Arbeitsbericht 2001- 2003 Sonderforschungsbereich 477 - SFB 477
Arbeitsbericht 2001- 2003 Sonderforschungsbereich 477 - SFB 477
Arbeitsbericht 2001- 2003 Sonderforschungsbereich 477 - SFB 477
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<strong>Arbeitsbericht</strong> <strong>2001</strong>- <strong>2003</strong><br />
<strong>Sonderforschungsbereich</strong> <strong>477</strong><br />
Sicherstellung der Nutzungsfähigkeit von Bauwerken<br />
mit Hilfe innovativer Bauwerksüberwachung<br />
Gefördert durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft<br />
TECHNISCHE UNIVERSITÄT CAROLO-WILHELMINA<br />
Braunschweig
Inhaltsverzeichnis Seite<br />
1 Allgemeine Angaben zum <strong>Sonderforschungsbereich</strong><br />
1.1 Wissenschaftliche Entwicklung des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>s 1<br />
1.2 Entwicklung der Kooperation im <strong>Sonderforschungsbereich</strong> 2<br />
1.3 Stellung innerhalb der Hochschule 3<br />
1.4<br />
1.5<br />
1.6<br />
Förderung der Lehre und des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />
Förderung der Gleichstellung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
Ergebnisse des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> in Bezug auf Patentanmeldungen<br />
2 Berichte über die einzelnen Teilprojekte<br />
Projektbereich A: Methoden und Strategien zur Bauwerksüberwachung<br />
A1 Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung und Optimierung<br />
von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen (Hosser)<br />
Projektbereich B: Adaptive Modelle<br />
B1 Modellgestützte Bauwerksüberwachung und Schadensdiagnose anhand eines<br />
online an den jeweiligen Zustand anzupassenden dynamischen Rechenmodells<br />
(Oeljeklaus)<br />
B3 Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten Bauwerken durch Monitoring<br />
und begleitende Versuche (Peil)<br />
B4 Restlebensdauervorhersage für Schweißverbindungen an Stahlkonstruktionen<br />
und Maßnahmen zur kontrollierten Nutzungsausweitung (Wohlfahrt)<br />
B5 Analyse der biologischen und chemischen Reaktionsprozesse in Deponien<br />
(Hempel, Haarstrick)<br />
B6 Analyse der gekoppelten Prozesse von Wärmeentwicklung, Flüssigkeits- und<br />
Stofftransport in der Deponiestruktur (Dinkler, Ahrens)<br />
B9 Adaptives Modell zur Dauerhaftigkeitsprognose im Zuge der Überwachung<br />
von Betonbauwerken (Budelmann, Schmidt-Döhl)<br />
Projektbereich C: Messtechnik – Entwicklung und Adaption<br />
C1a Faseroptische Sensoren für die Bauwerksüberwachung (Kowalsky, Johannes) 145<br />
C1b Mikrowellensensoren und -messtechnik für die Bauwerksüberwachung<br />
(Jacob, Johannes)<br />
165<br />
C2 Zustandserfassung und -beurteilung vorgespannter Zugglieder durch Monitoring<br />
(Budelmann, Rostásy)<br />
189<br />
Projektbereich D: Erprobung an Bauwerken<br />
D1 Überwachung und Beurteilung von Deponien (Fricke, Collins)<br />
3 Abgeschlossene Teilprojekte<br />
A2 Wissensbasiertes System „Messtechnik im Bauwesen“ zur Messdatenerfassung<br />
und Auswertung innerhalb der Bauwerksüberwachung (Natke†)<br />
C3 Mehrkomponenten-Dehnungs-und Spannungsaufnehmer für das Monitoring<br />
von Bauwerken (Peters)<br />
C4 Geodätische Sensoren und Methoden zur Bauwerksüberwachung (Niemeier)<br />
4 Dokumentation der sonstigen Aktivitäten 277<br />
3<br />
6<br />
6<br />
7<br />
27<br />
37<br />
61<br />
81<br />
101<br />
125<br />
213<br />
235<br />
237<br />
257
Sicherstellung der Nutzungsfähigkeit von Bauwerken<br />
mit Hilfe innovativer Bauwerküberwachung<br />
Sprecher: Prof. Dr.-Ing. U. Peil<br />
Stellvertretender Sprecher: Prof. Dr.-Ing. D. Hosser<br />
1 Allgemeiner Teil<br />
1.1 Wissenschaftliche Entwicklung des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>es<br />
- 1 -<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
Der vorliegende <strong>Arbeitsbericht</strong> beschreibt die Tätigkeiten und die Entwicklung des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
während der vergangenen 3 Arbeitsjahre. Die wissenschaftliche Entwicklung des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> ist<br />
in dieser Zeit sehr erfreulich vorangeschritten. Die Entwicklung der Teilprojekte im Teilprojektbereich<br />
A Methoden und Strategien war durch die Bereitstellung und Programmierung<br />
grundlegender Algorithmen, Beratung der anderen Teilprojekte in Fragen der Zuverlässigkeitstheorie,<br />
probabilistische Abschätzung der Lebensdauer, Schwachstellenerkenung etc.<br />
gekennzeichnet.<br />
Im Teilprojektbereich B Adaptive Modelle wurde an Modellierungen des Verhaltens<br />
konstruktiver Bauwerke und von Deponien gearbeitet. Dabei entstanden eine Reihe interessanter<br />
Ansätze, die zum einen auf bekannten Modellen aufsetzten, zum anderen aber ganz<br />
andere Wege gingen, z.B. durch Verbindung von Monitoring und parallelen Experimenten.<br />
Wesentlich bei allen Modellentwicklungen ist, dass Änderungen im Verhalten des Bauwerks<br />
erfasst und prognostiziert werden können.<br />
Im Teilprojektbereich C Messtechnik - Entwicklung und Adaption wurde eine Reihe neuer<br />
Sensoren erdacht, entwickelt und bereits nahezu in eine Phase gebracht, das sie industriell<br />
gefertigt werden können. Schwierigkeiten ab es hier bei der Entwicklung von Trägersubtanzen<br />
für die Sensorstoffe. Mittlerweile ist aber hier ein wesentlicher Durchbruch erzielt worden.<br />
So ist Herrn Prof. Kowalsky (Leiter des Teilprojektes C1a) ist im letzten Jahr der Leibniz-Forschungspreis<br />
der DFG verliehen worden.<br />
Der Teilprojektbereich D Erprobung an Bauwerken ist der Bereich des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, in dem die<br />
in den Teilprojektbereichen A bis C entwickelten Methoden, Strategien und Sensoren eingesetzt<br />
und unter Praxisbedingungen erprobt werden sollen. Bisher wurde im Bereich der Deponien<br />
geforscht. Die Messung von Verformungen der Oberfläche und der Dichtungskonstruktion,<br />
einschließlich örtlichen Sickerwasseranfalls sind wichtige Eingangsgrößen für die Beurteilung<br />
der biochemischen Aktivitäten und damit zusammenhängend auch für die Standsicherheit.<br />
Bei den großen Abmessungen der Deponien kommt einem effizienten Messmanagement<br />
eine wichtige Rolle zu. In der nächsten Förderperiode werden auch Spannbetonbauwerke<br />
und der Baugrund selbst mit einbezogen.<br />
Bedingt durch die enge Kopplung der adaptiven Modellentwicklung und der Sensorentwicklung<br />
und -adaptierung sind hier sehr erfreuliche Forstschritte zu verzeichnen, die ohne das
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
Instrument <strong>SFB</strong> und der dadurch stimulierten fachübergreifenden Diskussion und Zusammenarbeit<br />
wohl kaum erzielt worden wären.<br />
Die Verflechtung der einzelnen Teilprojekte ergibt sich thematisch zwangsläufig durch die<br />
sehr methodisch eingesetzten sog. Ersatzbauwerke, das sind Bauwerke, die im Labor untersucht<br />
werden und damit alle Freiheiten der Parameterwahl bieten. Nahezu alle Teilprojekte<br />
sind aktiv an den untersuchten Ersatzbauwerken beteiligt, Ergebnisse können so verglichen,<br />
kalibriert und abgesichert werden. Genaueres dazu ist bei den Teilprojektbeschreibungen<br />
nachzulesen.<br />
1.2 Entwicklung der Kooperation im <strong>Sonderforschungsbereich</strong><br />
Die Kooperation im <strong>Sonderforschungsbereich</strong> ist zum einen durch die sehr erfreuliche freundschaftliche<br />
und kollegiale Atmosphäre aller Mitglieder und Mitarbeiter gekennzeichnet, ein<br />
wesentlicher Punkt für eine gute Zusammenarbeit. Zur Vertiefung und Angleichung spezieller<br />
Fachkenntnisse wurden Arbeitsgruppen eingerichtet, die in der Regel von einem Mitglied<br />
vorbereitet und geleitet wurden. In diesen Arbeitsgruppen wurde neben der Faktenpräsentation<br />
besonderer Wert auf lebhafte Diskussion gelegt. Bisher wurden folgende Arbeitsgruppen<br />
eingerichtet:<br />
� Probabilistische Methoden<br />
� Messtechnik<br />
� Deponierung vorbehandelter Siedlungsabfälle<br />
� Zeitreihenanalyse<br />
Daneben wurden zeitlich begrenzte Kompaktkurse auf den Gebieten<br />
� Symptom- und modellgestützte Diagnose technischer Systeme<br />
� Stochastische Finite Elemente<br />
� Numerische Modellierung bei Mehrphasenströmungen und Transportprozessen.<br />
abgehalten.<br />
Den beiden Standbeinen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> gemäß, wurde eine Koordinationsgruppe Deponie und<br />
eine Gruppe Konstruktiver Ingenieurbau gegründet, um die spezifischen Fragestellungen im<br />
kleineren Kreis intensiv diskutieren zu können.<br />
Neben diesen mehr internen Instrumenten der Zusammenarbeit wurde eine große Zahl von<br />
Workshops durchgeführt, zum größten Teil mit Experten außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>. Die<br />
Workshops erfüllen zwei Zwecke: der erste Zweck ist dazuzulernen, der andere Zweck ist die<br />
Möglichkeit zu einer kritischen Beurteilung der eigenen Positionen zu kommen. Die vortragenden<br />
Wissenschaftler waren in der Regel länger in Braunschweig und haben mit den jeweils<br />
tangierten Teilprojekten intensiv diskutiert und zusammengearbeitet. Die Workshops<br />
fanden ein lebhaftes Interesse auch außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, es waren häufig Gäste anderer<br />
Universitäten, gelegentlich auch aus der Industrie und Verwaltung, zum Teil aus dem Ausland<br />
anwesend. Die öffentlichen Workshops und Kompaktkurse sind im Abs. 4 noch einmal zusammengestellt.<br />
- 2 -
1.3 Stellung innerhalb der Hochschule<br />
- 3 -<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
Der <strong>Sonderforschungsbereich</strong> <strong>477</strong> hat in den letzten beiden Förderperioden erheblichen Einfluss<br />
im Bereich der TU-Braunschweig und darüber hinaus gewonnen. Im Fachbereich Bauingenieurwesen<br />
wurde zum Sommersemester 2000 eine neue Vertiefungsrichtung “Bauwerkserhaltung”<br />
eingerichtet, die mittlerweile sehr erfolgreich ist. In dieser Vertiefungsrichtung<br />
hat die Bauwerksüberwachung, also der <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, einen großen Anteil. Als ganz wichtiger<br />
Auswirkung des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> kann die Einwerbung des Stiftungslehrstuhls Bauwerkserhaltung<br />
und Tragwerk gewertet werden, dessen Forschungsschwerpunkte exakt im Fokus des<br />
<strong>SFB</strong> liegen. Stifterin ist die Salzgitter Stahl und Technologie AG. Dies zeigt deutlich das Interesse<br />
der Wirtschaft an den grundlegenden Fragestellungen, an denen auch der <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> arbeitet.<br />
Der Lehrstuhl ist seit dem 01.05.<strong>2003</strong> mit Herrn Prof. Dr.-Ing. T. Ummenhofer besetzt.<br />
Mit der Universität Florenz besteht seit dem 01.01.2002 ein Internationales Graduiertenkolleg<br />
auf dem Gebiet des Risk Management of Natural and Civilisation Hazards on Buildings and<br />
Infrastructure, gegründet worden. Die Fragestellungen die hier bearbeitet werden stehen in<br />
engem Zusammenhang mit Fragestellungen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>. Die Veranstaltungen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
und auch die des Internationalen Graduiertenkollegs werden stark wechselseitig besucht.<br />
Mit der Stanford-University, Palo Alto Ca. (Prof. Fu-Kuo Chang) und der University of Colorado<br />
at Boulder (Prof. D. Frangopol) wird derzeit eine Forschungskooperation auf dem Gebiet<br />
des Structural Health Monitoring vorbereitet, um die Forschungsinteressen zu bündeln und<br />
damit gegenseitig zu verstärken. Die Initiative wird auf amerikanischer Seite vom dortigen<br />
NSF (National Science Foundation) im Rahmen eines Schwerpunktprogramms zentral gefördert.<br />
1.4 Förderung der Lehre und des wissenschaftlichen Nachwuchses<br />
Wie bereits dargestellt, haben die Aktivitäten des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> eine neue Vertiefungsrichtung<br />
“Bauwerkserhaltung” initiiert, in denen Vorlesungen über spezielle <strong>SFB</strong>-Themen gehalten<br />
werden um so die Studierenden auf die künftigen Aufgaben der Berufspraxis vorzubereiten.<br />
In der Zwischenzeit sind viele Promotionen aus dem <strong>SFB</strong> heraus entstanden, weitere sind in<br />
Vorbereitung. Die folgende Tabelle gibt einen Überblick.<br />
Teilprojekt Vor- und<br />
Zuname<br />
Thema<br />
A1 Michael Dehne Probabilistisches Sicherheitskonzept für die brandschutztechnische<br />
Bemessung<br />
A1 Ralf Schnetgöke Logische Modellierung komplexer realer Bauwerke<br />
A1 Hans-Jürgen<br />
Schlüter<br />
Rechnergestützte Beurteilung der Effizienz von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen<br />
B1 Olaf Huth Ein adaptiertes Polyreferenz-Verfahren und seine Anwendung<br />
in der Systemidentifikation.
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
Teilprojekt Vor- und<br />
Zuname<br />
Thema<br />
B3 Matthias Behrens Laterale Schwingungen und Ermüdung von schlanken<br />
Bauwerken im böigen Wind<br />
B3 Rüdiger Scharff Schwingung und Ermüdung schlanker Brückenhänger bei<br />
Zufallserregung<br />
B3 Michael Wichers Schweißen unter Betriebsbeanspruchung<br />
B3 Matthias Frenz Lebensdauervorhersage für Stahltragwerke durch Monitoring<br />
und Versuche unter Berücksichtigung des Systemtragverhaltens<br />
B3 M. Clobes Querschwingungen eines prismatischen Baukörpers im natürlichen<br />
Wind unter Berücksichtigung aeroelastischer Effekte<br />
/ Beitrag zur Ermittlung von Antworten infolge häufiger<br />
Windereignisse low-cycle-fatique gefährdeter Bauwerke<br />
B3 O. Dreyer Regen-Wind induzierte Seil- und Hängerschwingun-gen<br />
und die Auswirkungen auf Lebensdauer und Gebrauchstauglichkeit<br />
der betroffenen Bauwerke<br />
B3 M. Corte Ermüdung von Offshore-Windkraftanlagen<br />
B4 J. Kotowski Ermittlung von Dauerschwingfestigkeitskennwerten für die<br />
Bemessung von geschweißten Aluminiumbauteilen auf der<br />
Grundlage örtlicher Strukturbeanspruchungen<br />
B4 M. Bruns Verbesserung der Lebensdauervorhersage von Schweißverbindungen<br />
mittels zerstörungsfreier Prüfverfahren<br />
B4 M. Stadtaus Simulation der Vorgänge im Schmelzbad beim Laserschweißen<br />
zur Voraussage von Nahtbildung, Gefüge, Verzug<br />
und Schweißeigenspannungen<br />
B5 Hilke Heinke Untersuchung der physiko-chemischen und biochemisch<br />
reaktiven Eigenschaften von Deponieabfällen<br />
B5 Nelson Mora<br />
Naranjo<br />
Analyse und Modellierung der Kinetik des Problemstoffabbaus<br />
in Deponien<br />
B5 Andres Leon Ohl Einfluss von Wachstumsbedingungen auf die Struktur von<br />
Biofilmen<br />
B5 Wibke Potratz Biologischer Abbau von Amino-Polycarbonsäuren<br />
B5 Matthias<br />
Bößmann<br />
Wachstumsverhalten und Struktur von partikelfixierten Biofilmen<br />
B6 Anas Al Farra Fluid-Struktur-Interaktion mit Turbulenzen<br />
B6 Lars<br />
Aschenbrenner<br />
Werkstoffmodellierung von Asphalt<br />
- 4 -
Teilprojekt Vor- und<br />
Zuname<br />
Thema<br />
B6 Mark Beckmann Schädigungsprozesse im Beton<br />
B6 Jonathan<br />
Kindlein<br />
Transport- und Reaktionsprozesse in Deponien<br />
B6 Andreas Kölke Fluid-Struktur-Interaktion mit freien Oberflächen<br />
B6 Volker Krase Instabilität von Böschungen<br />
B6 Michael Löhr Stochastiche-Finite-Elemente<br />
- 5 -<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
B6 Andreas Vehre Reduktionsverfahren für Finite-Raum-Zeit-Elemente bei<br />
Fluid-Struktur-Interaktion<br />
B6 Tim Zümendorf Kriech-Schädigung bei Metallen<br />
B9 Ellen Rigo Probabilistische Simulation der Dauerhaftigkeit mittels<br />
transport-reaction Modellierung<br />
B9 Stephan Bruder Adaptive Modellierung der Dauerhaftigkeit im Zuge der<br />
Überwachung von Betonbauwerken<br />
C1a Marc Brandes Photonische Komponenten und optische Messtechnik<br />
C1a Pavel<br />
Makedonski<br />
Entwicklung und Synthese von Sensormaterialien für die<br />
Bauwerksüberwachung<br />
C1b Thorsten Sokoll Bauwerksüberwachung mit Mikrowellen<br />
C1b Christian<br />
Meiners<br />
Charakterisierung komplexer Materialien<br />
C1b Holger Pawlak Integrierte Antennen<br />
C1b Leif Stange Systemintegration<br />
C1b Alexander Molke Integrierte HF-Schaltungen<br />
C1b Johann Heyen Millimeterwellen-Aufbautechnik<br />
C2 Alexander Holst Ein Beitrag zur Korrosionsdiagnostik von Spannbetonbauwerken<br />
mittels zerstörungsfreien Prüfmethoden<br />
C2 Hans-Joachim<br />
Wichmann<br />
In-Situ-Erfassung des Spannungszustands und Bruchortung<br />
von Spanngliedern<br />
C3 Falk Tegtmeier Mehrkomponenten-Dehnungs- und Spannungsaufnehmer<br />
für das Monitoring von Bauwerken<br />
C4 John-Bosco<br />
Miima<br />
Artificial Neural Networks and Fuzzy Logic Techniques for<br />
the Reconstruction of Structural Deformations<br />
C4 Fredie Kern Automatisierte Modellierung von Bauwerksgeometrien aus<br />
3D-Laserscanner-Daten<br />
C4 Wolfgang<br />
Katrycz<br />
Hochpräzise Rohrvermessung mit Strapdown-Inertialsystemen
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
Teilprojekt Vor- und<br />
Zuname<br />
Thema<br />
C6 Kai Weilert Schädigungsanalyse mit Hilfe der Mustererkennung bei<br />
Schallemissionssignalen an Baustahl im LCF-Bereich<br />
C6 Stefan Loppe Piezo-Arrays zur Schadensdetektion<br />
1.5 Förderung der Gleichstellung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler<br />
Die besonderen Maßnahmen zur Gleichstellung sind durch die einschlägigen Gesetze und<br />
Verwaltungsregeln berücksichtigt. Die im <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> tätigen Wissenschaftlerinnen genießen<br />
exakt die gleichen Rechte und haben die gleichen Pflichten wie die männlichen Wissenschaftler.<br />
1.6 Ergebnisse des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> in Bezug auf Patentanmeldungen<br />
Im Rahmen des Teilprojektbereiches C “Messtechnik - Entwicklung und Adaption” erfolgten<br />
bisher Patentanmeldungen in:<br />
- TP C3 (Sensor zur Dehnungs- und Spannungsmessung in festen Materialen) 2000.<br />
- TP C2 (jetzt D3) und TP C1b (Verfahren zur Zustandserkennung von elektrisch<br />
leitfähigen länglichen Spanngliedern) 2002.<br />
- TP C1a (Verfahren zur Feuchtebestimmung, Sensor zur Durchführung des Verfahrens<br />
und Messanordnung) <strong>2003</strong>.<br />
- TP C1b (Resonanter Mikrowellensensor) <strong>2003</strong>.<br />
Gewinne wurden bislang nicht erzielt. Das Interesse der Industrie ist allerdings groß.<br />
- 6 -
Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung und<br />
Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen<br />
Prof. Dr.-Ing. D. Hosser<br />
Dipl.-Ing. M. Dehne, Dipl.-Ing. Ralf Schnetgöke<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
2.1.1 Einleitung<br />
- 7 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
Bauwerksüberwachung dient dem Zweck, negative Abweichungen von den planmäßigen Eigenschaften,<br />
z. B. systematische Veränderungen oder zufällig entstehende Schäden frühzeitig zu erkennen,<br />
die weitere Entwicklung zu kontrollieren und falls nötig Sanierungsmaßnahmen einzuleiten,<br />
um die Nutzungsfähigkeit oder die Gebrauchstauglichkeit für die vorgesehene Zeitdauer zu gewährleisten.<br />
Dabei müssen die durch Monitoring erhaltenen Zusatzinformationen und Aussagesicherheiten<br />
in einem ausgewogenen Verhältnis zum Überwachungsaufwand stehen. Eine Kostenminimierung<br />
gelingt nur, wenn die Monitoringmaßnahmen auf die für das Bauwerkverhalten kritischen<br />
Schwachstellen und die dafür maßgeblichen Unsicherheiten konzentriert werden und die aus<br />
der Überwachung erhaltenen Informationen unmittelbar in die Zustandsbewertung des Bauwerks<br />
einbezogen werden.<br />
Durch Verknüpfung von Methoden der Zuverlässigkeits- und Systemtheorie, der Stichprobenplanung<br />
und der Entscheidungstheorie in einem wissensbasierten Bauwerksüberwachungssystem soll<br />
unter Verwendung existierender Vorinformationen aus dem Bauwerksentwurf (Grenzzustandsbeschreibungen,<br />
Einflussparameter), Schadensanalysen sowie allgemeiner und bauwerksspezifischer<br />
Parameterinformationen ein auf die versagensrelevanten Aspekte zugeschärftes Beschreibungsmodell<br />
gewonnen werden. Mit Hilfe dieses Modells und der anfallenden Daten aus der Bauwerksüberwachung<br />
soll eine immer präzisere Bewertung des Bauwerkszustandes und Identifizierung potentieller<br />
Schwachstellen ermöglicht werden.<br />
2.1.2 System- und Schwachstellenanalysen<br />
Fast alle heute angewendeten Sicherheitskonzepte konzentrieren sich auf die Erfassung der unterschiedlichen<br />
streuenden Einflussgrößen in den für ein Versagen maßgebenden Grenzzuständen. In<br />
den bisherigen Betrachtungen wurde davon ausgegangen, dass der tatsächliche Zustand des Bauwerks<br />
durch die deterministische und stochastische Modellbildung relativ gut beschrieben wird.<br />
Gefährdungen ergeben sich im Wesentlichen aus Streuungen der Einflussparameter und aus Modellunsicherheitent.<br />
Dabei bleiben sogenannte grobe Fehler gänzlich unberücksichtigt. Die am Bau<br />
beteiligten Menschen verursachen jedoch „grobe Fehler“, d. h. objektiv unbekannte, subjektiv unerkannte,<br />
unberücksichtigte sowie infolge unzweckmäßiger bzw. falsch angewandter Maßnahmen<br />
nicht abgewehrte Gefahren.<br />
Rund 90 % der Summe aller Bauschäden und rund 85 % der Personenschäden sind trotz Qualitätssicherungsmaßnahmen<br />
auf solche „groben Fehler“ bei der Planung, der Herstellung oder beim Betrieb,<br />
z. B. vergessene Bewehrung oder fehlerhafte Schweißnähte, zurückzuführen. Daher ist es<br />
zwingend erforderlich, diese bei den probabilistischen Analysen einzubeziehen.<br />
Die Vernachlässigung dieser Einflüsse ist vertretbar, wenn deren Auftretenshäufigkeit klein oder
A1<br />
Hosser<br />
die Auswirkungen im Vergleich zu denen der streuenden Einflussgrößen gering sind, z. B. aufgrund<br />
umfassender Qualitätssicherungsmaßnahmen oder vorhandener Redundanzen. Wenn dagegen die<br />
bekanntermaßen streuenden Einflüsse immer zutreffender erfasst werden und durch bessere Berechnungsmodelle<br />
stille Reserven abgebaut werden, gewinnen die groben Fehler trotz ihrer relativ<br />
geringen Auftretenswahrscheinlichkeit wegen des größeren Schadenpotentials immer mehr an Bedeutung.<br />
Die Methodenentwicklung musste darum im Bereich der System- und Schwachstellenanalyse<br />
dahingehend erweitert werden, dass neben zufälligen Streuungen auch Human Error modelliert<br />
und berücksichtigt werden kann.<br />
Grobe Fehler haben nicht an allen Stellen im Bauwerk die gleiche Auswirkung. Beispielsweise<br />
richten vergessene Bewehrung oder Fehlstellen im Beton an hoch ausgenutzten Stellen mehr Schaden<br />
an als im übrigen Bereich des Bauwerkes. Da auch der erfahrene Ingenieur bei komplizierten<br />
Tragwerken oder Deponiebauwerken nicht in der Lage ist, alle besonders gefährdeten Orte vorherzusagen,<br />
müsste der grobe Fehler wie eine Wanderlast über das gesamte System geschoben werden,<br />
wobei die Auswirkungen auf eine Komponente, ein Teilsystem und auf das Gesamtsystem jeweils<br />
zu berechnen sind. Diese Methode bietet sich allenfalls bei überschaubaren Bauwerken mit verhältnismäßig<br />
wenigen Komponenten an. Bei großen Bauwerken wäre der Rechenaufwand auch mit<br />
leistungsfähigen EDV-Anlagen kaum oder nur mit großem Zeitaufwand zu bewältigen. Es mussten<br />
daher Methoden entwickelt werden, mit deren Hilfe grobe Fehler mit vertretbarem Aufwand in die<br />
System- und Schwachstellenanalyse einbezogen werden können.<br />
2.1.3 Wissensbasiertes System PROBILAS<br />
Die einzelnen Module und Algorithmen zur Auffindung von Schwachstellen und zur Planung von<br />
Messungen wurden in der zweiten Förderperiode im Programmsystem PROBILAS (PRObabilistic<br />
Building Inspection and Life ASsessment) zusammengefasst. Die Struktur dieses Programms wurde<br />
in [DEHNE 2002, ARBEITSBERICHT 2000, SCHLÜTER et al. 1999 und HOSSER et al. 1999]<br />
beschrieben.<br />
Bild 1 zeigt zusammenfassend die wesentlichen Bestandteile von PROBILAS und den üblichen<br />
Ablauf des Bauwerksbewertungskreislaufes.<br />
Zunächst werden alle vorab bekannten bauwerksspezifischen Daten durch ein Graphical User-Interface<br />
an das Datenbankmodul übergeben und anschließend von dort an die Berechnungsmodule<br />
weitergeleitet. Die Ergebnisse des ersten Bewertungsschrittes werden an die Datenbank zurückgeleitet.<br />
Auf Grundlage dieser ersten Ergebnisse werden potentielle Schwachstellen und Versagenspfade<br />
identifiziert, woraufhin Sensoren für die Bauwerksüberwachung platziert werden können.<br />
Die Sensoren liefern fortlaufend neue Messdaten, die eine ständige Neubewertung des Bauwerkes<br />
erforderlich machen. Die neuen Daten werden über das Graphical User-Interface an das Updating-<br />
und Statistik-Modul übergeben und werden nach der Verknüpfung mit den älteren Informationen<br />
von dort an die Datenbank weiter geleitet.<br />
- 8 -
Bild 1 Bestandteile und Bewertungskreislauf des wissensbasierten Systems PROBILAS<br />
- 9 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
Mit dem aktualisierten stochastischen Modell wird der nächste Berechnungsschritt durchgeführt,<br />
und die neuen Ergebnisse werden an die Datenbank zurückgeleitet. Die alten Ergebnisse werden<br />
nicht überschrieben, sondern jedes Ergebnis erhält ein Datum, so dass die unterschiedlichen Bewertungsschritte<br />
jederzeit verglichen und anhand des zeitlichen Verlaufes des Sicherheitsindex �sys<br />
für das Gesamtsystem auch Trends und Entwicklungen bezüglich der Systemzuverlässigkeit abgeleitet<br />
werden können.<br />
Wesentlicher Bestandteil des wissensbasierten Systems PROBILAS ist das Graphical User-Interface,<br />
das in einer Rapid Application Development-Entwicklungsumgebung (RAD) in der Programmiersprache<br />
C++ realisiert wurde. Aufgabe dieses User-Interface ist die Ein- und Ausgabe aller<br />
bauwerksspezifischen Daten, die Weitergabe der Daten an die verschiedenen Module und die graphische<br />
Darstellung sowohl der Systemverknüpfungen als auch der Ergebnisse der Systembewertungen<br />
[DEHNE 2002].<br />
Das Datenbankmodul von PROBILAS wurde als Relational Database Management System mit dem<br />
Microsoft SQL-Server 2000 realisiert. Zur Kommunikation des Graphical User-Interface mit der<br />
Datenbank wird Open Database Connectivity (ODBC) verwendet.<br />
Bei realen Bauwerken liegen häufig sehr komplexe Systeme vor, die sich aus zahlreichen Teilsystemen<br />
zusammensetzen. Es kann in solchen Fällen vorkommen, dass bestimmte Komponenten in<br />
verschiedenen Teilsystemen auftauchen. Die Speicherstruktur als Baum erleichtert hier Änderungen<br />
und Erweiterungen der Systemverknüpfungen. Weiterhin erlaubt diese Speicherstruktur die Implementierung<br />
eines einfachen und effizienten Suchverfahrens für Teilsysteme, die von Änderungen<br />
betroffenen sind.<br />
Die Berechnung der Zuverlässigkeit für einzelne Grenzzustände und die Bestimmung der Systemzuverlässigkeit<br />
wird mit den Programmen COMREL und SYSREL durchgeführt [RCP GMBH<br />
1999a]. Dabei werden in erster Linie die vielfach bewährten Methoden FORM und SORM verwendet.<br />
Für Vergleichsrechnungen wird zusätzlich die Monte-Carlo-Simulation in Verbindung mit der<br />
Adaptive Sampling Technik genutzt. Der Start der Programme erfolgt direkt aus der PROBILAS-<br />
Umgebung heraus. Die Übergabe der notwendigen Eingabedatenfiles geschieht automatisch durch<br />
das Graphical User Interface [HOSSER et al. <strong>2003</strong>a, PEIL et al. <strong>2003</strong>, HOSSER et al. 2002].
A1<br />
Hosser<br />
Für die Berücksichtigung der sukzessiv anfallenden neuen Messdaten aus der Bauwerksüberwachung<br />
in der Systembewertung und für die Aktualisierung des stochastischen Modells der Basisvariablen<br />
wurde ein Updating- und Statistik-Modul innerhalb des wissensbasierten Systems PROBI-<br />
LAS vorgesehen. Basis dieses Modul ist das Programm STATREL [RCP GMBH 1999b], zusätzlich<br />
wurden einige Tools im Bereich Stichprobenplanung implementiert, die in der Programmiersprache<br />
C++ geschrieben wurden und den Vorgang der Systembewertung erheblich vereinfachen<br />
[DEHNE 2002].<br />
Da Korrelationen zwischen den Parametern der Grenzzustandsgleichungen einen erheblichen Einfluss<br />
auf das Ergebnis der System- und Schwachstellenanalyse haben können, wurden vorab sämtliche<br />
Parameter, für die bereits Messwerte vorliegen, mit entsprechenden Analysemethoden (Korrelationsmatrizen)<br />
daraufhin überprüft, ob und in welchem Maße untereinander Abhängigkeiten bestehen.<br />
Die entsprechenden Korrelationskoeffizienten der Basisvariablen wurden im Datenbankmodul<br />
von PROBILAS abgespeichert. Die Quantifizierung der Korrelationen aus Messwerten und die<br />
Berechnung sinnvoller zeitlicher und räumlicher Abstände zukünftiger Messungen erfolgt ebenfalls<br />
im Updating- und Statistik-Modul von PROBILAS.<br />
2.2 Angewandte Methoden<br />
2.2.1 System- und Schwachstellenanalysen<br />
Durch systematische Schadensanalysen für die im Rahmen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> untersuchten Bauwerke<br />
auf Grundlage der Auswertung langjähriger statistischer Erhebungen von Bauschäden konnten<br />
mögliche grobe Fehler erkannt, ihre Auftretenshäufigkeit abgeschätzt und ihr Einfluss auf das Bauwerksversagen<br />
bewertet werden. Dabei musste beachtet werden, dass sich die Auftretenshäufigkeiten<br />
bestimmter Fehler mit der Zeit ändern.<br />
Das Hauptaugenmerk lag dabei in der Ermittlung von Schäden aus menschlichen Fehlhandlungen,<br />
die bezogen auf den Neubau zu einem hohen Sanierungsaufwand oder sogar zum Totalabbruch des<br />
Tragwerks führten. Zu den Tragwerken zählen neben der Hauptkonstruktion auch deren Hilfskonstruktionen<br />
(Traggerüste) und Baugruben. Es konnten drei Hauptgruppen bezüglich der Schadensursachen<br />
herausgearbeitet werden, die in Tabelle 1 zusammengestellt sind und als Grundlage für die<br />
weitere Aufgliederung verwendet werden.<br />
Tabelle 1 Auswertung der Schadensanalyse<br />
Bauphase Anteil am Gesamtschaden in [%]<br />
1. Planungsfehler 43<br />
2. Ausführungsfehler 51<br />
3. Fehler in Betrieb und Wartung 6<br />
Die Schadensanalyse und Zusammenstellung der Schadensbilder aus menschlichem Fehlverhalten<br />
gliedert sich danach in die Bauphasen Planung, Ausführung und Betrieb. Zu den Planungsfehlern<br />
gehören vor allem Konstruktionsfehler und Bemessungsfehler. Fehlerhafter Einbau von Bewehrung,<br />
Betoniermängel oder fehlerhafte Schweißnähte werden den Ausführungsfehlern zugeordnet.<br />
- 10 -
- 11 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
Betriebliche Fehler sind z. B. mangelnde Bauunterhaltung oder Wartungsmängel. Die Anteile der<br />
jeweiligen Schadensbilder an den Gesamtschäden sind am Beispiel von Brückenbauwerken in Tabelle<br />
2 zusammengestellt:<br />
Tabelle 2 Auswertung der Schadensanalyse für Brückenbauwerke<br />
Art des Fehlers<br />
Anteil am Gesamtschaden<br />
in [%]<br />
1. PLANUNGSFEHLER 48,0<br />
Konstruktionsfehler 20,0<br />
- Fehleinschätzung Baugrund 2,0<br />
- Falsche Bewehrungs- und Spanngliedführung 2,0<br />
- Fehler in der konstruktiven Bauteilausbildung 10,0<br />
- Fehler im Entwurf der Bauhilfskonstruktion 6,0<br />
Bemessungsfehler 24,0<br />
- Stabilitätsprobleme 1,0<br />
- Fehler in der Belastungsermittlung 10,0<br />
- Fehler in der Schnittgrößenermittlung 6,0<br />
- Ungenügende Baustoffkenntnisse 5,0<br />
- Vernachlässigung von Montagezuständen 2,0<br />
Fehler in der Bauablaufplanung 2,0<br />
Fehler in der Wartungsplanung 2,0<br />
2. AUSFÜHRUNGSFEHLER 48,0<br />
Montagefehler 5,0<br />
Fehler bei Betonherstellung und -einbau 13,0<br />
Fehler beim Einbau von Bewehrung und Spanngliedern 17,0<br />
Fehlerhafte Schweißnähte 2,0<br />
Fehlerhafte Bauwerksabdichtung 4,0<br />
Fehler in Bauhilfskonstruktionen 7,0<br />
- Ausführungsfehler 2,0<br />
- Bedienungsfehler 1,0<br />
- Mangelnde Koordination zwischen Planung und Ausführung 4,0<br />
3. Fehler in Betrieb und Wartung 4,0<br />
Fehlerhafter Korrosionsschutz 2,0<br />
Fehlerhaftes Wartungsgerät 1,0<br />
Fehler im Arbeitsablauf 1,0
A1<br />
Hosser<br />
Bei der System- und Schwachstellenanalyse werden grobe Fehler als Totalausfall einer Komponente<br />
modelliert. Anstelle der Grenzzustandsfunktion der Systemkomponente i wird dabei eine<br />
standardnormalverteilte Basisvariable �i im stochastischen Modell berücksichtigt, die eine Ausfallwahrscheinlichkeit<br />
pi � 1 ergibt, z. B.<br />
pi = � (-�i) = 0,999 � �i = -3.<br />
Dies wird systematisch nacheinander bei allen Komponenten i durchgeführt, die durch den jeweiligen<br />
groben Fehler betroffen sein könnten. Indem der Sicherheitsindex �sys für das Gesamtsystem<br />
zwischen allen Rechenläufen verglichen wird, lässt sich ersehen, ob der bei der jeweiligen Komponente<br />
angenommene grobe Fehler die Systemversagenswahrscheinlichkeit maßgeblich erhöht. Nur<br />
die Stellen, bei denen der grobe Fehler sich maßgeblich auf die Systemzuverlässigkeit auswirkt,<br />
werden diesbezüglich genauer untersucht. Hierfür wurden geeignete Indikatoren für die groben<br />
Fehler zusammengestellt. Dies sind messbare Größen, z. B.<br />
� Auflagerverdrehungen und<br />
� Stützensenkungen,<br />
die Aufschluss darüber geben, ob ein bestimmter Bauwerksteil tatsächlich durch den jeweiligen<br />
groben Fehler geschädigt sein könnte.<br />
2.2.2 Wissensbasiertes System PROBILAS<br />
Das wissensbasierte System PROBILAS basiert auf der Verknüpfung verschiedener Module, unter<br />
denen die einzelnen Aufgaben wie Dateneingabe, -verwaltung und –verarbeitung aufgeteilt sind<br />
(siehe Bild 1). Im Datenbankmodul erfolgt die Datenverwaltung über ein Relational Database Management<br />
System (RDBMS) auf Grundlage des Microsoft SQL-Server 2000. Dieser verbindet eine<br />
Datenbankverwaltung mit vor- und benutzerdefinierten Datenbankfunktionen und bietet so umfangreiche<br />
Möglichkeiten für die Entwicklung komplexer Datenbanksysteme. Dies wird durch eine benutzerfreundliche<br />
grafische Bedienungsoberfläche (GUI) unterstützt.<br />
Kern des Datenbanksystems ist eine SQL-Datenbank, in der alle von PROBILAS verwendeten Daten<br />
in Tabellen gespeichert sind. Die einzelnen Datenbanktabellen sind über Fremdschlüssel (Foreign<br />
Keys) miteinander verbunden, um die Eingabe unzulässiger Werte zu verhindern und somit<br />
die Datenbankintegrität zu gewährleisten.<br />
Bild 2 zeigt eine Übersicht über die Struktur der PROBILAS-Datenbank. Diese lässt sich logisch in<br />
vier Bereiche gliedern:<br />
� Projektebene,<br />
� System- und Komponentenebene,<br />
� LSF-Ebene (LSF: Limit State Function – Grenzzustandsgleichung) und<br />
� Parameterebene.<br />
Die Projektebene dient hauptsächlich dazu, die Systeme bzw. Komponenten und die Parameter der<br />
Grenzzustandsgleichungen eindeutig dem jeweiligen Projekt zuzuordnen. Darüber hinaus werden<br />
hier die Berechnungsergebnisse (z. B. Sicherheitsindizes �) der einzelnen Projekte gespeichert.<br />
- 12 -
- 13 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
In der System- und Komponentenebene werden alle im logischen Modell der Projekte vorhandenen<br />
Systeme und Komponenten gespeichert. Hier wird auch die Struktur des Fehlerbaumes abgelegt.<br />
Die LSF-Ebene speichert die Grenzzustandsgleichungen für die Komponenten und listet die zugehörigen<br />
Parameter auf.<br />
In der Parameterebene werden die Parameter mit ihren ggf. zugehörigen Messwerten, statistischen<br />
Verteilungen, stochastischen Momenten, Wichtungsfaktoren �i und untereinander bestehenden Korrelationen<br />
gespeichert. Für jeden Parameter lassen sich mehrere dieser Werte verwenden, die dann<br />
durch den Berechnungszeitpunkt unterschieden werden können.<br />
Die theoretische maximale Anzahl der in der Datenbank gespeicherten Projekte hängt lediglich vom<br />
verfügbaren Speicherplatz ab.<br />
Die Dateneingabe erfolgt über das Managementmodul (Graphical User Interface) von PROBILAS.<br />
Dabei handelt es sich um eine mit der RAD-Entwicklungsumgebung C++ Builder 6 erstellte graphische<br />
Benutzeroberfläche. Diese führt den Benutzer durch den typischen Ablauf einer Berechnung.<br />
Die einzelnen Arbeitsschritte sind durch Tabs sortiert. Es können neue Projekte erstellt oder vorhandene<br />
geladen und weiter bearbeitet werden. Zuerst wird das logische Modell des betrachteten<br />
Systems in der Grundform eingegeben, wofür Fehlerbäume verwendet werden. Dazu werden die<br />
Systeme und Komponenten auf der Arbeitsfläche des Programms erstellt und benutzerfreundlich<br />
zum Fehlerbaum verbunden. Änderungen werden sofort in der Datenbank registriert. Nun können<br />
die Grenzzustandsgleichungen für die zuvor definierten Komponenten eingegeben werden. Aus den<br />
Fehlerbäumen werden mit Hilfe der Booleschen Algebra die minimalen Schnittmengen erzeugt, die<br />
der verwendete FORM– bzw. SORM-Algorithmus zur Lösung des Systemzuverlässigkeitsproblems<br />
benötigt.<br />
Im nächsten Schritt werden die benötigten Parameter definiert und den entsprechenden Grenzzustandsgleichungen<br />
zugeordnet. Für jeden Parameter können ggf. vorhandene Messwerte eingelesen<br />
und mit den integrierten Hilfsmitteln der deskriptiven Statistik weiterverarbeitet werden. Dies beinhaltet<br />
z. B. die Berechnung von Mittelwert, Standardabweichung und Korrelationen zwischen den<br />
Parametern. Aus diesen Werten lässt sich auch eine Eingabedatei für das Updating-Modul von<br />
PROBILAS erstellen.<br />
Für die Systemzuverlässigkeitsanalyse können die gewünschten Grenzzustandsgleichungen der<br />
Komponenten und Momente der Parameter ausgewählt werden. Daraus lässt sich dann automatisch<br />
eine Eingabedatei für das Berechnungsmodul von PROBILAS erstellen. Die Berechnungen werden<br />
größtenteils von kommerziellen Programmen vorgenommen. Dazu wird z. B. die RCP-Software<br />
COMREL und SYSREL unterstützt [RCP GMBH 1999a]. Für diese Programme können in PRO-<br />
BILAS Eingabedateien konzipiert und übergeben werden. Die Ergebnisdatei des jeweils verwendeten<br />
Programms wird anschließend wieder eingelesen und die berechneten Werte werden in das<br />
Datenbankmodul übernommen.
A1<br />
Hosser<br />
Bild 2 Struktur des Datenbankmoduls von PROBILAS<br />
2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
2.3.1 System- und Schwachstellenanalysen<br />
Die relevanten Schwachstellen eines Systems werden mit Hilfe der Methoden der<br />
Zuverlässigkeitstheorie (FORM/SORM) anhand der Sicherheitsindizes (�-Werte) identifiziert,<br />
wobei auch der Einfluss grober Fehler berücksichtigt werden kann. Die für ein Versagen<br />
maßgeblichen Parameter können anhand der Sensitivitäten (�i-Werte) ermittelt werden. Die<br />
entsprechenden probabilistischen Berechnungen laufen innerhalb des wissensbasierten Systems<br />
PROBILAS ab. Die wesentlichen Ergebnisse sollen anhand der Systemzuverlässigkeitsanalyse für<br />
ein Ersatzbauwerk von TP C2 (Budelmann) erläutert werden [HOSSER et al. <strong>2003</strong>b].<br />
- 14 -
- 15 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
In dem hier vorgestellten Anwendungsbeispiel werden Spannelemente systematisch korrosiv<br />
beansprucht. Es handelt sich um einfach ausgebildete und instrumentierte Spannbetonplattenstreifen,<br />
die im Spannbettverfahren mit teilweiser Vorspannung hergestellt wurden. Für die Systemzuverlässigkeitsanalyse<br />
wurde ausschließlich der Tragfähigkeitsverlust des Bauwerks durch Spannstahlbruch<br />
infolge fortgesetzter Chloridkorrosion betrachtet.<br />
Es wurden Methoden zur Identifizierung der maßgebenden Schwachstellen und Versagenspfade<br />
bei Spannbetonbauteilen infolge Chloridkorrosion entwickelt, die im Folgenden vorgestellt werden<br />
sollen.<br />
Querschnitt<br />
Mitte Stab 4<br />
Ansicht<br />
F Beaufschlagungsfläche<br />
F<br />
12<br />
5<br />
7<br />
85 80<br />
7 7 7 7<br />
250<br />
275 cm<br />
35 cm<br />
Bild 3 Spannbetonersatzbauwerk von TP C2<br />
85<br />
12<br />
12 5<br />
4 Spanndrähte,<br />
Ø 7mm, l=2,95m<br />
nom c = 3,7cm<br />
Bei dem in Bild 3 dargestellten Ersatzbauwerk werden zwei Grenzzustände betrachtet. Zum einen<br />
das Überschreiten einer kritischen Chloridkonzentration, zum anderen das Versagen des Spanndrahtes<br />
durch korrosionsbedingten Querschnittsverlust. Das Bauteil versagt noch nicht notwendigerweise<br />
beim Bruch eines einzelnen Spanndrahtes, weil Umlagerungsmöglichkeiten auf andere<br />
Bereiche bestehen, jedoch beim Versagen weiterer Spanndrähte. Es liegt also ein systematischer<br />
Zusammenhang mit logischen Verknüpfungen vor, da das Bauteil gegebenenfalls erst nach Überschreitung<br />
mehrerer Grenzzustände versagt.<br />
Die möglichen Versagenspfade wurden auf der Grundlage von Ereignisablaufdiagrammen identifiziert<br />
(siehe Bild 4). Beim vorliegenden Ersatzbauwerk existieren nur wenige mögliche Versagenspfade.<br />
Der wahrscheinlichste Pfad lässt sich in diesem Fall auch ohne Zuverlässigkeitsbetrachtung<br />
aus der ingenieurmäßigen Anschauung heraus leicht vorhersagen. Bei einem komplexen Bauwerk<br />
liegt die Anzahl der möglichen Versagenspfade jedoch um ein Vielfaches höher. Der wahrscheinlichste<br />
Pfad lässt sich dann nur noch durch systematische Untersuchungen ermitteln. Die vorgenommene<br />
Systembewertung des Ersatzbauwerkes mit Hilfe der Berechnungsmethode SORM dient<br />
der Erprobung dieser Vorgehensweise.<br />
12<br />
35<br />
4
A1<br />
Hosser<br />
Die Systemzuverlässigkeitsanalyse erfordert stets die Verknüpfung des logischen Modells der Systemkomponenten<br />
und der stochastischen Eigenschaften der streuenden Einflussgrößen mit einem<br />
geeigneten physikalischen Modell - hier für den Chlorideindringvorgang und den korrosiven Abtrag<br />
der Spanndrähte. Für die Beschreibung des Chlorideindringvorgangs wird das 2. Fick’sche Diffusionsgesetz<br />
verwendet.<br />
Bild 4 Ereignisablaufdiagramm für das Versagen des Spannbetonersatzbauwerkes<br />
Ein korrosiver Angriff auf den Spanndraht findet statt, wenn eine kritische Chloridkonzentration<br />
überschritten wird und gleichzeitig alle anderen korrosionsauslösenden Bedingungen (Feuchte,<br />
Sauerstoff etc.) erfüllt sind. Ein Spanndraht versagt, wenn die vorhandene Zugkraft die durch den<br />
lokalen, korrosionsbedingten Querschnittsverlust des Spanndrahtes reduzierte aufnehmbare Zugkraft<br />
übersteigt. Die entsprechenden Grenzzustandsgleichungen sind in [Hosser et al. <strong>2003</strong> b] aufgeführt<br />
und erläutert.<br />
Die Aufstellung von Grenzzustandsgleichungen gestaltet sich im vorliegenden Fall relativ einfach,<br />
weil das mechanische Modell geschlossene lineare Gleichungen verwendet. Wenn das nicht der Fall<br />
ist, z. B. bei nichtlinearen Differentialgleichungssystemen oder FE-Modellen, kann das Antwortflächenverfahren<br />
(Response Surface Method) angewendet werden. Dabei wird mittels verschiedener<br />
Algorithmen aus einigen mit dem jeweiligen Modell (z. B. FE-Modell) errechneten Punkten, die als<br />
Stützstellen dienen, eine sogenannte Antwortfläche entwickelt. Diese Antwortfläche soll sich der<br />
wirklichen, unbekannten Funktion zumindest im sogenannten Bemessungspunkt optimal annähern<br />
und wird als Grenzzustandsgleichung verwendet.<br />
Zur Generierung der Antwortfläche existieren verschiedene Ansätze. Bei der Polynomapproximation,<br />
dem bekanntesten Verfahren, wird im n-dimensionalen Raum eine Grenzzustandsgleichung<br />
mittels eines Polynoms n-ten Grades approximiert. Dafür werden exakt n + [n � (n + 1)] / 2 Punkte<br />
der unbekannten Grenzzustandsgleichung benötigt.<br />
- 16 -
- 17 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
Mit Hilfe des wissensbasierten Systems PROBILAS werden nun die Versagenspfade, das stochastische<br />
Modell der Basisvariablen und die Grenzzustände effizient verwaltet und weiterverarbeitet.<br />
Der auf Grundlage des Ereignisablaufdiagramms (Bild 4) entstehende Fehlerbaum wird über das<br />
Graphical User Interface in PROBILAS eingegeben.<br />
Bild 5 Eingabemaske für den Fehlerbaum von PROBILAS<br />
Im nächsten Schritt werden die oben erläuterten Grenzstandsgleichungen für die jeweiligen Systemkomponenten<br />
eingegeben. Schließlich erfolgt die Zuordnung der statistischen Verteilungen zu<br />
den entsprechenden Basisvariablen der Grenzzustandsgleichungen. Nähere Angaben zum stochastischen<br />
Modell der hier vorkommenden Einflussgrößen sind in [Hosser et al. <strong>2003</strong>b] aufgeführt. Vorhandene<br />
Messwerte für die Einflussgrößen werden über ihr Datum in PROBILAS verwaltet.<br />
Nachdem alle notwendigen Eingaben in PROBILAS eingepflegt wurden (siehe Bild 6 und Bild 7),<br />
wird automatisch die Eingabedatei für das Programm SYSREL [RCP GMBH 1999a] erzeugt (siehe<br />
Bild 8), wobei jeweils die aktuellsten Daten übergeben werden. Nach Berechnung der Systemversagenswahrscheinlichkeiten,<br />
Sicherheitsindizes und Wichtungsfaktoren �i werden diese an PRO-<br />
BILAS zurückgegeben.<br />
Die Berücksichtigung der sukzessive anfallenden neuen Messdaten aus der Bauwerksüberwachung<br />
in der Systembewertung und die Aktualisierung des stochastischen Modells der Basisvariablen erfolgt<br />
über das Updating- und Statistik-Modul in PROBILAS. In den wesentlichen Teilen beruht<br />
dieses Modul auf dem Programm STATREL [RCP GMBH 1999b], es wurden jedoch zusätzlich<br />
einige nützliche Tools implementiert, welche den Vorgang der Systembewertung erheblich vereinfachen.<br />
Dabei handelt es sich z. B. um die Erstellung von Stichprobenplänen für die Variablenprüfung.
A1<br />
Hosser<br />
Bild 6 Eingabe der Grenzzustandsgleichungen in PROBILAS<br />
Bild 7 Zuordnung der Verteilungen und Einheiten<br />
- 18 -
Bild 8 Übergabe des Eingabefiles an SYSREL [RCP GMBH 1999a]<br />
- 19 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
Durch Vergleich des Sicherheitsindex � der verschiedenen Versagenspfade zu bestimmten Zeitpunkten<br />
lässt sich erkennen, auf welche Weise das Bauteil am wahrscheinlichsten versagt. In diesem<br />
Fall hat sich der Versagenspfad 1 als maßgebend herausgestellt. Dies deckt sich absolut mit der<br />
ingenieurmäßigen Annahme. Die Sicherheitsindizes � der anderen Versagenspfade deuten aufgrund<br />
ihrer hohen Beträge darauf hin, dass sie bezüglich der Zuverlässigkeit des Systems praktisch keine<br />
Rolle spielen und daher vernachlässigbar sind.<br />
Bezüglich der Planung der Bauwerksüberwachungsmaßnahmen bedeutet dies, dass die Sensoren<br />
bevorzugt an den zu Versagenspfad 1 gehörenden Spanndrähten platziert werden müssen.<br />
Zusätzlich wurde anhand des Spannbetonersatzbauwerkes der Einfluss grober Fehler auf die Systemzuverlässigkeitsanalyse<br />
betrachtet. Als grober Fehler wurde hier das Vergessen eines der vier<br />
Spanndrähte vorausgesetzt. Jeder Spanndraht wurde dazu innerhalb der Systemzuverlässigkeitsberechnung<br />
als eine Systemkomponente angesetzt. Die Ergebnisse der Berechnung bestätigen bei diesem<br />
sehr einfachen Beispiel die ingenieurmäßige Anschauung, dass sich der grobe Fehler hier am<br />
stärksten bei den außenliegenden Drähten auswirkt. Als Indikator für den groben Fehler wurde die<br />
Durchbiegung gewählt.<br />
Die Ergebnisse der Berechnung der Zuverlässigkeit bezüglich der maßgebenden Grenzzustände<br />
wurde mit der Monte-Carlo-Simulation in Verbindung mit der Adaptive Sampling Technik überprüft.<br />
Dabei zeigte sich, dass schon bei einer verhältnismäßig geringen Anzahl von 1000 Rechenläufen<br />
sehr gute Übereinstimmungen mit den Ergebnissen der Methoden FORM und SORM erreicht<br />
werden.
