP C1b (Jacob/Johannes)<br />

und mit den verschiedenen C2-Sensoren instrumentiert.<br />

Ferner wurde ein Ersatzbauwerk mit robustem Baukörper in Form eines 5 m langen stabförmigen<br />

Bauteiles mit U-Querschnitt projektiert, welches extern sowohl geradlinig vorgespannt als auch in<br />

der Feldmitte mit einer Sattel-Umlenkung ausgebildet werden kann. Dieses, nach dem japanischen<br />

Saiteninstrument mit „Kato“ benannte Bauteil kann wiederholt vorgespannt werden. Dort werden<br />

u.a. magnetoelastische Spannungs- und faseroptische Dehnungsmessungen durchgeführt und außerdem<br />

Korrosionsprozesse an Fehlstellen u.a. am PE-Mantel der Monolitzenspannglieder verfolgt,<br />

Abb. 2 (unten).<br />

- 194 -


- 195 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Im Stahlbetonbauteil sind zusätzlich an insgesamt 5 Betonstählen Dehnmessstreifen (DMS) und 2<br />

Temperatursensoren angeordnet, welche Aufschluss über die interne, last- bzw. temperaturabhängige<br />

Kraftumlagerung geben sollen.<br />

� Ersatzbauwerk Plattenstreifen - „DUETT“<br />

�<br />

Ansicht<br />

12<br />

5<br />

F Beaufschlagungsfläche F<br />

85 80<br />

250<br />

275 cm<br />

85<br />

12 5<br />

Querschnitt<br />

Mitte Stab 4<br />

� Ersatzbauwerk U-Kehle mit Umlenksattel - „KATO“<br />

�<br />

Draufsicht<br />

0,46<br />

4,08<br />

5<br />

Abb. 2: C2-Ersatzbauwerke - oben: „Duett“ und unten: „Kato“<br />

7<br />

0,4<br />

0,5<br />

0,4<br />

7 7 7 7<br />

1,3<br />

35 cm<br />

12<br />

Querschnitt<br />

0,4<br />

4 Spanndrähte,<br />

Ø 7mm, l=2,95m<br />

1,3<br />

0,5<br />

nom c = 3,7cm<br />

An mehreren 8,5 m bzw. 10,5 m langen instrumentierten Litzen- und Einstaberdankern, welche<br />

z. T. Fehlstellen in der PE-Ummantelung im Übergangsbereich Verpressstrecke- freie Ankerlänge<br />

aufweisen und die mit Salzlösungen unterschiedlicher Art und Zusammensetzung beaufschlagt<br />

werden, werden Ankerzugversuche bei 1,5-facher Gebrauchslast vorgenommen. Vor der In-Situ-<br />

Erstellung der Erdanker erfolgte eine Simulation mit Laboraufbauten (Horizontalanker).<br />

Für nachträgliche Bruchuntersuchungen wird eine im Fertigteilwerk hergestellte Spannbetonhohldiele<br />

der Firma BRESPA eingesetzt. An dieser werden einige der im sofortigen Verbund verlegten<br />

Spanndrähte bzw. -litzen mechanisch bzw. durch Korrosionspromotoren definiert lokal bis zum<br />

Bruch geschädigt und anschließend untersucht.<br />

Da die Versuche an den Ersatzbauwerken auch eine Beurteilung des Langzeitverhaltens und der<br />

Robustheit der verwendeten Sensorik unter den gewählten Rahmenbedingungen ermöglichen sollen,<br />

werden die Untersuchungen an allen Ersatzbauwerken auch zukünftig fortgesetzt.<br />

0,46<br />

0,4<br />

0,81<br />

0,2<br />

1,01


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

2.2.5 Online-Monitoring und Überwachbarkeit der Konstruktionen<br />

Die Methodik zur Identifizierung von maßgebenden Versagenspfaden an Betonbauteilen wurde<br />

gemeinsam mit dem Teilprojekt A1 (Hosser) an Spannbetonersatzbauwerken erprobt. Es wurde<br />

hierfür das Ersatzbauwerk „Duett“ unter Chloridangriff gewählt, um eindeutige System-, Last- und<br />

Korrosionsbedingungen zugrunde zu legen. Über die Ergebnisse wurde in [HOSSER et al. <strong>2003</strong>]<br />

berichtet. Beim untersuchten Ersatzbauwerk „Duett“ gibt es – im Gegensatz zu realen Bauwerken –<br />

nur wenige mögliche Versagenspfade, s. Abb. 3. Der wahrscheinlichste Pfad ließe sich hier auch<br />

aus der Anschauung vorhersagen, was der Überprüfung des Rechenergebnisses entgegen kommt.<br />

Nach der Methodik des TP A1 konnte der maßgebliche Versagenspfad mittels Ereignisablaufdiagrammen<br />

und Fehlerbäumen gefunden werden. Bei einem komplexen Bauwerk liegt die Anzahl der<br />

möglichen Versagenspfade um ein Vielfaches höher. In der Zukunft soll diese Methode an realen<br />

Bauwerken – wie z.B. der Herrenbrücke in Lübeck, die ja bereits überwacht wird – angewendet<br />

werden.<br />

Abb. 3: Ereignisablaufdiagramm für das<br />

Versagen des Spannbetonersatzbauwerkes<br />

„Duett“<br />

Die Herrenbrücke über die Trave (s. Abb. 4) wurde in den Jahren 1962 bis 1964 erstellt. Sie besteht<br />

aus zwei Vorlandbrücken aus Spannbeton (ca. 153 m und ca. 311 m lang) und aus einer Stahlklappbrücke<br />

(ca. 86 m lang). Aufgrund ungenügender Sorgfalt beim Verpressen der Spannglieder sind<br />

Korrosionsschäden aufgetreten. Es ist von einem Spanngliedausfall von bis zu 45% auszugehen.<br />

Derzeit befindet sich das Brückenbauwerk noch im ungerissenen Zustand. Es wird vermutet, dass<br />

sich neue Spannstahlbrüche bzw. andere Schäden in einer allmählichen Steigerung der Dehnungen<br />

und der anschließenden Bildung von Biegerissen statt einer schlagartigen Zunahme zeigen werden.<br />

Die Steigerung der Verschiebungen bzw. Dehnungen ist messtechnisch erfassbar. Für die Überwachung<br />

werden konventionelle Wegtaster und micro-bending-basierte Lichtwellenleiter verwendet.<br />

Über die Instrumentierung des Bauwerks (Ende der 1. FP des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>), die Kalibrierung und die<br />

Dauerüberwachung wurde in [HARIRI 2002] und in [HARIRI et al. <strong>2003</strong>] ausführlich berichtet. An<br />

dieser Stelle sei lediglich angemerkt, dass die Auswahl der Messorte und der Messintervalle nach<br />

Kriterien einer ingenieurmäßigen Schwachstellenanalyse erfolgte.<br />

- 196 -


Abb. 4: Seitenansicht und Photographie der Herrenbrücke in Lübeck<br />

- 197 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Nach ca. achtmonatiger Dauerüberwachung wurden Schwellwerte definiert, so dass bei häufiger<br />

(mindestens dreimaliger) Über- bzw. Unterschreitung von jahreszeitabhängigen definierten Werten<br />

ein Alarmsignal ausgelöst wird. Da eine Schwellwertüberwachung (ebenso wie eine ereignisorientierte<br />

Dauerüberwachung) keine Unterscheidung zwischen lastbedingten und temperaturbedingten<br />

Verschiebungen erlaubt, wurde der Versuch einer Separation dieser beiden Signale mittels Kalman-<br />

Filtertechnik bzw. mittels neuronalen Netzen unternommen.<br />

Der Kalman-Filter ist ein rekursiver Algorithmus, der es ermöglicht, durch lineare Differenzen-<br />

bzw. Differentialgleichungen beschriebene, verrauschte Prozesse zu filtern. Der Filter bietet die<br />

Möglichkeit, unter Berücksichtigung stochastischer Modell- und Messunsicherheiten, wie sie bei<br />

technischen Messungen unvermeidbar sind, von beobachtbaren Größen auf den Systemzustand zu<br />

schließen. Messreihen können damit von zufälligen Einflüssen aus der Umwelt und von Unsicherheiten<br />

des Modells rechnerisch befreit werden, wenn sie bestimmte Eigenschaften besitzen, auf die<br />

hier nicht weiter eingegangen wird.<br />

Neuronale Netze als Verfahren der nicht-parametrischen Regression besitzen indessen umfangreiche<br />

Anwendungsmöglichkeiten in Fragestellungen, denen unbekannte Zusammenhänge zwischen<br />

Ein- und Ausgabewerten zugrunde liegen. Sie können als auto- oder heteroassoziative Speicher u.a.<br />

zur Prognose eingesetzt werden. Gegenüber konventionellen Berechnungen bieten sie den Vorteil<br />

der Robustheit beim Ausfall einzelner Komponenten und der Unempfindlichkeit bei fehlerhaften<br />

Eingabewerten. Eine weitere wesentliche Eigenschaft ist das Lernen aus Beispielen. Die zu prognostizierenden<br />

Zusammenhänge – in diesem Fall die Separation thermischer von lastbedingten Verschiebungen<br />

– werden aus Trainingsbeispielen ermittelt.<br />

2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

2.3.1 Spannungs- und Dehnungssensorik<br />

Faseroptik (Faser-Bragg-Gitter-Sensorik)<br />

Für die direkte Messung der Spannstahldehnung mit den aus der Nachrichtentechnik bekannten<br />

FBGS sind außerhalb des SFP <strong>477</strong> noch keine Anwendungen bekannt. Daher wurden von dem<br />

TP C2 zunächst in Zusammenarbeit mit dem Hersteller, der Firma AOS GmbH in Dresden, verschiedene<br />

Applikationstechniken und Sensorträger versuchstechnisch erprobt, und eine Richtlinie<br />

für die Handhabung und das Aufbringen der Sensorelemente auf den Stahl wurde erarbeitet.<br />

Eine vollflächige, kontinuierliche Verklebung des sensitiven Faserbereiches erwies sich als sehr<br />

ungünstig und führte zu Fehlmessungen. Als geeignete Lösung für die Sensorapplikation an den<br />

Stahl wurde die direkte, unmittelbare Zweipunktverklebung der beidseitig der freien Messlänge in


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

ein profiliertes Metallschutzröhrchen (Stahlferrule) eingebetteten, entcoateten Faser gefunden. Als<br />

Verbindungsmittel wurden zunächst konventionelle, kalterhärtende Epoxidharz- und Acrylatkleber<br />

eingesetzt. Einen noch besseren Verbund weisen heißerhärtende Epoxidharze auf. Die kleberbedingten<br />

Kriechverformungen und Hystereseeffekte konnten durch diese Fügeart klein gehalten werden,<br />

wobei eine Mindestverbundlänge zwischen den Ferrulen bzw. dem Spannstahl und dem Kleber<br />

vorzusehen ist. Zum Schutz vor dem alkalisch-aggressiven Betonmilieu und vor Feuchte wurde der<br />

sensitive Gitterbereich komplett mit einem elastischen PUR-Dichtungsharz abgedeckt. Die Faser<br />

wurde vor der Verklebung mit dem Spannstahl leicht vorgespannt, wodurch auch Stauchungen<br />

messbar werden. Die Applikation erfolgte zudem erst bei höheren Laststufen mit dem Ziel, Relativmessungen<br />

durchzuführen und den Scherverbund der Klebung nicht übermäßig zu beanspruchen.<br />

In zwei Fällen sind die Sensoren beim Aufbringen einer zusätzlichen Belastung ausgefallen, wobei<br />

die Ursache für den Sensorausfall auf Klebereigenschaften, Aushärtespannungen und Mikrorisse<br />

zurückgeführt werden kann.<br />

Neben den Fragen des Handlings und der Applikation auf den Spannstahl wurde das Sensorverhalten<br />

bezüglich Robustheit, Dauerhaftigkeit und Langzeitstabilität verfolgt. Als generelles baupraktisches<br />

Problem stellte sich dabei die Filigranität der LWL-Faser heraus, die durch einen zusätzlichen,<br />

werksmäßigen Schlauchschutz (Buffer) und die Anordnung einer elastischen Schutzummantelung<br />

kompensiert werden kann. Durchstoßpunkte im Bereich der Bauwerksoberkante sind separat<br />

zu schützen (Knickschutz).<br />

Bei Vorspannlitzen ergibt sich aufgrund der Verseilung der außenliegenden Drähte das Problem der<br />

Verwindung und der erforderlichen achsgetreuen Messausrichtung des Sensorelementes. Die Planparallelität<br />

konnte durch die Anordnung einer zusätzlichen Klemmschelle im Bereich der über Klebung<br />

an die Litze befestigten Ferrulen sichergestellt werden. Generell sollte eine kürzere Messbasis<br />

aufgrund der in der Baupraxis auftretenden parabelförmigen Spanngliedverläufe bevorzugt werden.<br />

Eine akkurate Ausrichtung der Messfaser und der Ferrulen ist für den Messerfolg äußerst wichtig.<br />

Bezüglich der Längsachse des Spannstabes gibt es nach [VDI/VDE-IT <strong>2001</strong>] einen neutralen Winkel,<br />

bei dem sich die Effekte der Längsdehnung und der Querkontraktion aufheben und die Länge<br />

der Linie bei Stabdehnung konstant ist. Dieser Winkel φ ergibt sich aus der Beziehung<br />

tan �� �� 0,3<br />

(2)<br />

und resultiert für Stahl zu ca. 29°. Wird dieser Grenzwinkel über- bzw. unterschritten, so wird die<br />

LWL-Faser gestaucht bzw. gedehnt. Unter diesem Winkel sind Querbiegungs- und Temperatureinflüsse<br />

messbar, was insbesondere für Litzen wichtig ist. Entsprechende Versuche sind noch nicht<br />

abgeschlossen.<br />

Die in anderen Anwendungsgebieten, z.B. im Flugzeugbau, bereits verwendete Nutzung mehrerer<br />

hintereinanderliegender Messsegmente unterschiedlicher Gitterkonstante (Bragg-Wellenlänge) innerhalb<br />

einer LWL-Faser erwies sich aufgrund der erforderlichen Voraussetzungen bzgl. Auslesetechnik,<br />

Herstellung und aus praktischen Erwägungen jedoch als nicht sinnvoll.<br />

Zur Verifikation wurden die faseroptischen FBGS neben magnetoelastischen Sensoren und konventionellen<br />

DMS zur Online-Überwachung der Spannstahlzugkraft u.a. an den Ersatzbauwerken<br />

vom Typ „Duett“ erfolgreich eingesetzt. Die Dehnung wurde hierbei durch eine automatische<br />

Mess- und Auswerteeinheit online überwacht.<br />

Als weitere, konventionelle Messaufnehmer wurden an den Spannstählen einzelner Versuchsbauteile<br />

sowie an den Ersatzbauwerken „Kato“ und „Duett“ Dehnmessstreifen (DMS) angeordnet, wel-<br />

- 198 -


- 199 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

che als Referenz und zur Verifikation der anderen Dehnungs- bzw. Spannungsaufnehmer dienen.<br />

Diese Sensoren wurden in ähnlicher Form wie die FBGS appliziert und geschützt. Hierbei wurden<br />

u.a. Fragen der Langzeitstabilität und möglicher Schutzmaßnahmen der im Dünnfilmverfahren verklebten<br />

DMS nachgegangen.<br />

In Abb. 5 ist als exemplarisches Messergebnis eine 24h-Messung in Form eines Vergleichs der verschiedenen<br />

an einem Plattenstreifen applizierten Spannungs- bzw. Dehnungssensorik (FBGS, DMS<br />

und magnetoelastische Sensorik) für einen instrumentierten Spanndraht abgebildet. Insgesamt erfahren<br />

die magnetoelastischen und die faseroptischen Messaufnehmer im Gegensatz zu den DMS<br />

etwas größere, auf die Temperaturänderung zurückführende Schwankungen.<br />

Spannkraft [kN]<br />

24<br />

23<br />

22<br />

21<br />

20<br />

19<br />

18<br />

15<br />

11:00 13:00 15:00 17:00 19:00 21:00 23:00 1:00 3:00 5:00 7:00 9:00 11:00<br />

Magnetoelastik<br />

ME Stab 3 rechts<br />

FBGS Stab 3 links<br />

DMS Stab 3 links<br />

Temperatur<br />

1 2 3 4<br />

35 cm<br />

Uhrzeit<br />

Abb. 5: Vergleich der mit magnetoelastischen Spulensensoren (ME), Faser-Bragg-<br />

Gittersensoren (FBGS) und mit Dehnmessstreifen (DMS) am Ersatzbauwerk<br />

„Duett“- Plattenstreifen 9 am 21./22.7.<strong>2003</strong> ermittelten Spannstahlkraft des Stabes 3<br />

(Durchmesser 7 mm, glatt) unter Temperatureinwirkung<br />

Durch Erweiterung des Messsystems der magnetoelastischen Spannkraftmessung wurde die Multiplexing-<br />

und die Onlinefähigkeit von bis zu 8 Spulensensoren realisiert. So konnten die Sensoren<br />

auch für das Dauermonitoring an allen C2-Ersatzbauwerken eingesetzt werden.<br />

Abb. 6 zeigt die Tagesganglinie von vier magnetoelastischen Kraftsensoren im Spannbeton-Plattenstreifen<br />

9 sowie die zugehörige Bauteiltemperatur. Die maximalen, durch Temperaturverformung<br />

des Bauteils bedingten Änderungen der Vorspannkraft betrugen ca. 2 kN, das sind 9...13,5% der<br />

Vorspannung. In Abb. 5 wurde bereits eine vergleichende Messwertdarstellung der in diesem Ersatzbauwerk<br />

im Beobachtungszeitraum eingesetzten Dehnungssensorik gegeben. Das magnetoelastische<br />

Verfahren erweist sich als ausgezeichnet langzeitstabil und kann daher generell als Referenzmessverfahren<br />

eingesetzt werden. Dies geschieht u.a. am Ersatzbauwerk „Kato“, bei dem Lastumlagerungen<br />

online überwacht werden.<br />

12<br />

50<br />

45<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

Temperatur [°C]


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Spannkraft [kN]<br />

25<br />

60<br />

55<br />

20<br />

50<br />

45<br />

15<br />

40<br />

35<br />

10 ME Stab 1 rechts<br />

30<br />

5<br />

0<br />

ME Stab 2 links<br />

ME Stab 3 rechts<br />

ME Stab 4 links<br />

Temperatur<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

11:10 13:10 15:10 17:10 19:10 21:10 23:10 1:10 3:10 5:10 7:10 9:10 11:10<br />

Uhrzeit<br />

Abb: 6: Tagesganglinie der magnetoelastischen Spannkraftmessung an den 4 Spanndrähten des<br />

Ersatzbauwerkes „Duett“- Plattenstreifen 9 am 21./22.7.<strong>2003</strong><br />

Für das TP B9 (Budelmann/Schmidt-Döhl) werden an einem extern vorgespannten Ersatzbauwerk<br />

des Typs „Hohes C“ fortlaufende diskontinuierliche Spannkraftmessungen durchgeführt. Diese geben<br />

im Zusammenhang mit der Rissentwicklung Informationen zum Gesamtzustand.<br />

Eine erste In-Situ Applikation an der Talbrücke Meinerzhagen, welche mit Spanngliedern zur externen<br />

Vorspannung nachträglich erweitert wurde, ist erfolgreich durchgeführt worden, s. [WICH-<br />

MANN & LAUBE <strong>2003</strong>]. Ein weiterer In-Situ-Einsatz ist im Laufe dieses Jahres geplant.<br />

Die angestrebte, veränderte ringförmige Ankerkopfausbildung der Erdanker, welche das Ziel hatte,<br />

nachträglich eine Stahlmagnetisierung zur magnetoelastischen Spannkraftmessung durchzuführen,<br />

hat sich aus baupraktischen Gründen als ungünstig erwiesen (größerer erforderlicher Bohrdurchmesser,<br />

u. U. Probleme mit dem Lastabtrag im Bereich des Ankerkopfes).<br />

2.3.2 Korrosionssensorik der 1. Monitoringstufe<br />

Auf die Ergebnisse zur Erprobung der C1a- und C1b-Sensorik wird hier nicht eingegangen, es wird<br />

auf die Ergebnisberichte der Partnerprojekte verwiesen. Da bisher noch keine anwendungsreifen<br />

Chloridsensoren von den <strong>SFB</strong>-Partnerprojekten zur Verfügung gestellt werden konnten, erfolgt der<br />

Einsatz dieser Sensorik an den C2-Ersatzbauwerken erst zu einem späteren Zeitpunkt.<br />

Ein Merkmal der im TP C2 entwickelten elektrochemischen Stellvertretersensorik ist, dass im Unterschied<br />

zu den C1-Sensoren nicht stahlbenachbarte Korrosionsvoraussetzungen detektiert werden,<br />

sondern Stahlkorrosion selbst nach Ort, Art und Intensität beobachtet werden.<br />

Die ersten, mit der C2-Stellvertretersensorik an kleineren Versuchskörpern und innerhalb 1,5-jähriger<br />

Nutzung an den Ersatzbauwerken gesammelten Erfahrungen führten zu folgenden Erkenntnisse<br />

zu.<br />

Miniaturisierte Elektrodensensoren (Platinensensoren): Verwendet werden Platinen, auf denen<br />

unterschiedliche Metalle als Streifenelektroden nebeneinander angeordnet sind, wobei zwischen<br />

benachbarten Elektroden Impedanzmessungen (bei Verwendung gleicher Metalle, z.B. Kupfer) oder<br />

Potential- bzw. Strommessungen (bei unterschiedlichen Metallen, z.B. Kupfer-Eisen-Kombination)<br />

erfolgen, vgl. Abb. 1. Die mittels Datalogger gemessene Impedanz ist aufgrund des kapazitiven<br />

Verhaltens des Analogteils des Datenloggers nicht direkt in die Größe „Betonwiderstand“ umrechenbar.<br />

Der aufgezeichnete Impedanzwert gibt jedoch einen grundsätzlichen Anhaltswert über die<br />

Veränderung des Betonwiderstandes.<br />

- 200 -<br />

Temperatur [°C]


- 201 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Unbedingt zu beobachten ist, dass die gemessenen elektrochemischen Größen von der Temperatur<br />

und der Feuchte abhängen. Hierzu gibt es jedoch bereits verschiedene Kompensationsansätze und<br />

Untersuchungen wurden durchgeführt. Mit der bei Temperaturerhöhung zunehmenden Beweglichkeit<br />

der Ionen in der Porenlösung ist eine Abnahme des Betonwiderstandes verbunden. Aufgrund<br />

dieser Abhängigkeit ist eine Temperaturkompensation auf der Grundlage des expotentiellen Arrheniusansatzes<br />

möglich, wobei generell Tagestemperaturmittelwerte nach einer Vorabeliminierung<br />

statistischer Ausreißer verwendet werden, [SCHIEGG 2002]. Bei stärkerem Frost erfolgt in den<br />

Betonporen die Eisbildung, was aufgrund der isolierenden Wirkung zu einem Anstieg des Betonwiderstandes<br />

führt. Dieser Effekt konnte auch an den Ersatzbauwerken beobachtet werden.<br />

Aufgrund der komplexeren Abhängigkeit des Korrosionsstromes von Temperatur und auch der<br />

Feuchtigkeit sowie aufgrund des erhöhten messtechnischen Aufwandes wurde bei den bisherigen<br />

Untersuchungen der galvanische Strom als direkt, den Korrosionsabtrag am Stahl kennzeichnenden<br />

Parameter vorerst nicht herangezogen.<br />

Zum Verbundverhalten zwischen Sensor und umhüllendem Beton wurden im Labor grundlegende<br />

Untersuchungen an kleinen Mörtel- und Betonprobekörpern durchgeführt, wobei nachträglich anhand<br />

von Dünnschliffen keine Verbundprobleme festgestellt werden konnten. Unter anderem auch<br />

die Wahl der Isolationsmedien an den Kabelanschlusspunkten und die Art der In-Situ-Applikation<br />

wurde im Labor in Zusammenarbeit mit dem TP B9 (Budelmann/ Schmidt-Döhl) versuchstechnisch<br />

überprüft und optimiert. Anschließend erfolgte der Einsatz von einzelnen Prototypen an den instrumentierten<br />

Plattenstreifen des Ersatzbauwerkes „Duett“, vgl. Abb. 7. Es konnten z.B. der Hydratationsprozess<br />

und der Feuchtehaushalt (Austrocknung bzw. Beaufschlagung) registriert werden.<br />

Der Mini-Elektrodensensor (Platinensensor) bietet zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise<br />

auch für die korrosionsrelevante Aufzeichnung von Regenereignissen an der Betonoberfläche.<br />

Impedanz [Ohm]<br />

50000<br />

40000<br />

30000<br />

20000<br />

10000<br />

0<br />

1. Ebene- 2,2cm tief<br />

2. Ebene- 2,7cm tief Beauf-<br />

3. Ebene- 3,2cm tief schlagungs<br />

Temperatur<br />

beginn<br />

Ablassen<br />

Spannkraft<br />

Betonage<br />

Umdrehen<br />

der Platte<br />

Belastung<br />

(Risse)<br />

28.2.02 28.3.02 25.4.02 23.5.02 20.6.02 18.7.02 15.8.02<br />

Datum<br />

Abb. 7: Ersatzbauwerk „Duett“, mit 6%iger NaCl-Lösung intermittierend<br />

beaufschlagte Platte 3- Mini-Elektrodensensor (Multisensor)-Cu-Cu-Variante: temperaturkompensierte<br />

Impedanzen, ab 29.5.2002 Lagerung im Freien<br />

40<br />

30<br />

20<br />

10<br />

0<br />

-10<br />

-20<br />

-30<br />

-40<br />

Temperatur [°C]


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Elektrisch isolierte Spannstahlproben als Makrokorrosionselemente (Anodensensoren): Bei<br />

diesen Sensoren wird zwischen den im Bereich der Betondeckung angeordneten Spannstahlproben<br />

(Anoden) das elektrochemische Potential (Spannung) bzgl. einer Referenzelektrode (Kathode) und<br />

alternativ der Korrosionsstrom aufgezeichnet. Hierdurch ist der Durchbruch der Passivierungsschicht<br />

und das frühe Korrosionsstadium an den verwendeten Spannstahlanoden überwachbar.<br />

Das Korrosionspotential besitzt im Gegensatz zum Betonwiderstand keine ausgeprägte Temperaturabhängigkeit,<br />

jedoch kann eine Beeinflussung durch umgebende Korrosionsfelder erfolgen (Ohmscher<br />

Spannungsabfall). Am Bauwerk variieren die Potentialdifferenzen mit der unterschiedlichen<br />

Lage und in Abhängigkeit des Korrosionszustandes der Elektroden und der umgebenden Bewehrung.<br />

In Abb. 8 sind exemplarisch die während einer Dauermessung des relativen, d.h. bezogenen<br />

Potentialbetrages zwischen den in unterschiedlicher Tiefe verlegten Spannstahlanoden und der tiefergelegenen<br />

Kupferkathode eines permanent chloridbeaufschlagten Versuchskörpers dargestellt.<br />

Große vertikale Sprünge kennzeichnen die Korrosionsaktivierung bzw. –fortschritt an der jeweiligen<br />

Anode.<br />

rel. Spannung [V]<br />

0.5<br />

0.45<br />

0.4<br />

0.35<br />

0.3<br />

0.25<br />

0.2<br />

0.15<br />

0.1<br />

0.05<br />

0<br />

Fe-Anode 1- 2cm tief<br />

Fe-Anode 2- 3cm tief<br />

Fe-Anode 3- 4cm tief<br />

NaCl-Lsg.<br />

30.6 28.7 25.8 22.9 20.10 17.11 15.12 12.1 9.2 9.3 6.4 4.5 1.6 29.6 27.7<br />

Datum<br />

Abb. 8: Makrokorrosionssensor (Anodensensor) im seit dem 16.7.2002 permanent mit gesättigter<br />

Kochsalzlösung beaufschlagten Versuchskörper im Normklima: gemessene, normierte<br />

relative Spannung (Potentialbeträge) zwischen den 3 Einzelanoden und der tieferliegenden<br />

Kupferkathode<br />

Für alle hier vorgestellten Sensoren gilt, dass die Interpretation der Messsignale nicht trivial ist. An<br />

der Verbesserung der Mess- und Auswertealgorithmen wird gearbeitet. Zum Verständnis der Messsignale<br />

und der Abhängigkeit der Messgrößen von Umweltparametern sind weitergehende Betrachtungen<br />

auch experimenteller Art erforderlich, die bereits begonnen wurden. Ziel ist die Beurteilung<br />

der Korrosionsgefahr unter Beachtung der gegenseitigen Wechselwirkungen und die Festlegung<br />

von Alarm- bzw. Schwellwerten korrosionsrelevanter Parameter.<br />

Zu den Untersuchungen wird nach dem Auftreten signifikanter Messsignale an den chlorid-beaufschlagten<br />

Ersatzbauwerken „Duett“, welche beispielsweise auf die Korrosionsaktivierung schließen<br />

lassen, tiefenabhängig der Chloridgehalt an Bohrmehlproben bestimmt. Dies ist für die Messwertinterpretation<br />

von Bedeutung. Die gemessenen Chloridgehalte dienen auch als Eingangs-wert für<br />

die adaptive Modellierung des Chloridangriffs durch TP B9 (Budelmann/Schmidt-Döhl) am Ersatzbauwerk.<br />

Ergänzend wird an einigen Versuchskörpern im Einzelfall die konventionelle Potentialfeldmethode<br />

als Referenzverfahren zur Korrosionslokalisierung eingesetzt.<br />

- 202 -


2.3.3 Brucherkennung und -ortung<br />

- 203 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

In der 1. FP wurden vom TP C5 grundlegende Untersuchungen zum elektromagnetischen Bruchortungsverfahren<br />

durchgeführt. In der 2. FP wurde die versuchtechnische Umsetzung in das TP C2<br />

eingegliedert; die Modellierung der Spannstahlbruchortung wurde seitens des TP C1b weiter vorangetrieben.<br />

Einflüsse des Umgebungsmaterials<br />

Es wurde zunächst festgestellt, dass im Frisch- und jungen Normalbeton elektromagnetische Wellen<br />

sehr stark gedämpft werden, was die Bestimmung der Resonanzfrequenzen erschwert oder gar unmöglich<br />

macht. Dieses ist auf die hohe Feuchte und auf die hohe Ionenkonzentration in der Betonporenlösung<br />

zurückzuführen. In einem Versuch wurde das Betonmilieu durch ein Sandgemisch<br />

unter Zusatz einer aus gesättigter Kalklösung (ges. Ca(OH)2) und 28,5g/L (0,5mol) KOH bestehenden<br />

Porenersatzlösung simuliert und dabei ein ähnliches Messverhalten wie im Frischbeton nachgewiesen.<br />

In reiner Kalklösung waren die Dämpfungserscheinungen aufgrund der geringeren Löslichkeit<br />

des Calciumhydroxides von bedeutend geringerer Größenordnung.<br />

Es wurde daher der Einfluss unterschiedlicher Beton- und Mörtelzusammensetzungen, u.a. durch<br />

Variierung von Zement- und Zuschlagart und -gehalt, studiert. Die Dämpfungserscheinungen variieren<br />

deutlich in Abhängigkeit des Ionenanteiles, der Feuchte und des Hohlraumanteiles im Mörtel.<br />

Dies wurde durch Einbau von Dielektrizitäts-Koaxialsensoren des TP C1b (Jacob/Johannes) verifiziert.<br />

Zur weiteren Untersuchung des Einflusses der Bauteiltrocknung bei verschiedenen Betonmischungen<br />

wurden fünf 3 m lange Betonbalken verschiedener Zusammensetzung angefertigt. Der Balken,<br />

der zur Gewinnung der Ergebnisse in Abb. 9 verwendet wurde, wurde aus einer Magerbeton-Mischung<br />

mit 100 kg/m³ Portlandzement, der Balken B12 für Abb. 10 aus einem Standard-Hochofenzement-Beton<br />

(HOZ-Beton) hergestellt. Ab dem Tag der Betonage wurden die Reflektionsparameter<br />

aller Spanndrähte in regelmäßigen Abständen ermittelt. Die Abb. 9 und 10 zeigen Ergebnisse<br />

zwischen dem 1. und 91. Tag nach Betonage. Die Position der Spanndrähte im Bauteilquerschnitt<br />

ist in den Abbildungen angegeben, wobei nur der Stab S2 eine PE-Ummantelung aufweist (Monolitze).<br />

Der Spanndraht S3 war nach 2 m gebrochen.<br />

Reflexionsparameter [dB]<br />

0<br />

-2<br />

-4<br />

-6<br />

-8<br />

-10<br />

-12<br />

-14<br />

Spanndraht S3 nach 2m gebrochen<br />

�f S3<br />

�f S2<br />

S2 nach 91d<br />

S3 nach 91d<br />

S3 nach 21d<br />

S3 nach 1d<br />

S1 S2<br />

S3<br />

30<br />

30<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Frequenz f [MHz]<br />

Abb. 9: Reflektionsparameter der Spanndrähte<br />

S2 und S3 des Magerbeton-Balkens B9<br />

Reflexionsparameter [dB]<br />

0<br />

-2<br />

-4<br />

-6<br />

-8<br />

-10<br />

-12<br />

-14<br />

Spanndraht S3 nach 2m gebrochen<br />

�f S2<br />

�f S3<br />

S2 nach 91d<br />

S3 nach 91d<br />

S3 nach 21d<br />

S3 nach 1d<br />

S1 S2<br />

S3<br />

30<br />

30<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Frequenz f [MHz]<br />

Abb. 10: Reflektionsparameter der Spanndrähte<br />

S2 und S3 des Balkens B12 aus HOZ-Beton


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Die Dämpfung der elektromagnetischer Wellen ist erwartungsgemäß in den ersten Tagen sehr hoch.<br />

Bei diesen beiden Balken konnten bei den nach dem 1. und dem 21. Tag durchgeführten Messungen<br />

daher noch keine eindeutigen Resonanzfrequenzen zugeordnet werden. Die am 41. (in den Abb. 9<br />

und 10 nicht dargestellt) und 91. Tag ermittelten Ergebnisse zeigen hingegen deutliche Resonanzen.<br />

Tabelle 1 zeigt den Vergleich zwischen den ermittelten Resonanzabständen �f am 91. Tag.<br />

Bei beiden Probekörpern ist der Bruch des Spanngliedes S3 an dem größeren Abstand �fS3 der Resonanzminima<br />

deutlich sichtbar. Aufgrund der verschiedenen Restfeuchten sind die Dielektrizitätskonstanten<br />

(DK) und damit die Größe der Resonanzabstände �f unterschiedlich. Da in diesem<br />

Falle die Länge des Spanngliedes S2 bekannt ist, kann die Länge des Spanngliedes S3 bis zum Bruchort<br />

mit Hilfe des Verhältnisses der Resonanzabstände �fS2/�fS3 bestimmt werden. Die Messergebnisse<br />

bestätigten also in beiden Fällen die Versuchsvorgabe.<br />

Tabelle 1: Ermittelte Resonanzabstände �f<br />

Spanndraht<br />

Balken B9<br />

(Magerbeton)<br />

� f (MHz)<br />

meas<br />

- 204 -<br />

Balken B12<br />

(HOZ-Beton)<br />

� f (MHz)<br />

meas<br />

S2 22 17,5<br />

S3 31 26<br />

�fS2/�fS3 0,70 0,67<br />

Sind die Spanngliedlängen nicht bekannt, so muss für die Längenbestimmung die DK bekannt sein.<br />

Die Bestimmung der DK der Betonprobekörper erfolgte mit den vom TP C1b (Jacob/Johannes) zur<br />

Verfügung gestellten HF-Feuchtesensoren.<br />

Nach dreimonatigem Trocknen eines 2m langen Leichtbeton- und eines 3m-langen Normalbetonbalkens<br />

in der Klimakammer wurde eine signifikante Verbesserung der Aussagfähigkeit der Messergebnisse<br />

aufgrund stärkerer Resonanzausbildung deutlich. Interessanterweise wurde auch bei älteren<br />

Betonen eine geringere elektromagnetische Dämpfung festgestellt, was auf deren niedrigere<br />

Ausgleichsfeuchte zurückgeführt werden kann. Auf der Grundlage dieses Ergebnisses wurden u.a.<br />

zwei Stege der 45 Jahre alten Hohenzollernbrücke in Berlin als erste Applikation des Verfahrens an<br />

einem Realbauteil untersucht.<br />

Im Falle der Verwendung elektrisch vom Beton entkoppelten Spannstahles, z.B. bei einer PE-ummantelten<br />

Monolitze, sind die Resonanzen in jedem Fall ersichtlich. Dies gilt auch für den Fall,<br />

dass ein anderer, direkt in Beton gebetteter Stab mit einem PE-ummantelten Stab als Massereferenz<br />

ausgemessen wird. Beim Messvorgang mit einem Massestab als Referenz kann generell ein bessere<br />

Messdynamik erwartet werden.<br />

Von großer baupraktischer Bedeutung ist die Variierung des Feuchtegehalts bzw. des Materials in<br />

Stablängsrichtung. Um diesen Fall zu simulieren, wurde ein 6 m-langer Balken in 1 m-langen Abschnitten<br />

intermittierend zu verschiedenen Zeitpunkten betoniert. Die entsprechenden Messwerte<br />

sind plausibel und fanden Eingang in die Bruchmodellierung des TP C1b (Jacob/Johannes).<br />

Einfluss der Art und Anordnung der Stahlzugglieder<br />

Neben umfangreichen Laborversuchen an kurzen stabförmigen Bauteilen unterschiedlicher Anordnung,<br />

Zusammensetzung und Beaufschlagung wurden die Einflüsse von Bündelspanngliedern und


- 205 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Ankerkörpern mit umgebender Bewehrung in Laborversuchen mit komplexeren Spanngliedführungen<br />

untersucht, um die Einsetzbarkeit in Bauteilen und Bauwerken zu verifizieren. Hierbei wurden<br />

die realen Bauwerksbedingungen so genau wie möglich nachgebildet. So wurde in Versuchen mit<br />

in Beton gebetteten Einzelstäben der Bruchabstand der Spanngliedenden variiert. Der Bruch konnte<br />

erst bei einem Abstand der Einzelstäben von 0,05 cm 1 cm eindeutig nachgewiesen werden. Im<br />

weiteren Verlauf wurde der Einfluss der in der Praxis häufig auftretenden elektrischen Verbindung<br />

des Spanngliedes mit dem Hüllrohr sowie mit der umgebenden schlaffen Bewehrung simuliert. Bei<br />

elektrischem Kontakt mehrerer nebeneinander liegender Litzen (Kurzschluss) kann der Bruch einer<br />

Litze mit diesem Verfahren jedoch nicht identifiziert werden. Gleiches gilt für den Fall des punktuellen<br />

bzw. abschnittsweisen Hüllrohrkontaktes. Im Gegensatz hierzu hat die Koppelmuffe im Falle<br />

einer Kopplung zweier Spannstähle keinen Einfluss auf das Messergebnis, d.h. die elektromagnetische<br />

Welle „sieht“ das gesamte Spannglied. Ein Bügelkorb aus Schlaffstahl mit lokalem, direktem<br />

Kontakt einzelner Spannstähle wies keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Interpretationsfähigkeit<br />

der Messwerte auf. Entscheidend ist daher offenbar der Oberflächenzustand der elektrisch in<br />

Verbindung stehenden Bauteile.<br />

Durch zusätzliche Verkopplungen der Stäbe oder durch Anregung unmittelbar hinter der Ankerplatte<br />

können in den Messergebnissen weitere Resonanzen bzw. Störungen auftreten. Am Ankerkopf<br />

ist ein Mindestabstand der Einkoppelstelle von ca. 10 cm vorzusehen; eine komplette elektrische<br />

Entkopplung des Spannstahles z.B. durch Kunststoffbeschichtung ist empfehlenswert, jedoch<br />

nicht notwendig.<br />

Im Sandbett wurden 5 m lange Spanndrähte auf der gesamten Länge im Zeitraum von über 18 Monaten<br />

korrosiv durch NaCl-Lösung beansprucht. Es wurde nachgewiesen, dass die gleichmäßiguniforme<br />

Korrosionsschädigung auf der gesamten Stablänge keinen nachweisbaren Einfluss auf das<br />

Messsignal aufweist.<br />

Um auch praxisgerechte, größere Spannstahllängen im Versuch abzubilden, wurde ein instrumentierter<br />

20 m-Balken konzipiert, wobei jedoch bezüglich der Aussagefähigkeit der Messwerte keine<br />

generellen Unterschiede zu den Versuchskörpern mit kleineren Längen festgestellt werden konnte.<br />

Die elektromagnetische Dämpfung nimmt jedoch mit der Spanngliedlänge zu.<br />

Die vom TP C1b (Jacob/Johannes) erprobten alternativen Einkopplungskonzepte, u.a. durch ein<br />

Anpassnetzwerk, erwiesen sich aus messtechnischer Sicht als ungeeignet.<br />

Anwendungserprobung an den Ersatzbauwerken<br />

Das Verfahren wurde und wird zur Bruchortung an den verschiedenen C2-Ersatzbauwerken eingesetzt.<br />

So wurden bei den Versuchskörpern „simulierter Horizontalanker“ und der BRESPA-Spannbetonhohlplatte<br />

einzelne Drähte systematisch, t.w. korrosiv geschädigt. Abb. 11 zeigt hierzu eine<br />

Messreihe für die Zustände vor und nach dem Bruch eines Einzeldrahtes. Auch nach dem erwarteten,<br />

aber derzeit noch nicht eingetretenen Versagen einzelner Spannstähle an den Ersatzbauwerken<br />

vom Typ Plattenstreifen „Duett“ und den Erdankern soll dieses Verfahren der Bruchdetektion zur<br />

Anwendung kommen. Die externe Ankopplung an die Spannstähle des Erdankers wurde aus baupraktischen<br />

Erwägungen dahingehend optimiert, den Anschlusspunkt robust und dauerhaft auszubilden.


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

2.3.4 Online-Monitoring und Überwachbarkeit der Konstruktionen<br />

Über die Ergebnisse der in Zusammenarbeit mit dem TP A1 (Hosser) am Ersatzbauwerk „Duett“<br />

durchgeführten zuverlässigkeitsorientierten Schwachstellenanalyse wurde in [HOSSER et al. <strong>2003</strong>]<br />

und oben berichtet. Der nächste in der 3. FP im TP D3 angedachte Schritt ist die Umsetzung der<br />

gewonnen Erkenntnisse an der Herrenbrücke in Lübeck. Bei dessen Dauerüberwachung gilt es, die<br />

temperatur- und lastbedingten Dehnungen bzw. Verschiebungen zu separieren. Hierzu wurden in<br />

der 2. FP des TP C2 sowohl Kalman-Filter als auch neuronale Netze erprobt.<br />

Nach der Formulierung eines Zustandsmodells für das Brückenbauwerk und bei Anwendung der<br />

Kalman-Filter-Technik stellte sich heraus, dass sich der Filter besser zur Glättung bzw. Filterung<br />

von Messreihen eignet als zur Ermittlung von Bauwerksdehnungen über eine Schätzung der Bauwerkstemperatur.<br />

Abb. 12 zeigt das Ergebnis der Filterung für Sensor 1 des Randträgers 4 mit einer<br />

Modellunsicherheit Q = 10 -5 (Q-Stabilisierung) für den Zeitraum von einer Woche und die Differenz<br />

zwischen Mess- und Filterwert (d.h. Last). Details bzgl. Modellbildung bzw. Wahl der Aus-<br />

gangsparameter sind in [FRISCHMUT 1998] zu finden.<br />

Reflektionsparameter [dB]<br />

0<br />

-2<br />

-4<br />

-6<br />

-8<br />

-10<br />

L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8<br />

0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250<br />

Frequenz f [MHz]<br />

Abb. 11: Frequenzabhängiger Reflexionsparameter für die Spannbetonhohlplatte BRESPA mit<br />

oberer Spanndraht- und unterer Litzenbewehrung, Initialstablänge des Stabes 2 4,8 m, nach<br />

Bruch 2,4 m<br />

Verlängerung<br />

[mm]<br />

0.008<br />

0.005<br />

0.003<br />

0.000<br />

-0.003<br />

-0.005<br />

-0.008<br />

-0.010<br />

�f Stab 3<br />

�f Stab 1<br />

1 2 3 4 5 6<br />

�f Stab 2, Bruch<br />

Lasten aus der Differenzbildung Q = 10 -5<br />

- 206 -<br />

Spanndraht 1<br />

Spanndraht 2, gebrochen<br />

Spanndraht 3<br />

0 96 192 288 384 480 576 672<br />

Zeit [15min]<br />

Abb. 12: Filterung des Messschriebs einer repräsentativen Woche mit einer Modellunsicherheit von<br />

10 -5 - Differenz zwischen gemessenen und gefilterten Werten (Sensor 1 am Randträger 4) der<br />

Herrenbrücke Lübeck


- 207 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Die als repräsentativ angenommenen Beispielsdaten sind in der Woche vom 30.10.2000 bis zum<br />

05.11.2000 gemessen worden. Die Einteilung der Abszisse in Intervalle von 96 Messungen ergibt<br />

sich dabei aus der Abtastrate von 15 Minuten. Da ein Intervall von 96 Messungen einem Tag entspricht,<br />

können bei dieser Einteilung tageszeitlich bedingte Erscheinungen erkannt werden. Als<br />

Ordinate sind die Längenänderungen an den Wegaufnehmern in Millimetern aufgetragen. Abb. 12<br />

zeigt, dass der Filter in der Lage ist, temperaturbedingte Anteile nahezu vollständig auf der Grundlage<br />

von temperaturkorrigierten Messreihen (d.h., unter Berücksichtigung der thermischen Ausdehnung<br />

der Messgestänge) aus der Messspur zu filtern. Inwieweit Teile des Nutzsignals, d.h. lastbedingte<br />

Verschiebungen, verloren gehen, lässt sich allerdings nicht feststellen, da die reale Lastkurve<br />

nicht bekannt und daher kein direkter Vergleich a priori möglich ist.<br />

Beim Einsatz von neuronalen Netzen wurde für das Brückenbauwerk ein Multi Layer Feedforward<br />

Netz (MLFF) gewählt, bei dem Phänomene wie beispielsweise hohe Temperaturgradienten oder<br />

lange Phasen sehr geringer Temperaturänderung auf unterschiedlichen Temperaturniveaus trainiert<br />

werden müssen. Die praktische Umsetzung erfolgte mit dem Softwarepaket Qnet21, das nur bedingt<br />

Beeinflussungen des Netzes zuließ. Das derzeitige Problem besteht in der Wahl der Eingabemuster,<br />

welche die maßgebenden Einflussgrößen, wie die Dauer und die Amplitude von Temperaturänderungen,<br />

korrekt und repräsentativ für alle auftretenden Muster in allen Temperaturbereichen wiedergeben<br />

müssen. Die Erkennbarkeit größerer lastbedingter Verschiebungen ist bei Sensoren, die in<br />

Feldmitte angebracht sind, größer als bei Sensoren in Stützennähe. Die Separation zwischen Last-<br />

und Temperaturverschiebungen erfolgt somit in Feldmitte besser als in Stützennähe. Letztere dienten<br />

als Trainingsdaten, d.h. Datenschriebe von ca. 18 Monaten wurden dem Netz eingespeist. Die<br />

Subtraktion der erwarteten Temperaturverschiebungen von den gemessenen Werten erlaubt den<br />

Rückschluss auf lastbedingte Verformungen.<br />

Verlängerung [mm]<br />

Verlängerung [mm]<br />

0.06<br />

0.04<br />

0.02<br />

0<br />

-0.02<br />

-0.04<br />

0.06<br />

0.04<br />

0.02<br />

0<br />

-0.02<br />

Messwerte / Netzausgaben<br />

Meßwerte<br />

-0.06<br />

-0.08<br />

Netzausgaben<br />

768 864 960 1056 1152 1248 1344 1440 1536 1632 1728 1824 1920 2016 2112 2208<br />

Differenz Messwerte-Netzausgaben<br />

Zeit [Messungen]<br />

-0.04<br />

768 864 960 1056 1152 1248 1344 1440 1536 1632 1728 1824 1920 2016 2112 2208<br />

Abb. 13: Auszug aus den Messwerten, Netzausgaben sowie deren Differenz<br />

Zeit [Messungen]


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Abb. 13 zeigt ein exemplarisches Ergebnis. Die negativen Peaks werden gut nachvollzogen während<br />

dies für die zeitlich länger andauernden Verschiebungen im positiven Bereich nicht gilt. Der<br />

Grund für das Verhalten ist vermutlich, dass für diese Muster weniger Trainingsdaten vorliegen als<br />

für die negativen Peaks. Gut erkannt werden hingegen kleinere Veränderungen um den Mittelwert<br />

nahe der Nullachse. Die bisher durchgeführten Arbeiten lassen realistische Erfolgschancen für eine<br />

Auswertung bzw. Prognose der an der Herrenbrücke bislang ermittelten Daten zu. In der 3. FP des<br />

TP D3 soll ein eigenes dynamisches rekursives Netz implementiert werden, um eine hohe Anzahl<br />

von Iterationen bei erträglicher Rechenzeit zu ermöglichen, das ggf. eine dynamische Schwellwertüberwachung<br />

entsprechend Abb. 14 ermöglicht.<br />

Temperatur<br />

Dehnungsmeßwerte<br />

Neuronales<br />

Netz<br />

Erwartete<br />

Dehnungen<br />

�<br />

�<br />

- 208 -<br />

Schwellenwertüberwachung<br />

Abb. 14: Nutzung eines neuronalen Netzes als Teil einer Schwellwertüberwachung<br />

Ausgabe bei Schwellenwertüberschreitung<br />

2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />

Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />

Insbesondere im Zeitraum der 2. FP hat die Zahl internationaler Kongresse und die Zahl der Veröffentlichungen<br />

zur Bauwerksüberwachung beträchtlich zugenommen. Die Bedeutung der Überwachung<br />

und das Forschungsinteresse werden hierdurch deutlich. Ein aktueller Überblick zum Monitoring<br />

von Bauwerken als „State-of-the-art-report“, insbesondere von Brückentragwerken, wird in<br />

[CHASE 1997], [CIOLKO & TABATABAI 1999] und in [FIB <strong>2003</strong>] gegeben. Das TP C2 trägt mit<br />

seinen Arbeiten wesentlich zur Wissensentwicklung bei und gehört mit der Entwicklung der magnetoelastischen<br />

Spannkraftmessung und der HF-Bruchortung zu den international führenden Arbeitsgruppen.<br />

Die angedachten Methoden zum Korrosionsmonitoring sind derzeit konkurrenzlos.<br />

Der Stand der Technik der Faser-Bragg-Gitter-Sensoren (FBGS) hat eine fortgeschrittene Entwicklungsstufe<br />

erreicht. Im Wesentlichen werden FBGS auf Trägerbauteile appliziert, die dann zur<br />

Wegmessung dienen. Problematisch bleibt weiterhin die direkte Applikation von faseroptischen<br />

Sensoren, z.B. auf Spannstahl, zum Zweck der unmittelbaren Dehnungsmessung.<br />

In den letzten drei Jahren haben [LIU et al. 2000] und [SAM & CHOI 2002] Arbeiten veröffentlicht,<br />

die sich mit der Erfassung des Spannungszustands von Spannstahl mittels magnetischer<br />

Messverfahren befassen. Beide Verfahren befinden sich noch im frühen Entwicklungs- und Erprobungsstadium<br />

und weisen einige konzeptionelle Nachteile auf. So ist z. B. beim erstgenannten Verfahren<br />

aufgrund der verwendeten, relativ kleinen Feldstärke keine Bestimmung der absoluten<br />

Spannkraft möglich. Da keine vollständige Magnetisierung der Spannglieder erfolgt, beeinflussen<br />

die Eigenspannungen des Spannstahles das Messergebnis erheblich.<br />

Zur Spannstahlbrucherkennung werden zur Zeit überwiegend die magnetischen Verfahren nach<br />

[HILLEMEIER & SCHEEL 2002] und [KRAUSE et al. <strong>2001</strong>] eingesetzt. Diese haben in den letzten<br />

Jahren ihre Praxistauglichkeit bewiesen. Zur Zeit werden diese Verfahren im Detail (z B. Messgeschwindigkeit,<br />

Auflösung) verbessert. Bei diesem Verfahren wird die Spur des magnetisierten


- 209 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

Spanngliedes von außen an der Oberfläche des Bauwerks mit einem Magnetfeldsensor abgefahren.<br />

Wegen dieses Vorgehens schließen sich einige Anwendungsfälle, wie z. B. die Überprüfung von<br />

Erdankern, aus; zudem ist je nach baulicher Gegebenheit der Aufwand teilweise sehr hoch.<br />

Ein weiteres magnetisches Verfahren zur Brucherkennung ist von [LAGUERRE 2000] vorgestellt<br />

worden. Bei diesem Verfahren wird der magnetoelastische Effekt ferromagnetischer Materialien<br />

ausgenutzt. Die bisherigen Untersuchungen wurden an Einzelspanngliedern in Luft durchgeführt.<br />

Da mechanische Wellen im Stahl in Betonumgebung sehr stark gedämpft werden, ist zu erwarten,<br />

dass das Verfahren ähnlich wie die Ultraschallverfahren nur für kurze Spannglieder (1-2 m) oder<br />

Spannglieder in Luft geeignet ist.<br />

Auf dem Gebiet der Korrosionssensorik von Stahlbetonbauwerken sind in der jüngsten Vergangenheit<br />

einige Fortschritte erzielt worden, u.a. [LEE et al. <strong>2003</strong>]. Einen generellen Überblick über den<br />

aktuellen Stand der Korrosionsmesstechnik bei Stahlbetonbauwerken geben [BJEGOVIC et al.<br />

2000], [SCHIEGG 2002] und [SWAMY (ed.) 2002]. Problematisch bleibt i.A. der nachträgliche<br />

Einbau der Sensorik in bestehende Bauteile sowie die Größe konventioneller Stellvertretersensorik.<br />

Für die 2. Korrosionsmonitoringstufe (Schädigungsphase) bei Spannbetonkonstruktionen sind bisher<br />

keine (neuen) gangbaren zerstörungsfreien In-Situ-Prüfverfahren verfügbar. Die Arbeiten des<br />

TP C2 haben hier Pioniercharakter.<br />

2.5 Offene Fragen<br />

Trotz zum Teil großer Fortschritte auf dem Gebiet der Überwachung von Spannelementen in den<br />

vergangenen Jahren sind wichtige Detailfragen noch ungeklärt. Insbesondere die direkte und nachträgliche<br />

Applikation der Sensorik an bestehende Bauwerke und die daraus resultierenden Anforderungen<br />

an die Messtechnik bezüglich Dauerhaftigkeit und Robustheit sind zu lösen. Die modernen<br />

Möglichkeiten der Schnurlos-Datenübertragung sind in die bestehenden Monitoringsysteme zu<br />

implementieren. Ebenfalls noch offen sind Konzepte für das Monitoringmanagement zur Strategieumsetzung<br />

am Realbauwerk und zum Daten- und Kostenmanagement.<br />

Bisher ist es nur möglich, die integrale Spannkraft eines Spanngliedes magnetoelastisch zu bestimmen.<br />

Das primäre Ziel zur magnetoelastischen Spannkraftüberwachung in der 3. FP ist die selektive,<br />

d.h. tiefenabhängige Magnetisierung einzelner Drahtreihen einer Litze durch Variierung der<br />

Erregerspannungsfrequenz, wodurch auch eine Aussage zu lokalen Schädigungen möglich wird.<br />

Im Bereich der Korrosionssensorik herrscht dringender Bedarf für zerstörungsfreie Messverfahren<br />

zur direkten, großflächigen Bestimmung des Ausmaßes und des Ortes der Korrosionsschädigung<br />

am Spannstahl. So ist eine weitere Miniaturisierung und Vereinfachung der Stellvertretersensorik<br />

sinnvoll. Zur Interpretation rauschbehafteten Signale müssen geeignete Filter und Auswertealgorithmen<br />

gefunden und erprobt werden. Nicht nur in diesem Bereich ist die Festlegung von Alarm-<br />

bzw. Schwellwerten in Abhängigkeit der Rand- und Umgebungsbedingungen essentiell.<br />

Aus den offenen Arbeitspunkten wird die Sinnhaftigkeit deutlich, die C2-Sensorik an größeren,<br />

komplexeren Ersatzbauwerken und an Realbauten im Rahmen auch von Langzeitmessungen zu<br />

erproben. Daher soll das TP C2 in der 3. FP als anwendungsnahes TP D3 weitergeführt werden.


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

2.6 Literatur<br />

BJEGOVIC, D., MIKULIC, D., SEKULIC, D., 2000, Nondestructive corrosion rate monitoring for<br />

reinforced concrete structures, 15th World Conference on Nondestructive Testing, Roma (Italy),<br />

15-21 October 2000<br />

CHASE, S.B. and WASHER, G., 1997, Nondestructive evaluation for bridge management in the<br />

next century, Public Roads, Bob Bryant, Editor, 61(1), 16-25, Federal Highway Administration,<br />

Washington D.C., July/August, 1997<br />

CIOLKO, A.T., and TABATABAI H., 1999, NCHRP Web Document 23 (PROJECT 10-53), Contractor's<br />

Final Report: Phase I--Technology Review, Nondestructive Methods for Condition<br />

Evaluation of Prestressing Steel Strands in Concrete Bridges, Final Report, Phase I: Technology<br />

Review, National Cooperative Highway Research Program Transportation Research Board, National<br />

Research Council, NCHRP Project 10-53March 1999<br />

FIB, <strong>2003</strong>, Monitoring and safety evaluation of existing concrete structures, state-of-art report, FIB<br />

Bulletin 22, Task Group 5.1., fib, March <strong>2003</strong><br />

FRISCHMUT, U., 1998, Der erweiterte Kalman-Filter zur Unterdrückung harmonischer Störsignale<br />

in der Seismik, Dissertation, TU Clausthal<br />

HILLEMEIER, B.; K; SCHEEL, H., 2002, Non-Destructive Location of Prestressed Steel Fractures<br />

in Post-Tensioned and Prestressed Concrete, Transportation research board Committee<br />

A2C03-Concrete Bridges, Washington (DC), January 2002<br />

KRAUSE, H.-J.; WOLF, W.; SAWADE, G; NEUDERT, G.; GAMPE, U., <strong>2001</strong>, Spannstahlbruchmessungen<br />

mit Magnetfeld, DGZfP-Berichtsband 76-CD, Fachtagung Bauwerksdiagnose<br />

Leipzig, Oktober <strong>2001</strong><br />

LAGUERRE, L.; 2000, Generation and Detection of Elastic Guided Waves with Magnetoelastic<br />

Device for the Nondestructive Evaluation of Steel Cables and Bars, Laboratoire Central des Ponts et<br />

Chaussée (LCPC), WCNDT 2000, Rome<br />

LEE, H.S., SHIN, S.W.; AHN, J.M., KIM, Y.C.; KHO, Y.T., <strong>2003</strong>, Development of corrosion sensors<br />

for monitoring steel-corroding agents in reinforced concrete structures, Materials and Corrosion<br />

54 (<strong>2003</strong>), 229-234<br />

LIU, J.-G., BECKER, W.-J., GERHOLD, T., RICKEN, W., FEHLING, E., 2000, Einfluss der Vorspannungsänderung<br />

an Spannstahl mittels Wirbelstromsensoren, in: DGZfP- und VDEh-Workshop:<br />

Materialcharakteristiken durch Simulation und physikalische Messtechniken bei der Herstellung<br />

von Stahlerzeugnissen, 10. Mai 2000, Düsseldorf<br />

SAM, R.; CHOI, Y., 2002, Development of an electromagnetic based sensor for measurement of<br />

mechanical force in prestressed steel cables and tendons, in: Proceedings of the 1 st European<br />

Workshop on Structural Health Monitoring 2002, July 10-12 2002, École Normale Supérieure, Cachan<br />

(Paris), France, 469-476<br />

SCHIEGG, Y., 2002, Online-Monitoring zur Erfassung der Korrosion der Bewehrung von Stahlbetonbauten,<br />

Diss., Technische Wissenschaften ETH Zürich<br />

SWAMY, R.N (Editor), 2002, Corrosion and Corrosion Monitoring, in: Cement & Concrete Composites,<br />

Vol. 24, February 2002<br />

- 210 -


- 211 -<br />

C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

TUUTTI; K; 1982, Corrosion of steel in concrete, Stockholm, Swedish Cement and Concrete Research<br />

Institute, CBI forskning/ research, 04/ 1982<br />

VDI/ VDE-IT, <strong>2001</strong>, Abschlussbericht Optische Fasergitter-Sensorsysteme für die Überwachung<br />

technischer Anlagen (FAGS), Reihe: Innovationen in der Mikrosystemtechnik, Band 75 (<strong>2001</strong>)<br />

2.7 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />

Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahren.<br />

Erteiltes Patent:<br />

BUDELMANN, H., JACOB, A.F., WICHMANN, H.-J., JANNSEN, B., SCHNEIDER,<br />

G., HARIRI, K.: Verfahren zur Zustandserkennung von elektrisch leitfähigen länglichen Spanngliedern,<br />

Deutsches Patent- und Markenamt, DE 101 02 577 C1 (20. Juni 2002)<br />

Zeitschriftenbeiträge:<br />

BUDELMANN, H., HOSSER, D., DEHNE, M., HARIRI, K., HOLST, A., Innovative monitoring<br />

and weak-point-identification at PC-members, Journal of Structural Engineering, submitted for<br />

publication<br />

HARIRI, K., HOLST, A., WICHMANN, H.-J., BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>, Assessment of the State<br />

of Condition of Prestressed Concrete Structures with Innovative Measurement Techniques, Journal<br />

of Structural Health Monitoring, SAGE Publications, Vol.2, No.2, June <strong>2003</strong>, 179-185<br />

HOSSER, D., BUDELMANN, H., DEHNE, M., HARIRI, K., HOLST, A., <strong>2003</strong>, Monitoring und<br />

Schwachstellenidentifizierung bei Spannbetonbauwerken, Beton- und Stahlbetonbau, (98) <strong>2003</strong>,<br />

Heft 4, 217-225<br />

Kongressbeiträge (mit Vortrag):<br />

BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>a, Innovative Bauwerksüberwachung, VDI-Berichte 1757, VDI-Verlag,<br />

Düsseldorf, <strong>2003</strong>, 1-8<br />

BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>b: Monitoring von Betonbauwerken, 15. ibausil- internationale Baustofftagung<br />

Weimar, Vortragsnr. 2.27, 24.-27.9.<strong>2003</strong>, in Druck<br />

BUDELMANN, H., HARIRI, K., SCHMIDT-DÖHL, F., ROSTÁSY, F.S., 2000, Monitoring of<br />

Reinforced and Prestressed Concrete Structures, in: International Workshop on the present and<br />

future in health monitoring, Weimar, 3.-6.9. 2000, 135-145<br />

BUDELMANN, H., HARIRI, K., JACOB, A.F., JANNSEN, B., SCHNEIDER, G., WICHMANN,<br />

H.-J., <strong>2001</strong>, Detection and Localization of Fractures in Tendons by Means of Electromagnetic<br />

Resonance Measurement in: Proc. 3 rd Int. Workshop on Structural Health Monitoring, Stanford,<br />

USA, Sept. <strong>2001</strong>, 1333-1342<br />

BUDELMANN, H., HARIRI, K., HOLST, A., <strong>2003</strong>, Realistic Full Scale Laboratory Tests for the<br />

Improvement of Long Term Monitoring Systems, in: Proceedings of the 4th International Workshop<br />

on Structural Health Monitoring, September 15-17 <strong>2003</strong>, Stanford, USA, Stanford University,<br />

USA, in print<br />

BUDELMANN, H., ROSTÁSY, F.S., HARIRI, K., HOLST, A.; WICHMANN, H.-J., <strong>2003</strong>, Zustandserfassung<br />

und -beurteilung vorgespannter Zugglieder durch Monitoring, Tagungsband Berichtskolloquium<br />

des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, 16./17. Juni <strong>2003</strong>, 69-77


C2<br />

Budelmann, Rostásy<br />

HARIRI, K., 2002, Monitoring der Herrenbrücke in Lübeck, in: 56. Seminar des Deutschen Vereins<br />

für Vermessungswesen e.V.: Interdisziplinäre Messaufgaben im Bauwesen, Weimar, 16. und<br />

17. September 2002, No. 43 of the series of publications of DVW e.V., 139-150<br />

HARIRI, K., HOLST, A., WICHMANN, H.-J., BUDELMANN, H., <strong>2001</strong>, Monitoring des Zustands<br />

von Spannbetonbauwerken mittels innovativer Messtechnik, VDI-Berichte 1599, VDI-Verlag, Düsseldorf,<br />

171-178<br />

HARIRI, K., HOLST, A., WICHMANN, H.-J., BUDELMANN, H., 2002, Assessment of the State<br />

of Condition of Prestressed Concrete Structures with Innovative Measurement Techniques and First<br />

Applications, in: Proceedings of the 1 st European Workshop on Structural Health Monitoring 2002,<br />

Edited by Daniel L. Balageas, July 10-12, 2002, École Normale Supérieure, Cachan (Paris), France,<br />

1278-1285<br />

HOLST, A., <strong>2001</strong>, Monitoring vorgespannter Zugglieder in: Beiträge zum 40. DAfStb-Kolloquium<br />

an der TU Braunschweig, 11.-12.Oktober <strong>2001</strong>, 19-30<br />

HOLST, A., HARIRI, K., BUDELMANN, H., 2002, Corrosion Monitoring of Prestressed Steel in<br />

Concrete Members, in: Proceedings of the 1 st International Workshop on Structural Health Monitoring<br />

(Editor: Aftab A. Mufti), ISIS Canada Corporation, September 19-20 2002, Winnipeg, Canada,<br />

497-506<br />

ROSTÁSY, F.S., BUDELMANN, H., HARIRI, K., HOLST, A.; WICHMANN, H.-J., 2000, Zustandserfassung/<br />

-beurteilung vorgespannter Zugglieder durch Monitoring, Tagungsband Berichtskolloquium<br />

des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, 22./23. Juni 2000, 73-77<br />

ROSTÁSY, F.S., BUDELMANN, H., HARIRI, K., HOLST, A., WICHMANN, H., <strong>2003</strong>, Zustandserfassung<br />

und –beurteilung vorgespannter Zugglieder durch Monitoring, VDI-Berichte 1757,<br />

VDI-Verlag, Düsseldorf, 111-116<br />

WICHMANN, H.-J., HARIRI, K., HOLST, A., BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>, Detection and Localization<br />

of Fractures in Tendons by Means of Electromagnetic Resonance Measurement, in: Proceedings<br />

of the International Symposium on Non-Destructive Testing in Civil Engineering (NDT-CE),<br />

September 16-19 <strong>2003</strong>, Berlin, in print<br />

WICHMANN, H.-J., LAUBE, M., <strong>2003</strong>, Vorspannungsmessungen mit einem magnetoelastischen<br />

Messverfahren, VDI-Berichte 1757, VDI-Verlag, Düsseldorf, 473-480<br />

Weitere Berichte:<br />

BUDELMANN, H., 2002, Monitoring für Betonbauwerke. Aus dem Stahlbeton- und Spannbetonbau<br />

und benachbarten Bereichen, Festschrift Friedhelm Stangenberg, Ruhruniversität Bochum,<br />

Oktober 2002, 55-67<br />

BUDELMANN, H., HARIRI, K., <strong>2003</strong>: Vom Labor bis zum Betonbauwerk: Entwicklungsmethodik<br />

für Monitoring-Systeme, Festschrift 60. Geb. Peter Schießl, TU München, <strong>2003</strong>, 389-396<br />

- 212 -


Überwachung und Beurteilung von Deponien<br />

Prof. Dr.-Ing. K. Fricke<br />

Prof. a. D. Dr.-Ing. H.-J. Collins<br />

Dr.-Ing. G. Ziehmann<br />

Dr.-Ing. K. Münnich<br />

2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

- 213 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

Die in der Vergangenheit vielfach erfolgte unkontrollierte Ablagerung von Abfällen sowie die sich<br />

daraus ergebenden Folgen für die Umwelt haben dazu geführt, dass die Anforderungen an die Verwertung,<br />

die Behandlung und die Deponierung von Abfällen in den letzten Jahren deutlich gestiegen<br />

sind. So ist seit 1993 [TASi 1993] bei der Anlage von Neudeponien eine vollständige Kapselung<br />

der deponierten Abfälle durch Basis- und Oberflächenabdichtungssysteme vorzusehen. Ab<br />

dem Jahre 2005 sind alle Abfälle vor der Ablagerung so zu behandeln, dass die strengen Kriterien<br />

der Deponieverordnung [2002] in Bezug auf die Restemissionen eingehalten werden können.<br />

Die Funktionsfähigkeit beider Abdichtungssysteme sowie der weiteren funktionalen Elemente im<br />

Deponiekörper, wie z. B. Gasfassungs- und Sickerwassersammelsystem, muss während der Betriebs-,<br />

der Stilllegungs- und Nachsorgephase kontrolliert werden. Die Betriebsphase umfasst dabei<br />

– je nach Deponiegröße – mehrere Jahre bis zu mehreren Jahrzehnten; die sich daran anschließende<br />

Stilllegungsphase kann ebenfalls bis zu zwei Jahrzehnten betragen. Die Überwachungs- und Kontrollarbeiten<br />

in der Nachsorgephase müssen – wie in der Deponie-verordnung [2002] festgelegt -<br />

mindestens über 30 Jahre sichergestellt werden, wobei zu erwarten ist, dass in vielen Fällen dieser<br />

Zeitraum nicht ausreichend sein wird.<br />

Zu Beginn der Antragstellung für die erste Phase im Jahr 1997 existierten nur wenige Veröffentlichungen<br />

und Forschungsarbeiten, die sich mit der Thematik der Überwachung und der Prognose<br />

von Deponien befassten. Dabei wurden oft Einzelaspekte unter speziellen Rand-bedingungen untersucht,<br />

wie z.B. Deponieabdichtungssysteme [HOLZLÖHNER 1994]. Seither sind in Deutschland,<br />

aber auch international weitere Untersuchungen von Einzelaspekten oder speziellen Randbedingungen<br />

hinzugekommen [z.B. BMBF 1999, DE POLI et al. 1999, KAVAZABJIAN et al. 1999,<br />

ZIEHMANN 2000, HUDSON et al. <strong>2001</strong>, KRÜMPELBECK <strong>2001</strong>], die dann die Grundlage für<br />

Prognoseansätze des Gesamtverhaltens von Deponien bilden. Eine Übertragbarkeit der ermittelten<br />

Ergebnisse und der erstellten Modellansätze auf Siedlungsabfalldeponien sowie eine Verallgemeinerung<br />

der Thesen und Vorgehensweisen ist oft nur sehr eingeschränkt möglich. Es war aufgrund<br />

des geringen Wissensstandes deshalb unklar, welche Parameter langfristig Auskunft über das Gefährdungspotential<br />

des deponierten Abfalls geben und welche Messungen in welchen räumlichen<br />

und zeitlichen Abständen durchgeführt werden müssen, um das Gefährdungspotenzial des deponierten<br />

Abfalls und die Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen, insbesondere der Dichtungssysteme<br />

und der Sickerwasser- und Gasfassung, zu überprüfen.