A1<br />
Hosser<br />
Bild 9 Vergleich der Sicherheitsindizes der verschiedenen Versagenspfade und zeitliche Entwicklung<br />
Anhand der absoluten Beträge der Wichtungsfaktoren �i als Ergebnisbestandteil der Systemzuverlässigkeitsberechnung<br />
lässt sich ersehen, welche Modellgrößen den stärksten Einfluss auf die Zuverlässigkeit<br />
haben. Wie in Bild 10 zu erkennen, handelt es sich dabei um die Ersatztiefe und die<br />
Betondeckung. Der Streuungseinfluss der übrigen 10 Modellgrößen ist so gering, bzw. ihre Wichtungsfaktoren<br />
sind so klein, dass sie sich in dem Diagramm (Bild 10) nicht mehr darstellen lassen.<br />
Bild 10 Wichtungsfaktoren �i<br />
- 20 -
2.3.2 Wissensbasiertes System PROBILAS<br />
- 21 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
Ein wesentlicher Bestandteil des wissensbasierten Bauwerksüberwachungssystem PROBILAS ist<br />
das Datenbankmodul, welches u. a. für die Verwaltung der Messwerte verwendet wird. Im Folgenden<br />
soll diese Messwertverwaltung anhand der Systemzuverlässigkeitsanalyse für ein Deponiebauwerk<br />
in Kooperation mit den Teilprojekten B5 (Hempel, Haarstrick), B6 (Dinkler, Ahrens) und D1<br />
(Fricke, Collins) dargestellt werden.<br />
Als Versagen wurde hier der Stillstand der Abbauvorgänge innerhalb des Deponiekörpers betrachtet,<br />
weil ein sukzessiver Abbau der möglichen Giftstoffe wünschenswert ist. Versagen äußert sich in<br />
diesem Fall durch die Unterschreitung bestimmter Gasbildungsraten. Bei der Auffindung der für die<br />
Systemzuverlässigkeit maßgebenden Versagenspfade wurden über eine Vielzahl von Ereignisablaufdiagrammen<br />
sämtliche Szenarien betrachtet, die zu einer Reduzierung der Abbauvorgänge führen<br />
könnten. Ähnlich wie bei Teilprojekt C2 (Budelmann, Rostásy) wurden dann die maßgebenden<br />
Pfade durch Systemzuverlässigkeitsbetrachtungen mit der Methode FORM ermittelt. Einzelheiten<br />
sind in [HOSSER et al. <strong>2003</strong>a] beschrieben.<br />
Bild 11 Mögliche Ereignisabläufe und Versagenspfade in Deponien<br />
Die Untersuchung der möglichen Versagenspfade dauert zur Zeit noch an. Erste Ergebnisse zeigen,<br />
dass die Systemkomponente „Wasserhaushalt“ sich stark auf die Systemzuverlässigkeit auswirkt.<br />
Weiterhin stellte sich anhand der Wichtungsfaktoren �i heraus, dass bei allen Grenzzuständen bezüglich<br />
der Bildung von Methan und Kohlendioxid die Basisvariable TOC den maßgebenden Einfluss<br />
auf die Zuverlässigkeit hat. Die Temperatur kann dagegen im Rahmen der Zuverlässigkeitsbetrachtungen<br />
vernachlässigt werden.<br />
Nach der in [HOSSER et al. <strong>2003</strong>a] beschriebenen ersten Systembewertung können potentielle<br />
Schwachstellen identifiziert und die Sensoren für die Deponieüberwachung dort bevorzugt platziert<br />
werden. Die Sensoren liefern sukzessive neue Messdaten, die eine fortlaufende Neubewertung des<br />
Deponiebauwerkes ermöglichen.
A1<br />
Hosser<br />
Bild 12 Messwertverwaltung in PROBILAS<br />
Aufgrund der bislang relativ geringen Datengrundlage im Deponiebereich müssen hier für die Definition<br />
des stochastischen Modells der verwendeten Basisvariablen vermehrt Expertenaussagen und<br />
Eckwerte aus einschlägigen Veröffentlichungen herangezogen werden. Diese Daten können die<br />
speziellen Verhältnisse im Einzelfall nicht ausreichend genau wiedergeben. Sie können jedoch als<br />
Vorinformation bzw. als a priori-Verteilung im Sinne der Bayesschen Statistik verwendet werden.<br />
Zusammen mit einer auf der jeweils betrachteten Deponie durchgeführten Messung relativ geringen<br />
Umfangs kann daraus nach dem Satz von Bayes eine posteriori-Verteilung definiert werden, welche<br />
die tatsächlichen Verhältnisse bezüglich der jeweiligen Basisvariable in der Regel zufriedenstellend<br />
wiedergibt. Die neuen Messdaten werden über das User-Interface an das Updating-Modul übergeben<br />
und von dort an das Datenbankmodul weiter geleitet.<br />
Bild 13 a priori und a posteriori Verteilungsdichte<br />
- 22 -
- 23 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
Mit dem aktualisierten stochastischen Modell kann dann der nächste Bewertungsschritt durchgeführt<br />
werden und die Sensoren werden ggf. neu platziert.<br />
2.4 Zusammenarbeit im <strong>SFB</strong><br />
Die Arbeiten in der laufenden Förderperiode waren und sind durch umfangreiche Kooperationen<br />
mit den am <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> beteiligten Teilprojekten geprägt. Diese Aktivitäten dienten dabei zum einen<br />
als Erprobungsfeld für die Eigenentwicklungen des TP A1 (Hosser) und zum anderen im beträchtlichen<br />
Maße als Serviceleistung und Hilfestellung für die anderen Teilprojekte.<br />
So wurde im Arbeitsbereich Konstruktiver Ingenieurbau gemeinsam mit dem Teilprojekt C2 (Budelmann,<br />
Rostásy) ein Spannbetonersatzbauwerk im Hinblick auf mögliche Versagenspfade und<br />
den Einfluss grober Fehler untersucht. Künftig werden speziell auf die Bedürfnisse von TP A1 abgestimmte<br />
Ersatzbauwerke benutzt, um die vorhandenen Methoden der System– und Schwachstellenanalyse<br />
zu erproben. Der Schwerpunkt liegt dabei in der Anwendung der Modellansätze für<br />
grobe Fehler und der Beobachtung der Auswirkungen auf Indikatoren. Hierzu werden in den Stahlbeton-<br />
und Spannbetonersatzbauwerken (Concerto und Duett) grobe Fehler, z. B. vergessene Bewehrung<br />
oder fehlende Spannglieder, gezielt „eingebaut“.<br />
Die Anwendung von PROBILAS wird künftig auch auf reale Bauwerke ausgedehnt werden. Hier<br />
liegt der Schwerpunkt auf der Anwendung der im Arbeitsbereich „System- und Schwachstellenanalyse“<br />
zu entwickelnden Methoden für die logische Modellierung realer komplexer Systeme und<br />
der Untersuchung grober Fehler bei komplexen Bauwerken.<br />
In Zusammenarbeit mit dem TP B3 (Peil) wurden die Methoden zum Auffinden von Schwachstellen<br />
am Beispiel von Stahlbauwerken erprobt. Weiterhin wurden im Rahmen der gemeinsamen Arbeiten<br />
die Modellgrößen mit dem größten Einfluss auf die Zuverlässigkeit ermittelt, um zum einen<br />
die Berechnungen zu vereinfachen und zum anderen die Messungen auf die sensitiven Größen zu<br />
fokussieren. In der nächsten Förderperiode soll eine nicht mehr im Betrieb befindliche Stahlbrücke<br />
in der Umgebung von Braunschweig in die Untersuchungen einbezogen werden. Dabei soll auch<br />
die Veränderung des Systems nach Auftreten der ersten Schädigung untersucht werden.<br />
In Kooperation mit der Deponiegruppe (TP B5 (Hempel, Haarstrick), B6 (Dinkler, Ahrens) und D1<br />
(Fricke, Collins)) wurden mögliche Versagenspfade in Deponien untersucht. Wie bei der Kooperation<br />
mit Teilprojekt B3 (Peil) mussten auch hier die unbekannten Grenzzustandsfunktionen mit<br />
Hilfe der Response Surface Methode durch Antwortflächen angenähert werden. Neben der Betrachtung<br />
des Stillstands der Abbauvorgänge im Inneren des Deponiekörpers als Grenzzustand im<br />
biologisch/chemischen Sinne werden die Untersuchungen künftig auf das mechanische Verhalten<br />
des Müllkörpers (z. B. Spannungs-Verformungsverhalten) ausgedehnt.<br />
Bislang wurden in der Systembewertung lediglich kleine Ausschnitte des Deponiekörpers betrachtet.<br />
Bei der bereits in der laufenden Förderperiode untersuchten Deponie in Wolfsburg soll nun eine<br />
Zuverlässigkeitsbetrachtung für das gesamte Deponiebauwerk durchgeführt werden.
A1<br />
Hosser<br />
2.5 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong><br />
Parallelen zum Inhalt des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> ließen sich auf dem Workshop „Life-Cycle Cost Analysis and<br />
Design of Civil Infrastructure Systems“ des Joint Committee on Structural Safety (JCSS) im März<br />
<strong>2003</strong> in Lausanne erkennen. Dort ging es ähnlich wie bei der Kooperation der Teilprojekte A1<br />
(Hosser) und C2 (Budelmann, Rostásy) u. a. um die probabilistische Modellierung von Schädigungsprozessen<br />
bei Betonbauwerken.<br />
Auf der International Conference on Structural Safety and Reliability (ICOSSAR) im Juni <strong>2001</strong> in<br />
Newport Beach, Kalifornien war eine ganze Sitzung dem Thema „Structural Reliability and Optimization“<br />
gewidmet. Im Rahmen der Konferenz wurden viele Themen behandelt, die in engem Zusammenhang<br />
zum <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> stehen, z. B. „Stochastic Finite Elements“, „Stochastic Non-linear<br />
Analysis“, Reliability Analysis“, „New Developments in FORM/SORM and Response Surfaces“<br />
und „Reliability, Planning and Costs“.<br />
Die Task Group 5.1 „Monitoring and Safety Evaluation of Existing Concrete Structures“ der<br />
Fédération Internationale du Béton (fib) wertet weltweit Monitoring-Maßnahmen für existierende<br />
Betonbauwerke aus und plant Sicherheitsbewertungen aufgrund von Messergebnissen und probabilistischen<br />
Berechnungen, um Lebensdauervorhersagen treffen zu können. Durch Sensitivitätsanalysen<br />
werden die maßgeblichen Einflussparameter identifiziert und die probabilistischen Beurteilungen<br />
werden genutzt, um die deterministischen Modelle zu verfeinern [FIB <strong>2003</strong>, BERGMEISTER<br />
et al. <strong>2001</strong>].<br />
Im Rahmen des <strong>SFB</strong> 398 „Lebensdauerorientierte Entwurfskonzepte und Schädigungs- und Deteriorationsaspekte“<br />
entwickelt das Teilprojekt C-1 einen „Prototyp eines Konzeptes zur schädigungsorientierten<br />
Restlebensdauerermittlung räumlicher Stahlbetonkonstruktionen unter Betriebsbedingungen<br />
und Sondereinwirkungen“. Die probabilistischen Schädigungsaspekte werden über die<br />
Lebensdauer simuliert. In Verbindung mit dem Teilprojekt C-5 „Paralleles/verteiltes Entwurfssystem<br />
für die lebensdauerorientierte Auslegung von Tragwerken unter Berücksichtigung von Schädigungen“<br />
erfolgt die Zuverlässigkeitsermittlung. Das Entwurfssystem beinhaltet ein Sicherheits- und<br />
Zuverlässigkeitsmodell. Dabei wird im Wesentlichen auf Monte-Carlo-Simulationsverfahren zurückgegriffen.<br />
Im <strong>SFB</strong> 524 „Werkstoffe und Konstruktionen für die Revitalisierung von Bauwerken“ werden<br />
ebenfalls probabilistische Methoden angewendet. So arbeitet das Teilprojekt A-1 „Stochastische<br />
Modellierung und Schädigungsanalyse bestehender Tragwerke“ mit Verfahren, die auf der Zuverlässigkeitstheorie<br />
I. Ordnung beruhen. Im Teilprojekt A-3 „Sicherheit und Modellbildung wird die<br />
Monte-Carlo-Simulation zur Berechnung von Versagenswahrscheinlichkeiten eingesetzt. Der<br />
Schwerpunkt des <strong>SFB</strong> 524 liegt aber auf bestehenden Bauwerken. [<strong>SFB</strong> 525 <strong>2001</strong>].<br />
2.6 Offene Fragen<br />
2.6.1 System- und Schwachstellenanalyse<br />
Die Methoden der System- und Schwachstellenanalyse wurden bislang lediglich bei relativ einfachen<br />
Systemen mit überschaubaren logischen Verknüpfungen angewendet. Der wahrscheinlichste<br />
Versagenspfad ließ sich hier häufig schon aus der ingenieurmäßigen Anschauung heraus identifizieren.<br />
Bei komplexen Systemen dagegen liegt die Anzahl der möglichen Versagenspfade um ein Vielfaches<br />
höher. Der kritische Pfad lässt sich in solchen Fällen nur noch durch systematische Untersu-<br />
- 24 -
- 25 -<br />
A1<br />
Hosser<br />
chungen festlegen. Generell könnten hier die gleichen Methoden verwendet werden, die sich bei der<br />
Erprobung an den im <strong>SFB</strong> behandelten Ersatzbauwerken bewährt haben. Der dafür nötige Zeitaufwand<br />
nimmt jedoch bei größer werdender Anzahl von möglichen Versagenspfaden stark zu. Daher<br />
müssen für die unterschiedlichen Bauwerkstypen Ansätze entwickelt werden, mit deren Hilfe bereits<br />
vor der Durchführung der System- und Schwachstellenanalyse die Anzahl der zu untersuchenden<br />
Pfade auf eine relativ geringe Anzahl relevanter Pfade reduziert wird.<br />
Der Einfluss des Human Error auf die Systembewertung wurde bislang ebenfalls nur an den relativ<br />
einfach strukturierten Ersatzbauwerken mit einfachen Modellansätzen untersucht. Auch in diesem<br />
Bereich sollen die Berechnungen auf reale Bauwerke ausgedehnt und ggf. die Modelle erweitert<br />
werden.<br />
2.6.2 Wissensbasiertes System PROBILAS<br />
Der Vorgang der stetigen inhaltlichen Ergänzung des Datenbankmoduls von PROBILAS muss auch<br />
in der beantragten Förderperiode fortgesetzt werden. Dies betrifft sowohl das Zusammentragen von<br />
Parameterinformationen als auch die Sammlung von Grenzzuständen und möglichen Versagenspfaden.<br />
Insbesondere im Deponiebereich mussten für die Definition des stochastischen Modells aufgrund<br />
der dort bislang relativ geringen Datengrundlage vermehrt Expertenaussagen und Eckwerte<br />
aus einschlägigen Veröffentlichungen herangezogen werden.<br />
Die Anwendung des wissensbasierten Systems PROBILAS in der Bauwerksüberwachungspraxis<br />
setzt nach dem derzeitigen Stand des Programms trotz des bedienerfreundlich konzipierten Graphical<br />
User Interface intensive Vorkenntnisse des Nutzers voraus. Um auch dem BÜ-Ingenieur ohne<br />
umfangreiche Kenntnisse in der Zuverlässigkeits- und Systemtheorie den Einstieg in die Materie<br />
der Systembewertung zu erleichtern, müssen Beispiele für unterschiedliche Bauwerkstypen in<br />
PROBILAS integriert werden, die vom künftigen Anwender als „Defaultdatensatz“ verwendet und<br />
auf die im Einzelfall vorhandenen speziellen Gegebenheiten hin ergänzt werden können.<br />
2.7 Literatur<br />
ARBEITSBERICHT <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, Teilprojekt A1, 2000<br />
HOSSER, D., SCHLÜTER, H.-J., 1999, Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung<br />
und Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen, Institut für Baustoffe, Massivbau<br />
und Brandschutz, Braunschweig, Heft 144, 281-282<br />
SCHLÜTER, H.-J., HOSSER, D., 1999, Reliability-Based Planning and Assessment of Structural<br />
Monitoring in Safety and Reliability, Proceedings of ESREL `99 –The Tenth European Conference,<br />
Munich, Germany, 13-19 September. Rotterdam: Balkema, 545-550<br />
RCP GMBH, 1999a, STRUREL, a Structural Reliability Analysis Program-System, COMREL &<br />
SYSREL, Users Manual. München<br />
RCP GMBH, 1999b, STRUREL, a Structural Reliability Analysis Program-System, STATREL Users<br />
Manual. München<br />
BERGMEISTER et al., <strong>2001</strong>, Global Monitoring Concepts for Bridges, Structural Concrete,<br />
2. Jahrgang, März <strong>2001</strong>, Heft 1, Seite 29-39
A1<br />
Hosser<br />
FIB, <strong>2003</strong>, Monitoring and Safety Evaluation of Existing Concrete Structures, State-of-Art Report,<br />
FIB Bulletin 22, Task Group 5.1., fib, March <strong>2003</strong><br />
<strong>SFB</strong> 525, <strong>2001</strong>, Berichtskolloquium 08.+09.November <strong>2001</strong>, Weimar<br />
2.8 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />
Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahren.<br />
Bücher und Zeitschriften:<br />
HOSSER, D., DEHNE, M., HEMPEL, D. C., HAARSTRICK, A., MEIMA, J. A., <strong>2003</strong>a, Weak<br />
Point Analysis of Municipal Landfill Structures Using Adaptive Monitoring, Waste Management,<br />
eingereicht <strong>2003</strong><br />
HOSSER, D., BUDELMANN, H., DEHNE, M., HARIRI, K., HOLST, A., <strong>2003</strong>b, Monitoring und<br />
Schwachstellenidentifizierung bei Spannbetonbauwerken, Beton- und Stahlbetonbau, 98. Jahrgang,<br />
April <strong>2003</strong>, Heft 4, Seite 217 – 226<br />
HOSSER, D., DEHNE, M., AHRENS, H., KINDLEIN, J., 2002, Simplification of the modelling of<br />
processes in landfills using the methods of reliability theory, Waste Management & Research 21-1,<br />
UK <strong>2003</strong>, p. 119 – 126<br />
DEHNE, M., 2002, PROBILAS – PRObabilistic Building Inspection and Life ASsessment. User´s<br />
Manual. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz, TU Braunschweig<br />
ARBEITSBERICHT <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, Teilprojekt A1, 2000<br />
Kongressbeiträge:<br />
DEHNE, M., HOSSER, D., 2002, Schutzziele, Brandszenarien und Sicherheitsanforderungen für<br />
den Brandschutz am Beispiel des Industriebaus. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz,<br />
iBMB, TU Braunschweig Heft 163, S. 131-156<br />
PEIL, U., HOSSER, D., FRENZ, M., DEHNE, M., <strong>2003</strong>, Life Time Estimation of Steel Structures<br />
and Assessment of Critical Details. International Conference on Structural Faults and Repair, 10 th<br />
International Conference and Exhibition , Commonwealth Institute, Kensington, London<br />
DEHNE, M., <strong>2003</strong>, Ein übergreifendes Sicherheitskonzept für den vorbeugenden Brandschutz.<br />
Braunschweiger Brandschutztage <strong>2003</strong>: 10. Fachseminar Brandschutz - Forschung und Praxis ;<br />
30.9. - 1.10.<strong>2003</strong> in Braunschweig., Kurzreferate. Institut für Baustoffe, Massivbau und Brandschutz,<br />
iBMB, TU Braunschweig Heft 168<br />
Vorträge:<br />
HOSSER, D., DEHNE, M., <strong>2003</strong>, Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung<br />
und Optimierung von Bauwerksüberwachungsmaßnahmen, Berichtskolloquium <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, 16. + 17.<br />
Juni <strong>2003</strong>, TU Braunschweig<br />
- 26 -
Modellgestützte Bauwerksüberwachung und Schadensdiagnose<br />
anhand eines online an den jeweiligen Zustand anzupassenden<br />
dynamischen Rechenmodells<br />
Priv.-Doz. Dr.-Ing. habil. M. Oeljeklaus<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragsstellung und Ausgangsfragestellung<br />
- 27 -<br />
B1<br />
Oeljeklaus<br />
Das Hauptziel dieses Projekt ist es, einerseits ein Monitoring von Bauwerken zu ermöglichen, in<br />
dessen Rahmen eine adaptive Korrektur eines zugehörigen Rechenmodells aufgrund von Messungen<br />
erfolgt. Weiterhin geht es um das Erkennen und die Ortung von auftretenden Schäden über Indikatoren<br />
und Symptome, deren Erforschung und Anwendung einen wichtigen Schwerpunkt dieses<br />
Projektes darstellen.<br />
Als besonders sensitiv in Bezug auf Systemveränderungen und insbesondere deren gewünschte Lokalisation<br />
haben sich Verfahren basierend auf dem Projektiven Eingangsgrößenverfahren (PEGV,<br />
[OELJEKLAUS 2000]) erwiesen. Es basiert, im Gegensatz zu den im Bereich der Schadensdiagnose<br />
sehr verbreiteten modalbasierten Verfahren, auf vorliegenden Ein- und Ausgangsmessungen,<br />
die bezüglich der Komponenten des verwendeten Rechenmodells unvollständig sein können. Eine<br />
wichtige Ausgangsfragestellung der aktuellen Förderperiode war, ob PEGV-basierte Indikatoren<br />
erfolgreich mit dem Ziel der Schadensdiagnose eingesetzt werden können.<br />
Die Resultate dieser Untersuchungen, die den Schwerpunkt der aktuellen Förderperiode ausmachen,<br />
sind in [OELJEKLAUS, POWALKA 2000], [OELJEKLAUS, NATKE <strong>2001</strong>], [OELJEKLAUS<br />
<strong>2003</strong>a] sowie im Berichtsband des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> zum Berichtskolloquium veröffentlicht. Da dort und<br />
insbesondere in [OELJEKLAUS, NATKE <strong>2001</strong>] und [OELJEKLAUS <strong>2003</strong>a] die wesentlichen<br />
Methoden und Ergebnisse detailliert aufgeführt werden, sind die Manuskripte dieser beiden Veröffentlichungen<br />
als Detailergänzung zu diesem Bericht sinnvoll. Der Bericht ist jedoch auch ohne<br />
diese Manuskripte aus sich heraus verständlich und ermöglicht die Bewertung der durchgeführten<br />
Forschungsarbeiten.<br />
2.2 Angewandte Methoden<br />
Die angewandten Methoden der aktuellen Förderperiode konzentrieren sich auf die Anwendung und<br />
Weiterentwicklung des oben beschriebenen PEGV-Indikators zur Schadensindikation und -lokalisation.<br />
Diese werden in den folgenden Abschnitten vorgestellt.<br />
2.2.1 Das Rechenmodell<br />
Die Parameter des verwendeten Rechenmodells sind die Matrixkoeffizienten der Trägheits-,<br />
Dämpfungs- und Steifigkeits-Summandenmatrizen, die von den Parameterkomponenten faktoriell<br />
und damit linear korrigiert werden:<br />
M ( a): � � a�M B( a): � a B<br />
� � � � K( a): � �<br />
a�K� �<br />
�<br />
�
B1<br />
Oeljeklaus<br />
Der Parametervektor<br />
1: (1, ,1) � � �<br />
bewirkt keine Korrektur und wird als Startmodell oder A-priori-<br />
Rechenmodell bezeichnet. Ausgehend von einem validierten Rechenmodell 1� besteht die Aufgabe<br />
des Monitoring darin, Parameterabweichungen vom validierten Startmodell aufgrund aktueller<br />
Messungen zu ermitteln. Diejenige Parameterkomponente, für die ein Indikator signifikante Abweichungen<br />
anzeigt, indiziert einen möglichen Schadensort. Das zugeordnete Subsystem, beispielsweise<br />
der Ort einer Steifigkeitsmatrix K� , muss dann näher untersucht werden. Ein derartiges Modell<br />
liefert besipielsweise eine Finite-Elemente-Modellierung eines Bauwerks. Ein weit verbreitetes<br />
Programmsystem, das dieses leistet ist z.B. Ansys.<br />
2.2.2 Das Projektive Eingangsgrößenverfahren (PEGV)<br />
Das projektive Eingangsgrößenverfahren, kurz PEGV, ist ein Identifikationsverfahren basierend auf<br />
Eingangs- und, bezüglich der Freiheitsgrade des verwendeten Rechenmodells, unvollständig gemessenen<br />
Ausgangsgrößen im Frequenzbereich ([OELJEKLAUS 2000]). Anstelle der Reduktion<br />
des verwendeten Rechenmodells auf die gemessenen Freiheitsgrade werden im Rahmen des PEGV<br />
geeignete Projektionsräume für die Eingangsgrößenresiduen benutzt: Zu diesem Zweck werden die<br />
Residuen des klassischen Eingangsgrößenverfahrens auf das orthogonale Komplement des Nullraums<br />
des Operators CF� ( a)<br />
projiziert. Dabei ist C die Messmatix und CF� ( a)<br />
die<br />
Frequenzgangmatrix für den Parameter a und eine Erregerfrequenz � .<br />
Wie in [OELJEKLAUS 2000] gezeigt ist, sind die so gewonnenen parameterabhängigen Residuen<br />
sehr sensitiv in Bezug auf Änderungen der Systemparameter, eine generelle Eigenschaft des Eingangsgrößenverfahrens.<br />
Dies ist für die Zwecke der Schadenslokalisierung von großer Bedeutung,<br />
da in diesem Fall, ausgehend von einem validierten Startmodell, über die Parameterabweichungen<br />
als Indikatoren auf den Ort des Schadens bzw. auf die strukturelle Veränderung geschlossen werden<br />
kann [NATKE, OELJEKLAUS 2000].<br />
2.2.3 PEGV-Schadensindikator<br />
M<br />
( � ) vaU ( , )<br />
Die partiellen Ableitungen des Residuenvektors v (1) � �<br />
: � des PEGV nach den Parameter-<br />
�a�<br />
komponenten sind im validierten Startmodell sensitiv in Bezug auf Änderungen der physikalischen<br />
Parameter und geben daher Anlass zur Definition des folgenden Schadensindikators:<br />
��� M1<br />
v (1, � U )<br />
: � für �1,<br />
�,<br />
n<br />
��� v � U<br />
( � )<br />
� �<br />
M 2 (1, )<br />
p<br />
Für eine feste Versuchserregung M<br />
1<br />
P seien die Messungen M<br />
2<br />
U an der ungeschädigten und M<br />
U an<br />
der geschädigten Struktur vorgenommen worden. Im Zähler ist die partielle Ableitung der proji-<br />
1<br />
zierten Eingangsgrößen für<br />
M<br />
U nach a� ; diese hat im Falle kleiner Messfehler und eines guten<br />
Startmodells einen geringen absoluten Betrag. Weist nun das geschädigte System eine Veränderung<br />
in dem durch a� festgelegten physikalischen Parameter auf und hat sich diese in den Messungen<br />
M 2 U ausgewirkt, so gilt die Relation 1� �� � 0 : Dies folgt aus dem größeren Absolutbetrag des<br />
Nenners im abgenommenen Schadensfall für a� .<br />
- 28 -
- 29 -<br />
B1<br />
Oeljeklaus<br />
Eine erste Anwendung auf eine geschädigte Fräsmaschine ist in [OELJEKLAUS, POWALKA<br />
2000] veröffentlicht; siehe exemplarisch Abbildung 1 in der die „geschädigten“ Steifigkeitsparameter<br />
eindeutig durch kleine Indikatorwerte angezeigt werden. Weitere Anwendungen der aktuellen<br />
Förderperiode sid in Abschnitt 2.3. angegeben.<br />
Indicator value<br />
2.2.4 PEGV-Regularisierung<br />
1.4<br />
1.2<br />
1<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
Parameter no<br />
Abbildung 1: PEGV-Ergebnisse<br />
Eine Spektralzerlegung des Operators CF � (a) (siehe den letzten Abschnitt) liefert über eine geeignet<br />
abgeschnittene Singulärwertzerlegung eine Regularisierung des Projektiven Eingangsgrößenverfahrens,<br />
siehe [OELJEKLAUS, NATKE <strong>2001</strong>] für Herleitung und Anwendung. Da die Singulärwerte<br />
von CF� ( a)<br />
invertiert in die Spektralzerlegung des PEGV-Operators eingehen, werden die den<br />
kleineren Singulärwerten entsprechenden Terme zwecks Regularisierung abgeschnitten.<br />
2.2.5 PEGV-Subsystemadaption<br />
Im Falle großer Systeme hat das zugrunde liegende Rechenmodell oft tausende von Freiheitsgraden<br />
und ein Monitoring beschränkt sich meist nur auf einen Teil, ein Subsystem, des zu überwachenden<br />
Bauwerks. In diesem Fall sind insbesondere die für die Berechnung des Indikators notwendigen<br />
Projektionen zu zeitaufwendig für ein Monitoring, da die gesamte Systemdimension eingeht. Zu<br />
diesem Zweck wurde in [OELJEKLAUS <strong>2003</strong>a] eine Subsystemadaption des PEGV-Indikators<br />
vorgestellt. Diese Arbeit enthält weiterhin eine Anwendung auf einen Kranroboter mit einem echten<br />
Schaden, siehe Abschnitt 2.3.2.<br />
2.2.6 Output-Only-Monitoring<br />
In der Praxis kommt es häufig vor, dass keine Messungen der verwendeten Eingangsgrößen vorliegen.<br />
Es liegen in diesem Fall nur Ausgangsmessungen und mehr oder weniger gute Informationen<br />
über die Erregung vor, die es zu nutzen gilt. Da die im Schwerpunkt bisher verwendeten Verfahren<br />
jedoch auf dem Eingangsgrößenverfahren und damit in ihrer klassischen Form auf der Existenz von<br />
Eingangsgrößenmessungen basieren, ist eine Erweiterung für diesen Fall in der nächsten Förderperiode<br />
geplant. Zu diesem Zweck wurden bereits Vorarbeiten geleistet und der PEGV-Schadensindikator<br />
wurde für den folgenden Fall unbekannter Erregung erweitert: Bei beiden Messungen - d.h.<br />
für das ungeschädigte und später für das geschädigte Modell - liegt die gleiche Erregung vor.
B1<br />
Oeljeklaus<br />
Dies ist z. B. bei Langzeitmessungen für Brücken mit etwa gleicher Verkehrsbelastung der Fall;<br />
siehe dazu z. B. [WAHAB 1998].<br />
Für den beschriebenen Fall können die Projektionen der unbekannten Erregungen - unter der Annahme<br />
eines validierten Startmodells 1� - auf das orthogonale Komplement des Kerns des Operators<br />
†<br />
CF� (1) � in der Form<br />
�M M1<br />
P : � �CF �1� � �� �CU � � � berechnet werden. Damit ist der PEGV-Indikator mit<br />
der berechneten Erregung anwendbar, da die gemessenen Erregungen des PEGV-Indikators (in seiner<br />
oben beschriebenen Form) ebenfalls nur in ihrer projizierten Form eingehen. Weitere Lockerungen<br />
der beschriebenen einschränkenden Annahme über die Erregungen sind in der nächsten Förderperiode<br />
geplant. Der Ergebnisabschnitt enthält eine Output-Only-Anwendung auf einen Kranroboter.<br />
2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
2.3.1 Anwendung des Indikators auf ein Ersatzbauwerk des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
Abbildung 2: Vergleichsprobe (TP B3)<br />
Bei den Messungen (s. auch den l. <strong>Arbeitsbericht</strong> von Bl) wurde das Modell in Abbildung 2, das<br />
auch von den Teilprojekten B3 und B4 untersucht wird, durch eine Einpunkterregung an der oberen<br />
rechten Ecke angeregt und es wurden Ausgangsmessungen an 45 gleichmäßig über die gesamte<br />
Probe verteilten Messpunkten abgenommen. Anschließend wurde ein 3 cm langer Riss im mittleren<br />
Teil des Bauteils im Bereich des Kerbgrundes erzeugt, um einen Schaden an der Struktur zu erzeugen.<br />
Dies ist eines von 5 untersuchten Schadenszenarien, die in der 1. Förderperiode mit modalbasierten<br />
Verfahren untersucht wurden. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Anwendung des<br />
PEGV-Indikators exemplarisch für diesen Fall dargestellt, da die Ergebnisse für die anderen 4 Fälle<br />
ähnlich sind.<br />
Zwecks Anwendung des Indikators wurde das in Abbildung 2 dargestellte Modell des Ersatzbauwerks<br />
in Teile zerlegt, denen anschließend die zu korrigierenden Steifigkeits-Summandenmatrizen<br />
mit ihren Parameterkomponenten a � zugeordnet wurden.<br />
Im 1. Szenario wurde das Rechenmodell des Trägers horizontal an den folgenden Koordinaten in<br />
Bereiche aufgeteilt: 0.45, 0.55, 0.65, 0.75, 1.00, 1.3.<br />
- 30 -
- 31 -<br />
B1<br />
Oeljeklaus<br />
Szenario 2 ist eine Verfeinerung des 1. Szenarios und beinhaltet neben einer vertikalen Aufteilung<br />
des Modells an der Koordinate 0.15 die folgende Verfeinerung der 1. Aufteilung in horizontaler<br />
Richtung an folgenden Koordinaten: 0.3, 0.35, 0.45, 0.55, 0.65, 0.75, 0.85, 0.95, 1.0 und 1.15 aufgeteilt.<br />
Die Zählweise der Bereiche verläuft für beide Szenarien zuerst in vertikaler und dann in horizontaler<br />
Richtung. Damit ergeben sich für Szenario l insgesamt 6 Bereiche, wobei der Teilbereich 3 den<br />
Schadensort enthält. Für Szenario 2 ergeben sich 24 Bereiche, wobei der Teilbereich 11 den Schadensort<br />
enthält. Die Abbildungen 3 und 4 enthalten jeweils die Ergebnisse der Anwendung des Indikators<br />
für Szenario l und Szenario 2. Die Ergebnisse illustrieren, dass der Schadensindikator die<br />
Schadensorte für die beschriebenen Versuchsauslegungen und die vorgenommenen Aufteilungen<br />
des Modells in Teilbereiche zuverlässig anzeigt.<br />
2.3.2 Anwendung des Indikators auf einen Kranroboter<br />
Ein Kranroboter, dessen schematisches Modell in Abbildung 5 dargestellt ist, wurde eingehend mit<br />
dem vorgestellten PEGV-Indikator untersucht. Das zugehörige Rechenmodell hat etwa 1200 Freiheitsgrade.<br />
Der untersuchte Frequenzbereich ist 18 - 215 Hz. Die für die Anwendung des Indikators<br />
ausgewählten Frequenzen befinden sich in der Nähe der wesentlichen 10 Eigenfrequenzen des Systems<br />
in diesem Frequenzbereich.<br />
Abbildung 5: Schematische Darstellung des Kranroboters
B1<br />
Oeljeklaus<br />
Wie die Abbildung 6 zeigt, wurde die vordere Hälfte des Rechenmodells in 6 Subsysteme zerlegt,<br />
von denen das 3. Teilsystem den Schaden enthält. Die Parameterkomponenten des Rechenmodells<br />
sind den zugeordneten Steifigkeitssubmatrizen des Rechenmodells zugeordnet. Die Dämpfungs-<br />
und Trägheitsmatrizen wurden vom Rechenmodell nicht korrigiert. Die Abbildung 6 zeigt ebenfalls<br />
den Aufbau der Versuchsauslegungen: ein Erregungspunkt und 9 Aufnehmer, wie in Abbildung 6<br />
dargestellt, über die vordere Hälfte der Struktur verteilt.<br />
Abbildung 6: Versuchsauslegung und Subsysteme<br />
Der in der Abbildung ausgewiesene Schadensort in Teilsystem 3 wird durch die dargestellten<br />
Schrauben gekennzeichnet. Diese wurden zwecks Erzeugung eines Schadens gelöst, nachdem die<br />
Messungen für den schadenfreien Fall durchgeführt wurden. Die Erregung bestand für Szenario l<br />
(Szenario 2) in einer Impulserregung durch einen Hammerschlag an der in der Abbildung 6 gekennzeichneten<br />
Stelle an der linken (rechten) vorderen Seite der Struktur. Die Sensoren wurden an den<br />
in den Teilsystemen gekennzeichneten Stellen angebracht und lieferten Messungen für jeweils drei<br />
Richtungen, x, y und z. Für jedes der beiden Szenarien l und 2 (linke und rechte Impulserregung)<br />
wurde der Indikator sowohl in seiner klassischen Form, basierend auf Input-Output-Messungen, als<br />
auch in seiner oben beschriebenen Output-Only Variante, basierend nur auf Output-Messungen,<br />
angewendet. Die Ergebnisse sind in den Abbildungen 7, 8, 9 und 10 dargestellt. Alle Ergebnisse<br />
lassen einen Schaden im tatsächlich geschädigten Teilsystem 3 vermuten, erstaunlicherweise sind<br />
die Ergebnisse für die rechtsseitige Erregung (Szenario 2) jedoch eindeutiger, obwohl sich der eigentliche<br />
Schadensort auf der linken, also gegenüberliegenden Seite befindet. Als Grund lässt sich<br />
eine bessere Trennung von Erregung und Schadensort vermuten. Die Ergebnisse zeigen, dass es mit<br />
den verwendeten Verfahren möglich ist, einen vorliegenden Schaden bei einer komplexen Struktur<br />
wie dem vorgestellten Kranroboter zu diagnostizieren und zu lokalisieren. Weitere Ergebnisse sind<br />
in der im Anhang beigelegten Arbeit [OELJEKLAUS <strong>2003</strong>a] zu finden.<br />
- 32 -
2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong><br />
- 33 -<br />
B1<br />
Oeljeklaus<br />
Die Methoden vergleichbarer Projekte zur modellbasierten Schadensdiagnose außerhalb des <strong>SFB</strong><br />
<strong>477</strong> verwenden überwiegend modal-basierte Verfahren und verwenden Modellreduktionen zur Bewätigung<br />
des Problems der unvollständigen Ausgangsmessungen.<br />
Das Teilprojekt B1 verwendet dagegen überwiegend Ein- und Ausgangsmessungen ohne Modellreduktion.<br />
Die Unvollständigkeit der Messungen wird im Teilprojekt B1 durch geeignete Projektionen<br />
im Eingangsgrößenraum berücksichtigt. Dadurch entfällt die Modellreduktion und Identifikations-<br />
und Diagnoseergebnisse werden zuverlässiger.
B1<br />
Oeljeklaus<br />
2.5 Offene Fragen<br />
Im aktuellen Berichtszeitraum wurde schwerpunktmäßig der auf dem projektiven Eingangsgrößenverfahren<br />
basierende Indikator erforscht, weiterentwickelt und an verschiedenen Teststrukturen<br />
angewendet. Die dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die verwendeten Methoden erfolgreich an<br />
Bauwerken zur Schadensdiagnose im Rahmen eines Monitoring angewendet werden können. Offen<br />
ist die Frage, wie vorzugehen ist, falls die bisherige, vereinfachende Annahme gleicher Erregung<br />
beim Output-Only-Monitoring nicht anwendbar ist. In diesem Fall müssten die Ausgangsmessungen<br />
zu verschiedenen Zeitpunkten (Referenz- und Prüfmessung) auf eine andere Weise zueinander<br />
in Bezug gesetzt werden. Neben der oben vorgestellten Variante sollen daher weitere Möglichkeiten,<br />
bis hin zum gänzlichen Verzicht auf einschränkende Annahmen über die experimentellen Erregungen,<br />
erforscht werden. Statische Untersuchungen auf der Basis des PEGV könnten ebenfalls<br />
erfolgreich sein, da sich die Eingangsgrößen für diesen Fall einfach ermitteln lassen.<br />
Die Frage der Anwendbarkeit der untersuchten Methoden auf reale Bauwerke wie eine Brücke ist<br />
bisher offen geblieben. Daher sollte die Erprobung der Methoden an einer im Betrieb befindlichen<br />
Brücke sein stattfinden. Hier ist eine direkte Zusammenarbeit mit den Projekten A1, B3, B4 und<br />
dem neuen Projekt C6 möglich. Da es sich verbietet, einen irreversiblen Schaden an einer Brücke<br />
zu verursachen, ist seitens B1 geplant, den Schaden durch zusätzliche, die Struktur nicht schädigende,<br />
versteifende Stahlplatten, die via Schraubklemmen für den Zweck von Versuchen beliebig<br />
montiert und demontiert werden können, anzubringen. Als Eingangsgröße ist der Verkehr in natürlicher<br />
Weise vorhanden, die Aufnehmer müssen sowohl für die normale als auch für die versteifte<br />
Brücke an derselben Stelle angebracht werden<br />
2.6 Literatur<br />
Akzeptierte und bereits erschienene Veröffentlichungen:<br />
M. OELJEKLAUS, 2000: Projection Methods within Model Updating. Inverse Problems in Engeneering,<br />
8: 119-141.<br />
H.G. NATKE, 1999: Probleme bei der Diagnose technischer Systeme. Abhandlungen der Braunschweigischen<br />
Wissenschaftlichen Gesellschaft, XLIX:159-118.<br />
H. G. NATKE, 1998: Problems of Model Updating Procedures: A Perspective Resumption. Mechanical<br />
Systems and Signal Processing, 12(1), 65-74.<br />
H.G. NATKE AND C. CEMPEL, 1999: Holistic Dynamics and Subsystem Modelling - Principles.<br />
Int. Journal of Systems Science, 30(3):283-293.<br />
H.G. NATKE AND C. CEMPEL, 2000c: Model-Based Diagnosis of Systems Emphasizing a Holistic<br />
Approach, Int. J. of Systems Science, 2000, vol. 31, no. 11, 1497-1504.<br />
H.G. NATKE AND C. CEMPEL, <strong>2001</strong>: The Symptom Observation Matrix for Monitoring and Diagnostics,<br />
Journal of Sound and Vibration, <strong>2001</strong>, 248(4), 597-620.<br />
- 34 -
Konferenzbeiträge:<br />
- 35 -<br />
B1<br />
Oeljeklaus<br />
OELJEKLAUS, M., <strong>2001</strong>a: Damage Detection in Subsystems, Dynamische Probleme -- Modellierung<br />
und Wirklichkeit, <strong>2001</strong>, Hannover.<br />
OELJEKLAUS, M., <strong>2001</strong>b: The Use of Projected Input Residuals in Damage Identification, <strong>2001</strong>b:<br />
In Proceedings of the 3rd International Workshop on Structural Health Monitoring, Stanford<br />
CA, USA, 12.9.-14.9.<strong>2001</strong>. Stanford University, CA 94305, USA.<br />
OELJEKLAUS, M., <strong>2003</strong>a: A Non-Modal Structural-Damage-Location Method and ist Application:<br />
Proceedings of the 16th International Conference on the Applications of Computer Science and<br />
Mathematics in Architecture and Civil Engineering, Weimar, Germany, 10.6.-12.6.<strong>2003</strong>.<br />
OELJEKLAUS, M., <strong>2003</strong>b: A Weighted Output-Only Damage Detection Method, Proceedings of the<br />
6th International Conference on Material Science and Restoration (MSR VI), Karlsruhe, Germany,<br />
16.9.-18.9.<strong>2003</strong>.<br />
OELJEKLAUS, M., 1999:. Projection Methods within Model Updating. In M. I. Friswell, J.E. Mottershead,<br />
and A.W. Lees, editors, Identification in Engineering Systems, pages 325-335. University<br />
of Wales, Swansea.<br />
OELJEKLAUS, M. AND B. POVALKA, 2000: A projection based damage indicator working with<br />
incomplete measurements. In J.H. Zhang and X.N. Zhang, editors, Proceedings of International<br />
Conference on Advanced Problems in Vibration Theory and Applications, pages 249-256. Science<br />
Press, Beijing, China.<br />
NATKE, H.G., M. OELJEKLAUS, 2000: Data preprocessing, practical application and experience<br />
in monitoring and diagnosis. In P. Schwesinger, editor, Proceedings of the International Workshop<br />
on The Present and Future in Health Monitoring, Weimar, 3.9.-6.9.2000. Bauhaus University,<br />
Weimar, Germany.<br />
CEMPEL, C. AND H.G. NATKE, 1999: Symptom reliability and hazard for Systems condition<br />
monitoring. In 3rd Internat. Conference Acoustical and Vibratory Surveillance Methods and Diagnostic<br />
Techniques, pages 115-120, Senlis, France. Bulletin S.F.M.<br />
CEMPEL, C. AND H.G. NATKE, 2000: Holistic models and Singular value decomposition in Systems<br />
condition monitoring. In J.H. Zhang and X.N. Zhang, editors, Proceedings of International<br />
Conference on Advanced Problems in Vibration Theory and Applications, pages 304-310.<br />
Science Press, Beijing, China.
- 36 -
Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten<br />
Bauwerken durch Monitoring und begleitende Versuche<br />
Prof. Dr.-Ing. U. Peil<br />
Dipl.-Ing. M. Frenz<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
2.1.1 Allgemeines<br />
Die Pflege des großen Bestandes ermüdungsbeanspruchter Bauwerke, wie z.B. Eisenbahn- und<br />
Straßenbrücken, Kranbahnen, Offshore-Konstruktionen, hohe windbeanspruchte Bauwerke etc. hat<br />
in volkswirtschaftlicher Hinsicht eine große Bedeutung. Die zuverlässige Vorhersage der Lebensdauer<br />
derartiger Bauwerke ist deshalb für die Zukunft eine wichtige Aufgabe. Viele Bauwerke zeigen<br />
darüber hinaus Schäden infolge Anwachsens der Einwirkungen und höherer Ausnutzung des<br />
Widerstandes. Eine präzise Vorhersage der tatsächlichen Lebensdauer ermüdungsbeanspruchter<br />
Tragwerke kann dazu beitragen, die Gesamtkosten über die Lebensdauer erheblich zu senken. Das<br />
Ziel des TP B3 ist es daher, die Restlebensdauer von ermüdungsbeanspruchten Bauwerken aus<br />
Stahl möglichst realistisch vorherzusagen.<br />
Die dabei üblicherweise verwendeten theoretisch orientierten Prognosemodelle sind aber auch heute<br />
noch mit zum Teil erheblichen Unsicherheiten behaftet, da die benötigten Modelle der Nachweiskette<br />
Einwirkungsmodell � Systemmodell � Schädigungsmodell<br />
zum Teil große Ungenauigkeiten aufweisen. Das Ergebnis eines Modells in dieser Nachweiskette<br />
dient als Eingangswert für das nachfolgende, so dass durch die multiplikative Verknüpfung die Zuverlässigkeit<br />
der Prognose i.a. gering ist. So stellen z.B. bei Brückenbauwerken die Einwirkungen<br />
in der Regel stochastische Prozesse dar, die prinzipiell nicht deterministisch beschrieben werden<br />
können. Jede deterministische Beschreibung führt daher zu erheblichen systematischen und zufälligen<br />
Fehlern. Die Beanspruchung des Bauwerks wird mit Hilfe eines statischen oder dynamischen<br />
Systemübertragungsmodells (mechanische Admittanz) ermittelt. Hierbei treten bei der Ermittlung<br />
der örtlichen Beanspruchung sowohl systematische Fehler (z.B. durch ungenaue Modellwahl) als<br />
auch zufällige Fehler (z.B. durch Streuung der Geometrie und des Werkstoffes etc.) auf. Als letztes<br />
Glied in der Kette der Lebensdauervorhersage weisen die Schädigungsvorhersagemodelle die<br />
größten Abweichungen von der Wirklichkeit auf [PEIL et al. 1994, REPPERMUND 1984]. Bei der<br />
üblichen Methode zur Lebensdauervorhersage, dem Nennspannungskonzept, ist z.B. die Einstufung<br />
eines Kerbdetails in eine Kerbfallklasse oft nicht eindeutig möglich. Verfahren, die auf Grundlage<br />
örtlicher Beanspruchungen basieren, zeigen Probleme hinsichtlich der Einschätzung der Eingangsparameter<br />
und ggf. auftretender plastischer Verformungsanteile [SCHÜTZ 1994, PEIL et al. 1999].<br />
Reihenfolgeeffekte, die eine große Auswirkung haben, werden hierbei jeweils nicht erfasst. Auch<br />
hier treten systematische und zufällige Einflüsse auf, die nur schwer bestimmt werden können.<br />
- 37 -<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
2.1.2 Generelle Vorgehensweise<br />
Werden die Dehnungen direkt an den kritischen Stellen gemessen, entfallen die Unsicherheiten der<br />
in Abschnitt 2.1.1 erwähnten Last- und Systemmodelle (Bild 1 - die dort angegebenen Abschnittsnummern<br />
beziehen sich auf Abschnitte in diesem Bericht, in denen auf die Punkte genauer eingegangen<br />
wird). Mit den gemessenen Beanspruchungen und den daraus mit Hilfe von Zählverfahren<br />
wie der Rainflow-Methode ermittelten Beanspruchungskollektiven könnte eine Schädigungsberechnung<br />
nach den bekannten linearen oder nichtlinearen Schädigungsakkumulations-Verfahren<br />
durchgeführt werden. Eine auf diese Weise durchgeführte Lebensdauerermittlung umgeht das Last-<br />
und das Systemmodell, ist aber nach wie vor mit erheblichen Unsicherheiten behaftet (z.B. Nichtbeachtung<br />
des Reihenfolgeeffektes). Es ist daher konsequent, auch das Schädigungsmodell zu umgehen.<br />
Die Modellungenauigkeit aus dem Schädigungsmodell wird deshalb durch eine experimentelle<br />
Lebensdauerbestimmung minimiert. Hierzu wird im Labor ein Satz Proben (Vergleichsproben)<br />
mit einem dem Original nachgebildeten Detail (oder einem Ausschnitt daraus) in einer digital geregelten<br />
Prüfmaschine mit einem passenden Ersatzbeanspruchungsschrieb bis zum Versagen (Anriss)<br />
belastet und der Anrisszeitpunkt für das entsprechende Detail im Bauwerk statistisch abgesichert<br />
bestimmt.<br />
nein<br />
Klassisches Vorgehen:<br />
Lastmodell<br />
stochastisch<br />
Systemmodell<br />
statisch-dynamisch<br />
Dehnungen an<br />
kritischen Details<br />
Abs. 2.2.1<br />
Schädigungsmodell<br />
Globaler<br />
Grenzzustand<br />
erreicht?<br />
???<br />
Abs. 2.2.2.1<br />
Aktuell: Monitoring<br />
Vergangenheit: Modell<br />
Abs. 2.2.2.2<br />
krit. Details<br />
FORM<br />
Versagenspfade<br />
Fehlerbäume<br />
Verbessertes Vorgehen:<br />
Systemumlagerung<br />
Die so ermittelte Anriss-Lebensdauer ist deutlich genauer als die üblichen modellgestützten Vorhersagen.<br />
Der so bestimmte erste Anriss im Bauwerk ist aber nicht gleichbedeutend mit dem Systemversagen.<br />
Nach dem ersten Anriss kann eine Spannungsumlagerung im Tragwerk auftreten, die<br />
mit zunehmender Risslänge ausgeprägter wird. Als Grenzzustand für die weiteren Überlegungen<br />
wird daher das Versagen des Gesamtsystems angesetzt. Untersuchungen über Versagenspfade und<br />
Fehlerbaumanalysen in Zusammenarbeit mit TP A1 können dabei zu neuen kritischen Details führen,<br />
für die dann der o.a. Prozess erneut durchgeführt wird.<br />
Eine im Ansatz ähnliche Vorgehensweise für Untersuchungen bis zum ersten Anriss ist in der Luftfahrtindustrie<br />
oder in der PKW-Entwicklung als Betriebslasten-Nachfahrversuch bekannt, welche<br />
- 38 -<br />
Abs. 2.2.4<br />
Markov Prozess<br />
Abs. 2.2.3<br />
Stochastischer<br />
Last Prozess:<br />
•<br />
•<br />
•<br />
Trends<br />
Last Cluster<br />
Ziel Statistik<br />
Statist. Bewertung<br />
Synth. Beanspruchg<br />
ArtificalTime Series<br />
´Snake-Algorithmus´<br />
Risswachstum<br />
Bild 1: Generelle Vorgehensweise<br />
Abs. 2.2.5<br />
Modell des Details<br />
in digital gesteuerter<br />
Prüfmaschine<br />
Abs. 2.2.6<br />
Globaler<br />
nein<br />
Grenzzustand<br />
erreicht?<br />
!!!!
an Prototypen mit standardisierten Lastfolgen (SAE-Histories, TWIST, FALLSTAFF, etc.) durchgeführt<br />
werden. Bei Bauwerken ist die Aufgabenstellung komplexer. Jedes Bauwerk ist in der Regel<br />
eine Einzelanfertigung mit i.a. nicht standardisierbaren realen (Ermüdungs-) Einwirkungen,<br />
Nutzungsänderungen können die Einwirkungsprognose weiter erschweren.<br />
Ein für die experimentelle Lebensdauerbestimmung verwendete Beanspruchungs-Zeitreihe muss<br />
die Beanspruchung über die gesamte Nutzungsdauer repräsentieren. Bei Brücken kann eine solche<br />
Zeitreihe nicht durch Kurzzeitmessungen im Betrieb gewonnen werden, da hierbei immer zufällige<br />
Ereignisse erfasst werden, die nicht die ganze statistische Wirklichkeit beschreiben. Es sind deshalb<br />
aus den statistischen Parametern der permanent gemessenen Beanspruchungen synthetische<br />
Beanspruchungs-Zeit-Verläufe (im folgenden auch Ersatzzeitschrieb genannt) zu generieren, die<br />
alle wesentlichen Reihenfolgeeffekte der Beanspruchung wie z.B. Clusterbildung aus LKW-Kolonnen<br />
etc. [PEIL et al. <strong>2001</strong>a] enthalten. Die schematisierte Vorgehensweise ist in Bild 1 dargestellt.<br />
Um dabei die sich ändernden Trends zu<br />
erfassen, erfolgt die experimentelle Lebensdauerbestimmung<br />
etappenweise. Es<br />
wird nicht die gesamte Lebenszeit, sondern<br />
nur ein sinnvoll vorgegebenes Zeitintervall<br />
(z.B. 5 Jahre), mit den aktuellen Messdaten<br />
simuliert. Wenn die Probe in der Prüfmaschine<br />
in dieser Zeit keinen Anriss zeigt, ist<br />
auch das zugehörige Bauwerksdetail sicher.<br />
Wegen der Streuung der Ermüdungsproben<br />
sind hierbei mehrere gleichartige Proben zu<br />
untersuchen, um zu abgesicherten statistischen<br />
Aussagen über die Lebensdauer zu<br />
kommen. Nach den Versuchen werden die<br />
Proben für das gewählte Zeitintervall am<br />
Schädigung<br />
5 Jahre<br />
Bild 2: Adaptive Trenderfassung durch Update<br />
der Ermüdungszustände<br />
Bauwerk gelagert, um möglichst gleichartige Umgebungsbedingungen zu erhalten. Nach Ablauf<br />
dieser Zeit werden Versuche für das nächste Zeitintervall durchgeführt. Hierzu wird der Zeitschrieb<br />
an den aktuellen Trend angepasst (Bild 2). Da das Bauwerk nicht exakt die gleiche Beanspruchung<br />
erlitten hat, wie bei der Prognose vermutet, müssen die unterschiedlichen Ermüdungszustände des<br />
Bauwerks und der Probe angeglichen werden. Wenn das Bauwerk eine größere Ermüdungsbelastung<br />
erfahren hat als bei den Prognoseversuchen vermutet wurde, muss die Differenz der Lastwechsel<br />
zunächst auch bei der Probe aufgebracht werden, bevor das nächste Zeitintervall untersucht<br />
wird. Da die Lastwechsel am Bauwerk „gemonitort“ werden und die Lastwechsel in der Probe<br />
ebenfalls bekannt sind, ist dies einfach durchführbar. Wenn das Bauwerk dagegen eine geringere<br />
Ermüdungsbeanspruchung erfahren hat als in den Prognoseversuchen vermutet wurde, muss mit<br />
dem nächsten Versuch so lange gewartet werden, bis im Bauwerk die gleiche Anzahl von Lastwechseln<br />
aufgetreten ist, wie beim Prognoseversuch an der Probe vorausgesetzt wurde (vgl. Warteperiode<br />
in Bild 2). Die Einführung einer Schädigungsdefinition ist hierbei nicht nötig, da lediglich<br />
die Lastwechsel verglichen werden.<br />
Dieses Vorgehen kann bei neuen Bauwerken wie oben geschildert angewendet werden. Bei der<br />
Restlebensdauerbestimmung vorhandener Tragwerke wird jedoch auch die Belastungsgeschichte<br />
aus der Vergangenheit benötigt. Da diese nicht mehr gemessen werden kann, wird ein Verfahren<br />
benötigt, mit dem Zeitschriebe künstlich generiert werden können, die die vorausgegangene Bean-<br />
- 39 -<br />
Warteperiode<br />
5 Jahre 5 Jahre<br />
Riss<br />
B3<br />
Peil<br />
Ausgleich der Ermüdungszustände<br />
Ermüdungszustand Probe<br />
Ermüdungszustand Bauwerk<br />
Zeit
B3<br />
Peil<br />
spruchung hinreichend genau erzeugen. Ein entsprechender Lösungsansatz wird in Abschnitt<br />
2.2.2.2 vorgestellt.<br />
Da die prognostizierte Lebensdauer eines realen Bauwerks relativ groß ist, ergeben sich Probleme<br />
bei der Validierung der angewandten Vorgehensweise, d.h. die Schadensprognose lässt sich am<br />
realen Bauwerk nicht unmittelbar bestätigen. Unabhängig davon kann die Untersuchung einiger<br />
weniger Bauwerke nicht die für eine Validierung erforderliche Bandbreite an Lastprozessen und<br />
Kerbdetails abdecken.<br />
Daher wird das Verfahren zunächst im Labor an sogenannten Ersatzbauwerken erprobt. Ersatzbauwerke<br />
sind dabei größere Probekörper (kleine Bauwerke) mit definierten Kerben, welche beliebigen<br />
Lastprozessen unterworfen werden, also z.B. Schmalband- oder Breitbandprozessen mit Amplitudengrößen,<br />
die Beanspruchungen vom Low-Cycle-Fatigue (LCF) bis zum High-Cycle-Fatigue<br />
(HCF) umfassen. Die Lebensdauer der kritischen Details dieser Ersatzbauwerke wird dann mit<br />
Hilfe des o.a. Verfahrens prognosti-<br />
A1<br />
ziert. Das generelle Vorgehen zur<br />
C6<br />
C3 � I /� II Herstellung der benötigten Vergleichs-<br />
R > S<br />
proben wurde im letzten <strong>Arbeitsbericht</strong><br />
ausführlich dargestellt [PEIL et<br />
al. 2000c].<br />
B3<br />
- 40 -<br />
Innerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> werden die<br />
Ersatzbauwerke, die vom TP B3 getestet<br />
werden, auch intensiv für die<br />
Untersuchungen anderer Teilprojekte<br />
genutzt. Dies kann den jeweiligen<br />
<strong>Arbeitsbericht</strong>en entnommen werden.<br />
Bild 3 stellt das Ersatzbauwerk des TP<br />
B3 „Tremolo“ dar, eingetragen sind<br />
die bereits durchgeführten bzw. geplanten<br />
Untersuchungen der beteiligten<br />
Teilprojekte.<br />
Im Folgenden werden, dem Flussdiagramm in Bild 1 folgend, die wesentlichen Methoden und Ergebnisse<br />
in der in diesem <strong>Arbeitsbericht</strong> möglichen Dichte dargestellt.<br />
2.2 Angewandte Methoden und Ergebnisse<br />
2.2.1 Ermittlung der kritischen Details<br />
B<br />
Bild 3: Das Ersatzbauwerk „Tremolo“ mit schematischer<br />
Darstellung der Aktivitäten der beteiligten Teilprojekte<br />
B4<br />
H<br />
A<br />
B1<br />
Die zuverlässige Bestimmung der Schwachstellen im Tragwerk ist eine wichtige Grundlage für das<br />
im TP B3 vorgestellte Vorgehen bei der Lebensdauervorhersage ermüdungsbeanspruchter Tragwerke.<br />
Die Stellen, an denen der erste Anriss erwartet wird und an denen daher gemonitort werden<br />
muss, lässt sich bei Tragwerken mit ausgeglichenem Sicherheitsniveau auf zufriedenstellende<br />
Weise nur mit probabilistischen Verfahren lösen. Der Anrissort wird dabei mit der First-Order-Reliability-Method<br />
(FORM) in Zusammenarbeit mit TP A1 bestimmt, vgl. dazu Abs. 2.2.6. Die<br />
Schwachstelle wird dabei anhand ihres Beitrages zur Gesamtversagenswahrscheinlichkeit ermittelt.<br />
Das Tragwerk wird hierzu zunächst als FE-Modell diskretisiert, die kritischen Punkte ergeben sich<br />
nach einer Schädigungsberechnung und Zuverlässigkeitsanalyse als die Stellen mit dem geringsten<br />
t
Sicherheits-Index ��[PEIL et al. <strong>2003</strong>d]. Im vorliegenden Ersatzbauwerk ist dies die untere äußere<br />
Ecke der Stegfenster.<br />
Am Beispiel des Ersatzbauwerks wurden die mit der FORM zu untersuchenden Punkte ingenieurmäßig<br />
ausgewählt, was bei komplexen Tragwerken jedoch schwierig und aufwändig wird. Daher<br />
wird derzeit an einer Kopplung zwischen dem FE-Programm ANSYS und dem von TP A1 entwickelten<br />
Programm PROBILAS gearbeitet, um die nötigen Berechnungen für jeden Punkt des Tragwerks,<br />
basierend auf Schädigungsberechnungen für jedes FE-Element, automatisiert durchführen zu<br />
können und so die kritischen Punkte des Tragwerks automatisch zu ermitteln.<br />
2.2.2 Ermittlung der Beanspruchungen am kritischen Detail<br />
2.2.2.1 Monitoring - Messtechnik und Messergebnisse<br />
An den vorab ermittelten kritischen Details, im folgenden auch Schwachstellen genannt, oder an<br />
zusätzlichen Punkten, die für die Ermittlung von Transferfunktionen wichtig sind [PEIL et al.<br />
2000c] wird „gemonitort“, d.h. gemessen, um die Beanspruchungs-Zeitverläufe für die Ermüdungsversuche<br />
zu erhalten. Erfahrungen im Bereich kontinuierliches Bauwerksmonitoring liegen am Institut<br />
schon seit ca. 15 Jahren vor. Die weltweit größte Windmessanlage, die 1989 am 350m Mast<br />
Gartow installiert wurde, liefert auch heute noch hervorragende Daten über die Windeinwirkungen<br />
und die zugehörigen Bauwerksantworten [Peil et al. 1994]. Für die hier durchgeführten Messungen<br />
wurde bereits in der ersten Antragsperiode in Zusammenarbeit mit Spezialisten der PTB (TP C3)<br />
eine Messanlage entwickelt [PEIL et al. 2000c], mit der sehr gute Erfahrungen gesammelt wurde.<br />
Diese Messanlage wurde in der ersten Antragsperiode zu Messungen an der alten BAB-Brücke über<br />
den Mittellandkanal bei Braunschweig eingesetzt. Sie ist nach wie vor an der Eisenbahnbrücke in<br />
Sülfeld im problemlosen Dauereinsatz und liefert kontinuierlich Messdaten. Beispielhafte Ergebnisse<br />
sind im vorherigen <strong>Arbeitsbericht</strong> dargestellt, sie werden hier nicht wiederholt. Um auch an<br />
anderen Bauwerken messen zu können, wurde eine zweite, weiterentwickelte Messanlage in Kooperation<br />
mit der PTB konzipiert und sehr kostengünstig realisiert (Bild 4). Im Folgenden werden<br />
kurz die Messinstallationen und einige Ergebnisse vorgestellt.<br />
Installiert wurde diese Anlage am Brückenneubau der Autobahn A2 über den Mittellandkanal bei<br />
Braunschweig-Wenden (Bild 5), wodurch die Belastungsgeschichte von Anfang an aufgezeichnet<br />
werden kann. Es handelt sich um eine Trogbrücke für jede Fahrbahn, bestehend aus Kastenhauptträgern<br />
sowie Querträgern im Verbund mit der Betonfahrbahnplatte. Die gemessenen Fahrzeugge-<br />
Bild 4: Messanlage Bild 5: Autobahnbrücke der A2 bei BS<br />
- 41 -<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
DMS Messpunkt am<br />
Untergurt der QT<br />
linke Spur<br />
mittlere Spur<br />
rechte Spur<br />
Standstreifen<br />
18 m 18 m<br />
Berlin<br />
Hauptträger (HT)<br />
Querträger (QT)<br />
Bild 6: Schematische Brückendraufsicht:<br />
Lage der Messpunkte<br />
- 42 -<br />
wichte und Verteilungen haben durch die<br />
zentrale Lage des Bauwerks Gültigkeit für<br />
eine Vielzahl von Brückenbauwerken im<br />
Zuge der A2. Die Messungen dienen - neben<br />
der Ermittlung der Beanspruchungen an<br />
den kritischen Details - vor allem auch der<br />
Ermittlung des Verkehrsverhaltens. Kenntnisse<br />
über das Verkehrsverhalten sind für<br />
die Beurteilung der Lebensdauer bestehender<br />
Bauwerke von Wichtigkeit, vgl. Abs.<br />
2.2.2.2 d.), die BAB-Brücke bietet für derartige<br />
Messungen hervorragende logistische<br />
Möglichkeiten (Institutsnähe, Zugänglichkeit<br />
etc.)<br />
Neben Dehnungsmessstreifen (DMS) an den kritischen Details wurden je Fahrspur (einschließlich<br />
Standspur) drei Dehnungsmessstreifen an den Untergurten der Querträger im Abstand von 18m<br />
appliziert (Bild 6), um neben den Gewichtsinformationen auch die Geschwindigkeit der Fahrzeuge<br />
ermitteln zu können. Um zuverlässige Ergebnisse zu erhalten, wurde die Messanlage durch Probebelastungen<br />
kalibriert. Die Kalibrierung erfolgte unter Anwendung der Vorgaben der europäischen<br />
weigh-in-motion Projekte WAVE und COST 323 [WAVE <strong>2001</strong>, COST 1999].<br />
Dabei passiert ein Fahrzeug mit bekanntem Gewicht mehrmals die Brücke, wobei entsprechend<br />
dem Verkehrsfluss verschiedene Geschwindigkeiten gefahren werden. Die Richtungsfahrbahnen<br />
werden mit kleinen seitlichen Abweichungen entsprechend des realen Verkehrsaufkommens befahren.<br />
Als Testfahrzeug wurde ein beladener LKW mit 31,05 t Gesamtgewicht genutzt, dessen Achslasten<br />
auf einer kalibrierten Waage exakt ermittelt wurden. Messungen mit weiteren Fahrzeugen<br />
unter laufendem Verkehr stehen noch aus.<br />
Jeder Sensorpunkt wurde zunächst statisch mit der Hinterachse des LKW (19,59 t) belastet. Um die<br />
Abweichungen im Messergebnis infolge verschiedener Geschwindigkeiten des passierenden LKW<br />
zu bestimmen, wurden je Fahrspur minimal 10 Überfahrten bei 80 km/h sowie 64 km/h durchgeführt<br />
(Bild 7). Über ein an die verschiedenen Geschwindigkeiten sowie die statischen Messungen<br />
angepasstes lineares Gleichungssystem, in dem die Messergebnisse aller 4 Sensoren eines Querträgers<br />
berücksichtigt werden, wird das Fahrzeuggewicht bzw. die aktuelle Achslast ermittelt.<br />
Last F in kN<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Messdaten<br />
Hinterachse<br />
-50<br />
-20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20<br />
Abstand Hinterachse zum Querträger in m<br />
Bild 7: Messfahrzeug bei Überfahrt Bild 8: Berechnete Last aus Probebelastungen
Last F in kN<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
Mittelwert Hinterachse:<br />
198 kN � rechnerisches Gesamtgewicht:<br />
316 kN<br />
Mittelwert Vorderache:<br />
Vorderachse:<br />
118 kN<br />
-20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20<br />
Abstand Hinterachse zum Querträger<br />
Bild 9: Achslastermittlung über Einflusslinie aus FEM<br />
Eine entsprechend aus verschiedenen Überfahrten berechnete Einflusslinie für einen Sensorpunkt ist<br />
in Bild 8 dargestellt.<br />
Um auch die Vorderachslast zu ermitteln, wurde anhand eines kalibrierten FE-Modells die Einflusslinie<br />
für die Hinterachse ermittelt. Zieht man diese von der Gesamteinflusslinie aus Bild 8 ab,<br />
ergibt sich die Einflusslinie der Vorderachse, deren Last ebenfalls zuverlässig ermittelt wird (Bild<br />
9).<br />
Die Einflusslinie für das Gesamtfahrzeug in Bild 8 ist dabei charakteristisch für das Messfahrzeug.<br />
Andere LKW, wie z.B. Sattelschlepper, weisen andere Verläufe auf, die ebenfalls charakteristisch<br />
sind. Aus der Form dieser Verläufe lassen sich einzelne Fahrzeugtypen ermitteln.<br />
Die aufgenommenen Gewichtsabweichungen der verschiedenen Überfahrten zur statischen Messung<br />
des Messfahrzeugs dienen zur Einordnung der Messeinrichtung in vorgegebene Genauigkeitsklassen<br />
[COST 1999]. Bei einem Konfidenzniveau von 95% liegt der Toleranzbereich � bei fast<br />
allen Sensorpunkten bei unter 5%. Die Messungen ergaben eine Gewichtsauflösung der Messeinrichtung<br />
von 250 kg. Dementsprechend kann die Messeinrichtung in die Genauigkeitsklasse D+(20)<br />
eingeordnet werden, was nach [COST 1999] ausreichend ist für detaillierte statistische Studien sowie<br />
für Ermüdungsberechnungen. Die Messanlage ist somit auch eine geeignete Grundlage für<br />
weitere statistische Untersuchungen des Verkehrsaufkommens.<br />
2.2.2.2 Ermittlung von Beanspruchungs-Zeitverläufen für die Vergangenheit<br />
Bei bestehenden Bauwerken liegen über die Vergangenheit naturgemäß keine Messergebnisse vor.<br />
In diesem Fall müssen die Beanspruchungen an den kritischen Details zwangsläufig mit Hilfe von<br />
möglichst genauen Modellen ermittelt werden. Hierzu ist zum einen die Kenntnis der globalen Verkehrsstatistik<br />
(Verteilungsdichten der verschiedenen Fahrzeugtypen, ggf. auch zeitabhängig) zum<br />
anderen aber auch das Verkehrsverhalten (z.B. Clusterbildung durch LKWs) nötig. Wie später gezeigt<br />
wird, hat die Berücksichtigung der Clustern einen erheblichen Einfluss auf die Lebensdauer.<br />
Die Verkehrsstatistik muss durch Verkehrsämter etc. bereitgestellt oder geschätzt werden. Es ist<br />
vorgesehen, in der folgenden Antragsperiode in Zusammenarbeit mit Verkehrswissenschaftlern<br />
- 43 -<br />
Messdaten Gesamtfahrzeug<br />
Einflusslinie Hinterachse<br />
aus FEM<br />
Vorderachse rechnerisch<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
hierzu Schätzverfahren zu entwickeln. Die Clusterbildung kann dabei nur aus Messungen heraus<br />
bestimmt werden. Diese müssen entweder am Bauwerk selbst oder an einem Bauwerk, das repräsentativ<br />
in Bezug auf die Verkehrsbelastung und Verteilung der Fahrzeugtypen sowie in Bezug auf<br />
die topographische Situation ist (Staubildung an Steigungen), durchgeführt werden. Die Messungen<br />
werden zwangsläufig in der Gegenwart durchgeführt, die Verwendung dieser Ergebnisse in Bezug<br />
auf Clustereigenschaften der vergangenen Belastungen stellt insofern eine Näherung dar. Wie später<br />
gezeigt wird liegt diese Rückextrapolation aber auf sicherer Seite, da zu erwarten ist, dass die<br />
Clusterbildung heute stärker ist als früher und die Clusterbildung die Lebensdauer verkürzt.<br />
Für die modellhafte Erzeugung von Beanspruchungs-Zeitverläufen müssen die Verteilung der Fahrzeuggewichte,<br />
die Folge der Fahrzeugtypen und die zeitlichen Abständen der Fahrzeugtypen bekannt<br />
sein.<br />
a) Verteilung der Fahrzeuggesamtgewichte<br />
Um die Auswerteverfahren anhand von realistischen Daten zu demonstrieren, werden die Messungen<br />
an der (Vorgänger)-Autobahnbrücke bei Braunschweig zugrundegelegt [MEHDIANPOUR<br />
<strong>2003</strong>]. Die hier betrachteten Fahrzeuggewichte wurden mit Hilfe eines Stabwerksmodells anhand<br />
von Dehnungsmessungen an einem Querträger bestimmt. Diese Gewichte werden ausgezählt und in<br />
einem Histogramm dargestellt (Bild 10). Die diskrete Verteilung lässt sich sehr gut durch die Kombination<br />
von vier Normalverteilungen annähern. Jede Dichteverteilung repräsentiert einen Fahrzeugtyp<br />
im Straßenverkehr. Die Verteilungsfunktion und die kumulative Häufigkeitsfunktion bieten<br />
zusätzlich eine gute grafische Vergleichsmöglichkeit und erlauben mittels Integration eine Kontrolle<br />
der ermittelten Parameter der Normalverteilungen.<br />
Dichte<br />
1<br />
Bild 10: Verteilung der Fahrzeuggewichte, die durch die Kombination<br />
von vier Normalverteilungen angenähert werden<br />
Anhand der Mittelwerte der Verteilungen werden folgende Fahrzeugtypen identifiziert:<br />
1) Motorräder und PKW´s<br />
2) Transporter und leere LKW´s<br />
3) Leichte LKW´s<br />
4) Schwere LKW´s<br />
- 44 -
Um die Cluster-Charakteristik zu erfassen, wird die Zeitreihe der Fahrzeugtypfolgen verwendet.<br />
Die gemessene Gewichts-Zeit-Ereignisfolge muss hierzu derart modifiziert werden, dass die Gewichte<br />
durch die zugehörigen Fahrzeugtypen ersetzt werden können. Jede Belastungsspitze wird<br />
also einem Fahrzeugtyp zugeordnet. Die Dichtefunktionen nach Bild 10, welche die Erwartungswerte<br />
und Standardabweichungen der Gewichte jedes Fahrzeugtyps beschreiben, dienen dabei als<br />
Orientierungshilfe. Die Schwierigkeit, dass z.B. ein Fahrzeug von 28,5 t dem Typ 3 sowie dem Typ<br />
4 zugeordnet werden kann, ist wegen der Überlappung der Dichten offensichtlich. Dieses Problem<br />
wird mit Hilfe der Diskriminanzanalyse gelöst [DEICHSEL et al. 1985].<br />
Die optimale Zuordnungsregel D * (die Zuordnungsregel, deren Fehlzuordnungen am geringsten<br />
sind) lautet hier: Ein Objekt wird der Gruppe zugeordnet, in der die tatsächliche Dichte für dessen<br />
Merkmal am größten ist. Die Zuordnungsregel führt auf drei Trennpunkte auf der Merkmalsachse,<br />
welche die Bereiche der vier Fahrzeugtypen gegeneinander abgrenzen. Die Grenzen verlaufen jeweils<br />
durch die Schnittpunkte der Dichtefunktionen in Bild 10. Danach werden die o.a. Peaks wie<br />
folgt klassifiziert:<br />
� G1 falls 0t�Gewicht � 3,0t<br />
�<br />
* � G2 falls 3,0 t �Gewicht �17,0<br />
t<br />
D � �<br />
� G3 falls 17,0 t �Gewicht �28,5<br />
t<br />
�<br />
�G4<br />
falls 28,5 t �Gewicht �max.<br />
G<br />
Bild 11 zeigt einen Ausschnitt des Ergebnisses der Auswertung. Die gesuchte Zeitreihe von Fahrzeugtypen<br />
ist durch die nummerierten Halbkreise unter dem Signal dargestellt.<br />
N/mm²<br />
10 10<br />
55<br />
00<br />
�t �t �t23 �t31 �t 4<br />
23 �t �t 31 �t �t 4<br />
11 �t �t �t 12 �t �t �t 23 �t �t �t 32 �t �t �t 21 �t �t �t 11<br />
3<br />
2<br />
1<br />
22 33 11 11 22 33 22 11 11<br />
42020 42020 42030 42030 42040 42040 42050 42050 Sekunden Sekunden<br />
b) Verteilung der Zeitlücken zwischen den Fahrzeugen<br />
Wird zur Generierung synthetischer Beanspruchungszeitreihen ein dynamisches Modell des Tragwerks<br />
verwendet (Abschnitt 2.2.2.2 d.)), müssen die Zeitlücken zwischen Fahrzeugen realistisch<br />
berücksichtigt werden, da sie die Bauwerksantwort beeinflussen.<br />
Hierfür wird auf der Grundlage der Zeitreihe der identifizierten Fahrzeuge der zeitliche Abstand<br />
zwischen zwei aufeinanderfolgenden Fahrzeugen registriert und ausgezählt (siehe Bild 11 oben).<br />
- 45 -<br />
Tonnen<br />
28,5<br />
23,3<br />
17,0<br />
11,6<br />
Bild 11: Zuordnung von Fahrzeugtypnummern aufgrund des Gewichts<br />
3,0<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
Erster Fahrzeugstyp<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
Zweiter Fahrzeugstyp<br />
1 2 3 4<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
Die Häufigkeitsverteilungen dieser Abstände können in einer Matrix dargestellt werden. Bei den<br />
vorliegenden vier verschiedenen Fahrzeugtypen ergibt die Anzahl der Variationen V zu 16.<br />
Zur Darstellung der Verteilungen wird in diesem Fall eine 4x4 Matrix verwendet, wobei die Zeilennummer<br />
die Nummer des ersten und die Spaltennummer die Nummer des darauf folgenden<br />
Fahrzeugtyps angibt. In jedem Element beschreibt eine Dichteverteilung die typischen zeitlichen<br />
Abstände zwischen den betrachteten Fahrzeugtypen (Bild 12).<br />
Ein Beispiel zur Veranschaulichung: Bei dem Matrixelement (3;1) handelt es sich um die Verteilung<br />
der Zeitspanne, die verstreicht, bis nach einem Fahrzeug des Typs 3 ein Fahrzeug des Typs 1<br />
auftaucht. Die auffällig niedrigen Modalwerte der Verteilungen in den Elementen (3;1) und (4;1)<br />
zeigen, dass oft Pkw´s dicht hinter Lkw´s auf eine Überholgelegenheit warten. Eine andere Auffälligkeit<br />
sind die relativ hohen Dichten unter den großen Fahrzeugen bei verhältnismäßig geringen<br />
Modalwerten, was als ein Indiz für das geclusterte Auftreten von Lkw´s anzusehen ist.<br />
Bild 13: Verteilungen der Reihenfolgen. Der Abszissenwert kennzeichnet<br />
das dritte Fahrzeug einer Kette aus drei Fahrzeugen.<br />
- 46 -<br />
0.2 0.2<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
0.2 0.2<br />
00<br />
00 10 10 20 20<br />
Bild 12: Dichteverteilungen der Zeitlücken zwischen zwei aufeinander<br />
folgenden Fahrzeugen. Abszissenwert in Sekunden<br />
Erster Fahrzeugstyp<br />
1<br />
2<br />
3<br />
4<br />
0.5 0.5<br />
1 2 3 4<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
Zweiter Fahrzeugstyp<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44<br />
0.5 0.5<br />
00<br />
11 22 33 44
c) Reihenfolgen von Fahrzeugtypen<br />
Zur Untersuchung von typischen Reihenfolgen werden bei der Auswertung hier jeweils drei aufeinanderfolgende<br />
Fahrzeugtypen berücksichtigt. Es wird untersucht, welcher Fahrzeugtyp sich an die<br />
Folge der ersten beiden Fahrzeugtypen anschließt. Auch hier lässt sich das Ergebnis in einer mit<br />
Diagrammen besetzten 4x4 Matrix darstellen, da die Anzahl der Variationen identisch ist (Bild 13).<br />
Die Zeilennummer der Matrix gibt den ersten Fahrzeugtyp an, die Spaltennummer den zweiten. Die<br />
dargestellten Diagramme sind Häufigkeitsverteilungen, bei denen die Abszisse die Typennummer<br />
des dritten Fahrzeugs angibt. Die Diagramme drücken also die Wahrscheinlichkeiten für die Fahrzeuge<br />
aus, die auf eine bestimmte Kombination von Zeilen- und Spaltennummern folgen.<br />
d) Ermittlung synthetischer Beanspruchungs-Zeitreihen für die Vergangenheit<br />
Für die Abschätzung der Restnutzungsdauer bestehender Bauwerke wurde ein Simulationsprogramm<br />
entwickelt, mit dem die Beanspruchungs-Zeit-Verläufe der Vergangenheit wirklichkeitsnah<br />
durch eine statistisch korrekte Folge von Fahrzeugen und durch eine anschließende strukturdynamische<br />
Berechnung generiert werden können. Hierbei wird die Wechselwirkung zwischen Bauwerk<br />
und Fahrzeugen sowie die Fahrbahnrauhigkeit berücksichtigt. Es können beliebig viele Fahrspuren<br />
mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten, unterschiedlichen Fahrtrichtungen sowie Verkehrsparametern<br />
berücksichtigt werden (Bild 14).<br />
Bild 14: Eingabemaske<br />
Simulationsprogramm<br />
Gewicht Gewicht in in Tonnen Tonnen<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Zunächst werden mit Hilfe des Monte-Carlo-Verfahrens, ausgehend von den Fahrzeugtypen, dem<br />
zeitlichen Abstand und der Fahrzeugfolge, synthetische diskrete Lastereignisse erzeugt. Die Entscheidung<br />
für den neu zu generierenden Fahrzeugtyp wird anhand der Verteilungen in der Datenmatrix<br />
aus Bild 13 getroffen. Die Wahl des Matrixelementes, d.h. der zugehörigen Verteilung,<br />
hängt von den beiden zuvor generierten Fahrzeugtypen ab (erster Fahrzeugtyp = Zeilennummer;<br />
zweiter Fahrzeugtyp = Spaltennummer). Somit werden die Reihenfolgen der Fahrzeuge, im vorliegenden<br />
Fall anhand von drei aufeinander folgenden Fahrzeugen, statistisch korrekt berücksichtigt.<br />
Die Gewichte der einzelnen Fahrzeuge werden ebenfalls unter Zugrundelegung der Verteilungen<br />
nach Bild 11 gewählt. Analog wird der zeitliche Abstand zwischen den Fahrzeugen unter Berücksichtigung<br />
der Datenmatrix gemäß Bild 12 festgelegt. Es entsteht eine diskrete Zeitreihe von Lasten<br />
(Bild 15), aus der mittels einer dynamischen Simulationsrechnung synthetische Zeitschriebe der<br />
- 47 -<br />
300 350 400 450 500 550 600<br />
Zeit in Sekunden<br />
Bild 15: Generierte Fahrzeugfolge als Input für das<br />
dynamische Modell einer Straßenbrücke<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
Beanspruchung an den interessierenden Details erzeugt werden können [PEIL et al. <strong>2001</strong>a].<br />
Durch die strukturdynamische Berechnung soll die Wechselwirkung zwischen Bauwerk und Fahrzeugen<br />
berücksichtigt werden. Da sich das System in jedem Zeitschritt verändert, werden die Teilsysteme<br />
Brücke und Verkehr getrennt betrachtet und anschließend iterativ gekoppelt. Die Zeitschritt-Integration<br />
erfolgt dabei für die modal entkoppelten Systemgleichungen des Brückenmodells<br />
unter Ansatz einer Rayleigh-Dämpfung, während bei den stärker gedämpften Fahrzeugmodellen<br />
direkt die physikalischen Koordinaten verwendet werden.<br />
Für einen wesentlichen Teil der entstehenden Schwingungen ist der rauhe Fahrbahnbelag verantwortlich,<br />
der Fahrzeugschwingungen induziert, die wiederum auf das Gesamtsystem einwirken. Der<br />
Rauhigkeitsverlauf kann in Abhängigkeit vom Erhaltungszustand als normalverteilter, stationärer<br />
und ergodischer Zufallsprozess betrachtet und durch ein entsprechendes Leistungsspektrum charakterisiert<br />
werden. In [BRAUN 2002] wird die Exponentialfunktion<br />
�<br />
�������� 0<br />
�<br />
� �<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
0<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�w<br />
zur Beschreibung gemessener Rauhigkeitsspektren vorgeschlagen und Werte für das Unebenheitsmaß<br />
�(�0) sowie die Welligkeit w angegeben, auf denen auch die beispielhafte Darstellung der Unebenheitsspektren<br />
in Bild 16 beruht.<br />
Diskrete Realisationen von Unebenheitsprofilen u(x) bestimmt das Simulationsprogramm nach der<br />
Methode der Fourier-Synthese. Der stochastische Prozess wird als Überlagerung von Kosinus-<br />
Funktionen mit zufälliger Phase �i angenähert<br />
N<br />
� � i i i<br />
i�<br />
1<br />
,<br />
�x� û cos��x�<br />
�<br />
u �<br />
deren Amplituden ûi das gewählte Spektrum zugrunde liegt :<br />
i<br />
i<br />
� �<br />
û � 2�<br />
�� � � �<br />
i<br />
Das Unebenheitsprofil (Bild 17) erstreckt sich in der Simulation noch auf einer gewissen Wegstrecke<br />
vor der Brücke, um einen eingeschwungenen Zustand der Fahrzeuge beim Auffahren auf das<br />
Bauwerk sicherzustellen.<br />
Spektrale Leistungsdichte der<br />
Unebenheiten in cm³<br />
1000<br />
100<br />
10<br />
1<br />
0.1<br />
0.01<br />
Asphalt – sehr guter Zustand<br />
Asphalt – guter Zustand<br />
Beton – mittlerer Zustand<br />
Beton – guter Zustand<br />
Beton – sehr guter Zustand<br />
Asphalt – mittlerer<br />
Zustand<br />
0.001<br />
0.1 0.2 0.4 1 2 4 10 20<br />
Wegkreisfrequenz in 1/m<br />
Rauhigkeit in cm<br />
- 48 -<br />
2<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
-2<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 x in m<br />
2<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
-2<br />
2<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
-2<br />
Asphalt - mittlerer Zustand<br />
Asphalt - guter Zustand<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 x in m<br />
Asphalt - sehr guter Zustand<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 x in m<br />
Bild 16: Unebenheitsspektren Bild 17: Generiertes Straßenprofil
Bauwerk<br />
FE – Modell<br />
Mode 1 Mode 3 Mode 5<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
m<br />
m 2<br />
35 36 37 38 39<br />
m<br />
Um die iterative Zeitschrittberechnung durchführen zu können, wird vorab für ein Finite-Element-<br />
Modell des Brückenbauwerkes eine Modalanalyse durchgeführt (im vorliegenden Fall wurde dafür<br />
das Programm ANSYS verwendet) und die resultierenden Eigenfrequenzen und Eigenformen im<br />
interessierenden Frequenzbereich von 0 bis 20 Hz als Eingangsdaten an das Simulationsprogramm<br />
übergeben (Bild 18).<br />
Die verschiedenen Fahrzeugtypen werden als gedämpfte Zweimassenschwinger für jede Fahrzeugachse<br />
modelliert (Bild 19). Eine Radmasse wird gegen den Untergrund durch die Reifenfeder abgefedert,<br />
deren Steifigkeit die Reifensubtangente bei der statischen Auflast darstellt. Die zweite Masse<br />
beinhaltet den anteiligen Fahrzeugaufbau einschließlich der Nutzlast. Die beiden Massen sind durch<br />
Feder und viskosen Dämpfer verbunden. Das Simulationsprogramm wählt alle Parameter zufällig<br />
anhand der Literatur entnommener Richtwerte.<br />
Der iterative Lösungsprozess wird wie folgt durchgeführt: Die Koordinaten aller auf der Brücke<br />
befindlichen Fahrzeuge werden um die zur Zeitschrittlänge korrespondierende Wegstrecke aktualisiert.<br />
Gemäß den generierten Fahrzeugabständen werden ggf. neue Objekte erzeugt bzw. von der<br />
Brücke gefahrene entfernt. Die Koordinaten und Interaktionskräfte aus dem vorangegangenen Zeitschritt<br />
dienen als Startwerte der Iteration. Die Transformation der physikalischen Interaktionskräfte<br />
liefert den modalen Lastvektor für eine Lösung der Bewegungsgleichungen des Brückenmodells.<br />
Durch entsprechende Rücktransformation der Lösung und Addition der Rauhigkeitswerte des Belags<br />
ergeben sich die vertikalen Koordinaten der Kontaktpunkte der Fahrzeugmodelle.<br />
Damit kann eine Berechnung aller Fahrzeugmodelle durchgeführt werden, in deren Verlauf ein<br />
neuer Vektor der Interaktionskräfte aufgebaut wird. Diese aktualisierten Kontaktkräfte erfordern<br />
eine Neuberechnung des Brückenmodells, weshalb die Iteration mit Schritt 3 fortsetzt wird. Diese<br />
Schleife wird beendet, wenn die L2-Norm des Interaktionskraft-Vektors unter eine definierte Toleranzschwelle<br />
fällt. Bei angemessener Zeitschrittwahl werden nur wenige Iterationen benötigt.<br />
Anhand der gespeicherten Lösungen dieser Iteration werden in einer Nachlaufrechnung beliebige<br />
Zeitreihen von Spannungen oder Schnittgrößen auf der Basis einer Rücktransformation in physikalische<br />
Koordinaten ermittelt werden. Damit sind die Beanspruchungen der Vergangenheit rekonstruiert.<br />
- 49 -<br />
m 2<br />
m 1<br />
m 1<br />
2<br />
Linkes Rad<br />
Rechtes Rad<br />
Bild 19: Brücke mit Eigenformen Bild 20: Zweimassensysteme der Räder<br />
Bild 18: Brücke mit Eigenformen Bild 19: Zweimassensysteme der Räder<br />
2<br />
-1<br />
-2<br />
0<br />
0<br />
2<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
-2<br />
0<br />
2<br />
1<br />
cm<br />
cm<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
2.2.3 Statistische Auswertung der Messdaten<br />
2.2.3.1 Allgemeine Vorgehensweise<br />
Der Beanspruchungs-Zeitverlauf, der auf das kritische Detail in der Prüfmaschine aufgebracht wird<br />
muss alle wesentlichen Eigenschaften der Originalbeanspruchungen enthalten. So müssen die statistischen<br />
Kennwerte, die Clustereigenschaften und der erwartete Trend der Originalbeanspruchung<br />
mit denen des Ersatz-Beanspruchungs-Zeitverlaufs übereinstimmen (Abs. 2.1.2)<br />
Ziel der Datenauswertung ist die Gewinnung dieser statistischen Informationen aus den Messschrieben<br />
zur Rekonstruktion des Belastungsszenarios des Bauwerks durch eine synthetische Beanspruchungszeitreihe.<br />
Dabei sind neben den Häufigkeiten und Größen auch die Reihenfolgen der<br />
Lasten von Interesse.<br />
Die entwickelten und programmtechnisch umgesetzten Auswerteroutinen extrahieren aus den<br />
Messschrieben folgende Informationen:<br />
� Clustermatrix<br />
� Matrix der Übergänge<br />
� Zeitreihen von identifizierten Fahrzeugtypen<br />
� Matrix der Zeitlücken zwischen Fahrzeugtypen<br />
� Matrix der Auseinanderfolge von Fahrzeugtypen und<br />
� Matrix der Aufeinanderfolge von Umkehrpunkten<br />
Zu Vergleichszwecken wurden außerdem Routinen programmiert, welche die Auswertung von Beanspruchungszeitreihen<br />
nach der Rainflow-Methode und eine Schadensberechnung nach Eurocode<br />
3 ermöglichen.<br />
Je nach dem Anwendungsfall neues oder bestehendes Bauwerk, werden die oben genannten Informationen<br />
allein oder kombiniert zur Generierung der synthetischen Beanspruchungszeitreihen eingesetzt.<br />
Für die Auswertung muss die gemessene Beanspruchungs-Zeit-Funktion zunächst aufbereitet<br />
werden. Zur Identifizierung der Hysteresen als Maß für schädigende Ereignisse werden die<br />
Umkehrpunkte gesucht. Zur Datenreduktion werden kleine, nicht schadensrelevante Peaks eliminiert<br />
sowie die Informationen über den zeitlichen Verlauf der Belastung vernachlässigt. Die aufbereiteten<br />
Beanspruchungszeitreihen werden u.a. mit Hilfe der Methode der Cluster- und Diskriminanzanalyse<br />
untersucht. Ziel der Clusteranalyse ist dabei das Auffinden von Klassen und deren Heterogenität.<br />
Die zu untersuchenden Objekte werden durch einen Merkmalsvektor beschrieben. Anschließend<br />
kann eine Zusammenfassung ähnlicher Objekte unter Berücksichtigung ihrer Merkmale<br />
erfolgen, wodurch Cluster erkannt werden. Bei der Diskriminanzanalyse bestehen im Gegensatz zur<br />
Clusteranalyse bereits vorgegebene Gruppen. Sie wird benutzt, um Gruppenunterschiede hinsichtlich<br />
einer Mehrzahl von Merkmalen zu untersuchen und die Eignung von Merkmalen zur Unterscheidung<br />
zwischen den Gruppen festzustellen.<br />
2.2.4 Ermittlung synthetischer Beanspruchungs-Zeitreihen für die Probenbelastung<br />
Bei neuen Bauwerken beinhalten die gemessenen Beanspruchungszeitreihen bereits die Bauwerksantwort<br />
und alle weiteren erforderlichen statistischen Informationen für das betrachtete kritische<br />
Detail. Somit kann der synthetische Zeitschrieb nach dem erkannten Muster der Umkehrpunkte der<br />
Messschriebe generiert werden.<br />
- 50 -
(Ziel-) Klasse<br />
(Ziel-) Klasse<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
gemessene<br />
Umkehrpunktfolge<br />
7 7 7<br />
6<br />
Ergebnis der Auszählung für die Sequenz 2 - 5 - 2<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
synthetische<br />
Umkehrpunktfolge<br />
5<br />
5<br />
3<br />
Zur richtigen Erfassung und Berücksichtigung dieser Umkehrpunktfolgen wurden verschiedene<br />
Generierungsalgorithmen entworfen [MEHDIANPOUR <strong>2003</strong>]. Dabei wurden in einem ersten<br />
Schritt spezielle Generierungsmethoden auf Grundlage von Übergangsmatrizen entwickelt, die im<br />
einfachsten Fall den Übergang von einer auf die folgende (Gewichts-) Klasse berücksichtigen.<br />
Mehrstufige Übergangsmatrizen wurden angewendet, um auch Folgen berücksichtigen zu können,<br />
die sich über mehrere Umkehrpunkte von dem aktuell zu wählenden Punkt erstrecken, wodurch<br />
auch Cluster wie z.B. LKW-Kolonnen oder typische Folgen einer Zugüberfahrt besser wiedergeben<br />
zu können. Es werden also nicht nur die Markovschen Übergangshäufigkeiten zwischen dem aktuell<br />
zu generierenden Umkehrpunkt und dem unmittelbar davor liegenden Umkehrpunkt betrachtet,<br />
sondern auch die Übergangshäufigkeiten weiter zurückliegender Punkte.<br />
Als beste Möglichkeit hat sich die Generierung mit Hilfe des sog. Snake-Algorithmus erwiesen, der<br />
ursprünglich in der Bilderkennung eingesetzt wird. Mit Snake wird dabei eine Kurve bezeichnet,<br />
die durch mehrere Stützpunkte definiert wird. Die zu erkennenden Kanten des Objektes werden<br />
dadurch erfasst, dass sich diese Kurve iterativ über die Umkehrpunkte der Zeitschriebe spannt. Es<br />
wird zunächst dazu verwendet, ein bestimmtes Muster an jeder Stelle der gemessenen Umkehrpunkte<br />
wieder zu finden, um für dessen richtige Fortsetzung eine Statistik aufzustellen. Daneben<br />
wird der Algorithmus auch während der Generierung der synthetischen Zeitreihen eingesetzt, um<br />
das aktuelle Muster am Ende der Umkehrpunkte zu erfassen und für die Fortsetzung die entsprechende,<br />
aus dem Messschrieb bestimmte Statistik zugrunde zu legen (Bild 20). Die Sequenzlänge<br />
des Snake-Algorithmus kann dabei beliebig gewählt werden.<br />
Die drei genannten Generierungsmethoden wurden in ein benutzerfreundliches Programm integriert<br />
(Bild 21), mit dem die statistische Ähnlichkeit zwischen einer als ´statistische Vorlage´ dienenden<br />
gemessenen Folge und der synthetischen Folge untersucht werden kann. Die Ähnlichkeit wird entweder<br />
nach dem Kriterium der besten Clustermatrix oder der besten Kollektivform bestimmt. Bei<br />
der Auswahl nach bester Clustermatrix wird die Summe der betragsmäßigen Differenzen der sich<br />
entsprechenden Matrixelemente der Clustermatrizen der gemessenen Folge und der generierten<br />
- 51 -<br />
2<br />
4 4 4<br />
Ziel 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15<br />
Häufigkeit 1 3 2 1 3<br />
5<br />
?<br />
Übergangswahrschein-<br />
lichkeit<br />
Pin %<br />
30 %<br />
20 %<br />
10 %<br />
7<br />
5<br />
3<br />
lfd. Nr.<br />
Bild 20: Prinzip der Generierungsmethode mit Hilfe des ´Snake´-Algorithmus<br />
(Ziel-) Klasse<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
Bild 21: Oberfläche des Generierungsprogramms<br />
Cluster-Form<br />
Folge als Verschiedenheitsmaß festgelegt, bei der Auswahl nach bester Kollektivform wird die<br />
Summe der betragsmäßigen Differenzen der Schwingspiele der sich entsprechenden Kollektivstufen<br />
als Verschiedenheitsmaß betrachtet.<br />
Ein Vergleich zwischen den drei Methoden zeigt einen deutlichen Vorteil der Generierung mit Hilfe<br />
des vorgestellten Snake-Algorithmus, der schon nach 10 Iterationen bessere Ergebnisse liefert als<br />
die Methode unter Ansatz von Übergangsmatrizen nach 1000 Iterationen.<br />
Die Notwendigkeit der Berücksichtigung der Clustereffekte zeigte sich in einer Versuchsreihe, bei<br />
der gekerbte Rundproben (Bild 22) verschiedenen Beanspruchungstypen unterworfen wurden. Als<br />
Beanspruchungstypen wurde zum einen eine gemessene Zeitreihe verwendet, die mit daraus synthetisch<br />
generierten Zeitreihen verglichen wurde. Die synthetisch generierten Zeitreihen wurden<br />
dabei mit und ohne Berücksichtigung von Clustereffekten generiert, d.h. die Lastpeaks wurden zum<br />
einen zufällig über der Zeit verteilt, zum anderen mit dem Snake-Algorithmus geclustert.<br />
Die mit Hilfe des Snake-Algorithmus generierten Zeitreihe Syn_1 wurde nach der besten Clustermatrix,<br />
die Zeitreihe Syn_2 nach der besten Kollektivform bestimmt. Die damit im Versuch ermit-<br />
Überlebenswahrscheinlichkeit in %<br />
Überlebenswahrscheinlichkeit<br />
99<br />
98<br />
95<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
5<br />
Syn_3<br />
Syn_2<br />
Syn_1<br />
99,99% KONF<br />
Messschrieb<br />
99,99% KONF<br />
Syn_2<br />
- 52 -<br />
99,99% KONF<br />
Syn_1<br />
200 200<br />
30 30<br />
50 50<br />
Ø14<br />
Ø19<br />
M 19X1,5<br />
60° 60°<br />
R0.2886 R0.2886<br />
1.0<br />
Bild 22: Probengeometrie<br />
2<br />
Messschrieb<br />
1<br />
10000 100000 1E+06 1E+07<br />
Nrev<br />
Lastwechselzahl N rev<br />
99,99% KONF<br />
Syn_3<br />
Bild 23: Zufallsstreubereiche der Ausgleichsgeraden der einzelnen<br />
Versuchsreihen, aufgetragen im logarithmischen Wahrscheinlichkeitsnetz
telten Lebensdauern zeigten (erwartungsgemäß) eine sehr gute Übereinstimmung mit den Ergebnissen<br />
unter Verwendung der gemessenen Ausgangs-Zeitreihe. Die synthetische Zeitreihe Syn_3 dagegen,<br />
generiert lediglich auf der Basis von Übergangsmatrizen, also ohne Berücksichtigung der<br />
Reihenfolgeeffekte, zeigte bei Ermüdungsversuchen an den Rundproben eine um 50 % höhere Lebensdauer<br />
als bei Verwendung des Originalschriebs. Die Aussagewahrscheinlichkeit dieser Versuchsergebnisse<br />
liegt bei 99,99%, die Abweichung des Mittelwertes ist nicht zufällig (Bild 23).<br />
2.2.5 Ermüdungsversuche an Ersatzbauwerken und Proben<br />
Die im ersten <strong>Arbeitsbericht</strong> [PEIL et al. 2000c] beschriebenen Versuche an Ersatzbauwerken und<br />
Vergleichsproben am Detailpunkt Stegfenster wurden zur statistischen Absicherung des hier vorgestellten<br />
Verfahrens fortgeführt. Es wurden neben einer Versuchsreihe im Lastwechselzahlbereich<br />
von 10 4 bis 10 5 speziell im HCF-Bereich weitere Versuche sowohl mit einstufigen Sinusverläufen<br />
verschiedener Lastamplituden als auch einer 16 stufigen Randombeanspruchung, entwickelt aus der<br />
Messung an der Autobahnbrücke der A2 über den Mittellandkanal (s.o.), durchgeführt. Dabei wurden<br />
für die Untersuchungen zum Systemtragverhalten auch Risswachstumsmessungen an den<br />
Fensterecken durchgeführt.<br />
Bild 24 fasst das Ergebnis der diesbezüglichen Untersuchungen aus insgesamt 47 Trägerversuchen<br />
(Ersatzbauwerke) und 91 Vergleichsproben anschaulich zusammen. Darin sind die Mittelwerte der<br />
Anrisslastwechselzahlen der realen (Ersatz)bauwerksdetails über der Abszisse aufgetragen, die zugehörigen<br />
Prognosen aus Versuchen an Proben über die Ordinate. Gleiche Werte der Lebensdauer<br />
der Ersatzbauwerke und die der zugehörigen Proben liegen damit auf der Winkelhalbierenden. Wegen<br />
der großen Unterschiede der Lastwechelzahlen (10³ bis 10 8 ) wurde eine logarithmische Darstellung<br />
gewählt. Jeder Versuchsreihe liegen bis zu 14 Einzelversuche sowohl für die Ersatzbauwerke<br />
als auch für die Proben zugrunde. Zu jedem Mittelwert N50% ist das 95%-Konfidenzintervall<br />
dargestellt. Man erkennt, dass die Anrisslastwechselzahlen der Proben gut mit denen des Bauwer-<br />
P R O B E bzw. R E C H N U N G<br />
1,E+08<br />
1,E+07<br />
1,E+06<br />
1,E+05<br />
1,E+04<br />
1,E+03<br />
LCF<br />
F<br />
t<br />
1,E+02<br />
1,E+02 1,E+03 1,E+04 1,E+05 1,E+06 1,E+07 1,E+08<br />
( E R S A T Z ) B A U W E R K<br />
F<br />
t<br />
HCF<br />
Bild 24: Ergebnis der Lebensdauervorhersagen<br />
- 53 -<br />
F<br />
t<br />
Kerbdetail<br />
N Anriss<br />
Experiment<br />
N Anriss<br />
Kerbgrundkonzept<br />
Durchläufer<br />
95% KONF<br />
N 50%<br />
L E G E N D E<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
kes übereinstimmen, d.h. das Verfahren hat bisher die Erwartungen gut erfüllt. Die noch vorhandenen<br />
Abweichungen sind auf zum Teil noch geringe Versuchszahlen zurückzuführen. Es wird vermutet,<br />
dass sich diese Abweichungen durch weitere Einzelversuchsergebnisse reduziert werden.<br />
Die Ergebnisse der rechnerischen Ermittlung der Anrisslebensdauer nach dem Kerbgrundkonzept<br />
weisen Abweichungen von den Versuchsergebnissen auf, die etwa eine Größenordnung ungünstiger<br />
sind. Hierbei ist zu beachten, dass bei der Anwendung des Kerbgrundkonzeptes bereits von den<br />
gemessenen Beanspruchungszeitreihen ausgegangen wurde, die sonst noch hinzukommenden Ungenauigkeiten<br />
des Last- und des Systemmodells sind also bereits eliminiert.<br />
Die manuelle Fertigung der 4-Lagen MAG-V Schweißnähte im Untergurt der Ersatzbauwerke<br />
(siehe Bild 3) und den Vergleichsproben wurden dabei im Rahmen der Zusammenarbeit am Institut<br />
für Füge- und Schweißtechnik (TP B4) vorgenommen. Die Ergebnisse für die Vergleichsproben der<br />
Schweißnaht in Bild 24 wurden vom TP B4 zur Verfügung gestellt [LACHMANN 2002].<br />
2.2.6 Systemtragverhalten<br />
Das bisherige Vorgehen verwendet als Grenzzustand das Auftreten des ersten Risses. Hiermit ist<br />
natürlich keine Aussage über das Gesamtbauwerksversagen zu treffen. Aus diesem Grund wird für<br />
die folgenden Untersuchungen die Grenzzustandsdefinition erweitert. Grenzzustand ist nun nicht<br />
mehr der erste Anriss, sondern das Erreichen der Traglast des Bauwerks (oder eines wesentlichen<br />
Teils davon). Da die entstehenden Risse hierbei zwangsläufig weiter wachsen, treten bei (innerlich<br />
und äußerlich) statisch unbestimmten Systemen Spannungsumlagerungen auf, hierdurch kommt es<br />
unter Umständen zu einem Wechsel der vorab bestimmten Schwachstellen. Es müssen ggf. neue<br />
Schwachstellen überwacht werden.<br />
Das systematische Vorgehen zur Untersuchung des Systemtragverhaltens ist in Bild 25 dargestellt.<br />
Grundlage bildet das oben beschriebene Verfahren zur Auffindung des ersten Anrissortes in Zusammenarbeit<br />
mit TP A1. Zur theoretischen Prognose des nächsten Anrissortes und –zeitpunktes<br />
wird anschließend an den als kritisch erkannten Punkten ein Anfangsriss in das FE-Netz eingefügt.<br />
Nach Berechnung und bruchmechanischer Auswertung durch Betrachtung des Spannungszustandes<br />
an der Rissspitze wird die Rissverlängerung in Abhängigkeit der vorgegebenen Lastwechselzahlen<br />
bestimmt. Das System wird infolge der Rissverlängerung neu vernetzt und die Berechnung erneut<br />
durchgeführt. Dieses schrittweise Vorgehen zur Simulation des Risswachstums ist durch selbst erstellte<br />
Routinen in ANSYS weitgehend automatisiert. Spannungsumlagerungen durch das schrittweise<br />
Risswachstum können erkannt werden. Das lokale Anwachsen von Spannungen an anderen<br />
Orten deutet auf eine neue Schwachstelle hin. Der Versagenpfad wird in Zusammenarbeit mit dem<br />
TP A1 probabilistisch bewertet. Eine Ermittlung des Sicherheitsindexes für die unterschiedlichen<br />
Pfade ergibt schließlich den Versagenspfad mit dem geringsten Sicherheitsindex. Dieser<br />
Versagenspfad wird messtechnisch überwacht.<br />
Durch die im Betrieb des Bauwerks parallel durchgeführten Untersuchungen an den Vergleichsproben<br />
erhält man für die Anrisslastwechselspielzahlen korrigierte Ergebnisse, die in die Untersuchungen<br />
zu den Versagenspfaden eingearbeitet werden. Durch den so im Vergleich zur Ursprungsberechnung<br />
nach dem Kerbgrundkonzept geänderten Beginn des Risswachstums kommt es zu anderen<br />
Schadenszuwächsen an den untersuchten Punkten, es kann zu einem Wechsel der Versagenspfade<br />
kommen. Es erfolgt also eine adaptive Anpassung und Zuschärfung des Vorhersagemodells an das<br />