D1<br />

Fricke, Collins<br />

In der ersten Phase des TP D1 im <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> wurden Methoden, Messgeräte [ZIEHMANN und<br />

COLLINS 2000] und das Wasserhaushaltsmodell EWA [MÜNNICH 2000] sowie in Zusammenarbeit<br />

mit TP B5 und B6 Transport- und biochemische Umsetzungsmodelle entwickelt. Die Arbeiten<br />

sind in [COLLINS und ZIEHMANN 2000] zusammengefasst. Mit den Entwicklungsarbeiten soll<br />

das Emissionsverhalten von Deponien zukünftig mit In-Situ-Messungen bestimmt und prognostiziert<br />

werden. Auf den Messungen und Prognosen basierend, kann ein adaptives Monitoring mit dem<br />

Ziel einer Minimierung der erforderlichen In-Situ-Messungen entwickelt werden.<br />

Zusätzlich wurden erste Messdaten an Deponien aufgenommen und eine Basis für die Laborversuche<br />

und Modelle der TP D1 und B5 geschaffen.<br />

2.2 Angewandte Methoden<br />

Die Untersuchungen der zweiten Phase gliedern sich thematisch in zwei Komplexe:<br />

� Mechanisches Verhalten deponierter Abfälle,<br />

� Deponieemissionen.<br />

Mechanisches Verhalten deponierter Abfälle<br />

Die Abdichtungskonstruktion von Deponien wird durch zahlreiche Einflussgrößen beansprucht.<br />

Eine wesentliche Größe ist die biochemische Umsetzung von Abfallbestandteilen. Sie führt dabei<br />

zum einen zu einer Reduktion der Masse und des Volumens, was große Verformungen der Abdichtungskonstruktion<br />

nach sich ziehen kann, und zum anderen zu einer direkten chemischen Beanspruchung<br />

der Abdichtungskonstruktion. Die direkte chemische Beanspruchung resultiert dabei aus<br />

Gas und Wasser, welches mit chemischen Inhaltstoffen belastet ist. Eine weitere Einflussgröße ist<br />

das physikalische, bei Deponien vor allem das mechanische Verhalten von Abfällen, z. B. seine<br />

Stabilität und die auflastabhängigen und auflastunabhängigen Verformungen. Hinzu kommen thermische<br />

Beanspruchungen als Folge von Umsetzungsprozessen sowie hydraulische Belastungen<br />

durch eingestautes Wasser und ggf. Porenwasserdrücke.<br />

In der ersten Antragsphase wurden die mechanischen Beanspruchungen weitestgehend ausgeklammert.<br />

Mit den Untersuchungen zum mechanischen Verhalten von Abfällen sowie die Auswirkungen<br />

auf die Abdichtungskonstruktion wurde in der zweiten Antragsphase begonnen.<br />

Zur Festigkeit [COLLINS et al. 1997, KOCKEL 1995] und zum Setzungsverhalten, d. h. zur eindimensionalen<br />

Verformung [KOCKEL und KÖNIG 1998, COLLINS und RAMKE 1986] von Abfall<br />

liegen bereits erste Erkenntnisse vor. Die mehrdimensionale Verformung sowie das Zusammenwirken<br />

von Verformung und Festigkeit ist jedoch bisher nicht untersucht worden. Um diesen Lückenschluss<br />

zu ermöglichen, werden Laborversuche zur Ermittlung der Grundkenntnisse mit In-Situ-<br />

Messungen kombiniert, um die fehlenden Wissenslücken zu füllen und die Verknüpfung der einzelnen<br />

Forschungsaspekte zu ermöglichen.<br />

- 214 -


Dabei sind folgende Fragestellungen zu beantworten:<br />

1. Wie groß ist der Wirkungsbereich einzelner Fasern oder „Faserketten“?<br />

- 215 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

2. Auf welchen grundlegenden physikalischen Eigenschaften beruht das Druck-Setzungs-<br />

Verhalten von Abfall (z. B. Materialbruch, viskoelastische Verformungen)?<br />

3. Wie ist der mehrdimensionale Verformungszustand von Abfall?<br />

Laboruntersuchungen:<br />

1. Ödometerversuche zur Bestimmung des E-Moduls,<br />

2. Durchlässigkeitsversuche bei unterschiedlichen Auflasten mit Hilfe modifizierter Ödometer,<br />

3. Zugversuche zur Bestimmung der Zugfestigkeitfestigkeit in großdimensionalem Zugkasten,<br />

4. Versuche zur dreidimensionalen Verformung mit einer Großtriaxialzelle.<br />

In-Situ-Untersuchungen:<br />

Die In-Situ-Messungen dienen der Ermittlung der dreidimensionalen Verformungen an Realbauwerken<br />

und der Erstellung einer Datenbank. Zur Beurteilung der Verformungen und zur Ermittlung<br />

des Spannungs-Verformungsverhaltens des Abfalls sollten die im Folgenden aufgeführten In-Situ-<br />

Messungen durchgeführt werden:<br />

1. Dreidimensionale Vermessung von Rohren in der Deponie (Teilprojekt C4),<br />

2. Inklinometervermessungen an vertikalen Rohren (z. B. Schächten),<br />

3. Hydrostatische Höhenvermessung von horizontal verlaufenden Rohren,<br />

4. Vermessung des Schurfs mit GPS und Laserscanner (Teilprojekt C4).<br />

Die In-Situ-Messungen wurden an der Deponie in Wolfsburg [HAARSTRICK et al. <strong>2003</strong>], Göttingen/Deiderode<br />

sowie an einer weiteren Deponie, deren Betreiber um Anonymisierung gebeten hat,<br />

durchgeführt. Die dritte Deponie soll daher hier mit „A“ bezeichnet werden.<br />

Während der zweiten Phase konnte der Landkreis Göttingen als Betreiber der Zentraldeponie Deiderode<br />

für die Messungen an seiner Deponie gewonnen werden. Es konnten auf der Deponie In-<br />

Situ-Versuche zur hydraulischen Leitfähigkeit, zur Transportgeschwindigkeit, zu biochemischen<br />

Umsetzungsprozessen und zur Verformung des Abfallkörpers durchgeführt werden. Damit wurden<br />

wesentlich weitreichendere Messungen möglich, als dies anfangs geplant war (s. Ergebnisse und<br />

ihre Bedeutung). Diese Messungen wurden in das Messkonzept integriert und haben andere Messungen<br />

und Aufgaben zeitlich nach hinten verschoben oder gänzlich ersetzen können.<br />

Deponieemissionen<br />

Weiterhin sind die Emissionsmessungen, mit denen in der ersten Phase begonnen wurde - ausgeweitet<br />

auf die Zentraldeponie Göttingen/Deiderode - weitergeführt worden. Das Untersuchungsprogramm<br />

umfasst jetzt folgende Komponenten:


D1<br />

Fricke, Collins<br />

Labormessungen<br />

1. Messungen der gesättigten hydraulischen Leitfähigkeit bei unterschiedlichen Auflasten mit<br />

modifizierten Ödometern,<br />

2. Versuche zur Bestimmung des Oberflächenwasserabflusses bei unterschiedlich<br />

vorbehandelten und eingebauten Abfällen mit Hilfe einer selbst entwickelten Laboranlage.<br />

In-Situ-Messungen<br />

1. Sickerwasserabflussmessungen mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung mit Hilfe der<br />

im Rahmen des <strong>SFB</strong> entwickelten Messgeräte,<br />

2. Bestimmung der Verlagerungsgeschwindigkeit im Abfall mit Hilfe von Tracerversuchen -<br />

Lithiumchlorid und Fluorescein (Teilprojekt B5).<br />

2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

2.3.1 Emissionen<br />

Sickerwasserabfluss (In-situ)<br />

In der ersten Phase wurde ein Sickerwasserabflussmessgerät entwickelt und gebaut, das es ermöglicht,<br />

innerhalb der Sickerwasserleitungen von bereits bestehenden Deponien den Abfluss kleinräumig<br />

zu bestimmen. Das Verfahren ist in [COLLINS und ZIEHMANN 2000] und [ZIEHMANN<br />

und COLLINS 2000] ausführlich beschrieben.<br />

Mit Hilfe dieses Messgerätes können in Sickerwasserdränrohren an beliebigen Stellen Messungen<br />

vorgenommen werden. Hiermit können die zu untersuchenden Sickerwassereinzugsflächen F von<br />

ca. 7.500 bis 12.000 m² auf Werte bis zu 30 m² reduziert werden (Abb. 1).<br />

L 1<br />

L 2<br />

L 3<br />

F 2<br />

F 3<br />

B B<br />

F 1 F1<br />

Firstlinie Dränrohr<br />

Gefällerichtung Meßpunkt<br />

- 216 -<br />

Abfluß<br />

Abb. 1: Sickerwasserfassungssystem und Probenahmestellen zur Messung des engräumigen<br />

Sickerwasserabflusses<br />

F 2<br />

F3


3,5<br />

3<br />

2,5<br />

2<br />

1,5<br />

1<br />

0,5<br />

- 217 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

Auf der Deponie A wurden Messungen zur Bestimmung des Sickerwasserabflusses mit dem neu<br />

entwickelten Gerät durchgeführt. Die dort dargestellten Messungen wurden in einem bereits oberflächenabgedeckten<br />

Bereich der Deponie durchgeführt. Die Oberflächenabdeckung besteht aus einer<br />

Kunststoffdichtungsbahn, die durch eine Schicht Bodenmaterial geringer hydraulischer Leitfähigkeit<br />

bedeckt ist.<br />

Die Annahme, dass die Sickerwasserspende nicht konstant über die Grundfläche von Deponien anfällt,<br />

konnte mit den Messungen bestätigt werden (Abb. 2). Anhand der durchgeführten Messungen<br />

konnten in einem speziellen Fall eine Leckage in der Oberflächenabdeckung festgestellt und lokalisiert<br />

werden.<br />

Im Bereich von 175 bis 225 m wurden anlässlich der Messung 4.00 deutlich erhöhte Sickerwasserspenden<br />

ermittelt. Daher wurde bei der nächsten Messung (9.00) das Messpunktraster verengt, um<br />

festzustellen, ob es sich um einen über eine große Rohrlänge erhöhten Zufluss oder um einen<br />

punktuellen Einfluss handelt. Die Messung mit verminderten Messpunktabständen wies auf einen<br />

punktuellen Zufluss hin. Nach Reparatur der Leckage traten bei Folgemessungen (11.12) im Bereich<br />

175 und 225 m keine auffälligen Sickerwasserabflüsse mehr auf.<br />

Das im Rahmen des <strong>SFB</strong> entwickelte Messgerät funktioniert seit Jahren einwandfrei und liefert<br />

zuverlässige Messergebnisse. Die ermittelten Daten dienen zum einen der Anlage einer Datenbank,<br />

mit deren Hilfe bereits vorhandene sowie die im <strong>SFB</strong> entwickelten Modelle (TP B5, B6 und D1)<br />

verbessert und verifiziert werden. Zum anderen wurde ein Messsystem geschaffen, welches es erlaubt,<br />

die Funktionsfähigkeit der Oberflächenabdeckungs- und Oberflächenabdichtungssysteme zu<br />

kontrollieren.<br />

SiWa-Spende [mm/d]<br />

SiWa-Spende 04.00<br />

Meßpunkte 04.00<br />

SiWa_Spende 09.00<br />

Meßpunkte 09.00<br />

SiWa-Spende 11.02<br />

Meßpunkte 11.02<br />

0<br />

0 50 100 150 200 250 300 350<br />

Rohrlänge [m]<br />

Abb. 2: Sickerwasserabfluss über die Länge eines Drainrohrs zu verschiedenen Zeitpunkten<br />

Basierend auf den Erkenntnissen dieser Messungen scheint es sinnvoll zu sein, nach der Aufbringung<br />

der Oberflächenabdeckung eine Kontrollmessung durchzuführen. Die Messung muss über<br />

einige Zeit turnusmäßig wiederholt werden, da die Fließgeschwindigkeit des Sickerwassers im Deponiekörper<br />

relativ gering ist. Wird für eine erste Abschätzung der Fließdauer die gesättigte hydraulische<br />

Leitfähigkeit von 10 -6 m/s (z. B. GDA-Empfehlung E 2-35) angesetzt und eine Deponie-


D1<br />

Fricke, Collins<br />

höhe von 40 m berücksichtigt, würde ein Wassertropfen an der Oberfläche erst nach ca. 450 Tagen<br />

im Entwässerungssystem ankommen. Umläufigkeiten und Kanäle, die im Abfall auftreten können<br />

und die zu erhöhten Fließgeschwindigkeiten führen („preferential flow“), sind bei dieser Betrachtung<br />

nicht berücksichtigt.<br />

Eine Fehlstelle in der Oberflächenabdeckung würde daher im ungünstigen Fall erst nach dem sich<br />

aus der oben beschriebenen Abschätzung ergebenden Zeitraum festgestellt werden können. Im gewählten<br />

Beispiel wäre deshalb eine Überwachung über mindestens 1,5 Jahre erforderlich. Um Einflussgrößen<br />

zu berücksichtigen, die auf den eingebauten Abfall, z. B. eine gering durchlässige Bodenschicht,<br />

oder des Entwässerungssystems zurückzuführen sind, sind zudem eine bzw. mehrere<br />

Messungen bereits während der Betriebsphase sinnvoll.<br />

Zu fortgeschrittenem Zeitpunkt in der Stilllegungs- und Nachsorgephase kann das räumlich auflösende<br />

Sickerwasserabflussmessgerät in Verbindung mit dem zeitlich auflösenden Sickerwasserabflussmessgerät<br />

(s.u.) eingesetzt werden. Unregelmäßigkeiten im Sickerwasserabfluss werden mit<br />

Hilfe des zeitlich auflösenden Sickerwasserabflussmessgerätes erfasst. Bei der Eingrenzung von<br />

Fehlstellen, z.B. in der Oberflächenabdichtung, wird dann das räumlich auflösende Sickerwasserabflussmessgerät,<br />

wie oben bereits beschrieben, eingesetzt.<br />

Für die Ermittlung des zeitlichen Sickerwasserabflusses kann als erste Näherung der Zulauf zur<br />

Sickerwasserkläranlage auf der Deponie verwendet werden. Ein gesicherter Rückschluss auf einzelne<br />

Sickerwasserrohre ist bei Deponien nicht möglich. Mit dem oben beschriebenen Messsystem<br />

kann die Sickerwasserspende räumlich bestimmt werden. Es eignet sich auf Grund des sehr hohen<br />

Zeit- und Personalaufwandes allerdings nicht für die permanente Sickerwasserabflussbestimmung<br />

mit hoher zeitlicher Auflösung. Es wurde deshalb ein weiteres Messgerät entwickelt, um an ausgesuchten<br />

Sickerwasserrohren den zeitlichen Verlauf des Sickerwasserabflusses zu messen. Die<br />

Funktion wird nachfolgend kurz erläutert (Abb. 3).<br />

Datenlogger<br />

Sickerwassereinlauf<br />

Datenlogger<br />

Messung LF und T<br />

Beruhigungsbecken<br />

- 218 -<br />

Druckaufnehmer<br />

Wehr<br />

Wasserauslauf<br />

Abb.3: Schematische Darstellung des Messgerätes zur Bestimmung des Sickerwasserabflusses mit<br />

hoher zeitlicher Auflösung<br />

Für die zeitlich auflösende Sickerwasserabflussmessung wird das Sickerwasserrohr eines Deponieabschnittes<br />

abgesperrt und das abfließende Sickerwasservolumen in das Messgerät eingeleitet.<br />

Beim Einlauf in das Messgerät wird die elektrische Leitfähigkeit bestimmt, um eine erste Information<br />

über die Qualität des Sickerwassers zu erhalten und eine zeitaufgelöste Veränderung, z. B. nach


- 219 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

starken Regenereignissen, festzustellen. Anschließend durchfließt das Sickerwasser ein Beruhigungsbecken<br />

und danach das Überfallwehr, bevor es aus dem Messgerät ausfließt und ins Sickerwassersammelsystem<br />

zurückgeführt wird. Das Messprinzip basiert, wie auch beim Messgerät zur<br />

Bestimmung des Abflusses mit hoher räumlicher Auflösung auf einem Überfallwehr, jedoch wird<br />

hier die Aufstauhöhe vor dem Wehr mit einem Drucksensor, der die hydrostatische Druckhöhe des<br />

überstauenden Sickerwassers misst, bestimmt. Anhand von Kalibrierkurven kann mittels der hydrostatischen<br />

Druckhöhe auf das Abflussvolumen geschlossen werden. Sowohl der Druckaufnehmer<br />

als auch die Messsonde für die elektrische Leitfähigkeit sind an einen Datenlogger angeschlossen,<br />

der in 15 bzw. 30 Minuten Rhythmen die Messwerte aufzeichnet. Da das Messgerät zur Bestimmung<br />

des zeitlich aufgelösten Sickerwasserabflusses am Sickerwasserauslauf, d.h. in einem geschlossenen<br />

Raum, angebracht werden muss, musste es explosionsgeschützt konstruiert werden.<br />

Die Entwicklung wurde zu Beginn der zweiten Phase abgeschlossen, der Prototyp befindet sich seit<br />

November 2000 auf der Deponie A im Einsatz. Die Anzahl der Messgeräte auf der Deponie A<br />

wurde im Laufe der zweiten Phase auf vier gesteigert. Weiterhin wird mit einem Messgerät auf der<br />

Zentraldeponie Deiderode seit November 2002 gemessen.<br />

Der Sickerwasserabfluss ist im Kurzzeitbereich deutlichen Schwankungen unterworfen (Abb. 4).<br />

Über einen längeren Zeitraum lassen sich jedoch wieder eindeutige Beziehungen zwischen infiltrierten<br />

Niederschlägen und Sickerwasserabflussvolumina ermitteln. Beide Abbildungen stellen, wie<br />

im Abschnitt oben, Messungen an bereits oberflächenabgedeckten Bereichen der Deponie A dar.<br />

Die Oberflächenabdeckung wurde ca. 2 Monate vor Beginn der Messungen aufgebracht. In Abb. 5<br />

ist zu erkennen, wie die Sickerwasserabflussrate über die Zeit geringer wird. Sie sinkt von ca. 7 bis<br />

8 m³/d zu Beginn auf 2 bis 3 m³/d nach ca. 600 Tagen. Da die Oberflächenabdeckung nicht vollständig<br />

wasserdicht war (s.o.), konnte ein Teil des Niederschlages in den Deponiekörper eintreten<br />

und später als Sickerwasser wieder auszutreten. Dies erklärt, dass die Abflussraten nicht noch geringer<br />

sind. Bei der Langzeitbetrachtung bestätigt sich, wie bei der Abschätzung der Mindestüberwachungsdauer<br />

mit dem räumlich auflösenden Sickerwasserabflussmessgerät angenommen, dass<br />

ein Messzeitraum von 1 bis 2 Jahren nicht unterschritten werden sollte.<br />

Abfluß [l/min]<br />

10,0<br />

8,0<br />

6,0<br />

4,0<br />

2,0<br />

Abfluß [l/min]<br />

0,0<br />

200 210<br />

Versuchsdauer [d]<br />

220<br />

0,0<br />

0 100 200 300<br />

Versuchsdauer [d]<br />

Abb. 4: Sickerwasserabfluss eines Drainrohrs der Deponie A über die ersten 300 Messtage<br />

4,0<br />

3,0<br />

2,0<br />

1,0


Kumuliertes Abflussvolumen [m³]<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

3500<br />

3000<br />

2500<br />

2000<br />

1500<br />

1000<br />

500<br />

6,72m³/d<br />

0,56 mm<br />

8,04m³/d<br />

0,67 mm<br />

4,5m³/d<br />

0,38 mm<br />

3,17m³/d<br />

0,25 mm<br />

Mit<br />

Oberflächenabdeckung<br />

3,04m³/d<br />

0,25 mm<br />

2,4m³/d<br />

0,20 mm<br />

7,8m³/d<br />

0,65 mm<br />

3,04m³/d<br />

0,25 mm<br />

0<br />

0 100 200 300 400 500 600 700 800<br />

Versuchstage<br />

Abb. 5: Kumulierter Sickerwasserabfluss eines Sickerwasserrohres der Deponie A (selbes Rohr<br />

wie in Abb. 4.)<br />

Etwa 600 Tage nach Messbeginn wurde die Oberflächenabdeckung wieder entfernt und mit der<br />

Abfalleinlagerung fortgefahren. Ab diesem Zeitpunkt steigt die Sickerwasserabflussrate wieder an.<br />

Etwa 50 Tage nach Aufnehmen der Oberflächenabdeckung ist bereits wieder eine Rate von ca. 5<br />

m³/d erreicht. Auffällig ist auch der Bereich zwischen dem 350. und 380. Versuchstag, an dem die<br />

Abflussrate auf ca. 8 m³/d ansteigt. Die hohen Abflussraten korrelieren mit starken Niederschlägen<br />

in dieser Zeitspanne. Aufgrund der Oberflächenabdeckung sollte jedoch kein derart starker Effekt<br />

im Sickerwasserabfluss vorhanden sein. Die verminderte elektrische Leitfähigkeit während dieser<br />

Zeit ließ auf einen Frischwasserzutritt schließen. Deshalb wurde abermals in Zusammenarbeit mit<br />

dem Deponiebetreiber nach einer möglichen Fehlerquelle gesucht. Auch in diesem Fall war die<br />

Fehlerquelle konstruktiver Natur. Aufgrund von Bauarbeiten konnte aus einem noch nicht verfüllten<br />

Deponieabschnitt sauberes Wasser in das Sickerwassersammelsystem eintreten. Dieser Mangel<br />

wurde behoben und die Sickerwasserabflussraten gingen auf vorheriges Niveau zurück.<br />

Wie die In-Situ-Messungen zu den Sickerwasseremissionen gezeigt haben, ist ein Monitoring des<br />

Deponiekörpers zwingend erforderlich. Nach heutigem Wissensstand ist eine kontinuierliche<br />

Überwachung einzelner Sickerwasserrohre notwendig, da der Zulauf in die Speicherbecken der<br />

Kläranlagen keinen hinreichenden Aufschluss über den Zustand des Deponiekörpers und seiner<br />

Sicherungsbauwerke erlaubt. Die kontinuierliche Sickerwasserabflussmessung muss daher langfristig<br />

durchgeführt werden. Die Messungen des Sickerwasserabflusses innerhalb der Sickerwasserleitungen<br />

(räumliche Auflösung des Sickerwasserabflusses) sind hingegen nur in der ersten Zeit<br />

nach der Aufbringung der Oberflächenabdeckung erforderlich, um Fehlstellen in den Abdichtungssystemen<br />

festzustellen und, wenn möglich, zu lokalisieren. Im weiteren Verlauf der Phase der Stillegung<br />

bzw. Nachsorge ist eine Kombination der beiden Sickerwasserabflussmessgeräte sinnvoll.<br />

Die Werte der Sickerwasserabflussmessungen der Deponie Deiderode wurden auch zur Überprüfung<br />

des Wasserhaushaltsmodells EWA herangezogen, wobei die Wassergehaltsänderungen im<br />

- 220 -<br />

3,4m³/d<br />

0,28 mm<br />

1,85m³/d<br />

0,15 mm<br />

Entfernung der Oberflächenabdeckung<br />

Ohne<br />

Oberflächenabdeckung<br />

2,6m³/d<br />

0,22 mm<br />

4,94m³/d<br />

0,41 mm


- 221 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

Abfall aufgrund von biologischen Umsetzungsprozessen noch nicht in die Berechnungen eingegangen<br />

sind. Die Berechnungen zeigen, dass der Verlauf des Sickerwasserabflusses mit den gewählten<br />

Berechnungsansätzen gut wiedergegeben werden kann, während bei den Absolutwerten z.T. erhebliche<br />

Abweichungen ermittelt wurden. Die Ursache hierfür ist darin zu sehen, dass sich bei der<br />

kleinräumigen Ermittlung des Sickerwasserabflusses ein Fremdzutritt von Oberflächenwasser in die<br />

Dränage besonders stark bemerkbar macht. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass der Verlauf des<br />

Sickerwasserabflusses vor allem durch die klimatische Wasserbilanz und die Infiltration in den Abfallkörper<br />

geprägt wird. Die weiteren physikalischen Eigenschaften des Abfalls (z.B. hydraulische<br />

Leitfähigkeit, Speicherungsvermögen) wirken sich im vorliegenden Deponieabschnitt vor allem nur<br />

auf die zeitliche Verzögerung von Abflussspitzen aus.<br />

Tracerversuche (in-Situ)<br />

Zur Bestimmung der Verweildauer des Wassers im Deponiekörper wurde am Schurf die Möglichkeit<br />

geschaffen, Tracerversuche durchzuführen. Als Tracer kommen dabei im ersten Schritt Lithiumchlorid<br />

und Fluorescein zum Einsatz. Die Tracersubstanzen werden als konzentrierte Lösung<br />

in der Tracerrinne an der Abfalloberfläche verteilt und können in den Abfallkörper infiltrieren. Die<br />

Verlagerung des Tracers im Abfall erfolgt infolge der Schwerkraft sowie durch die natürlichen Niederschlagsereignisse.<br />

Eine erste Indikation über die Transportgeschwindigkeit ist über die quasikontinuierlich<br />

aufzeichnenden CCD-Kameras gegeben, die in den Messrohren installiert wurden.<br />

Durch die Anordnung der Messrohre über die Höhe kann ein vertikaler Fortschritt des Tracers aufgelöst<br />

über die Zeit dargestellt werden. Während des ersten durchgeführten Tracerversuches konnte<br />

kein Fluorescein mit Hilfe der CCD-Kamera am Ende der Messrohre detektiert werden. Nachdem<br />

bereits bei Versuchsbeginn nicht ausgeschlossen werden konnte, dass ein Umströmen der Messrohre<br />

im Abfall erfolgen kann, wurde ein zusätzliches Messsystem am Auslauf des Sickerwasserrohres<br />

unterhalb des Schurfes installiert. Das an den Messrohren vorbeifließende Sickerwasser mit<br />

den Tracern wird an der Deponiebasis im Entwässerungssystem gesammelt und über die Drainleitung<br />

abgeführt. Deshalb wurde am Auslauf des Sickerwasserabflussmessgerätes zusätzlich eine<br />

Photodiode installiert, deren Messdaten in 15 Minuten-Rhythmen auf einem Datenlogger abgelegt<br />

werden. Als zweiter Indikator soll zukünftig Lithiumchlorid eingesetzt werden. Dieses lagert sich<br />

im Gegenteil zum Fluorescein nicht an der Abfallmatrix an und wird auch nicht biologisch abgebaut.<br />

Die über die Höhe verteilten Messrohre sind daher so groß gewählt, dass auf diesem Wege<br />

Feststoffproben aus dem Abfallkörper entnommen werden können, um das in der Feststoffphase<br />

enthaltene Lithiumchlorid zu bestimmen. Die Details der ersten Tracerversuche sind in TP B5 zusammengefasst.<br />

Wie bereits im Abschnitt Sickerwasserabfluss sowie im obigen Abschnitt über die Tracerversuche<br />

erwähnt, wird auch auf der Zentraldeponie Deiderode der Sickerwasserabfluss einzelner Drainleitungen<br />

kontinuierlich mit einem zusätzlichen Messgerät aufgezeichnet. Auf die Messung innerhalb<br />

der Drainleitungen wurde verzichtet, da das Studium der Videos aus den Kamerabefahrungen der<br />

Sickerwasserleitungen zeigte, dass über die gesamte Leitungslänge kein Wasser zufließt. Lediglich<br />

auf den letzten ca. 2 m vor dem Tunnelbauwerk, in das die Sickerwasserleitungen eindringen, fließt<br />

das gesamte Sickerwasser aus dem zugehörigen Abschnitt der Entwässerungsschicht zu.<br />

Ödometerversuche (Labor)<br />

Die Verlagerung von Wasser im Deponiekörper ist unter anderem von der Lagerungsdichte des<br />

Abfalls abhängig und diese wiederum von der Einbaudichte. Des Weiteren verändert sich die Lagerungsdichte<br />

im Laufe der Zeit mit zunehmender Setzung des Abfallkörpers, z. B. aufgrund weiterer<br />

Erhöhung der Auflast oder aufgrund langfristiger Setzungsprozesse. Um den Einfluss dieser Kenn-


D1<br />

Fricke, Collins<br />

größen auf die Wasserwegigkeit zu ermitteln, wurden Anfang <strong>2003</strong> drei weitere Ödometer � 23 cm<br />

so gebaut, dass die hydraulische Leitfähigkeit eines Abfalls unter Variation der Abfallauflast und<br />

damit der Lagerungsdichte bestimmt werden kann. Die ersten Versuche an vorbehandelten Abfällen<br />

zeigen, dass auch bei Abfällen, die mit Proctordichte und zugehörendendem Wassergehalt eingebaut<br />

werden bereits bei einer Belastung von 35 kN/m 2 eine Reduktion der gesättigten hydraulischen<br />

Leitfähigkeit um eine Zehnerpotenz erreicht werden kann. In den zurzeit laufenden Versuchen werden<br />

die Abfallmaterialien aus Göttingen in den Ödometern untersucht, um den Einfluss der ermittelten<br />

Lagerungsdichten auf die hydraulische Leitfähigkeit zu ermitteln.<br />

2.3.2 Mechanisches Verhalten<br />

Die Untersuchungen zum mechanischen Verhalten untergliedern sich in zwei Teile, die Laborversuche<br />

und die In-Situ-Versuche. Die Laborversuche dienen der Grundlagenermittlung und des physikalischen<br />

Verständnisses von Abfallkörpern und Deponien, die In-Situ-Messungen der Verifizierung<br />

der Ergebnisse aus den Laborversuchen sowie den daraus entwickelten Modellen. Weiterhin<br />

bilden Sie die Datenbasis der an den Realbauwerken gemessenen Größen. Da die Messungen der<br />

Deponiebetreiber im Rahmen der Eigen- und Fremdkontrolle oft nur unzureichend ausgeführt werden<br />

und das ermittelte Datenmaterial oftmals nicht für die Öffentlichkeit freigegeben wird [s. z.B.<br />

JESSBERGER et al. 1995, KÜHLE-WEIDEMEIER und DOEDENS <strong>2003</strong>], war es zwingend erforderlich,<br />

mit den Vorbereitungen zu den In-Situ-Messungen zügig zu beginnen.<br />

Verformungsmessungen mit einem Inklinometer (in-Situ)<br />

Ein Teil der In-Situ-Messungen sollten vom TP C4 mit dem im Rahmen des <strong>SFB</strong> entwickelten 3 D-<br />

Inertialmesssystems durchgeführt werden. Diese Messungen sind nicht Bestandteil dieses Berichtes.<br />

Diesbezüglich wird auf den Ergebnisbericht des TP C4 verwiesen. Als zweite In-Situ-Messung war<br />

die Messung der horizontalen Verformung des Deponiekörpers in vertikalen Bohrungen und<br />

Schächten mit Hilfe eines Inklinometers vorgesehen. Die handelsüblichen Präzisionsinklinometer<br />

ermöglichen eine hohe Messgenauigkeit, sind aber für den Einsatz auf Deponien nicht geeignet.<br />

Diese Geräte sollten daher in Zusammenarbeit mit dem Gerätehersteller an die Randbedingungen<br />

auf Deponien angepasst werden. Dies gestaltete sich aber derart kostenintensiv, dass von einer Zusammenarbeit<br />

mit einem Gerätehersteller Abstand genommen und stattdessen ein Messgerät in Eigenarbeit<br />

entwickelt wurde.<br />

Das Inklinometer besteht aus einem 400 mm langen V2a-Stahlzylinder (Durchmesser 175 mm), an<br />

dessen Ober- und Unterseite eine Zentriereinrichtung angebracht ist (Abb. 6). Im Inneren der Sonde<br />

sind ein Neigungssensor und ein Drehratensensor untergebracht. Hier werden die Rohrneigung und<br />

die Sondenverdrehung bestimmt. Die Datenübertragung und Spannungsversorgung erfolgt über ein<br />

Kabel, das speziell den Milieubedingungen von Deponien angepasst ist. Mit der pneumatisch betriebenen<br />

Zentriervorrichtung kann die Sonde im Rohr zentriert werden (Messposition). Durch Umkehren<br />

der Kolbenstellung werden die Zentrierelemente angelegt und die Sonde kann an einem<br />

Stahlkabel abgelassen oder hochgezogen werden. Die vertikale Position der Sonde wird über einen<br />

hochgenauen Kabellängenzähler außerhalb des Rohres bestimmt. Zusätzlich zum Kabel werden<br />

zwei Schläuche für die Druckluftsteuerung der Kolben herabgeführt.<br />

- 222 -


Drehratensensor<br />

Neigungssensor<br />

Zylinder<br />

Kolben<br />

Zuluft<br />

Zentriervorrichtung<br />

Abb. 6: Aufbau des Inklinometers.<br />

Links: Messposition (Inklinometer im Rohr zentriert), rechts: Abteufzustand<br />

- 223 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

Da die Sonde komplett neu entwickelt wurde, waren zeitliche Verzögerungen nicht zu vermeiden.<br />

Beim Bau der Sonde bereitete die Implementierung des Drehratensensors die größten Schwierigkeiten.<br />

Drehratensensoren werden hauptsächlich im Automobilbau und in verschiedenen Waffensystemen<br />

zur Steuerung verwendet. Einen Markt für Kleinabnehmer existiert somit nicht, so dass es<br />

mehrere Monate dauerte, einen geeigneten Drehratensensor zu beschaffen. Ein Programm zum<br />

Auslesen des Drehratensensors konnte nicht mitgeliefert werden, so dass die Software entwickelt<br />

werden musste. Weitere Probleme entstanden bei der Stromversorgung und der Hardware des Drehratensensors.<br />

Der Sensor kann nicht ohne weiteres an eine normale Schnittstelle von Rechnern angeschlossen<br />

werden. Hierfür wurde ein spezieller Adapter benötigt. Die Stromversorgung kann<br />

nicht über die selbe Schnittstelle erfolgen, da der Drehratensensor zum einen eine Spannung von 5<br />

Volt mit einer Toleranz von ± 0,1 Volt, benötigt (die Schwankungen des Adapters sind zu groß),<br />

zum anderen ist beim Einschalten ein langsamer Anstieg auf die Betriebsspannung nötig, um das<br />

Gerät nicht zu beschädigen. Gelöst wurde dies, indem dem Sensor ein Bauteil vorgeschaltet wurde,<br />

das die Spannung in Form einer Rampe ansteigen lässt.<br />

Erst Ende 2002 konnten in umfangreichen Versuchen im Labormaßstab die Grundparameter des<br />

Meßsystems ermittelt werden. Zusätzlich wurde an der Fassade des Leichtweiß-Instituts eine 22<br />

Meter lange Versuchsstrecke angebracht, die horizontal verformt werden kann. Die ersten Versuche<br />

zeigen die Reproduzierbarkeit der Messdaten und die generelle Eignung des Inklinometers, Neigungen<br />

von senkrechten Rohren zu bestimmen. Der Bogen der Versuchsstrecke konnte mit dem<br />

Inklinometer gut abgebildet werden.<br />

Die noch bestehenden Probleme bei längerem Einsatz des Messsystems, die auf Spannungsschwankungen<br />

zurückzuführen sind, werden zur Zeit behoben, so dass im Herbst diesen Jahres mit Messungen<br />

auf Deponien begonnen werden kann.<br />

Zugversuche (Labor)<br />

Aufgrund der sehr zeitintensiven Entwicklung des Inklinometers, der Probleme bei der Installation