Ermüdungsverhalten des Tragwerks. Der Spannungszuwachs an den kritischen Punkten muss dabei<br />
auch an den entsprechenden Vergleichsproben in der Prüfmaschine berücksichtigt werden. Dies<br />
erfolgt über eine schrittweise Trendanpassung im synthetischen Zeitschrieb (s. Bild 1).<br />
- 54 -
Ermittlung 1. Anrissort<br />
Anriss-Zeitpunkt<br />
Einprägen Risses<br />
im Ursprungs-FE-Netz<br />
FE-Analyse<br />
Bruchmechanische<br />
Auswertung<br />
Rissverlängerung<br />
(in neue Richtung)<br />
Kritische<br />
Spannungszunahme<br />
an anderem Ort?<br />
Anriss-Zeitpunkt<br />
nach Kerbgrundkonzept<br />
Versagenspfadanalyse<br />
Sicherheitsindex<br />
Update FE-Netz mit<br />
neuem Riss<br />
nein<br />
Neuvernetzung<br />
Für erste Untersuchungen des Systemtragverhaltens wurden Risswachstumsrechnungen am Ersatzbauwerk<br />
durchgeführt. Dabei wurde in der linken unteren Ecke eines Stegfensters, dem Punkt des<br />
ersten Anrisses, ein Ursprungsriss mit einer Anfangslänge von 10 mm vorgegeben. Mit der in AN-<br />
SYS selbst programmierten Berechnungsroutine erfolgte die Simulation mit der linear-elastischen<br />
Bruchmechanik (LEBM). Als Risswachstumsinkrement wurden 5 mm vorgegeben und jeweils die<br />
für diesen Risszuwachs benötigte Lastwechselzahl ermittelt. Die Endrisslänge war hier 70 mm. Bild<br />
26 zeigt den Spannungszuwachs der Hook´schen Spannungen �H in der gegenüberliegenden, nicht<br />
gerissenen rechten oberen Fensterecke, aufgetragen über der Lastwechselzahl N. Zusätzlich ist der<br />
Zuwachs der Schädigung S nach dem Kerbgrundkonzept aufgetragen. Die Schädigungen wachsen<br />
dort überproportional an, der nächste Anriss im Tragwerk wird so mit wachsender Risslänge zunehmend<br />
wahrscheinlicher.<br />
- 55 -<br />
TP A1<br />
Grenzustand erreicht<br />
Monitoring<br />
an kritischen Details des<br />
Versagenspfades<br />
TP A1<br />
Bild 25: Vorgehen bei der probabilistischen Bestimmung der kritischen Details<br />
���<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
Hook´sche Spannungen in N/mm²<br />
425<br />
400<br />
375<br />
350<br />
325<br />
300<br />
275<br />
250<br />
Spannungen in rechter,<br />
oberer Fensterecke<br />
Schädigung in rechter,<br />
oberer Fensterecke<br />
50000 100000 1.5E+05 2E+05 2.5E+05 3E+05<br />
Lastwechsel N<br />
Bild 26: Ergebnis Risswachtumsrechnungen<br />
an Ersatzbauwerk II mit F=140 kN<br />
Derartige Untersuchungen sollen in der nächsten Förderperiode mit mehreren Rissen im Tragwerk,<br />
d.h. im Ersatzbauwerk und mit realen Bauwerken weitergeführt werden. Durch eine Einbindung<br />
dieser Berechnungen in Versagenspfadbetrachtungen kann der wahrscheinlichste Punkt des nächsten<br />
Anrisses im Tragwerk bestimmt werden. Die Programmierung einer Routine zur Berechnung<br />
der Schädigung nach dem Kerbgrundkonzept für jedes FE-Element auf Grundlage der Ergebnisdateien<br />
von ANSYS ist bereits erfolgt, so dass hier die Anbindung zum Programm PROBILAS von<br />
TP A1 erfolgen kann.<br />
Gleichzeitig wurden Untersuchungen zum realen Risswachstum an Ersatzbauwerk II mit den in<br />
[PEIL et al. 2000c] beschriebenen Kupferdrahtsensoren durchgeführt. Hier treten noch Abweichungen<br />
auf, die durch die derzeitige Verwendung der LEBM zu erklären sind. Um das Systemtragverhalten<br />
auch bei solchen auftretenden Rissschließeffekten zutreffend simulieren zu können, ist die<br />
Anwendung der elastisch-plastischen Bruchmechanik mit Berücksichtigung von Rissschließeffekten<br />
vorgesehen.<br />
2.3 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen Öffentlichkeit<br />
auf die eigenen Arbeiten<br />
Auf vielen Konferenzen stellt die Frage nach einer zuverlässigen Ermittlung der Restlebensdauer<br />
bestehender Bauwerke einen wichtigen Schwerpunkt der vorgestellten Kongressbeiträge dar. Einige<br />
Autoren greifen dabei bei den Berechnungen der Lebensdauer ebenfalls auf gemessene Beanspruchungen<br />
zurück. Diese Messungen erstrecken sich jedoch häufig nur auf wenige Tage bzw. mehrere<br />
kurze Intervalle im Jahr [MOHAMMADI <strong>2001</strong>]. Des Weiteren werden oftmals Schädigungsmodelle<br />
wie z.B. die Schadensakkumulationshypothese von Palmgren-Miner verwendet [DEMPSEY<br />
et al. 2000, YAMADA et al. 2000]. Der im vorliegenden Bericht gezeigte Einfluss von Clustereffekten<br />
auf die Lebensdauer lässt sich damit nicht erfassen. Auch Änderungen in der Belastungsentwicklung<br />
lassen sich durch Kurzzeitmessungen nur unzureichend abdecken.<br />
Versuche an ganzen Tragwerksteilen alter Brücken wurden z.B. von [HELMERICH et al. 2002]<br />
und [BRANDES 1994] durchgeführt. Für die Vorhersage der Lebensdauer ist hier die geringe Anzahl<br />
an Versuchen als ungünstig einzustufen, da eine fundierte statistische Absicherung durch die<br />
geringe Anzahl an Versuchen nicht möglich ist.<br />
- 56 -<br />
0.6<br />
0.55<br />
0.5<br />
0.45<br />
0.4<br />
Schädigung S
2.4 Offene Fragen<br />
Die grundsätzliche Machbarkeit des vorgestellten Verfahrens wurde gezeigt, die Anwendung auf<br />
neue und alte Bauwerke ist konzipiert und kann erprobt werden. Bei den noch notwendigen Untersuchungen<br />
wird unterschieden zwischen weiteren Absicherungsversuchen im Labor mit Ersatzbauwerken<br />
und Vergleichsproben sowie theoretischer Untersuchungen zur Weiterentwicklung der<br />
Methodik. Die Fragen werden im Fortsetzungsantrag genauer behandelt.<br />
a) Weitere Absicherungsversuche<br />
� Bisher sind nur drei Typen von Last-Zeitverläufen untersucht worden: harmonische Belastung,<br />
harmonische Dreiecksbelastung und eine Random-Belastung. Wie wirken sich Breitbandprozesse,<br />
im Grenzfall ein weißes Rauschen, auf das Ergebnis aus?<br />
� Weitere Kerbdetails sollen untersucht werden: Bisher wurden die Fensterecke im Steg sowie<br />
die Schweißnaht im Untergurt untersucht. In der nächsten Periode sollen weitere Details wie<br />
z.B. die Lasteinleitungssteifen an den Ersatzbauwerken untersucht werden. Hier liegen die Versuchergebnisse<br />
der Ersatzbauwerke vor, Untersuchungen an Vergleichsproben stehen noch aus.<br />
� Im mittleren Lastwechselzahlbereich von 10 4 bis 10 5 wurde bisher nur eine Versuchsreihe<br />
durchgeführt, hier sollen ergänzende Versuche durchgeführt werden.<br />
� Wie wirken sich die hohen Frequenzen bei Versuchszeitverkürzungen bei hohen<br />
Beanspruchungsamplituden mit großen plastischen Dehnungen aus?<br />
� Wie wirken sich andere Baustahlsorten oder Chargen auf das Ergebnis aus?<br />
� Wie ist die Zuverlässigkeit des Verfahrens bei Verwendung alter Stähle, wie sie bei bereits<br />
bestehenden Bauwerken vorkommen?<br />
b) Allgemeine Fragen<br />
� An welchen Stellen muss gemonitored werden? Diese Frage ist bei Tragwerken mit einem<br />
ausgeglichenen Sicherheitsniveau aus reiner Anschauung nicht zu beantworten. Eine vollständige<br />
Schwachstellenanalyse auf probabilistischer Basis ist „von Hand“ - auch mit Computerunterstützung<br />
- aufwendig. Über eine Kopplung zwischen dem FE-Programm ANSYS und dem<br />
vom TP A1 entwickelten Programm PROBILAS soll die Schwachstellenanalyse automatisiert<br />
werden.<br />
� Durch örtliche Anrisse kommt es infolge Risswachstum bei innerlich statisch unbestimmten<br />
Systemen zu Spannungsumlagerungen. Dies führt zu anderen kritischen Punkten, die gemonitored<br />
werden müssen. Wie sind diese zuverlässig zu bestimmen? Wie werden Spannungsumlagerungen<br />
an den Vergleichsproben simuliert? Wie ist die Lebensdauer des Gesamtbauwerkes?<br />
� Beanspruchungs-Zeitverläufe liegen bei bestehenden Bauwerken für die Vergangenheit nicht<br />
vor. Wie kann man dennoch zu hinreichend genauen Ergebnissen kommen?<br />
� Große Detailpunkte wie z.B. Fachwerkknoten können nicht vollständig geprüft werden, wie<br />
kann hier vorgegangen werden? Wie müssen die Vergleichsproben aussehen?<br />
� Wie können Eigenspannungszustände, die am Bauwerk auftreten, im Zuge der Tests mit den<br />
Vergleichsproben berücksichtigt werden?<br />
- 57 -<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
2.5 Literatur<br />
BRANDES, K.,1994: Experimentelle Absicherung von Untersuchungen zur Restnutzungsdauer<br />
älterer Stahlbrücken, Stahlbau 63 (1994), 9, 273-278<br />
BRAUN, H., 2002: Untersuchungen über Fahrbahnunebenheiten. Dissertation, TU-Braunschweig<br />
COST 1999: Final Report of the COST 323 Project: Weigh-in-Motion of Road Vehicles. 1999. European<br />
Commission's Transport Directorate<br />
DEICHSEL, G., TRAMPISCH, H.J., 1985: Clusteranalyse und Diskriminanzanalyse. Gustav-Fischer<br />
Verlag, Stuttgart 1985<br />
DEMPSEY, A.T., KEOGH, D.L., JACOB, B., 2000: Orthotropic Steel Bridges: Management Tools<br />
for Live Load and Fatigue Assessment, 4 th International Conf. On Bridge Management, Guildford/<br />
Surrey 2000<br />
HELMERICH, R., BRANDES, K., 2002: Ermüdungsversuche an Fachwerkträgern der Berliner U-<br />
Bahn-Linie U1, Stahlbau 71 (2002), 11, 789-797<br />
LACHMANN, C., 2002: Einfluß von Eigenspannungsabbau und mikrostrukturellen Veränderungen<br />
auf die Lebensdauervorhersage schwingbeanspruchter Schweißverbindungen. Dissertation<br />
TU-Braunschweig 2002<br />
MOHAMMADI, J., <strong>2001</strong>: Input Data Requirements for Fatigue Reliability Analysis of Aging<br />
Structures, Proc. of the <strong>2001</strong> Structures Congress & Exposition, Washingtion D.C. <strong>2001</strong><br />
PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., 1999: Life Cycle Prediction via Monitoring. Structural Health<br />
Monitoring (Ed. Chang, F.-K.), Stanford 1999, S. 723-730.<br />
PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., FRENZ, M., 2000c: Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten<br />
Bauwerken durch Monitoring und begleitende Versuche. <strong>Arbeitsbericht</strong> des<br />
Teilprojektes B3 des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, Braunschweig 2000<br />
PEIL, U., NÖLLE, H., 1994: On Fatigue of Guyed Masts due to Wind Load. Structural Safety &<br />
Reliability (Ed. Schueller & Yao). Rotterdam, Baalkema 1994.<br />
REPPERMUND, K., 1984: Probabilistischer Betriebsfestigkeitsnachweis unter Berücksichtigung<br />
eines progressiven Dauerfestigkeitsabfalls mit zunehmender Schädigung. Dissertation<br />
Hochschule der Bundeswehr, Neubiberg 1984.<br />
SCHÜTZ, W., 1994: Fatigue Life Prediction by Calculation: Facts and Fantasies. Structural Safety<br />
& Reliability (Ed. Schueller & Yao). Rotterdam, Baalkema 1994, S. 1125-1131.<br />
WAVE <strong>2001</strong>: General Report: Weigh-in-motion of Road Vehicles for Europe. 4 th Framework Programme<br />
Transport, EU, <strong>2001</strong><br />
YAMADA, K., OJIO,S., K., and ITHO, K. 2000: Structural Behaviour and Rehabilitation of Fatigue<br />
Cracked Box Girder Bridge, 4 th International Conf. On Bridge Management, Guildford/<br />
Surrey 2000<br />
- 58 -
2.6 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />
Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahre<br />
a) Kongressveröffentlichungen<br />
DEUS, E.P., PEIL, U., 2000. A Fracture Mechanic Model applied to Steel Bridge Inspection. Proc.<br />
55th Con. Brazilian Assoc. Metallurgy and Materials. 2000,<br />
DEUS, E.P., VENTURINI, W.S., PEIL, U. 2002: An Inspection System to identify Fatigue Damage<br />
on Steel Bridge Structures. Journ. Brazil. Soc. Mech. Science 76, Vol. XXIV, 2002, 76-81.<br />
PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., 2000 a: Fatigue Prediction of bridges by monitoring and parallel<br />
testing. Proc. Conf. Bridge Management, Univ. Surrey, 2000.<br />
PEIL, U., MEHDIANPOUR, M. 2000 b: Fatigue Life Prediction of Steel Structures via Monitoring<br />
and Testing. Proc.Int.Workshop "The Present and the Future in Health Monit.Weimar 2000<br />
PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., SCHARFF, R., <strong>2001</strong> a: Life Time Assessment of Existing Bridges.<br />
Proc. 3rd Int. Workshop on Struct. Health Monitoring. Stanford Univ., Palo Alto <strong>2001</strong>, 365-<br />
383.<br />
PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., FRENZ, M., <strong>2001</strong> b: Life Cycle Prediction of Steel Structures via<br />
Monitoring and Testing in Parallel. 2nd Int. Conf. Struct. Eng. Washington <strong>2001</strong>,<br />
RUFF, D., PEIL,U., 2002 a: Fatigue of Bracings, Proceedings of the IABSE-Symposium 2002, S.<br />
262-263 (abstract) – vollständiger Artikel auf CD – ISBN 3-85748-107-2, IABSE, ETH<br />
Hönggerberg, Schweiz.<br />
PEIL,U., BEHRENS, M., NAHRATH, N., 2002 d: Dynamic Response of Slender Structures under<br />
Wind Load. Proc. EuroDyn 2002.<br />
PEIL,U., MEHDIANPOUR, M., SCHARFF, R., 2002 e: Life Time Assessment of Existing<br />
Bridges. EuroDyn 2002.<br />
PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., SCHARFF, R., FRENZ, M. 2002 f: Life Time Assessment of Existing<br />
Bridges. Proceedings of the First European Workshop: Structural Health Monitoring<br />
2002 (ed: BALAGEAS, D.), Paris , pp 999-1006<br />
PEIL, U., BEHRENS, M., <strong>2003</strong> b: Aerodynamic Admittance and Full Scale Measurements. 11th.<br />
Int. Conf. Wind Engineering <strong>2003</strong> (ICWE <strong>2003</strong>), Lubbock Texas.<br />
PEIL, U., NAHRATH, N., DREYER, O., <strong>2003</strong> c: Modelling Of Rain-Wind Induced Vibrations.<br />
11th. Int. Conf. Wind Engineering, <strong>2003</strong> (ICWE <strong>2003</strong>), Lubbock Texas.<br />
PEIL, U., FRENZ, M., HOSSER, D., DEHNE, M., <strong>2003</strong> d: Life Time Estimation of Steel Structures<br />
and Assessment of critical Details. Int. Conf. Struct. Faults and Repair, London.<br />
PEIL, U., NAHRATH, N., <strong>2003</strong> e: Modelling of Rain-Wind induced Vibrations. Wind & Structures<br />
<strong>2003</strong>.<br />
PEIL, U., <strong>2003</strong> h: Lebensdauervorhersage bei stählernen Konstruktionen - wie geht man vor?<br />
Deutsches Ingenieurblatt, September <strong>2003</strong>.<br />
PEIL, U., <strong>2003</strong> i: Life Time Prolongation of Civil Engineering Structures via Monitoring. Proc. 4st<br />
Int. Workshop on Struct. Health Monitoring. Stanford Univ., Palo Alto, <strong>2003</strong><br />
- 59 -<br />
B3<br />
Peil
B3<br />
Peil<br />
b.) Bücher und Zeitschriften<br />
PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., FRENZ, M., <strong>2001</strong> c: Fatigue Prediction of Steel Structures by<br />
means of Monitoring and Testing. In: Life-Cycle Cost Analysis and Design of Civil Infrastructue<br />
Systems. Ed. M. Frangopol, H. Furuta. ASCE <strong>2001</strong>, 222-238.<br />
PEIL, U., RUFF, D., <strong>2001</strong> d: Ermüdung von Windverbänden. In: VDI-Berichte Nr.1599, <strong>2001</strong>, S.<br />
313-320, ISBN 3-18-081599-4.<br />
PEIL, U., MEHDIANPOUR, M., FRENZ, M., SCHARFF, R., 2002 b: Zuverlässige Lebensdauerbestimmung<br />
mit Hilfe von Monitoring. Stahlbau 2002. Heft 2.<br />
PEIL, U., BEHRENS, M., 2002 c: Fatigue of tubular steel lighting columns under wind load. Wind<br />
& Structures, Vol 5, No. 5 2002, 463-478.<br />
PEIL, U., <strong>2003</strong> a: Lebensdauerermittlung ermüdungsbeanspruchter Bauwerke. In: Der Prüfingenieur,<br />
Heft 1, <strong>2003</strong>.<br />
BÖTTCHER, C., REINIGHAUS, M., PEIL, U., <strong>2003</strong>: Einfluss der Beanspruchungsgeschwindigkeit<br />
auf das mechanische Verhalten von Baustahl. Erscheint Stahlbau <strong>2003</strong>.<br />
PEIL, U. <strong>2003</strong> f: Lebensdauerverlängerung von Bauwerken mit Hilfe von Bauwerksüberwachung.<br />
Bautechnik. Erscheint im September.<br />
c.) Dissertationen<br />
BÖTTCHER, C, 2002: Geschwindigkeitssensivität des mechanischen Verhaltens unlegierter Baustähle<br />
bei wiederholter Beanspruchung bis in den inelastischen Bereich – experimentelle<br />
Untersuchung und Modellierung, Dissertation TU-Braunschweig 2002, VDI-Verlag.<br />
MEHDIANPOUR, M., <strong>2003</strong>: Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten Stahltragwerken<br />
mit Hilfe von Monitoring und begleitenden Versuchen. Dissertation TU-Braunschweig<br />
<strong>2003</strong><br />
- 60 -
- 61 -<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
Restlebensdauervorhersage für Schweißverbindungen an Stahlkonstruktionen<br />
und Maßnahmen zur kontrollierten Nutzungsausweitung<br />
Prof. a.D. Dr.-Ing. H. Wohlfahrt, Prof. Dr.-Ing. K. Dilger,<br />
Dr.-Ing. Th. Nitschke-Pagel, Dipl.-Ing. M. Bruns<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
Das Ermüdungsverhalten von Schweißkonstruktionen hängt von lokalen Besonderheiten im Nahtbereich<br />
wie der Nahtgeometrie, den veränderten Werkstoffeigenschaften und vorhandenen<br />
Schweißeigenspannungen ab, so dass sich Schweißnähte oft als versagensrelevante Schwachstellen<br />
herausstellen können. Der Schädigungsprozess unter zyklischer Beanspruchung beginnt schon in<br />
der anrissfreien Phase mit inhomogenen Plastizierungen, die z.B. mit Änderungen der Versetzungsdichte<br />
bzw. der Versetzungsanordnung verbunden sein können. Der ursprüngliche Eigenspannungszustand<br />
kann dabei ebenfalls verändert werden. Für eine Bauwerksüberwachung mit dem Ziel der<br />
möglichst frühzeitigen Erkennung zum Versagen führender Ermüdungsschädigungen liegen somit<br />
Indikatoren vor, die sich mit unterschiedlichen Messmethoden verfolgen lassen. Der Schwerpunkt<br />
dieses Teilprojektes ist die zielgerichtete Entwicklung von Anwendungsmöglichkeiten des mikromagnetischen<br />
Verfahrens (3MA – Verfahren), um mittels zerstörungsfreier Messungen den Schädigungszustand<br />
von Schweißverbindungen an Bauwerken einschätzen und somit eine adaptive Lebensdauervorhersage<br />
vornehmen zu können.<br />
Hierzu wurden in der ersten Förderperiode (1998 bis 2000) Grundlagenuntersuchungen an quasistatisch<br />
sowie zyklisch beanspruchten Schweißsimulationsproben mit unterschiedlichen Gefügezuständen,<br />
wie sie für eine Schweißnaht und die angrenzende Wärmeeinflusszone repräsentativ sind,<br />
durchgeführt. Durch die Erfassung mehrerer magnetischer Kenngrößen, die sowohl vom Last- bzw.<br />
Eigenspannungszustand als auch vom Gefügezustand abhängig sind, konnte an schwingbeanspruchten<br />
Simulations- und Schweißproben gezeigt werden, dass das magnetische Verfahren zum<br />
Erkennen von Werkstoffveränderungen in der anrissfreien Phase grundsätzlich geeignet ist. Durch<br />
parallele röntgenographische Eigenspannungsmessungen und Interferenzlinienprofilanalysen in<br />
Beanspruchungspausen, konnte ein direkter Zusammenhang mit den Änderungen der magnetischen<br />
Messgrößen hergestellt werden. Am Ersatzbauwerk „Tremolo“ (B3, Peil) konnte der Zeitpunkt der<br />
Makrorissbildung im Nahtübergang der geprüften Schweißnaht anhand der Änderung der magnetischen<br />
Kenngrößen eindeutig bestimmt werden. Der dabei gefundene Hinweis auf einen Zusammenhang<br />
zwischen Risstiefe und magnetischen Kenngrößen führte zu dem Schritt, mit eingehenderen<br />
Untersuchungen im Rissfortschrittsstadium zu beginnen.<br />
In Kooperation mit den Teilprojekten B3 (Peil) und C3 (Peters) wurde die Anrissbildung und der<br />
Rissfortschritt am Radius einer Aussparung des Ersatzbauwerkes ohne vorhandene Schweißnaht<br />
untersucht. Der Vergleich der mit dem Mehrkomponenten-Dehnungsaufnehmer (C3, Peters) erfassten<br />
Änderung des Spannungszustandes sowie der mittels aufgeklebter Spulendrähte (B3, Peil)<br />
gemessenen Risslänge mit der Änderung der Überlagerungspermeabilität zeigte, dass diese magnetische<br />
Kenngröße im Rissfortschrittsstadium ebenfalls als ermüdungsrelevanter Indikator verwendet
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
werden kann. Von diesen Ergebnissen am Grundwerkstoff ausgehend, wurden die Untersuchungen<br />
der Anrissbildung und des Rissfortschritts auf Schweißproben ausgeweitet.<br />
Aufbauend auf den im ersten Förderzeitraum erarbeiteten Ergebnissen sollte vor allem geprüft werden,<br />
ob die magnetischen Messgrößen in ein Modell zur Lebensdauervorhersage eingearbeitet werden<br />
können, und ob auch eine Übertragung von Ergebnissen an Labor- bzw. Schweißsimulationsproben<br />
auf das Ersatzbauwerk möglich ist.<br />
2.2 Angewendete Methoden<br />
Da aus früheren Untersuchungen bereits bekannt war, dass die magnetischen Kenngrößen sowohl<br />
von der Mikrostruktur als auch vom Last- bzw. Eigenspannungszustand abhängen, wurde die Strategie<br />
verfolgt, durch Untersuchungen an Simulationsproben die Gefügeabhängigkeit der Messgrößen<br />
zu berücksichtigen. Die dabei erarbeiteten Erkenntnisse wurden dann im nächsten Schritt an<br />
Laborproben mit einer unter gleichen Bedingungen wie im Ersatzbauwerk hergestellten Schweißnaht<br />
überprüft, und ergänzend wurde die angewendete Mess- und Auswertemethodik bei parallelen<br />
Untersuchungen am Ersatzbauwerk (Walzprofil IPE500, S355J2G3, mit typischen Konstruktionsdetails<br />
wie Stegaussparungen, Versteifungen, Schweißnaht, TP B3 und C3) angewendet.<br />
Die Herstellung der Schweißsimulationsproben erfolgte in einer modifizierten Widerstandschweiß-<br />
DMS (B3)<br />
B4<br />
4-Lagen MAG-V-Naht<br />
3MA-Sensor (Manipulatorgeführt)<br />
Schweißsimulationsprobe<br />
�Untersuchung der Abhängigkeit<br />
der ZfP-Überwachungsgrößen<br />
von<br />
�Belastungszustand<br />
�Gefügezustand<br />
�Verfestigungsmechanismen<br />
�Werkstoffkennwerte<br />
�Kalibrieren der ZfP-Messgrößen<br />
Ersatzbauwerk „Tremolo“<br />
500<br />
Zerstörungsfreie Prüfverfahren<br />
Bild 1 Versuchskörper.<br />
anlage, bei der durch eine geregelte konduktive Widerstandserwärmung in Kombination mit einer<br />
geregelten Abkühlung im gesamten Prüfquerschnitt ein Erwärmungs- und Abkühlungszyklus nachgefahren<br />
werden konnte, wie er zuvor während des Schweißens in den verschiedenen Zonen der<br />
WEZ gemessen worden war. Auf diese Weise konnte in den verschiedenen Proben ein Gefüge erzeugt<br />
werden, das den verschiedenen Bereichen der WEZ entsprach und die Möglichkeit zur<br />
- 62 -<br />
3200<br />
F(t)<br />
B4<br />
Geschweißte Laborprobe<br />
Riß<br />
B3<br />
C3<br />
Gezielte Untersuchung lokaler<br />
Einflussgrößen auf das<br />
Ermüdungsverhalten<br />
� Nahtgeometrie<br />
� Schweißeigenspannungen<br />
� Werkstoffeigenschaften
- 63 -<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
Kalibrierung der magnetischen Messgrößen an diesen Proben gab. Einzelheiten der simulierten<br />
Temperaturzyklen sind Tabelle 1 zu entnehmen.<br />
Schweißung Werkstoffzustand<br />
MAG-DV<br />
MAG-V<br />
(manuell)<br />
Tmax [°C] (t8/5 [s])<br />
1. Zyklus 2. Zyklus<br />
Härte<br />
[HV 1]<br />
Rp0,2 bzw. ReH<br />
[MPa]<br />
WEZ-Decklage-grob 1240 (13) - 350 500<br />
WEZ-Gegenlage-grob 1240 (13) 800 (11) 220 360<br />
WEZ-Gegenlage-fein 1000 (11) 600 190 510<br />
WEZ-grob (Mod. I) 800+600 (15) 1240 (62) 210 500<br />
WEZ-grob (Mod. II) 1240 (62) - 220 465<br />
WEZ-fein 1000 (62) - 180 480<br />
Grundwerkstoff - - 190 380<br />
Tabelle 1 Verfahrensparameter und Werkstoffeigenschaften der schweißsimulierten Proben und des<br />
Grundwerkstoffs.<br />
Die Schweißnaht im Ersatzbauwerk wurde jeweils nach dem Durchtrennen des Gurtes quer zur<br />
Trägerlängsachse und einer entsprechenden Aussparung am angrenzenden Steg als vierlagige<br />
MAG-V-Naht manuell hergestellt. Vor der Erstbelastung wurden die Eigenspannungskomponenten<br />
quer und längs zur Beanspruchungsrichtung entlang einer über die Schweißnaht in<br />
Trägerlängsrichtung gelegten Spur röntgenographisch ermittelt. Die Biegebeanspruchung des<br />
Einfeldträgers durch eine mittig aufgebrachte schwellende Einzellast führte in der Schweißnaht<br />
näherungsweise zu einer Zugschwellbeanspruchung im Gurtblech und in der Schweißnaht in<br />
Querrichtung. Anhand von Dehnungsmessungen und FEM-Berechnungen wurden die tatsächlichen<br />
Beanspruchungen am Ersatzbauwerk festgestellt, so dass diese auf Versuche an Laborproben<br />
übertragen werden konnten. Aufgeklebte Spulendrähte im Nahtübergangsbereich der<br />
Schweißverbindung dienten zur Risserkennung. Die magnetischen Messungen wurden regelmäßig<br />
nach bestimmten Lastwechselintervallen sowie nach Erkennen eines Anrisses durch die<br />
Widerstandsänderung beim Durchtrennen der Spulendrähte durchgeführt.<br />
Die Prüfung der mit vergleichbaren Parametern geschweißten Querstumpfnahtproben erfolgte in<br />
einer servohydraulischen 400 kN Prüfmaschine unter Beanspruchungsbedingungen, die denen des<br />
Gurtblechs des Ersatzbauwerks entsprachen. Auch an diesen Proben wurden kontinuierlich die<br />
ermüdungsbedingten Veränderungen magnetischer Parameter durch Messungen in<br />
Belastungspausen erfasst. Aus den Versuchen an einer hinreichenden Zahl von Schweißproben<br />
wurden die zugehörigen Wöhlerlinien berechnet und mit den Ergebnissen der Schwingversuche am<br />
Ersatzbauwerk verglichen. Die Versuchsergebnisse lieferten zudem eine Vergleichsbasis zur<br />
Anwendung verschiedener Berechnungsansätze zur Lebensdauervorhersage.<br />
2.3 Eingesetzte Messverfahren<br />
Die Bestimmung des Schädigungszustandes der Schweißverbindungen und die Vorhersage der<br />
Lebensdauer stützt sich auf Ergebnisse unterschiedlicher, überwiegend zerstörungsfreier<br />
Messverfahren.
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
Als zentrales Verfahren zur kontinuierlichen Überwachung des Werkstoffzustandes in den<br />
Simulationsproben, den Schweißproben und dem Ersatzbauwerk wurde die Mikromagnetische<br />
Multiparameter Mikrostruktur- und Spannungsanalyse (3MA-Verfahren) eingesetzt. Das Verfahren<br />
beruht auf dem Prinzip, dass magnetostriktive Werkstoffe wie Eisen, Cobalt und Nickel bei lokalen<br />
elastischen Formänderungen Veränderungen der magnetischen Eigenschaften in mikroskopischen<br />
Bereichen erfahren. Dies führt zu charakteristischen Veränderungen der Magnetisierungsparameter<br />
bei Anlegen eines magnetischen Wechselfeldes. Die Form der Magnetisierungshysterese hängt<br />
daher vom lokalen Spannungszustand, aber auch von der Mikrostruktur des Werkstoffes ab. Das für<br />
die laufenden Arbeiten eingesetzte Gerät verfügte über zwei Messmodule - Barkhausenrauschen<br />
und Überlagerungspermeabilität - und konnte um ein weiteres Analysiermodul Oberwellenanalyse<br />
ergänzt werden, so dass insgesamt 9 Kenngrößen zur Verfügung stehen. Im Modul<br />
Barkhausenrauschen kann die spannungsabhängige maximale Barkhausenrauschamplitude Mmax,<br />
die vor allem gefügeabhängige Koerzitivfeldstärke Hcm sowie abgeleitete Kennwerte wie die Fläche<br />
AMH, die Halbwertsbreite SWMH und die Integralbreite IBMH der Magnetisierungskurve erfasst<br />
werden (Bild 2a). Weitere Kenngrößen sind die Überlagerungspermeabilität ��max und deren<br />
Induktion B<br />
a)<br />
Barkhausen-<br />
Rauschkurve<br />
M �� f (H)<br />
Feldstärke H<br />
SW SWMH MH<br />
H cm<br />
A MH<br />
Hysterese<br />
M Mmax max<br />
Bild 2 Kenngrößen des 3MA-Verfahrens;<br />
a) Modul Barkhausenrauschen<br />
b) Modul Überlagerungspermeabilität<br />
c) Modul Oberwellenanalyse.<br />
Rauschamplitude M<br />
Feldstärke Hcµ (Bild 2b) sowie die Oberwellenanalyse im Zeitsignal der magnetischen<br />
Tangentialfeldstärke, aus der der Klirrfaktor k und die zugehörige Feldstärke Hco hervorgeht (Bild<br />
2c).<br />
Der Versuch, den Änderungen der 3MA-Kenngrößen einzelne Werkstoffkennwerte bzw.<br />
Beanspruchungszustände zuzuordnen, war ohne Kalibrierung auf die entsprechende Zielgröße<br />
bisher nicht erfolgreich. Da die mikromagnetischen Messwerte miteinander in Wechselwirkung<br />
stehen, waren und sind hierzu systematische Untersuchungen erforderlich. Die unmittelbare<br />
Korrelation der magnetischen Kenngrößen mit spezifischen Werkstoffkennwerten oder den<br />
- 64 -<br />
Induktion B<br />
b)<br />
c)<br />
Oberwelle<br />
�� �max �max<br />
H Hc� c�<br />
Feldstärke H<br />
H H co<br />
�H �B<br />
�H �B<br />
Hysterese<br />
k ��<br />
��<br />
~<br />
A<br />
�� � � =�B/�H =�B/�H<br />
2<br />
3<br />
~<br />
��<br />
��<br />
A<br />
~<br />
A<br />
2<br />
5<br />
2<br />
1<br />
~<br />
��<br />
��<br />
A<br />
A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />
~<br />
A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />
~<br />
A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />
~<br />
A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />
~ A Kompl. Fourierkoeff. der i-ten Harmonischen<br />
~<br />
i<br />
Zeit t<br />
Zeitsignal der<br />
Koerzitivfeldstärke<br />
2<br />
7<br />
Überlagerungspermeabilität �� ��<br />
Feldstärke H t
- 65 -<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
unterschiedlichen Stadien des Ermüdungsvorganges einer Schweißverbindung ist bislang nur<br />
empirisch gelungen. Hierzu wird eine lineare Regressionsrechnung benötigt, in der die<br />
magnetischen Parameter zu berücksichtigen sind, die eine signifikante Veränderung (affin zur<br />
Veränderung der Zielgröße) aufweisen. Mit dem so erstellten Regressionspolynom lässt sich die<br />
entsprechende Zielgröße (Gl. 1) aus den zerstörungsfrei ermittelten Kennwerten berechnen.<br />
Zielgröße<br />
!<br />
� a + b · Hcm + c · Mmax + d · HC� + e · ��max + f · AMH + g · IBMH + h · k + i · HCO<br />
Bei einer Gegenüberstellung der berechneten Soll-Werte mit den Ist-Werten aus einer<br />
Kalibriermessung (Lastspannungen), einer Beobachtung (Anriss, Lebensdauer) oder einem weiteren<br />
zerstörungsfreien Referenzverfahren (z.B. der röntgenographisch bestimmten Versetzungsdichte),<br />
lässt sich die Vorhersagegenauigkeit und Zuverlässigkeit aus der Abweichung von der 45°-Soll-<br />
Geraden bestimmen (s. Bild 8 bis 10 Abs. 2.4.1). Die Verwendung aller magnetischen Kenngrößen<br />
für eine Multi-Parameteranalyse hat sich bei der Restlebensdauervorhersage als effektiv erwiesen,<br />
da bei einer Ermüdungsbeanspruchung oft sowohl von Veränderungen des<br />
Eigenspannungszustandes als auch der Mikrostruktur ausgegangen werden kann und sämtliche<br />
magnetischen Messgrößen sowohl vom Gefüge- als auch vom Spannungszustand abhängig sind. Es<br />
kann in anderen Fällen jedoch auch vorteilhaft sein, für die Multiparameteranalyse nur einzelne<br />
ausgewählte Kenngrößen zu verwenden, da Kalibriermessungen zeigten, dass z. B. die maximale<br />
Barkhausenrauschamplitude Mmax primär in Korrelation mit Last- bzw. Eigenspannungen steht, die<br />
Koerzitivfeldstärke hingegen besonders sensitiv auf Gefügeänderungen reagiert.<br />
Als Vergleichsbasis für die magnetischen Messungen dienten röntgenographische<br />
Eigenspannungsmessungen (sin 2 �� - Verfahren) in der Schweißnaht und deren Umgebung im<br />
Ausgangszustand und in Beanspruchungspausen nach unterschiedlichen Beanspruchungszyklen.<br />
Zur Charakterisierung der Mikrostruktur wurden neben den üblichen metallographischen<br />
Untersuchungen und Härtemessungen Röntgeninterferenzlinienprofilanalysen mit einem<br />
Einlinienverfahren (Einlinien-Voigt-Verfahren nach [DELHEZ 1982]) durchgeführt und anhand der<br />
korrigierten Halbwertsbreiten- und Integralbreitenmessungen die mikrostrukturellen Parameter<br />
Kohärenzlänge, mittleres Verzerrungsquadrat und Versetzungsdichte berechnet. Auf diese Weise<br />
konnte eine kontinuierliche Beobachtung dieser Parameter über die gesamte Lebensdauer erreicht<br />
werden. Die dabei erhaltenen Ergebnisse (Versetzungsdichte) wurden stichprobenartig anhand von<br />
transmissionselektronenmikroskopischen Untersuchungen überprüft.<br />
Die zuverlässige Voraussage des Ausgangsortes eines Ermüdungsrisses und die exakte<br />
Beschreibung der lokalen Beanspruchungsverhältnisse an kritischen Stellen mit entsprechender<br />
Kerbschärfe (Kerbwirkung) nach dem Strukturspannungskonzept oder dem Kerbgrundkonzept setzt<br />
die vollständige flächenhafte Erfassung der Nahtgeometrie voraus. Zur Beschreibung des<br />
tatsächlichen örtlichen Beanspruchungszustandes anhand der für die Kerbwirkung verantwortlichen<br />
geometrischen Verhältnisse ist die Qualität, also Umfang und Genauigkeit, der Erfassung aller<br />
Kerbdetails von entscheidender Bedeutung. Mit Hilfe eines Lasertriangulationssensors und eines<br />
rechnergesteuerten x-y-Positioniertisches gelang mit einer eigens entwickelten Auswertesoftware<br />
eine erhebliche Verbesserung der flächenhaften Ermittlung der Nahtgeometrieparameter. Die<br />
ermüdungsrelevante Oberflächenstruktur kann jetzt mit hoher Genauigkeit in kurzer Zeit<br />
dreidimensional erfasst und eine Berechnung von Nahtanstiegswinkel, Kerbradius und<br />
Nahtüberhöhung (Bild 3) vorgenommen werden. Auf den Umbau dieser Anlage zur mobilen<br />
(1)
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
Messung an Schweißnähten eines Bauwerks wurde verzichtet. Vielmehr zeigte sich, dass durch das<br />
Abscannen eines Negativabdruckes der entsprechenden Schweißnaht ein ausreichend genaues Bild<br />
entsteht.<br />
Bild 3 Nahtprofil und berechnete Parameter.<br />
Zur Rissfortschrittsmessung mittels mikromagnetischer Verfahren war die Anwendung eines<br />
zerstörungsfreien Referenzverfahrens zur Kalibrierung erforderlich. Hierzu konnte an<br />
Schweißsimulationsproben die Gleichstrompotentialmethode erfolgreich angewendet werden, um<br />
die Phase des stabilen Rissfortschritts zu verfolgen. In diesem Zusammenhang wurden außerdem<br />
Rissfortschrittsfolien eingesetzt, die eine Ermittlung der Risstiefe in 0,25 mm Schritten über die<br />
Widerstandsänderung infolge des Durchtrennens einzelner Drähte ermöglichten.<br />
2.4 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
Im folgenden werden zum einen detaillierte Ergebnisse von grundsätzlichen Untersuchungen an<br />
schweißsimulierten Proben und an geschweißten Proben vorgestellt, mit denen geklärt werden<br />
konnte,<br />
� über welche für den Werkstoff- bzw. Ermüdungszustand des Werkstoffs typische Kenngrößen die<br />
ermittelten mikromechanischen und röntgenographischen Messgrößen eindeutig Aufschluss<br />
geben können und<br />
� in welcher Weise diese Messgrößen grundsätzlich für eine Restlebensdauerabschätzung einsetzbar<br />
sind.<br />
Zum anderen lässt sich zeigen, dass die aufbereiteten Messgrößen erfolgversprechend für eine<br />
Lebensdauervorhersage herangezogen werden können. Hierzu sind allerdings weitere vertiefende<br />
Arbeiten notwendig.<br />
2.4.1 Kalibrierung der magnetischen Messgrößen<br />
Die Zunahme der plastischen Dehnungsamplitude bei der Wechselverformung von Stählen mit<br />
konstanter Spannungsamplitude wird allgemein als zyklische Entfestigung bezeichnet, obwohl die<br />
besonders bei relativ weichen Ausgangszuständen zu beobachtende Zunahme der<br />
Versetzungsdichte zu einer Erhöhung der Fließspannung, d. h. zu einer Verfestigung des<br />
Werkstoffes führt. Den Zusammenhang zwischen einer Versetzungsdichtezunahme und einer<br />
- 66 -<br />
b<br />
�<br />
h<br />
t<br />
t *<br />
b = Nahtbreite<br />
h = Nahtüberhöhung<br />
r = Makrokerbradius,<br />
Nahtübergangsradius<br />
r' = Mikrokerbradius<br />
� = Nahtanstiegswinkel<br />
t = Blechdicke<br />
t * = Einbrandkerbtiefe
� f [MPa]<br />
� [cm -2 ]<br />
�� m [-]<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
10 10<br />
10 9<br />
0.020<br />
0.015<br />
0.010<br />
0.005<br />
0.000<br />
Schweißsimulationsgefüge<br />
10 -1<br />
10 0<br />
Feinkorn, 220 HV<br />
Grobkorn, 220 HV<br />
Feinkorn, 190 HV<br />
8.0x10 4<br />
10 0<br />
10 1<br />
10 1<br />
Grundwerkstoff, 190 HV<br />
Grobkorn, 210 HV<br />
1.0x10 5<br />
� 1/2 [cm -1 ]<br />
Schweißsimulierte Gefüge<br />
Grobkorn, Decklage (350 HV)<br />
Grobkorn, Gegenlage (220 HV)<br />
Grundwerkstoff<br />
10 2<br />
10 2<br />
10 3<br />
10 3<br />
Grobkorn (350 HV)<br />
Grobkorn (220 HV)<br />
Grundwerkstoff<br />
N [-]<br />
1.2x10 5<br />
10 4<br />
10 4<br />
1.4x10 5<br />
Bild 4 Fließspannung ��f schweißsimulierter<br />
Gefügezustände über der Wurzel der<br />
Versetzungsdichte � (Profilanalyse nach dem<br />
Einlinien-Voigt-Verfahren).<br />
10 5<br />
10 5<br />
Bild 5 Verlauf der röntgenographisch abgeschätzten<br />
Versetzungsdichte mit der Lastspielzahl im<br />
Vergleich zur akkumulierten relativen<br />
Mitteldehnung ��m schweißsimulierter<br />
Wärmeeinflusszonengefüge.<br />
- 67 -<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
Fließspannungserhöhung wird durch die<br />
von [MECKING 1981] angegebene<br />
Proportionalität ~ � � � �<br />
� � (1)<br />
f<br />
beschrieben und in einem von [WEISS<br />
1987] vorgestellten „Fatigue-Monitoring“-<br />
Verfahren zur Beurteilung des<br />
Ermüdungsverhaltens auf der Grundlage<br />
von Versetzungsdichtebestimmungen aus<br />
der Verbreiterung von Röntgeninterferenzlinien<br />
herangezogen.<br />
Bild 4 zeigt die nach dem vorgestellten<br />
Ansatz berechnete Fließspannungserhöhung<br />
bei den untersuchten Schweißsimulationsproben<br />
mit unter schiedlichen<br />
Gefügezuständen. Die ten denziell gegenüber<br />
dem Grundwerkstoff größere Fließspannungszunahme<br />
in den Simulationsgefügen,<br />
ist mit der wegen der feinkörnigen<br />
bainitischen Struktur und der feinverteilten<br />
Karbide größeren Behinderung der<br />
Versetzungsbewegung in diesen Gefügen zu<br />
erklären. In Bild 5 sind die über der Lastspielzahl<br />
in verschiedenen Gefügen<br />
bestimmten Versetzungsdichten den gemessenen<br />
Mitteldehnungen gegenübergestellt.<br />
Merkliche Ver änderungen der<br />
Versetzungsdichte sind vor allem während<br />
des ersten Lastwechsels zu verzeichnen,<br />
insbesondere im Grundwerkstoff aufgrund<br />
einer Streckgrenzenüberschreitung. Im<br />
weiteren Beanspruchungsverlauf bleibt die<br />
Versetzungsdichte bei allen Gefügemodifikationen<br />
zunächst relativ konstant.<br />
Im weichen Grundwerkstoff sowie in<br />
geringerem Maße auch in der angelassenen<br />
Grobkornzone ist nach ca. 100 bzw. 1000<br />
Lastwechseln ein zunehmender Anstieg der<br />
Mitteldehnungen, d.h. ein zyklisches<br />
Kriechen zu beobachten. Zum gleichen<br />
Zeitpunkt steigen auch die Versetzungsdichten<br />
tendenziell an. Relativ hohe<br />
plastische Dehnungsamplituden zwischen<br />
1�10 -4 und 3�10 -4 bewirken zunehmende<br />
0
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
� [cm -2 ]<br />
2x10 10<br />
10 10<br />
9x10 9<br />
8x10 9<br />
7x10 9<br />
Schweißsimulationsgefüge<br />
Grobkorn, 350 HV<br />
(� o = 550 MPa, N A = 1.07x10 5 )<br />
Grobkorn, 220 HV<br />
(� o = 550 MPa, N A = 6.65x10 4 )<br />
Grundwerkstoff<br />
(190 HV, � o = 500 MPa, N A = 5.80x10 3 )<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
N/N [-] A<br />
Bild 6 Verlauf der röntgenographisch abgeschätzten<br />
Versetzungsdichte über der auf die Anrisslastspielzahl<br />
NA bezogene Lastspielzahl N.<br />
- 68 -<br />
Wechselplastizierungen und damit<br />
kommt es zu nachweisbaren Änderungen<br />
in der Versetzungsstruktur und -<br />
dichte.<br />
Als eine mit den Mikroeigenspannungen<br />
zusammenhängende<br />
Kenngröße, kann die Veränderung der<br />
Versetzungsdichte somit einen<br />
wichtigen Hinweis auf eine mögliche<br />
Wechselwirkung zwischen Eigenspannungsstabilität,<br />
Mikrostruktur und<br />
Lebensdauer darstellen und damit als<br />
Indikator für den Ermüdungszustand<br />
herangezogen werden.<br />
Eine Bestätigung finden diese<br />
Ergebnisse beim Vergleich mit Schrifttumsangaben.<br />
Ein nahezu linearer<br />
Anstieg der Versetzungsdichte über der<br />
Lastspielzahl, wie in Bild 6 für die<br />
Grobkornmodifikation geringerer Härte<br />
und für den Grundwerkstoff dargestellt, wurde auch von [WEISS 1987] beschrieben. Hier war die<br />
Versetzungsdichtezunahme mit steigender Lastspielzahl im weicheren Gefüge wesentlich<br />
ausgeprägter. Entscheidend hierfür ist das Ausmaß der zyklischen Plastizierungen und die damit<br />
verbundene Anrisslastspielzahl. In der härteren Grobkornmodifikation der Decklage mit einer<br />
anfänglichen Versetzungsdichte um 2�10 10 cm �2 tritt eine vergleichbare kontinuierliche Zunahme<br />
nicht auf. Bis zur halben Anrisslastspielzahl 0.5 NA ist ein leichter Anstieg und danach bis zum<br />
Anriss eine Verringerung von � in gleichem Ausmaß zu beobachten. Dieser Zusammenhang lässt<br />
sich mit Ergebnissen aus Wechselverformungsversuchen an vergüteten Proben des Stahls 42CrMo4<br />
von [EIFLER 1985] erläutern. Dort wurde gezeigt, dass vergütete Gefügezustände (450 HV) durch<br />
eine quasielastische Inkubationsphase gekennzeichnet sind, an die sich eine kontinuierlich in die<br />
Rissausbreitungsphase übergehende Wechselentfestigung anschließt. Weiterhin ist ergänzt, dass die<br />
Wechselentfestigung dort sehr inhomogen erfolgt und mit der Bildung sogenannter<br />
Ermüdungszonen, auf die sich die zyklischen plastischen Verformungen im wesentlichen<br />
konzentrieren, verbunden ist. Diese Ergebnisse stehen im Einklang mit den eigenen Ergebnissen<br />
transmissionselektronenmikroskopischer Untersuchungen, welche im ermüdeten Zustand lokal<br />
höhere Versetzungsdichten mit verstärkter Bildung von Versetzungsknäueln im Vergleich zum<br />
Ausgangszustand zeigten.<br />
Die beschriebenen Befunde lassen vermuten, dass die aus der Röntgeninterferenzlinienprofilanalyse<br />
abgeleiteten Kennwerte für eine Charakterisierung des Ermüdungszustandes ein wichtiges<br />
Hilfsmittel darstellen können. Lebensdauerabschätzungen sollten demnach für normalisierte<br />
Grundwerkstoffzustände sowie für nicht zu harte WEZ-Gefüge möglich sein. Andere Autoren [LO<br />
1999, BŁACHNIO <strong>2001</strong>, LINDGREN <strong>2003</strong>] haben auch Änderungen mikromagnetischer<br />
Kenngrößen mit Änderungen der Versetzungsdichten beschrieben.
M [V] ; H [A/cm]<br />
max cm<br />
H [A/cm]<br />
�<br />
c<br />
2<br />
-400 -200 0 200<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
� X-Ray [MPa]<br />
Mmax<br />
Hcm<br />
Hcm<br />
0<br />
-400 -200 0 200<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
� X-Ray [MPa]<br />
Hcmy Hcµ<br />
mydelta µ�max<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
� �max [V]<br />
IB [A/cm] ;<br />
SW [W/cm]<br />
- 69 -<br />
6<br />
4<br />
IB_MH<br />
IBMH<br />
2<br />
0<br />
SW_MH<br />
SWMH<br />
A_MH<br />
AMH<br />
-400 -200 0 200<br />
2<br />
-400 -200 0 200<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
Auf die notwendige Kalibrierung der magnetischen Messgrößen wurde bereits hingewiesen. Bild 7<br />
zeigt exemplarisch die Spannungsabhängigkeit verschiedener magnetischer Messgrößen, wie sie an<br />
Vierpunktbiegeproben eines Simulationsgefüges unter Variation der Lastspannung ermittelt<br />
wurden.<br />
Die magnetischen Kenngrößen Mmax, Hcm, AMH, ��max, Hc� und Hco, (ausgefüllte Punkte in Bild 7),<br />
die zur Vorhersage des Spannungszustandes in das Regressionspolynom einer<br />
Multiparameteranalyse eingesetzt werden, zeigen eine signifikante und nahezu lineare Abhängigkeit<br />
vom Spannungszustand.<br />
In Bild 8 sind die Ergebnisse der Spannungsberechnung mit dem Regressionspolynom (■) den<br />
röntgenographisch ermittelten Spannungen gegenübergestellt. Wie man sieht, zeigen die aus dem<br />
Regressionspolynom bestimmten Werte relativ geringe Abweichungen von der 45°-Sollgeraden.<br />
Das heißt, dass die mikromagnetischen Messgrößen gut zur Charakterisierung des<br />
Spannungszustandes- bzw. Eigenspannungszustandes nutzbar sind.<br />
Dieses Verfahren wurde bei einer 2. Probe (�) angewendet, indem die Spannungswerte aus den an<br />
der Probe gemessenen mikromagnetischen Messwerten mit Hilfe des Regressionspolynoms der 1.<br />
Probe berechnet wurden. Die etwas größeren Abweichungen von der Idealgeraden sind vermutlich<br />
darauf zurückzuführen, dass die 2. Probe aufgrund größerer Eigenspannungen im Ausgangszustand<br />
bei der Belastung Plastizierungen erfahren hat. Grundsätzlich ist damit bewiesen, dass sich bei<br />
korrektem Vorgehen unter Anwendung des Regressionsverfahrens aus mikromagnetischen<br />
Messgrößen Spannungswerte ermitteln lassen.<br />
Aufgrund der bisher fehlenden Möglichkeit, verschiedene magnetische Messgrößen bzw. deren<br />
Änderungen eindeutig bestimmten mikrostrukturellen Parametern zuzuordnen, lassen sich<br />
MH<br />
k [%] , H [A/cm]<br />
co<br />
MH<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
� X-Ray [MPa]<br />
10<br />
9<br />
8<br />
7<br />
6<br />
5<br />
4<br />
3<br />
� X-Ray [MPa]<br />
k<br />
k<br />
H_co<br />
Hco<br />
Bild 7 3MA-Kenngrößen einer spannungsabhängigen Kalibrierung an einer<br />
Vierpunktbiegeprobe, Simulationsgefüge: WEZ-grob (Mod. II) 220 HV.<br />
60<br />
55<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
A [W/cm]<br />
MH
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
� ��� [Mpa]<br />
Schweißsimulationsgefüge<br />
WEZ-grob (Mod. II) 220 HV<br />
300<br />
200<br />
100<br />
-400 -300 -200 -100 0 100 200 300<br />
0<br />
-100<br />
-200<br />
-300<br />
-400<br />
� X-Ray [Mpa]<br />
Änderungen der mikromagnetischen Kenngrößen nicht ohne weiteres einer Restlebensdauer oder<br />
einem bestimmten Ermüdungsstadium zuordnen. Aus diesem Grund wurden in einem ersten Ansatz<br />
alle im Verlauf der zyklischen Beanspruchung bis zum Bruch gemessenen mikromagnetischen Parameter<br />
durch eine lineare Multiparameter-Regression an die jeweils verbleibende Restlebensdauer<br />
(Zielgröße) angepasst. Mit Hilfe des aus der Regressionsrechnung abgeleiteten Regressionspolynoms<br />
sollte dann eine Restlebensdauervorhersage von Proben möglich sein, bei denen die mikromagnetischen<br />
Parameter zu einem beliebigen Beanspruchungszeitpunkt gemessen werden.<br />
Bild 9 zeigt für die verschiedenen Gefügemodifikationen (vgl. Bild 6) die auf diese Weise abgeschätzten<br />
zu erwartenden relativen Lebensdauerwerte in Abhängigkeit von den auf die Anrisslastspielzahl<br />
bezogenen tatsächlichen relativen Lebensdauern. Die Güte der Anpassung kann mit Hilfe<br />
der resultierenden Streuung der berechneten Lebensdauerwerte gegenüber der Soll-Geraden, dem<br />
Betrag der relativen Standardabweichung des Erwartungswerts srel und dem Wert des Regressionskoeffizienten<br />
R beurteilt werden.<br />
Ähnlich wie bei den Ergebnissen der Interferenzlinienprofilanalysen in Bild 6 ist auch die Streuung<br />
der Lebensdauerwerte bei gleicher Oberspannung umso geringer, je weicher das Gefüge ist. Auch<br />
mit zunehmender Oberspannung werden die Streuungen kleiner. Naturgemäß wird die Zuverlässigkeit<br />
der Analyseergebnisse von der Anzahl der ermittelten Messwerte bestimmt. Der beschriebene<br />
Zusammenhang und die geringe Streuung bei der Modifikationen Feinkorn (180 HV) ist daher unter<br />
Berücksichtigung der relativ geringen Anzahl von Messwerten noch kritisch zu bewerten.<br />
Für eine statistisch abgesicherte Restlebensdauerprognose werden also Referenzdaten von einer<br />
hinreichend großen Anzahl Proben gleicher Gefügezustände benötigt. Wegen der Lastspannungs-<br />
- 70 -<br />
■ Probe zur Ermittlung<br />
des Regressionspolynoms:<br />
�3MA = a + b · Mmax<br />
+ c · Hcm + d · AMH<br />
+ e · Hcµ + f · µ�max<br />
∆ Referenzprobe,<br />
Anwendung des<br />
Polynoms zur<br />
Spannungsvorhersage<br />
Bild 8 Anwendung des Regressionspolynoms zur Spannungsvorhersage an einer<br />
Referenzprobe mittels magnetischer Kenngrößen.