D1<br />

Fricke, Collins<br />

der Großtriaxialzelle (s.u.) sowie der zusätzlichen, nicht geplanten In-Situ-Versuche auf der Zentraldeponie<br />

Göttingen Deiderode, die im Folgenden beschrieben werden, wurde der im Antrag geplante<br />

Umbau des Zugversuchstandes in die 3. Phase verschoben.<br />

Diverse Untersuchungen am Schurf der Zentraldeponie Göttingen Deiderode (In-Situ)<br />

Auf der Zentraldeponie Göttingen Deiderode ergab sich die Möglichkeit, einen Schurf im Deponiekörper<br />

anzulegen und dort weitreichende In-Situ-Messungen durchzuführen. Es wurde ein ca. 10 m<br />

hoher und 10 m breiter Schurf (Abb. 7 und 8) in die Böschung des Polders 4 der Deponie gegraben.<br />

Insgesamt wurden ca. 750 m³ Abfall in den Neukörper umgelagert. Während der Aushubarbeiten<br />

wurden in vier Etagen jeweils zwei parallele Messstellen mit PE-HD-Rohren an der Wand des<br />

Schurfes angebracht. Die Rohre ragen ca. 4 bis 5 m in den Deponiekörper hinein und dienen u.a.<br />

der Vermessung der vertikalen Verformung des Deponiekörpers, der Bestimmung der Gaszusammensetzung<br />

und für Tracerversuche.<br />

Abb. 7: Skizze des Schurfes auf der Zentraldeponie Deiderode<br />

- 224 -<br />

Rinne für Tracerversuche<br />

Messrohr<br />

ca. ca. ca. 10 10 10 mm<br />

m<br />

ca. 10 m<br />

Abb. 8: Foto des Schurfes auf der Zentraldeponie Deiderode zum Zeitpunkt der Berichterstellung


- 225 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

Während der Aushubarbeiten wurden Proben entnommen, um den Abfall zu klassifizieren und die<br />

Lagerungsdichte zu bestimmen. Der Abfall des Schurfes wurde in 2,5-m-Schritten über die Höhe<br />

klassifiziert. Die Klassifizierung gemäß GDA-Empfehlung E 1-7 bildet zum einen die Grundlage<br />

für die Beurteilung des mechanischen Verhaltens des Abfallkörpers, da z.B. faserige und flächige<br />

Anteile Zugspannungen aufnehmen können und damit zu einer Erhöhung der Gesamtfestigkeit beitragen<br />

[KOCKEL 1995 und COLLINS et al. 1997]. Die ermittelten Zusammensetzungen dienten<br />

hier zum einen der Abschätzung der Standsicherheit der Böschung und zum anderen als Grunddaten<br />

für die Versuche zum mechanischen Verhalten, die im Labor durchgeführt werden. Zusätzlich<br />

diente die Klassifizierung der Bestimmung der chemischen Zusammensetzung des Abfalls. Die biochemischen<br />

Analysen wurden vom TP B5 durchgeführt und sind maßgeblich erforderlich für die<br />

Modellierung der biochemischen Umsetzungsreaktionen und deren Auswirkungen.<br />

Bestimmung der Lagerungsdichte (in-Situ)<br />

Eine wichtige Eingangsgröße für die Modelle der TP B5 und B6 sowie für alle mechanischen Versuche<br />

ist die Lagerungsdichte der Abfälle, da diese die physikalischen Eigenschaften direkt beeinflusst.<br />

Aufgrund der mit der Abfallüberlagerung verbundenen Setzungsprozesse muss theoretisch<br />

die Lagerungsdichte mit der Tiefe ansteigen. Jedoch stellten [WIEMER 1982 und SPILLMANN<br />

1988] fest, dass eine geringe Verdichtung während des Einbaus nicht durch Setzungsprozesse ausgeglichen<br />

werden kann. Da der Aufbau des Deponiekörpers von unten nach oben auch eine zeitliche<br />

Komponente besitzt, können unterschiedliche Verdichtungen oder gar unterschiedliche Abfallzusammensetzungen,<br />

die ebenfalls zu unterschiedlichen Lagerungsdichten führen, vorliegen. Um<br />

festzustellen, wie sich die Lagerungsdichte über die Deponiehöhe verändert, wurden über die Höhe<br />

des Schurfes ca. alle 2,5 m Proben entnommen. Die Proben wurden mit dem Bagger ausgehoben<br />

und auf einen LKW verladen und die Masse des Abfalls mittels der Deponiewaage bestimmt. Das<br />

ausgehobene Volumen wurde vor und nach dem Aushub vom TP C4 mit Laserscannern und mit<br />

GPS-Systemen vermessen. Jede Dichtebestimmung umfasste ein Abfallvolumen von ca. 15 m³.<br />

Die Messungen zeigen, dass die Lagerungsdichte bereits bei geringer Erhöhung der überlagernden<br />

Abfallauflast über die Tiefe (Abb. 9) signifikant zunimmt. Dies steht im Widerspruch zu ersten<br />

Vermutungen sowie den Messungen von [WIEMER 1982], der in seinen Untersuchungen tendenziell<br />

keine Erhöhung der Lagerungsdichte (Feuchtdichte) festgestellt hatte, wobei die Ergebnisse für<br />

die einzelnen Tiefen um bis zu 100 % variierten. Die Lagerungsdichte auf der Zentraldeponie Deiderode<br />

steigt hingegen über eine Höhe von nur etwa 4 m, das einer Auflasterhöhung von ca. 45 kN<br />

entspricht, sprunghaft um 29 % von 0,88 t/m³ (TS) auf 1,14 t/m³ (TS). Eine solch starke Erhöhung<br />

bezogen auf die geringe Auflasterhöhung kann nicht aus den Erfahrungen, die in den Ödometerversuchen<br />

gesammelt wurden (s.u.) hergeleitet werden. Wird die Erhöhung der Lagerungsdichte jedoch<br />

mit den bei [GERTLOFF 1996] angegebenen Daten berechnet, so ergibt sich für über eine ähnliche<br />

Tiefendifferenz von ca. 4 m (5,8 m bis 10,5 m) ebenfalls eine signifikante Erhöhung um 15,7 %.<br />

Bestimmung der Lagerungsdichte mit Ödometern (Labor)<br />

Um den Langzeiteinfluss geringer Auflasten zu überprüfen werden Langzeitversuche im Ödometer<br />

mit dem Abfall aus den bei der Erstellung des Schurfes entnommen Rückstellproben durchgeführt.<br />

Die Ergebnisse der ersten Versuche werden im Zusammenhang mit den durchgeführten Setzungsmessungen<br />

beschrieben. Zusammenfassend kann an dieser Stelle jedoch schon festgehalten werden,<br />

dass die Versuche die In-Situ gemessenen Werten bestätigen.


D1<br />

Fricke, Collins<br />

Höhe über UK Schurf [m]<br />

5 bis 7,5<br />

2,5 bis 5<br />

0 bis 2,5<br />

Dichte [t/m³]<br />

0,00 0,20 0,40 0,60 0,80 1,00 1,20 1,40 1,60 1,80<br />

Abb. 9: Lagerungsdichte über die Tiefe des Schurfes<br />

- 226 -<br />

Dichte FS<br />

Dichte TS<br />

Bestimmung vertikaler Bewegungen im Deponiekörper mit Hilfe der hydrostatische<br />

Höhenvermessung (in-Situ)<br />

Die Wand des Schurfes wurde, wie bereits beschrieben, in vier Höhenlagen mit jeweils zwei Messstellen<br />

mit Messrohren versehen. Pro Messstelle wurden zwei Messrohre eingebracht. In das erste<br />

Messrohr wurden die kontinuierlich arbeitenden Messgeräte des TP B5 eingebracht, das zweite<br />

Messrohr dient der Höhenvermessung der Rohre, d.h. der Bestimmung der vertikalen Verformung<br />

über die Länge (bzw. über den Abstand des Messpunktes zur Schurfböschung). Als Messsystem zur<br />

Bestimmung der vertikalen Bewegungen des Deponiekörpers wird die hydrostatische Höhenvermessung<br />

eingesetzt.<br />

Um Informationen über die 3-D-Verformung der Schurfwand sowie der seitlichen Schurfböschungen<br />

zu erhalten, wurden in die Wand sowie in die Oberfläche der Seitenböschung 80 cm lange<br />

Messanker eingebracht. Auf den Messankern wurden Messpegel installiert, die in ca. 8-wöchigem<br />

Rhythmus terrestrisch durch das TP C4 dreidimensional vermessen werden. Zusätzlich dienen die<br />

Messungen der Endpunkte der Messrohre als Indikatoren für die Verformung der Schurfwand. In<br />

regelmäßigen, größeren Abständen wird weiterhin der gesamte Polder mit einem RTK GPS-System<br />

vermessen.<br />

Die hydrostatische Höhenvermessung der Rohre weist an der Schurfkante eine vertikale Verformung<br />

von ca. 0,8 cm pro Monat für den Zeitraum zwischen August und November 2002 auf, die in<br />

den folgenden Monaten bis Mai <strong>2003</strong> deutlich auf ca. 0,3 cm pro Monat abnimmt (Abb. 10).<br />

Das Messrohr 1 liegt in der obersten Messrohrlage, d.h. ca. 2 m unterhalb der Schurfoberkante. Die<br />

terrestrische Vermessung der Messanker an der Schurfoberkante bestätigt die Größenordnung der<br />

Setzungen (Abb. 11).


Höhe NN [m]<br />

258,55<br />

258,50<br />

258,45<br />

258,40<br />

258,35<br />

258,30<br />

258,25<br />

258,20<br />

0 50 100 150 200 250 300 350 400 450<br />

Entfernung von Schurfkante [cm]<br />

- 227 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

Abb. 10: Ergebnisse der Hydrostatischen Höhenvermessung in den Messrohren des Schurfes auf<br />

der Zentraldeponie Deiderode<br />

[m]<br />

+0,020<br />

+0,000<br />

-0,020<br />

-0,040<br />

-0,060<br />

-0,080<br />

-0,100<br />

-0,120<br />

Rohr 1 27.05.03<br />

Rohr 1 07.11.02<br />

Rohr 1 08.10.02<br />

Rohr 1 01.08.02<br />

Punkt 47 Oben<br />

<strong>2001</strong> 11 29 2002 02 13 2002 06 03 2002 10 10 <strong>2003</strong> 06 04<br />

Punkt 47 X<br />

Punkt 47 Y<br />

Punkt 47 H<br />

Abb. 11: Dreidimensionale Lageveränderung des Messankers 47 am oberen Rand des Schurfes.<br />

Die Erstmessung erfolgte am 5.11.01.<br />

X und Y: Orthogonale Koordinaten im lokalen Koordinatensystem; H: Höhenkoordinate


D1<br />

Fricke, Collins<br />

Die Messungen weisen für einen Zeitraum von ca. einem Jahr eine Setzung von ca. 8 cm auf. Auffällig<br />

ist der nicht stetig verlaufende Anstieg der Setzungen. Sie steigen von Anfang bis Ende November<br />

<strong>2001</strong> von Null auf 2 cm, was zum großen Teil auf den Aushub und die damit verbundene<br />

Entspannung zurückzuführen ist. Über den Winter ist kein Anstieg der Setzungen zu beobachten.<br />

Sie steigen jedoch wieder deutlich im Verlaufe des Frühjahres an und steigen weiter über die<br />

feuchte Jahreszeit bis zum Oktober 2002. In diesem Zeitraum (6 bis 10/02) betragen die Setzungen<br />

wie bei den Messrohren im ähnlichen Zeitraum ca. 1 cm pro Monat. Die Setzungen werden anscheinend<br />

durch äußere Einflüsse, wie z. B. Niederschlagsintensitäten und Wassertransport, beeinflusst.<br />

Bestimmung des Einfluss der Wasserverlagerung auf das Setzungsverhaltens in Ödometern<br />

(Labor)<br />

Um den Einfluss der Wasserverlagerung auf das Setzungsverhaltens zu klären, wurde mit der<br />

Durchführung von Laborversuchen begonnen. In einem ersten Schritt wurde die Fraktion < 40 mm<br />

des Abfalls aus den Rückstellproben des Schurfes (7 m Tiefe) in Ödometer (� 23 cm) eingebaut<br />

und die Setzungen beobachtet sowie die Lagerungsdichten errechnet. Die Einbaudichte entsprach<br />

der In-Situ gemessenen Lagerungsdichte in der obersten Schicht von 0,65 t/m³ (TS). Das Ödometer<br />

1 wurde über eine Dauer von ca. 500 Stunden konstant mit einer Last von 60 kN/m² belastet, während<br />

im Ödometer 2 nach ca. 100 Stunden die Last auf 120 kN/m² gesteigert wurde. Bei beiden<br />

Ödometern ist eine signifikante Erhöhung der Lagerungsdichte (Trockendichte) feststellbar. Beim<br />

Ödometer 1 steigt der Wert um 41,3 % von 0,65 t/m³ auf 0,91 t/m³; beim Ödometer 2 steigt der<br />

Wert während der ersten Laststufe (60 kN/m²) um 39,2 % und in der zweiten Laststufe um weitere<br />

13,4 % auf 1,02 t/m³. Zusätzlich wurde in den Versuchen der Einfluss der Wasserverlagerung betrachtet.<br />

So wurde nach 366 h und nach 382 h die Probe mit Wasser überstaut. Das Wasser konnte<br />

durch die Probe fließen und unterhalb der Probe frei abfließen. Dabei zeigte sich, wie bereits in den<br />

In-Situ-Messungen beobachtet, dass die Setzungsgeschwindigkeit durch die Wasserverlagerung<br />

erhöht wird. Im Beispiel in Abb. 12 war die Setzungsgeschwindigkeit nach 366 Stunden auf 0,04 %<br />

der Ausgangshöhe innerhalb von 24 Stunden abgesunken. Nach der Wasserzugabe steigt die Setzungsgeschwindigkeit<br />

auf 0,89 % an, um nach einem Tag wieder auf ein geringeres Niveau abzusinken.<br />

Der gleiche Effekt tritt auch während der zweiten Wasserzugabe nach 382 Stunden auf (bei<br />

der angegebenen Setzungsgeschwindigkeit ist die unterschiedliche Zeitdauer zu beachten, so dass<br />

die Werte aus der ersten und zweiten Wasserzugabe nicht direkt miteinander verglichen werden<br />

können). Die Vermutung, dass die äußeren Bedingungen einen Einfluss auf die Setzungen haben,<br />

konnte mit den Versuchen daher bestätigt werden. Für gesicherte Aussagen zu den physikalischen<br />

Hintergründen dieses Effektes ist es aber noch zu früh. Hierzu werden zurzeit weitergehende Versuche<br />

mit verschiedenartigen Abfällen durchgeführt.<br />

- 228 -


Setzung pro 24h bezogen auf Ausgangshöhe [%]<br />

3,0<br />

2,5<br />

2,0<br />

1,5<br />

1,0<br />

0,5<br />

0,0<br />

120 69 29 14 7 4<br />

2,23<br />

- 229 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

Abb. 12: Setzungsgeschwindigkeit bei Langzeitversuchen im Ödometer � 23 cm unter geringen<br />

Auflasten (60 kN/m²) und unter Einfluss von Wasserzugabe<br />

Verglichen mit Daten aus der Literatur bzw. aus der eigenen Projekterfahrung bewegen sich die<br />

Setzungen im unteren bis üblichen Bereich für bereits abgeschlossene Deponiefelder. Dies ist maßgeblich<br />

auf zwei Einflüsse zurückzuführen. Zum einen wurde ein Teil des untersuchten Abfalls<br />

schon zweimal aufgenommen und umgelagert, so dass hier ein verstärkter Abbau der organischen<br />

Substanz stattgefunden hat. Zum anderen wurde der Abfall mehrfach eingebaut und offensichtlich<br />

gut verdichtet, so dass in dem Deponieabschnitt bereits eine hohe Trockendichte (s.o.), d.h. ein geringes<br />

Porenvolumen, vorliegt. Die Setzungen fallen daher geringer aus als bei geringer verdichteten<br />

frischen Abfällen. Dennoch betragen die Setzungen auch 8 Jahre nach Abschluss des Deponiefeldes<br />

noch ca. 10 cm im Jahr, was einen Hinweis auf die Überwachungsdauer von Deponiebauwerken<br />

erlaubt.<br />

Parallel zu den In-Situ-Versuchen wurde mit den Laborversuchen begonnen. Dabei waren - nach<br />

der Verschiebung der Ermittlung der Zugzone in die dritte Phase (aufgrund der Eigenentwicklung<br />

des Inklinometers, s. o.) - im Wesentlichen die Ermittlung der grundlegenden physikalischen Eigenschaften<br />

des Drucksetzungsverhaltens sowie des mehrdimensionalen Verformungszustandes von<br />

Abfallkörpern die zentralen Fragestellungen.<br />

Bestimmung von eindimensionalen Verformungen mit Ödometern (Labor)<br />

0,60<br />

0,12 0,15<br />

0,08 0,10 0,05 0,04<br />

Mit der Grundlagenermittlung zum eindimensionalen Verformungsverhalten wurde bereits 1998<br />

parallel zur ersten Phase des <strong>SFB</strong> begonnen. Dazu wurden Ödometer mit einem Durchmesser von<br />

23 cm konstruiert und betrieben. Weiterhin wurden Versuche in bereits am Leichtweiß-Institut<br />

existierenden Ödometern mit einem Durchmesser von 10 cm und 60 cm durchgeführt. Die Versuche<br />

wurden parallel auch während der zweiten Phase fortgeführt. Die Ergebnisse sind in<br />

[ZIEHMANN 2002] ausführlich beschrieben und sollen an dieser Stelle auszugsweise kurz zusammengestellt<br />

werden:<br />

� Einen entscheidenden Anteil an dem – im Vergleich zu Böden – deutlich unterschiedlichen<br />

Setzungsverhalten von Abfällen besitzt die erstmalig nachgewiesene auflastabhängige nichtvolumenkonstante<br />

Verformung fester Bestandteile (NVV). Sie tritt u.a. in der Stoffgruppe der<br />

nativen Organik auf. Sie kann in zwei unterschiedliche Wirkmechanismen unterteilt werden:<br />

0,89<br />

0,45<br />

0,11<br />

0,59<br />

0,11<br />

0,05<br />

0,07-0,13 0,07-0,13<br />

0,13-0,25 0,13-0,25<br />

0,25-0,5 0,25-0,5<br />

0,5-1 0,5-1<br />

1-2 1-2<br />

2-4 2-4<br />

4-8 4-8<br />

8-24 8-24<br />

24-75 24-75<br />

75-120 75-120<br />

120-145 120-145<br />

145-201 145-201<br />

201-221 201-221<br />

221-366 221-366<br />

366-367 366-367<br />

367-368 367-368<br />

368-382 368-382<br />

382-392 382-392<br />

392-410 392-410<br />

410-504 410-504<br />

Zeit [h]<br />

1. Wasserzugabe<br />

2. Wasserzugabe


D1<br />

Fricke, Collins<br />

� NVV unter Verringerung (Kompression) des innenliegenden, verschlossenen<br />

Luftporenvolumens und<br />

� NVV unter der Öffnung des verschlossenen Luftporenvolumens.<br />

� Die nicht-volumenkonstante Verformung unter Öffnung des verschlossenen Luftporenvolumens<br />

führt zu einer bleibenden Erhöhung der Materialdichte. Selbst bei mechanisch-biologisch<br />

behandeltem Abfall (geringer Anteil nativ organischer Substanz) beträgt der Anteil der<br />

NVV bis zu 30% der Gesamtsetzung. Er ist damit bei den durchgeführten Versuchen ähnlich<br />

groß wie der Anteil, der aus der Konsolidation (Austritt von Wasser) resultiert.<br />

� Es wurde gezeigt, dass die nicht-volumenkonstante Verformung fester Bestandteile im Abfall<br />

zu einem nicht-bodenähnlichen Verhalten des Abfalls führt. Die bisher übliche Vorgehensweise<br />

der Übertragung von Theorien aus der Bodenmechanik auf das mechanische Verhalten<br />

von Abfällen ist daher nicht zulässig.<br />

� Die in der Bodenmechanik häufig übliche (und dort meist auch zulässige) Mehrfachverwendung<br />

von Materialien in Laborversuchen ist für die Untersuchung an Abfällen oft nicht zulässig.<br />

Da ein Teil der Zerstörung der Bestandteile bereits bei der Verdichtung erfolgt, ist die<br />

Mehrfachverwendung auch in anderen Versuchen, bei denen eine Verdichtungsarbeit aufgebracht<br />

wird, ausgeschlossen.<br />

� Einen weiteren entscheidenden Einfluss auf das Setzungsverhalten von Abfallkörpern übt die<br />

unterschiedliche Verformbarkeit von Bestandteilen mit gleichem Steifemodul aber anderer<br />

Stückform aus, die in bodenmechanischen Theorien ebenfalls nicht berücksichtigt wird. Erste<br />

Versuche wurden mit der Stoffgruppe des weichen Kunststoffes durchgeführt. Diese Versuche<br />

haben gezeigt, dass dieser Einfluss bei geringen Auflasten sehr klein ist, bei großen Auflasten<br />

jedoch eine entscheidende Größenordnung besitzt, die bei Setzungsprognosen berücksichtigt<br />

werden muss.<br />

� Da sich die Randbedingungen im Labor mit der Probengröße und Geräteabmessung ändern<br />

und diese sich wiederum von denen In-Situ unterscheiden, ist es erforderlich, den Einfluss der<br />

Randbedingungen zu kennen. Da sich das mechanische Verhalten von Abfällen von dem des<br />

Bodens unterscheidet und die Stückgröße von Abfällen eine Untersuchung in bodenmechanischen<br />

Ödometern nicht zulässt, wurden erste Versuche durchgeführt, um den Einfluss der<br />

Probengrößen und der Verhältnisgrößen zwischen Probengröße und Stückgröße zu bestimmen.<br />

Für die Untersuchungen mit den unterschiedlich großen Ödometertypen zeigte sich, dass<br />

ein Mindestverhältnis von Probenhöhe zu maximaler Stückgröße von 4 keinesfalls unterschritten<br />

werden darf, da sich die Ergebnisse sonst nicht auf andere Versuchsgerätegrößen<br />

und damit auch nicht auf In-Situ-Verhältnisse übertragen lassen. Bei geringeren Verhältnissen<br />

können Ergebnisse auf der „unsicheren Seite“ erhalten werden, was im Falle einer Setzungsprognose<br />

zu einer Unterschätzung der Setzungen führt.<br />

� Bei den Versuchen zur Bestimmung der Wandreibung zeigte sich weiterhin, dass die Wandreibung<br />

bei der Untersuchung von Abfall etwa um den Faktor 3 größer ist als bei der Untersuchung<br />

an Böden. Diese Ergebnisse zeigen daher u. a., dass auch die Erddrucktheorie, welche<br />

in der Bodenmechanik die Grundlage zur Berechnung der Wandreibung bildet, nicht auf Abfälle<br />

übertragen werden kann.<br />

- 230 -


- 231 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

Bestimmung des Einflusses des Wassergehaltes auf das Setzungsverhalten mit Ödometern<br />

(Labor)<br />

Zurzeit werden im Rahmen des <strong>SFB</strong> weitere Ödometerversuche mit dem Ziel durchgeführt, den<br />

Einfluss des Wassergehaltes auf das Setzungsverhalten von Abfällen zu ermitteln. Hierzu werden<br />

Abfälle verschiedener Stückgrößenverteilung mit unterschiedlichem Wassergehalt und damit auch<br />

verschiedener Einbaudichte eingesetzt. Die ersten Ergebnisse lassen erkennen, dass eine allgemeine<br />

Aussage bezüglich der Erhöhung des Wassergehaltes und einer damit zu erwartenden Steigerung<br />

der Gesamtsetzung gemäß der Konsolidationstheorie nicht getroffen werden kann.<br />

Bestimmung von mehrdimensionalen Verformungen mit einer Großtriaxialzelle (Labor)<br />

Zur Bestimmung der mehrdimensionalen Verformungen waren Versuche im großvolumigen Triaxialgerät<br />

vorgesehen. Das Gerät wurde in den ersten Monaten der zweiten Phase in Zusammenarbeit<br />

mit einem Anlagenhersteller konstruiert und anschließend (März <strong>2001</strong>) bestellt. Die Auslieferung<br />

des Gerätes wurde für Juni <strong>2001</strong> bzw. nach konstruktiven Änderungen für August <strong>2001</strong> zugesagt.<br />

Nachdem das Gerät nicht zum zugesagten Zeitpunkt zur Verfügung stand, wurde die Rechtsabteilung<br />

der TU Braunschweig eingeschaltet und alle Rechtswege ausgeschöpft. Leider verzögerte sich<br />

die Lieferung trotz massivem Rechtseinsatzes bis zum April 2002. Nach der Lieferung der „Hardware“<br />

mussten zuerst eine geeignete Probenhülle und eine Abdichtungskonstruktion gegenüber den<br />

oberen und unteren Probenplatten gefunden sowie Versuche zum Gerätehandling durchgeführt werden.<br />

Hierbei stellte sich unter anderem heraus, dass die Probenplatten nicht passgerecht gefertigt<br />

waren und einige Anschlüsse fehlten bzw. nicht zu benutzen waren. Die Fertigung neuer Probenplatten<br />

mit den vom Leichtweiß-Institut entwickelten Anschlussmöglichkeiten nahm weitere Wochen<br />

in Anspruch. Mitte Januar <strong>2003</strong> waren auch diese Probleme behoben und erste Tests zur Gerätefunktion<br />

konnten durchgeführt werden. Dabei musste festgestellt werden, dass sich mit der mitgelieferten<br />

Software die Triaxialversuche nicht steuern ließen. Ende März <strong>2003</strong> war das Triaxialgerät<br />

dann funktionsfähig, so dass jetzt erste Kalibrierversuche durchgeführt werden, um z. B. den<br />

Einfluss der Steifigkeit des Probengummis oder der Vorschubgeschwindigkeit auf die Versuchsergebnisse<br />

zu überprüfen. Aufgrund der beschriebenen logistischen Fehlleistung des Anlagenherstellers<br />

konnten bisher leider keine Versuche mit Abfall durchgeführt werden. Mit den Versuchen wird<br />

jedoch zum jetzigen Zeitpunkt begonnen, so dass in Kürze erste Ergebnisse zu erwarten sind.<br />

2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen Öffentlichkeit<br />

auf die eigenen Arbeiten<br />

Die Ermittlung der Sickerwasseremissionen einer Abfalldeponie gehört zu den Standardaufgaben,<br />

die ein Deponiebetreiber gegenüber den Aufsichtsbehörden nachweisen muss. Die Messung der<br />

Sickerwasservolumina erfolgt dann i.d.R. im Zulauf zu der Kläranlage, eine Zuordnung zu einzelnen<br />

Deponieabschnitten ist manchmal möglich, eine Identifikation des Zulaufes zu einzelnen Sickerwasserohren<br />

innerhalb des Abschnittes jedoch nicht. Untersuchungen zu der kontinuierlichen<br />

sowie diskontinuierlichen Sickerwasservolumenermittlung, wie sie im Rahmen des TP D1 durchgeführt<br />

werden, werden unserem Wissen nach weder im nationalen als auch im internationalen Raum<br />

durchgeführt. Die Präsentation der Messverfahren und der Ergebnisse auf Tagungen [z.B. Ziehmann<br />

und Collins <strong>2001</strong>] stellte daher für die Teilnehmer einen neuen Aspekt des Monitorings von<br />

bestehenden Deponien dar. Die prinzipielle Notwendigkeit der detaillierten Sickerwasservolumenerfassung<br />

ist anerkannt, bei der Umsetzung in die Praxis muss jedoch berücksichtigt werden, dass<br />

die Deponietechnik in vielen Ländern noch nicht so weit wie in Deutschland fortgeschritten ist, und


D1<br />

Fricke, Collins<br />

daher andere Zielsetzungen zur Minimierung von Emissionen Vorrang haben.<br />

Die Schließung von zahlreichen Deponien bis 2005 führt dazu, dass seit einigen Jahren verstärkt<br />

Untersuchungen zum mechanischen Verhalten vor allem in Hinblick auf das Setzungsverhalten von<br />

Deponiekörpern durchgeführt werden. Vielfach werden dabei die Untersuchungsmethoden aus der<br />

Bodenmechanik übernommen, die jedoch nicht immer, z.B. bezüglich der Geräteabmessungen, die<br />

Besonderheiten von Abfällen berücksichtigen können. Die im Rahmen des TP D1 eingesetzten<br />

Großgeräte stellen zum Teil Unikate dar, mit denen auch zusätzliche abfallmechanische Aspekte<br />

(z.B. Zugfestigkeiten) ermittelt werden können. Über die Mitarbeit im AK 6.1 der Deutschen Gesellschaft<br />

für Geotechnik e.V. besteht ein enger Kontakt zu Wissenschaftlern, die auf diesem Gebiet<br />

in Deutschland arbeiten. Vor allem die Untersuchungen zum Einfluss des Wassergehaltes auf das<br />

Setzungs- und Festigkeitsverhalten der Abfälle sind an der University of Southampton (Großbritannien)<br />

und an der Federal University of Pernambuco (Brasilien) auf großes Interesse gestoßen, so<br />

dass ein Austausch von Wissenschaftlern sowie eine Koordination von Versuchen geplant ist.<br />

2.5 Offene Fragen<br />

In den vorherigen Antragsphasen lag ein Schwerpunkt in der Entwicklung von Messgeräten zur<br />

Ermittlung des Emissionsverhaltens von Siedlungsabfalldeponien. Die Ergebnisse der Sickerwasserabflussmessungen<br />

zeigen sowohl bei der kontinuierlichen als auch diskontinuierlichen Messdatenerfassung<br />

die große Varianz der lokalen Sickerwasserspende auf. Die Messungen müssen fortgeführt<br />

und erweitert werden, um eine bessere Datengrundlage für die Prognosemodelle, die zusammen<br />

mit den Teilprojekten A1, B5 und B6 erarbeitet werden, zu erhalten. Ergänzt werden die In-<br />

Situ-Messungen durch Laborversuche zur Ermittlung des Emissionsverhaltens. Ein wichtiger<br />

Schritt ist hierbei die Ermittlung der Übertragbarkeit von Laborversuchen auf die natürlichen Bedingungen.<br />

Die biochemischen Umsetzungsprozesse im Abfall und das mechanische Verhalten des Abfallkörpers<br />

sind z.T. eng miteinander gekoppelt. Die Umsetzungsprozesse führen zu einer Veränderung<br />

des Porenraumes des Abfallkörpers, so dass sich die Wasserwegigkeiten und damit auch die Wassergehalte<br />

in den Abfällen ändern. Die begonnenen Versuche in den Ödometern haben gezeigt, dass<br />

eine Veränderung des Wassergehaltes sich in erhöhten Setzungen niederschlagen kann. Die Folge<br />

ist eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Abdichtungssystems, so dass verstärkt Niederschlagswasser<br />

in den Deponiekörper einströmen kann und es zu einer Intensivierung der biochemischen<br />

Umsetzungsprozesse kommen kann.<br />

Über das mechanische Verhalten von Abfällen unter sich ändernden Wassersättigungsgehalten ist<br />

bisher sehr wenig bekannt. Inwieweit die Zugkräfte, die durch die im Abfall enthaltenen Fasern<br />

aufgenommen werden können, durch eine Erhöhung des Wassergehaltes beeinflusst werden, ist<br />

bisher nicht bekannt. In Abhängigkeit der Abfallzusammensetzung ist theoretisch eine Erhöhung,<br />

aber auch eine Erniedrigung der aufnehmbaren Zugkräfte möglich. Die Schadensfälle, die auf bestehenden<br />

Deponien beobachtet wurden, zeigen, dass häufig ein mechanisches Versagen von Deponiekörpern<br />

mit erhöhten Wassergehalten als Folge von z.B. Niederschlägen einhergeht.<br />

In der dritten Antragsphase sollen daher die Grundlagen des Spannungs-Verformungsverhaltens<br />

von Abfall erarbeitet werden, wobei besonderes Augenmerk auf den Wassergehalt der Abfälle gelegt<br />

wird. Ergänzt werden diese Laboruntersuchungen durch die In-Situ-Messungen auf Deponien.<br />

- 232 -


2.6 Literatur<br />

Bücher und Zeitschriften<br />

- 233 -<br />

D1<br />

Fricke, Collins<br />

BMBF (1999): Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben 1471038 „Validierung und Anpassung<br />

des Simulationsmodells HELP zur Berechnung des Wasserhaushaltes von Deponien für deutsche<br />

Verhältnisse, Herausgegeben vom Umweltbundesamt<br />

COLLINS, H.-J. und ZIEHMANN, G. (2000): Überwachung und Beurteilung von Deponien; Hier:<br />

Minimierung von Naturmessungen; <strong>Arbeitsbericht</strong> 1998 – 2000 des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>es<br />

<strong>477</strong>; Eigenverlag der Technischen Universität Braunschweig<br />

COLLINS, H.-J., KÖLSCH, F., ZIEHMANN, G. (1997): Veränderung des Tragverhaltens und der<br />

mechanischen Eigenschaften von Abfällen durch Alterung und Abbau, Abschlussbericht, Deutsche<br />

Forschungsgemeinschaft (DFG) Az. Co 76/26-1 bis -5<br />

COLLINS, H.-J.; RAMKE, H.-G. (1986): Einfluss der Entwässerung (Setzung) auf die Nutzungsdauer<br />

von Deponien gemischter Abfälle), Endbericht zum Forschungsvorhaben 2091 – B V e 26/81<br />

des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst<br />

DEPONIEVERORDNUNG (2002): Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung<br />

– DepV), Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln<br />

GDA-EMPFEHLUNGEN (1997): Geotechnik der Deponien und Altlasten, Deutsche Gesellschaft<br />

für Geotechnik (Hrsg.), 3. Auflage, und Fortschreibung in ZS Bautechnik, Ernst und Sohn Verlag,<br />

Berlin<br />

GERTLOFF, K.-H. (1996): Setzung und Dichte im Inneren einer Hausmülldeponie; Müll und Abfall,<br />

Heft 3, Erich Schmidt Verlag Berlin<br />

HAARSTRICK, A.; MÜNNICH, K.; ZIEHMANN, G.; NARANJO, NELSON MORA (<strong>2003</strong>): Erkundung<br />

von Gasbrunnen auf der Deponie Fallersleben und Abfalldatenerhebung zur Untersuchung<br />

von Überwachungsparametern sowie die Modellierung anaerober Abbauprozesse. Unveröffentlichter<br />

Bericht des Inst. Für Bioverfahrentechnik und des Leichtweiß-Institutes, Abt. Abfallwirtschaft<br />

HOLZLÖHNER, U.; AUGUST; H.; MEGGYES, T.; BRUNE, M. (1994): Deponieabdichtungssysteme,<br />

Statusbericht Forschungsbericht 201, BMFT<br />

JESSBERGER, H.-L.; GÜTTLER, U.; GRUNDHOFF, T.; KÖNIG, D. (1995): Sammlung und<br />

Auswertung von Feldmessungen zum Verformungsverhalten von Abfalldeponien unter Berücksichtigung<br />

der Abfalleigenschaften; Forschungsbericht zum DFG-Forschungsvorhaben Az: Gü/2-1<br />

KOCKEL, R. (1995): Scherfestigkeit von Mischabfall im Hinblick auf die Standsicherheit von Deponien,<br />

Schriftenreihe des Instituts für Grundbau der Ruhr-Universität Bochum, Heft 24, Eigenverlag<br />

KÖNIG, D.; KOCKEL, R. (1998): Ein Verfahren zur Abschätzung und Prognose von Oberflächensetzungen<br />

von Deponien, Bauingenieur, Heft 3,<br />

KREISLAUFWIRTSCHAFTS- UND ABFALLGESETZ (1994) : Gesetz zur Förderung der<br />

Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen; Bundesgesetzblatt<br />

I, Seite 2705<br />

KRÜMPELBECK, I. (2000): Untersuchung zum langfristigen Verhalten von Siedlungsabfalldepo-


D1<br />

Fricke, Collins<br />

nien, Veröffentlichung des Lehrstuhls für Abfall- und Siedlungswasserwirtschaft der Bergischen<br />

Universität – Gesamthochschule Wuppertal; Heft 3<br />

MÜNNICH, K. (2000): Evaluierung des Wasserhaushaltes von Siedlungsabfalldeponien, ZS Müll<br />

und Abfall Heft 11, Erich Schmidt Verlag, Berlin<br />

RAMKE, H.-G. (1991): Hydraulische Beurteilung und Dimensionierung der Basisentwässerung<br />

von Deponien fester Siedlungsabfälle – Wasserhaushalt, hydraulische Kennwerte, Berechnungsverfahren,<br />

Dissertation, Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Heft 114<br />

SPILLMANN (1988): Einflüsse verschiedener Deponietechniken einwohnergleichen Müll- und<br />

Klärschlammmassen auf die Nutzungsdauer von Abfalldeponien, Mitteilung des Leichtweiß-Instituts<br />

für Wasserbau der Technischen Universität Braunschweig, Heft 96<br />

TASi (1993): Technische Anleitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Behandlung von<br />

Siedlungsabfällen, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln<br />

WIEMER, K. (1982): Qualitative und quantitative Kriterien zur Bestimmung der Dichte von Abfällen<br />

in geordneten Deponien; Dissertation im Fachbereich Umwelttechnik der Technischen Universität<br />

Berlin, Eigenverlag<br />

ZIEHMANN, G. (2002): Setzung von Abfalldeponien – Theorie und Laborversuche zur Kennzeichnung<br />

von Einflussgrößen; Dissertation des Fachbereichs Bauingenieurwesen der TU Braunschweig;<br />

Cuvillier Verlag Göttingen<br />

ZIEHMANN, G., COLLINS, H.-J. (2000): Bestimmung von Sickerwasserspenden in Deponieentwässerungssystemen<br />

– Ein Beitrag zur innovativen Bauwerksüberwachung, ZS Bautechnik, Heft 9<br />

Kongressbeiträge<br />

DE POLI, F; FABRIZI, F; RINALDI, L (1999): Modelling landfill settlement for the design of biogas<br />

plant and top cover, 7. Waste Management and Landfill Symposium, Sardinia; CISA<br />

HUDSON, A; BEAVEN, R. P.; POWRIE, W. (<strong>2001</strong>): Interaction of water and gas in saturated<br />

household waste in a large scale compression cell, 8. Waste Management and Landfill Symposium,<br />

Sardinia; CISA<br />

KAVAZANJIAN, E ; MATASOVIC, N ; BACHUS, R. C. (1999): Large-diameter static and cyclic<br />

laboratory testing of municipal solid waste, 7. Waste Management and Landfill Symposium, Sardinia;<br />

CISA<br />

KÜHLE-WEIDEMEIER, M.; DOEDENS, H. (<strong>2003</strong>): Schließung von Siedlungsabfalldeponien –<br />

abfallwirtschaftliche Aspekte; 8. Münsteraner Abfalltage, Münsteraner Schriften zur Abfallwirtschaft,<br />

Band 6<br />

ZIEHMANN (2000): Influence of mechanical-biological pretreatment of municipal solid waste on<br />

the stability of landfills, International Symposium “Integrated life-cycle design of materials and<br />

structures”, Helsinki, Finnland, RILEM publications, Frankreich<br />

ZIEHMANN, G.; COLLINS, H.-J. (<strong>2001</strong>): Reduction of in-situ measurements of landfills, 8th Intern.<br />

Landfill-Symposium Cagliari, Italy<br />

- 234 -


Wissensbasiertes System „Messtechnik im Bauwesen“ zur Mess-<br />

datenerfassung und Auswertung innerhalb der Bauwerksüberwachung<br />

3. Zusammenfassung<br />

Prof. em. Dr.rer.nat.Dr.h.c.mult. H.G. Natke†<br />

Dipl.-Ing. P.G.Baum<br />

- 235 -<br />

A2<br />

Natke†<br />

Das Projekt ist ausgelaufen. In den drei Verlängerungsmonaten (Januar bis März <strong>2001</strong>) wurde deshalb<br />

lediglich noch die Dokumentation fertig gestellt und Source-Code-Säuberungen in SAMBA<br />

durchgeführt. Die Übergabe der Dokumentation von SAMBA erfolgte an Prof. Hosser (A1).<br />

Somit ist der letzte Arbeits- und Ergebnisbericht des Teilprojektes A2 gleichfalls der Abschlussbericht,<br />

erschienen im <strong>Arbeitsbericht</strong> 1998-2000.<br />

Das Projekt würde während der Laufzeit von 1998 bis <strong>2001</strong> mit 188.309 Euro gefördert.