- 71 -<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
abhängigkeit der mikromagnetischen Parameter sollten dabei gleiche Lastzustände, d.h. gleiche<br />
Spannungsamplituden und Mittelspannungen von Referenzprobe und unbekanntem Werkstoffzustand<br />
bereitgestellt werden.<br />
In Bild 10 ist exemplarisch für die Gefügemodifikation Grobkorn (Gegenlage, 220 HV) das Ergebnis<br />
eines Versuches dargestellt, das entwickelte Regressionspolynom konkret für die Restlebensdauervorhersage<br />
einer Probe des gleichen Gefügezustandes heranzuziehen. Die Schnittpunkte der<br />
gestrichelten Linien mit der Abszisse in Bild 10 geben die berechneten Restlebensdauern an, die<br />
man erhält, wenn die nach verschiedenen Lebensdauerphasen (N/NA nach 13 %, 34 % und 68 % der<br />
Anrisslastspielzahl) gemessenen Kennwerte in das Polynom eingesetzt werden. Man erkennt, dass<br />
die Vorhersagegenauigkeit um so größer wird, je näher der Zeitpunkt, zu dem die mikromagnetischen<br />
Kenngrößen gemessen werden, bei der tatsächlichen Anrisslastspielzahl liegt. Alle prognostizierten<br />
Restlebensdauern liegen unterhalb des realen Wertes, sind also konservativ.<br />
Schweißsimulationsgefüge,<br />
N R, zfP = f (H cm , M max , H c� , � �max , A MH , IB MH , SW MH , k, H co ) +/- s rel<br />
N R, zfP / N A [-]<br />
N R, zfP / N A [-]<br />
1.0<br />
0.5<br />
0.0<br />
R = 0.92<br />
s = 0.12<br />
rel<br />
0.0 0.5 1.0<br />
1.0<br />
0.5<br />
Grobkorn, 350 HV<br />
N A = 1.07x10 5<br />
Feinkorn, 180 HV<br />
N A = 2.06x10 4<br />
0.0<br />
R = 1.0<br />
s = 0.037<br />
rel<br />
0.0 0.5 1.0<br />
N R, ist / N A [-]<br />
0.0<br />
R = 0.96<br />
s = 0.084<br />
rel<br />
0.0 0.5 1.0<br />
Bild 9 Mittels linearer Vielparameter-Regression mikromagnetisch ermittelte (NR, zfP) und auf<br />
die Anrisslastspielzahl NA bezogene Restlebensdauer schweißsimulierter Gefügezustände und<br />
des Grundwerkstoffs im Vergleich zur tatsächlichen Restlebensdauer.<br />
1.0<br />
0.5<br />
1.0<br />
0.5<br />
Grobkorn, 220 HV<br />
N A = 6.65x10 4<br />
GW, 190 HV<br />
N A = 5.8x10 3<br />
0.0<br />
R = 0.99<br />
s = 0.052<br />
rel<br />
0.0 0.5 1.0<br />
N R, ist / N A [-]
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
Eine in gleicher Weise durchgeführte Auswertung an einer Probe mit dem härteren Decklagengefüge<br />
(350 HV) führte allerdings noch nicht zum gleichen Ergebnis. Die Aussagesicherheit hängt<br />
somit offenbar von der Größe und der Reproduzierbarkeit der auftretenden Kenngrößenveränderungen<br />
im Ver-lauf der Probenlebensdauer ab, die, wie die vorgestellten Ergebnisse zeigen, eher bei<br />
weicheren Werkstoff-zuständen in Kombina-tion mit hohen Beanspruchungen diese Voraussetzung<br />
erfüllen.<br />
M [V] ; H [A/cm] ;<br />
IB [A /cm] ; SW [W /cm] ; a [mm]<br />
max cm<br />
N R, 3MA / N A [-]<br />
MH MH<br />
Aus Referenzmessung: N R, 3MA � A � B � M max � C � H cm � D �� �max � ...<br />
14<br />
12<br />
10<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
1.0<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
Grobkorn, 220 HV<br />
R = 0, � O = 550 MPa<br />
N A = 7.33x10 4<br />
(3)<br />
0.0<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
N R, ist / N A [-]<br />
Sollgerade<br />
Schweißsimulationsgefüge<br />
WEZ-grob (Mod. II) 220 HV N = 47910<br />
B<br />
30000 35000 40000<br />
N [-]<br />
45000 50000<br />
Bild 11 3MA-Kenngrößen im Rissfortschrittsstadium.<br />
(2)<br />
(1)<br />
N � 0<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
- 72 -<br />
Lebensdauerabschätzung<br />
mit Regressionspolynom<br />
der Referenzprobe<br />
Prognosen:<br />
(1) nach N / N A = 0.13<br />
(2) nach N / N A = 0.34<br />
(3) nach N / N A = 0.68<br />
(N / N A = 1 � N R, ist / N A )<br />
Bild 10 Anwendung des Regressionspolynoms einer Referenzprobe<br />
für die Lebensdauervorhersage einer unbekannten, aktuellen Probe<br />
der gleichen Gefügemodifikation.<br />
A [W/cm]<br />
MH<br />
Hcm<br />
Mmax<br />
IB_MH<br />
SW_MH<br />
Risslänge a<br />
A_MH<br />
Bild 11 zeigt den Verlauf<br />
verschiedener mikromagnetischerMessgrößen<br />
bei einer angerissenen<br />
Probe im<br />
Vergleich zur gemessenen<br />
Risslänge.<br />
Eine mehrparametrige<br />
Regression (Bild 12)<br />
führte auch für die Phase<br />
der stabilen Rissausbreitung<br />
zu einem<br />
relativ zuverlässigen<br />
Ergebnis, d. h. auch für<br />
die Rissfortschrittsphase<br />
erscheint die Anwendung<br />
der magnetischen<br />
Messmethode<br />
zweckmäßig.
a3MA [mm]<br />
2,5<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
0<br />
a = f (M , H , A , IB , SW )<br />
3MA max cm MH MH MH<br />
0 0,5 1 1,5 2 2,5<br />
a SOLL [mm]<br />
Bild 12 Anwendung der Multiparameter-Regression im Rissfortschrittsstadium.<br />
2.4.2 Überwachung und Lebensdauervorhersage bei Schweißverbindungen<br />
- 73 -<br />
R = 0,988<br />
s = 0,11 mm<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
In Bild 13 sind an geschweißten Proben und am Ersatzbauwerk über der Lastspielzahl gemessene<br />
magnetische Parameter (Hcm und µ�max) vergleichend gegenübergestellt. Außer der bereits vorgestellten<br />
guten Erkennbarkeit des Anrisszeitpunktes zeigt sich bei den Schweißverbindungen keine<br />
so eindeutige Tendenz einer Abhängigkeit der magnetischen Parameter vom Ermüdungsstadium<br />
Mikromagnetische Messung an MAG V-Naht,<br />
Meßort Nahtübergang (Anriß)<br />
10<br />
Laborprobe,<br />
8<br />
� = 295 MPa, � = 105 MPa<br />
m a<br />
H cm [A/cm]<br />
H cm [A/cm]<br />
6<br />
4<br />
2<br />
8<br />
6<br />
4<br />
2<br />
0<br />
10 5<br />
Ersatzbauwerk,<br />
F max = 260 kN<br />
10 6<br />
N [-]<br />
10 7<br />
� �max [V]<br />
3<br />
2<br />
1<br />
2<br />
1<br />
0<br />
10 5<br />
Querrichtung<br />
Längsrichtung<br />
Bild 13 Mikromagnetisch bestimmte Parameter Koerzitivfeldstärke und<br />
Überlagerungspermeabilität im Nahtübergang einer MAG-geschweißten V-Naht in<br />
Bauteilprobe und Ersatzbauwerk unter zyklischer Beanspruchung<br />
� �max [V]<br />
10 6<br />
N [-]<br />
10 7
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
wie bei den Simulationsproben. Die einfache Übertragung der dort entwickelten Regressionspolynome<br />
zur Lebensdauervorhersage bei den geschweißten Proben und dem Ersatzbauwerk war daher<br />
bislang noch nicht erfolgreich.<br />
Die Gründe liegen einmal in der an den konkreten Verbindungen vorhandenen Gefügeinhomogenitäten.<br />
So ist eine Kalibrierung der Messgrößen bei den hier vorliegenden Gefügegradienten wesentlich<br />
erschwert. Zum anderen sind zwei andere wichtige Einflussgrößen, nämlich der vorhandene<br />
Makroeigenspannungszustand sowie die Kerbwirkung des Nahtübergangs, zu berücksichtigen.<br />
Insbesondere die Kerbwirkung erschwert die Bewertung. Bei den Simulationsproben hatte sich<br />
gezeigt, dass die Zuverlässigkeit der anhand der magnetischen Parameter berechneten Lebensdauer<br />
in weicheren bzw. feinkörnigeren Gefüge zunimmt, grobkörniges Gefüge hingegen zu ungenaueren<br />
Ergebnissen führt. Aufgrund der dominanten Kerbwirkung am Nahtübergang treten aber bei den<br />
Schweißverbindungen die Bruchausgänge nahezu ausschließlich an diesen Stellen auf. Die aufgrund<br />
der geometrischen Gegebenheiten bestehenden Schwierigkeiten der Messwerterfassung durch<br />
die verminderte Aufsetzgenauigkeit des Sensors konnten durch eine zwischenzeitlich erfolgte<br />
Optimierung der Sensorgeometrie zum Teil behoben werden, doch ist das Problem der geringen<br />
Sensitivität des dort vorliegenden grobkörnigen Gefüges noch nicht befriedigend gelöst.<br />
Bild 14 zeigt die Ergebnisse der Schwingversuche an geschweißten Proben und die daraus berechneten<br />
Wöhlerlinien im Vergleich zu den Ergebnissen der Schwingversuche an Ersatzbauwerken.<br />
Werden die Proben bei einem nominal gleichen Spannungsverhältnis wie die Ersatzbauwerke R � 0<br />
beansprucht, so weisen die Proben eine deutlich höhere Schwingfestigkeit als die Bauteilproben<br />
auf. Werden die Proben hingegen mit einem Spannungsverhältnis von R � 0.5 beansprucht, so stellen<br />
sich Schwingfestigkeiten wie beim Ersatzbauwerk ein. In diesem Verhalten spiegelt sich das<br />
Problem wieder, dass bei Schweißkonstruktionen die Bewertung des kombinierten Mittel- und Ei-<br />
Nennspannungsamplitude � a,n<br />
300<br />
280<br />
260<br />
240<br />
220<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
10 4<br />
MAG-V-Hand<br />
10 5<br />
R = 0, Probe Ersatzbauwerk<br />
R = 0.5, Probe<br />
� V, Mises im Ersatzbauwerk<br />
(mit Eigenspannungen nach N = 1)<br />
- 74 -<br />
10 6<br />
Schwingspielzahl N A<br />
S = 145 MPa<br />
A<br />
Probe R = 0<br />
S A = 97 MPa<br />
10 7<br />
Probe R = 0.5<br />
Bild 14 Vergleich der Schwingfestigkeit von Proben und Ersatzbauwerk und<br />
berechnete Wöhlerlinien nach [KÖTTGEN 1992 und ANTHES 1993].
- 75 -<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
genspannungseinflusses auf die Schwingfestigkeit nach wie vor nicht vollständig geklärt ist. Bislang<br />
geht man vielfach davon aus, dass große geschweißte Konstruktionen immer Eigenspannungen<br />
in Höhe der Streckgrenze des Grundwerkstoffs enthalten, die wie Mittelspannungen wirken und<br />
demnach eine weitgehende Mittelspannungsunempfindlichkeit vorausgesetzt wird. Nach dem Eurocode<br />
3 ist somit allein die Spannungsschwingbreite lebensdauerbestimmend („����Konzept“). Die<br />
unterschiedliche Wirkungsweise von Eigen- und Mittelspannungen wird dabei ebenso außer acht<br />
gelassen wie die Möglichkeit, dass die Eigenspannungszustände von Proben und Bauteilen oft<br />
wesentlich geringere Unterschiede aufweisen, als dies ohne Berücksichtigung von Messergebnissen<br />
� ES<br />
V [MPa]<br />
� V, Mises [MPa]<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
MAG-V-Naht, Ausgangszustand - unbelastet<br />
Probe<br />
Großbauteil<br />
Schweißnaht<br />
0<br />
-30 -20 -10 0 10 20 30<br />
Abstand von der Nahtmitte [mm]<br />
MAG-V-Naht, nach Belastung<br />
Probe, 350 MPa<br />
Probe, 430 MPa<br />
Probe, 470 MPa<br />
Großbauteil, 300 kN<br />
Schweißnaht<br />
0<br />
-30 -20 -10 0 10 20 30<br />
Abstand von der Nahtmitte [mm]<br />
Bild 15 Vergleichsspannungen nach v. MISES im<br />
Nahtbereich im Ausgangszustand und bei verschiedenen<br />
Probenlastspannungen im Vergleich zum belasteten und<br />
Großbauteil.<br />
vermutet wird. Damit wird<br />
verständlich, dass die Anwendung<br />
des ����Konzepts<br />
nicht zwangsläufig zu konsistenten<br />
Ergebnissen führt, was<br />
sich anhand eines Vergleichs<br />
der hier untersuchten bei R � 0<br />
geprüften Proben mit den Ergebnissen<br />
der Bauteilversuche<br />
verdeutlichen lässt. So liegt die<br />
Dauerfestigkeit der bei R � 0<br />
geprüften vergleichbaren Laborproben<br />
mit SA � 145 MPa (Bild<br />
14) trotz gleicher Nahtausführung<br />
deutlich über der Dauerfestigkeit<br />
der Großbauteile<br />
selbst (SA � 100 MPa). Diese<br />
Diskrepanz ist nicht allein mit<br />
unterschiedlichen Ausgangseigenspannungszuständen<br />
zu begründen<br />
(vgl. Bild 14), sondern<br />
muss anhand von Bild 15 mit<br />
dem Abbauverhalten der Eigenspannungen<br />
und den sich daraus<br />
ergebenden veränderten Beanspruchungsbedingungen<br />
erklärt<br />
werden. Diese lassen sich anhand<br />
der Vergleichsspannungen<br />
charakterisieren, die sich nach<br />
dem quasistatischen Eigenspannungsabbau<br />
während des ersten<br />
Lastwechsels aus den stabilen<br />
Eigenspannungen und den Lastspannungen<br />
ergeben.
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
Bei einer einheitlichen Spannungsamplitude (in diesem Fall ��a = 143 MPa) stellen sich im<br />
Nahtübergang von Probe und Bauteil vergleichbare Beanspruchungszustände, d.h. eine einheitliche<br />
obere Vergleichsspannung, nicht bei R = 0 (Oberspannung �� = 330 MPa), sondern erst dann ein,<br />
wenn die Probe mit R = 0.5 (Oberspannung �� = 430 MPa) beansprucht wird. Werden die in Bild<br />
15 dargestellten Vergleichsspannungen im Nahtübergang als Oberspannungen in das örtliche<br />
Konzept nach [ANTHES 1993] eingesetzt, so ergebt sich nicht nur eine relativ gute Übereinstimmung<br />
zwischen den berechneten und den experimentell ermittelten Anrisslastspielzahlen im<br />
Großbauteil. Auch mit den unter der Beanspruchung R = 0.5 für die Proben experimentell<br />
ermittelten Bruchlastspielzahlen sowie mit den rechnerisch bestimmten Proben-<br />
Anrisslastspielzahlen stimmen dann die Werte für das Ersatzbauwerk gut überein (Bild 14).<br />
Ein analoges Ergebnis wurde bereits früher u.a. von [OHTA 1997] beobachtet, konnte aber<br />
aufgrund fehlender Eigenspannungsmessungen nicht schlüssig begründet werden. Der dort<br />
gemachte Vorschlag, Wöhlerversuche mit einer Oberspannung �� = Re durchzuführen, führte hier<br />
zu keinem relevanten Unterschied in den rechnerisch bestimmten Anrisslastspielzahlen, wie Bild 14<br />
verdeutlicht.<br />
Wesentliche Unterschiede zwischen Bauteil und Probe bestehen vor allem in der Höhe der in Bild<br />
15 dargestellten Ausgangs-Vergleichseigenspannungen im Grundwerkstoff (in der Literatur oftmals<br />
als „globale Eigenspannungen“ bezeichnet). Diese allein sind aber für die Schwingfestigkeit<br />
offensichtlich von untergeordneter Bedeutung, da die Bruchausgänge ausschließlich am<br />
Nahtübergang anzutreffen sind.<br />
Die vorgestellten Ergebnisse lassen folgende Möglichkeiten für eine Lebensdauervorausbestimmung<br />
von einstufig schwingbeanspruchten Großbauteilen als erfolgsversprechend<br />
und zur weiteren Überprüfung geeignet erscheinen:<br />
� Lebensdauerberechnung für das Großbauteil nach dem örtlichen Dehnungskonzept von<br />
[KÖTTGEN 1992] unter Verwendung der Vergleichsspannungen, die sich mit den nach einem<br />
Lastwechsel in der Nahtübergangszone des Großbauteils gemessenen Eigenspannungen ergeben.<br />
Die zur Anwendung des örtlichen Konzeptes benötigten Dehnungswöhlerlinien können mit Hilfe<br />
der in Tabelle 1 aufgeführten mechanischen Werkstoffeigenschaften der WEZ abgeschätzt<br />
werden. Die Berechnung der Kerbwirkungszahl ist dabei über eine Auswertung von<br />
Nahtprofilschrieben und der Beziehung nach [ANTHES 1993] unter Verwendung des<br />
Ersatzmikrokerbradius r' = 1 mm sowie der Stützziffer nach Peterson möglich.<br />
� Zusätzliche Kontrolle der Ergebnisse anhand der Bruch- oder Anrisslastspielzahlen, die sich bei<br />
Schwingversuchen mit gleichartig geschweißten Laborproben unter einer Beanspruchung<br />
ergeben, die in den Vergleichsspannungswerten mit denen des Großbauteils so gut wie möglich<br />
übereinstimmt (Wahl der Oberspannung bzw. des R-Wertes).<br />
Für beide Möglichkeiten sind die Eigenspannungszustände an den Nahtübergängen als wichtige<br />
Kenngröße zu ermitteln.<br />
- 76 -
- 77 -<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
2.5 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />
Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />
Im Laufe des Berichtszeitraumes sind einige Veröffentlichungen erschienen, die die Anwendung<br />
magnetischer Verfahren zur Charakterisierung der Werkstoffermüdung beschreiben [LINDGREN<br />
<strong>2003</strong>], [LO 1999], [BŁACHNIO <strong>2001</strong>], [PALIT SAGAR 2002]. Es ist allerdings bei noch relativ<br />
geringer Erfahrung auf diesem Gebiet schwer zu beurteilen, inwiefern diese Ergebnisse, die mit<br />
unterschiedlichen Magnetisierungsverfahren und entsprechenden Sensoren an verschiedenen Werkstoffen<br />
ermittelt wurden, untereinander vergleichbar sind. Einen Überblick bisheriger Untersuchungen<br />
zum Einfluss zyklischer Beanspruchungen ferromagnetischer Werkstoffe auf das magnetische<br />
Barkhausenrauschen ist in [LINDGREN <strong>2003</strong>] dargestellt. Die eigenen Ergebnisse [LACHMANN<br />
1998b], die einen Zusammenhang der Änderung der Barkhausenrauschamplitude und dem Eigenspannungsabbau<br />
unter zyklischer Belastung zeigten, werden hier in Zusammenhang mit anderen<br />
Ergebnissen gebracht, die eine Korrelation der Barkhausenrauschamplitude mit Wechselver- und<br />
entfestigungen, der Fehlstellendichte und der Versetzungsdichte untersuchen. Die teils kontroversen<br />
Verläufe der Barkhausenrauschamplitude unter Ermüdungsbeanspruchung konnten mit einer Fehlinterpretation<br />
der Ergebnisse begründet werden.<br />
Aus den Ergebnissen von [CHEN 1994] geht hervor, dass die Kenngrößen Koerzitivfeldstärke und<br />
Remanenz zur Lebensdauervorhersage verwendet werden können, da eine logarithmische Korrelation<br />
dieser magnetischen Kenngrößen mit der Lastwechselzahl besteht. Dabei wurde allerdings der<br />
Prüfkörper mit einer umfassenden Spule magnetisiert. Die Möglichkeit zur Anwendung dieses Verfahrens<br />
für die Lebensdauervorhersage knüpft [CHEN 1994] an die Kalibrierung mittels eines alternativen<br />
zerstörungsfreien Prüfverfahrens zur Bestimmung der Bruchlastspielzahl, da die Ergebnisse<br />
sich lediglich auf die Untersuchung der Schadensakkumulation beziehen und keine Aussage über<br />
den Absolutwert im Ausgangszustand der unbeanspruchten Probe liefern.<br />
Die Untersuchungen an einem zyklisch beanspruchten ferritischen Chromstahl von [BŁACHNIO<br />
<strong>2001</strong>] beziehen sich ebenfalls auf die Beschreibung der nichtlinearen Änderungen der magnetischen<br />
Kenngröße Barkhausenrauschen mit der Lastwechselzahl, die anhand von transmissions- und rasterelektronenmikroskopischen<br />
Untersuchungen auf mikrostrukturelle Veränderungen (Änderungen<br />
der Korngröße, die Struktur der Versetzungsanordnung und der Fehlstellenverteilung) zurückgeführt<br />
werden. Dieser nichtlineare Zusammenhang wird auch von [PALIT SAGAR 2002] beschrieben,<br />
die direkt den einzelnen Stadien der Schädigung (Versetzungsstruktur, Persistente Gleitbänder,<br />
Ex-/Intrusionen) eines kohlenstoffarmen Stahls eine signifikante Änderung der Barkhausenrauschamplitude<br />
zuordnen konnten. Die generelle Möglichkeit der Anwendung des magnetischen Verfahrens<br />
zur Charakterisierung der Ermüdung ferromagnetischer Werkstoffe und zur Lebensdauervorhersage<br />
wird durch diese Veröffentlichungen bestätigt und die eigenen Untersuchungen nutzen dabei<br />
noch den Vorteil der Erfassung mehrer Kenngrößen mit unterschiedlichem Informationsgehalt.<br />
Die Untersuchung von Schweißverbindungen mittels magnetischer Verfahren beschränkt sich derzeit<br />
auf die Qualitätssicherung mittels zerstörungsfreier prozessintegrierter Überwachung im Fertigungsprozeß.<br />
So wurden von [OBERBECK-SPINTIG 2000] die physikalischen Feinblecheigenschaften<br />
und deren Änderung beim Fügen zur Tailored Blank Herstellung benutzt. Die Multiparameteranalyse<br />
wird hierbei zur Härte-, Gefüge- und Eigenspannungsbestimmung auf die magnetischen<br />
Kenngrößen angewendet.
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
2.6 Offene Fragen<br />
Die dargestellten Ergebnisse zeigen, dass die lineare Multiparameter-Regressionsanalyse ein gutes<br />
Werkzeug zur Lebensdauervorhersage mittels mikromagnetischer Messgrößen darstellt. Im Verlauf<br />
der nächsten Förderperiode ist allerdings der Frage nachzugehen, welche Randbedingungen eine<br />
Verbesserung der Vorhersagegenauigkeit und der Übertragbarkeit auf geschweißte Laborproben<br />
bzw. auf das Ersatzbauwerk ermöglichen. Dabei ist der von [BŁACHNIO <strong>2001</strong>] und [CHEN 1994]<br />
beschriebene nichtlineare Verlauf magnetischer Kenngrößen unter Ermüdungsbeanspruchung zu<br />
berücksichtigen, und auch die Nahtgeometrie geschweißter Proben muss (eventuell als offset) in das<br />
Verfahren der Multiparameter - Regression eingehen.<br />
Eine erweiterte Nutzung der an Laborproben ermittelten Lebensdauerwerte zur adaptiv verbesserten<br />
Lebensdauerprognose bei Bauwerken muss berücksichtigen, dass durch die große Starre der Einspannung<br />
der Schweißnaht im Ersatzbauwerk sowohl die belastungsbedingten Beanspruchungen als<br />
auch die schweißbedingten Eigenspannungen bedeutsame Unterschiede gegenüber den Laborproben<br />
aufweisen. Verbesserten Aufschluss über unterschiedliche Verhältnisse an Proben und Bauteilen<br />
können einerseits tiefenaufgelöste Eigenspannungsbestimmungen liefern und andererseits bisher<br />
nicht durchgeführte Beobachtungen der Eigenspannungsveränderungen unter Schwingbeanspruchung.<br />
Eigenspannungen in verschiedenen Tiefen unter der Oberfläche sind sowohl röntgenographisch<br />
erfassbar und können als Referenzwert für eine tiefenaufgelöste mikromagnetische<br />
Eigenspannungsbestimmungen dienen. Eine besondere Aufgabe wird die Erprobung dieser Methodik<br />
zur Lebensdauervorhersage bei Betriebsbeanspruchungen sein.<br />
2.7.1 Literatur<br />
ANTHES, R.J., KÖTTGEN, V.B., SEEGER, T., 1993: Kerbformzahlen von Stumpfstößen und Doppel-T-Stößen.<br />
Schweißen und Schneiden 45 (1993), 685<br />
BERGSTRÖM, J.; ERICSSON, T. 1987: Shot Peening, H. Wohlfahrt (Hrsg.) Proc. 3 rd Int. Conf.<br />
Shot Peening (ICSP-3), DGM Informationsgesellschaft (1987), 221.<br />
BŁACHNIO, J.; DUTKIEWICZ, J.; SALAMON, A. <strong>2001</strong>: The effect of cyclic deformation in a<br />
13% Cr ferritic steel on structure and Barkhausen noise level. Materials and Science and Engineering<br />
A323 (2002) 83.<br />
CHEN, Z. J.; JILES, D. C.; KAMEDA, J. 1994: Estimation of fatigue exposure from magnetic coercivity.<br />
J. Appl. Phys. 75 (1994) 6975.<br />
DELHEZ, R.; DE KEIJSER, T. H.; MITTEMEIJER, E. J. 1982: Determination of Crystallite Size<br />
and Lattice Distortions through X-Ray Diffraction Line Profile Analysis. Fresenius Z. Anal. Chemie<br />
312 (1982), 1.<br />
EIFLER, D. 1985: Zusammenhang zwischen Mikrostruktur und Schwingfestigkeitsverhalten von<br />
Stählen. In D. Munz (Hrsg.): Ermüdungsverhalten metallischer Werkstoffe, DGM Informationsgesellschaft-Verlag,<br />
Oberursel 1985.<br />
GURNEY, T.R. 1979: Fatigue of Welded Structures, Cambridge University Press (1979).<br />
LINDGREN, M.; LEPISTÖ, T. <strong>2003</strong>: Effect of cyclic deformation on Barkhausen noise in a mild<br />
steel. NDT & E International 36 (<strong>2003</strong>) 401.<br />
- 78 -
- 79 -<br />
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
LO, C. C. H.; TANG, F.; SHI, Y.; JILES, D. C.; BINER, S. B. 1999: Monitoring fatigue damage in<br />
materials using magnetic measurement techniques. J. Appl. Phys. 85 (1999) 4595.<br />
NITSCHKE-PAGEL, TH.; WOHLFAHRT, H <strong>2001</strong>: Eigenspannungsabbau in zügig und zyklisch<br />
beanspruchten Schweißverbindungen. Z. Metallkd. 92 (<strong>2001</strong>); 860.<br />
MECKING, H.; KOCKS, U. F. 1981: Acta Metall. 29 (1981), 1865.<br />
OBERBECK-SPINTIG, I. 2000: Einsatz der Barkhausenrauschanalyse zur zerstörungsfreien Eigenschaftsprüfung<br />
geschweißter Feinbleche. Diss. Uni Hannover 2000<br />
OHTA, A.; SUZUKI, N; MAEDA, Y. 1997: Proc. Int. Conf. On Performance of Dynamically<br />
Loaded Welded Structures, Welding Research Council, New York (1997), 108.<br />
PALIT SAGAR, S.; PARIDA, N.; KUMAR, P., DAS, S.; DOBMANN, G.; BHATTACHARYA,<br />
D. K. 2002: Online monitoring of High Cycle Fatigue in Mild Steel by Magnetic Barkhausen Emission<br />
Technique. Presented at NDE2002, to predict. Assure. Improve. Abstract : www.nde2002.org,<br />
Chennai, 05.-07.12.2002<br />
WEISS, V. 1987: Residual Stresses in Science and Technology, V. Hauk and E. Macherauch<br />
(Hrsg.), DGM Informationsgesellschaft, Oberursel, 41.<br />
2.7.2 Veröffentlichungen des TP B4<br />
Beiträge zu Proceedings:<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1998b: Characterization of the<br />
Fatigue of Cyclically Loaded Welded Joints by Micromagnetic Testing and X-Ray Diffraction. Proc.<br />
of the 1 st International Conference on Barkhausen Noise and Micromagnetic Testing, Hannover<br />
1998, Publ. Stresstech-Oy, Finnland, 101-109.<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1999a: Characterization of Microstructural<br />
Changes in Fatigue Loaded Welded Joints by X-Ray Diffraction and Micromagnetic<br />
Testing Methods. Proceedings of the International Welding Conference, New Delhi 1999<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1999b: Nondestructive Characterization<br />
of Fatigue Processes in Cyclically Loaded Welded Joints by the Barkhausen Noise<br />
Method. Structural Health Monitoring 2000, Proceedings of the 2 nd International Workshop on<br />
Structural Health Monitoring, Stanford University 2000, Technomic, 327-336<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 2000a: Characterization of Residual<br />
Stress Relaxation and Microstructural Changes in Fatigue Loaded Welded Joints by X-ray<br />
Diffraction and Barkhausen Noise Method. Proceedings of the 5 th European Conference on Residual<br />
Stresses, Delft, 1999, Trans Tech Publications, 374-379<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 2000b: Nondestructive Characterization<br />
of Residual Stress Relaxation and Fatigue Processes in Cyclically Loaded Welded Joints.<br />
Proceedings of the 6 th International Conference on Residual Stresses, Oxford, IOM Communications,<br />
London, UK, 1400-1407
B4<br />
Wohlfahrt, Dilger<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, T., WOHLFAHRT, H., 2000c: Verbesserung der Lebensdauervorhersage<br />
von Schweißverbindungen mittels zerstörungsfreier Prüfverfahren. DVS-Berichte<br />
Band 209, Große Schweißtechnische Tagung 2000, DVS-Verlag GmbH, Düsseldorf, 175-180<br />
NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 2000: Residual Stress Relaxation in Welded High<br />
Strength Steels under Different Loading Conditions. Proceedings of the 6th International Conference<br />
on Residual Stresses. Oxford, IOM Communications, London, UK, 1495-1502<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, T., WOHLFAHRT, H., <strong>2001</strong>: Possibilities for Improving<br />
the Life Cycle Prediction of Welded Joints by Nondestructive Methods. Konferenzband Kolloquium<br />
Prof. Schwalbe: The Life of a Crack: Initiation – Growth – Fracture. GKSS Research Center<br />
Geesthacht <strong>2001</strong>, 1-9<br />
WOHLFAHRT, H., BRINKMANN, D., <strong>2001</strong>: Consideration of Inhmogeneities in the Application of<br />
Deformation Models, Describing the Inelastic Behaviour of Welded Joints. DFG – Plasticity of<br />
Metals, Final Report of the Collaborative Research Centre 319. Wiley-VCH <strong>2001</strong>, 361 - 383<br />
Beträge zu Zeitschriften und Büchern:<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1998a: Charakterisierung des<br />
Ermüdungszustandes in zyklisch beanspruchten Schweißverbindungen durch röntgenographische<br />
und mikromagnetische Kenngrößen. Zeitschr. Materialwissenschaft und Werkstofftechnik, 11<br />
(1998), 686-693<br />
NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1999: Einfluß von Eigenspannungen auf die<br />
Schwingfestigkeit geschweißter Feinkornstähle. Eigenspannungen und Verzug durch Wärmeeinwirkung,<br />
DFG-Forschungsbericht, Weinheim, Wiley-VCH 1999, 291-308<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, TH., WOHLFAHRT, H., 1999c: Zum Einfluß von Eigenspannungen<br />
und Mikrostruktur auf die Kaltrißneigung hochfester Stähle. Eigenspannungen und<br />
Verzug durch Wärmeeinwirkung, DFG-Forschungsbericht, Weinheim, Wiley-VCH 1999, 253-269<br />
RITTER, R., WOHLFAHRT, H., ZHANG, F., 1999: Werkstoff-, Verfahrens- und Geometrieeinflüsse<br />
auf den schweißbedingten Verzug. Eigenspannungen und Verzug durch Wärmeeinwirkung,<br />
DFG-Forschungsbericht, Weinheim, Wiley-VCH 1999, 202-232<br />
LACHMANN, C., NITSCHKE-PAGEL, T., WOHLFAHRT, H., <strong>2003</strong>: Bedeutung von Eigenspannungsabbau<br />
und mikrostrukturellen Veränderungen für die Lebensdauervorhersage schwingbeanspruchter<br />
Schweißverbindungen. Zeitschrift für Metallkunde 94 (<strong>2003</strong>), 640 – 648<br />
Dissertationen:<br />
BRINKMANN, D., 2000: Beitrag zur experimentellen und numerischen Verformungsanalyse von<br />
Schweißverbindungen. Dissertation, TU Braunschweig. 2000<br />
LACHMANN, C., <strong>2003</strong>: Einfluss von Eigenspannungsabbau und mikrostrukturellen Veränderungen<br />
auf die Lebensdauervorhersage schwingbeanspruchter Schweißverbindungen. Diss. TU Braunschweig<br />
<strong>2003</strong>, Forschungsberichte des Instituts für Schweißtechnik Nr. 8, Shaker-Verlag Aachen,<br />
ISBN 3-8322-1726-6<br />
- 80 -
Analyse der biologischen und<br />
chemischen Reaktionsprozesse in Deponien<br />
Dr. Andreas Haarstrick<br />
Prof. Dr.-Ing. Dietmar C. Hempel<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
- 81 -<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
Durch die biologischen Aktivitäten ist der Abfallkörper ständigen Veränderungen unterworfen,<br />
woraus unterschiedliche innere dynamische Strukturen entstehen können, die z.B. die Struktur und<br />
damit auch das mechanische Abfallverhalten beeinflussen. Die durch die physikalischen, chemischen<br />
und biologischen Prozesse resultierenden Belastungen des Deponiekörpers sind in Tab. 2.1-1<br />
aufgelistet. Diese Belastungen sind Teil des Risikopotentials eines Deponiebauwerks und werden<br />
zum Teil durch die Art und Weise bestimmt wie eine Deponie betrieben wird.<br />
Grundsätzlich sind Siedlungsabfallkörper vergleichbar mit teilkontrollierbaren Bioreaktoren, die<br />
immobilisierte Biomasse enthalten. Die Aktivität der Biomasse führt zu Emissionen über die Gasund<br />
Sickerwasserphase mit zurückbleibenden Veränderungen in der Zusammensetzung des organischen<br />
Massenanteils im Abfall und in der Abfallstruktur.<br />
Tab. 2.1-1: Belastungen durch physikalische, chemische und biologische Prozesse.<br />
� Emission von Sickerwasser (Qualität und Quantität)<br />
� Emission von Deponiegasen (Qualität und Quantität)<br />
� Hohe vertikale und horizontale Spannungen durch das Eigengewicht des<br />
Abfallkörpers und äußere Zusatzlasten<br />
� Große Verformungen des Abfallkörpers<br />
� Migration und Ausbreitung von Problemstoffen<br />
� Wärmeentwicklung (hohe Temperaturen)<br />
Bisherige Modellvorstellungen über das Abfallverhalten und langfristige Emissionen stützten sich<br />
lediglich auf Summenparameter und betrachten den „Systembereich“ Deponie als Black Box. Gezielte<br />
Untersuchungen, die auch die innere Struktur und milieuabhängige, biokinetische Prozesse<br />
berücksichtigen, sind hauptsächlich in den letzten Jahren durchgeführt worden [EL-FADEL et al.,<br />
1996a, b, c; SUK et al., 2000; WHITE et al., <strong>2001</strong>]. Diese Modelle wurden jedoch nur unzureichend<br />
validiert und es fehlten hinreichend genaue Formulierungen über die Anhängigkeit der Reaktionsprozesse<br />
von den Milieuparametern.<br />
Auf der Grundlage von Studien und Recherchen über biologische und chemische Umsetzungs- und<br />
Abbaureaktionen in Abfällen, Böden und Klärschlämmen wurde ein Reaktionsmodell entwickelt,<br />
das grundlegende Reaktionsprozesse auf der Basis kinetischer Veränderungen und thermo-dynamischer<br />
Gleichgewichte beinhaltet.<br />
Die bisher verfügbaren Modelle zur Vorhersage der Qualität und Quantität von Emissionen über die<br />
Gas- und Sickerwasserphase sowie zur Vorhersage des Zeitpunktes der Stabilisierung des Abfalls<br />
im Deponiekörper sind gegenwärtig noch unzureichend und scheitern insbesondere an der ungenauen<br />
Kenntnis der Mechanismen, die die Bioverfügbarkeit organischer Verbindungen im Deponiekörper<br />
und damit auch die biologischen und chemischen Abbauprozesse steuern.
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
Zur Erarbeitung eines relativ genauen Modells ist es daher notwendig, zunächst die Zusammenhänge<br />
der chemischen und biologischen Reaktionsprozesse zu klären, die das Emissionsverhalten<br />
und die biologische Stabilität einer Siedlungsabfalldeponie bestimmen. Dazu ist es erforderlich,<br />
umfang-reiche analytische Kenndaten von Siedlungsabfalldeponien zu erheben und diese Daten als<br />
Grundlage für den Aufbau eines Simulationsprogramms zu nutzen. Hierbei werden auf der Grundlage<br />
von Vorgaben mit Hilfe des Simulationsmodells experimentelle Untersuchungen durchgeführt<br />
und zur Validierung des Modells genutzt. Das Ziel ist es, sowohl die lokalen biologischen und chemischen<br />
Reaktionsschritte als auch das Emissionsgeschehen unter dem Einfluss lokal verschiedener<br />
Milieufaktoren im Abfall hinreichend genau zu beschreiben und in Konzepte zur Bauwerksüberwachung<br />
(Monitoring) einfließen zu lassen.<br />
Darüber hinaus ist mit der Entwicklung und Zuschärfung der biologischen und chemischen Reaktionsmodelle<br />
sowie der Optimierung der Berechnungsalgorithmen in diesem Teilprojekt in integrativer<br />
Weise das Ziel des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>es „Bauwerksüberwachung“ verbunden, den noch<br />
unbeantworteten Fragen der Sicherstellung und Zuverlässigkeit von Deponiebauwerken nachzugehen<br />
und mit Hilfe adaptiver Modelle, Prognosen über die Funktionssicherheit und das Langzeitemissionspotential<br />
zu erstellen.<br />
2.2 Angewandte Methoden<br />
2.2.1 Modellkonzept<br />
Ziel bei der Entwicklung des lokalen Modells ist es, genauere Aussagen über die Dauer von Gasemissionen<br />
und organischen Belastungen im Sickerwasser einer Deponie zu erhalten und in ein<br />
Konzept zur Bauwerksüberwachung zu integrieren. In das Modell wurden eine Reihe von biologischen,<br />
chemischen und physikalischen Prozessen eingearbeitet, die auch zum überwiegenden Teil<br />
durch experimentelle Untersuchungen bereits verfeinert und validiert werden konnten<br />
[HAARSTRICK et al., <strong>2001</strong>; NARANJO et al., 2002; MEIMA et al., 2002].<br />
Der aktuelle Entwicklungsstand des lokalen Reaktionsmodells lässt sich zusammenfassend mit der<br />
allgemeinen Differentialgleichung (Gl. 2.2.1-1) für eine auf lokaler Ebene zeitlich abhängigen<br />
Komponente und der allgemeinen Modellstruktur nach Abb. 2.2.1-1 beschreiben:<br />
s� � s �M<br />
�R<br />
� �f<br />
�f<br />
� sˆ<br />
(2.2.1-1)<br />
(s)<br />
fTemp pH Wasser<br />
In Gleichung 2.2.1-1 stellen s die Komponentenmatrix, M die Koeffizientenmatrix, R(s) die Reaktionsmatrix,<br />
ftemp den Temperaturfaktor, fpH den pH-Faktor, fWasser den Wasserfaktor und sˆ einen<br />
Quellen- und Senkenterm (z.B. zur Beschreibung von Stoffübergängen) dar.<br />
Die Komponentenmatrix in Abb. 2.2.1-1 enthält die Konzentrationen der organischen und anorganischen<br />
Komponenten im Feststoffabfall, im Sickerwasser und in der Gasphase. Sowohl der Einfluss<br />
von chemischen Reaktionsprozessen auf die aktuellen Konzentrationen der Komponenten als auch<br />
der aktuelle pH-Wert werden über thermodynamische Gleichgewichtsreaktionssysteme berechnet.<br />
Die Konzentrationsangaben beziehen sich jeweils auf das Repräsentative Einheits-volumen (REV).<br />
Physikalische Parameter wie Porosität, Abfalldichte und die verschiedenen Volumenfraktionen<br />
(Biomasse, Wasser, Gas, organische Stoffe, inerte Feststoffe) werden ebenfalls auf der Basis der<br />
Komponentenmatrix berechnet.<br />
- 82 -
Temperatursystem<br />
�, �, k H , b = f(Temp)<br />
Wärmeentwicklung<br />
�H �H R<br />
Komponentensystem<br />
(Feststoff-, Wasser- und Gasphase)<br />
�, �, k kH, H, b = f(H f(H2O) 2O)<br />
Prozessmatrix<br />
Stöchiometrie<br />
�� i<br />
Reaktionssystem<br />
(Grundreaktionsgleichungen)<br />
- 83 -<br />
�, �, k H , b = f(pH)<br />
pH-System<br />
(Pufferkapazität)<br />
Stoffübergang<br />
(Gas-/Flüssigphase)<br />
Abb. 2.2.1-1: Allgemeine Modellstruktur<br />
(�: spezifische Wachstumsrate, kH: spezifische Hydrolyserate,<br />
b: Absterberate, ν: stöchiometrischer Koeffizient, �HR: Reaktionsenthalpie)<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
Die Koeffizientenmatrix enthält die stöchiometrischen Reaktionskoeffizienten der Abbaureaktionen.<br />
Der Abbau von organischen Feststoffen bis zum Kohlendioxid, Methan, Schwefelwasserstoff<br />
und Wasser ist in mehrere Reaktionsschritte und Folgereaktionen unterteilt. Diese Strukturierung<br />
der Reaktionssysteme erlaubt die Segregation von Deponien. Dieses bedeutet, dass im „Reaktionssystem“<br />
Deponie gekoppelte Reaktionsprozesse lokal getrennt und individuelle Milieueinflüsse auf<br />
diese Prozesse genauer untersucht werden können. Dazu gehören beispielsweise auch Wechselwirkungen<br />
(Sorptionsprozesse) von Reaktionszwischenprodukten mit der Feststoffabfallmatrix. Projiziert<br />
auf das Deponieverhalten beschreibt das mechanistische biologische, chemische und physikalische<br />
Modell grundsätzlich nur die lokalen Reaktionsvorgänge, aber nicht den Transport oder das<br />
Deponieverhalten insgesamt. Bei auftretenden Inhomogenitäten im Systemraum können die daher<br />
auch nur lokal formuliert werden. Eine globale Erfassung erfordert die Kopplung von lokalen Reaktionsprozessen<br />
mit Transportprozessen und numerische Methoden zur integrativen Lösung über<br />
das Gesamtsystem (Verknüpfung mit dem Teilprojekt B6, Dinkler/ Ahrens).<br />
Über die Reaktionsmatrix und den Monod-Kinetiken im lokalen Modell werden die aktuellen Reaktionsraten<br />
der Abbauvorgänge berechnet. Die aktuellen Reaktionsraten sind abhängig von den<br />
Komponentenkonzentrationen, so dass darüber Substratlimitierungen und/oder Inhibierungen der<br />
biologischen Aktivität erfasst werden können. Über den Temperaturfaktor, den pH-Faktor und den<br />
Wasserfaktor werden diese Milieueffekte in ihrer Einflussnahme auf die Reaktionsraten beschrieben.<br />
Die durch die Gl. 2.2.1-2 bis 2.2.1-4 definierten Funktionen nehmen Funktionswerte zwischen<br />
0 und 1 an. Das Modell berücksichtigt darüber hinaus auch Änderungen der Temperatur, des pH<br />
und des Wassergehalts, die durch lokale biologische und chemische Reaktionen verursacht werden.<br />
f �<br />
f<br />
2<br />
temp � exp � (κ (Takt<br />
Topt<br />
))<br />
(2.2.1-2)<br />
pH<br />
K pH<br />
� (2.2.1-3)<br />
pH pHopt1<br />
pH<br />
akt<br />
opt2 pHakt<br />
(K � (10 /10 �10<br />
/10 � 2)<br />
pH<br />
f WG<br />
akt<br />
� a � WG � b<br />
(2.2.1-4)<br />
In den Gl. 2.2.1-2 bis 2.2.1-4 repräsentiert der Index akt die aktuellen Milieuwerte und der Index
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
opt die optimalen Milieuwerte für die Mikroorganismen, wobei opt1 und opt2 die Temperaturoptima<br />
im mesophilen bzw. thermophilen Bereich berücksichtigt (T ist die Temperatur, KpH , a und b<br />
sind Konstanten und WG ist der Wassergehalt).<br />
Die in der zweiten Förderungsperiode erstellten Erweiterungen und Verfeinerungen des Reaktionsmodells<br />
im Vergleich zu der ersten Förderungsperiode sind in Tab. 2.2.1-1 nochmals zusammengefasst.<br />
Tab. 2.2.1-1: Auflistung der Erweiterungen und Verfeinerungen des Reaktionsmodells.<br />
PROGRAMMTEIL ALTES MODELL ERWEITERTES MODELL<br />
Allgemein Rechengeschwindigkeit ist noch relativ langsam. Rechengeschwindigkeit ist jetzt erheblich größer (>10-fach) durch eine<br />
Optimierung der Datencodes und "softwaremäßige" Reduzierung der<br />
Reaktionskomponenten .<br />
Thermodynamisches<br />
System<br />
Physikalische Parameter<br />
(Porosität, Dichte)<br />
Biochemisches<br />
Reaktionssystem<br />
Eingabedatei stellt überwiegend Variablen zur Verfügung und<br />
noch wenige Modellkonstanten.<br />
Das Modell berechnet Komponentenkonzentrationen (z.B.<br />
Nährstoffe, Gase oder Biomassen), pH und Temperatur<br />
pH-Berechnung über die Ionenbilanz und<br />
das CaCO 3(s) Gleichgewicht.<br />
- 84 -<br />
Alle Variablen und Modellkonstanten sind jetzt über die Eingabedatei<br />
zugänglich.<br />
Das Modell berechnet die Komponentenkonzentrationen in kg.m -3<br />
Abfall und<br />
kg m -3<br />
gesätt. Porenvol., es beinhaltet zusätzlich den Einfluss der Porosität, des<br />
Wassergehalts und erweiterte Faktoren in der Monod-Gleichung.<br />
Andere Erweiterungen:<br />
Variablen können auch als Konstanten in das Modell eingeführt werden.<br />
Gasförmige Komponenten wie H2O und CO2 werden durch Stoffübergang<br />
aus dem Reaktionsraum abgeführt. Es können nun auch Wärmeverluste<br />
simuliert werden.<br />
Die Anzahl der Gleichgewichtsreaktionen ist erweitert worden:<br />
- H2S in Lösung.<br />
- Stoffübergang zwischen wässriger und gasförmiger Phase (Henry)<br />
- Stoffübergang zwischen Wasser- und Abfallfestphase<br />
- Pufferwirkung des Abfalls.<br />
- Temperaturabhängigkeit der Gleichgewichtskonstanten.<br />
Wechselwirkung zwischen biologischen Prozessen und Berücksichtigung und Erweiterung durch physikalische Parameter und<br />
physikalischen Parametern muss noch vervollständigt werden. Prozesse:<br />
- Berechnung der Porosität<br />
- Berechnung von verschiedenen Volumenfraktionen (organische Stoffe,<br />
inerte Feststoffe, Wasser, Biomasse, Luft)<br />
- Berechnung der Abfalldichte und Sickerwasserdichte<br />
- Konzentrationsumrechnungen im Repräsentativen Einheitsvolumen REV<br />
Ein umfangreiches Paket an biologischen Abbaureaktionen ist Für die Zusammenarbeit mit B6 sind einige Reaktionen, die eine<br />
im Modell vorhanden.<br />
Modellreduzierung darstellen, hinzugefügt worden.<br />
Biomassenbildung beruht auf stöchiometrischen<br />
Die Biomassenbildung wird zusätzlich über den Ausbeutekoeffizienten<br />
Gleichgewichtsreaktionen.<br />
gesteuert.<br />
Hydrolyse nach dem Modell von Contois Hydrolyse nach Contois oder Reaktion 1. Ordnung wird in Abhängigkeit von<br />
der Biomassekonzentration formuliert.<br />
Die Biomassekonzentration kann bei ungünstigen<br />
Es wird eine minimale Biomassenkonzentration vorausgesetzt, so dass die<br />
Verhältnissen bis auf Null absinken.<br />
gesamte Biomasse nicht auf Null absinken kann.<br />
Die Reaktionsenthalpie wird über das Elektronenvalenz- Die Reaktionsenthalpie wird über die Bildungsenthalpien der einzelnen<br />
verfahren berechnet.<br />
Komponenten berechnet.<br />
Reaktionskinetik wird durch Milieueinflussfunktionen wie pH Eine Wassereinflussfunktion ist hinzugefügt und die Temperaturfunktion auf<br />
und Temperatur beeinflusst.<br />
mesophile und thermophile Bereiche erweitert worden.<br />
Der Stoffübergang zwischen wässriger und gasförmiger Phase Wechsel von CO2 und H2O zwischen wässriger und gasförmiger Phase wird<br />
(CO2, H2O) wird als kinetischer Prozesse definiert<br />
als Gleichgewichtsprozess definiert (damit weniger Modellkonstanten und<br />
weniger Rechenaufwand)<br />
2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
2.3.1 Sensitivitätsanalyse<br />
Ziel der Sensitivitätsanalyse ist es, die für die Methanbildungsrate in Deponien entscheidenden Modellkonstanten<br />
und Modellvariablen herauszusuchen, damit die Labor- und Feldexperimente gezielt<br />
auf diese Modellparameter ausgerichtet werden können. Der Einfluss eines Modellparameters auf<br />
die Methanbildungsrate beruht auf jeweils zwei Simulationen, wobei einmal ein Parameterwert mit<br />
dem niedrigsten dokumentierten Wert und ein anderes Mal mit dem höchsten dokumentierten Wert<br />
verwendet wurden.
Die Berechnung der Sensitivitäten erfolgte nach folgender Beziehung:<br />
t<br />
S �<br />
max, [TOC�0]<br />
t<br />
� t<br />
min[TOC�0]<br />
min, [TOC�0]<br />
�100<br />
- 85 -<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
(2.3.1-1)<br />
In Gl. 2.3.1-1 stellen S die Sensitivität (in %), und tmax,[TOC=0] und tmin,[TOC=0] (in Tagen) die maximale<br />
und minimale Zeitspanne dar, in der der gesamtorganische Kohlenstoff TOC vollständig abgebaut<br />
wird.<br />
In Abb. 2.3.1-1 sind die Sensitivitäten der Modellkonstanten dargestellt. Die Mehrzahl der Modellkonstanten<br />
hat nur einen geringen Einfluss auf die Methanbildungsrate. Die Modellkonstante mit<br />
dem größten Einfluss auf die Methanbildungsrate ist die spezifische Hydrolyserate. Sie beschreibt<br />
den geschwindigkeitsbestimmenden Schritt in der Kette der mikrobiellen Abbauprozesse. Im Vergleich<br />
mit Literaturdaten geht dieses Ergebnis konform mit Ergebnissen, die von [EL-FADEL et al.,<br />
1996b] berichtet werden. Weitere Modellkonstanten, die mehr oder weniger einen signifikanten<br />
Einfluss haben, besitzen Sensitivitäten, die über 40% liegen. Hierzu zählen die Inhibierungskonstante<br />
für H2S, die maximale spezifische Wachstumsrate der methanogenen Biomasse, die<br />
Sättigungskonstante für Acetat und die Ausbeutekoeffizienten für die methanogenen Abbaureaktionen.<br />
Auf der Grundlage dieser Ergebnisse, wird es daher erforderlich sein, im Rahmen der Modellvalidierung<br />
und -weiterentwicklung sich gezielt auf diese Modellparameter und dabei insbesondere<br />
auf die Hydrolyserate zu konzentrieren.<br />
In Abb. 2.3.1-2 sind die Sensitivitäten der Modellvariablen dargestellt. Die untersuchten Variablen<br />
umfassen die Anfangskonzentrationen der Biomasse, den pH-Wert, den Wassergehalt (WG), die<br />
Temperatur, die Schwefelwasserstoffkonzentration, die Ammoniumkonzentration und die organische<br />
Feststoffkonzentration. Mit Ausnahme der acetogenen Biomassekonzentration und des pH-<br />
Wertes wurde für alle anderen Variablen eine hohe Sensitivität ermittelt. Die organische Feststoffkonzentration<br />
ist eine entscheidende Variable, da aus den im Abfall vorhandenen hohen organischen<br />
Feststoffanteilen große Methanmengen freigesetzt werden können. Hinsichtlich des Wassergehalts,<br />
der Temperatur, der Ammoniumkonzentration und der Schwefelwasserstoffkonzentration<br />
können Grenzwerte unter- bzw. überschreiten werden, die eine signifikanten Limitierung bzw. Inhibierung<br />
der biologischen Abbauvorgänge bewirken. Die methanogene Biomassekonzentration<br />
wurde als sensitiv eingeordnet, da die Wachstumsrate dieser Mikroorganismen im Vergleich zu den<br />
anderen anaerob lebenden Spezies sehr niedrig ist.<br />
Abb. 2.3.1-1:<br />
Sensitivität<br />
der Modellkonstanten.<br />
Parametersensitivität<br />
bei der Gasbildung<br />
250%<br />
200%<br />
150%<br />
100%<br />
50%<br />
0%<br />
baci,ace<br />
bme1,2<br />
fTemp[baci,ace]<br />
kHy<br />
µmax(ace)<br />
µmax(aci)<br />
µmax(me1)<br />
µmax(me2)<br />
Ks,gluc [Xaci,ace]<br />
Ks,but [Xaci,ace]<br />
Ks,pro [Xaci,ace]<br />
Ks,ac [Xme1]<br />
Ks,CO2 [Xme2]<br />
Ks,H2 [Xme2]<br />
Ks,NH4 [Xaci,ace]<br />
Ks,NH4 [Xme1,2]<br />
Ks,Hy [Xaci,ace]<br />
Ki,H2 [Xaci,ace]<br />
Ki,ac [Xaci,ace]<br />
Ki,H2S [Xaci, ace, me1,2]<br />
Ybut [Xaci,ace]<br />
Ypro [Xaci,ace]<br />
Yac [Xme1]<br />
YCO2 [Xme2]<br />
Ygluc [Xaci]<br />
Ygluc [Xace]
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
Parametersensitivität<br />
bei der Gasbildung<br />
250%<br />
200%<br />
150%<br />
100%<br />
50%<br />
0%<br />
[Xaci,ace] t=0<br />
[Xme1,2] t=0<br />
pH<br />
WG<br />
Temperatur<br />
Abb. 2.3.1-2: Sensitivität der Modellvariablen<br />
2.3.2 Simulation und experimentelle Ergebnisse<br />
a) Temperatureinfluss<br />
H2S<br />
NH4<br />
TOC<br />
- 86 -<br />
Liste der in den Abb. 2.3.1-1 und 2.3.1-2 verwendenten<br />
Abkürzungen und Indices:<br />
µmax: maximale spezifische Wachstumsrate<br />
b: Absterberate<br />
fTemp: Temperaturfaktor<br />
kHy<br />
Ki:<br />
maximale spezifische Hydrolyserate<br />
Inhibierungskonstante<br />
Ks: Sättigungskonstante<br />
TOC: gesamtorganischer Kohlenstoff<br />
WG: Wassergehalt<br />
X: anaerobe Biomassenkonzentration<br />
Y: Ausbeutekoeffizient<br />
Indices:<br />
ac: Acetat<br />
aci, ace: acido-/acetogene Bakterien<br />
but: Butyrat<br />
CO2: Kohlendioxid<br />
gluc: Glucose<br />
H2: Wasserstoff<br />
H2S: Schwefelwasserstoff<br />
Hy: Hydrolyse<br />
me1,2: Methanbakterien Spezies 1 u. 2<br />
NH4: Ammonium<br />
pro: Propionat<br />
su: sulfatreduzierende Bakterien<br />
Für die Laborexperimente wurden spezielle gradientenfreie, temperierbare und luftdicht verschließbare<br />
Bioreaktoren konstruiert und damit unter homogenen Bedingungen kinetische Parameterdaten<br />
ermittelt.<br />
In Abb. 2.3.2-1 sind zwei relevante Verläufe der Temperaturfunktion dargestellt, die für die Simulation<br />
des spezifischen Biomassewachstums, wie beispielsweise in Abb. 2.3.2-2 dargestellt, verwendet<br />
wurden. Am Modell soll zunächst gezeigt werden, wie sich die Änderung der Temperatur<br />
beim Wechsel vom mesophilen (Optimum bei 35 °C) zum thermophilen Bereich (Optimum bei<br />
55 °C) sowohl auf die Hydrolyserate als auch auf die Wachstumsrate auswirkt. Entsprechend der<br />
mathematischen Formulierung der Temperaturabhängigkeit der Wachstums- und Abbauprozesse<br />
wird dabei erwartet, dass z. B. die Geschwindigkeit der Methanbildung ansteigt, jedoch die maximale<br />
Methanbildung unverändert bleibt. Des Weiteren wird davon ausgegangen, dass keine scharfe<br />
Trennlinie in einem Deponiekörper zwischen dem Wachstum im mesophilen und thermophilen Bereich<br />
existiert [DERNBACH, 1982; KRUSE, 1994; GURIJALA & SUFLITA, 1993].