- 236 -


Mehrkomponenten-Dehnungs- und Spannungsaufnehmer<br />

für das Monitoring von Bauwerken<br />

Abschlussbericht<br />

Prof. Dr.-Ing. M. Peters<br />

Dipl.-Ing. F. Tegtmeier<br />

3.1 Kenntnisstand bei Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

- 237 -<br />

C3<br />

Peters<br />

Um die Nutzungsfähigkeit eines Bauwerks mit Hilfe einer innovativen Bauwerksüberwachung<br />

sicherzustellen, müssen Informationen über den mechanischen Belastungszustand des Objektes<br />

vorliegen. Zur Aufnahme von mechanischen Spannungen wurden bisher verschiedene optische,<br />

akustische und magnetische Verfahren eingesetzt.<br />

Erste kontinuierliche Spannungsmessungen an Bauwerken nutzten vorrangig ölgefüllte Druckdosen<br />

FRANZ [1958]. Druckänderungen im Messvolumen werden mittels einer Membrane durch eine<br />

mechanische Übersetzung mit einem induktiven Weggeber gemessen. Die nur für den Verguss in<br />

Beton verwendbare Technik konnte keine großtechnische Anwendung finden.<br />

Im Betonbau hat sich stattdessen die permanente Messung der Spannungszustände durch<br />

faseroptische Medien bewährt. Sowohl intensitätsmodulierte Sensoren als auch Bragg-Gitter oder<br />

interferenzoptische Systeme nach dem Michelson oder Fabry-Pérot Verfahren werden verwendet.<br />

In der Praxis hat sich insbesondere das interferometrische, in CASANOVA [1999] beschriebene<br />

System SOFO als anwendungstauglich erwiesen. Die dort erläuterten Aufnehmersysteme kommen<br />

auch in dem bislang aufwendigsten Bauwerksüberwachungsprojekt der Bundesanstalt für<br />

Materialprüfung, Berlin, im neuen Lehrter Hauptbahnhof zum Einsatz HABEL [2002]. Hier wurde<br />

die Lichtleitertechnik aus Gründen der Langzeitstabilität gegenüber der DMS-Technik bevorzugt.<br />

Ein Vergleich verschiedener faseroptischer Sensoren unter Berücksichtigung der bauwerkstechnischen<br />

Eignung ist in HABEL [2000] ausführlich dargestellt.<br />

Die Nutzung von Lichtwellenleitern zur Spannungsmessung, insbesondere das System SOFO,<br />

ermöglicht auch die Überwachung ausgewählter Abschnitte in einem Messleiter. Dennoch ist die<br />

Messung von mechanischen Spannungen an einzelnen, spezifischen Punkten durch die zu geringe<br />

Längenauflösung nicht möglich. Faseroptische Sensoren erlauben durch ihre einachsige<br />

Ausrichtung keine Aufnahme von mehrachsigen Spannungszuständen in kompakten Baukörpern,<br />

insbesondere in Stahlkonstruktionen. Da sie zur Montage in der Betonkonstruktion eingegossen<br />

werden müssen, kann der Sensor nur in Neubauten eingesetzt werden. In Stahlbauwerken sind die<br />

Montagemöglichkeiten begrenzt, insbesondere lokale Spannungszustände an potentiellen Schwachstellen<br />

können nicht überwacht werden. Zu deren Bestimmung werden im Stahlbau vorrangig<br />

Dehnungsmessstreifen verwendet.<br />

Aufgrund ihrer durch moderne Digitalverstärker erreichbaren hohen Auflösung wurden Dehnungsmessstreifen<br />

(DMS) zum Standard in der industriellen Präzisionskraftmesstechnik. Unterschiedliche<br />

mechanische Größen wie Kraft, Drehmoment, Druck und Beschleunigung werden in verschiedenen<br />

Bereichen der Industrie mit dieser Technik gemessen.<br />

Aber schon mit dem Beginn der praktischen Anwendung von Dehnungsmessstreifen zeigte sich die


C3<br />

Peters<br />

Schwäche dieser Messaufnehmer bezüglich klimatischer Einflüsse. Bild 1 zeigt die durch<br />

Feuchtigkeitseinflüsse hervorgerufene Nullpunktverschiebung eines typischen Dehnungsmessstreifens<br />

bei Freiluftbewitterung. Der DMS wurde dabei mit einer den Vorgaben der Hersteller<br />

entsprechenden Silikon-Kapselung versiegelt<br />

und vor Regen und Lichteinflüssen geschützt.<br />

Lediglich die Einflüsse des umgebenden<br />

Klimas führten zu der Signaldrift. Geeignete<br />

Kunststoffdichtungen konnten in der<br />

Vergangenheit nicht annähernd eine den<br />

Bauwerken entsprechende Lebensdauer garantieren.<br />

In FRANZ [1958] wird deshalb schon<br />

früh die DMS-Technik für Langzeitmessungen<br />

in Bauwerken ausgeschlossen. Aufgrund des<br />

feuchtigkeitsbedingten Driftverhaltens des<br />

Nullpunktes von Dehnungsmessstreifen wurden<br />

in MAYER [1996] vorrangig sogenannte<br />

Scratch-Gauges zur Überprüfung des<br />

Kriechverhaltens von Bauwerken verwendet.<br />

Scratch-Gauges registrieren über ein Hebelsystem die Ausdehnungen einer Messstrecke als<br />

Nadelschriebe. Parallel durchgeführte DMS-Applikationen ermöglichen einen Vergleich des<br />

Denso Fettbinde<br />

Bitumenisolierung<br />

Universal Klebemasse K6TT<br />

Dehnungsmessstreifen<br />

Lötstützpunkt<br />

Bild 2: Optimierte DMS-<br />

Kapselung nach /6/<br />

Abdeckkit AK 22<br />

Bleimantel<br />

Cu-Draht<br />

Brückenverstimmung in mV/V<br />

Nullpunktverhaltens. Bei diesen Untersuchungen wurde<br />

auch eine optimierte Kapselung nach HOFSTÖTTER<br />

[1971] angewandt. Eine in Bild 2 skizzierte aufwendige<br />

Kombination von Kunststoffen, einer Fettschicht sowie<br />

einer Bitumenummantelung ermöglichte erstmals<br />

Messzeiten von bis zu 20 Jahren. Derartige<br />

Kapselungen von Dehnungsmessstreifen werden heute<br />

zu Versuchszwecken an Bauwerken verwendet.<br />

Großtechnische Anwendungen blieben aufgrund des<br />

erheblichen Aufwandes für die Applikation einer<br />

solchen Kapselung vor Ort aus.<br />

Um eine aufwendige Applikation der Messstreifen unter<br />

den widrigen Umständen der Baustellen zu umgehen und um gleichzeitig die empfindliche<br />

Messtechnik zu kapseln, bedarf es eines Aufnehmers, der die DMS in seinem Inneren schützt und<br />

der einfach und schnell an dem Bauwerk zu montieren ist.<br />

Ein solcher Aufnehmer kann als kleine Messeinheit lokale Änderungen an bestimmten Punkten<br />

aufnehmen oder in Form eines Auflagers oder Knotenpunktes im Bauwerk globale Lastzustände<br />

erfassen. Für den letztgenannten Einsatzzweck können kommerzielle Kraftaufnehmer mit<br />

langlebigen metallischen Kapselungen genutzt werden. Da diese jedoch selten den spezifischen<br />

Gegebenheiten einzelner Bauwerke entsprechen, wurden Spezialkonstruktionen entworfen und als<br />

vorgefertigte Einheit in Knotenpunkte des Überwachungsobjektes integriert. In BEHRENS [1983]<br />

wurden beispielsweise applizierte und gekapselte Ringsysteme in einen Brunnen eingefügt. In<br />

ähnlicher Weise wurden Untersuchungen an Pfahlgründungen BÖCKMANN [1983] oder<br />

Messungen der Zugkräfte in Bewehrungsbändern SOHNIUS [1982] mittels applizierter und<br />

gekapselter Aufnehmersegmente durchgeführt. Der hohe Aufwand für solche vorgefertigten<br />

- 238 -<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

0 50 100 150 200 250<br />

Dauer der Außenlagerung in Tagen<br />

Bild 1: Durch Luftfeuchtigkeit verursachte<br />

Nullpunktverschiebung eines DMS


- 239 -<br />

C3<br />

Peters<br />

Spezialaufnehmer reduziert die praktischen Anwendungen auf wenige Versuchsbauten zur<br />

Erprobung neuer Konstruktionstechniken.<br />

Andere Anwendungsfälle erlauben die Verwendung von herkömmlichen Kraft- und Wegaufnehmern<br />

aus der industriellen Fertigung, wie beispielsweise bei dem Austausch einer maroden<br />

Tragsäule im Brandenburger Tor MENGER [2002].<br />

Ein universell einsetzbarer Sensor zur Messung von lokalen Spannungszuständen in einer kleinen<br />

Messbohrung ist bis heute nicht erhältlich. Aufträge aus der Industrie für einen solchen Sensor an<br />

Spezialunternehmen aus dem Bereich des Kraftaufnehmerbaus scheiterten bisher an der<br />

Entwicklung eines geeigneten Adaptionsmodells.<br />

Die Entwicklung eines entsprechenden Modells war Schwerpunkt des Teilprojektes C3. Die<br />

Spezifikationen hinsichtlich Messbereich und Messunsicherheit wurden in Abstimmung mit den<br />

Teilprojekten A1, A2, B1 und B3 unter Berücksichtigung der dort entwickelten theoretischen<br />

Modelle festgelegt. Sie wurden an Ersatzbauwerken überprüft, die übergreifend für den <strong>SFB</strong> oder<br />

speziell für das Teilprojekt C3 erstellt wurden.<br />

Zur Kalibrierung des Sensors wurden Kalibrierkörper entwickelt, die sowohl den Eigenschaften des<br />

Adaptionsmodells als auch den Möglichkeiten der Belastungseinrichtungen angepasst sind. Eine<br />

Einrichtung für eine simultane Mehrkomponentenbelastung, wie sie zur Überprüfung des<br />

Adaptionsmodells benötigt wird, war bisher nicht bekannt. Eine entsprechende Einrichtung wurde<br />

an der PTB in der ersten und zweiten Förderperiode in Zusammenarbeit mit anderen PTB-Projekten<br />

erstellt.<br />

Die Einsatzmöglichkeiten bei zeitlich veränderlichen Lasten müssen durch Untersuchungen mit<br />

dynamischer Anregung bestimmt werden, da Präzisionskraftaufnehmer unter diesen Bedingungen<br />

deutliche Messabweichungen zeigen können KUMME [1995]. Die statisch bestimmte<br />

Empfindlichkeit des Sensors ist bei dynamischer Anregung zu überprüfen.<br />

Bezüglich der Simulation einer klimatisch verursachten Alterung existieren etwa 30 verschiedene<br />

DIN- und ISO-Normen. Sie lassen sich jedoch nicht uneingeschränkt auf die Bauwerksüberwachung<br />

übertragen. Höhere Temperaturschwankungen als z. B. in der OIML R60 Prüfnorm für<br />

Wägezellen müssen in den Testzyklen berücksichtigt werden. Die längere Lebensdauer für<br />

gegebenenfalls nicht austauschbare Sensoren fordert weitere, stark beschleunigte Alterungssimulationen.<br />

Zur Durchführung von derartigen Simulationen wurden die technischen<br />

Einrichtungen sowie die Erfahrung mit der Kapselung von DMS-Technik aus dem Bereich der<br />

Bauartzulassung für Wägezellen in der PTB genutzt.<br />

Für den zu entwickelnden Sensor mit seiner speziellen Geometrie sind Serienausführungen von<br />

DMS nur bedingt verwendbar. Daher ist gegebenenfalls ein spezielles DMS-Layout notwendig, das<br />

den Problemstellungen der Dehnungsmessung im Sensorinneren besser gerecht wird.


C3<br />

Peters<br />

3.2 Angewandte Methoden<br />

Die einzelnen Arbeitspunkte, die sich aus der Aufgabenstellung für das Teilprojekt C3 ergeben,<br />

sind in Bild 3 skizziert. Im Hinblick auf die Sensorentwicklung ist die Wahl von geeigneten Simulationsmethoden<br />

für die Bauwerksumgebung von besonderer Bedeutung. Die zugehörigen Modelle<br />

sind auf der linken Seite von Bild 3 dargestellt. Die daraus gewonnenen, auf der rechten Seite<br />

aufgeführten Ergebnisse sind mit ihren Quellen verknüpft. Die Zusammenarbeit mit anderen<br />

Teilprojekten des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>es ist mit einem * symbolisiert.<br />

Ersatzbauwerk<br />

(* ähnlich Bauwerk B3)<br />

stabförmiger<br />

Belastungskörper<br />

Testkörper Beton<br />

(* erbaut von C2)<br />

* <strong>SFB</strong>-Ersatzbauwerk<br />

Stahl (B3)<br />

Kalibrierungsmethoden<br />

(Kalibrierkörper, 6-Spannungskomponenten<br />

Referenzeinrichtung,<br />

dynamische Kalibrierung)<br />

Klimakammern/<br />

temperierte Wasserbäder<br />

Kapselung,<br />

Lebensdauer<br />

3.2.1 Labortechnische Simulation der Bauwerksumgebung<br />

Die Entwicklung und Optimierung des Adaptionsmodells, das die mechanische Kopplung von<br />

DMS und Bohrungsinnenfläche beschreibt, wurde mit Hilfe von Simulationskörpern durchgeführt.<br />

Sie dienten der Darstellung der Bauwerksumgebung und wurden im Interesse einer hohen<br />

Zuverlässigkeit des späteren Modells für die Erzeugung von „worst-case“-Bedingungen ausgelegt.<br />

Mit ihrer Hilfe sollten folgende Aufgaben gelöst werden:<br />

- Bestimmung einer geeigneten Adaptionsform unter simultaner Mehrkomponentenbelastung<br />

- Spezifikation der notwendigen Eigenschaften wie Messbereich und Messunsicherheit<br />

- Entwicklung und Überprüfung einer Messmethodik zur Schadensdetektion<br />

- Kalibrierung und Bestimmung der Übertragungsmatrix<br />

- beschleunigte Simulation der Alterung unter den klimatischen Eigenschaften der Bauwerksumgebung<br />

Die für diese Aufgaben entwickelten Simulationsmethoden und Vorgehensweisen werden im<br />

Folgenden beschrieben.<br />

- 240 -<br />

DMS-Layout<br />

Differenzmessverfahren<br />

geforderte Sensoreigenschaften<br />

Ergebnisse<br />

( * A1, A2, B1)<br />

Adaptionsmodell<br />

Sensor Sensor<br />

Bild 3: Wichtige Meilensteine der Projektbearbeitung


- 241 -<br />

C3<br />

Peters<br />

3.2.2 Universeller Belastungskörper zur Entwicklung des Adaptionsmodells für den Einsatz<br />

in verschiedenen statischen und dynamischen<br />

Belastungseinrichtungen<br />

Der in Bild 4 skizzierte rundstabförmige Belastungskörper<br />

wurde zur Bestimmung eines geeigneten<br />

Adaptionsmodells sowie zur Optimierung der Übertragungseigenschaften<br />

bei Mehrkomponentenbelastung<br />

entworfen. Er lässt sich mittels hydraulischer Spannbuchsen<br />

in die 1 kNm-Drehmoment-Normalmesseinrichtung<br />

der PTB einbauen. Durch ein Verschieben des<br />

Gegenlagers werden hier entsprechende Kraft- und<br />

Drehmomentkomponenten und somit Belastungs-<br />

Axialkraft<br />

Drehmoment<br />

Querkraft Biegemoment<br />

(mit je zwei Komponenten)<br />

zustände erzeugt, die mit Mehrkomponenten-Kraftaufnehmern an den Lagern der Lastachse<br />

gemessen werden ROESKE [1999]. Die erreichbaren Querkomponenten sind jedoch durch die<br />

begrenzte Belastbarkeit der Luftlager der Normalmesseinrichtung eingeschränkt, sodass Dehnungen<br />

am Bohrungsrand von über 1 ‰ nur für die Hauptkomponente des axialen Drehmomentes<br />

dargestellt werden können. Um entsprechende Belastungen in axialer Richtung zu erzeugen, wird<br />

der Belastungskörper in die 100 kN Kraft-Normalmesseinrichtung der PTB eingebaut, die sowohl<br />

Zug- als auch Druckbelastung ermöglicht. Für Biege- und Schubbelastungen wurden jeweils<br />

Hilfskörper zum Einbau in die Belastungseinrichtung gefertigt, die hohe Dehnungen in der<br />

jeweiligen Lastkomponente zulassen.<br />

Der tangentiale Spannungszustand am Bohrungsumfang des stabförmigen Belastungskörper lässt<br />

sich bei axialer Belastung durch eine analytische Näherungsformel beschreiben, die aus der<br />

Airyschen Spannungsfunktion abgeleitet ist:<br />

�<br />

t<br />

2<br />

2<br />

4<br />

� V<br />

F � a � a � �<br />

� �<br />

1 1 3 cos 2<br />

2<br />

2<br />

� � � 2<br />

4 �<br />

2π<br />

8 ( 1 sin ) �� �<br />

� � �<br />

�� �<br />

r R Rr � � r � r � �<br />

a und �� kennzeichnen dabei die Polarkoordinaten um die Bohrungsachse, r bezeichnet den<br />

Bohrungsradius, R den Radius des Stabquerschnittes.<br />

Der stabförmige Belastungskörper hat sich aufgrund seiner schnellen Montage in verschiedenen<br />

Belastungseinrichtungen bei einer Vielzahl von Messungen zur konstruktiven Optimierung des<br />

Sensors bewährt. Der Belastungskörper wurde aus einer hochwertigen Legierung gefertigt, wie sie<br />

auch im Kraftaufnehmerbau verwendet wird, um Messabweichungen durch die Einflüsse des Stahls<br />

zu minimieren und hohe Dehnungen zu ermöglichen. Mit einer im Bohrungsbereich verjüngten<br />

Ausführung des Stabs wurden Dehnungen am Bohrungsrand von über 2 ‰ dargestellt.<br />

Die stabförmigen Belastungskörper wurden auch zur Untersuchung der dynamischen Empfindlichkeit<br />

genutzt. Herkömmliche Kraftaufnehmer zeigen teilweise erhebliche Abweichungen von<br />

ihrer statischen Empfindlichkeit bei dynamischer Anregung KUMME [1995]. Um diese Einflüsse<br />

für die Bauwerkssensoren zu beschreiben, werden sie, in einem Belastungsstab montiert, auf einem<br />

Schwingerreger dynamisch untersucht. Hierzu wird sowohl der in KUMME [1995] erläuterte<br />

Versuchsaufbau als auch die in WEIßENBORN [2000] vorgestellte Mehrkomponenten-Beschleunigungs-Normalmesseinrichtung<br />

verwendet, die dynamische Kräfte bis 10 kN darstellen kann.<br />

x<br />

y<br />

z<br />

Sensor<br />

Bild 4: Stabförmiger Belastungskörper<br />

( 1)


C3<br />

Peters<br />

3.2.3 Kalibrierkörper<br />

Bild 5: Rundkalibrierkörper mit Auflagern (links),<br />

montiert in einer Kraft-Normalmesseinrichtung (rechts)<br />

Für die Kalibrierung wurde der in Bild 5 gezeigte runde Kalibrierkörper zur Darstellung ebener<br />

Spannungszustände entwickelt. Der in die mittige Sensorbohrung eingebaute Sensor wird in<br />

Schritten von vorzugsweise 5 Grad mit dem Rotationskörper in den Auflagern gedreht und in einer<br />

Kraft-Normalmesseinrichtung belastet. Die Kalibrierung in unterschiedlichen, relativ zum Sensor<br />

orientierten Rotationslagen der Hauptspannung erfolgt so ohne Demontage des Sensors.<br />

Die tangentialen Spannungszustände an der Bohrung<br />

wurden nach GIRKMANN [1958] aus der Airyschen<br />

Spannungsfunktion abgeleitet. Es ergibt sich eine<br />

Funktion, die einen Gleichanteil und einen mit doppelter<br />

Ortsfrequenz um den Bohrungsumfang umlaufenden<br />

kosinusförmigen Anteil enthält.<br />

Einen ähnlichen Verlauf wie die tangentialen Spannungen<br />

im Bohrungsumfang zeigen auch die in Bild<br />

6 mit dem nachfolgend beschriebenen Adaptionsmodell<br />

erhaltenen Messwerte. An die Ausgangssignale<br />

wurden Sinusfunktionen mittels der Methode der<br />

kleinsten Quadrate angepasst. Aus dem Vergleich der<br />

jeweiligen Ausgleichsfunktion der Messsignale mit<br />

den dazugehörigen Hauptspannungen und deren<br />

Richtung ergibt sich eine zugeordnete Kalibriergleichung, die beispielhaft für eine Viertelbrücke<br />

eines Sensors in (2) dargestellt ist.<br />

� �<br />

�2� �10��<br />

� �<br />

� �<br />

M � 0, 92 �(<br />

� H 1 � � H 2)<br />

� 0,<br />

30�<br />

( � H 1��<br />

H 2)<br />

�cos<br />

2<br />

M ist dabei der Messwert in mV/V, ��H1 und ��H2 die Dehnung in den Hauptspannungsrichtungen, �<br />

beschreibt deren Winkelorientierung bezüglich des Sensors. � Die drei unbekannten ebenen Spannungskomponenten<br />

können so aus drei Messsignalen bestimmt werden.<br />

- 242 -<br />

Signal einer Messbrücke in mV/V<br />

0,1<br />

0<br />

-0,1<br />

-0,2<br />

-0,3<br />

-0,4<br />

-0,5<br />

0 90 180 270<br />

Rotationswinkel des Kalibrierkörpers in Grad<br />

Bild 6: Messsignale eines Sensorkanals<br />

bei der Kalibrierung


2.2.4 Mehrkomponenten-Referenzeinrichtung<br />

Die Anwendung der im Teilprojekt C3 entwickelten<br />

Sensoren zur Messung räumlicher Spannungskomponenten<br />

setzt eine entsprechende Untersuchung und Kalibrierung<br />

dieser Sensoren unter mehrkomponentiger<br />

Belastung voraus. Da die vorhandenen Messeinrichtungen<br />

dafür nur sehr eingeschränkt zu nutzen sind, wurde<br />

eine neuartige Mehrkomponenten-Messeinrichtung<br />

konzipiert und erbaut. Verschiedene Konzepte des mechanischen<br />

Aufbaus wurden untersucht. Bei der gewählten<br />

Konstruktion sind ein Antriebssystem zur Erzeugung<br />

der Lasten und ein Messsystem zu deren Messung<br />

jeweils als Parallelkinematik in Form einer Hexapode<br />

realisiert (Bild 7). In die Hexapodenglieder wurden<br />

auf der Antriebsseite Aktoren (Elektromotore) und<br />

auf der Messseite Sensoren (kalibrierte Kraftaufnehmer)<br />

integriert. Zwischen den beiden Hexapodensystemen<br />

wird der zu kalibrierende Aufnehmer eingespannt. Der<br />

Aufbau wird durch einen Maschinenrahmen komplettiert.<br />

- 243 -<br />

C3<br />

Peters<br />

Im Rahmen der Bearbeitung dieses Unterprojektes wurden die theoretischen Grundlagen der Zerlegung<br />

der darzustellenden Kraft- und Momentvektoren in die mit Hilfe der Kraftaufnehmer messbaren<br />

Podenkräfte erarbeitet. Für die Erzeugung eines gegebenen Lastzustandes ist es notwendig, die<br />

zugehörigen Kräfte in den Poden berechnen zu können. Umgekehrt müssen auch aus den gemessenen<br />

Podenkräfte die generierten Kraft- und Momentvektoren ermittelt werden. Für beide Verfahren<br />

ist die Geometrie der Hexapoden von entscheidender Bedeutung. In numerischen Simulationen<br />

wurden die Parameter einer in Bild 8 gezeigten Hexapodenanordnung dahin gehend optimiert, dass<br />

möglichst große Messsignale in den verschiedenen räumlichen Richtungen der Lastvektoren resultieren.<br />

Bild 9 zeigt beispielhaft die in der Messpode 1 resultierende Kraft für alle verschiedenen<br />

räumlichen Richtungen eines darzustellenden Kraftvektors mit dem Betrag von 1 kN.<br />

Unsicherheitsbetrachtungen ergaben, dass die Position der Hexapoden auf 0,01 mm bekannt sein<br />

muss. Um die geforderte Genauigkeit zu ermöglichen, wurde die Geometrie auf einer Koordinatenmesseinrichtung<br />

bestimmt. Da das für das gesamte<br />

Hexapodensystem technisch nicht mit<br />

vertretbarem Aufwand zu realisieren ist, wurden<br />

die einzelnen Baugruppen (die Grund- und<br />

Deckplatten sowie die Poden) kalibriert und die<br />

resultierende Geometrie berechnet. Ein solches<br />

Vorgehen war möglich, weil die Hexapodenglieder<br />

über biegeweiche elastische Gelenke<br />

verfügen, in denen die Anpassung an die kleinen<br />

fertigungsbedingten Längenabweichungen erfol-<br />

gen kann. Die Gelenke haben aber noch eine<br />

andere wichtige Aufgabe. Die Belastung der<br />

Messhexapode ist mit Verformungen verbunden,<br />

3 m<br />

feste Platte<br />

bewegliche<br />

Platte<br />

Antriebe<br />

Prüfling<br />

Kraftauf-<br />

nehmer<br />

Grundplatte<br />

Bild 7: Prinzipdarstellung der Mehrkomponenten<br />

Kraft- und Drehmoment-Normalmesseinrichtung<br />

Bild 8: Hexapodenanordnung der<br />

Referenzkraftaufnehmer


C3<br />

Peters<br />

und auch die Kraftaufnehmer in den Poden messen die<br />

wirkende Kraft mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen<br />

über die eingeprägten Dehnungen. Die Änderung der<br />

Geometrie ist bei der Umrechnung zwischen<br />

Podenkräften und externem Kraft- bzw.<br />

Momentvektor zu berücksichtigen. Sie sind mit der<br />

Generierung sogenannter Störkomponenten, also von<br />

Biege- und Drehmomenten sowie Querkräften in den<br />

Messpoden verbunden, die einen Einfluss auf die<br />

Eigenschaften der Kraftaufnehmer ausüben können.<br />

Es war sicherzustellen, dass die aus der Verformung<br />

resultierenden Störkomponenten minimal sind. Der<br />

Ansatz, an den Gelenkstellen spezielle Kugelgelenke<br />

zu verwenden, wurde wegen der in Experimenten<br />

Bild 9: Belastung einer Messpode<br />

bestimmten zu großen Reibmomente verworfen. Statt<br />

dessen wurden die bereits genannten elastischen Federelemente<br />

entwickelt und mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode optimiert.<br />

Zum Zeitpunkt der Berichterstattung ist die Messeinrichtung vollständig aufgebaut und elektrisch<br />

angeschlossen. Die Steuerungssoftware und die Bedienoberfläche für die Kalibrierung sind implementiert<br />

und es laufen erste Testmessungen. Es ist geplant, bis zum Ende der laufenden Förderperiode<br />

erste Kalibrierungen durchzuführen.<br />

2.2.5 Ersatzbauwerk<br />

Die Untersuchung von bauwerkstypischen Schäden und die Entwicklung eines Messverfahrens zur<br />

Schadensdetektion wurde im Labor an Ersatzbauwerken durchgeführt, die in Form eines Trägers<br />

ausgelegt und mit den für den Brückenbau typischen Schwachstellen versehen wurden.<br />

Typische Strukturveränderungen und Risse können durch ein Differenzmessverfahren frühzeitig<br />

erkannt werden. Dafür werden zwei Sensoren in ihrem Signalverhalten miteinander verglichen. Der<br />

Adaptionsort ist so zu wählen, dass sich die lastabhängigen Ausgangssignale im schadensfreien Zustand<br />

nur um einen konstanten Faktor unterscheiden, wie es auf der linken Seite des Diagramms in<br />

Bild 10 dargestellt ist.<br />

Mittels einer Empfindlichkeitsanpassung am Messverstärker wird die Signaldifferenz auf Null abgeglichen.<br />

Da Schadensformen in ihrer Anfangsphase nur lokale Auswirkungen haben, ist zunächst<br />

nur die Spannungsmatrix des defektnahen Sensors betroffen, der daraufhin eine Signaländerung<br />

zeigt. Der andere Sensor bleibt unbeeinflusst und als Ergebnis tritt ein Differenzsignal zwischen<br />

den Sensoren auf. Ein simulierter Signalverlauf für das Beispiel einer Rissentwicklung ist in Bild 10<br />

dargestellt.<br />

- 244 -


Detektionssensor<br />

Referenzsensor<br />

Bild 10: Ersatzbauwerk und Differenzmessverfahren<br />

- 245 -<br />

C3<br />

Peters<br />

Im rechten Diagrammteil ist die Änderung des Differenzsignals mit fortschreitender Risslänge bei<br />

konstanter Belastung abgebildet. FEM-Simulationen zeigen, dass sich allgemein geeignete Adaptionsorte<br />

für zu überwachende Schwachstellen finden lassen. Die Adaptionsorte lassen sich in einem<br />

tabellarischen Regelwerk zusammenfassen, sodass keine individuelle FEM-Analyse für jede Sensorapplikation<br />

erforderlich ist.<br />

Die FEM-Simulation von Schäden wurde in mehreren Schritten vollzogen. Zuerst wurden in einem<br />

globalen Modell des Trägers die Spannungszustände im Bereich der Schwachstellen untersucht.<br />

Anschließend wurden diese Bereiche entsprechend den Untersuchungen im Teilprojekt B3 im<br />

Detail analysiert, die Ergebnisse verglichen und mit Messungen am Ersatzbauwerk des TP B3<br />

bestätigt. Aus den Berechnungen und experimentellen Daten lassen sich die notwendigen<br />

Eigenschaften des Messaufnehmers bezüglich Messbereich und Messunsicherheit für eine<br />

zuverlässige Schadensdetektion ableiten. Die gewonnenen Ergebnisse lassen sich außerdem zur<br />

Überprüfung der bei der Kalibrierung ermittelten Übertragungsmatrix verwenden.<br />

Für den Laborversuch an der PTB wurde ein Aufbau entwickelt, der eine Variation der Lasteinleitungsposition<br />

zwischen den beiden oberen Lasteinleitungsstegen des Versuchskörpers ermöglicht<br />

(Bild 11). Bei der Konstruktion war zu beachten, dass keine Störkomponenten durch statische<br />

Überbestimmung in das Ersatzbauwerk eingeleitet werden können. Die Kräfte in den einzelnen<br />

Laststegen wurden jeweils mit einem Präzisionskraftaufnehmer bestimmt.


C3<br />

Peters<br />

Oberer Zentrierring<br />

Lagerschalen mit Wälzkörper<br />

Krafteinbringungsstücke,<br />

mit dem Ersatzbauwerk<br />

verschweißt<br />

3.2.6 Prüfungen an Beton<br />

Um Untersuchungen an Beton durchführen zu können, wurde eine<br />

Vorrichtung gefertigt, mit der die Prüfkörper in einer Kraft-Normalmesseinrichtung<br />

der PTB belastet werden können. Der in Bild 12<br />

gezeigte Aufbau dient der Adaption des Sensors in vorrangig für<br />

Druckbelastungen ausgelegten Werkstoffen wie Beton oder Stein. Für<br />

erste Untersuchungen wurde ein Belastungskörper verwendet, der aus<br />

derselben Betonmischung wie das Ersatzbauwerk des Teilprojektes B9<br />

hergestellt wurde. Der Betonwürfel wird mit druckweichen Bleiplatten<br />

in die Montagehalterungen eingebaut. Mit dem Aufbau wurde eine<br />

Ausführungsform des Adaptionsmodells für Messungen in Beton<br />

optimiert und die Möglichkeit eines eventuellen Einsatzes des Sensors in<br />

diesem Werkstoff untersucht.<br />

3.2.7 Alterungssimulation<br />

Ersatzbauwerk mit DMS Applikationen<br />

Lagerschalen mit Wälzkörper aus vergütetem Rundstahl 40 mm<br />

Hauptträger IPBv 200 - DIN 1025<br />

Bild 11: Versuchsaufbau Ersatzbauwerk<br />

Oberer Träger zur<br />

Kraftübertragung<br />

Kraftaufnehmer C4 100 kN,<br />

mit dem Unterstück verschraubt<br />

Zentrierring, mit 4 Stiften und 2 Spannelementen fixiert<br />

Eine dauerhafte Kapselung der DMS vor äußeren Einflüssen muss gewährleistet sein, um eine dem<br />

Bauwerk angepasste Lebenserwartung zu erreichen. Durch eine geeignete Wahl der Stahllegierung<br />

für das Sensorgehäuse beschränkt sich das Problem der Alterung auf den DMS und seine Verklebung.<br />

Die Lebensdauer des Sensors wird somit von der Kapselung des sensiblen Innenbereichs bestimmt.<br />

Für den Sensor wurden auch verschiedene Kunststoffe als Schutzmaterial untersucht. Der Innenraum<br />

des Sensors wird mit einer PTFE-Membrane verschlossen, die den Vorteil des Druckausgleichs<br />

zwischen Sensorinnerem und Umgebung bietet. Gleichzeitig wird die Sensibilität von Glasdurchführungen<br />

gegenüber starken Temperaturschwankungen umgangen. Der eigentliche Schutz<br />

der DMS vor der unerwünschten Feuchtigkeit wird durch eine Kunststoffschicht erreicht. Ein<br />

Großteil der Kunststoffe ermöglicht jedoch eine erhebliche Wasserdiffusion - eine 20 g Probe herkömmlichen<br />

Silikongummis nimmt z. B. bis zu 0,5 g Wasser auf.<br />

- 246 -<br />

Bild 12: Prüfungen an<br />

Beton


- 247 -<br />

C3<br />

Peters<br />

Es wurden deshalb verschiedene Abdeckmaterialien in einem temperierten Wasserbad erprobt. Die<br />

mit Schutzschichten versehenen DMS waren hierbei auf einer Stahlplatte appliziert (Bild 13). Eine<br />

Vielzahl von Gummiarten, Acrylate, Epoxidharze und Wachsschichten wurde auch auf Kombinationseffekte<br />

verschiedener Materialien untersucht, wobei ggf. eine zusätzliche Metallfolienabdeckung<br />

zur Anwendung kam. Anhand der gewonnenen Untersuchungsergebnisse wurden Prüfmuster von<br />

Sensoren erstellt. Sie wurden in Zugstäbe montiert und in Klimakammern untersucht (Bild 14).<br />

Hierbei kam die DIN IEC 68 2-30 zur Anwendung, die in der PTB die Grundlage für die Bauartzulassung<br />

von Wägezellen darstellt. Zur Anpassung an eine realistische Bauwerksumgebung mussten<br />

Versuche mit einer erhöhten Maximaltemperatur und mit einem zur Kondensatbildung führenden<br />

Temperatur- und Feuchteverlauf durchgeführt werden. Zwischen den Klima-Prüfzyklen erfolgte<br />

eine Untersuchung der in den Zugstäben eingebauten Sensoren auf Änderung ihrer Nullsignale und<br />

Empfindlichkeiten bei definierter Belastung in einer Kraft-Normalmesseinrichtung.<br />

Zur Zeit sind Prüfplatten auf einem Gebäudedach der Freiluftbewitterung ausgesetzt, um eine Korrelation<br />

zur beschleunigten Alterung im Wasserbad zu bestimmen. Erste Ergebnisse deuten auf einen<br />

Faktor größer als 200 hin. Das Ziel ist hier die Angabe einer zuverlässigen Lebensdauerprognose<br />

aus dem Korrelationsfaktor zwischen der normalen Freiluftalterung und den beschleunigten<br />

Alterungsformen.<br />

Bild 13: Edelstahlplatte zur Wasserbadlagerung mit<br />

verschiedenen Kapselungsmaterialien<br />

3.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

3.3.1 Adaptionsmodell<br />

Bild 14: Zugstäbe mit montierten, gekapselten<br />

Sensoren in der Klimakammer<br />

Mit dem Adaptionsmodell wird die mechanische Verbindung der Bohrungsinnenfläche im Bauwerk<br />

mit den im Sensor applizierten DMS beschrieben. Durch seine Ausführung werden vorrangig die<br />

Eigenschaften des Sensors definiert. In der ersten Projektphase wurde diesem Aufgabenpunkt eine<br />

besondere Beachtung geschenkt, um für alle spezifisch von der Adaptionsform abhängenden<br />

weiteren Arbeitspunkte eine zuverlässige Ausgangsbasis zu schaffen. Bei der theoretischen<br />

Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Sensor und Bauwerk wurden sowohl verschiedene<br />

Adaptionsmodelle als auch deren jeweilige Rückwirkung auf das Bauwerk betrachtet. Die<br />

Adaptionsmodelle lassen sich durch zwei Extreme eingrenzen. Im Fall eines sehr weichen Sensors<br />

wird der Dehnungszustand der Bohrung nicht verändert, dagegen kann ein sehr harter Sensor den


C3<br />

Peters<br />

Ausgangszustand vor Einbringen der Bohrung wiederherstellen. Analytische, numerische und<br />

experimentelle Untersuchungen zeigen, dass eine Bohrung zu einer Spannungsüberhöhung am<br />

Bohrungsrand führt, die in Abhängigkeit der geometrischen Bedingungen den Faktor 2 bis 3<br />

erreichen kann. Die Ergebnisse werden in NEUBER [1958] und GIRKMANN [1954] bestätigt. Der<br />

Sensor kann uneingeschränkt in Bereichen appliziert werden, in denen vor dem Einbringen der<br />

Messbohrung keine Dehnungen von über 1 ‰ zu erwarten sind. Höhere Dehnungen sind zwar<br />

messbar, die Applikation muss jedoch im Einzelfall überprüft werden. In hochbelasteten Bereichen<br />

kann es zu plastischen Verformungen am Bohrungsrand kommen.<br />

Die Rückwirkung einer Sensorbohrung auf die zu überwachenden Schwachstellen wurde in<br />

Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt B3 mittels numerischer Modelle untersucht. Dabei wurden<br />

besonders die typischen Sensorpositionen des Differenzmessverfahrens überprüft. Hierbei zeigten<br />

sich keine signifikanten Rückwirkungen. Für verschiedene Modelle blieben die durch die Bohrung<br />

verursachten Spannungsänderungen in den hochbelasteten Eckbereichen innerhalb der Unsicherheit<br />

der numerischen Berechnung.<br />

Bezüglich der Adaptionsform wurden über 50 Modelle untersucht. Sie sind Variationen vier<br />

verschiedener Grundtypen, die sich in ihrer Befestigungsart unterscheiden. Die Vor- und Nachteile<br />

der unterschiedlichen Adaptionsmodelle werden nachfolgend genauer beschrieben.<br />

3.3.1.1 Adaption durch Presspassung<br />

Die Adaption durch eine Presspassung<br />

wurde in drei Varianten untersucht<br />

(Bild 15). Der Sensor wurde als übermaßiger<br />

Ring eingepresst, thermisch<br />

gestaucht in die Bohrung eingebracht<br />

HBM<br />

oder als stark übermaßiger, geschlitzter<br />

Ring eingesetzt. Für jede Variante<br />

wurden verschiedene Bauformen aus<br />

Aluminium und Stahl getestet. Um Bild 15: Varianten von einpressbaren Sensoren<br />

eventuelle negative Auswirkungen von<br />

einbaubedingten Vorspannungen auf die DMS zu vermeiden, wurden sie teilweise erst nach dem<br />

Einbau appliziert. Alle Variationen führten zu unbefriedigenden Ergebnissen. Die Messsignale<br />

erreichten nur etwa 20 % der Werte, die eine FEM-Berechnung ohne Berücksichtigung innerer<br />

Gleitungen ergab. Starke Hystereseeigenschaften verursachten Messunsicherheiten, die bei keiner<br />

der Bauformen im Dehnungsmessbereich bis 1 ‰ unter 20 % lagen. Für die in der Bauwerksüberwachung<br />

auftretenden Dehnungen erwiesen sich alle beschriebenen Ausführungsformen<br />

einer Presspassung als ungeeignet. Gegen die Adaptionsform sprechen zudem die erforderlichen<br />

geringen Bohrungstoleranzen, die Gefahr des Verkantens beim Einbau sowie der Bedarf an<br />

Kühlmitteln bei der thermischen Presspassung.<br />

- 248 -<br />

HBM<br />

HBM<br />

HBM


3.3.1.2 Adaption durch Verschraubung<br />

- 249 -<br />

C3<br />

Peters<br />

In verschiedenen Ausführungen und<br />

Applikationsformen wurde eine Verschraubung<br />

des Sensors mit dem Bauwerk<br />

untersucht. Gewindehülsen (Bild 16)<br />

HBM<br />

wurden entweder mit DMS-applizierten<br />

Innenmembranen oder mit einer Innenumfangsbeklebung<br />

versehen. Die Eintauchtiefe<br />

in die Gewindebohrung wurde<br />

variiert und der Sensor mit einer Kontermutter<br />

verspannt. Die Adaption durch<br />

Verschraubung ergab ebenfalls keine<br />

Bild 16: Varianten von verschraubbaren Sensoren<br />

befriedigenden Ergebnisse. Stark nichtlineares Verhalten und erhebliche Hystereseerscheinungen<br />

führten zu Messunsicherheiten größer als 10 Prozent, was vermutlich durch Gleitungen an den<br />

Gewindeflanken verursacht wird. Die Messungen bestätigten auch, dass bei einer<br />

Schraubverbindung nur die ersten Gewindeflanken belastet werden. Befindet sich die<br />

Applikationsstelle der DMS im Aufnehmer hinter dem vierten Gewindegang, kommt es zu einer<br />

starken Verminderung der Aufnehmerempfindlichkeit. Neben der Eintauchtiefe des Sensors wurde<br />

auch das Anzugsmoment variiert. Die Übertragungseigenschaften erreichen letztlich aber keine<br />

befriedigende Werte.<br />

Auch eine Kombination aus Verschraubung und den unter 2.3.1.4 beschriebenen verspannbaren<br />

Sensoren ergab keine befriedigende Ergebnisse. Die mit einem Feingewinde (Steigung 0,25 mm)<br />

versehenen konischen Kontaktflächen zwischen Außen- und Innenteil des Aufnehmers sorgen<br />

dafür, dass sich das beidseitig abwechselnd geschlitzte Außenteil bei der Verschraubung in der<br />

gewindefreien Bauwerksbohrung verspannt. Sowohl die sonst notwendigen geringen Bohrungstoleranzen<br />

als auch der Aufwand des Gewindeschneidens in der Bauwerksbohrung konnten so<br />

umgangen werden.<br />

3.3.1.3 Adaption durch Verklebung<br />

Verschiedene Klebstoffe wurden zur<br />

Verklebung des Sensors im Bauwerk<br />

untersucht. Die verwendeten Kleber basieren<br />

auf Epoxidharzen und gelten als gut geeignet<br />

Kle<br />

für die Verklebung von Metallen. Als<br />

Werkstoff für die untersuchten Sensoren<br />

wurde Aluminium aufgrund seines niedrigen<br />

Elastizitätsmoduls gewählt, um die Belastung der Klebeschicht möglichst gering zu halten. Alle mit<br />

der Adaption durch Klebung erreichten Ergebnisse waren unbefriedigend. Trotz sorgfältiger<br />

Verarbeitung löste sich die Verklebung zum Teil bereits nach wenigen Lastwechseln. Die<br />

Messergebnisse waren stark mit Hysterese, Nichtlinearitäten und Kriecheinflüssen durchsetzt, was<br />

sich auf die ungünstigen mechanischen Eigenschaften der Klebeschicht zurückführen lässt. Typisch<br />

für die Adaption durch Verklebung ist ein progressiv ansteigender Signalverlauf. Insgesamt<br />

betrachtet ist die Verklebung somit wenig geeignet, langfristige Untersuchungen an Bauwerken<br />

durchzuführen.<br />

bstoff<br />

Bild 17: Varianten von verklebbaren Sensoren<br />

HBM<br />

HBM<br />

HBM


C3<br />

Peters<br />

3.3.1.4 Adaption durch Verspannung<br />

Bei der Adaption durch Verspannung<br />

F<br />

werden die konischen Kontaktflächen<br />

eines Innen- und Außenteils gegeneinander<br />

verspannt (Bild 18) Das Innenteil<br />

weitet das Außenteil auf, sodass<br />

sich der Sensor in der Bauwerksbohrung<br />

fixiert. Die Spannkraft kann dazu<br />

über eine äußere Verschraubung oder<br />

eine zentrale innere Schraube aufge- Bild 18: Varianten von verspannbaren Sensoren<br />

bracht werden. Die gewählten Konuswinkel<br />

liegen unter 4,3°, wodurch eine Selbsthemmung gewährleistet ist. In mehreren Entwicklungsschritten<br />

wurden Verbesserungen in verschiedenen konstruktiven Details erzielt:<br />

- Das Innenteil berührt das Außenteil nur auf einer begrenzten, innerhalb der Bohrungstiefe<br />

liegenden Kontaktfläche.<br />

- Das Außenteil ist mehrfach abwechselnd von oben und unten geschlitzt, sodass es sich in<br />

seinem Umfang gleichmäßig ausdehnen kann.<br />

- Die zwischen den Segmenten verbleibenden Querstege haben keinen Kontakt zum Innenteil.<br />

Hierzu sind entsprechende Freidrehungen im Innenumfang des Außenteils eingebracht.<br />

- Die Wandstärke des Außenteils ist so gering wie möglich gewählt. Die minimale Dicke wird<br />

dabei durch die notwendige Materialstärke im Übergangsbereich zu den Flanschsegmenten zur<br />

Einleitung der Anzugskraft begrenzt.<br />

- Die Größe der Anzugskraft wurde in mehreren Versuchen optimiert und bei der Anzahl und<br />

Stärke der Spannschrauben berücksichtigt.<br />

Schließlich ließen sich Dehnungen bis zu 1 ‰ am Bohrungsrand nahezu hysteresefrei und mit guter<br />

Linearität messen. Die entscheidende Verbesserung wurde durch eine eckige Bauform des<br />

Aufnehmers erreicht (siehe Schnittbild in Bild 19). Bei flächigem Kontakt im Bohrungsumfang<br />

setzt die Haftung zwischen Sensor und Bauwerk eine relativ niedrige Grenze für den Messbereich.<br />

Die aus der Verspannung entstehende radiale Anpresskraft führt zu einer tangentialen Haftung, die<br />

an keiner Stelle der Bohrungsinnenfläche aussetzen<br />

darf, da sonst Hysterese auftritt. Die axialen,<br />

linienförmigen Kontakte des eckigen Sensors<br />

reduzieren die oben beschriebene Messbereichseinschränkung<br />

der flächigen Dehnungsübertragung.<br />

Zwischen ihnen wird die Dehnung in Umfangs-<br />

richtung integriert und auf das mit DMS applizierte<br />

Innenteil übertragen. Die zur Haftung führende radiale<br />

Anpressung der Linienkontakte und die tangentiale<br />

Elastizität des Sensors wurden so angepasst, dass<br />

innerhalb des elastischen Bereiches von Stahl ein<br />

nahezu hysteresefreies, lineares Übertragungsverhalten<br />

erzielt wird. Bild 20 zeigt einen Vergleich der mit den<br />

- 250 -<br />

Bauwerk<br />

Segmente des geschlitzten Außenteils<br />

Innenteil<br />

DMS<br />

Zu messende<br />

Kräfte im<br />

Bauwerk<br />

Bild 19: Prinzipskizze des eckigen Sensors


- 251 -<br />

C3<br />

Peters<br />

verschiedenen runden Ausführungen (1 bis 3) und der eckigen Bauform (4) erzielten Messergebnisse.<br />

Die Dauerfestigkeit des beschriebenen<br />

Sensors wurde in Zusammenarbeit<br />

mit dem Teilprojekt B3<br />

überprüft. Auch nach über 1,5<br />

Mio. Lastwechseln ließ sich keine<br />

Änderung des Signalverhaltens<br />

feststellen. Mit dem in Abschnitt<br />

2.2.5 beschriebenen Differenzmessverfahren<br />

konnten auch am<br />

Ersatzbauwerk des Teilprojektes<br />

B3 Anfangsrisse ab 1 mm Länge<br />

erkannt werden. Bild 21a zeigt<br />

das Ersatzbauwerk mit dem ca.<br />

3 mm langem Riss und dem<br />

Aufnehmer zur Rissdetektion. Die<br />

Sensorsignale sind in Bild 21b in Abhängigkeit von der Risslänge zusammen mit den Messwerten<br />

des magnetischen Sensors aus Teilprojekt (TP) B4 dargestellt. Der nach 450000 Lastwechseln<br />

aufgetretene Riss wurde von den Sensoren gut erkannt.<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

Auf die Anfangssteigung<br />

normierte Empfindlichkeit<br />

Sensorsignal,<br />

TP C3 in 10 -2 mV/V,<br />

TP B4 in 10 -1 V<br />

Sensorsignal TP C3<br />

Sensorsignal TP B4<br />

Lastwechselzahl bei der Registrierung des Anrisses durch<br />

aufgeklebte Spulendrähte (Querschnitt an der Kerbe<br />

vollständig durchgerissen)<br />

Risslänge a in mm<br />

35<br />

Risslänge<br />

0 100000 200000 300000 400000 500000 600000 700000<br />

Bild 21: (a) Schaden mit appliziertem Sensor, (b) Messsignale bei Rissausbildung,<br />

1,02<br />

1<br />

0,98<br />

0,96<br />

0,94<br />

0,92<br />

0,9<br />

0,88<br />

Dynamische Untersuchungen mit sinusförmigen Anregungen bis 300 Hz zeigten keine<br />

Abweichungen von der statischen Empfindlichkeit. Resonanzen im Messaufbau lassen derzeitig<br />

keine Untersuchungen bei höheren Frequenzen zu. Mittels neuer Adaptionsstücke sollen die<br />

Untersuchungen bis zum Ende des Projektes auf ein Kilohertz ausgedehnt werden.<br />

Zur Messung räumlicher Zustände wurde das Sensorlayout entsprechend modifiziert. Um<br />

Dehnungen in der Längsachse aufzunehmen, wurden die Kontaktlinien unterbrochen. Die Wandstärken<br />

des Innenteiles wurden mittels FEM-Simulationen und Versuchen an diese Änderungen<br />

angepasst.<br />

Die zwei beschriebenen Ausführungsformen für ebene und räumliche Spannungsmessungen<br />

1<br />

2<br />

3<br />

1 2 3 4<br />

0 0,25 0,5 0,75 1 1,25 1,5 1,75 2 2,25 2,5 2,75<br />

Maximale Dehnung am Bohrungsrand in ‰<br />

Bild 20: Messbereichserweiterung durch vieleckige Bauform<br />

4<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0


C3<br />

Peters<br />

wurden um eine weitere Bauform ergänzt, die für die Messung in tiefen Bohrlöchern – z. B.<br />

Brückenrollenlagern – geeignet ist. Statt der vier äußeren Zugschrauben wird eine innere Zug- und<br />

Druckschraube verwendet, die über einen eingeschraubten Abzieherring auch eine beschädigungsfreie<br />

Demontage des Sensors ermöglicht. Bild 22 zeigt die drei Ausführungsformen des Sensors.<br />

Der Durchmesser für die Messbohrung beträgt bei den abgebildeten Sensoren 18 mm.<br />

Bild 22: Innen- und Außenteil des Sensors für ebene Spannungsmessung (links), Außenteil mit<br />

Unterbrechungen in den Kontaktlinien für räumliche Spannungsmessung (Mitte), innenverspannbarer<br />

Sensor zur Montage in tiefen Messbohrungen (rechts), Spezial-DMS (vorne)<br />

Um die Messunsicherheiten durch ein nichtlineares elastisches Verhalten des stark vorgespannten<br />

Innenteiles zu reduzieren, wurde für den Sensor eine härtbare CrNiCuNb-Edelstahllegierung<br />

(Werkstoffnummer 1-4542) gewählt. Da eine derartig dünnwandige Struktur bei den Vergütungsbetrieben<br />

keine Erfahrungen für den Härtungsvorgang vorliegen, wurde in Zusammenarbeit mit<br />

dem wissenschaftlichen Gerätebau an der PTB eine angepasste Härtungsprozedur in vielen<br />

Versuchen ermittelt. Die Sensoren werden nach der Fertigung 5 Minuten bei 1030 °C losgeglüht, in<br />

bewegter Luft oder Öl gekühlt und anschließend für 4 Stunden bei 550 °C ausgelagert. Der<br />

Werkstoff erreicht so eine Zugfestigkeit Rp02 von 1200 N/mm 2 , die Oberflächenhärte beträgt 56<br />

Rockwell.<br />

3.3.3 DMS-Layout<br />

In der Versuchsphase zur Bestimmung des Adaptionsmodells wurden marktübliche DMS verwendet.<br />

Das Applizieren der DMS im Innenteil mit 13,8 mm Bohrungsdurchmesser erwies sich dabei<br />

als schwierig. Minimale Abweichungen von der optimalen Platzierung sind nicht zu vermeiden. Mit<br />

dem Abweichen der Sensorposition von dem Bereich der geringsten Wandstärke nimmt das Messsignal<br />

deutlich ab. Bei einer Vollbrückenschaltung von vier nicht exakt zueinander platzierten DMS<br />

treten geringere Dehnungen an den Messgittern der DMS auf, die zusammen mit einer gegenläufigen<br />

Phasenverschiebung der Ortsfrequenz zu einer Verringerung des Brückensignals führt. Zur<br />

Verbesserung der Positionierung wurde deshalb ein<br />

Mehrfachgitter-DMS entwickelt (Bild 23), bei dem<br />

die jeweiligen Gitter exakt zueinander auf einem<br />

Folienträger plaziert sind. Gleichzeitig verhindert<br />

er Qualitätseinbußen bei der Applikation, die durch<br />

- 252 -<br />

Bild 23: An die Sensorgeometrie angepasster<br />

Mehrfachgitter-DMS


- 253 -<br />

C3<br />

Peters<br />

das mehrfache Kleben einzelner DMS bei geringem Abstand und begrenzter Zugänglichkeit kaum<br />

zu vermeiden sind. Unter Zuhilfenahme einer speziellen Fixier- und Anpressvorrichtung kann eine<br />

an den jeweiligen Klebstoff angepasste Anpresskraft erzeugt werden und während des Aushärtevorgangs<br />

beibehalten werden. Das Layout beinhaltet sechs Halbbrückenschaltungen, die durch die<br />

Auslegung der Gitter und Zuleitungen symmetrisiert sind, um im Rahmen einer Messgenauigkeit<br />

von 10 -3 keine weiteren Maßnahmen zur Temperaturkompensation zu erfordern. Die sechs Halbbrücken<br />

ergeben sechs Messsignale, die zur Bestimmung der sechs räumlichen Spannungskomponenten<br />

genutzt werden können. Ebenso können sie zur Aufnahme der drei ebenen Komponenten mit<br />

erhöhter Genauigkeit zu drei Halbbrücken verschaltet werden.<br />

3.3.4 Kapselung der DMS<br />

Zur Kapselung der DMS wurden zwei unterschiedliche Varianten untersucht. Die hermetische,<br />

metallische Abdichtung ist derzeitig der Standard im Kraftaufnehmerbau. Der Aufnehmer wird<br />

dabei komplett metallisch verschweißt und die Messleitungen werden über Glasdurchführungen<br />

herausgeführt. Durch die geringen Abmessungen des hier beschriebenen Aufnehmers ergeben sich<br />

Schwierigkeiten beim Verschweißen der Öffnungen. Desweiteren ist die absolute Wasserundurchlässigkeit<br />

einer Glasdurchführung bei den möglichen Temperaturschwankungen und der<br />

geforderten Lebenserwartung fraglich. Eine hermetische Versiegelung des Innenraumes verursacht<br />

bei sehr hohen Temperaturschwankungen Messabweichungen durch thermisch bedingte Druckänderungen.<br />

Als Alternative bietet sich eine andere Kapselungsvariante an, bei der die Sensorspitze mit einer<br />

luft- und feuchtigkeitsdurchlässigen PTFE-Membrane verschlossen wird. Der eigentliche Schutz<br />

der DMS erfolgt durch eine Kunststoffkapselung, die entsprechend 2.2.7 entwickelt wurde.<br />

Hier erwies sich eine kombinierte Schicht aus einem Polymethylmethacrylat (PMMA), einem<br />

feuchtigkeitsbeständigen Klebstoff der Zahnmedizin und einer Butylgummi-Deckschicht als geeignet.<br />

Die Grenzschicht zwischen Edelstahl und Dichtstoff ist von besonderer Bedeutung für die<br />

dauerhafte Kapselung des DMS. Das PMMA reagiert vorrangig mit den Oxiden des Metalls, die bei<br />

Edelstählen allerdings nur in sehr geringem Ausmaß vorhanden sind. Daher basiert die Bindung des<br />

Klebstoffs bei Edelstahl hauptsächlich auf van-der-Waals-Kräfte. Diese<br />

sind jedoch empfindlich gegen das stark polare Wasser und werden<br />

langfristig unterwandert. Die durch das Wasser entstandene Ablösung<br />

lässt sich in Bild 24 gut erkennen. Im noch kontaktierenden Bereich<br />

schimmert das Metall durch, der abgelöste Bereich reflektiert das Licht<br />

am Luftspalt und erscheint weißlich. Für einen dauerhaften, chemisch<br />

stabilen Verbund zwischen Edelstahl und PMMA werden deshalb<br />

spezielle Haftvermittler benötigt, die eine Merkaptogruppe für den<br />

Edelstahl und eine Vinylgruppe für das Dichtmaterial als<br />

Reaktionspartner beinhalten. Bild 25 zeigt die durch einen Haftvermittler<br />

verlängerte Lebensdauer bei DIN IEC 68 2-30 Zyklen (mit auf 55 °C<br />

erhöhte Maximaltemperatur).<br />

Bild 24: Ablösung<br />

der Acrylatschicht<br />

Bei der Erstellung der Kapselung ist konsequent auf eine chemische,<br />

wasserundurchlässige Verbindung zwischen dem Kapselungsmaterial und dem Metall zu achten.<br />

Bei dem applizierten Sensor ergibt sich beispielsweise vor dem DMS ein nur 2 mm breiter Streifen,<br />

auf dem das Dichtmaterial das Metall kontaktiert. Zwangsläufig entstehende Verunreinigungen mit


C3<br />

Peters<br />

dem Klebstoff des DMS wurden durch ein<br />

nachträgliches Granulatstrahlen entfernt. Der<br />

DMS wurde dabei mit einer Abdeckvorrichtung<br />

geschützt.<br />

Trotzdem kam es zu erheblichen Differenzen<br />

der Haltbarkeit zwischen verschiedenen Probanden<br />

identischer Herstellung. Das Nullsignal<br />

blieb entweder über 100 Tage konstant oder<br />

veränderte sich nach einer Einsetzzeit von ca. 7<br />

Tagen. Ursache für die schnelle Alterung einiger<br />

Proben ist eine Diffusion von Feuchtigkeit<br />

entlang der nur 50 �m starken Polyethylen-<br />

Isolierlackschicht der Anschlusskabel. Da immer mit einer gleich langen PMMA-Ummantelung des<br />

isolierten Drahtes gearbeitet wurde, ergab sich eine konstante Einsetzzeit der Nullpunktverschiebung.<br />

Bei einigen Proben entstand an den Lötstützpunkten ein ausreichend entlackter Bereich, in<br />

dem das PMMA einen Wassertransport unterbinden konnte. Diese Proben erreichten eine deutlich<br />

höhere Lebensdauer. Entsprechend werden die Drähte nun auf 5 mm Länge entlackt und verzinnt.<br />

Eine Beschichtung des Zinnes mit Haftvermittlern ist wie beim Edelstahl für die zu erwartende Lebensdauer<br />

vorteilhaft. Bild 26 vergleicht die letztendlich entwickelte Kapselung mit kommerziellen<br />

Produkten.<br />

Nullpunktverschiebung in mV/V<br />

1,6<br />

1,4<br />

1,2<br />

1<br />

0,8<br />

0,6<br />

0,4<br />

0,2<br />

0<br />

Optimierte PMMA Dichtung<br />

HBM NG 150 Nitrilgummi<br />

HBM FG250 Silicon<br />

HBM ABM 75 Knetmasse mit AL-Folie<br />

HBM PU120 Schutzlack<br />

HBM AK22 Butylkitt<br />

MM F-Coat Butyl<br />

MM 3140 Silicon<br />

MM 3145 Silicon<br />

MM Acryl M-Coat D<br />

MM M-Coat W-1 mikrokrist. Wachs<br />

GE 744 Silicon<br />

GE 744 mit MM 4145 Silicon<br />

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />

Lagerzeit im Wasserbad in Tagen<br />

Bild 26: Vergleich kommerzieller Kapselungen mit der entwickelten PMMA/Butyldichtung<br />

Versuche, PMMA in Verbindung mit Haftvermittlern als Klebstoff für die DMS zu verwenden,<br />

scheiterten an den nichtlinearen elastischen Eigenschaften des PMMA. Es kam zu erheblich ausgeprägteren<br />

Kriecheigenschaften, die im Vergleich zu dem Adaptionsmodell etwa 10-fach höhere<br />

Messunsicherheiten verursachten und damit für Präzisionsmessungen ungeeignet sind.<br />

Prozentualer Verlust der<br />

Messempfinlichkeit<br />

- 254 -<br />

0<br />

-20<br />

-40<br />

-60<br />

-80<br />

-100<br />

PMMA ohne Haftvermittler<br />

PMMA mit Haftvermittler<br />

0 10 20 30 40 50 60 70<br />

Anzahl der Prüfzyklen<br />

Bild 25: Auswirkung eines Haftvermittlers


3.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong><br />

- 255 -<br />

C3<br />

Peters<br />

Wie schon in Abschnitt 2.1 erwähnt, wurde in der Industrie an der Entwicklung eines ähnlichen<br />

Sensors gearbeitet. Nach Aussagen des technischen Leiters eines daran forschenden Unternehmens<br />

konnten bisher einige grundlegende Probleme, wie z. B. die Adaption, nicht gelöst werden. Geplant<br />

ist deshalb eine Lizenzfertigung des im Teilprojektes C3 entwickelten und patentierten Aufnehmers<br />

PETERS [2000 (2)].<br />

3.5 Offene Fragen<br />

Die Entwicklung des beschriebenen Sensors wird zum Auslaufen des Projektes mit der 6-Komponenten-Kalibrierung<br />

erfolgreich beendet. Die Serientauglichkeit wird durch die geplante industrielle<br />

Verwertung der Forschungsergebnisse bestätigt.<br />

Von weiteren Untersuchungen in Beton wurde Abstand genommen. Durch die starken Inhomogenitäten<br />

im Material lässt sich in keiner sinnvollen Weise eine Spannungsmatrix ermitteln. Dazu<br />

notwendig wäre eine Stahlkralle, die in dem Material vergossen wird und eine Messbohrung für den<br />

Sensor besitzt. Damit wird der Sensor aber wieder in seinen Eigenschaften als Messaufnehmer in<br />

metallischer Umgebung genutzt, wofür die Entwicklung zum Ende der Förderperiode erfolgreich<br />

abgeschlossen ist.<br />

Der Sensor soll im weiteren Verlauf des <strong>SFB</strong> insbesondere vom Teilprojekt B3 genutzt werden.<br />

Untersuchungen in Beton sind mittels einer angepassten Stahlkralle geplant. Die Untersuchungen<br />

werden vom TP B9 und der MPA durchgeführt, die wie die BAM ein Nutzungsinteresse am Sensor<br />

auch außerhalb der <strong>SFB</strong>-Arbeiten haben.<br />

3.6 Finanzielle Ausstattung des Teilprojektes C3<br />

Jahr Personalkosten Geräte bis<br />

20000 DM<br />

Verbrauchsmittel<br />

Reisekosten<br />

1998 73.800 DM 6.000 DM 10.000 DM 2.500 DM<br />

1999 74.400 DM 2.500 DM<br />

2000 75.600 DM 2.400 DM<br />

<strong>2001</strong> 164.400 DM 4.000 DM 3.000 DM<br />

2002 86.400 € 2.045 € 1.500 €<br />

<strong>2003</strong> 88.800 € 1.023 € 1.300 €<br />

3.7 Literatur<br />

FRANZ, G., „Unmittelbare Spannungsmessung in Beton und Baugrund“, Der Bauingenieur 33<br />

(1958) Heft 5, Springer Verlag, Seite 190 – 195<br />

CASANOVA, N., INAUDI, D., PODHARDSZKY, H., ZEMANN, W., KLING, J., „Globale Bauwerksüberwachung<br />

mit Lichtwellenleitersensoren – Funktionsweise des Systems SOFO und<br />

Anwendungsbeispiele“, 13. Sitzung der AG6-Bautechnik, September1999, Lochham


C3<br />

Peters<br />

HABEL, W. R., „Monitoring des Lehrter Bahnhofs in Berlin mit einem komplexen, redundanten<br />

Messsystem“, Scientific Reports, 15. Internationale Wissenschaftliche Konferenz Mittweida,<br />

(2002), Seite 30 –40<br />

HABEL, W. R., HOFMANN, D., „Faseroptischen Mikrodehnungssensoren zur Baustoff- und<br />

Bauteilcharakterisierung“, Sensoren und Messsysteme 2000, Tagung Ludwigsburg,<br />

VDI/VDE-GMA Verlag GmbH, Düsseldorf, VDI-Berichte1530, Seite 495 – 512<br />

MAYER, N., HOFSTÖTTER, P., „Einsatz elektrischer und mechanischer Meßverfahren zur Langzeitmessung“,<br />

GMA Bericht 29, Beanspruchungsanalyse – neue Entwicklungen und Anwendungen,<br />

GESA Symposium, 10-11 Oktober 1996, Schliersee, VDI/VDE-GMA Verlag<br />

GmbH, Düsseldorf, Seite 225-235<br />

HOFSTÖTTER, P., PETER, J., „Messung der durch Erdabsenkungen hervorgerufenen Zusatzbeanspruchungen<br />

an erdverlegten Fernleitungen“, Bänder, Bleche, Rohre 12 (1971), Nr. 6,<br />

Seite 261-265<br />

BEHRENS, U., WIRTS, H., „Kraft-, Druck und Setzungsmessungen an einem Tiefbrunnen zur Entwässerung<br />

eines Braunkohle-Abbaugebiets“, Messtechnische Briefe, 19 (1983), Heft 3,<br />

Seite 53-57<br />

BÖCKMANN, F.-J., „Induktive Wegaufnehmer und DMS bei Modellversuchen zur Ermittlung des<br />