Temperaturfaktor f T [-]<br />
spezifische Acetatbildung<br />
[g / kg-oTA]<br />
1,2<br />
1,0<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0,0<br />
mesophiler Bereich thermophiler Bereich<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />
Temperatur [°C]<br />
Abb. 2.3.2-1:<br />
Graphische Darstellung der Temperaturfunktionen<br />
(mesophil / thermophil).<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Acetat, Experiment bei 55 °C<br />
Acetat, Experiment bei 35 °C<br />
Acetat bzw . organischer Abfall, Simulation bei 35 °C<br />
Acetat bzw . organischer Abfall, Simulation bei 55 °C<br />
organischer Abfall<br />
Acetat<br />
0 5 10 15 20 25 30<br />
Zeit [d]<br />
Abb. 2.3.2-3:<br />
Temperatureinfluss auf anaerobe Abbauprozesse -<br />
Vergleich von simulierten und experimentellen<br />
Daten: Einfluss auf die Hydrolyse und spezifische<br />
Acetatbildung.<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
spezifische Masse des leicht<br />
abbaubaren organischen Abfalls<br />
[g / kg-oTA]<br />
Konzentration [kg / m 3 -Abfall ]<br />
- 87 -<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
.<br />
.<br />
hochmolekulare, leicht hydrolysierbare<br />
organische Verbindungen<br />
Ammonium<br />
Methanogene<br />
Biomasse<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
10<br />
1,0<br />
Acidogene<br />
.<br />
Biomasse<br />
.<br />
5<br />
0<br />
.<br />
.<br />
.<br />
abgestorbene<br />
Biomasse<br />
Ammonium<br />
0,5<br />
0,0<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Zeit [d]<br />
Abb. 2.3.2-2:<br />
Simulation der Hydrolyse von hochmolekularen,<br />
leicht abbaubaren organischen Verbindungen im<br />
Abfall und des Biomassewachstums von zwei Bakteriengruppen<br />
(Acidogene und Methanogene).<br />
spezifische Methanbildung<br />
[g / kg-oTA]<br />
8,0<br />
7,0<br />
6,0<br />
5,0<br />
4,0<br />
3,0<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
2,0<br />
Methan, Experiment bei 55 °C<br />
Methan, Experiment bei 35 °C<br />
1,0<br />
0,0<br />
Methan, Simulation bei 35 °C<br />
Methan, Simulation bei 55 °C<br />
0 5 10 15<br />
Zeit [d]<br />
20 25 30<br />
Abb. 2.3.2-4:<br />
Temperatureinfluss auf anaerobe Abbauprozesse<br />
- Vergleich von simulierten und experimentellen<br />
Daten: Einfluss auf die spezifische Methanbildung.<br />
In Abb. 2.3.2-3 und 2.3.2-4 sind die experimentellen und simulierten Daten der Acetatbildung sowie<br />
der Methanbildung aus leicht abbaubaren organischen Verbindungen für einen Zeitraum von 30<br />
Tagen dargestellt. Die Untersuchungen beziehen sich auf optimale Temperaturwerte von 35 °C<br />
(mesophiler Bereich) und 55 °C (thermophiler Bereich). In Abb. 2.3.2-4 ist zu erkennen, dass eine<br />
maximale spezifische Acetatbildung von ca. 10 g / kg-oTS 1) sowohl bei 35 °C als auch bei 55 °C<br />
resultiert. Während das Maximum im Fall von 55 °C bereits nach 3 Tagen erreicht wird, erfolgt die<br />
maximale Acetatbildung im Fall von 35 °C erst nach 6 Tagen. Es wird davon ausgegangen, dass die<br />
Hydrolyseprozesse im Abfall von leicht abbaubaren organischen Verbindungen schneller bei 55 °C<br />
als bei 35 °C ablaufen (Abb. 2.3.2-4). Damit würden die thermophilen Bakterien gegenüber den<br />
Ammonium [kg / m 3 -Abfall ]
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
mesophilen Bakterien im Abfall eine wichtige Rolle spielen.<br />
Die Zeitpunkte, zu denen in Abb. 2.3.2-3 die Maxima der Acetatbildung erreicht werden, korrelieren<br />
mit den Zeitpunkten, zu denen in Abb. 2.3.2-4 ein exponentieller Anstieg der Methanbildung<br />
erfolgt. Die Ergebnisse dieser experimentellen Untersuchung zeigen, dass zwar mit der Erhöhung<br />
der Temperatur die maximale spezifische Methanbildung in kürzerer Zeit (von 20 Tagen auf 11<br />
Tagen) erreicht wird, die maximale spezifische Methanbildung von 7 g / kg-oTS sich dabei jedoch<br />
kaum ändert. Die nach den Vorgaben des Modells durchgeführten Experimente belegen, dass die im<br />
Modell formulierten kinetischen Reaktionsansätze und Milieueinflüsse (z. B. die Temperatur) richtig<br />
sind und so zu einer guten Übereinstimmung zwischen den simulierten und experimentellen<br />
Daten führen.<br />
Mit Hilfe des Modells und den experimentellen Untersuchungen über die Temperaturabhängigkeit<br />
der biokinetischen Prozesse wurde eine Parameterschätzung für den Temperaturfaktor (Gl.<br />
2.2.1-2) vorgenommen. Die Schätzung ergab für die kinetischen Parameter bei der Hydrolyse<br />
� = 0.03 °C -2 und bei der Methanogenese � = 0.04 °C -2 . Im Vergleich dazu liegen die in der Literatur<br />
publizierten Werte für � im Bereich von 0.06 – 0.12 °C -2 [HENZE et al., 1995].<br />
b) Wassergehaltseinfluss<br />
Der Literatur ist zu entnehmen, dass der optimale Wassergehalt für die enzymatische Hydrolyse von<br />
hochmolekularen organischen Verbindungen bei 65 Gew.-% liegt und unter 20 Gew-% Wassergehalt<br />
keine signifikante biologische Aktivität mehr zu verzeichnen ist [RODRIGUEZ et al., <strong>2001</strong>;<br />
YANG & CHANG, 1988]. Weitere aus der Literatur bekannte Messungen des Wassergehalts in<br />
Deponiekörpern zeigen, dass ein Wassergehalt von 65 Gew.-%, außer bei partiellen Einstauungen<br />
von Wasser (Speicherwasser) selten erreicht wird, und dass Der Wassergehalt in Deponien lt.<br />
[DERNBACH, 1982 und GURIJALA & SULFITA, 1993] durchschnittlich bei 30 Gew.-% liegt.<br />
Wie bereits oben erwähnt, wird ab Wassergehalte < 20 Gew.-% kaum noch biologische Aktivität<br />
beobachtet, so dass der Wassergehaltsfaktor fWG hier Null ist. Ausgehend von Literaturdaten und der<br />
Gl. 2.2.1-4 wurde für die Abhängigkeit des Wassergehaltsfaktors (fWG) vom Wassergehalt im Bereich<br />
von 20 Gew.-% bis 100 Gew.-% ein linearer Zusammenhang postuliert. Die graphische Darstellung<br />
sowie die Geradengleichung sind in Abb. 2.3.2-5 zu sehen. Der Wassergehaltsfaktor fWG als<br />
lineare Funktion des Wassergehalts WG ist zwar eine empirische Größe, sie erlaubt aber dennoch<br />
eine annähernd genaue Formulierung der Abhängigkeit der kinetischen Abbauprozesse vom Wassergehalt.<br />
Mit dieser Abhängigkeit und der Berücksichtigung, dass die Methanbildung durch zwei<br />
verschiedene Bakterienspezies erfolgt, ist eine dynamische Simulation der spezifischen Methanbildung<br />
durchgeführt worden und das Ergebnis in Abb. 2.3.2-6 dargestellt. Als limitierendes Substrat<br />
gilt für die Spezies 1 das Acetat und für die Spezies 2 der Wasserstoff, woraus in Verbindung mit<br />
CO2 als C-Quelle ebenfalls Methan entsteht [BÖHNKE et al. 1993; GUJER & ZEHNDER, 1983;<br />
McCARTY & MOSEY, 1991].<br />
Das Ergebnis der Simulation lässt erkennen, dass die Geschwindigkeit der Methanbildung ansteigt,<br />
die maximale Methanbildung jedoch bei auszuschließender Substratlimitierung unverändert bleibt.<br />
1) oTS: organische Trockensubstanz.<br />
- 88 -
Wassergehaltsfaktor fWG [-]<br />
1,00<br />
0,80<br />
0,60<br />
0,40<br />
0,20<br />
0,00<br />
y= 0,0125 x-0,2516<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Wassergehalt [Gew.-%]<br />
Abb. 2.3.2-5:<br />
Graphische Darstellung der Abhängigkeit der maximalen<br />
spezifischen Methanbildungsrate und des<br />
Wassergehaltsfaktors vom Wassergehalt.<br />
- 89 -<br />
spezifische Methanbildung<br />
[g / kg-oTA]<br />
7,0<br />
6,0<br />
5,0<br />
4,0<br />
3,0<br />
2,0<br />
1,0<br />
0,0<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
Simulation bei 84%<br />
Simulation bei 41 %<br />
Simulation bei 27%<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />
Zeit [d]<br />
Abb. 2.3.2-6:<br />
Simulation der Abhängigkeit der spezifischen<br />
Methanbildung vom Wassergehalt<br />
In Verbindung mit der Modellsimulation (vgl. Abb. 2.3.2-6) wurde der Einfluss des Wassergehalts<br />
auf die spezifische maximale Methanbildungsrate und Methanbildung experimentell untersucht.<br />
Dazu wurden sowohl Feststoffabfallproben aus einer Deponiebeprobung 2) (Deponie Fallersleben,<br />
Stadt Wolfsburg) mit ihren in situ gemessenen Wassergehalten als auch Feststoffabfallproben mit<br />
im Labor eingestellten Wassergehalten verwendet. Anhand der graphischen Auswertung der experimentellen<br />
Ergebnisse in Abb. 2.3.2-7 wird deutlich, dass mit steigendem Wassergehalt von 27 auf<br />
83 Gew.-% die spezifische Methanbildungsrate linear zunimmt, im Fall der zeitvarianten spezifischen<br />
Methanbildung (Abb. 2.3.2-8) jedoch entgegen der Simulation (Abb.2.3.2-6) nicht die gleiche<br />
maximale Methanbildung resultiert. Durch die sukzessive Erhöhung des Wassergehaltes im Experiment<br />
ist allgemein davon auszugehen, dass den Mikroorganismen durch verbesserten Nährstofftransport<br />
und Stoffübergang mehr abbaubare organische Substanzen zur Verfügung stehen. Hinsichtlich<br />
der Methanbakterienspezies 2 ist davon auszugehen, dass im Fall der Wassergehalte von<br />
27 und 41 Gew.-% eine starke Substratlimitierung bezüglich des Wasserstoffs aber auch eine Substratlimitierung<br />
bezüglich des CO2 auftritt, da der Stoffübergang direkt in die umgebende Gasphase<br />
erfolgen kann als bei höheren Wassergehalten, wo sich zunächst eine Gleichgewichtseinstellung mit<br />
der Wasserphase ergibt und damit für die Methanbakterienspezies 2 die Chance größer ist Methan<br />
zu bilden. Diese Zusammenhänge wurden parallel zum Wassergehaltseinfluss im Modell berücksichtigt<br />
und erneut eine Simulation durchgeführt, die ebenfalls in Abb. 2.3.2-8 dargestellt ist.<br />
Hinsichtlich des in der Modellerweiterung berücksichtigten Wassergehaltsfaktors fWG, wurde dieser<br />
dahingehend modifiziert, dass auf der Grundlage des experimentellen Ergebnisses in Abb. 2.3.2-7<br />
der minimale Wassergehalt bei 15 Gew.-% liegt und damit die Formulierung für den Wassergehaltsfaktor<br />
fWG (vgl. Abb. 2.3.2-5) modifiziert wie folgt lautet: fWG = 0.012·WG – 0.18.<br />
2) Haarstrick et al. (<strong>2003</strong>), Deponiebericht der Teilprojekte B5 und D1.
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
spezische Methanbildungsrate<br />
[g / kg-oTA / d]<br />
0,35<br />
0,30<br />
0,25<br />
0,20<br />
0,15<br />
0,10<br />
0,05<br />
0,00<br />
Abfallproben Bohrloch II mit original Wassergehalt<br />
Abfallproben mit im Labor eingestellten Wassergehalt<br />
0 20 40 60 80 100<br />
Wassergehalt [%- m/m]<br />
Abb. 2.3.2-7:<br />
Experimentelle Untersuchung des Einflusses des<br />
Wassergehaltes auf die spezifische Methanbildungsrate:<br />
(�) Messdaten auf der Grundlage des<br />
gemessener Wassergehalte im Feststof-fabfall,<br />
(■) Messdaten auf der Grundlage von unterschiedlichen<br />
konstant gehaltenen Wassergehalten<br />
bei T = 55°C.<br />
spezifische Methanbildung<br />
[g / kg-oTA]<br />
- 90 -<br />
8,0<br />
7,0<br />
6,0<br />
5,0<br />
4,0<br />
3,0<br />
2,0<br />
1,0<br />
0,0<br />
Experiment bei 84%<br />
Experiment bei 41%<br />
Experiment bei 27%<br />
Simulation bei 27%<br />
Simulation bei 41%<br />
Simulation bei 84%<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />
Zeit [d]<br />
Abb.2.3.2-8:<br />
Simulierte und experimentelle Daten der spezifischen<br />
Methanbildung in Abhängigkeit von der Zeit und von<br />
unterschiedlichen konstant gehaltenen Wassergehalten<br />
(27, 41 und 84 Gew.-%) bei T = 55 °C.<br />
c) Sorptionseinflüsse<br />
Um den Einfluss von Sorptionseffekten simulieren zu können, wurden Sorptionsterme in das Modell<br />
mit der Annahme eingefügt, dass die Einflüsse überwiegend auf Kinetiken 1. Ordnung beruhen.<br />
Für den Adsorptionsprozess lautet die Formulierung:<br />
� �<br />
dC � �<br />
ads<br />
Cads<br />
� k ��<br />
� ads Cgel<br />
�<br />
2.3.2-1<br />
dt � K D �<br />
mit Cads als adsorbierte Menge der organischen Verbindung pro Masse des Feststoffabfalls, kads als<br />
Geschwindigkeitskonstante der Adsorptionsreaktion, Cgel als Konzentration der organischen Verbindung<br />
gelöst im Sickerwasser (DOC) und mit KD als Verteilungskoeffizient für das System<br />
fest/flüssig. Für den Desorptionsprozess lautet die Formulierung:<br />
dC<br />
dt<br />
�C�K�� ads k des � gel D Cads<br />
� 2.3.2-2<br />
mit kdes als Geschwindigkeitskonstante der Desorptionsreaktion.<br />
Die Gleichungen 2.3.2-1 und 2.3.2-2 gelten streng genommen nur für einzelne Sorptionsreaktionen.<br />
Wobei jedes Adsorbat-/Adsorptiv-System seinen eigenen KD Wert und seine eigenen kinetischen<br />
Konstanten besitzt. Da die Zusammensetzung des Abfalls sehr komplex ist, muss von globalen<br />
Sorptionsreaktionen ausgegangen werden, wobei die Annahme gilt, dass nur leicht abbaubare organische<br />
Substanzen in der Lage sind zu desorbieren. Bei den mittel- und schwerabbaubaren Substanzen<br />
wird davon ausgegangen, dass die biologische Hydrolyse und der weitere Abbau der Hydrolyseprodukte<br />
direkt an der Abfalloberfläche ablaufen. Im Fall der mittel- bis schwerabbaubaren Substanzen<br />
handelt es sich um komplexe hochmolekulare Substanzen, die einerseits nur zum Teil wasserlöslich<br />
andererseits aber auch hydrophob sind und damit das Sorptionsgleichgewicht in Richtung<br />
Adsorption verlagert wird.
- 91 -<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
Aus Abbauversuchen resultierte, dass die Sorption einen Einfluss auf die Methanbildungsrate hat.<br />
Um diesen Einfluss näher zu untersuchen, wurde Holz im sauren Milieu hydrolysiert und das erhaltene<br />
Hydrolysat als C-Quelle für die biologischen Abbauversuche verwendet. Die Abnahme des<br />
organischen Kohlenstoffs wurde sowohl in der Flüssigphase (System I, Abb. 2.3.2-9a) als auch in<br />
Verbindung mit Holzspäne als zusätzliche Feststoffphase (System II, Abb. 2.3.2-9b) untersucht. Im<br />
System III (Abb. 2.3.2-9c) wurde keine zusätzliche C-Quelle über die wässrige Phase hinzugefügt,<br />
sondern es wurde lediglich der biologische Abbau des vom Holz in die wässrige Nährlösung desorbierten<br />
organischen Kohlenstoffs untersucht.<br />
spezifische Gasbildung [g/g-C]<br />
0.50<br />
0.45<br />
0.40<br />
0.35<br />
0.30<br />
0.25<br />
0.20<br />
0.15<br />
0.10<br />
0.05<br />
0.00<br />
DOC<br />
CH 4<br />
CO 2<br />
0.70<br />
0.60<br />
0.50<br />
0.40<br />
0.30<br />
0.20<br />
0.10<br />
0.00<br />
DOC [g/L]<br />
0 2 4 6 8 10<br />
Zeit [d]<br />
CO2<br />
DOC<br />
CH4<br />
Abb. 2.3.2-9a:<br />
Bildung von Methan und Kohlendioxid sowie<br />
Abbau von DOC in wässriger Hydrolysatphase<br />
(System I); die durchgezogenen Linien stellen<br />
die Simulation dar.<br />
Abb. 2.3.2-9c:<br />
Bildung von Methan und Kohlendioxid sowie<br />
Abbau von DOC in wässriger Nährlösung mit<br />
Holzspäne als zusätzliche Feststoffphase (System<br />
III); die durchgezogenen Linien stellen die<br />
Simulation dar.<br />
spezifische Gasbildung [g/ g-C]<br />
0.035<br />
0.030<br />
0.025<br />
0.020<br />
0.015<br />
0.010<br />
0.005<br />
0.000<br />
CO 2<br />
DOC<br />
CH 4<br />
1.8<br />
1.6<br />
1.4<br />
1.2<br />
1.0<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.0<br />
DOC [g/L]<br />
0 10 20 30 40 50<br />
Zeit [d] CO2<br />
DOC<br />
CH4<br />
Abb. 2.3.2-9b:<br />
Bildung von Methan und Kohlendioxid sowie<br />
Abbau von DOC in wässriger Hydrolysephase<br />
Holzspäne als zusätzliche Feststoffphase (System<br />
II); die durchgezogenen Linien stellen die Simulation<br />
dar.<br />
spezifische Gasbildung [g/ g-C]<br />
0.018<br />
0.016<br />
0.014<br />
0.012<br />
0.010<br />
0.008<br />
0.006<br />
0.004<br />
0.002<br />
0.000<br />
DOC<br />
CH 4<br />
CO2<br />
0.8<br />
0.7<br />
0.6<br />
0.5<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
0.0<br />
DOC [g/L]<br />
0 10 20 30 40 50<br />
Zeit [d]<br />
CO2<br />
DOC<br />
CH4<br />
Bei den dargestellten Punkten in den Abb. 2.3.2-9a-c handelt es sich um Messwerte, bei den Kurven<br />
um Simulationen, die auf der Grundlage der Modellgleichung 2.2.1-1durchgeführt wurden. In Abb.<br />
2.3.2-9a (System I) ist zu erkennen, dass die Methanproduktion gleichzeitig mit der Kohlendioxidproduktion<br />
startet. Dies wird durch das Modell gut wiedergegeben. Nach ca. 8 Tagen erfolgt eine<br />
Stagnation des DOC Abbaus, wobei es sich möglicherweise um eine Verzögerung der biologischen<br />
Hydrolyse von oligomeren Verbindungen handelt. In Abb. 2.3.2-9b sind die experimentellen Er-
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
gebnisse des Systems II dargestellt. Für dieses Experiment wurde die gleiche Menge Hydrolysat<br />
wie im System I und damit ebensoviel leicht abbaubare Stoffe verwendet. Die anfängliche Zunahme<br />
des DOC resultiert durch die Desorption von leicht löslichen organischen Verbindungen des Holzes.<br />
Die Methanproduktion setzt wie in System 1 jedoch nicht sofort ein, sondern erst nach 12 Tagen.<br />
Es wird vermutet, dass diese Verzögerung auf eine Inhibierung der Aktivität der Methanbakterien<br />
durch desorbierte organische Verbindungen des Holzes zurückzuführen ist. Die gleiche Verzögerung<br />
der Methanbildung ist auch im System III (Abb. 2.3.2-9c) zu beobachten. Die Desorption in<br />
den ersten Tagen findet zeitgleich mit der Verzögerung der Methanbildung statt. Zwischen dem 30.<br />
und 40. Tag kommt es zu einer erneuten Desorption von organischen Verbindungen des Holzes und<br />
zu einer erneuten Inhibierung der Methanbildung. Dieses Messergebnis stützt die o.g. Vermutung,<br />
dass organische Verbindungen des Holzes eine inhibierende Wirkung auf die Methanbildung haben.<br />
Wie in den Abb. 2.3.2-9b (System II) und 2.3.2-9c (System III) zu erkennen ist, entspricht der im<br />
Modell berücksichtigte Einfluss von Sorptionseffekten auf den biologischen Abbau organischer<br />
Verbindungen noch nicht in zufriedenstellender Weise den experimentellen Ergebnissen. Es besteht<br />
noch weiterer Forschungsbedarf, um das Modell entsprechend zu verbessern.<br />
Um den Einfluss des mikrobiellen Wachstums auf die physiko-chemischen Eigenschaften des Abfalls<br />
zu untersuchen, wurden Experimente mit unterschiedlichen Tracern in einer Laborabfallsäule<br />
durchgeführt und nach einem 3-monatigen anaeroben Abbau des Abfalls wiederholt. Die Messungen<br />
ergaben, dass sich das Porenvolumen um 6% des ursprünglichen Wertes verringert hatte und<br />
durch die biologischen Abbauprozesse die Abfalloberfläche hydrophober geworden ist. Diese Veränderung<br />
der Oberflächeneigenschaft des Abfalls wird am Beispiel der experimentell ermittelten<br />
und in Abb. 2.3.2-10 dargestellten Durchbruchszeiten für Ethanol und Aceton deutlich. Da Ethanol<br />
aufgrund seines KOW-Wertes von –0.32 hydrophober ist als Aceton, das einen KOW-Wert von –0.48<br />
besitzt, wird das Ethanol durch die jetzt hydrophobere Abfalloberfläche länger in der Abfallsäule<br />
zurückgehalten.<br />
Abb. 2.3.2-10:<br />
Durchbruchszeiten für ver-<br />
schiedene anorganische und<br />
organische Tracerverbindungen.<br />
NaCl: Natriumchlorid<br />
MgCl: Magnesiumchlorid<br />
(NH4)2SO4: Ammoniumsulfat<br />
Kow-Wert: Verteilungskoeffizient<br />
im Zweiphasensystem Octanol /<br />
Wasser. Der Wert stellt ein Maß<br />
für die Hydrophobizität einer<br />
organischen Verbindung dar.<br />
Zeit [s]<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
- 92 -<br />
vor Bewuchs<br />
nach Bewuchs<br />
NaCl MgCl (NH4)2SO4 Ethanol Aceton<br />
Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse (Abb. 2.3.2-10) kann davon ausgegangen werden, dass<br />
sich durch mikrobiellen Bewuchs die physiko-chemischen Eigenschaften der Abfalloberfläche ändern.<br />
Da es sich offensichtlich um Änderungen der chemischen Eigenschaften der Abfalloberfläche<br />
handelt, die jetzt hydrophober geworden ist, werden auch zunehmend hydrophobe organische Verbindungen<br />
auf der Abfalloberfläche adsorbiert und dadurch ihre Bioverfügbarkeit verringert.
- 93 -<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
In Tab. 2.3.2-1 sind einige Beispiele von Bioverfügbarkeiten organischer Verbindungen in Anwesenheit<br />
von Modellabfällen (Polyethylen (PE) und Holz) bzw. eines realen Deponieabfalls aufgeführt.<br />
Tab. 2.3.2-1: Bioverfügbarkeiten verschiedener Systeme.<br />
Adsorbat Adsorptiv KD-Wert Kow Bioverfügbarkeit<br />
Abfall<br />
Hexan 0,005 4,11 0,486<br />
Dioxan 0,0007 -0,38 0,871<br />
Ethanol 0,0009 -0,32 0,849<br />
PE Hexanol 0,009 2,02 0,3414<br />
Holz Hexanol 0,021 2,02 0,0176<br />
Bioverfügbarkeit:<br />
B<br />
f<br />
�<br />
1�<br />
1<br />
K � R<br />
KD:Verteilungskoeffizient fest/flüssig, RS/W: Feststoff/Wasser-Verhältnis<br />
Die in Tab. 2.3.2-1 dargestellten Ergebnisse belegen, dass die Bioverfügbarkeit mit zunehmender<br />
Hydrophobizität des Adsorptivs sinkt. Ein weiterer Faktor, der die Bioverfügbarkeit entscheidend<br />
beeinflusst, ist das Adsorbat. Komplexere Substanzen wie z.B. Holz haben einen wesentlich größeren<br />
hemmenden Einfluss als regelmäßig strukturierte Substanzen wie z.B. Polyethylen. Bei Holz<br />
stehen verschiedene Endgruppen für unterschiedliche Bindungsmechanismen zur Verfügung, so<br />
dass ein breiteres Spektrum an Substanzen adsorbieren kann. Aus diesem Grund ist es wichtig, die<br />
Abfallzusammensetzung und –eigenschaften noch näher zu untersuchen, um aus den sich zeitlich<br />
verändernden Bioverfügbarkeiten die Potentiale für das Langzeitemissionsverhalten von Deponien<br />
vorhersagen zu können.<br />
2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong><br />
Bisher diskutierte Modelle zur Beschreibung von zeitvarianten Abfallstabilisierungs- und Emissionsvorgängen<br />
aus Siedlungabfalldeponien waren und sind empirischer, formaler Natur. Dabei steht<br />
das allgemeine Reaktionsgeschehen in einer als „Black Box“ betrachteten Deponie im Vordergrund,<br />
so dass die hierauf aufbauenden Modelle eher deskriptiven Charakter besitzen. Biologisches und<br />
chemisches Detailwissen über das Reaktionsgeschehen innerhalb der Deponie ist dabei nicht eingebunden,<br />
so dass beispielsweise biologische Reaktionsvorgänge, Sättigungs- oder Inhibierungsvorgänge,<br />
Mikroorganismenwachstum und Biofilmbildung nicht berücksichtigt werden. Um dieses<br />
dennoch zu erreichen, ist in einem ersten Schritt die Entwicklung von prädikativen, mechanistischen<br />
Modellen hilfreich, um dann in einem zweiten Schritt diese Modelle in adaptive stochastische<br />
Modelle zu überführen. Die Grundlage hierfür bilden mathematische Ansätze über physikalische,<br />
chemische und biologische Reaktionsprozesse in Abfällen.<br />
Ähnliche vergleichbare deterministische Ansätze, wie sie im ersten Schritt der Modellentwicklung<br />
formuliert wurden, finden sich für das System Deponie hauptsächlich bei [EL-FADEL et al., 1996;<br />
DEMETRACOPOULOS et al., 1986; DACH et al., 1997 und YOSHIDA et al., 1997]. Im Bereich<br />
des Systems Boden sind die Informationen umfangreicher und bereits ausführliche physikalischmathematische<br />
Modelle erarbeitet worden [SCHÄFER, 1992]. So wurden Modelle vorgestellt, in<br />
D<br />
S<br />
W<br />
,
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
denen Transport- und Reaktionsprozesse miteinander gekoppelt sind, um darüber Ausbreitungsphänomene<br />
bestimmter Schadstoffe im Boden zu beschreiben. Für den Bereich der Deponieabfälle<br />
sind derartige Kopplungen beispielsweise von [DACH et al., 1997] beschrieben worden. Eine eingehende<br />
Betrachtung der biokinetischen Prozesse wurde hier jedoch nicht vorgenommen; zur Beschreibung<br />
der Abbauprozesse von organischen Verbindungen dienten ausschließlich nur globale<br />
Abbaukonstanten. Biokinetische Daten aus der Untersuchung aerober und anaerober biologischer<br />
Stoffwechselprozesse sind bisher nicht publiziert worden. Lediglich aus den Bereichen Klärschlamm-<br />
und Sickerwasserbehandlung sind zahlreiche biokinetische Daten über aerobe und anaerobe<br />
biologische Stoffwechselprozesse bekannt und publiziert. Einen umfangreichen Überblick<br />
bieten hier die Arbeiten von [HENZE et al., 1995].<br />
Detailliertere Untersuchungen über Reaktions- und Transportvorgänge in Deponien wie auch die<br />
Entwicklung entsprechender Modelle zur Simulation von Stabilisierungs- und Emissionsprozessen<br />
in bzw. aus Deponien erfolgten hauptsächlich in den letzten 4 bis 5 Jahren. Hier sind vor allem die<br />
Arbeiten von [VAVILIN et al. <strong>2001</strong>; VEEKEN & HAMELERS, 1999; SIEGRIST et al. 2002;<br />
WHITE et al., <strong>2001</strong> sowie LAY et al., 1997] zu nennen, die sich mit der Modellierung biologischer<br />
Reaktionsprozesse und der Einflussnahme von spezifischen Milieubedingungen beschäftigen. Den<br />
thematischen Schwerpunkt bilden dabei insbesondere enzymatisch katalysierte Hydrolyseprozesse<br />
und deren Auswirkungen auf das Langzeitreaktions- und Emissionsgeschehen. Bezugnehmend auf<br />
Überlegungen, den gesamten Deponiekörper im Modell zu erfassen, berichten [GURIJALA & RO-<br />
BINSON, 1997] über umfangreiche, statistisch ausgewertete Deponiedaten. Ein großes Problem<br />
stellten dabei noch fehlende Kenntnisse über Parameterkorrelationen im Abfall und deren experimentelle<br />
Erfassung dar. Gerade diese Überlegungen und Probleme werden im vorliegenden Teilprojekt<br />
B5 bearbeitet. Vor allem die Überlegungen über die mathematische Formulierung der unterschiedlichen<br />
Mechanismen und der Einflussnahme von Milieuparametern auf die biokinetischen<br />
Abbauprozesse fanden durch einen Vortrag auf dem achten internationalen Kongress über Deponie-<br />
/Abfallbehandlungs- und Abfallmanagementmethoden auf Sardinien Beachtung. Hieraus entstandene<br />
und mittlerweile enge Kooperationen mit einer Arbeitsgruppe vom Department of Civil and<br />
Environmental Engineering (Prof. W. Powrie und Prof. J. White) der Universität Southampton<br />
(GB) sowie mit einer Arbeitsgruppe aus der Abteilung für Abfallmanagement (Prof. Stegmann) der<br />
TU Hamburg-Harburg belegen auch auf internationaler Ebene das Interesse an den eigenen Arbeiten<br />
und die Einbindung in aktuelle Forschungen auf diesem Gebiet.<br />
2.5 Offene Fragen<br />
Über die Entwicklung adaptiver, stochastischer Modelle in Verbindung mit einem modellgestützten<br />
Monitoring zur Prognose des Emissionsverhaltens von Deponien und möglicher Bauwerksschädigungen<br />
wurde in der Literatur bisher kaum etwas berichtet. In der Deponieüberwachung<br />
fehlen adaptive Modelle zur Beurteilung der aus den biologischen, chemischen und physikalischen<br />
Prozessen resultierenden Gefährdungspotentiale des Deponiebauwerks und daran angepasste Monitoringkonzepte.<br />
Die Frage der Einsetz- und Übertragbarkeit solcher Modelle ist dabei stark von<br />
der hinreichend genauen Kenntnis über Parameter- und Variablensignifikanzen sowie der statistischen<br />
Verteilung der Parameter im Deponiekörper abhängig.<br />
Deshalb wird sich in der dritten Förderungsphase die Modellschärfung im Wesentlichen sowohl auf<br />
die Einarbeitung von weiteren systemimmanenten Eigenschaften der in der zweiten Antragsphase<br />
eingeführten Repräsentativen Einheitsvolumina (REV) als auch auf experimentelle Untersuchungen<br />
an Laborabfallsäulen und in enger Kooperation mit dem Teilprojekt D1 auch vor Ort auf einen De-<br />
- 94 -
- 95 -<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
poniemessstand (Abb. 2.5-1) beziehen. Dort wird die Möglichkeit bestehen, einzelne vertikale Segmente<br />
im Deponieinneren über Messsonden, Sensoren und Probennahmen zu erreichen und zu charakterisieren.<br />
Abb. 2.5-1:<br />
Schema des Deponiemessstands<br />
auf der Deponie Deiderode<br />
(Stadt Göttingen)<br />
Sickerbecken für<br />
Tracerversuche<br />
Messungen in zeitlichen und örtlichen Abständen in der Deponie:<br />
9.5 m<br />
10 m<br />
Abstände der Messstellen:<br />
ca. 2,5 m (vertikal)<br />
Temperatur, relative Luftfeuchte, Deponiegaszusammensetzung,<br />
Konzentration anorganischer und organischer Verbindungen im Sickerwasser<br />
Die im Modell betrachteten REVs sollen den Segmenten des untersuchten Deponiebereichs entsprechen<br />
und werden als kleinste Modelleinheiten mit quasi homogenen Eigenschaften angenommen<br />
(segregiertes Deponiemodell). Sowohl diese als auch die Arbeiten zur Modellverfeinerung und<br />
Transportmodellierung erfolgen weiterhin im engen Verbund mit dem Teilprojekt B6<br />
(Dinkler/Ahrens). Weiterführende theoretische Überlegungen zur Modellverfeinerung und modellbegleitende<br />
experimentelle Untersuchungen werden genutzt, um die im Modell verwendete Anzahl<br />
von Parametern sinnvoll zu reduzieren. In diesem Zusammenhang werden in Fortsetzung der Kooperation<br />
mit dem Teilprojekt A1 (Hosser) die im Modell enthaltenen biochemischen, chemischen<br />
und physikalischen Parameter in Analysen über Versagenszustände statistisch bewertet und mit in<br />
die Überlegungen zur weiteren Modellverfeinerung bzw. Modellreduktion eingebunden.<br />
2.6 Literatur<br />
BÖHNKE B., BISCHOFSBERGER W., SEYFRIED W., 1993: Anaerobtechnik Handbuch der anaeroben<br />
Behandlung von Abwasser und Schlamm, Berlin: Springer - Verlag.<br />
DACH, J., OBERMANN, I., JAGER, J., OSTROWSKI, W., 1997: Water and Gas Transport in<br />
Landfills Contaminating Pretreated Waste. Proc. 6 th International Landfill Symposium, 13-17 October,<br />
Sardinia.<br />
DEHNE, M., HAARSTRICK, A., MEIMA, J.A., HEMPEL, D.C., HOSSER, D., <strong>2003</strong>: Weak Point<br />
Analysis of Municipal Landfill Structures Using Adaptive Monitoring. Waste Management,<br />
eingereicht <strong>2003</strong>.<br />
DEMETRACOPOULOS, A.C., ASCE, A.M., SEHAYEK, L., ERDOGAN, H., 1986: Modelling<br />
Leachate Production from Municipal Landfills, Waste Management, 112 (5), 849-867.<br />
DERNBACH H., 1982: Versuche zur Abschätzung des Gaspotentials einer Deponie anhand von<br />
Müllproben, Veröffentlichung des Instituts für Stadtbauwesen, Gas-, und Wasserhaushalt von<br />
Mülldeponien, Braunschweig, Heft 33.<br />
EL-FADEL, M., FINDIKAKIS, A.N., LECKIE, J.O., 1996a: Numerical Modelling of Generation<br />
and Transport of Gas and Heat in Landfills, I. Formulation, Waste Management and Research, 14,<br />
483-504.
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
EL-FADEL, M., FINDIKAKIS, A.N., LECKIE, J.O., 1996b: Numerical Modelling of Generation<br />
and Transport of Gas and Heat in Landfills, III. Sensitivity Analysis. Waste Management and Research,<br />
14, 87-102.<br />
EL-FADEL, M., FINDIKAKIS, A.N., LECKIE, J.O., 1996c: Temperature Effects in Modelling<br />
Solid Waste Biodegradation. Environmetal Technology, 17, 915-935.<br />
GUJER W., ZEHNDER A.J.B., 1983: Conversion Processes in anaerobic digestion, Water Science<br />
and Technology, Vol. 15, 1983, pp.127 - 167.<br />
GURIJALA, K.R., SA, P., ROBINSON, J.A., 1997: Statistical modelling of methane production<br />
from landfill samples. Applied and environmental microbiology, 63 (10), 3797 – 3803, Heft 15.<br />
GURIJALA, K.R., SUFLITA, J.M., 1993: Environmental factors influencing methanogenesis from<br />
refuse in landfill samples, Environmental Science and Technology, Vol. 27, No. 6, 1993,<br />
1176 – 1181.<br />
HAARSTRICK, A., OSTERMANN, L., DINKLER, D., AHRENS, H., HEMPEL, D.C., <strong>2001</strong>a:<br />
Modelling of the Biodegradation of Organic Matter in Municipal Landfills. Waste Management &<br />
Research, 4 (19), 320-331.<br />
HAARSTRICK, A., MÜNNICH, K., MORA NARANJO, N., ZIEHMANN, G., <strong>2003</strong>: Erkundung<br />
von Gasbrunnenbohrungen auf der Deponie Fallersleben und Abfalldatenerhebung zur Untersuchung<br />
von Überwachungsparametern sowie zur Modellierung anaerober Abbauprozesse, Deponiebericht<br />
der Teilprojekte B5 und D1 im <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, TU Braunschweig, unveröffentlicht.<br />
HENZE, M., HARRMOES, P., JANSEN, J. L. C., ARVIN, E., 1995: Wastewater Treatment –<br />
Biological and Chemical Processes. Springer-Verlag, Deutschland.<br />
KRUSE, K., 1994: Langfristiges Emissionsgeschehen von Siedlungsabfalldeponien. Institut für<br />
Siedlungswasserwirtschaft – TU Braunschweig, Heft 54.<br />
LAY, J.J., LI, Y.Y., NOIKE, T., ENDO, J., ISHIMOTO, S., 1997: Analysis of environmental factors<br />
affecting methane production from high-solids organic waste. Water Science and Technology,<br />
36 (6-7), 493-500.<br />
McCARTY P.L., MOSEY F.E., 1991: Modelling of anaerobic digestion processes (a discussion of<br />
concepts), Water Science and Technology, Vol. 24, 1991, pp.17 - 33.<br />
MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C., 2002: Modelling the Effects of Environmental<br />
Conditions on the Biodegradation of Organic Material in Municipal Landfills. In: Waste Management<br />
and the Environment, Eds.: Almorza, Brebbia, Sale, Popov, WIT Press, Southampton, UK,<br />
479-489.<br />
MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C., 2002a.: Experimentelle<br />
Untersuchung und Modellierung der Kinetik anaerober Prozesse im Siedlungsabfall. gwf<br />
Wasser-Abwasser, 143 (2), 130-137.<br />
RODRIGUEZ C., HILIGSMANN S., LARDINOIS M., DESTAIN J., RADU J., CHARLIER R.,<br />
THONART P., <strong>2001</strong>: Cellulose enzymatic availability in solid waste, Proceedings 8 th International<br />
Waste Management and Landfill Symposium, Sardinia <strong>2001</strong>.<br />
- 96 -
- 97 -<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
SCHÄFER, W., 1992: Numerische Modellierung mikrobiell beeinflusster Stofftransportvorgänge<br />
im Grundwasser. Schriftenreihe gwf Wasser-Abwasser, Band 23.<br />
SIEGRIST, H., VOGT, D., GARCIA-HERAS, J.L., GUJER, W., 2002: Mathematical Model for<br />
meso- and thermophilic anaerobic sewage sludge digestion. Environ. Sci. Technol., 36, 1113-1123.<br />
SUK, B.H., LEE, K-K., LEE, C.H., 2000: Biologically reactive multispecies transport in sanitary<br />
landfill. Journal of Environmental Engineering, 126 (5), 419-427.<br />
VAVILIN, V.A., RYTOV, S.V., LOKSHINA, L.Y.A., RINTALA, J.A., LYBERATOS, G., <strong>2001</strong>:<br />
Simplified hydrolysis models for the optimal design of two-stage anaerobic digestion. Water Research,<br />
35 (17), 4247 – 4251.<br />
VEEKEN, A., HAMELERS, B., 1999: Effect of temperature on hydrolysis rates of selected biowaste<br />
components. Bioresource Technology, 69, 249-254.<br />
WHITE, J., Robinson, J., Ren, Q., <strong>2001</strong>: A Framework ton Contain a Spatially Distributed Model<br />
of the Degradation of Solid Waste in Landfills. Proc. 8 th International Landfill Symposium, 1.-5.<br />
October, Sardinia.<br />
YANG S, S., CHANG H-L., 1998: Effect of environmental conditions on methane production and<br />
emission from paddy soil, Agriculture, Ecosystems and Environment, 69, pp. 69 - 80.<br />
YOSHIDA, H., TANAKA, N., HOZUMI, H., 1997: Theoretical Study on Heat Transport Phenomena<br />
in a Sanitary Landfill. Proc. 6 th International Landfill Symposium, 13-17 October, Sardinia.<br />
2.7 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />
Veröffentlichungen der vergangenen 3 bis 4 Jahren.<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong> Workshop (Teilprojekt B5)<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (2000): Untersuchung der biologischen, chemischen und physikalischen Prozesse<br />
in Deponien, im Rahmen des Kontaktes mit dem Fachbereich Bauingenieurwesen, Abfallwirtschaft,<br />
Siedlungswasserwirtschaft, Prof. Dr.-Ing. Ehrig, der Bergischen Universität Wuppertal.<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (<strong>2001</strong>): Numerische Methoden zur Parameterschätzung und optimalen Versuchsplanung<br />
bei nichtlinearen Differentialgleichungen, im Rahmen des Kontaktes mit dem Institut<br />
für Wissenschaftliches Rechnen, Dr. P. Schlöder, Universität Heidelberg.<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (<strong>2001</strong>): Development of Sustainable Landfill Concepts based on understanding<br />
of Waste-Waste Interaction and Transformation Processes in a Landfill, im Rahmen des Kontaktes<br />
mit dem Energieuntersuchungszentrum Petten, Dr. H. A. van der Sloot, Niederlande.<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (2002): Modellierung und Simulation von Populationsbilanzen für Eigenschaftverteilungen,<br />
im Rahmen des Kontaktes mit der Computing in Technology GmbH, Dr. M. Wulkow,<br />
Rastede.<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-Workshop (2002): a) Modelling the biochemical degradation of solid waste in landfills, b)<br />
Settlement of landfill wastes – small compression cell tests, im Rahmen der Kooperation mit dem<br />
Department of Civil and Environmental Engineering, Dr. J. White, Dr. R. Beaven, University of<br />
Southampton, Großbritannien.
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
Vorträge<br />
HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (<strong>2001</strong>): Anaerobic Digestion in Municipal Landfills – Conceptual<br />
Considerations and Development of Structured Biodegradation Models, 8 th International<br />
Waste Management and Landfill Symposium, 10 – 15 Oct., Caliary, Sardinien, Italien.<br />
MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (2002): Modelling the Effects of Environmental<br />
Conditions on the Biodegradation in Municipal Landfills, 9 th International Conference on Envrion-<br />
Soft – Modelling, Monitoring and Management of Environmental Problems, 8-11 Mai, Bergen,<br />
Norwegen.<br />
MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (2002): Experimental<br />
Investigation and Modelling of the Effect of Sulfate on Anaerobic Biodegradation Processes in Municipal<br />
Wastes, 3 rd International Symposium on Anaerobic Digestion of Solid Wastes, 18 – 20<br />
Sept., München/Garching.<br />
HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (<strong>2003</strong>): Modellierung anaerober Abbauprozesse in Hausmülldeponien,<br />
Dechema Arbeitsausschusssitzung, 20. Sitzung der Arbeitsgruppe “Umweltbiotechnologie”,<br />
5. Febr., Frankfurt a. Main.<br />
MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (<strong>2003</strong>): Experimental<br />
Investigation and Modelling of the Effect of Environmetal Conditions on the Acetate and Methane<br />
Generation in Municipal Solid Waste, 9 th International Waste Management and Landfill Symposium,<br />
6 – 10 Oct., Caliary, Sardinien, Italien.<br />
Dissertationen<br />
Laufende Arbeiten:<br />
NELSON MORA NARANJO: Analyse der Kinetik des Abbaus organischer Verbindungen in<br />
Hausmüllabfällen, voraussichltiche Abgabe Ende <strong>2003</strong>.<br />
HILKE HEINKE: Untersuchung der physiko-chemischen und biochemisch reaktiven Eigenschaften<br />
von Deponieabfällen, voraussichtliche Abgabe Ende 2004.<br />
Diplomarbeiten<br />
MOLSEN, HILKE (<strong>2001</strong>): Untersuchung der physiko-chemischen Eigenschaften und biocchemischen<br />
reaktiven Eigenschaften von Deponieabfällen.<br />
CARMEN ALAMAR PROVECHO (2002): The influence of environmental factors like sulfate,<br />
dihydrogen sulfide, temperature and pH on the anaerobic degradation of organic waste in<br />
municipal landfills.<br />
LOURDES RUBIO (<strong>2003</strong>): Einfluss des mikrobiellen Wachstums auf die hydraulischen<br />
Eigenschaften von Abfallschüttungen.<br />
Studienarbeiten<br />
GEORG STRÜNCKMANN (2000): Erarbeitung eines Deponiezustandsprofils auf der Grundlage<br />
von Natur- und Labormessungen.<br />
DAGMAR BRACHT (2000): Untersuchung des Adsorptions- u. Desorptionsverhaltens von deponietypischen<br />
organischen Substanzen in definierten Abfallmatrices.<br />
- 98 -
- 99 -<br />
B5<br />
Haarstrick, Hempel<br />
JENS OHRT (2002): Untersuchung geeigneter Methoden zur Bestimmung von Biomasse- und<br />
Wachstumsparametern in Siedlungsabfällen.<br />
LINUS ASCHENBACH (<strong>2003</strong>): Bestimmung von Adsorptionskinetiken organischer Verbindungen<br />
an einer Abfallmatrix.<br />
STEFANIE DEMMING (<strong>2003</strong>): Einwirkung von Sorptionsprozessen auf die Hydrolysekinetik<br />
hochmolekularer organischer Verbindungen im Abfall.<br />
Veröffentlichungen (internationale Zeitschriften)<br />
A. HAARSTRICK, L. OSTERMANN, H. AHRENS, D. DINKLER, D. C. HEMPEL (<strong>2001</strong>): Modelling<br />
of the Biodegradation of Organic Matter in Municipal Landfills, Waste Management &<br />
Research, 4 (19), 320-331.<br />
MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (2002): Modelling the Effects of Environmental<br />
Conditions on the Biodegradation of Organic Material in Municipal Landfills, in: Waste<br />
Management and the Environment, Eds.: Almorza, Brebbia, Sale, Popov, WIT Press, Southampton,<br />
UK, 479-489.<br />
MORA NARANJO, N., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C.: Modelling the Effects of Environmental<br />
Conditions on the Acetate and Methane Formation in Municipal Wastes, Waste Management,<br />
eingereicht <strong>2003</strong>.<br />
HAARSTRICK, A., MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A.., HEMPEL, D.C.: Modelling Anaerobic Degradation<br />
in Municipal Landfills, Environmental Engineering Science, eingereicht <strong>2003</strong>.<br />
DEHNE, M., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C., HOSSER, D.: Weak Point Analysis of Municipal Landfill<br />
Structures Using Adaptive Monitoring, Waste Management, eingereicht <strong>2003</strong>.<br />
MEIMA, J.A., MORA-NARANJO, N., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C.: Literature review and sensitivity<br />
analysis of parameters controlling biodegradation processes in municipal solid waste landfills,<br />
Waste Management, eingereicht <strong>2003</strong>.<br />
MORA- NARANJO, N., ALAMAR- PROVECHO, MEIMA, C., J., HAARSTRICK, A.,<br />
HEMPEL, D.C.: Experimental Investigation and Modelling of the Effect of Sulfate on Anaerobic Biodegradation<br />
Process in Municipal Solid Waste, Water Science and Technology, eingereicht <strong>2003</strong>.<br />
Veröffentlichungen (nationale Zeitschriften)<br />
HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C. (<strong>2001</strong>): Modellierung chemischer und biologischer Reaktions-prozesse<br />
in Siedlungsabfällen, gwf Wasser-Abwasser, 142 (6), 435-442.<br />
MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C., (2002): Experimentelle Untersuchung<br />
und Modellierung der Kinetik anaerober Prozesse in Siedlungsabfällen, gwf Wasser-Abwasser,<br />
143 (2), 130-137.<br />
ZIEHMANN, G., MÜNNICH, K., HAARSTRICK, A., FRICKE, K., HEMPEL. D.C. (<strong>2003</strong>): Deponiemonitoring<br />
– Teil I, Müll & Abfall, 4, 156-161.<br />
ZIEHMANN, G., MÜNNICH, K., HAARSTRICK, A., FRICKE, K., HEMPEL. D.C. (<strong>2003</strong>): Deponiemonitoring<br />
– Teil II, Müll & Abfall, angenommen, Veröffentlichung im Juli <strong>2003</strong>.<br />
HAARSTRICK, A., MORA NARANJO, N., MEIMA, J.A.., HEMPEL, D.C.: Monitoring und Prognose<br />
des Langzeitemissionsverhaltens von Siedlungsabfällen, gwf Wasser-Abwasser, angenommen, Veröffentlichung<br />
Ende <strong>2003</strong>.
- 100 -
Analyse der gekoppelten Prozesse von Wärmeentwicklung,<br />
Flüssigkeits- und Stofftransport in der Deponiestruktur<br />
Prof. Dr.-Ing. D. Dinkler<br />
Prof. Dr.-Ing. H. Ahrens<br />
Dr.-Ing. J. Hanel, Dipl.-Ing. J. Kindlein<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
- 101 -<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Im Teilprojekt B6 werden Modelle zur Beschreibung von Mehrphasenströmungen und Stofftransport<br />
sowie Stoffabbau in Siedlungsabfalldeponien untersucht und weiterentwickelt. Ziel der Arbeit<br />
ist die Entwicklung und exemplarische Erprobung von Berechnungsmodellen, die chemisch-biologische<br />
Reaktionen gekoppelt mit Transportvorgängen von Stoffen und Wärme in Deponien erfassen.<br />
Deponien stellen komplexe Ingenieurbauwerke dar, die während ihrer Lebensdauer (Funktionsphase<br />
und Nachsorgephase) vielfältigen inneren und äußeren Einwirkungen ausgesetzt sind. Für die<br />
Bewertung der Gefährdungspotentiale bestehender Deponien und neu zu errichtender Anlagen sind<br />
Modelle erforderlich, die das Langzeitverhalten von Deponien in seiner Komplexität zu beschreiben<br />
in der Lage sind. Hierbei müssen der Transport von Sickerwasser und Deponiegas sowie die mechanischen<br />
Eigenschaften und biochemische Abbauprozesse in einem gekoppelten Modell berücksichtigt<br />
werden, um das Zusammenwirken der Einzelprozesse im Gesamtsystem studieren und realitätsnah<br />
beschreiben zu können, siehe Abb. 1.<br />
Gasemissionen Niederschlag<br />
Verdampfung<br />
Deponiegas<br />
Methan, Kohlendioxid,...<br />
Wärmetransport<br />
bio-chemische<br />
Prozesse<br />
Stoffabbau,<br />
Gas- und Wärmeproduktion,<br />
Sickerwasserbelastung<br />
Sickerwasser<br />
gelöste Gase und<br />
Substanzen,<br />
Wärmetransport<br />
Abb. 1: Wesentliche Phänomene in Deponien<br />
Abfall<br />
Struktur<br />
Porosität<br />
Zusammensetzung<br />
Temperatur<br />
Verformung<br />
Volumenänderung<br />
Sickerwasserabfluss
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Modelle, mit denen die vielfältigen Mechanismen und Prozesse in einer Deponie rechnerisch untersucht<br />
werden können, sind auf verschiedenen Abstraktionsebenen möglich. Globale, stark vereinfachende<br />
Modelle, die „Black-box“-Charakter haben, sind mittels empirischer Methoden lange Zeit<br />
üblich gewesen, vgl. [DACH 1998; OBERMANN 1999; DANHAMER 2002]. Gegenstand gegenwärtiger<br />
und zukünftiger Forschung ist die Entwicklung genauerer Modelle, welche die Wechselwirkungen<br />
zwischen mechanischem Verhalten, Transportvorgängen und biologisch-chemischen<br />
Reaktionsprozessen mit Wärmeentwicklung implizit berücksichtigen, siehe [HANEL et al. <strong>2001</strong>;<br />
KINDLEIN et al. <strong>2003</strong>].<br />
Die Beschreibung von Energie- und Stofftransportvorgängen in Deponien erfolgt in der Regel in<br />
Analogie zu numerischen Verfahren zur Berechnung von Sickerströmungen in porösen Medien.<br />
Das poröse Medium wird als Kontinuum bestehend aus fester Phase (Kornmatrix) und mehreren<br />
Fluidphasen (Sickerwasser, Deponiegas) betrachtet. Infolge Gravitation, Dichte- und Druckgradienten<br />
kommt es zum Transport der Fluidphasen durch die Kornmatrix, siehe dazu [BEAR 1990;<br />
HELMIG 1997].<br />
Transport- und Reaktionsprozesse beeinflussen sich in vielfältiger Weise, so dass die Kopplung der<br />
Modelle zu stark nichtlinearen Modellgleichungen führt. Die Lösung der gekoppelten<br />
Modellgleichungen für Wärme- und Stofftransport in porösen Medien erfolgt numerisch. Die<br />
schwache Form der Transportgleichung wird mit Hilfe der Finite-Element-Methode diskretisiert.<br />
Die numerische Stabilisierung erfolgt mit dem von [HELMIG 1997] vorgestellten Box-Verfahren<br />
und oberstromgewichteten Koeffizienten (fully upwinding).<br />
Die Modellgleichungen für die lokale Massenbilanz und die Reaktionskinetik beschreiben den<br />
aeroben und anaeroben Abbau organischer Substanzen in der Feststoffmatrix und die Bildung<br />
flüssiger und gasförmiger Schadstoffe. In dieser Form sind sie als lokales Stoffgesetz in jedem<br />
Integrationspunkt der globalen Transportgleichungen für Deponien interpretierbar.<br />
Die Beschreibung von Reaktionsprozessen in Deponien ist bisher empirischer Natur. Die Deponie<br />
wird dabei als „Black-Box“ angesehen, deren Vorgänge in Deponie-Simulations-Reaktoren (DSR)<br />
beobachtet und rein phänomenologisch nachgebildet werden. Das an Experiment angepasste phänomenologische<br />
Abbaumodell von [DACH 1998] wird in eigenen Arbeiten mit Transportmodellen<br />
gekoppelt und zur Validierung der hier entwickelten Abbaumodelle herangezogen, siehe 2.3.<br />
Da innerhalb einer Deponie in Ort und Zeit stark unterschiedliche Prozesse vorhanden sein können,<br />
wird ein adaptives Modell entwickelt, mit dem auch die oft großen Unterschiede von Deponie zu<br />
Deponie oder bei Untersuchungen spezieller Deponiezustände, z. B. für Sensitivitätsanalysen, erfassbar<br />
sind. Das hierfür entwickelte Modell ist so strukturiert, dass die Anzahl der Unbekannten<br />
für Phasen und Komponenten beliebig gewählt und automatisch an die Deponiesituation angepasst<br />
werden kann.<br />
2.2 Angewandte Methoden<br />
Für die Simulation der in Deponien auftretenden Phänomene sind Modelle für die Beschreibung der<br />
Transportvorgänge von Stoffen und Wärme mit Modellen für biologische Abbauprozesse zu koppeln.<br />
Hierfür sind die lokalen Bilanzgleichungen der beteiligten festen, flüssigen und gasförmigen<br />
Stoffe, Biomassen und der Wärme aufzustellen sowie die räumlich und zeitlich veränderlichen<br />
Speicher-, Transport- und Milieubedingungen im eingelagerten Abfall zu beschreiben. Wegen der<br />
Komplexität von Reaktions- und Transportprozessen werden Modelle verglichen, die einerseits<br />
Transportvorgänge genau beschreiben und Reaktionen vereinfachend berücksichtigen sowie ande-<br />
- 102 -
- 103 -<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
rerseits Reaktionen genau erfassen und in vereinfachende Transportgleichungen eingebunden sind.<br />
Durch Vergleich der genauen und vereinfachenden Modelle wird die Güte der Simulation der Prozesse<br />
im Deponie-inneren analysiert und bewertet. Um verschiedene Deponiezustände adaptiv beschreiben<br />
und vergleichend beurteilen zu können, ist eine Adaptation der Primärvariablen und Prozesse<br />
an die jeweilige Situation erforderlich. Mit Hilfe von Systemvariationen wird der Einfluss von<br />
heterogenen Einlagerungen und inhomogenen Abfallschichten auf die Prozesse untersucht und hinsichtlich<br />
ihrer lokalen und globalen Bedeutung überprüft. Anhand von Berechnungsbeispielen werden<br />
Kriterien zur Bewertung von Deponiesituationen und zur Lebensdauervorhersage diskutiert.<br />
2.2.1 Lokale Massenbilanz und Reaktionskinetik<br />
Das Modell für den mikroskopischen Stoffabbau, siehe [HAARSTRICK et al. <strong>2001</strong>], wird in enger<br />
Zusammenarbeit der Teilprojekte B5 und B6 weiterentwickelt. Die biologisch-chemischen Prozesse<br />
von aerobem oder anaerobem Abbau sind mit Sättigungskinetiken formuliert. Das Modell berücksichtigt<br />
Milieubedingungen wie pH-Wert und Temperatur, Phasenübergänge sowie Wachstum und<br />
Absterben verschiedener Mikroorganismen. In Abb. 2 sind die Prozessketten für den aneroben Abbau<br />
dargestellt, wie sie mit dem Modell simuliert werden.<br />
ACIDOGENESE<br />
Feste organische Substanz<br />
Leicht bis mittelschwer abbaubar<br />
Gelöste, organische<br />
Verbindungen<br />
Biomasse (an)<br />
Lyse-<br />
Produkte<br />
(Zelltod)<br />
Biomasse (an)<br />
Organische Säuren<br />
Kohlendioxid<br />
Wasserstoff<br />
Methan<br />
Kohlendioxid<br />
HYDROLYSE<br />
Biomasse (an)<br />
Biomasse (m)<br />
ACETOGENESE<br />
Acetat<br />
Kohlendioxid<br />
Wasserstoff<br />
METHANOGENESE<br />
Abb. 2: Schematische Darstellung des anaeroben Abbaus mit dem mikroskopischen Abbaumodell<br />
Die zeitliche Änderung der Substrate s, hier die an den Reaktionsprozessketten beteiligten Stoffe<br />
und die Biomassen, folgen einer Reaktionskinetik 1. Ordnung nach Monod. Die mit den Abbauvorgängen<br />
freigesetzten Enthalpien werden mit der Energiebilanz in örtliche Temperaturen umgerechnet.<br />
Der pH-Wert wird durch eine Ionenbilanz bestimmt. Die Reaktionsgeschwindigkeiten R(s) sind<br />
von den Substraten selbst abhängig und ändern sich mit den Milieubedingungen sowie dem Vorhandensein<br />
inhibierender Substanzen. Die Beträge der Edukt- und Produktmassen sowie die Wärmeentwicklung<br />
sind für alle Reaktionen mit den stöchiometrischen Koeffizienten M erfasst:<br />
s� � B(<br />
s)<br />
�s<br />
� sˆ<br />
B( s)<br />
� M � R(<br />
s)<br />
.