Tragverhaltens von Pfahlgruppen“, Messtechnische Briefe, 19 (1983), Heft 3, Seite 53-57<br />

SOHNIUS, D: „Zugkraftmessungen an Bewehrungsbändern einer Stützkonstruktion nach dem<br />

Bauverfahren bewehrte Erde“, Messtechnische Briefe 18 (1982) Heft 2, Seite 59 bis 64<br />

MENGER, Th., „Messtechnische Überwachung des Austausches eines Säulenstückes am Brandenburger<br />

Tor“, Messtechnische Briefe 38 (2002), Heft 2, Seite 2 bis 7<br />

KUMME, R., „Improvements of Dynamic Force Calibration“, Part II, Final Report, BCR<br />

Information Applied Metrology, European Commission, Luxembourg, 1995<br />

RÖSKE, D., „Zum Einfluß mechanischer Störkomponenten auf die Messung von Drehmomenten“,<br />

PTB-Bericht MA-63, Braunschweig, 1995<br />

WEIßENBORN, Ch., „Kalibrierung von Beschleunigungsaufnehmern bei mehrachsiger<br />

Anregung“ , Dissertation an der TU Braunschweig, November 2000<br />

NEUBER, H., „Kerbspannungslehre“, Springer-Verlag, Berlin, S. 225, 1958<br />

GIRKMANN, K., „Flächentragwerke“, Springer-Verlag, Wien, S 141 – 151, 1954<br />

Literatur aus dem Teilprojekt C3:<br />

RÖSKE, D., 1998, „Investigation of the Influence of Disturbing Components on the Torque<br />

Measurement“, Proc. of the 16th IMEKO TC3 Conference, Taejon, Korea, September 14-18,<br />

1998 pp. 280-285<br />

RÖSKE, D., 1999, „Zum Einfluss mechanischer Störkomponenten auf die Messung von<br />

Drehmomenten mit DMS-Aufnehmern“, Dissertation an der TU-Braunschweig,<br />

PTB-MA-63, Braunschweig<br />

PETERS M., TEGTMEIER, F., 2000 (1), „Determination of structural damage to buildings using<br />

microsensors based on strain gauge technology“, Proc. of the 16th IMEKO World<br />

Congress, Wien, September 25-28, 2000<br />

PETERS M., TEGTMEIER, F., 2000 (2), “Sensor zur Dehnungs- und Spannungsaufnahme in fes<br />

ten Materialien”, Patent beim Deutschen Patent- und Markenamt, Patent-Nr. 100 30 099,<br />

PCT Anmeldung PCT/DE01/02239, veröffentlicht unter WO01/98742 A2<br />

- 256 -


Geodätische Sensoren und Methoden zur Bauwerksüberwachung<br />

Abschlussbericht<br />

Prof. Dr.-Ing. W. Niemeier<br />

Dipl.-Ing. W. Katrycz<br />

3.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />

- 257 -<br />

C4<br />

Niemeier<br />

Ein wesentlicher Bestandteil in der Methodik der Bauwerksüberwachung ist die Erfassung der Geometrie<br />

des Bauwerkes sowie ihrer Änderungen. Engere Zielsetzung ist die dreidimensionale Bestimmung<br />

von Geometrieänderungen an der Deponieoberfläche und im Deponiekörper, insbesondere<br />

an der Basisabdichtung. Aus dieser Aufgabenstellung ergeben sich spezielle Anforderungen an<br />

die dazu in Frage kommenden Messsysteme. Für Verformungsmessungen im Bereich der Deponiebasis<br />

stehen nur die Entwässerungsrohre der Basisdrainage oder eigens zu diesem Zweck auszulegende<br />

Messrohre zur Verfügung.<br />

An Systeme zur dreidimensionalen Erfassung von Verformungen der Basisabdichtung ist daher die<br />

Anforderung zu stellen, dass sie in diese, bauseitig vorgegebenen Rohre eingebracht werden können.<br />

Untersuchungen aus der ersten Förderperiode zeigten, dass sich hierfür primär inertiale Messsysteme<br />

eignen, s. 3.2.1, [KATRYCZ, 1999]. Diese nutzen drei Beschleunigungsmesser und drei<br />

Kreisel, wobei letztere Winkelgeschwindigkeiten (Drehraten) in bezug auf den Inertialraum liefern.<br />

Hauptziel des Arbeitsschwerpunktes „Inertiale Rohrvermessung“ im Teilprojekt C4 war es, die<br />

Tauglichkeit eines solchen Messsystems zur Bestimmung von Verformungen an der Deponiebasis<br />

nachzuweisen.<br />

Der Kenntnisstand zur Erstantragstellung ist in [GERTLOFF, K.-H., 1994] und [KNICKMEYER,<br />

E. H., 1992] wiedergegeben. Darin wird behauptet, dass inertiale Messsysteme aufgrund ihres Genauigkeitshaushaltes<br />

nicht zur Verformungsmessung von Deponiekörpern geeignet sind, wobei man<br />

sich auf Erfahrungen aus der Inertialnavigation und der Vermessung von Pipelines beruft. Das Genauigkeitspotential<br />

von Inertialmesssystemen wird danach im Dezimeterbereich angesiedelt. Die<br />

Ergebnisse der ersten Förderperiode bestätigten das für Filterungsverfahren, welche die zu bestimmenden<br />

Sensorfehler nicht auf Rohdatenebene ansetzen, sondern die aus den Laserkreisel- und Beschleunigungsmesserdaten<br />

hochintegrierten, in ein erdfestes Bezugssystem transformierten Geschwindigkeiten<br />

mit vorgegebenen Sollgeschwindigkeiten aus Stillstandsphasen verglichen. Analoges<br />

galt für vorliegende Positions- und Orientierungsinformationen, in denen die Filterungen im<br />

Koordinaten- bzw. Eulerwinkelbereich durchgeführt wurden. Daraus ergaben sich folgende Aufgabenstellungen<br />

im Berichtszeitraum:<br />

1. Weiterentwicklung und Fertigstellung eines Messsystems mit hochpräziser Sensorik um<br />

Verformungen des Deponiekörpers mit einer Genauigkeit von � 3 bis 5 cm Standardabweichung<br />

auf 100 m bestimmen zu können. Dazu stand wie in der ersten Förderperiode eine<br />

inertiale Messeinheit der Deutschen Montantechnologie GmbH, Essen, auf Mietvertragsba-


C4<br />

Niemeier<br />

sis zur Verfügung.<br />

2. Erweiterung und Verfeinerung der Auswertestrategien und der Sensor-Modelle in Hinblick<br />

auf deterministische Effekte (Temperatureffekte, systematische Driften) und Stochastik (unkorreliertes/korreliertes<br />

Rauschen, ggf. Quantisierungsrauschen). Ferner sollten Beschleunigungsmesser-Driften<br />

berücksichtigt werden.<br />

3. Weiterentwicklung der Software, um Driftparameter aus Zusatzinformationen schätzen zu<br />

können, wie sie während des Messablaufes selbst vorliegen.<br />

4. Adaption und Weiterentwicklung von Mess- und Kalibrierungssstrategien.<br />

5. Aufzeigen des Genauigkeitspotentials und der Tauglichkeit der Inertialvermessung zur<br />

Deponieüberwachung im Rahmen repräsentativer Testmessungen.<br />

Neben dem Hauptschwerpunkt der inertialen Rohrvermessung waren weitere Messmethoden,<br />

s. 3.2.8, zur Gewinnung sonstiger für andere Teilprojekte relevanter Geometriedaten im Zusammenhang<br />

mit der Überwachung von Deponiebauwerken zu adaptieren und als Serviceleistung zur Verfügung<br />

zu stellen.<br />

3.2 Angewandte Methoden<br />

Engere Zielsetzung ist die dreidimensionale geometrische Erfassung von Geometrieparametern und<br />

Geometrieänderungen des Deponiekörpers, insbesondere der Basis. Aus dieser Aufgabenstellung<br />

ergeben sich spezielle Anforderungen an die Genauigkeit, Informationsdichte und Einsetzbarkeit<br />

der weiterzuentwickelnden Messsysteme. Schließlich sind Auswertemethoden bereitzustellen, welche<br />

die Identifizierung charakteristischer Änderungen erlauben. Damit zerfielen die methodischen<br />

Schwerpunkte insgesamt in:<br />

1. Hardwareausbau der hochpräzisen Inertialmesssonde zur dreidimensionalen Vermessung<br />

von Deponierohren.<br />

2. Verfeinerung der Modelle für Sensorfehler der Beschleunigungsmesser und Laserkreisel.<br />

3. Aufstellung angepasster Beobachtungsgleichungen für Kalmanfilterung bzw. Kalmanglättung.<br />

Dadurch werden die vor Ort verfügbaren Zusatzinformationen zur Driftbestimmung<br />

nutzbar gemacht.<br />

4. Weiterentwicklung der Mess- und Kalibriermethoden in der Deponierohrvermessung.<br />

3.2.1 Voruntersuchungen zur Rohrvermessung<br />

Für Verformungsmessungen im Bereich der Deponiebasis stehen nur die Entwässerungsrohre der<br />

Basisdrainage oder eigens zu diesem Zweck auszulegende Messrohre zur Verfügung. An Systeme<br />

zur dreidimensionalen Erfassung von Verformungen der Basisabdichtung ist daher die Anforderung<br />

zu stellen, dass sie in diese bauseitig vorgegebenen Rohre eingebracht werden können. Derzeit stehen<br />

drei Arten von Bohrlochvermessungssystemen zur Verfügung, die nach Adaption in der Deponievermessung<br />

eingesetzt werden könnten. Diese in der ersten Förderperiode durchgeführte Studie<br />

wurde in [KATRYCZ, 1999] zusammengefasst. Die Ergebnisse seien hier kurz zusammengestellt.<br />

Die Knickwinkelsonde ist eine Weiterentwicklung des Deflektometers zu einer mobilen Sonde und<br />

wird z.B. von der Firma Glötzl angeboten. Sie besteht aus zwei Läufern, die durch ein Kugelgelenk<br />

miteinander verbunden sind. Beide Läufer (“Nachläufer” und “Vorläufer”) haben dieselbe Länge<br />

und tragen je zwei Neigungssensoren, die Nick- und Rollwinkel erfassen können. Im Kugelgelenk<br />

- 258 -


- 259 -<br />

C4<br />

Niemeier<br />

ist eine Lichtquelle starr mit einem Läufer und ein CCD-Array starr mit dem zweiten Läufer verbunden,<br />

wodurch eine räumliche Erfassung des Winkels (“Knickwinkel”) zwischen beiden Läufern<br />

möglich ist.<br />

Zunächst wird das Azimut des Nachläufers durch externe Messung bestimmt. Mit den Daten der<br />

Neigungs- und Knickwinkelsensoren kann diese Richtungsinformation rechnerisch auf den Vorläufer<br />

übertragen werden. Anschließend wird die Sonde so weiterbewegt, dass der Nachläufer exakt<br />

die vorhergehende Position des Vorläufers einnimmt. Diese Forderung kann nur in dafür geeigneten<br />

Messrohren, idealer weise in Nutrohren, erfüllt werden. Diese stehen in den Anwendungsfällen des<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong> jedoch nicht zur Verfügung.<br />

Das System “Maxibor” der schwedischen Firma SolExperts funktioniert nach einem analogen<br />

Prinzip. Hier stellt jedoch eine auf ein CCD-Array abgebildete Ringlibelle den einzigen Neigungssensor<br />

dar. Alle weiteren Winkel werden mit Hilfe von beleuchteten Ringen ermittelt, die ebenfalls<br />

auf das CCD-Array abgebildet werden. Die gesamte Sonde hat eine Länge von 8 Metern. Das CCD-<br />

Array ist in Fahrtrichtung ausgerichtet, sodass es die vor ihm liegende Ringlibelle sowie zwei beleuchtete<br />

Ringe abbildet. Die Ringlibelle und der erste Ring sowie erster und zweiter Ring haben<br />

Abstände von jeweils 3 Metern. Das erste Paar erfüllt hier im Vergleich zur Knickwinkelsonde die<br />

Funktion des Nachläufers, das zweite Paar die Funktion des Vorläufers. Das System erwies sich aus<br />

denselben Gründen als ungeeignet, die für die Knickwinkelsonde genannt wurden.<br />

Es ist also ein Messsystem erforderlich, das sowohl Längen- als auch Orientierungsmessungen in<br />

autarkem, unterirdischem Betrieb bei frei laufender Messsonde ermöglicht. Das gelingt durch den<br />

Einsatz eines Inertialsystems, das drei Beschleunigungsmesser und drei Kreisel umfasst, wobei<br />

letztere Winkelgeschwindigkeiten (Drehraten) bezüglich des Inertialraums liefern. Solchen Systemen<br />

liegt die Erkenntnis zugrunde, dass sich durch autarke Messung in einem abgeschlossenen<br />

System nur erfassen lässt, ob das Bezugssystem der Sensorik von einem Inertialsystem abweicht,<br />

also entweder beschleunigt ist oder rotiert. Ist weder das eine noch das andere der Fall, so kann man<br />

dem Trägheitsprinzip zufolge bloß die Aussage treffen, dass die Geschwindigkeit des Sensor-Bezugssystems<br />

konstant aber unbekannt ist. Durch externe Bestimmung von Anfangsposition und<br />

Anfangsgeschwindigkeit lässt sich diese Unbestimmtheit aufheben. Nach Messung von Beschleunigungen<br />

und Winkelgeschwindigkeiten lassen sich dann die aktuellen dreidimensionalen Geschwindigkeitskomponenten<br />

sowie die räumlichen Orientierungswinkel des Sensorsystems zu jedem<br />

Zeitpunkt errechnen.<br />

3.2.2 Hardware-Adaption<br />

Die Inertialmesseinheit "IMU 5" der Fa. Deutsche Montantechnologie GmbH. (DMT) setzt sich aus<br />

drei Ringlaserkreiseln GG 1320, Honeywell, sowie drei Beschleunigungsaufnehmern QA 2000-30,<br />

AlliedSignal (jetzt: Honeywell) zusammen. Es wird dem Teilprojekt für Messeinsätze auf Mietvertragsbasis<br />

zur Verfügung gestellt. Ein Ausschnitt aus den vom Hersteller angegebenen Leistungsdaten<br />

wird in Tab.1 gegeben. In Abb. 1 findet sich eine Ansicht des Sensor- und Elektronikblockes<br />

nach der Adaption für die Rohrvermessung.


C4<br />

Niemeier<br />

3 Honeywell Laser Gyros GG1320 Dig-Gyro<br />

Dynamic Range: � 400 deg/s<br />

Drift/Offset: < 0.003 deg/h<br />

Random Walk: < 0.003 deg/�h<br />

Resolution: 0.0003 deg<br />

Linearity Error: < 10 ppm<br />

North Seeking: < 0.05 deg<br />

3 Allied Signal Servo Accelerometers QA2000-30<br />

Dynamic Range: � 10 g<br />

Drift/Offset: < 100 �g<br />

Resolution: < 1 �g<br />

Linearity Error: < 100 ppm<br />

- 260 -<br />

3-Channel AD-Converter:<br />

24bit, real integrating<br />

Sample Rate: 50 Hz...1 kHz<br />

Linearity Error: 1 ppm<br />

Temperature Drift: 0.2 ppm/K<br />

Data Aquisition, Data Processing:<br />

PC104 Module (Intel Pentium 266MHz)<br />

64MB RAM, 512 MB Silicon Flashdisk<br />

6 Seriell Ports (3 IrDA), 1 Parallel Port<br />

Ethernet Port<br />

Tab. 1: Leistungsdaten der Inertialmesseinheit „IMU 5“ (Quelle: Deutsche Montantechnologie)<br />

Der Sensor- und Elektronikblock war ursprünglich nicht für die Rohrvermessung ausgelegt und<br />

seine Abmessungen daher für diese Zwecke ungeeignet. Die Nutzung zur Rohrvermessung machte<br />

daher eine Neumontage wie sie in Abb. 1 dargestellt ist nötig. Diese Montage wurde von den Firmen<br />

iMAR GmbH sowie Deutsche Montantechnologie GmbH durchgeführt. Dabei war darauf zu<br />

achten, dass das System für seine ursprüngliche Anwendung im Bergbau weiterhin nutzbar bleibt.<br />

Aus diesem Grund wurden die Spezifikationen über den im Deponiebetrieb nötigen Explosionsschutz<br />

hinaus um Schlagwetterschutz erweitert.<br />

Schraubschauglas<br />

Stopfen 1 Stopfen 2 Stopfen 3<br />

Prozessor Sensorblock A/D-Wandler Akku-Block<br />

Abbildung 1: Ansicht der Inertialmesseinheit “IMU 5” (ohne Fahrwerk)<br />

Das von der Deutschen Montantechnologie aufbauend auf diesen Spezifikationen entwickelte<br />

Gehäuse ist 880mm lang und hat einen Außendurchmesser von 193.5 mm. Das Gehäuse besteht aus<br />

zwei Rohren, zwei Außenstopfen und einem Mittelstopfen. Die Wandstärke der beiden nahtlos gezogenen<br />

Edelstahlrohre beträgt 5,5 mm. Die Stopfen selbst bestehen aus Messing. Alle Gehäuseteile<br />

halten einem äußeren Druck von mindestens 30bar stand, das entspricht einer Tauchtiefe von


- 261 -<br />

C4<br />

Niemeier<br />

ca. 300 m. Die Ausstellung der Konformitätsbescheinigung BVS 01.E.2021 durch die Bergbau-<br />

Versuchsstrecke (BVS), Dortmund, erfolgte <strong>2001</strong>. Das Kennzeichen des elektrischen Betriebsmittels<br />

ist: EEx d IIB T4.<br />

In Stopfen 1 sind drei Schraubschaugläser Typ NQ 98/1 eingelassen. Sie dienen der galvanisch getrennten<br />

optischen Datenübertragung nach IrDA-Standard. Rascheres Auslesen der Messdaten und<br />

Wechsel des Akkublocks ist außerhalb des explosionsgefährdeten Bereiches bei geöffnetem<br />

Gehäuse über eine Ethernet-Schnittstelle möglich. An Stopfen 1 ist ferner ein L-Profil befestigt, auf<br />

dem das Prozessormodul, der Sensorblock und das AD-Wandlermodul montiert sind. Unterhalb des<br />

L-Profils ist die Spannungswandlerplatine befestigt.<br />

Abbildung 2: Handhabung der “IMU 5” (hier ohne Fahrwerk). Oben, links: Über einen magnetischen<br />

Schalter ist das Hochfahren des Systems auch im explosionsgefährdeten Bereich möglich.<br />

Das Starten des Messprogramms erfolgt durch Infrarot-Datenübertragung durch Schaugläser, s.<br />

Abb.1. Oben, rechts und unten: Der Wechsel der Akkumulatorblöcke hat im ungefährdeten Bereich<br />

zu geschehen. Ladungszustand und Temperatur der Akkus kann digital überwacht werden.<br />

Die Stromversorgung erfolgt durch zwölf in Reihe geschaltete Nickel-Cadmium-Akkumulatoren<br />

vom Typ VR10SF der Fa. Saft. Sie sind als Block zwischen Stopfen 2 und Stopfen 3 angeordnet<br />

und auswechselbar. Jeder dieser Akkumulatoren hat eine Nennspannung von 1,2V und eine Nennkapazität<br />

von 10Ah. Der Energieverbrauch des Inertialsystems beträgt im Mittel ca. 25W, sodass<br />

eine Einsatzzeit von mehr als 5h gesichert ist. Eine elektronische Lastabtrennung überwacht die


C4<br />

Niemeier<br />

Akkumulatoren vor Tiefentladung, Übertemperatur und erhöhter Stromentnahme.<br />

Abbildung 3a: Das Gesamtsystem mit motorisierter Lafette des TP D1 (links) und gekapselter Sensorik<br />

mit Fahrwerk (rechts).<br />

Abbildung 3b: Detailansicht der Kupplung und Infrarotschnittstellen.<br />

Ein IBM-kompatibler Rechner im PC104-Format mit Peripheriekomponenten steuert den Messablauf<br />

und die Datenspeicherung. In der zweiten Förderperiode wurde die CPU auf einen Intel Pentium<br />

Prozessor mit 266MHz Taktfrequenz und 64MB RAM aufgerüstet. Zur Datenspeicherung<br />

wird eine 512MB Silicon Flashdisk eingesetzt. Durch diese Umrüstung wurde die Gefahr der Ausbildung<br />

eines signifikanten Temperaturgradienten innerhalb des Gehäuses verhindert, welcher die<br />

dominante Fehlerquelle für Ringlaserkreisel darstellt. Dadurch konnte auf eine Überwachung des<br />

Temperaturhaushaltes innerhalb der Messeinheit, wie sie im Folgeantrag zur zweiten Förderperiode<br />

angedacht war, unterbleiben.<br />

Wesentlicher Teil der Weiterentwicklung der Messsonde in der zweiten Förderperiode war neben<br />

- 262 -


- 263 -<br />

C4<br />

Niemeier<br />

der Elektronik-Aufrüstung (die finanziell von der DMT getragen wurde) die Entwicklung des<br />

Fahrwerkes und der Kupplung. Damit wurde eine motorisierte Lafette des Teilprojektes D1 (Fricke,<br />

Collins) für den Antrieb der Sonde im Rohr nutzbar gemacht, s. Abb. 3a.<br />

Arbeitsgespräche mit dem TP D1 und Begehungen der Zentraldeponie Deiderode (Landkreis Göttingen)<br />

führten auf die Spezifikation, die gesamte Sondenlänge durch das Fahrwerk so kurz zu halten,<br />

dass die Sonde auch bei Rohrkrümmungsradien von 3m unter der Vorgabe von 300mm Innendurchmesser<br />

des zu befahrenden Rohres einsetzbar bleibt. Analoge Anforderungen waren auch an<br />

das Kupplungselement zu stellen. Die Konstruktion sowie die Fertigung des Fahrwerks und der<br />

Kupplung erfolgten durch die DMT. Es stehen zwei Satz Räder aus säurefestem Kunststoff und<br />

seewasserbeständigem Messing zur Verfügung. Das Gesamtsystem ist Abb. 3a,b zu ersehen.<br />

3.2.3 Grundprinzip der Inertialvermessung<br />

Sind zu einem Anfangszeitpunkt Position, Geschwindigkeit und Orientierung gegeben, so werden<br />

die von den Kreiseln stammenden Rotationsdaten herangezogen, um die gemessenen Beschleunigungen<br />

vom Fahrzeugkoordinatensystem rechnerisch in ein erdfestes Koordinatensystem zu transformieren.<br />

Einmalige Integration dieser Beschleunigungen liefert dann Fahrzeug-Geschwindigkeiten,<br />

nochmalige Integration liefert schließlich Positionen zu jedem Abtastzeitpunkt, vgl.<br />

[SCHWARZ, 1994], [SAVAGE 2000a], [JEKELI, <strong>2001</strong>], [NIEMEIER, KATRYCZ, <strong>2001</strong>],<br />

[KATRYCZ, NIEMEIER, <strong>2001</strong>], [KATRYCZ, NIEMEIER, 2002], [KATRYCZ, 2002].<br />

Die Entwicklung von Auswertemethoden zerfällt in die Bereiche Datenkonvertierung, deterministische<br />

Integration für ideale Sensoren, Kalibriersoftware, Einfügen der Kalibrierparameter in die<br />

Auswertung und Filter- bzw. Glättungsmethoden zur Korrektion wegen Rauschens und Sensordriften.<br />

3.2.4 Deterministische Auswertung<br />

Hierbei erwies sich die Verwendung von normierten Quaternionen als Parameter zur Darstellung<br />

räumlicher Rotationen deswegen als vorteilhafter im Vergleich zu Euler- oder Cardanwinkelsätzen,<br />

da dadurch ein Übergang von linearisierten zu linearen Differentialgleichungssystemen gelingt. Als<br />

Mechanisierungsgleichungen für den idealen Sensor wird nunmehr:<br />

�<br />

e e e �<br />

� � 0 � �1<br />

��<br />

2 ��<br />

3 � � 0 � 1 � 2 � 3 �<br />

�<br />

� �<br />

� �<br />

�<br />

e e e �<br />

e 1 ��<br />

1 0 � 3 ��<br />

2 � � 1 0 � 3 2 � e<br />

q� eb � � �<br />

� � �<br />

� � qb<br />

� �<br />

e e 0 � e �<br />

(1)<br />

2 � 2 � 3 0 �1<br />

2 3<br />

1<br />

�<br />

� �<br />

� �<br />

� �<br />

� �e<br />

e e � �<br />

� ��<br />

3 � 2 ��<br />

1 0 � � 3 � 2 1 0 � �<br />

� 0 � e3<br />

e2<br />

�<br />

�<br />

�<br />

v� e � a � g � 2 � � e3<br />

0 � e1<br />

� � v<br />

(2)<br />

�<br />

�<br />

��<br />

e2<br />

e1<br />

0 �<br />

mit den Definitionen:<br />

� e1<br />

�<br />

� �<br />

�e<br />

2 � : � �<br />

�e<br />

�<br />

� 3 �<br />

e<br />

eb<br />

,<br />

��<br />

�<br />

��<br />

�<br />

��<br />

1<br />

2<br />

3<br />

�<br />

�<br />

� : � �<br />

�<br />

�<br />

b<br />

ib<br />

(4)


C4<br />

Niemeier<br />

e<br />

angesetzt. Dabei sind: q b die Richtungsquaternion der Transformation des Sensorsystems b in ein<br />

e<br />

beliebig wählbares erdfestes Koordinatensystem e, q� eb ihre Ableitung nach der Zeit (in bezug auf e<br />

b<br />

im Sinne des Satzes von Coriolis), � ib die gemessenen Winkelgeschwindigkeiten nach Kalibrie-<br />

e<br />

rung, � eb die Erddrehrate, dargestellt in e, v� e die Beschleunigung und v die Geschwindigkeit im<br />

System e, a die gemessene Beschleunigung nach Kalibrierung und Transformation in das erdfeste<br />

System e und g die Erdschwerebeschleunigung vgl. [SCHWARZ, 1994], [DAMBECK, 1999],<br />

[SAVAGE, 2000a], [LOGAN, 2000], [JEKELI, <strong>2001</strong>], [FOPPE, <strong>2001</strong>], [NIESE, 2002]. Eine geschlossene<br />

Integration der „Mechanisierungsgleichungen“ (1), (2) ist nicht möglich. Es wurde ein<br />

Integrationsalgorithmus implementiert, der auf dem Runge-Kutta-Verfahren basiert.<br />

3.2.5 Kalibriergrößen und Driften<br />

Die Gleichungen aus 3.2.4 sind nur für ein ideales Meßsystem erfüllt. Tatsächlich weichen die Sensoren<br />

in folgender Weise von den oben vorausgesetzten Modelleigenschaften ab: Sie haben Offsetwerte<br />

die von Null und Skalenfaktoren die von Eins verschieden sind und sind nicht rechtwinkelig<br />

aufeinander ausgerichtet. Ihre Offsetwerte sind nicht konstant und müssen letztlich als korrelierte<br />

Zufallsprozesse mit nichtlinearem Trend angesetzt werden. Sie können Nichtlinearitäten erleiden,<br />

die von der Größe des Messwertes abhängen. Es können sich signifikante Abhängigkeiten von äußeren<br />

Parametern ergeben. In der Antragstellung wurden hier insbesondere Temperaturabhängigkeiten<br />

in Betracht gezogen.<br />

Die in Punkt 6 genannten Temperatureinflüsse konnten durch Hardware-Adaption soweit verringert<br />

werden, dass auf eine messtechnische Erfassung eines Temperaturgradienten innerhalb des Gehäuses<br />

verzichtet werden konnte, s. 3.2.2. Damit geht die Temperaturabhängigkeit nicht in die Fehler-<br />

Modellierung im Auswertealgorithmus ein.<br />

Die übrigen Effekte sind bei den Beschleunigungsmessern im Verhältnis zu den gleichnamigen<br />

Effekten der Laserkreisel dominant. Für inertiale Sensoren empfehlen IEEE-Standards Ansätze der<br />

folgenden Form vgl. [IEEE, 1972, 1978, 1981]:<br />

2<br />

3<br />

A1i � a<br />

�i � K 2ai<br />

� K 3ai<br />

� d oa<br />

p � d pa<br />

o � K ipa<br />

ia<br />

p � K ioa<br />

ia<br />

o<br />

(5)<br />

���<br />

� �� � � �����<br />

� ��<br />

�� �����<br />

Meßgröße Nichtlinearitäten<br />

Fehlausrichtungen<br />

Kreuzkopplungen<br />

Rein zeitabhängige Effekte wie polynomiale Driften werden wie folgt modelliert:<br />

�δa0<br />

�<br />

� �<br />

� δa<br />

n<br />

1 �<br />

A 2 � �It�I�t�I���� (6)<br />

�<br />

� �<br />

� �<br />

�δa<br />

n �<br />

worin I die 3� 3-Einheitsmatrix<br />

darstellt. Die im TP C4 entwickelte Implementierung fasst die Ansätze<br />

(5) und (6) zusammen zu:<br />

A determ.<br />

( t ) � M(<br />

t)<br />

�u<br />

(7)<br />

Hierin sind L (t)<br />

als Steuereingangsmatrix und u als Stellgrößen im Sinne der Theorie linearer<br />

Systeme zu verstehen. Der Stellgrößenvektor u enthält ausschließlich Konstante und wird als<br />

- 264 -


Unbekanntenvektor im Sinne der Schätztheorie angesetzt.<br />

3.2.6 Kalibrierverfahren<br />

Pf. 1<br />

- 265 -<br />

90°<br />

Pf. 2<br />

-90°<br />

+90°<br />

+180°<br />

C4<br />

Niemeier<br />

Pf. 3<br />

Abbildung 4: Prinzipskizze der Initialisierungsmessung und Kalibrieranordnung. Die Sondenposition<br />

und ihre räumlichen Orientierungsparameter werden durch 3D-Vermessung mit einem Tachymeter<br />

bestimmt. Die räumlich bekannten Punkte Pf. 1-3 dienen der Georeferenzierung. Um linear<br />

unabhängige Bestimmungsgleichungen für die relevanten Kalibrierparameter zu erhalten, wird die<br />

Sonde durch Drehungen um 90° oder 180° in mehrere Lagen gebracht und jeweils neu vermessen.<br />

Zur Bestimmung der Unbekannten u sind Zusatzinformationen einzuführen. Dazu gibt es folgende<br />

Möglichkeiten:<br />

1. Die Einführung von Messinformation aus Initialisierung und Feldkalibrierung. Dabei werden<br />

3D-Positionen von fixen Referenzpunkten an der Sondenaußenhülle bestimmt, vgl.<br />

Abb. 4. Als indirekt daraus hergeleitete Messinformation könnte man Orientierungen nennen.<br />

Diese werden jedoch in der Kalman-Glättung nach 3.2.7 aus gegebenen Positionen bestimmt.<br />

2. Die Einführung von Sollgeschwindigkeiten, hier: durchwegs Nullgeschwindigkeiten aus<br />

Stillstandsphasen (Zero Velocity Updates - ZUPTs). Doch auch in der Stoßmodellierung<br />

kann, wenn der Stoßzeitpunkt identifiziert wurde, der darin auftretende Vorzeichenwechsel<br />

einer Bewegungskomponente als momentane Nullgeschwindigkeit in einer definierten<br />

Richtung eingeführt werden. Gleiches gilt für Nullgeschwindigkeitskomponenten während<br />

der Fahrt aufgrund des teilweise „geführten Vortriebs“ im Rohr: die Komponenten von v<br />

parallel zu den Auflagerkräften in den Rädern sind bei ruhiger Fahrt null.<br />

Als Kalibriertechniken wurden neben gängigen Methoden der Laborkalibrierung, siehe dazu<br />

[NIESE, <strong>2001</strong>] und [ELLUM et al., 2002], folgende Verfahrenspunkte in der praktischen Messung


C4<br />

Niemeier<br />

und in der Auswertung angewandt:<br />

1. Initialisierungslauf der ruhenden Sonde, in dem die dominantesten Driftparameter bestimmt<br />

werden. Dies ist Voraussetzung für die Konvergenz der Kalman-Filterung bzw. des Glättungsansatz<br />

nach 3.2.7, dem das Gauß-Newton-Verfahren zugrunde liegt.<br />

2. Initialisierungsmessungen durch dreidimensionale Einmessung von bezüglich des<br />

Sensorzentrums exzentrischen Referenzpunkten an der Sondenoberfläche, vgl. Abb. 4. Aufbauend<br />

darauf werden neben Anfangswerten für Positions- und Orientierungsparameter<br />

auch präzise Werte für Schwerebeschleunigung und Winkelgeschwindigkeitsvektor der Erdrotation<br />

im Sensorkoordinatensystem ermittelt.<br />

3. Regelmäßige Unterbrechung der Fahrt durch Stillstandsphasen (Zero Velocity Updates -<br />

ZUPTs) zum Nullgeschwindigkeitsabgleich. Dieser überprüft die integrierten Geschwindigkeiten<br />

zu diesen Zeitintervallen auf Nullwert.<br />

4. Modellierung der Einschränkungen in der Bewegung der Sonde, die sich im Zuge des Rohrvortriebes<br />

ergeben.<br />

3.2.7 Glättungsstrategien<br />

Stochastische Rauschanteile in den Sensordaten neben den deterministischen Einflüssen A ges (t)<br />

aus Glg. (7) werden in der Form A stochast. ( t) � n(<br />

t)<br />

mit gegebener Varianz/Kovarianz-Matrix Σ nn<br />

angesetzt und die Summe aller Sensordriften nach:<br />

A ( ) � A ( t)<br />

� A ( t)<br />

. (8)<br />

ges t determ. stochast.<br />

Für die Fehlerzustände der Orientierungsparameter, der Geschwindigkeiten und der Positionen wird<br />

der folgende Ansatz mit zeitlich konstanten Stellgrößen u angesetzt:<br />

z� ( t)<br />

� F(<br />

t)<br />

� z(<br />

t)<br />

� G(<br />

t)<br />

�n(<br />

t)<br />

� L(<br />

t)<br />

� u . (9)<br />

Darin sind: z (t)<br />

Fehlerzustände, F (t)<br />

die zugehörige Systemmatrix, G (t)<br />

die Störeingangsmatrix<br />

und L (t)<br />

die Steuereingangsmatrix. Für die Systemmatrix F (t)<br />

und die Störeingangsmatrix G (t)<br />

finden Ansätze Verwendung, wie sie für die hochpräzise inertiale Nahbereichsvermessung auch von<br />

[DAMBECK, 1999] untersucht wurden. Die für unsere Anwendungsfälle aufgestellte Steuereingangsmatrix<br />

L (t)<br />

ergibt sich aus G (t)<br />

in Kombination mit der Matrix M (t)<br />

aus Glg. (7):<br />

L( t) � G(<br />

t)<br />

� M(<br />

t)<br />

(10)<br />

Nach den Verfahren der linearer Filterung, vgl. [GELB, 1974], lautet Glg. (9) in diskreter Form:<br />

z � Φ �1<br />

� z � Γ �n<br />

� Λ � u<br />

k �1 k , k k k k k<br />

(10)<br />

mit der Transitionsmatrix Φ k �1,<br />

k ergibt. Sukzessive Anwendung von (9) lässt die Erweiterung zu<br />

dem Gleichungssystem<br />

� z � � Φ1,<br />

0 � � Λ<br />

1<br />

0<br />

� � � � �<br />

�z<br />

� �Φ<br />

2,<br />

0 � � Φ 2,<br />

1 � Λ 0 � Λ<br />

2<br />

1<br />

� � � � � � z 0 �<br />

� � � �<br />

� � � � �<br />

� � � � �<br />

�z<br />

� �Φ<br />

n,<br />

0 � �Φ<br />

n,<br />

1 � Λ 0 ��<br />

� Λ<br />

n<br />

� � Γ 0<br />

� �<br />

� �Φ<br />

2,<br />

1 � Γ<br />

� �u<br />

� � �<br />

� �<br />

� �<br />

� �Φ<br />

n,<br />

1 � Γ<br />

0<br />

- 266 -<br />

Φ<br />

Γ<br />

� Γ<br />

n�1<br />

0 n,<br />

2 1<br />

n�1<br />

1<br />

0<br />

�<br />

1<br />

�<br />

�<br />

�<br />

�<br />

Γ<br />

0<br />

0<br />

�<br />

� � n 0 �<br />

� � �<br />

� � n1<br />

�<br />

� (11)<br />

� � � �<br />

� � �<br />

� � �<br />

� �n<br />

n�<br />


zu. Für den Vektor � � T<br />

T T<br />

T<br />

n n<br />

- 267 -<br />

C4<br />

Niemeier<br />

n 0 1 � n�1<br />

kann nun ein beliebiges Varianz-Kovarianz-Modell,<br />

dargestellt durch die Matrix Σ nn , eingeführt werden. Für den Vektor der Fehlerzustände<br />

� � T<br />

T T<br />

T<br />

z z<br />

z � wird ein Beobachtungsmodell der Form<br />

1 2<br />

n<br />

� v1<br />

� �H<br />

1<br />

� � �<br />

� � � � � �<br />

� � �<br />

� v n � � 0<br />

�<br />

�<br />

�<br />

0 � � z1<br />

� � l1<br />

�<br />

� � � � �<br />

� � ��<br />

� � � � � �<br />

H � � � � �<br />

n � �z<br />

n � �l<br />

n �<br />

(12)<br />

nach dem Gauß-Newton-Verfahren angesetzt. Für die linearen oder linearisierten Beobachtungen<br />

� � T<br />

T<br />

T<br />

l<br />

l1 � n wird ein Varianz-Kovarianz-Modell, dargestellt durch die Matrix ll<br />

Schreibt man für Glg. (11) kurz<br />

1, n 1, n<br />

z � �Φ0 1, n �z<br />

0 � 0, n 0, n<br />

Λ �����Γ0, n �n<br />

u<br />

��<br />

� �<br />

(13)<br />

und für Glg. (12) analog<br />

v �<br />

1, n 1, n 1, n 1, n<br />

� H1,<br />

n � z l , (14)<br />

so erhält man durch Einsetzen und Umstellen<br />

1, n<br />

1, n 0, n � v � 1, n 1, n 1, n �z<br />

0 � 1, n<br />

� I H1,<br />

n � Γ 0, n �����H1, n � � Φ 0 Λ ���l�o Σ , eingeführt.<br />

�<br />

� 0, n<br />

n �<br />

� �<br />

��<br />

u ��<br />

� �<br />

(15)<br />

Es liegt demnach das lineare oder linearisierte funktionale Modell des Allgemeinfalls der Ausglei-<br />

chungsrechnung vor, vgl. DIN 18709 Teil4. Für die Residuen � � T<br />

1, n T 0, n T<br />

v n kann man nun ein<br />

beliebiges stochastisches Modell mit der Varianz-Kovarianz-Matrix Σ vnvn einführen. Verallgemei-<br />

1, m<br />

nert man Glg. (12) zu einer vollbesetzten Matrix H 1, n mit m � n (vektoriellen) Beobachtungen, so<br />

liegt der Kollokationsfall nach Krarup/Moritz vor, vgl. [MORITZ, 1973]. Für den Fall unkorrelier-<br />

1, n<br />

0, n<br />

ter Beobachtungen v und Störeingänge n zerfällt das System (13) wie man zeigt zum<br />

Algorithmus der Kalman-Glättung nach Rauch-Tung-Striebel, vgl. [AUSSEMS, 1999],<br />

[KATRYCZ, <strong>2003</strong>b].<br />

Für die Verwertung der exzentrischen Positionsbestimmung sowie für alle weiteren Zusatzinformationen<br />

aus Feldkalibrierung, Stillstandsphasen und eingeschränkter Sondenbewegung bei Vortrieb<br />

im Rohr wurden Beobachtungsgleichungen aufgestellt. Sie wurden in Quaternionen- Schreibweise<br />

formuliert und sind [KATRYCZ, <strong>2003</strong>b] zu entnehmen. Eingeführt werden sie in das System (14),<br />

da sie als Beobachtungen im Sinne der Schätztheorie aufzufassen sind.<br />

Für die Ausführung der Auswertung wurde sowohl der sequentielle Ablauf als auch die En-Bloc-<br />

Auswertung implementiert. Eine graphische Benutzeroberfläche vereinfacht das Aufstellen von<br />

Steuerdateien, die Zeitpunkte und Zeitintervalle festlegen, in denen Zusatzinformation gültig ist,<br />

siehe Abb. 5. Diese Information zur Programmsteuerung bestimmt den Aufbau des Systems (14).


C4<br />

Niemeier<br />

Abbildung 5: Graphische Benutzeroberfläche zur Steuerung des Programmablaufes<br />

Zur numerischen Stabilisierung der Auflösung nach [MORITZ, 1973] wurde die Kleinste-Quadrate-<br />

Schätzung mit Hilfe des Householder-Verfahrens auf den Allgemeinfall (15) ausgedehnt, vgl.<br />

[KATRYCZ <strong>2003</strong>a]. Dazu ist (15) jedoch vorab zu homogenisieren, also so mit einer passenden<br />

1, n<br />

0, n<br />

Transformationsmatrix zu multiplizieren, dass die transformierten Residuen v~ und n ~ nach<br />

Σ vnvn<br />

~ ~ ~ ~ � I verteilt sind.<br />

3.2.8 Weitere Messmethoden<br />

Im November <strong>2001</strong> wurde auf der Hausmülldeponie Deiderode des Landkreises Göttingen an einer<br />

günstig gelegenen Böschung in Zusammenarbeit mit den Teilprojekten D1, B5 und B6 eine Beprobung<br />

durchgeführt. Als Grundlage für die mechanische Modellierung in diesen Teilprojekten wurde<br />

die Oberfläche der Beprobung und ihrer Umgebung mit herkömmlichen Methoden (Tachymetrie<br />

und GPS) bestimmt und ein digitales Höhenmodell erstellt. Ferner wurde ein Punktfeld von Referenzpunkten<br />

innerhalb und am Rande des Schurfes angelegt und zu diskreten Zeitpunkten tachymetrisch<br />

vermessen. Die so gewonnenen Daten dienten zur Bestimmung des dreidimensionalen<br />

Setzungsverhaltens des Schurfes über die Zeit.<br />

Das sukzessive Abgraben des Schurfes erlaubte es, die Materialdichte als einen wichtigen bauphysikalischen<br />

Parameter in drei Schichttiefen zu ermitteln und daraus einen Dichtegradientenwert zu<br />

bestimmen, siehe dazu Abb. 7. Hierzu wurden in jeder Schicht das Volumen und das Gewicht einer<br />

Materialprobe ermittelt. Die Dichte der Probe ergab sich dann als Verhältnis des Volumens zu seinem<br />

Gewicht. Die Volumina waren durch je zweimalige Vermessung der Deponieoberfläche mit<br />

Laserscanning zu bestimmen, s. [KERN, <strong>2003</strong>]. Für die Oberflächenbestimmung jeder Ausbau-<br />

- 268 -


- 269 -<br />

C4<br />

Niemeier<br />

schicht stand ein Zeitfenster von 30 min zur Verfügung. Ein Laserscanner wurde mittig im Schurf<br />

platziert. In jeder Ausbaustufe war der Laserscanner neu zu stationieren und zu orientieren. Für die<br />

Standpunktverknüpfung wurden Passkugeln am Rande des Schurfes aufgestellt. Als Referenzpositionen<br />

dienten ihre Mittelpunkte, die in Bezug auf das äußere Deponiekoordinatensystem mit einem<br />

reflektorlosen Tachymeter eingemessen wurden. Jede Kugeloberfläche wurde pro Scan mit minimal<br />

12 Messpunkten überzogen. Aus diesen Messungen ließ sich das Kugelzentrum im Deponiesystem<br />

berechnen.<br />

20,6 m³<br />

15,9 m³<br />

3,5 m³<br />

Abbildung 7: Prinzipskizze der Bestimmung eines Dichtegradientenwertes der Zentraldeponie<br />

Deiderode, Landkreis Göttingen. Drei Probemassen wurden ausgehoben und gewogen. Ihre Volumina<br />

wurden messtechnisch bestimmt.<br />

3.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />

3.3.1 Rohrvermessung<br />

Es konnte in rechnerischen Simulationen und Testmessungen gezeigt werden, dass die geforderten<br />

Genauigkeitswerte von +/- 5cm pro hundert Meter Rohrlänge unter der Voraussetzung eingehalten<br />

werden können, dass:<br />

� Initialisierungsmessungen in Form vollständiger 3D-Einmessungen der Messsonde in Position<br />

und Orientierung vor und nach einer Messfahrt sowie<br />

� Nullgeschwindigkeitsabgleiche mit einer Dauer von 30-60 Sekunden ca. im Minutentakt<br />

durchgeführt werden. Werden als Initialisierungsmessungen bloße Positionsbestimmungen durchgeführt,<br />

wie bei einigen Messfahrten an einer Test-Schienenstrecke in Klein-Mahner der Fall, so<br />

können die fehlenden Orientierungsinformationen nicht aufgelöst werden und der Glättungsalgorithmus<br />

divergiert. Erst durch die in der zweiten Förderperiode entwickelten Initialisierungs- und<br />

Feldkalibrierungsverfahren nach 3.2.6 konnte dieses Problem gelöst werden.


C4<br />

Niemeier<br />

Abbildung 6: Beschleunigungsmesserdriften A ges (t)<br />

aus der Glättung nach 3.2.7 aus einem ersten<br />

Iterationsschritt des Gauß-Newton-Verfahrens. Die geschätzte deterministische Drift ist als Kurve<br />

eingetragen. In erster Näherung ist diese „Turn-On to Turn-On Drift“ linear.<br />

Aufgrund der außerplanmäßig aufwändigen Entwicklungsarbeiten für Fahrwerk und Kupplung (als<br />

Auftragsarbeiten von der DMT durchgeführt) verzögerte sich die Durchführung der abschließenden<br />

Testmessungen. Sie sind für September <strong>2003</strong> angesetzt. Die Ergebnisse sollen zur Begutachtung im<br />

Oktober <strong>2003</strong> präsentiert werden.<br />

3.3.2 Weitere Messmethoden<br />

Die Ergebnisse der Volumenbestimmungen aus Laserscans zeigten, dass eine relative Genauigkeit<br />

von höchstens +/-6% des Volumenswertes erreicht werden kann. Dieser Wert hängt jedoch stark<br />

von der Oberflächenbeschaffung und vom Blickwinkel des Laserscannerstandpunktes ab. Aufgrund<br />

des knappen Zeitfensters wurde jedes Volumen mit nur einer Aufstellung aufgenommen. Eine Genauigkeitssteigerung<br />

ist bei günstiger gewählter Konfiguration denkbar.<br />

- 270 -


- 271 -<br />

C4<br />

Niemeier<br />

Abbildung 8: Bestimmung eines Probenvolumens mit Laserscanning. (In Graustufen ist ein Quadratmeterraster<br />

räumlich hinterlegt.) Dieses Oberflächenmodell liefert gemeinsam mit einem zweiten<br />

Oberflächenmodell, das die Deponieoberfläche vor dem Ausheben der Probemasse darstellt, die<br />

vollständige dreidimensionale Geometrie der Probe. Die Punktabstände in diesen Modellen lagen<br />

im Bereich von 0,5 bis 2 cm.<br />

3.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />

Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />

Die Schwerpunkte in Forschung und Entwicklung inertialer Messverfahren liegen heute in<br />

1. der Integration von Inertialmethoden mit Satellitenortung (GPS/INS-Integration) und<br />

2. in Fernerkundungsmethoden, für die Inertialeinheiten Orientierungsinformationen liefern.<br />

Als Anwendung der 1. Gruppe in der Nahbereichsvermessung ist die Arbeit [FOPPE, <strong>2001</strong>] zu<br />

nennen, die sich die Überwachung von Brückenbauwerken zum Ziel gesetzt hat. Die dort vorgestellten<br />

Methoden nützen Satellitendaten und sind damit für den überirdischen Messbetrieb gedacht.<br />

Aus der Gruppe 2. ist [ELLUM et al., 2002] zu nennen, in denen Kalibriermethoden für Inertialmesssysteme<br />

der Fernerkundung rigoros untersucht werden. In Diskussionen mit beiden Arbeitsgruppen<br />

auf Fachkongressen und in Koordinierungsgesprächen wurde übereinstimmend festgestellt,<br />

dass die Qualität inertialer Messergebnisse maßgeblich von den vorliegenden Zusatzinformationen<br />

und deren Qualität abhängt.


C4<br />

Niemeier<br />

Die Forschungsergebnisse des Kooperationspartners Deutsche Montantechnologie GmbH. mit dem<br />

Schwerpunkt in der kontinuierlichen inertialen Strebvermessung im Bergbau und Labor-Kalibrierungsmethoden<br />

wurden in der Dissertation [NIESE, 2002] zusammengefasst. Diese Arbeit kommt<br />

den Zielen des TP C4 am nächsten und entstand in Koordination mit unseren Arbeiten.<br />

Ferner wurde von Seiten eines Baumaschinenherstellers Interesse an der Nutzung dieser Inertialverfahren<br />

für die geometrische Kontrolle von Schlitzwandgreifern bekundet.<br />

3.5 Offene Fragen<br />

Die Inertialmesssonde liefert ausschließlich die Trajektorie des Zentrums des Sensorsystems sowie<br />

die räumliche Orientierung der Sonde. Auf die Lage des zu vermessenden Rohres wird über die<br />

bekannten Abmessungen des Messfahrzeuges rechnerisch geschlossen. Für die Bestimmung der<br />

Rohrachse müssen dazu Annahmen über den Rohrradius getroffen werden. Eine präzisere messtechnische<br />

Lösung bestünde in der Erfassung der Rohrwand von innen durch Infrarotsensoren. Dadurch<br />

könnten auch weitere Überwachungsrelevante Größen wie elliptische Verformungen des<br />

Rohres bestimmt werden, die über geometrische Änderungen des Deponiekörpers Aufschluss geben.<br />

Die Ergebnisse des TP C4 sind dreidimensionale Rohrvermessungen zu diskreten Zeitpunkten<br />

(Epochen). Unterschiede zwischen aufeinanderfolgenden Messungen werden als Verformungen<br />

interpretiert. Solche Abweichungen können jedoch auch aus integriertem Messrauschen entstehen.<br />

An statistischen Tests, etwa aufbauend auf den Methoden der Varianzanalyse, die signifikante Änderungen<br />

statistisch ausweisen können, mangelt es für die Vermessung linienförmiger Objekte in<br />

hoher Punktdichte noch.<br />

3.6 Literatur<br />

AUSSEMS, Th., 1999: „Positionsschätzung von Landfahrzeugen mittels Kalman-Filterung aus<br />

Satelliten- und Koppelnavigationsbeobachtungen“, Diss. RWTH Aachen, Veröffentlichung des<br />

Geodätischen Instituts der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, Nr. 55, 1999<br />

DAMBECK, J.-H., 1999: „Diagnose und Therapie geodätischer Trägheitsnavigationssysteme, Modellierung<br />

– Systemtheorie – Simulation – Realdatenverarbeitung“, Dissertation, Schriftenreihe des<br />

Studiengangs Geodäsie und Geoinformation, Universität Stuttgart, Report Nr. 1999.3<br />

ELLUM, C.M., EL-SHEIMY, N., 2002: “The Calibration of Image-Based Mobile Mapping Systems”,<br />

the International Association of Geodesy on 2nd Symposium on Geodesy for Geotechnical<br />

and Structural Engineering, May 21 - 24, 2002, Berlin, Germany<br />

FOPPE, K., <strong>2001</strong>: „Kombination von inertialen und satellitengetützten Beobachtungsverfahren zur<br />

ingenieurgeodätischen Überwachung von Brückenbauwerken“, Diss. Universität Hannover,<br />

Fachrichtung Vermessungswesen, Hannover, <strong>2001</strong><br />

GELB, A., ed., 1974: „Applied Optimal Estimation“, The Analytic Sciences Corporation, M.I.T.<br />

Press, Cambridge, Massachusetts, and London, England<br />

GERTLOFF, K.-H., 1994: „Verformungsmessungen an der Deponiebasis – Möglichkeiten und Erwartungen<br />

aus der Sicht eines Anwenders”, in: Verformungsmessungen an der Deponiebasis,<br />

Tagungsband, Braunschweig, 16. März 1994<br />

- 272 -


- 273 -<br />

C4<br />

Niemeier<br />

IEEE, 1972, IEEE STD 337-1972: „Standard Specification Format Guide and Test Procedure for<br />

Linear, Single-Axis, Pendulous, Analog, Torgue Balance Accelerometer“<br />

IEEE, 1978, IEEE STD 530-1978: „Standard Specification Format Guide and Test Procedure for<br />

Linear, Single-Axis, Digital, Torgue Balance Accelerometer“<br />

IEEE, 1981, IEEE STD 647-1981: „Specification Format Guide and Test Procedure for Single-<br />

Axis Laser Gyros“<br />

JEKELI, Ch., <strong>2001</strong>: „Inertial Navigation Systems with Geodetic Applications“, Walter de Gruyter –<br />

Berlin – New York, <strong>2001</strong><br />

KNICKMEYER, E. H., 1992: „Rohrleitungsvermessung von innen mit Hilfe von Trägheits- und<br />

anderen Sensoren”, in: Ingenieurvermessung 92, Band 2, Dümmler, Bonn<br />

LAWRENCE, A., 1998: „Modern Inertial Technology“, 2 nd Edition, Springer, New York<br />

LOGAN, Sc. A., 2000: „Integration of GPS phase and other measurements for kinematic mapping“,<br />

Diss. Dept. of Geomatics, The University of Melbourne, Aus., Feb. 2000<br />

MOHAMED, A. H., SCHWARZ, K.-P., 1999: „ Adaptive Kalman Filtering for INS/GPS“, Journ.<br />

of Geodesy (1999) 73, 193-203<br />

MORITZ, H., 1973: “Least-Squares Collocation”, Deutsche Geodätische Kommission, Reihe A:<br />

Theoretische Geodäsie, Heft Nr. 75<br />

NIESE, J, 2002: „Entwicklung und Einsatz einer kreiselgestützten Vermessung mit inertialen Sensoren<br />

im Spezialtiefbau“, Diss. Techn. Univ. Bergakademie Freiberg, Fakultät für Maschinenbau,<br />

Verfahrens- und Energietechnik, 2002<br />

SAVAGE, P. G., 2000a: „Strapdown Analytics Part 1“, Strapdown Associates, Inc., Maple Plain,<br />

Minnesota, USA<br />

SAVAGE, P. G., 2000b: „Strapdown Analytics Part 2“, Strapdown Associates, Inc., Maple Plain,<br />

Minnesota, USA<br />

SCHWARZ, K.-P., 1994: „Inertial Surveying and INS/GPS Integration“, partial lecture notes for<br />

ENGO 623, Dep. of Geomatics Engineering, The University of Calgary, Updates Version January<br />

1994<br />

Eigene Veröffentlichungen:<br />

KATRYCZ, W., 1999, „A Study on the Design of an Integrated Pipe Surveying System for the Deformation<br />

Analysis of Landfill Sites“, Meeting of the IAG, Sect. I (Positioning), Special Comm. 4,<br />

Working Gr. 2, Building Structures as Kinematic Systems, Sopron, March 30 th , 1999, (reprinted in<br />

Acta Geod. Geoph. Hung. 35, 2000)<br />

NIEMEIER, W., et al., 1999, „Ein neues Messkonzept zur Lösung vermessungstechnischer Fragen<br />

auf Deponien“, ZfV 8, 257<br />

SCHÄFER, M., 1999, „Determination and Modelling of Dumping Surfaces with Real-Time-GPS“,<br />

Meeting of the IAG, Sect. I (Positioning), Special Comm. 4, Working Gr. 2, Building Structures as<br />

Kinematic Systems, Sopron, March 30 th , 1999, (reprinted in Acta Geod. Geoph. Hung. 35, 2000)


C4<br />

Niemeier<br />

THOMSEN, S., SCHÄFER, M., 2000, „Ein Multisensorsystem zur Erfassung von Geländeoberflächen,“<br />

in: Gattermann, Plaßmann, Rodatz (Hrsg.), Messen in der Geotechnik, Mitteilungen des<br />

Instituts für Grundbau und Bodenmechanik, TU Braunschweig, Heft Nr. 62, 323<br />

NIEMEIER, W., KATRYCZ, W., <strong>2001</strong>: “The Potential of Inertial Measurement Units for 3D-Surveying<br />

Tasks in Connection with Drainage Pipes”, In: „The 3 rd International Symposium on Mobile<br />

Mapping Technology“, Cairo, 3-5 January <strong>2001</strong><br />

KATRYCZ, W., NIEMEIER, W., <strong>2001</strong>: “On Methodological Aspects of System Development in<br />

High Precision Inertial Pipe Surveying”, Kinematic Systems in Geodesy, Geomatics and Navigation,<br />

June 5-8, <strong>2001</strong>, Banff, Canada<br />

THOMSEN, S., PERLT, J., KATRYCZ, W., NIEMEIER, W., SCHALLER, M.-B., <strong>2001</strong>: "An integrated<br />

real time GPS- and laserscanner system for high precision guidance in harsh environment",<br />

In: International Symposium On Kinematic Systems in Geodesy, Geomatics and Navigation, 5.-<br />

8.06.<strong>2001</strong>, Banff (Canada), Proceedings, <strong>2001</strong><br />

KATRYCZ, W., NIEMEIER, W., 2002: „Potenzial und Leistungsfähigkeit von inertialen Meßsystemen<br />

in der Geotechnik“, erschienen in: Mitteilungen des IGB, TU Braunschweig, Heft Nr. 68,<br />

„Messen in der Geotechnik, Fachseminar: 21./22. Februar 2002, p. 199-208<br />

KATRYCZ, W., 2002: "A Strapdown Inertial Measuring System for the Monitoring of Drainage<br />

Pipes in Landfill Sites", erschienen in: Kahmen / Niemeier / Retscher (Eds.), “Geodesy for Geotechnical<br />

and Structural Engineering II”, Department of Applied and Engineering Geodesy, Vienna<br />

University of Technology, Austria, 2002, p. 344-354<br />

KERN, F., 2002: “Precise Determination of Volume with Terrestrial 3D-Laserscanner”. In: Kahmen,<br />

H. (Hrsg.), Niemeier, W. (Hrsg.), Retscher, G. (Hrsg.): Geodesy for Geotechnical and Structural<br />

Engineering II, Wien: Department of Applied and Engineering Geodesy, Institute of Geodesy<br />

and Geophysics, Vienna University of Technology, 21.-24. Mai 2002, Berlin, S. 531-534<br />

Laufende Review-Verfahren:<br />

KATRYCZ, W., <strong>2003</strong>a: „Zur Lösung von Ausgleichungsverfahren mit Hilfe von Orthogonal-<br />

Transformationen“, für: Zeitschrift für Vermessungswesen<br />

In Vorbereitung:<br />

KATRYCZ, W., <strong>2003</strong>b: „Post-Processing Strategies for Pipe Surveying with Strapdown Inertial<br />

Measurement Systems“, für: Journal of Geodesy<br />

Diplomarbeit:<br />

MALLSCHÜTZKE, K., <strong>2003</strong>: „Messung horizontaler Verformungen in Abfalldeponien“, Gemeinsam<br />

mit dem Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Abt. für Abfallwirtschaft. (TP D1)<br />

Abgeschlossene Dissertationen:<br />

KERN, F., <strong>2003</strong>: „Automatisierte Modellierung von Bauwerksgeometrien aus 3D-Laserscanner-Daten“<br />

Dissertation in Bearbeitung:<br />

KATRYCZ, WOLFGANG: „Hochpräzise Rohrvermessung mit Strapdown-Inertialsystemen“<br />

- 274 -


3.7 Während der Laufzeit des Teilprojektes bewilligte Mittel (in €)<br />

- 275 -<br />

C4<br />

Niemeier<br />

Personalkosten Sächliche Verwaltungsausgaben Gesamt<br />

1998 61.355 3.988 65.343<br />

1999 62.582 56.140 118.722<br />

2000 63.809 16.259 80.068<br />

<strong>2001</strong> 54.606 15.748 70.354<br />

2002 56.400 14.725 71.125<br />

<strong>2003</strong> 14.400 6.391 20.791<br />

Gesamt 313.152 113.251 426.403


- 276 -


4. Dokumentation der sonstigen Aktivitäten<br />

4.1 Auflistung der Veranstaltungen<br />

- 277 -<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

Datum Veranstaltung / Thema Vortragende(r) Eingeladen<br />

vom TP<br />

02.05.01 Workshop<br />

Dr. J. Schlöder<br />

B 5<br />

Numerische Methoden zur Parameterschätzung Dipl.-Math. S. Körkel<br />

und optimalen Versuchsplanung bei nichtlinearen (Heidelberg)<br />

Differentialgleichungen<br />

09.05.01 Workshop<br />

Prof. D. S. Fraser<br />

C 4<br />

State Acquisition with Methods of Digital Photogrammetry<br />

and Remote Sensing<br />

(Australia)<br />

29.06.01 Workshop<br />

Dr. Jerzy K. Piotrowski B 1<br />

Dielectric probes with a coaxial line – circular (Poland)<br />

waveguide junction<br />

19.09.01 Workshop<br />

Prof. Dr. M. Kersten B 9<br />

Thermodynamisches Modell für die wässrige (Mainz)<br />

Löslichkeit von CSH-Phasen und darin chemisch<br />

eingebundene Elemente<br />

17.10.01 Workshop<br />

Seismic Assessment of Existing Structures by<br />

Means of Ambient Vibration Measurement<br />

Prof. Zhang (China) B 1<br />

21.11.01 Workshop<br />

Dr. H. van der Sloot<br />

B 5<br />

Development for sustainable landfill concepts (Niederlande)<br />

based on understanding of waste-waste interaction<br />

and transformation processes in a landfill<br />

26.11.01 Workshop<br />

Prof. Dr. P. Marek<br />

B 3<br />

Assessment of structural durability using (Czech Republic)<br />

28.11.01<br />

probalilistic SBRA method<br />

Workshop<br />

Dr. R. Beaven<br />

D 1<br />

Hydrogeology of MSW<br />

(England)<br />

28.11.01 Workshop<br />

Prof. W. Powrie<br />

D 1<br />

Soil mechanics and MSW<br />

(England)<br />

05.12.01 Workshop<br />

Prof. Cempel<br />

B 1<br />

Multi – Dimensional Condition Monitoring of (Poland)<br />

Systems in Operation<br />

06.12.01 Workshop<br />

Prof. R. Flesch<br />

C 4<br />

Assessment und Monitoring von Bauwerken – (Österreich)<br />

Diskussion neuer Methoden zur Sicherheitsinspektion,<br />

Qualitätskontrolle, Beurteilung der<br />

Erdbebensicherheit sowie zur Erarbeitung von<br />

Maßnahmen für den Erschütterungsschutz<br />

22.05.02 Workshop<br />

Prof. K. Horikawa<br />

B 4<br />

Life Assessment of Welded Structures<br />

(Japan)<br />

28.05.02 Workshop<br />

Prof. Dr. Mehmet Celebi C 4<br />

Developments in the Use of GPS for Monitoring (USA)<br />

Long-Period Structures<br />

17.07.02 Workshop<br />

Modellierung und Simulation von Populationsbilanzen<br />

für Eigenschaftsverteilungen<br />

Dr. Wulkow (Rastede) B 5<br />

17.07.02 Workshop<br />

Modellierung von Mischungseffekten in chemischen<br />

Reaktoren<br />

Dr. Busch (Rastede) B 5


<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />

Datum Veranstaltung / Thema Vortragende(r) Eingeladen<br />

vom TP<br />

18.07.02 Workshop<br />

Structural Integrity Assessment of Offshore Tubular<br />

Joints Trough Reliabilty Analysis<br />

Dr. Rajasankar (Indien) B 6<br />

13.11.02 Workshop<br />

Application of the PIRM to damage diagnosis of<br />

construction of gantry robot<br />

Dr. Powalka (Polen) B 1<br />

27.11.02 Workshop<br />

David Richards<br />

B 5<br />

Settlement of landfill wastes – small compression (England)<br />

cell tests<br />

27.11.02 Workshop<br />

Ralitza Nikolova<br />

B 5<br />

Clogging of leachate collection systems (England)<br />

27.11.02 Workshop<br />

Andrew Hudson<br />

B 5<br />

Evaluation of hydrogeological properties of (England)<br />

waste using a large scale compression cell<br />

27.11.02 Workshop<br />

A framework to contain a spatially distributet<br />

model of the degradation of solid waste in landfills<br />

Jim White (England) B 5<br />

06.12.02 Dissertation<br />

Milad Mehdianpour<br />

B 3<br />

Lebensdauervorhersage von ermüdungsbean- (Braunschweig)<br />

07.01.03<br />

spruchten Tragwerken mit Hilfe von Monitoring<br />

und begleitenden Versuchen<br />

Workshop<br />

Masoud Ghandehari C 2<br />

Chemical Sensing for Civil Infrastructure (USA)<br />

08.01.03 Workshop<br />

Masoud Ghandehari C 2<br />

Rehabilitation of Manhatten-Bridge<br />

(USA)<br />

28.01.03 Dissertation<br />

Carsten Lachmann<br />

B 4<br />

Einfluss von Eigenspannungsabbau und mikrostrukturellen<br />

Veränderungen auf die Lebensdauervorhersage<br />

schwingbeanspruchter Schweißverbindungen<br />

(Braunschweig)<br />

28.01.03 Workshop<br />

Joachim Scheer<br />

B 3<br />

Einstürze von Brücken – Ursachen, Lehren (Braunschweig)<br />

21.05.03 Workshop<br />

Application of controlled absorber aimed at vibration<br />

suppression<br />

Bartosz Powalka (PL) B 1<br />

16. +<br />

17.06.03<br />

Berichtskolloquium<br />

19.06.03 Workshop<br />

Prof. Meriakri<br />

C1b<br />

Investigations of dielectric material properties in (Russland)<br />

millimeter and submillimeter wavelength ranges<br />

and application for non-destructive testing<br />

04.07.03 Workshop<br />

Smart Sensing and Intelligent Diagnostics for<br />

Structures<br />

Prof. Chang (USA) B3<br />

09.07.03 Workshop<br />

The importance of Landfills in Developing and<br />

Threshold Nations<br />

Dr. Diaz (USA) D1<br />

08. +<br />

09.10.03<br />

Begutachtung<br />

- 278 -


4.2 Auflistung der Gastwissenschaftler<br />

Name Heimathochschule / Institution Aufenthaltsdauer<br />

Prof. Fraser Department of Geomatic<br />

University of Melbourne, Australien<br />

1 Woche<br />

Dr. Powalka Fachbereich Mechanik<br />

TU Stettin, Polen<br />

3 Wochen<br />

Prof. Zhang Department of Engineering Mechanics<br />

Jiaton Universität, China<br />

1 Woche<br />

Dr. van der Sloot ECN-SF<br />

Petten, Niederland<br />

3 Tage<br />

Prof. Marek Universität Prag<br />

Czech Republic<br />

3 Tage<br />

Herr Ginev Technische Universität Yambol<br />

Bulgarien<br />

5 Wochen<br />

Prof. Powrie Department of Civil and Environmental Engineering, 3 Tage<br />

Southampton, UK<br />

Dr. Beaven Department of Civil and Environmental Engineering, 3 Tage<br />

Southampton, UK<br />

Prof. Cempel Applied Mechanics Institute<br />

University Poznan, Polen<br />

1 Woche<br />

Prof. Flesch Verkehrs- und Infrastrukturtechnologien<br />

Wien, Österreich<br />

5 Tage<br />

Prof. Celebi US Geological Survey<br />

San Fransisco, USA<br />

10 Tage<br />

Prof. Horikawa Welding Research Institute<br />

Osaka, Japan<br />

5 Tage<br />

Dr. Powalka Fachbereich Mechanik<br />

TU Stettin, Polen<br />

2 Wochen<br />

Prof. White Department of Civil and Environmental Engineering, 4 Tage<br />

Southampton, UK<br />

Dr. Richards Department of Civil and Environmental Engineering, 4 Tage<br />

Southampton, UK<br />

Herr Nikolova Department of Civil and Environmental Engineering, 4 Tage<br />

Southampton, UK<br />

Herr Hudson Department of Civil and Environmental Engineering, 4 Tage<br />

Southampton, UK<br />

Prof. Ghandehari Civil Engineering Department<br />

Polytechnic University, New York, USA<br />

1 Woche<br />

Dr. Powalka Fachbereich Mechanik<br />

TU Stettin, Polen<br />

3 Wochen<br />

Prof. Meriakri Institute of Radio Engineering and Electronic<br />

Russian Academy of Sciences, Russland<br />

9 Tage<br />

Prof. Chang Department of Aeronautics and Astronautic<br />

Stanford University, San Fransisco, USA<br />

4 Tage<br />

- 279 -<br />

<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>


BETEILIGTE TEILPROJEKTE<br />

A1 Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung<br />

und Optimierung von Bauwerküberwachungsmaßnahmen<br />

D. Hosser<br />

A2 Wissensbasiertes System „Messtechnik im Bauwesen“ zur Messdaten<br />

Erfassung und Auswertung innerhalb der Bauwerksüberwachung<br />

H.G. Natke†<br />

B1 Modellgestützte Bauwerksüberwachung und Schadensdiagnose<br />

anhand eines online an den jeweiligen Zustand anzupassenden<br />

dynamischen Rechenmodells<br />

M. Oeljeklaus<br />

B3 Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten<br />

Bauwerken durch Monitoring und begleitende Versuche<br />

U. Peil<br />

B4 Restlebensdauervorhersage für Schweißverbindungen an Stahlkonstruktionen<br />

und Maßnahmen zur kontrollierten Nutzungsausweitung<br />

H. Wohlfahrt<br />

B5 Analyse der biologischen und chemischen Reaktionsprozesse D.C. Hempel<br />

in Deponien A. Haarstrick<br />

B6 Analyse der gekoppelten Prozesse von Wärmeentwicklung, D. Dinkler<br />

Flüssigkeits- und Stofftransport in der Deponiestruktur H. Ahrens<br />

B9 Adaptives Modell zur Dauerhaftigkeitsprognose im Zuge der H. Budelmann<br />

Überwachung von Betonbauwerken F. Schmidt-Döhl<br />

C1a Faseroptische Sensoren für die Bauwerksüberwachung W. Kowalsky<br />

H-H. Johannes<br />

C1b Mikrowellensensoren und -meßtechnik für die Bauwerks- A. Jacob<br />

überwachung H-H. Johannes<br />

C2 Zustandserfassung und -beurteilung vorgespannter Zugglieder H. Budelman<br />

durch Monitoring F.S. Rostásy<br />

C3 Mehrkomponenten-Dehnungs- und Spannungsaufnehmer<br />

für das Monitoring von Bauwerken<br />

M. Peters<br />

C4 Geodätische Sensoren und Methoden zur Bauwerksüberwachung W. Niemeier<br />

D1 Überwachung und Beurteilung von Deponien K. Fricke<br />

H.-J. Collins

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