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
In dieser Form beschreibt das Modell zunächst ein lokal geschlossenes System, in dem sich für einen<br />
vorgegebenen Anfangszustand Stoffe und Milieubedingungen ohne äußere Einflüsse entwickeln<br />
können. Mit der Erweiterung um Quellen und Senken sˆ beschreibt das Modell auch lokal<br />
offene Systeme und berücksichtigt so den Transport von Wärme oder Sickerwasser.<br />
Nach einer Erweiterung des bestehenden Modells ist jetzt auch die Berücksichtigung unterschiedlicher<br />
Bioverfügbarkeit der organischen Substanz (leicht, mittelschwer bis schwer abbaubar) möglich.<br />
Außerdem werden eine Reihe alternativer Oxidatoren und entsprechende Mikroorganismenspezies<br />
eingeführt. Bei der Anwesenheit mehrerer Stoffe, welche bei den Redox-Reaktionen als<br />
Elektronen-Akzeptoren dienen können, wird derjenige zuerst verwendet, der das höchste Energiepotential<br />
aufweist. In hierarchischer Reihenfolge sind dies, beginnend mit dem höchsten Redox-<br />
Potential: Sauerstoff, Nitrat, Eisen, Sulfat und letztendlich Kohlendioxid (Methanogenese), siehe<br />
dazu auch <strong>Arbeitsbericht</strong> von Teilprojekt B5.<br />
An den hier vorgestellten Reaktionsprozessen sind mehr als 25 Reaktionen mit ca. 30 Substraten<br />
beteiligt. Da eine Kopplung von Reaktionen mit Transportprozessen numerisch aufwendig ist, sollte<br />
die Anzahl der Reaktionen und Substrate reduziert werden, wenn deren Einfluss nicht signifikant<br />
ist. Es ist also notwendig, das Modell auf charakteristische Substrate bzw. Substratgruppen zu reduzieren,<br />
ohne dabei die wesentlichen Aussagen des genauen mikroskopischen Modells zu verlieren.<br />
Hierfür sind Sensitivitätsanalysen und Parameterstudien des mikroskopischen Modells erforderlich,<br />
die mit geeigneten Experimenten einhergehen, um wesentliche Parameter und Prozesse identifizieren<br />
zu können. In einem ersten Schritt ist ein reduziertes Abbaumodell entwickelt, mit den Kopplungen<br />
von mikroskopischer Reaktion und globalem Transport erprobt werden können.<br />
Das reduzierte Modell umfasst die Reaktionsgleichungen der Hydrolyse und Acidogenese. Feste<br />
organische Substanz wird während der Hydrolyse in das Zwischenprodukt Glucose umgewandelt.<br />
Bei hier angenommener guter Bioverfügbarkeit (leicht bis mittelschwer abbaubar) wird diese sofort<br />
metabolisiert und organische Säuren als Hauptprodukte ausgeschieden. Glucose kann daher als Unbekannte<br />
in den Gleichungen eliminiert werden. Als Beschreibungsvariablen verbleiben so organische<br />
Substanz, Methan, Kohlendioxid und die Summe organischer Säuren, zusammengesetzt aus<br />
Butter-, Propion- und Essigsäure, sowie die Milieubedingungen pH-Wert und Temperatur. Wasserstoff<br />
und Stickstoff werden vernachlässigt.<br />
Die Reaktionsgeschwindigkeiten folgen ebenfalls der Monod-Kinetik. Der geschwindigkeitsbestimmende<br />
Schritt der zusammengefassten Gleichungen ist die Hydrolyse. Die maximale Reaktionsrate<br />
beträgt im mikroskopischen Modell 0,37 1/d ([d]=Tag), während das Zwischenprodukt Glucose<br />
mit maximal 2,0 1/d im Vergleich unmittelbar abgebaut wird. Nach Zusammenfassen der Reaktionsraten<br />
in einer Reihenschaltung der Prozesse, folgt die maximale Rate der Hydrolyse mit k-<br />
H,max = 0,31 1/d. In der Acidogenese bleibt die maximale Abbaurate analog zum mikroskopischen<br />
Modell bei kA,max = 0,4 1/d. Der pH-Wert wird analog zum mikroskopischen Modell über eine Ionenbilanz<br />
der Substrate Wasser, organische Säuren und Ammonium bestimmt. Das somit von über<br />
20 Variablen auf 7 Variable reduzierte Modell kann mit sinnvollem Aufwand für Untersuchungen<br />
von mehrdimensionalen gekoppelten Transport- und Reaktionsprozessen eingesetzt werden.<br />
- 104 -
2.2.2 Transportmodell<br />
- 105 -<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Deponien können als Kontinua mit fester Phase (Kornmatrix) und mehreren Fluidphasen (Sickerwasser,<br />
Deponiegas) betrachtet werden, wobei jede Phase wiederum aus mehreren Komponenten<br />
bestehen kann. Die Grundgleichungen der Kontinuummechanik sind makroskopisch formuliert,<br />
wobei das repräsentative Elementarvolumen REV kleinste homogene Modelleinheit ist. Die gegenseitige<br />
Beeinflussung zweier Phasen im Porenraum ist mit empirischen Modellansätzen erfasst,<br />
Phasenübergänge werden lokal modelliert. Wärmetransport ist verschmiert über alle Phasen berücksichtigt,<br />
was einem lokalen thermodynamischen Gleichgewicht entspricht.<br />
Die Anwendung eines makroskopischen Kontinuumsansatzes führt bei porösen Medien und Mehrphasenströmungen<br />
zu neuen makroskaligen Systemvariablen. Die Porosität wird definiert zu:<br />
V<br />
V<br />
P � � �<br />
.<br />
REV<br />
Porenvolumen<br />
Gesamtvolumen<br />
Als weitere fundamentale Modellvariable wird die Sättigung S� einer Fluidphase � verwendet:<br />
V�<br />
V�<br />
S�<br />
� � ,<br />
V � �V<br />
P<br />
wobei V� das Volumen der Phase � und VP das gesamte Porenvolumen im REV darstellen. Für jede<br />
Komponente � einer Phase � wird eine Bilanzgleichung aufgestellt, welche die zeitliche Entwicklung<br />
in einem REV beschreibt:<br />
�<br />
�<br />
�<br />
����S�����X���div� � � �� div�<br />
� � � ���<br />
( ) � 0<br />
, � � X � D<br />
X q z<br />
t � � �<br />
� grad ��<br />
� �<br />
� �<br />
�<br />
REV<br />
REV<br />
v .<br />
Die 3-D-Transportgleichung basiert auf dem Prinzip der Massenerhaltung in einem Kontrollvolumen<br />
(REV). Die folgende Gleichung stellt die Gesamtheit aller Transportvorgänge in Matrixschreibweise<br />
dar, wobei die zeitliche Änderung einer makroskopischen Variable z innerhalb eines<br />
Kontrollvolumens beschrieben wird:<br />
Speicherterm Advektion Diffusion/Dispersion Quellen/Senken<br />
(As · z),t + div (Aa · z) + div (Ad · grad z) + q(z) = 0 .<br />
Beschreibungsvariablen z sind in diesem Fall der Fluiddruck p im Porenraum, die Sättigung S� der<br />
verschiedenen Phasen, die Temperatur und die Massenfraktionen X � der Komponenten (z.B. Cellulose,<br />
Acetat, Methan). Mit den Modellgleichungen können Mehrphasenströmungen mit konvektivem<br />
und diffusiv-dispersivem Transport von Stoffen und Wärme sowie Quellen und Senken beschrieben<br />
werden.<br />
Die Beschreibung der Strömungsgeschwindigkeiten v� erfolgt mit einem erweiterten Darcy-Gesetz<br />
für Mehrphasenströmungen. Die Strömungseigenschaften des betrachteten Fluids hängen dabei<br />
vom Druckgradienten, von den Fluideigenschaften (Viskosität �� und Dichte ��), den Matrixeigenschaften<br />
des porösen Feststoffes (Permeabilität Kabs) und der Interaktion mehrerer Fluide im Porenraum<br />
(relative Permeabilität kr� ) ab:<br />
k r<br />
�grad p � � g�<br />
�<br />
v� � K abs � �<br />
� � .<br />
�<br />
�
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Zur Beschreibung der Interaktion zwischen den verschiedenen Fluidphasen im Porenraum und des<br />
Kapillardruckes kommen empirische Ansätze zum Einsatz. In der vorliegenden Arbeit wird das<br />
verbreitete empirische Modell von [BROOKS-COREY 1964] für Gas-Wasser-Systeme verwendet.<br />
Dabei ist die relative Permeabilität kr� einer Phase � eine Funktion der Sättigung S� und eines<br />
Strukturparameters �BC:<br />
krα = f (Sα, λBC) .<br />
Der Parameter �BC berücksichtigt die Porengeometrie und -verteilung innerhalb eines REV. Bei<br />
kleineren Werten von �BC ist die Mobilität der Flüssigphase signifikant herabgesetzt, siehe Abb. 3.<br />
relative Permabilität k rw, k rg<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
krg<br />
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1<br />
Sättigung Sw<br />
- 106 -<br />
�������<br />
�������<br />
Abb. 3: Funktion der relativen Permeabilität für Wasser (w) und Gas (g) nach BROOKS-COREY<br />
Der Wärmehaushalt des porösen Mediums wird mit der makroskopischen Energiebilanz beschrieben.<br />
Unter Vernachlässigung thermomechanischer Kopplungsterme ist darin die Änderung der spezifische<br />
Wärmeenergie im REV gleich dem Wärmezustrom oder -abstrom sowie den inneren Wärmequellen,<br />
z.B. aus Reaktion. Wärmespeicherung und -transport wird verschmiert über alle Phasen<br />
betrachtet, d. h. die Wärme wird als Komponente behandelt, wobei die Temperatur lokal in jeder<br />
Phase gleich groß ist. Dies entspricht der Annahme eines lokalen thermischen Gleichgewichts. Die<br />
gespeicherte spezifische Wärmeenergie im REV ist gleich der Summe der spezifischen Enthalpien<br />
der Phasen.<br />
Die Abhängigkeit der Gesamtenthalpie von der Phasenzusammensetzung wird über die Wärmekapazitäten<br />
und Partialdichten berücksichtigt. Die Erhaltungsgleichung wird analog zur Stofftransportgleichung<br />
formuliert und beschreibt makroskopisch die räumliche und zeitliche Wärmeentwicklung.<br />
Quell- und Senkterme berücksichtigen Wärmezu- und -abfluß aus Phasenübergängen und<br />
Reaktionsenthalpien sowie Enthalpien von äußeren Wärmequellen.<br />
2.2.3 Kopplung von Transport und Reaktion<br />
Transport- und Reaktionsprozesse beeinflussen sich in vielfältiger Weise. In Abb. 4 sind wesentliche<br />
Vorgänge von Reaktion und Transport dargestellt.<br />
krw
Chemisch-biologischer Abbau<br />
von organischem Siedlungsabfall<br />
Gase<br />
Gelöste und<br />
flüssige Stoffe<br />
Wärme<br />
Inkrustrationen<br />
Biofilmbildung<br />
Feststoffabbau<br />
Konsequenz<br />
Emissionen von<br />
Gasen, gelösten<br />
Stoffen und Wärme<br />
Änderung der<br />
Abbaubedingungen<br />
Änderung der<br />
Fluideigenschaften<br />
Änderung des<br />
Porenssystems<br />
- 107 -<br />
Gasströmung<br />
Sickerwasserströmung<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Transport von Stoffen und Wärme<br />
durch Siedlungsabfall<br />
Transport von<br />
- Sauerstoff<br />
- Nährstoffen<br />
- Mikroorganismen<br />
- toxischen Stoffen<br />
- Säuren<br />
- Wärme<br />
Abb. 4: Gegenseitige Wirkung und Abhängigkeit von Reaktion und Transport<br />
Im Hinblick auf eine möglichst effiziente und umfassende Analyse mit Kopplung von lokalen Reaktionen<br />
und globalem Stofftransport wird die gegenseitige Beeinflussung implizit berücksichtigt.<br />
Dabei wird die Massenänderung aus Reaktion in jedem Iterationsschritt über die linke Seite in der<br />
Massenbilanz des globalen Transportes berücksichtigt:<br />
s� � q� (z)<br />
.<br />
Die implizite Kopplung von Transport mit Reaktion erfolgt zunächst mit dem phänomenologischen<br />
Abbaumodell nach [DACH 1998] und exemplarisch mit genaueren Reaktionsmodellen für den<br />
Celluloseabbau. Eine umfassende Kopplung mit den in dieser Antragsphase neu hergeleiteten und<br />
reduzierten Reaktionsmodellen ist ebenfalls gelungen.<br />
2.2.4 Lösungsverfahren<br />
Die aufgestellten Modellgleichungen beschreiben nichtlineare Speicher- und Transportprozesse in<br />
porösen Medien und stellen in allgemeiner Form eine Anfangs-Randwert-Aufgabe dar. Separat bilden<br />
die ebenfalls nichtlinearen Reaktionsvorgänge eine Anfangswertaufgabe und sind so als lokales<br />
Stoffgesetz der globalen Massenbilanzen interpretierbar. Gekoppelt bilden sie ein System instationärer<br />
nichtlinearer partieller Differentialgleichungen.<br />
Beschreibungsvariablen des Systems sind die Massen der organischen Substanzen und Biomassen<br />
der Feststoffphase, Druck und Sättigung im Porenraum, Mengen transportierter Stoffe sowie die<br />
Temperatur. Das entwickelte Modell ist prozessadaptiv konzipiert, um die in Deponien sehr verschiedenen<br />
Vorgänge mit numerisch sinnvollem Aufwand untersuchen zu können.<br />
Aus der Abhängigkeit der Koeffizienten für Mehrphasenströmungen, Mehrkomponententransport<br />
und Reaktionsprozesse von den unbekannten Stoffmengen bzw. -zusammensetzungen folgt eine<br />
starke Nichtlinearität der Differentialgleichungen. Bei konvektiv dominierten Strömungen haben<br />
die Differentialgleichungen hyperbolischen Charakter. Um Oszillationen in den Lösungen zu vermeiden,<br />
sind daher numerische Stabilisierungsverfahren (fully-upwinding) erforderlich.
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Für Strukturberechnungen mit der Finite-Element-Methode (FEM) wird die differentielle Beschreibung<br />
in eine schwache Formulierung überführt. Wegen der zeitlichen Änderungen der Zustandsgrößen<br />
auf dem Rand spielt die Formulierung der Randbedingungen ebenfalls eine entscheidende<br />
Rolle bei der Simulation von gekoppelten Transport- und Reaktionsprozessen in Deponien. Zur<br />
numerischen Lösung der Modellgleichungen werden Diskretisierungsverfahren der FEM mit speziellen<br />
Wichtungsfunktionen und das Differenzenverfahren eingesetzt. Es kommt ein isoparametrisches<br />
und adaptives Element zum Einsatz.<br />
2.2.5 Randbedingungen<br />
Das vollständig gekoppelte Gleichungssystem stellt eine Anfangs-Randwert-Aufgabe dar. Zu Beginn<br />
von Systemberechnungen müssen daher an jedem Ort für alle gewählten Primärvariablen Anfangswerte<br />
definiert werden. Für die vollständige Beschreibung des Systems sind die gekoppelten<br />
Differentialgleichungen zudem um die Randbedingungen der Zustandsgrößen auf den umschließenden<br />
Ränder zu ergänzen. Allgemein sind drei Arten von Randbedingungen möglich: Dirichlet,<br />
Neumann und gemischte, Cauchy-Randbedingungen.<br />
Bei Dirichlet-Randbedingungen sind die Zustandsgrößen zi in der Regel als wesentliche Randbedingung<br />
vorgegeben. Die Randwerte auf dem Dirichlet-Rand �i D sind definiert zu<br />
� z � z � 0 .<br />
D<br />
�i i i<br />
Physikalisch beschreibt eine wesentliche Randbedingung eine fest vorgegebene prozessinvariante<br />
Zustandsgröße, wobei der zugehörige Randfluss der Größe frei ist. Zeitliche Änderungen der Randgrößen<br />
sind hier in festen Zeitintervallen möglich, so können z.B. jahreszeitliche Temperaturschwankungen<br />
mit Dirichlet-Randbedingungen formuliert werden.<br />
Die unbekannten Beschreibungsvariablen einer Deponieströmung, z.B. Druck und Sättigung, sind<br />
auf den Rändern jedoch nur unzureichend mit wesentlichen Randbedingungen erfassbar. Am oberen<br />
Rand, außerhalb einer Deponie, sind i. d. R. atmosphärische Bedingungen anzutreffen, die als Dirichlet-Randbedingungen<br />
berücksichtigt werden können. Da die Ränder jedoch Teil des Systems<br />
und nicht der umgebenden Atmosphäre sind, können sich auch dort Druck und Sättigung in den<br />
Poren entwickeln, was zu einer Kopplung der Zustandsgrößen und Flussgrößen führt.<br />
Neumann-Randbedingungen sind vorgegebene Randströme einer Zustandsgröße, die normal zum<br />
betreffenden Rand eingeprägt sind. So können Massen- oder Wärmerandflüsse mit<br />
N � �<br />
i � qi<br />
� ( q � n)<br />
� 0<br />
� i<br />
vorgeben werden. Als Neumann - Randbedingungen sind äußere Quellen und Senken formulierbar,<br />
z.B. können statistisch belegte Niederschlagsmengen und definierte Stoffinfiltrationen in Simulationen<br />
von Experimenten erfasst werden. Die spezielle Neumann-Randbedingung<br />
�<br />
q i<br />
� 0<br />
bedeutet physikalisch, dass sich beim Überschreiten des Randes der Wert der Zustandsgröße � nicht<br />
ändert. D.h. am Rand treten keine Stoff- oder Wärmeströme auf. Wenn Randflüsse nicht direkt als<br />
Primärvariable in der Bilanzgleichung berücksichtigt sind, wird die Neumann-Randbedingung natürlich<br />
erfüllt.<br />
- 108 -
- 109 -<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Gemischte, Cauchy-Randbedingungen ergeben sich durch eine Linearkombination der Dirichlet-<br />
und Neumann-Randbedingungen:<br />
C �<br />
k<br />
� � q ��<br />
( z)<br />
� z � q �n<br />
� 0<br />
i<br />
i<br />
�(z) ist der nichtlineare Proportionalitätsfaktor zwischen Randstrom und Zustandsgröße und ist physikalisch<br />
als Übergangskoeffizient deutbar. So können z.B. konvektive und diffusive Wärmeströme<br />
sowie Wärmestrahlungsübergangsbedingungen formuliert werden. Ergibt sich der Proportionalitätsfaktor<br />
zu Null, geht der Rand in einen Neumann-Rand über.<br />
Der Ansatz von Cauchy-Rändern vermeidet Randzwänge, die bei Dirichlet-Randbedingungen auftreten<br />
können. Die atmosphärischen Randbedingungen Druck und Sättigung sind beispielsweise mit<br />
Übergangskoeffizienten an das Gebiet gekoppelt, so dass sich die Zustandsgrößen auf den Rändern<br />
weiterhin in der Zeit entwickeln können.<br />
2.2.6 Heterogenität und Verformungsverhalten<br />
Deponien sind heterogene Systeme. Die makroskopische Beschreibung hydraulischer Mehrphasenprozesse<br />
erfasst die strukturelle Heterogenität des Porenraums, bedingt durch die sehr unterschiedlichen<br />
Korngrößen der eingelagerten Abfälle, mit Parametern in den Permeabilitäts- bzw. Kapillardruck-Sättigungs-Beziehungen,<br />
siehe 2.2.2. Die Ungleichheit des Porengefüges wird als hydraulische<br />
Heterogenität der Deponie bezeichnet und kann mit Anpassung der Parameter Kabs und �BC<br />
berücksichtigt werden. Unterschiedliche Durchströmungseigenschaften der Abfallmatrix in vertikaler<br />
und horizontaler Richtung als Folge von Schichtungen und Verdichtungen sind mit einem<br />
anisotropen Permeabilitätstensors beschreibbar. Darüber hinaus sind mögliche Inhomogenitäten<br />
infolge unterschiedlicher Einlagerungen von Abfällen zu beachten, die über die Größe eines REV<br />
hinausgehen. In diesem Fall wird die Inhomogenität des Kontinuums mit REVs unterschiedlicher<br />
Eigenschaften beschrieben.<br />
Eine zeitliche Veränderung des Porenraumes als Folge mikrobieller Aktivität oder Stoffabbaus kann<br />
ebenfalls einen deutlichen Einfluss auf die hydraulischen Eigenschaften haben. Infolge mikrobiellen<br />
Zellwachstums können Poren verkleinert oder ganz verstopft werden. Wenn sich das für die Wasserströmung<br />
zur Verfügung stehende Porenvolumen verkleinert, erhöht sich der Fließwiderstand. Ist<br />
die Wachstumsrate der Mikroorganismen bekannt, kann über das spezifische Volumen der Biomasse<br />
auf eine Veränderung der Porosität und Permeabilität geschlossen werden.<br />
Der Einfluss von Verformungen einer Deponie ist in vielen Parametern des Transportmodells zu<br />
beachten. Die makroskopischen Beschreibungsvariablen der festen Phase wie Porosität, Permeabilität<br />
und Feststoffdichte werden von Setzungen und Sackungen beeinflusst. Weiterhin können<br />
Funktionen zur Berücksichtigung von Mehrphasenprozessen, insbesondere für den Parameter �BC<br />
und den Diffusionskoeffizienten, auf ihre Abhängigkeit vom Verformungsverhalten hin untersucht<br />
werden. Vereinfachend ist die Wirkung des Setzungsverhaltens auf Porosität, Dichte und Permeabilität<br />
in Abhängigkeit von Auflasten und Strömungen der Phasen in Berechnungsbeispielen berücksichtigt.<br />
Das elastische Verhalten der Feststoffmatrix und die damit verbundene Änderung von<br />
Porosität und Dichte kann explizit mit Entwicklungsfunktionen beschrieben werden. Eine Kopplung<br />
von Fluiddruck und Auflast wird dabei vernachlässigt. Wenn durch Änderungen der Porenstruktur<br />
auch das Strömungsverhalten und damit die messbaren Emissionen beeinflusst werden, ist eine<br />
Kopplung mit physikalischen Verformungen sinnvoll und daher Gegenstand zukünftiger Arbeiten.<br />
i<br />
i<br />
.
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
Die Modelle für globalen Transport sowie lokale Massenbilanz und Reaktionskinetik sind zunächst<br />
getrennt erprobt. Danach werden in eindimensionalen Modelldeponien gekoppelte Prozesse verglichen.<br />
Der Einfluss heterogener Deponieschichten und streuender Parameter wird an eindimensionalen<br />
Modelldeponien mit Hilfe der Monte-Carlo-Methode untersucht. Abschließend erfolgt die<br />
numerische Untersuchung zweidimensionaler Ausschnitte der Deponien mit heterogenen Eigenschaften.<br />
In Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt A1 liegen Sensitivitätsstudien vor, die unter Berücksichtigung<br />
der stochastischen Streuung der Parameter deren Einfluss auf die Emissionen aufzeigen,<br />
[HOSSER et al. <strong>2003</strong>]. Dabei werden Menge, Konzentration und zeitlicher Verlauf der Sickerwasserbildung<br />
betrachtet. Im Einzelfall wird eine bestimmte Streuung für einen beliebigen Parameter,<br />
z.B. die Permeabilität, vorgegeben und der Einfluss dieser Streuung auf die Sickerwassermenge<br />
bestimmt.<br />
2.3.1 Lokale Massenbilanz und Reaktionskinetik<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Substrates [kg/m³]<br />
Temperature [°C]<br />
Cellulose<br />
CO 2<br />
0<br />
0 200 400 600<br />
Temperature<br />
Abb. 5: Vergleich der Abbaumodelle<br />
CH 4<br />
Time [d]<br />
oben links: phänomenologisches Modell<br />
nach [DACH 1998]<br />
oben rechts: mikroskopisches Abbaumodell<br />
unten rechts: reduziertes Abbaumodell<br />
- 110 -<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Cellulose<br />
Biomasses<br />
Temperature<br />
pH-Value<br />
Water<br />
0<br />
0 200<br />
Acids<br />
400 600<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Cellulose<br />
Biomasses<br />
CH 4<br />
Temperature<br />
Acids<br />
Water<br />
pH-Value<br />
CO 2<br />
CH 4<br />
Time [d]<br />
CO 2<br />
0<br />
0 200 400 600<br />
Time [d]
- 111 -<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Ein phänomenologisches Abbaumodell wird von [DACH 1998] mit Anpassung an in DSR-Versuchen<br />
beobachteten Phänomenen und praxisorientierten Überlegungen vorgestellt. In den dreistufigen<br />
Abbaumodell 1. Ordnung sind in Abhängigkeit von Temperatur und Wassergehalt die Umwandlung<br />
organischer Substanz in Deponiegas und Wärme sowie im Sickerwasser gelöste Stoffe in<br />
Form von Summenparametern berücksichtigt. DACH passt die Abbaurate für anaerobe Abbauprozesse<br />
und die relativen Abbauraten zur Berücksichtigung von Umgebungstemperaturen und Wassergehalt<br />
an eigene DSR-Meßreihen für mechanisch-biologisch vorbehandelte Abfälle an.<br />
In Abb. 5 ist die zeitliche Entwicklung der Zustandsgrößen nach dem Modell von DACH mit den in<br />
Teilprojekten B5/B6 entwickelten Modellen der lokalen Massenbilanz und Reaktionskinetik verglichen.<br />
Dabei kommen das genaue mikroskopische Modell und das reduzierte Modell wie in 2.2.1<br />
beschrieben zur Anwendung. Simuliert ist hier ein lokal offenes System, d.h. Gase können ungehindert<br />
austreten. Die hier konstant gewählte Umgebungstemperatur von 20 °C beeinflusst die Entwicklung<br />
der Substrate und der Temperatur im Probenkörper.<br />
2.3.2 Globales Transportmodell<br />
Die verschiedenen Abbaumodelle sind nach 2.2.3 mit Transportprozessen gekoppelt. Die Untersuchung<br />
des gekoppelten Modells erfolgt an eindimensionalen (1-D) Beispiel, da mehrdimensionale<br />
Strömungen den Stoffabbau und die Emissionen signifikant verändern. Zunächst wird das Transportmodell<br />
mit dem phänomenologischen Abbaumodell gekoppelt und die Ergebnisse mit der Literatur<br />
verglichen. Anschließend erfolgt die Simulation einer homogenen Deponiesäule über einen<br />
Zeitraum von 30 Jahren, wobei das Transportmodell mit dem reduzierten Abbaumodell gekoppelt<br />
ist. Zusätzlich wird bei der Simulation heterogener Deponiesäulen der Einfluss streuender Permeabilität<br />
untersucht. Abschließend zeigen Berechnungen zweidimensionaler heterogener Deponieausschnitte<br />
realitätsnahe Simulationen gekoppelter Transport- und Reaktionsprozesse.<br />
Vergleich mit Ergebnissen aus der Literatur<br />
[DACH 1998] zeigt in verschiedenen Szenarien mögliche Gasemissionen und Temperaturentwicklungen<br />
für Deponiesäulen. Ausgehend vom vorgestellten phänomenologischen Abbaumodell wird<br />
mit Hilfe vereinfachender Ansätze das Strömungsfeld der Gase simuliert. Bei Annahme einer homogenen<br />
und stationär zu 90% wassergesättigten Deponie strömt das Gas von einem frei wählbaren<br />
Punkt im Abfallkörper mit konstanter Geschwindigkeit zu beiden Rändern ab.<br />
Oberflächenabdichtung<br />
Symmetrieachse<br />
25m<br />
Atmosphäre<br />
1bar, 10°C<br />
homogener<br />
Deponiekörper<br />
Porosität<br />
0.50<br />
orgFS<br />
X = 0.05<br />
v =<br />
DG<br />
-7<br />
2.5 10 m/s<br />
= konstant<br />
v = 0<br />
SW<br />
Druckmaximum<br />
= konstant<br />
Abb. 6: Simulation einer Deponiesäule nach [DACH 1998]
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Mit Hilfe gezielter Eingriffe in das eigene Programmsystem, die das freie Einstellen des Druck- und<br />
Gravitationsfeldes infolge der Umwandlung und Transport unterbinden, sowie durch Annahme einer<br />
residualen Wassersättigung von 90% können die Ergebnisse von DACH nachvollzogen werden.<br />
[kg/m<br />
1500<br />
2 ]<br />
1200<br />
900<br />
600<br />
300<br />
0<br />
0<br />
ausgetretenes DG an der Oberfläche<br />
Organik im Deponiekörper<br />
10 20 30 40 [a] 50<br />
- 112 -<br />
290<br />
[K]<br />
288<br />
286<br />
284<br />
282<br />
Verlauf nach Dach<br />
Berechneter Temperaturverlauf<br />
280<br />
0 10 20 30 40 [a] 50<br />
Abb. 7: links: Entwicklung der organischen Substanz im Deponiekörper und Gasemission;<br />
rechts: Entwicklung der Temperatur in Deponiemitte<br />
Untersuchung einer homogenen Deponiesäule<br />
Abb. 8 zeigt eine homogene Deponiesäule, die über einen Zeitraum von 30 Jahren untersucht wird.<br />
Die Deponie soll sich in der Nachsorgephase befinden, wobei eine Oberflächenabdichtung das Eindringen<br />
von Niederschlag verhindert. Am oberen und unteren Rand sind Cauchy-Randbedingungen<br />
mit den in angegebenen Umgebungswerten sowie außerhalb des Gebiets jeweils volle Gassättigung<br />
angenommen.<br />
Oberflächenabdichtung<br />
1m<br />
29m<br />
Dränschicht<br />
Atmosphäre<br />
1 bar , 283°K<br />
homogener<br />
Deponiekörper<br />
Neumann<br />
1 bar , 288°K<br />
Cauchy<br />
Cauchy<br />
Neumann<br />
Abb. 8: homogene Deponiesäule und FE-Netz mit Randbedingungen<br />
Simuliert wird eine 2-Phasenströmung mit Transport von 4 Komponenten und gekoppelten Abbauprozessen,<br />
die dem reduzierten Modell folgen. Zustandsgrößen des Systems sind der Druck der Sickerwasserphase<br />
(SW), die darin enthaltene Massenfraktion von Acetat, die Sättigung der Deponiegasphase<br />
(DG), die Massenfraktion von Kohlendioxid im Gas, die Temperatur und die Massenfraktion<br />
organischer Substanz in der festen Phase (orgFS).
30<br />
[m]<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
5a<br />
30a<br />
0<br />
100000 102500 10500<br />
Druck [Pa]<br />
SW,DG<br />
30<br />
[m]<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
5a<br />
30a<br />
0<br />
0 0.2 0.4 0.6 0.8 1<br />
SDG - 113 -<br />
30<br />
[m]<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
30a<br />
5a<br />
X orgFS<br />
0<br />
0 0.02 0.04 0.06<br />
30<br />
[m]<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
30a<br />
5a<br />
0<br />
273 293 313 333 353<br />
Temperatur [°K]<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Abb. 9: Entwicklung der Zustandsgrößen Druck, Sättigung, organische Substanz und Temperatur<br />
Die Entwicklung und Verteilung des Drucks im Porenraum, der Sättigung der Deponiegasphase,<br />
der Temperatur und der organischen Substanz ist in Abb. 9 dargestellt. In den ersten Jahren strömt<br />
der überwiegende Teil des mobilen Wassers in die Dränschicht, in der die Geschwindigkeit geringer<br />
als im Deponiekörper ist. Daher steigt der Wasserdruck mit zunehmender Deponietiefe, und Sickerwasser<br />
staut sich über der Dränschicht. In den nachfolgenden Jahren bleibt das Verhältnis der<br />
Sättigungen von Sickerwasser und Deponiegas nahezu konstant. Wenn der abgeschätzte Parameter<br />
des makroskopischen Modells für die relative Permeabilität �BC klein ist, sinkt die Mobilität der<br />
flüssigen Phase sehr rasch.<br />
In Bereichen, die nahezu optimale Abbaubedingungen (Temperatur, pH-Wert) aufweisen, ist die<br />
organische Substanz nach wenigen Jahren bereits vollständig abgebaut, wogegen in Bereichen mit<br />
hohen Temperaturen der Abbau viel langsamer abläuft. Daraus folgt, dass der Einfluss von Wärmetransport<br />
größer auf den Temperaturverlauf sein kann als der Einfluss von Wärmeproduktion aus<br />
den Enthalpien der Reaktionen.
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
30<br />
[m] 5a<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
30a<br />
0<br />
0 5000 10000 15000<br />
[mg Acetat / l Sickerwasser]<br />
- 114 -<br />
30<br />
[m]<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
CO 2 -Anteil<br />
Dampfanteil<br />
CH 4 -<br />
Anteil<br />
X k<br />
0<br />
0 0.25 0.5 0.75 1<br />
DG<br />
Abb. 10: Acetatkonzentration im Sickerwasser; Zusammensetzung der Gasphase nach 10 Jahren<br />
Die Entwicklung des Acetats in der Sickerwasserphase ist dem der organischen Substanz sehr ähnlich,<br />
siehe Abb. 10. In Bereichen mit günstigen Temperaturen wird produziertes Acetat sofort in<br />
Methan, Kohlendioxid und Wärme umgewandelt. Wenn zusätzlich die Mobilität der flüssigen<br />
Phase sehr gering ist, wird nur wenig Acetat nach unten transportiert, vgl. Abb. 11 links. Hier<br />
nimmt die Acetatkonzentration im abfließenden Sickerwasser nach ca. 3 Jahren ab. In Übereinstimmung<br />
mit dem Sättigungsverlauf sinkt die Emissionsrate des Sickerwassers auf einen Grenzwert.<br />
3000<br />
[kg]<br />
2400<br />
1800<br />
1200<br />
600<br />
Wasserabfluß<br />
Acetat-Konzentration<br />
0<br />
0<br />
0 10 20 Zeit [a] 30<br />
2500<br />
[mg/l]<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
800<br />
[kg] gespeicherte organische Substanz<br />
600<br />
400<br />
200<br />
CH4 CH4 -Emission<br />
CO2 CO2 -Emission<br />
0<br />
0 10 20 Zeit [a] 30<br />
Abb. 11: zeitliche Entwicklung der flüssigen und gasförmigen Emissionen<br />
Im vorliegenden Fall liegen nach Abfluss des überwiegenden Teils des mobilen Sickerwassers stationäre<br />
Werte der Emissionen und der Zustandsgrößen im Deponiekörper vor. Daher sind Prognosen<br />
für die Stoffentwicklungen für weitere Jahrzehnte möglich, wenn die Deponie abgedichtet<br />
bleibt. Die gespeicherte organische Substanz wird hier in rund 60 Jahren vollständig in Deponiegas<br />
umgewandelt und damit das initial vorhandene Gefährdungspotential verschwunden sein. Voraussetzung<br />
für qualifizierte Aussagen über den Einfluss einzelner Parameter ist neben hinreichend genauen<br />
Anfangswerten und Randbedingungen auch die Möglichkeit, die Deponie eindimensional<br />
abstrahieren zu können. Die horizontal eingebauten Abfallschichten müssen daher auf der Makroskala<br />
homogen sein, so dass keine signifikanten zweidimensionalen Strömungen auftreten. Nachfolgende<br />
heterogene Fallbeispiele zeigen zusätzlich den Einfluss streuender hydraulischer Parameter<br />
der Schichten in Langzeitanalysen auf.
Simulation der Prozesse in Deponiesäulen mit heterogenen Eigenschaften<br />
- 115 -<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Bislang sind die Anfangsbedingungen für Zustandsgrößen, Transport- und Reaktionsparameter im<br />
Anwendungsbeispiel homogen. Reale Deponien sind in Stoffzusammensetzung, Struktur und<br />
Randbedingungen jedoch äußerst heterogene Systeme. Die Erfassung hydraulischer Heterogenität<br />
des Porengefüges nach 2.2.6 gelingt mit Ansatz empirischer Modelle z. B. nach BROOKS-COREY.<br />
Lokale Inhomogenitäten des Deponiekörpers, die über die Größe eines REV hinausgehen, können<br />
durch Ansatz unterschiedlicher Anfangsbedingungen oder Parameter in den gekoppelten Modellen<br />
berücksichtigt werden. Die Inhomogenität des Kontinuums wird dann mit REVs mit unterschiedlichen<br />
Eigenschaften beschrieben.<br />
Darüber hinaus sind in Versuchen zur Validierung von Modellparametern breite Streubreiten der<br />
Messergebnisse die Regel. So werden in Experimenten von [OBERMANN 1999] Durchlässigkeiten<br />
für Sickerwasser von 10 -4 bis 10 -9 m/s und in Experimenten von [DACH 1998] bezogene Gasbildungsraten<br />
von 20 bis 80 l gemessen. Prognosen für Deponieverhalten mit deterministischen Berechnungen<br />
weisen daher große Unsicherheiten auf. Im Rahmen der durchgeführten Arbeiten wird<br />
zunächst der Einfluss inhomogener Eigenschaften des Deponiekörpers mit stochastischen Methoden<br />
untersucht. So kann der Einfluss der räumlichen Verteilung und Streuung einzelner Parameter auf<br />
die Prozesse überprüft und die Auswirkungen auf die Entwicklung der Zustandsgrößen im Deponiekörper<br />
und auf die Emissionen an Deponiegas und Sickerwasser untersucht werden.<br />
Exemplarisch wird hier der Einfluss der Streuung der absoluten Permeabilität Kabs als zentraler Parameter<br />
des Strömungsmodells untersucht. Im Modell nach Darcy ist die Permeabilität eine zentrale<br />
Eigenschaft von durchströmten porösen Medien. Da Versuche zu deren Bestimmung in Abfällen<br />
nach Literaturangaben sehr aufwendig sind und Messergebnisse große Streubreiten zeigen, ist es<br />
sinnvoll, den Einfluss der Permeabilität mit stochastischen Methoden zu analysieren. Die bereits<br />
zuvor homogen untersuchte Deponiesäule ist hier in 30 Schichten unterteilt, denen mit Zufallszahlen<br />
unterschiedliche Exponenten der absoluten Permeabilität zugewiesen sind.<br />
Die Berechnungsergebnisse sind exemplarisch angegeben, da die Anzahl der in der Monte-Carlo-<br />
Methode durchgeführten Simulationen nicht den erforderlichen Bedingungen genügt und keine belastbare<br />
Messdaten zur Validierung der Parameter vorliegen. Abb. 12 zeigt die angesetzte Normalverteilung<br />
und eine Realisierung für die inhomogene Deponiesäule.<br />
Häufigkeit<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
0.6<br />
0.5<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
1 K abs =10 -Exponent<br />
0<br />
6 7 8 9 10 11 12 13<br />
Exponent<br />
Deponiehöhe [m]<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
10 -13<br />
10 -12<br />
10 -11<br />
10 -10<br />
10 -9<br />
K abs [m 2 ]<br />
Abb. 12: Verteilungsfunktion für die absolute Permeabilität und eine Realisierung im Fallbeispiel
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
300<br />
[kg]<br />
200<br />
100<br />
homogen Kabs =10-11 homogen Kabs =10-11 homogen Kabs =10-10 homogen Kabs =10-10 0<br />
0 10 20 Zeit [a] 30<br />
- 116 -<br />
1800<br />
[kg]<br />
1200<br />
600<br />
homogen Kabs =10-10 homogen Kabs =10-10 homogen Kabs =10-11 homogen Kabs =10-11 0<br />
0 10 20 Zeit [a] 30<br />
Abb. 13: Emissionen an Gas und Sickerwasser bei streuender Permeabilität<br />
Abb. 13 zeigt die integrierten Abflüsse des Deponiegases an der Oberfläche und des Sickerwassers<br />
in der Dränschicht. Die Ergebnisse der insgesamt mehr als 30 Realisationen sind in mehrfacher<br />
Hinsicht zu beurteilen. Die Verteilung der Permeabilität wirkt sich auf das Emissionsverhalten der<br />
Phasen unterschiedlich aus. Wenn die Sickerwasserphase den Porenraum nur teilweise ausfüllt, ist<br />
deren Mobilität bei Ansatz von �BC � 0,5 begrenzt. Streuungen der absoluten Permeabilität führen<br />
auch zu Streuungen der Wassersättigung und wirken sich so auf die Mobilität aus, dass Strömungsgeschwindigkeiten<br />
praktisch gleich Null werden können. Dagegen ist die Mobilität der Deponiegasphase<br />
für kleine �BC bei den auftretenden Sättigungen konstant hoch, so dass die Gasgeschwindigkeit<br />
durch die Variation der Permeabilität weniger beeinflusst wird, und die Gasemissionen nur<br />
wenig streuen.<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
t = 5 a:<br />
µ = 1.02 * 10 3<br />
=1.35*10 2<br />
�<br />
900 1100 1300<br />
t =15 a:<br />
µ = 1.31 * 10 3<br />
=1.36*10 2<br />
�<br />
1200 1400 1600<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
t =10 a:<br />
µ = 1.21 * 10 3<br />
=1.36*10 2<br />
�<br />
0<br />
1000 1200 1400 1600<br />
0<br />
t =30 a:<br />
µ = 1.49 * 10 3<br />
=1.16*10 2<br />
�<br />
1300 1500 1700<br />
Abb. 14: Häufigkeitsverteilung des integrierten Sickerwasserabflusses [kg] zu verschiedenen Zeiten
- 117 -<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
In Abb. 14 sind die Abflusskurven als Häufigkeitsverteilungen dargestellt, die man erhält, wenn zu<br />
festen Zeiten die prognostizierten Abflüsse aller Realisationen in Klassen unterteilt werden. Die<br />
Abflussklassen haben gleiche Intervallbreiten und dienen der besseren Übersichtlichkeit. Die Ereignisse<br />
einer Klasse sind auf die Gesamtanzahl bezogen und zeigen daher relative Häufigkeiten. Wegen<br />
hoher absoluter Abflussunterschiede in den gewählten Zeitpunkten konnten keine Klassen<br />
gleich große Breiten gewählt werden. Der Mittelwert � sowie die Standardabweichung � werden<br />
zusätzlich berechnet.<br />
Die Standardabweichung der integrierten Abflusskurven ändert sich im Simulationszeitraum nur<br />
wenig, da das streuende Strömungsverhalten des Sickerwassers über die Zeit verschmiert enthalten<br />
ist. Für realistische Prognosen sind nicht nur integrierte, sondern auch aktuelle Emissionsmengen<br />
der Stoffe von Bedeutung, die in Abb. 15 als Häufigkeitsverteilungen aktueller Sickerwasser-abflüsse<br />
zu den gleichen Zeiten dargestellt sind. Die berechneten Standardabweichungen zeigen, dass<br />
sich lokale Inhomogenitäten in den ersten fünf Jahren am stärksten auswirken und daher die Standardabweichungen<br />
der integrierten Abflüsse konstant bleiben. In diesem Zeitraum ist der größte<br />
Teil des in der Deponie gespeicherten Wassers noch mobil. Nach 30 Jahren sind kaum noch<br />
Schwankungen festzustellen, über 90% der aktuellen Abflüsse liegen in der Klasse um 2,5·10 -7 kg/s.<br />
Die Abflusskurven unterstreichen, dass die absolute Permeabilität wesentlichen Einfluss auf Sickerwassermengen<br />
hat und daher für realitätsnahe Prognosen gezielt zu untersuchen ist. Wenn die<br />
Permeabilität homogen mit 10 -10 und 10 -11 m² angesetzt ist, fließen im zweiten Fall in 30 Jahren<br />
knapp 50% weniger Wasser ab, siehe Abb. 13. Die Streubreite der berechneten Abflüsse für die<br />
zwischen 10 -8 und 10 -12 m² normalverteilte Permeabilität liegt im Vergleich dazu in einem engen<br />
Bereich.<br />
Nach den hier gewonnenen Erkenntnissen ist für in-situ Untersuchungen und Prognosen eher die<br />
Größenordnung als die Streubreite der Permeabilität gezielt zu überprüfen.<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
1<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
t =5 a:<br />
µ = 1.77 * 10 -6<br />
=2.08*10 -7<br />
�<br />
1.5E-06 2E-06<br />
t =15 a:<br />
µ = 5.20 * 10 -7<br />
=5.14*10 -8<br />
�<br />
4E-07 5E-07<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
0.8 0<br />
0.6 0<br />
0.4 0<br />
0.2 0<br />
0<br />
t =10 a:<br />
µ = 8.14 * 10 -7<br />
=8.32*10 -8<br />
�<br />
6E-07 8E-07<br />
t = 30 a:<br />
µ = 2.66 * 10 -7<br />
=9.66*10 -9<br />
�<br />
3E-07 5E-07 7E-07<br />
Abb. 15: Häufigkeitsverteilung des aktuellen Sickerwasserabflusses [kg] zu verschiedenen Zeiten
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Simulation einer 2-D Modelldeponie<br />
Realitätsnahe Simulationen gekoppelter Transport- und Reaktionsprozesse in Deponien sind häufig<br />
nur mit mehrdimensionalen Modellen möglich. Das hier entwickelte Modell kann mit dem adaptiven,<br />
isoparametrischen Elementkonzept Prozesse in beliebig geformten, zweidimensionalen Strukturen<br />
untersuchen.<br />
Niederschlag<br />
10.-11. Tag<br />
abbaubare<br />
organische<br />
Substanz<br />
50 %<br />
KDB<br />
12m<br />
25 m<br />
Atmosphäre<br />
1bar , 288°K<br />
- 118 -<br />
Neumann<br />
Dränschicht<br />
1bar , 288°K<br />
FE - Netz<br />
Cauchy<br />
Dirichlet<br />
Neumann<br />
Neumann<br />
Abb. 16: 2-D-Modelldeponieausschnitt und FE-Netz mit Randbedingungen<br />
Die Möglichkeiten des Modells werden anhand des in Abb. 16 dargestellten zweidimensionalen<br />
Deponieausschnitts unter Ausnutzung von Symmetrien zu den vertikalen Rändern gezeigt. Zu Anfang<br />
ist der Porenraum zu 60% mit Sickerwasser und zu 40% mit Deponiegas gefüllt. Organische<br />
Substanz ist zu 50% in der Feststoffphase des gekennzeichneten Teilgebiets konzentriert, was zu<br />
stark heterogenen Prozessen führt. Der Stoffabbau folgt dem reduzierten Reaktionsmodell. Da die<br />
Deponie oben noch nicht abgedichtet ist, können Niederschläge, die als Quellen in der obersten<br />
Elementreihe modelliert sind, am 10. und 11. Tag in den Abfallkörper eindringen, Deponiegas kann<br />
ungehindert entweichen. Am unteren Rand ist eine geneigte Kunststoffdichtungsbahn (KDB) mit<br />
spezieller Neumann-Randbedingung und eine Dränschicht mit Dirichlet-Randbedingungen so modelliert,<br />
dass Sickerwasser nur im Bereich des linken Randes abfließt.<br />
Zustandsgrößen der nichtisothermen 2-Phasenströmung mit vier Komponenten sind der Druck der<br />
Sickerwasserphase, die darin enthaltene Massenfraktion von Acetat, die Sättigung der Deponiegasphase,<br />
die Massenfraktion von Kohlendioxid im Gas, die Temperatur und die Massenfraktion organischer<br />
Substanz in der festen Phase. Der Simulationszeitraum beträgt 50 Tage.<br />
Abb. 17 zeigt die Sättigung der Gasphase (Sg) im Porenraum während des Regenereignisses. Für<br />
Wassersättigungen von weniger als 40% ist die Wasserphase nahezu immobil. Mit Eindringen von<br />
Niederschlägen nimmt die Gassättigung ab, das wieder mobile Sickerwasser kann durch die Deponie<br />
strömen und staut sich zunächst über der Dränschicht um zeitlich verzögert abzufließen.<br />
Mit dem Abbau von organischer Substanz strömt das produzierte Deponiegas aus dem gekennzeichneten<br />
Teilgebiet in das restliche Gebiet, so dass das eindringende Wasser aus den Niederschlägen<br />
vom 10. bis 11. Tag nur begrenzt in das Teilgebiet gelangen kann. Das Wasser strömt bevorzugt<br />
um das Gebiet herum und erreicht dort auch Vollsättigung.
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
- 119 -<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
Tag 9 Tag 10 Tag 11 Tag 12<br />
Abb. 17: Entwicklung der Depoiniegassättigung während des Regenereignisses<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
Abb. 18 zeigt die räumliche und zeitliche Entwicklung der Temperatur bei einer Ausgangstemperatur<br />
von 293 K im gesamten Deponieraum. Infolge des Stoffabbaus entsteht Wärme, die ausgehend<br />
vom Teilgebiet konvektiv mit Gas- und Wasserphase sowie durch Wärmeleitung transportiert wird<br />
und in der gesamten Deponie zu Temperaturerhöhungen führt.<br />
Wegen der geringeren Wärmekapazität des Deponiegases und der festen Phase hat die Sickerwasserphase<br />
den größten Einfluss auf die Temperaturentwicklung im Deponiekörper. Mit Einsetzen der<br />
Niederschläge, die eine Temperatur von 283 K haben, wird Wärme verstärkt mit der Sickerwasserphase<br />
konvektiv nach unten transportiert. Die Temperatur sinkt insbesondere in Bereichen mit Vollsättigung<br />
auf nahezu 283 K. Wenn sich das Sickerwasser bei Durchströmung des Teilgebietes erwärmt,<br />
zeigen Bereiche unterhalb des Teilgebietes aufgrund des Wärmetransports ebenfalls höhere<br />
Temperaturen.<br />
Nach Abklingen der Niederschläge erwärmt sich die Deponie infolge Wärmeleitung im Deponieinneren<br />
ausgehend vom Teilgebiet, in welchem wärmeproduzierende Abbauprozesse stattfinden. Dabei<br />
werden maximale Temperaturen von 323 K erreicht.<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
Tag 9 Tag 11 Tag 20 Tag 50<br />
Abb. 18: Entwicklung der Temperatur<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
Sg [-]<br />
1.0<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.0<br />
T[°K]<br />
323<br />
313<br />
303<br />
293<br />
283
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
- 120 -<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
0 5 10 15<br />
Tag 9 Tag 11 Tag 16 Tag 50<br />
Abb. 19: Entwicklung der Acetatkonzentration in der Sickerwasserphase<br />
Ein weiteres Abbauprodukt der Hydrolyse ist Acetat, das in der Sickerwasserphase gelöst vorliegt<br />
und in Abb. 19 als Konzentration kg pro l Wasser dargestellt ist. Mit der Wasserströmung, insbesondere<br />
nach Niederschlägen, wird der gelöste Stoff konvektiv mit dem Sickerwasser transportiert<br />
und liegt dann unterhalb des Teilgebiets in geringen Konzentrationen vor. Die acidogene Abbaustufe<br />
wandelt Acetat in Methan und Kohlendioxid sowie in Wärme um, so dass es nach 50 Tagen<br />
wieder ausschließlich im Teilgebiet nachweisbar ist.<br />
2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Bewertung der Modelle<br />
Ein Vergleich der Ergebnisse der Modelle für lokalen Stoffabbau und der Transportmodelle mit<br />
Ergebnissen aus der Literatur ist in Abschnitt 2.3 ausführlich erfolgt. In einem Vergleich der verschiedenen<br />
Abbaumodelle bei der Nachrechnung von DSR-Versuchen von [DACH 1998] zeigt<br />
sich, dass neben den eingebauten Feststoffen auch bewegliche Substrate die chemisch-biologischen<br />
Abbauprozesse maßgeblich beeinflussen können. Dabei ermöglicht das mikroskopische Modell die<br />
genaue Analyse vorhandener und transportierter Stoffe während des Abbaus. Die phänomenologische<br />
Beschreibung auf makroskopischer Skala kann dagegen bewegliche Substrate nur integral berücksichtigen<br />
und ist für lokale Analysen insbesondere von transportierbaren Stoffen nicht geeignet.<br />
Mit Reduktion der beteiligten Stoffe und Reaktionen des mikroskopischen Abbaumodells gelingt<br />
hingegen eine effizienter und dennoch genauer Skalenübergang der lokalen Massenbilanzen und<br />
Reaktionskinetik auf die makroskopische Ebene.<br />
Im Vergleich lokaler und globaler Bilanzen der beteiligten Stoffe und der Wärme sowie deren Entwicklung<br />
ist die Identifikation wesentlicher Zustandsgrößen und Prozesse möglich. Die Berücksichtigung<br />
inhomogener Deponieschichten und streuender Parameter wird an Deponiesäulen mit<br />
Hilfe der Monte-Carlo-Methode untersucht und stellt den Einfluss einzelner Parameter des Transportmodells<br />
bei Langzeitsimulationen heraus. Abschließende Berechnungen demonstrieren die Anwendbarkeit<br />
der Modelle auf mehrdimensionale Ausschnitte einer Modelldeponie mit inhomogenen<br />
Einlagerungen. Die Untersuchungen zeigen, dass genaue Prognosen des Verhaltens von Deponien<br />
mithilfe reduzierter, mikroskopisch begründeter Reaktionsmodelle möglich sind, wenn sie mit<br />
mehrdimensionalen nichtisothermen Mehrphasenströmungs- und Transportmodellen gekoppelt<br />
sind.<br />
Im Vielstoffmilieu Deponie können zahlreiche Substanzen eine wesentliche Rolle spielen, wenn sie<br />
nach Transport die Abbauzonen erreichen und dort die Prozesse beeinflussen. Die spezifische Ent-<br />
Ac [kg/l]<br />
3.0E-03<br />
2.4E-03<br />
1.8E-03<br />
1.2E-03<br />
6.0E-04<br />
0.0E+00
- 121 -<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
wicklung der Stoffe im Deponiekörper gibt so Aufschluss über das Langzeitverhalten der von Deponien,<br />
das mit phänomenologischen Analysen der globalen Zu- und Abflüsse nicht vorhersagbar<br />
ist.<br />
Analog zur Beschreibung von Niederschlägen können auch Methoden der Deponieverfahrenstechnik<br />
simuliert werden. Denkbar sind z.B. gezielte Infiltrationen von Nährstoffen, die als Quellen<br />
modelliert die Abbauvorgänge stimulieren und deren Auswirkungen nicht nur lokal, sondern jetzt<br />
auch global mit gekoppelten Transport- und Reaktionsprozessen analysiert werden können. Langzeitprognosen<br />
mit den entwickelten Modellen sind in 1-D-Anwendungen sinnvoll, wenn der Deponiekörper<br />
näherungsweise homogen ist und bleibt. Treten jedoch signifikante Inhomogenitäten auf,<br />
die mehrdimensionale Strömungsfelder bewirken, sind auch Analysen mit dem vorgestellten Gesamtmodell<br />
möglich.<br />
2.5 Offene Fragen<br />
In der laufenden Antragsphase ist die Weiterentwicklung mikroskopischer und reduzierter Modelle<br />
für lokale Massenbilanzen und Reaktionskinetik gelungen. Diese können erfolgreich in globale<br />
Modelle überführt und mit Mehrphasenströmungs- und Mehrkomponententransportmodellen gekoppelt<br />
werden. Erprobungen der Modelle anhand ausgewählter Modelldeponien und Vergleiche<br />
mit Ergebnissen aus der Literatur zeigen, dass das gekoppelte Gesamtmodell für realistische Prognosen<br />
des Langzeitverhaltens von Deponien eingesetzt werden kann. Die Berücksichtigung heterogener<br />
Eigenschaften und Untersuchungen des Einflusses stochastisch verteilter Modellparameter<br />
sind möglich. Untersuchungen zu zeitlich veränderlicher Porenstruktur und der Kompaktion sowie<br />
deren Einfluss auf das hydraulische Verhalten werden am Ende dieser Antragsphase begonnen und<br />
in der folgenden fortgesetzt.<br />
Eine Weiterentwicklung des bestehenden numerischen Modells ist auf mehreren Gebieten möglich.<br />
Eine wichtige Aufgabe ist die Beschreibung der zeitlichen Entwicklung des Porengefüges und damit<br />
der Strömungseigenschaften. Diese sind abhängig von mechanischen Verformungen aus Kompaktion,<br />
Biofilmbildung und Stoffabbau sowie Stofftransport, wenn Sorptionsprozesse, Ablagerungen<br />
und Inkrustationen berücksichtigt werden. Damit einher geht eine Modifizierung und Verifizierung<br />
der Parameter für das erweiterte Darcy-Modell.<br />
Im Bereich der Abbaureaktionen ist die Entwicklung und Untersuchung anderer Reduktionsansätze<br />
und Skalierungen des mikroskopischen Reaktionsmodells erforderlich. Dabei können Methoden der<br />
Modalanalyse mit Eigenwertbestimmung und modaler Reduktion zur Anwendung kommen.<br />
Anhand von Versuchsergebnissen im Teilprojekt B5 soll eine weitere Validierung der Modellparameter<br />
des lokalen bio-chemischen Reaktionsmodells z.B. mit Abbauraten und eine Anpassung der<br />
Strömungsparameter der modifizierten Darcy-Ansätze vorgenommen werden. Der Einfluss von<br />
Biofilmbildung und Stoffabbau auf das Porenvolumen und die Transporteigenschaften soll dabei<br />
experimentell untersucht und modelliert werden.<br />
Für die Beschreibung des Verformungsverhaltens in Abhängigkeit von Strömung und Stoffabbau ist<br />
die Reduktion eines vorhandenen Modells für das Verformungsverhalten [EBERS-ERNST 1999]<br />
auf die Kompaktion durchzuführen. Die Entwicklung der Verformung in Abhängigkeit von Stoffabbau,<br />
Wassersättigung und Deponieaufbau sowie deren Einfluss auf die Transportparameter bei<br />
geändertem Strömungsverhalten bilden dabei Schwerpunkte. Die Anbindung des reduzierten Modells<br />
des mechanischen Verhaltens von Siedlungsabfall an das Transportmodell ist vorgesehen.
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
2.6 Literatur<br />
BEAR, J. , BACHMAT, Y. , 1990: Introduction of Modelling Transport Phenomena in Porous Media.<br />
Kluwer Academic Publishers, The Netherlands<br />
BROOKS R., COREY A., 1964: Hydraulic Properties of Porous Media. Hydrol. Pap., Colorado<br />
State University 3.<br />
DACH, J. 1998: Zur Deponiegas- und Temperaturentwicklung in Deponien mit Siedlungsabfällen<br />
nach mechanisch-biologischer Abfallbehandlung. Schriftenreihe Institut WAR, TU Darmstadt, Heft<br />
107<br />
DANHAMER, H., 2002: Emissionsprognosemodell für Deponien mit mechanisch-biologisch vorbehandelte<br />
Abfällen – Schwerpunkt Modellierung des Gashaushaltes. Schriftenreihe WAR Bd. 138,<br />
Technische Universität Darmstadt<br />
EBERS-ERNST, J. , DINKLER D. , 1999: Modelling of Stress-Strain Behaviour of Municipal Solid<br />
Waste. Proc. Eurpean Conference on Computational Mechanics, Munich, Germany<br />
HAARSTRICK, A., HEMPEL, D. C., OSTERMANN, L., AHRENS, H., DINKLER, D., <strong>2001</strong>:<br />
Modeling of the Biodegradation of Organic Matter in Municipal Landfills. Waste Management and<br />
Research, 19, 320-331<br />
HANEL, J., DINKLER, D., AHRENS, H., <strong>2001</strong>: Modelling Coupled Processes of Waste Degradation,<br />
Gas- and Leachate Transport in Municipal Landfills. Sardinia <strong>2001</strong>, Proceedings Eighth International<br />
Waste Management and Landfill Symposium, CISA, Cagliari, Italy<br />
HOSSER, D., DEHNE, M., AHRENS, H., KINDLEIN, J., <strong>2003</strong>: Modelling Simplification of Landfill<br />
Processes by using Methods of Reliability Theory. Waste Management and Research, 21, 119-<br />
126<br />
HELMIG, R. , 1997: Multiphase Flow and Transport Processes in the Subsurface: A Contribution<br />
to the Modeling of Hydrosystems. Berlin/Heidelberg, Springer Verlag<br />
KINDLEIN J., DINKLER, D., AHRENS, H., <strong>2003</strong>: Verification and Application of Coupled Models<br />
for Transport and Reaction Processes in Sanitary Landfills. Sardinia <strong>2003</strong>, Proceedings Ninth<br />
International Waste Management and Landfill Symposium, CISA, Cagliari, Italy<br />
OBERMANN, I. , 1999: Modellierung des Wasserhaushalts von Deponien vorbehandelter Siedlungsabfälle.<br />
Mitteilungen Institut für Wasserbau und Wasserwirtschaft, TU Darmstadt, Heft 107<br />
2.7 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />
Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahren.<br />
DINKLER, D., HANEL, J., AHRENS, H., 2000: Modellierung von Deformations-, Transport-, und<br />
Reaktionsprozessen in Hausmülldeponien. Dynamische Probleme - Modellierung und Wirklichkeit,<br />
Tagung Universität Hannover<br />
HAARSTRICK, A., HEMPEL, D. C., OSTERMANN, L., AHRENS, H., DINKLER, D., <strong>2001</strong>:<br />
Modeling of the Biodegradation of Organic Matter in Municipal Landfills. Waste Management and<br />
Research, 19, 320-331<br />
HANEL, J., DINKLER, D., AHRENS, H., <strong>2001</strong>: Modelling Coupled Processes of Waste Degradation,<br />
Gas- and Leachate Transport in Municipal Landfills. Sardinia <strong>2001</strong>, Proceedings Eighth International<br />
Waste Management and Landfill Symposium, CISA, Cagliari, Italy<br />
- 122 -
- 123 -<br />
B6<br />
Dinkler, Ahrens<br />
DINKLER, D., AHRENS, H., KINDLEIN, J., 2002: Modelling Transport and Reaction Processes<br />
in Municipal Landfills. WCCM V, Fifth World Congress on Computational Mechanics, Eds.: H. A.<br />
Mang, F. G. Rammerstorfer, J. Eberhardsteiner, Vienna, Austria<br />
HOSSER, D., DEHNE, M., AHRENS, H., KINDLEIN, J., <strong>2003</strong>: Modelling Simplification of Landfill<br />
Processes by using Methods of Reliability Theory. Waste Management and Research, 21, 119-<br />
126<br />
KINDLEIN, J., HANEL, J., DINKLER, D., AHRENS, H., HAARSTRICK, A., HEMPEL, D.C.,<br />
<strong>2003</strong>: Modeling and Numerical Simulation of Coupled Transport and Reaction Processes in MSW<br />
Landfills. Waste Management, Elsevier, accepted<br />
KINDLEIN J., DINKLER, D., AHRENS, H., <strong>2003</strong>: Verification and Application of Coupled Models<br />
for Transport and Reaction Processes in Sanitary Landfills. Sardinia <strong>2003</strong>, Proceedings Ninth<br />
International Waste Management and Landfill Symposium, CISA, Cagliari, Italy<br />
Veröffentlichungen im Zusammenhang mit dem Arbeitsgebiet<br />
EBERS-ERNST, J., DINKLER, D., 2000: Simulation of Deformation Behavivour of Municipal<br />
Solid Waste Landfills. Proceedings of the European Congress on Computational Methods in Applied<br />
Sciences and Engineering ECCOMAS 2000, Barcelona<br />
GEISTEFELDT, J., DINKLER, D., KOWALSKY, U., <strong>2001</strong>: A Perturbation-Based Stochastic Finite<br />
Element Method. ICOSSAR'01, Newport Beach, CA, USA<br />
STEFFENS, A., DINKLER, D., <strong>2001</strong>: A Numerical Model for Reactive Transport in Concrete.<br />
Creep, Shrinkage and Durability Mechanics of Concrete and other Quasi-Brittle Materials, CON-<br />
CREEP-6, Proceedings 6th International Conference, F.-J. Ulm, Z. P. Bazant, F. H. Wittmann<br />
(Edtrs.) Elsevier, Oxford<br />
Dissertationen mit Bezug zum Arbeitsgebiet<br />
EBERS-ERNST, J., <strong>2001</strong>: Modellierung des inelastischen Verformungsverhaltens von Siedlungsabfalldeponien.<br />
Institut für Statik, Bericht Nr. <strong>2001</strong>-91, Dissertation, TU Braunschweig<br />
HANEL, J., <strong>2001</strong>: Modell zur Analyse von gekoppelten Transport- und Stoffabbauprozessen in<br />
Deponien. Institut für Statik, Bericht Nr. <strong>2001</strong>-92, Dissertation, TU Braunschweig<br />
STEFFENS, A., <strong>2001</strong>: Modellierung von Karbonatisierung und Chloridbindung zur numerischen<br />
Analyse der Korrosionsgefährdung der Betonbewehrung. Institut für Statik, Bericht Nr. <strong>2001</strong>-90,<br />
Dissertation, Technische Universität Braunschweig<br />
TACKE, A., 2002: Feuchte- und Festigkeitsentwicklung hydratisierenden Betons – Modellierung<br />
und numerische Analyse. Institut für Statik, Bericht Nr. 2002-94, Dissertation, TU Braunschweig<br />
GEISTEFELDT, J., <strong>2003</strong>: Stochastische Finite-Element-Methoden mit Anwendung auf aero-elastische<br />
Tragsysteme. Institut für Statik, Bericht Nr. <strong>2003</strong>-97, Dissertation, TU Braunschweig
- 124 -
Adaptives Modell zur Dauerhaftigkeitsprognose<br />
im Zuge der Überwachung von Betonbauwerken<br />
Prof. Dr.-Ing. Harald Budelmann<br />
Dr.-Ing. Frank Schmidt-Döhl<br />
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Stephan Bruder<br />
Dipl.-Ing. Alexander Holst<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
- 125 -<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
Unter der Dauerhaftigkeit eines Betonbauwerks wird dessen baustoff- und bauteilspezifischer Widerstand<br />
gegen Einwirkungen aus Witterung, chemischen Einflüssen und Nutzung verstanden.<br />
Dauerhaftigkeitsmodelle gehen meist von Planungsdaten aus und berücksichtigen auch nur einige<br />
der vielfältigen Schädigungsprozesse, wie die Carbonatisierung oder den Chloridangriff. Sie sind<br />
zwangsläufig ungenau.<br />
Für eine zuverlässige nutzungsbegleitende Prognose der noch verbleibenden Dauerhaftigkeit (Restnutzungsdauer)<br />
eines Bauteils benötigt man zum einen Zustandsinformationen aus dem Bauwerk<br />
und zum anderen ein lernfähiges, adaptives Prognosemodell, das sich dem realen Zustand des Bauwerks<br />
anpassen kann. Ein solches adaptives Dauerhaftigkeitsmodell für die Bauwerksüberwachung<br />
von Betonbauwerken im Zusammenhang mit der notwendigen Messtechnik zu entwickeln und zu<br />
erproben, ist das langfristige Ziel des Teilprojektes (TP) B9.<br />
Das TP B9 wurde am 1.1.1999 begonnen, d.h. ein Jahr später als der generelle Start des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>.<br />
Aufbauend auf dem vorhandenen nichtadaptiv arbeitenden Simulationsprogramm Transreac wurden<br />
in der ersten Förderperiode die Grundlagen für die Erweiterung dieses Simulationsprogramms zum<br />
adaptiven Modell gelegt (Einbindung von Klimamessdaten, Erweiterung des Präprozessors und des<br />
Hauptprogramms um Messdaten aus dem Bauwerk verarbeiten zu können). Mit dem adaptiven Modell<br />
konnten im Rahmen der ersten Förderperiode erste Prognoseberechnungen für einen Säureangriff<br />
auf ein Stahlbetonbauwerk und die adaptive Modellierung eines Austrocknungsvorganges vorgenommen<br />
werden.<br />
Das TP B9 arbeitete in den vergangenen Förderperioden mit Ersatzbauwerken vom Typ „Hohes C“<br />
wobei bis zum Beginn der letzten Förderperiode zwei dieser Probebauwerke erstellt wurden. Es<br />
handelt sich dabei um realitätsnah hergestellte, vorgespannte Stahlbetonbauwerke, die mit aggressiven<br />
Lösungen sowie mit freier Witterung beaufschlagt werden und deren klimatische Randbedingungen<br />
durch eine ortsnahe Klimamessstation erfasst werden. Die Ersatzbauwerke wurden kontinuierlich<br />
messtechnisch begleitet und zur Erprobung und Weiterentwicklung von Sensoren eingesetzt.<br />
Zudem liefern sie die Datengrundlage für die adaptiven Simulationsberechungen und für die<br />
Validierung der Berechnungen mit dem adaptiven Programmsystem Transreac.<br />
2.2 Angewandte Methoden<br />
Ausgangspunkt für die theoretischen Arbeiten im TP B9, d.h. die Erstellung des adaptiven Modells<br />
zur Dauerhaftigkeitsprognose ist das Simulationsprogramm Transreac. Diese Software wurde mo-
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
dular durch für eine adaptive Modellierung notwendige Bausteine erweitert, wobei die vorhandenen<br />
Teilmodelle zur Simulation von chemischen Reaktionen, Transportprozessen, Veränderungen der<br />
Transportparameter, Materialfestigkeit usw. weitergenutzt werden. Dies betrifft auch die inzwischen<br />
im Rahmen des SPP 1122 realisierte Möglichkeit mit Transreac Monte-Carlo-Simulationen<br />
ausführen zu können. Ein weiterer wesentlicher Bestandteil war die Einbeziehung eines Carbonatisierungsmodells.<br />
Diese theoretischen Arbeiten werden im Folgenden zuerst beschrieben.<br />
Wie bereits erwähnt, arbeitet das TP B9 auf der experimentellen Seite mit Ersatzbauwerken vom<br />
Typ „Hohes C“. Diese Ersatzbauwerke sind mit kommerziell erhältlichen Anodenleitern, Multiringelektroden<br />
und Thermoelementen sowie mit neu entwickelten Sensoren der TP C1a und C1b<br />
instrumentiert. Zur Erfassung des Zustandes dieser Ersatzbauwerke in den einzelnen Beaufschlagungsfeldern<br />
werden neben den Messsignalen dieser Sensoren auch manuell Daten mit klassischen<br />
Methoden der Bauwerksuntersuchung gewonnen (manuelle Messung von Schädigungstiefen, Probenentnahme<br />
zur Phasen- und Elementanalytik usw.). Diese Daten dienen dann als Eingangsgrößen<br />
für die adaptiven Modellierungen.<br />
Daneben hat sich das TP B9 auch mit der Entwicklung eines zum Monitoring geeigneten Sensorssystems<br />
zur Ermittlung der oberflächennahen Betonpermeabilität befasst und Dienstleistungen<br />
(Probenherstellungen und Berechnungen) für andere Teilprojekte erbracht.<br />
2.2.1 Einbindung eines Karbonatisierungsmodells in das Programmsystem Transreac<br />
Zur Simulation der Karbonatisierung von Stahlbetonbauteilen wurde Transreac um ein Modul zur<br />
Berechnung des material- und feuchteabhängigen CO2 (gas) Transports auf der Grundlage der<br />
Fick’schen Diffusionsgesetze erweitert. Aufgrund der sehr niedrigen Konzentrationen der bei der<br />
Karbonatisierung zu berücksichtigenden CO2-Spezies waren dabei einige nicht zu erwartenden<br />
Probleme zu lösen. Die adaptive Modellierung einer Karbonatisierung unter zu Hilfenahme dieses<br />
Moduls wird weiter unten vorgestellt.<br />
2.2.2 Präprozessorprogramm Adapti<br />
Das in der ersten Förderperiode für zwei adaptive Eingriffsvarianten realisierte Präprozessorprogramm<br />
Adapti wurde in der zweiten Förderperiode vollständig überarbeitet. Es besteht jetzt<br />
die Möglichkeit über eine Eingabemaske (s. Abb. 1) 9 verschiedene Eingriffsvarianten auszuwählen,<br />
die dann entsprechend den adaptiven Vergleichszeitpunkten gezielt die ausgewählten Transportparameter<br />
wie z.B. den Gasdiffusionskoeffizient, den Ionendiffusionskoeffizient oder den kapillaren<br />
Flüssigkeitstransport beeinflussen.<br />
Abbildung 1: Eingabemaske des Präprozessors für die adaptiven Daten<br />
- 126 -
2.2.3 Realisierung des adaptiven Eingriffes im Hauptprogramm<br />
- 127 -<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
Das in der ersten Förderperiode entwickelte Modul zur adaptiven Beeinflussung wurde in der<br />
zweiten Förderperiode überarbeitet und erweitert. Das bewährte Prinzip, die Modellparameter nicht<br />
direkt zu verändern, sondern lediglich mit einem Korrekturfaktor zu multiplizieren, wurde beibehalten.<br />
Der Programmablauf entspricht in etwa folgenden Schema.<br />
Im Hauptprogramm wird zum Programmstart überprüft, ob eine Datei mit adaptiven Daten vorliegt.<br />
Sofern Daten vorliegen, wird automatisch eine Variable gesetzt und somit das Modul für die adaptive<br />
Modellierung aktiviert. Das Modul überprüft dann kontinuierlich während der Simulationsrechnung,<br />
ob ein Vergleichsereigniss oder ein Vergleichszeitpunkt eintritt. Analog des in der ersten<br />
Förderperiode entwickelten Algorithmus werden die Transportparameter gezielt beeinflusst.<br />
In der zweiten Förderperiode sind weitere Beeinflussungsmöglichkeiten der Modellparameter umgesetzt<br />
und getestet worden. So kann jetzt der Gasdiffusionskoeffizient, der Ionendiffusionskoeffizient,<br />
der Kapillartransport oder global alle Stofftransporte beeinflusst werden. Neu hinzugekommen<br />
ist auch ein tiefenabhängiger Beeinflussungsfaktor, der sowohl auf den Kapillartransport und<br />
auf den Diffusionstransport wirkt und ebenfalls adaptiv beeinflusst werden kann. Der tiefenabhängige<br />
Beeinflussungsfaktor wurde notwendig, da sich einige Schädigungsprofile nicht mit den bisherigen<br />
Transportmechanismen abbilden ließen. Die Begründung für den tiefenabhängigen Beeinflussungsfaktor<br />
sehen die Autoren in der Selbstabdichtung des Betons bei realen Bauwerken. Hierzu<br />
sind in der kommenden Förderperiode weitere Untersuchungen und Simulationsrechnungen geplant.<br />
Die bis zum Berichtszeitpunkt durchgeführten adaptiven Berechnungen zeigen gute Prognoseergebnisse<br />
bei der Nutzung der oben dargestellten adaptiven Simulationsrechnungen. Details zu den<br />
Berechnungen sind im Kapitel 2.3 dargestellt.<br />
2.2.4 Stahlbeton-Ersatzbauwerke<br />
Zur Überprüfung der adaptiven Modellierung werden Korrosionsversuche an mit Sensorsystemen<br />
ausgerüsteten Stahlbeton-Ersatzbauwerken vorgenommen. In der zweiten Förderperiode wurde ein<br />
drittes Ersatzbauwerk des Typs „Hohes C“ erstellt. Die Unterschiede zwischen den Ersatzbauwerken<br />
sind in Tab. 1 dargestellt. Aus der Tabelle geht auch hervor, dass das dritte Ersatzbauwerk nicht<br />
vorgespannt wird. Diese Änderung verfolgt das Ziel, Unterschiede im Schädigungsverlauf zwischen<br />
gerissenen und ungerissenen Betonbauwerken für die adaptive Simulationsrechnung abzuschätzen<br />
und einige widersprüchliche Sensorergebnisse aus den Ersatzbauwerken 1 und 2 zu überprüfen. Um<br />
den Vergleich zwischen den Schädigungsmechanismen im gerissenen und ungerissen Beton durchführen<br />
zu können wurde, abweichend vom Antrag, bei dem dritten Ersatzbauwerkes auf die Verwendung<br />
von Hochofenzement verzichtet. Das Bild 2 zeigt die Ersatzbauwerke. Zu sehen ist auch<br />
die Klimastation, die das lokale Klima im Umfeld der Ersatzbauwerke aufzeichnet, welches in den<br />
Simulationsrechnungen berücksichtig wird.
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
Abbildung 2: Ersatzbauwerke (EB) vom Typ „ Hohes C“. Links EB2, mitte EB3, rechts EB1.<br />
Tabelle 1: Die wichtigsten Daten zu den Ersatzbauwerken vom Typ „Hohes C“.<br />
Bauwerk Ersatzbauwerk 1 Ersatzbauwerk 2 Ersatzbauwerk 3<br />
Betonage 5.5.1999 24.5.2000 30.1.<strong>2003</strong><br />
Beton C 30 / 37 C 30 / 37 C 30 / 37<br />
Zement CEM I 32,5 R CEM I 32,5 R CEM I 32,5 R<br />
Zementgehalt 340 kg/m 3 340 kg/m 3 300 kg/m 3<br />
w/z - Wert 0,5 0,585 0,593<br />
Sieblinie A/B 32 A/B 16 A/B 16<br />
Nachbehandlung 2 Tage in Schalung,<br />
3 Tage in feuchten<br />
Jutesäcken<br />
Mittlere Druckfestigkeit<br />
nach 28 Tagen<br />
Wassereindringtiefe nach<br />
28 Tagen<br />
Vorspannung 40 Tage nach Betonage<br />
- 128 -<br />
5 Tage in Schalung 5 Tage in Schalung<br />
44,5 N/mm 2 46,8 N/mm 2 48 N/mm 2<br />
33 mm 30 mm 23 mm<br />
100 Tage nach Betonage<br />
Nein
Beaufschlagung<br />
Beginn der Beaufschlagung<br />
mit Wasser<br />
Beginn der Beaufschlagung<br />
mit aggressiven<br />
Lösungen<br />
Beaufschlagungsfelder<br />
1. Frei Bewittert (Carbonatisierung)<br />
43 Tage nach Betonage<br />
61 Tage nach Betonage<br />
- 129 -<br />
41 Tage nach Betonage<br />
56 Tage nach Betonage<br />
2. Essigsaure Pufferlösung / stark lösender Angriff<br />
( 8,023g Natriumacetat und 60,05g konz. Essigsäure in 1 Liter H2O dest.)<br />
3. Konzentrierte NaCl Lösung (360g/l bei 20°C) / Bewehrungskorrosion<br />
4. Natriumsulfatlösung<br />
treibender Angriff<br />
5.Ammoniumnitratlösung<br />
lösender Angriff<br />
Sensoren in den Beaufschlagungsfeldern<br />
Messdatenerfassung diskontinuierlich<br />
2 x pro Woche<br />
MRE, AL<br />
Frei Bewittert MRE, AL, FMWS,<br />
T, F, P Klimadaten<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
147 Tage nach Betonage<br />
167 Tage nach Betonage<br />
3 g/l SO4 2- 30 g/l SO4 2- 30 g/l SO4 2-<br />
0,3 g/l NH4 + 3 g/l NH4 + 3 g/l NH4 +<br />
diskontinuierlich<br />
2 x pro Woche<br />
MRE, AL,<br />
MRE, AL*, FMWS,<br />
T, F, P, TP, Klimadaten<br />
Essigsaure Pufferlösung MRE* MRE, AL*, FMWS,<br />
T, F, P<br />
konzentrierte<br />
NaCl -Lösung<br />
kontinuierlich<br />
MRE, AL, P, T, TP<br />
Klimadaten<br />
MRE, AL, P<br />
MRE, AL* MRE, AL, FMWS,T MRE, AL<br />
Natriumsulfat MRE*, AL MRE, FMWS, T MRE, AL<br />
Ammoniumnitrat MRE SRE*, FMWS, T MRE, AL<br />
Legende:<br />
AL: Anodenleiter - Sensorprinzip ist die Stellvertreterkorrosion -<br />
SRE: Spreizringelektrode - wie Anodenleiter jedoch zum nachträglichen Einbau -<br />
MRE: Multiringelektrode - Sensor zur Messung der elektrolytischen Leitfähigkeit -<br />
T: Thermoelement – Temperatursensor –<br />
TP: Taupunktsensor – Sensor zur Erkennung der Wasseraufnahme durch Tauwas-<br />
serentstehung
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
Legende:<br />
FMWS: Feuchtesensor auf Mikrowellenbasis (C1) - Siehe Teilprojekt C1 -<br />
F: faseroptischer Feuchtesensor (C1) - Siehe Teilprojekt C1 -<br />
P: faseroptischer pH Sensor (C1) - Siehe Teilprojekt C1 –<br />
* Auf die mit * gekennzeichneten Sensoren wird in diesem Bericht näher<br />
eingegangen.<br />
Diskrete Untersuchungen<br />
essigsaure Pufferlösung MIP, DTA/TG MIP, DTA/TG<br />
konzentrierte<br />
NaCl Lösung<br />
XRD, DTA/TG, Cl,<br />
Ca<br />
Natriumsulfat MIP, XRD, DTA/TG,<br />
Ca<br />
XRD, DTA/TG, Cl,<br />
Ca<br />
MIP, DTA/TG, Ca<br />
Ammoniumnitrat MIP, DTA/TG, Ca MIP, DTA/TG, Ca<br />
Frei Bewittert MIP, DTA/TG, Ca MIP, DTA/TG, Ca<br />
Legende:<br />
Cl: Bestimmung des Cl Gehalts<br />
XRD: Röntgenphasenanalysen (z.B. auf Friedelsches Salz, Ettringit usw.)<br />
Ca: Calciumanalysen zur Bestimmung des Zementgehaltes der Probe. Notwendig<br />
für die Skalierung der Ergebnisse der diskreten Untersuchungen<br />
MIP: Quecksilberdruckporosimetrische Untersuchungen<br />
DTA/TG: Differentialthermoanalyse/-gravimetrie zur quantitativen Phasenanalyse<br />
einzelner Spezies (Friedelsches Salz, Portlandit)<br />
2.2.5 Untersuchung von Stahlbetonfundamenten von Windkraftanlagen in Böden mit<br />
kalklösender Kohlensäure<br />
Das TP B9 ist im Zuge der 2. Förderperiode an die Fa. Enercon herangetreten. Enercon baut Windkraftanlagen<br />
deren Fundamente z.T. einem Angriff durch kalklösende Kohlensäure ausgesetzt sind.<br />
Die adaptive Modellierung und Prognose dieses Angriffs auf entsprechende Bauteile soll ein<br />
Schwerpunkt des TP B9 in der nächsten Förderperiode darstellen (s. Antrag). Im Rahmen der 2.<br />
Förderperiode wurden dazu vorbereitende Arbeiten durchgeführt und in Zusammenarbeit mit Enercon<br />
eine erste Beprobung einer bestehenden Anlage durchgeführt, deren Daten später in die adaptive<br />
Modellierung einfließen sollen.<br />
2.2.6 Sensoren und Untersuchungen am Ersatzbauwerk<br />
Wie aus Tab. 1 hervorgeht, sind in den Ersatzbauwerken sowohl neuentwickelte Sensoren der Teilprojekte<br />
C1a und C1b als auch kommerzielle Sensoren installiert. Zu den Funktionsprinzipien und<br />
Ergebnissen der neuentwickelten Sensoren sei hier auf die Berichte der entsprechenden Teilprojekte<br />
verwiesen. Das Teilprojekt B9 nutzt die aufbereiteten Ergebnisse der neuentwickelten Sensoren für<br />
adaptive Simulationsrechnungen, wie z.B. der Austrocknung von Beton und stellt für die Sensorhersteller<br />
die beaufschlagten Ersatzbauwerke zur Installation und zum Test der Sensoren zur Verfügung.<br />
Weiter führt das Teilprojekt B9 diskrete Untersuchungen an den Ersatzbauwerken durch und<br />
- 130 -
- 131 -<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
stellt damit die Informationsgrundlage für die Validierung der Sensoren bereit. Bei den kommerziellen<br />
Sensoren sind Multiringelektroden, Anodenleiter und Spreizringelektroden der Fa. S&R<br />
Sensortec Aachen im Einsatz. Sie werden in den Ersatzbauwerken in von dem Hersteller nicht erprobten<br />
Bereichen eingesetzt. Details zu den Einsatzfeldern und Auswertungsergebnissen sind im<br />
Kapitel 2.3 aufgeführt.<br />
2.2.7 Entwicklung eines Systems zur Messung der oberflächennahen Betonpermeabilität<br />
Ziel dieser Arbeiten ist die Entwicklung eines online fähigen Messsystems zur Überwachung der<br />
Permeabilitätsveränderung oberflächennaher Betonschichten. Bei diesem Verfahren bildet sich infolge<br />
der natürlichen Luftdruckschwankungen eine Druckdifferenz in einem durch den zu untersuchenden<br />
Beton abgeschlossenen Holraum und der Atmosphäre. Die Druckdifferenz steht in Zusammenhang<br />
mit der atmosphärischen Druckveränderung und dem Permeabilitätskoeffizienten des<br />
zu beurteilenden Betons. Die Zusammenhänge sind in Abbildung 3 dargestellt. Zur Entwicklung<br />
des Systems sind nach einer Marktanalyse kostengünstige Drucksensoren beschafft worden und in<br />
Betonversuchskörper installiert und getestet worden. Erste Ergebnisse werden im Kapitel 2.3 dargestellt.<br />
Abbildung 3: Schematische Darstellung des Systems zur Messung der oberflächennahen<br />
Betonpermeabilität.<br />
2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
In diesem Bericht wird nur auf Ergebnisse der Ersatzbauwerke 1 und 2 eingegangen, da der Beaufschlagungszeitraum<br />
am 3. Ersatzbauwerk noch nicht ausreicht und bisher keine tiefengestaffelten<br />
Sensorsignale vorliegen. Es ist nicht vorgesehen, das Ersatzbauwerk 3 vorzuspannen, da die Ergebnisse<br />
der Ersatzbauwerke 1 und 2 es notwendig erscheinen lassen, die Sensoren ohne den Einfluss<br />
von Rissen zu testen. Um eine bessere Vergleichbarkeit zwischen den Ersatzbauwerken 1 und 2 mit<br />
Rissen und dem Ersatzbauwerk 3 ohne Risse zu erhalten, wurde auch abweichend von dem Antrag
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
der 2.Förderperiode das 3. Ersatzbauwerk ebenfalls mit einem Portlandzement und nicht mit einem<br />
Hochofenzement erstellt. Für die in der Tabelle 1 mit * gekennzeichneten Sensoren werden Messergebnisse<br />
in den folgenden Abbildungen dargestellt und kommentiert. Die Ergebnisse der Sensoren<br />
der Teilprojekte C1a und C1b sind in den Berichten dieser Teilprojekte dargestellt.<br />
2.3.1 Ergebnisse der Sensoren – Anodenleiter<br />
Die Anodenleitern der Firma Sensortec funktionieren nach dem Prinzip der Stellvertreterkorrosion.<br />
Für jede Sprosse der Anodenleiter wird die durch die Korrosion entstehende<br />
Korrosionsspannung und der Strom gemessen. Die Überschreitung<br />
der vom Hersteller definierten Alarmschwellen von -150<br />
[mV] für die Spannung und 15 [µA] für den Strom gibt die relevante<br />
Schädigungsinformation. Abb. 4 zeigt die Anodenleiter im Einbauzustand<br />
vor der Betonage. Abb. 5 zeigt das zeitlich versetzte tiefenabhängige<br />
Ansteigen der Korrosionsspannung. Das „verfrühte“ Ansteigen<br />
der Korrosionsspannung in 6 cm Tiefe unter der Betonoberfläche<br />
ist darauf zurückzuführen, das die entsprechende Anode mit dem Bewehrungskorb<br />
verbunden ist und daher Korrosionsspannungen des<br />
Bewehrungskorbes registriert.<br />
In die Abbildung 5 sind zwei Cl - Gehalte die aus einer Bohrmehlanalyse<br />
resultieren tiefen- und zeitrichtig eingezeichnet. Im ersten Fall<br />
Abbildung 4: Anoden- fällt die Probenahme mit dem Zeitpunkt des erstmaligen Überschreileiter<br />
im Einbauzustand tens der Alarmschwelle in der Tiefe 3,75 cm zusammen. Die Messda-<br />
kurz vor der Betonage.<br />
ten zeigen das prinzipielle Funktionieren der Anodenleiter im gerissenen<br />
Bereich einer im Zustand II befindlichen Stahlbetonkonstruktion.<br />
Andererseits zeigen Sie auch wie problematisch die Messung ist, da eine Schädigung des Bewehrungskorbes<br />
durch Stahlkorrosion bereits eingetreten ist, bevor die Anode in der selben Tiefenebene<br />
(5 cm Tiefe) die Alarmschwelle überschreitet.<br />
-150-0 [mV]<br />
-300--150<br />
7. Mai 99 9. Jul 99 28. Okt 99 5. Jun 00<br />
Datum<br />
9. Jan 01 2. Aug 01 22. Apr 02<br />
Abbildung 5: Korrosionsspannung gemessen mit der Anodenleiter im mit NaCl beaufschlagten Feld<br />
des Ersatzbauwerkes 1.<br />
- 132 -<br />
Chloridgehalt aus<br />
diskreter Messung vom<br />
Mai 2000<br />
0.18 [m.% / Beton]<br />
Chloridgehalt aus<br />
diskreter Messung vom<br />
August <strong>2001</strong><br />
0.18 [m.% / Beton]<br />
1.5 cm<br />
3.0 cm<br />
4.5 cm<br />
Tiefe<br />
Bewehrung
- 133 -<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
Die Anodenleiter im NaCl - beaufschlagten Feld des Ersatzbauwerkes 2 ( nicht abgebildet ) zeigte<br />
bereits vor dem Vorspannen Korrosionstiefen von 2,5 cm. 20 Tage nach dem Vorspannen lag die<br />
Spannung bei allen Anoden der Anodenleiter über dem Alarmwert. Dies zeigt, dass die Interpretation<br />
der Ergebnisse dieser Sensoren nicht immer leicht ist.<br />
Die Abbildung 6 zeigt die Korrosionsspannung gemessen mit der Anodenleiter im freibewitterten<br />
Feld des Ersatzbauwerkes 2. Hier wurde die Alarmschwelle für die erste Anode, die in einer Tiefe<br />
von 1,5 cm liegt, ca. 5 Monate nach der Herstellung des Ersatzbauwerkes überschritten. Die Ursache<br />
kann nicht auf großflächige Karbonatisierung zurückgeführt werden, da die Karbonatisierungstiefen<br />
zu diesem Zeitpunkt lediglich 2 mm betrugen. Genauso wenig lässt sich das Überschreiten<br />
der Korrosionsspannung an der Anode 4 in der Tiefe 3,75 cm mit Karbonatisierung erklären.<br />
Eine mögliche Erklärung ist eine Rissflankenkarbonatisierung.<br />
-150-0 [mV]<br />
-300--150<br />
-450--300<br />
1.5 cm<br />
Jun. 00 Sep. 00 Nov. 00 Mrz. 01 Jul. 01 Nov. 01 Mai. 02<br />
Bewehrung<br />
Mai. 03<br />
Datum<br />
Abbildung 6: Korrosionsspannung gemessen mit der Anodenleiter im freibewitterten Feld des Ersatzbauwerkes<br />
2.<br />
Die Abbildung 7 zeigt die Korrosionsspannung gemessen mit der Annodenleiter im mit essigsaurer<br />
Pufferlösung beaufschlagten Feld des Ersatzbauwerkes 2. Die Messwerte der Anodenleiter zeigen<br />
einen gut nachvollziehbaren Verlauf der Korrosionsfront. Gut zu erkennen sind auch die Zeiträume,<br />
in denen die Beaufschlagung unterbrochen wurde. Der Einsatz der Anodenleiter zur Detektierung<br />
dieses Schadensmechanismus scheint nach den bisher vorliegenden Erkenntnissen auch im gerissenen<br />
Bereich einer Betonkonstruktion möglich und plausibel. Die letzte frei positionierbare Anode<br />
liegt in der Ebene der Bewehrung ohne mit dieser verbunden zu sein. Sie zeigt noch keine Korrosion.<br />
3 cm<br />
4.5 cm<br />
Tiefe
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
-150-0 [mV]<br />
-300--150<br />
-450--300<br />
Jun. 00 Sep. 00 Nov. 00 Mrz. 01 Jul. 01 Dez. 01 Jul. 02<br />
Datum<br />
Abbildung 7: Korrosionsspannung gemessen mit der Anodenleiter im säurebeaufschlagten Feld des<br />
Ersatzbauwerkes 2.<br />
2.3.2 Ergebnisse der Sensoren – Spreizringelektroden<br />
Die Spreizringelektroden arbeiten nach dem Prinzip der Anodenleitern, sind jedoch für die nachträgliche<br />
Installation im Bauwerk vorgesehen. Eine Spreizringelektrode wurde nachträglich im<br />
Ammoniumnitratfeld eingebaut, da bei der Betonage die eingeplante Multiringelektrode beschädigt<br />
wurde. Abb. 8 zeigt die gemessenen Korrosionsspannungen.<br />
Dez. 00 Mrz. 01 Mai. 01 Jul. 01 Okt. 01 Mrz. 02 Aug. 02<br />
Datum<br />
Abbildung 8: Korrosionsstrom gemessen mit der Spreizringelektrode im Ammoniumnitratbeaufschlagten<br />
Feld des Ersatzbauwerkes 2.<br />
Die gemessenen Korrosionsströme lagen unmittelbar nach dem Einbau über der Alarmschwelle für<br />
Korrosion. Mit dem Abschalten der Beaufschlagung während der Frostperiode sank der Korrosionsstrom<br />
deutlich unter die vorgegebene Alarmschwelle. Die Korrosionsspannung (nicht gezeigt)<br />
blieb jedoch auch in der beaufschlagungsfreien Zeit über den Grenzwerten. Die erhoffte tiefenselektive<br />
Korrosionsinformation konnte nicht beobachtet werden.<br />
- 134 -<br />
30-45<br />
15-30<br />
0-15 [µA]<br />
1.5 cm<br />
3 cm<br />
4.5 cm<br />
Bewehrung<br />
7.5<br />
6.25<br />
5<br />
3.75<br />
2.5<br />
Tiefe<br />
1.25<br />
Tiefe
- 135 -<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
Zur Beurteilung der Ursache für die nicht plausiblen Messdaten wurde die Spreizringelektrode aus<br />
dem Bauwerk entnommen. Dabei zeigte sich an allen Anodenringen im untenliegenden Mantelbereich<br />
Korrosion. Die untenliegende Mantelfläche der beim Einbau hergestellten Kernbohrung war<br />
offensichtlich nass. Da ein optisch sichtbarer Riss die Kernbohrung nicht kreuzte, muss die Flüssigkeit<br />
entweder an der Mantelfläche zwischen Spreizringelektrode und Kernbohrung eingedrungen<br />
sein oder konstruktionsbedingt einen Weg durch den Sensor genommen haben. Zur Überprüfung<br />
dieser Problematik sind weitere Untersuchungen in der dritten Förderperiode vorgesehen. Abb. 9<br />
zeigt die Spreizringelektrode nach dem Ausbau. Die Deformation der Spreizringelektrode entstand<br />
beim Ausbau für den die Elektrode in Einzelringe zerlegt werden musste. Schon beim Ausbau, der<br />
Spreizringelektrode trat in geringem Umfang Wasser aus der Kernbohrung aus. Der erste Ring der<br />
Elektrode zeigte auf dem gesamten Umfang deutliche Korrosion, wie in der mittleren Abbildung zu<br />
sehen ist. In dem in der Kernbohrung untenliegenden Bereich sind alle Ringe durch Korrosion angegriffen.<br />
Abbildung 9: Spreizringelektrode nach dem Ausbau aus dem Ammoniumnitrat beaufschlagten Bereich<br />
des Ersatzbauwerkes 2 Die Bilder zeigen von links nach rechts die Kernbohrung, die Spreizringelektrode<br />
mit der in der Kernbohrung oben liegenden Seite und die Spreizringelektrode mit der<br />
in der Kernbohrung unten liegenden Seite.<br />
2.3.3 Ergebnisse der Sensoren – Multiringelektroden<br />
Die Multiringelektroden der Fa. Sensortec werden für die tiefengestaffelte Leitfähigkeitsmessung<br />
(Impedanz bei ca. 105Hz) im Beton eingesetzt. Da der gemessene Wert eine systemspezifische<br />
Größe ist, sind nur qualitative Aussagen möglich. Dennoch hat sich die Multiringelektrode bei lösenden<br />
und bei treibenden Schädigungsmechanismen zur Schadenserkennung bewährt, da beide<br />
Schadensmechanismen das Porenvolumen des Betons verändern. Daraus resultiert eine signifikante<br />
Veränderung der Impedanz. Eine definierte „Alarmschwelle“, wie bei den Anodenleitern, gibt es<br />
bei den Multiringelektroden jedoch nicht. Abb. 10 zeigt Daten aus dem Natriumsulfatfeld des Ersatzbauwerkes<br />
1. Deutlich zu erkennen sind die Impedanzanstiege in den nicht beaufschlagten Zeiträumen,<br />
aber auch der von der Oberfläche ausgehende kontinuierliche Anstieg der Impedanz, der<br />
auf die Bildung von Ettringit und damit der Verringerung des Porenvolumen zurückgeführt werden<br />
kann (vgl. mit den Ergebnissen der Phasenanalysen im Kapitel 2.3.5). Eine erneute Verringerung<br />
der Impedanz durch Treibrissbildung wurde bislang nicht beobachtet. Sie wird in der kommenden<br />
Förderperiode erwartet.
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
1200-1800<br />
600-1200<br />
0-600<br />
Mai. 99 Jul. 99 Nov. 99 Jun. 00 Feb. 01 Sep. 01 Jul. 02<br />
Beaufschlagungsfreie Zeit<br />
Ausfall der Sensoren<br />
Abbildung 10: Messdaten der Multiringelektrode im Natriumsulfatfeld des Ersatzbauwerks 1. Die<br />
Einheiten sind messgerätspezifisch und können als Impedanz [Ohm] interpretiert werden (der physikalischen<br />
Bedeutung der Einheit werden die Messwerte jedoch nicht gerecht).<br />
Die Messergebnisse der Multiringelektrode im Säurefeld zeigen ein Absinken der Impedanz durch<br />
die Vergrößerung der Porosität des Betons. Als Schädigungskriterium wurde das Absinken der Impedanz<br />
auf unter 600 ([Ohm]) festgelegt. Dieses Schädigungskriterium stimmt gut mit den Ergebnissen<br />
manueller Messungen überein. Abb. 11 zeigt entsprechende Messdaten.<br />
1200-1800<br />
600-1200<br />
0-600<br />
Mai. 99 Jun. 99 Sep. 99 Nov. 99 Mai. 00 Okt. 00 Jun. 01 Mai. 02<br />
Datum<br />
Datum<br />
Abbildung 11: Messergebnisse der Multiringelektrode im mit Essigsäure beaufschlagten Feld des<br />
Ersatzbauwerkes 1. Die Einheiten sind messgerätespezifisch ( s.o.).<br />
2.3.4 Ergebnisse der Sensoren – Temperatur, Klima, Taupunkt, Sensoren TP C1a und C1b<br />
Die in den Ersatzbauwerken installierten Thermoelemente zeichnen kontinuierlich das Temperaturprofil<br />
auf. Die gemessenen Temperaturen werden zur Temperaturkompensation der mit den Multiringelektroden<br />
gemessenen Impedanzen und für die Erstellung von Temperaturprofilen verwendet.<br />
- 136 -<br />
0.5 cm<br />
1.5 cm<br />
2.5 cm<br />
3.5 cm<br />
0.5 cm<br />
1.5 cm<br />
2.5 cm<br />
3.5 cm<br />
Tiefe<br />
Tiefe
Cl-Gehalt [m.%-Beton]<br />
1.8<br />
1.6<br />
1.4<br />
1.2<br />
1<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
- 137 -<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
Cl-Gehalt Mai <strong>2003</strong><br />
Cl-Gehalt Aug <strong>2001</strong><br />
Cl-Gehalt Mai 2000<br />
0 0.5 1 1.5 2 2.5<br />
Tiefe [cm]<br />
3 3.5 4 4.5 5<br />
Abbildung 12: Chloridhalt im mit konzentrierter NaCl Lösung beaufschlagten Feld, Ersatzbauwerk 1.<br />
Nicht alle Befeuchtungsereignisse der Ersatzbauwerke waren über Regenereignisse erklärbar. Daher<br />
wurden auf der Oberfläche der bewitterten Seite Taupunktsensoren und beim Ersatzbauwerk 3 ein<br />
oberflächennaher Niederschlagssensor installiert. Diese zusätzlichen Informationen fließen bei der<br />
Kontrolle und Interpretation aller im freibewitterten Feld eingebauten Sensoren mit ein.<br />
2.3.5 Ergebnisse der diskreter Laboruntersuchungen<br />
Zur Überprüfung, Validierung und Interpretation der Sensorergebnisse und als Grundlage für die<br />
adaptive Simulationsrechnung wurden verschiedene tiefengestaffelte Laboranalysen an Proben aus<br />
den Ersatzbauwerken durchgeführt (s. Tab. 1). Zwei Beaufschlagungsbereiche sind dabei von besonderem<br />
Interesse. Das mit Natriumsulfat beaufschlagte Feld des Ersatzbauwerks 1 und zum anderen<br />
das mit konzentrierter NaCl-Lösung beaufschlagte Feld.<br />
Mittels Röntgenphasenanalyse von Bohrmehlproben im Sulfatfeld des Ersatzbauwerkes 1 konnte<br />
eine Zunahme der Ettringitkonzentration beobachtet werden. Um unterschiedliche Zuschlag/Bindemittelverhältnisse<br />
in den Einzelproben auszugleichen, wurden parallel zu den Röntgenphasenanalysen<br />
Calciumanalysen der Mehle durchgeführt und die Röntgenintensitäten mit einem<br />
entsprechenden Korrekturfaktor korrigiert. Mit den Analyen konnte nachgewiesen werden,<br />
dass die Ettringitkonzentration im ersten Zentimeter etwa um den Faktor 2 größer ist, als in größerer<br />
Tiefe des Betonbauwerks. Auch in 2 bis 4 cm Tiefe scheinen noch erhöhte Ettringitkonzentrationen<br />
vorzuliegen. Dies steht in guter Übereinstimmung mit den Messergebnissen der Multiringelektrode<br />
(s. dazu auch Kapitel 2.3.3).<br />
In der Abbildung 12 ist der Cl - -Gehalt bezogen auf den Beton über die Tiefe dargestellt. Die Analyseergebnisse<br />
weisen sehr hohe Chloridkonzentrationen bis in große Tiefen auf und zeigen gute<br />
Übereinstimmung mit der Anodenleiter. Die auf den Zementgehalt umgerechneten Messwerte<br />
(nicht dargestellt) liegen alle deutlich über dem Richartz - Kriterium für die maximal zulässigen<br />
Cl - -Konzentrationen.
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
2.3.6 Status des onlinefähigen Systems zur Messung der oberflächennahen<br />
Betonpermeabilität<br />
Nach einer grundsätzlichen Überprüfung der Funktionsfähigkeit des Systems wurden mehrere Versuchskörper<br />
erstellt, die sich im Zementgehalt und im W/Z –Wert unterschieden. Die Seiten- und<br />
die Bodenfläche der Versuchskörper wurden mit einem Epoxydharz gasdicht versiegelt, so dass der<br />
Gasstrom nur durch die Betonoberfläche erfolgen konnte. Abb. 13 zeigt den Versuchsaufbau. Der<br />
notwendige Hohlraum im Beton wurde durch eine Bohrung ohne Schlag hergestellt. In den Bohrkanal<br />
wurde anschließend ein Adapter eingeklebt, der für einen gasdichten Abschluss des Bohrkanals<br />
sorgt. Der Gassaustausch aufgrund des atmosphärischen Druckverlaufes erfolgt somit durch<br />
das Porensystem des Betons. Die Kalibrierung der Drucksensoren erfolgt anhand von charakteristischen<br />
Punkten im Druckverlauf. So muss beim Hochpunkt und beim Tiefpunkt des Innendruckes<br />
der Luftdruck identisch mit dem atmosphärischen Luftdruck sein. Dabei wird der Tiefpunkt des<br />
Innendruckes genutzt, um den Offset des Drucksensors im Vergleich zum Referenzsensor festzulegen.<br />
Der Hochpunkt wird genutzt um die Steigung für die Zweipunktkalibrierung zu berechen. Mit<br />
den so aufgearbeiteten Messdaten wird unter Anwendung des Darcy-Gesetzes ein Permeabilitätsmaß<br />
berechnet. Da die durchströmte Fläche nicht eindeutig festgelegt werden kann, ist die direkte<br />
Bestimmung eines Permeabilitätskoeffizienten nicht möglich. Für die dritte Förderperiode sind deshalb<br />
Vergleichsmessungen mit dem VDZ-Laborverfahren vorgesehen.<br />
Abbildung 13: Versuchsaufbau. Im Vordergrund das<br />
Messgerät und dahinter Versuchskörper mit jeweils 4<br />
Drucksensoren und einem Temperatursensor. Die Versuchskörper<br />
unterscheiden sich im Zementgehalt und im<br />
W/Z – Wert.<br />
- 138 -<br />
Abbildung 14: Mangelhafte Abdichtung<br />
zwischen Beton und Adapterkörpers der<br />
zur Aufnahme des Drucksensors dient.<br />
Die unerwartet geringen Druckdifferenzen zwischen dem Innendruck und dem atmosphärischen<br />
Druck, die sich bei den Versuchen gezeigt haben, führten zu weiteren Untersuchungen der Einbauqualität<br />
der Adapterstücke. Es zeigte sich, dass die Verklebung wie in Abb. 14 nicht vollflächig er-
- 139 -<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
folgt war und damit die Betondeckung deutlich zu gering ausfiel. Derzeit laufen Versuche zur Optimierung<br />
des Einbauverfahrens, wobei spezielle Packer beschafft worden sind, die sowohl geklebt<br />
als auch gespannt eingebaut werden. Nach Abschluss der Optimierung werden die Versuchsreihen<br />
zur Bestimmung des Permeabilitätsmaßes weitergeführt.<br />
2.3.7 Karbonatisierungsberechnung mit dem Programmsystem Transreac<br />
Wie beschrieben wurde Transreac so erweitert, dass Karbonatisierungsreaktionen berechnet werden<br />
können. Der entscheidende Parameter für die transportierten Gasmengen ist der Diffusionskoeffizient.<br />
In dem Programmsystem wird der Diffusionskoeffizient durch die Feuchte des Bauteils und<br />
durch die adaptive Beeinflussung angepasst. Abb. 15 zeigt die zeitabhängigen Veränderungen des<br />
Phasenbestandes in einer nichtadaptiven Simulationsrechung für ein Ortselement in einer Tiefe von<br />
4-6 mm, für einen Beton mit einem Zementgehalt von 340 kg /m³. Weiterhin ist die Summe des in<br />
das Ortselement transportierten CO2 aufgetragen.<br />
Konzentration der Spezien [mol/m³]<br />
2000<br />
1800<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
2CaO . 3SiO2 2,5H2O 2CaO SiO . 2 1.17H2O 3CaO Al. 2O3 CaCO3 11H2O 4CaO . 3SiO2 1,5H2O 5CaO 6SiO2 . 10,5H2O Ca(OH) 2.<br />
CaCO . 3 calcite<br />
SiO2 amorph .<br />
Summe . CO2 0<br />
650 1650 2650 3650<br />
Zeit in Tagen<br />
4650 5650<br />
Abbildung 15: zeitliche Entwicklung der Spezies während der Karbonatisierung an einem Ortselement.<br />
2.3.8 Adaptive Prognose der Karbonatisierung<br />
Da die Carbonatisierung der Ersatzbauwerke vom Typ „Hohes C“ noch vergleichsweise gering ist,<br />
wurden adaptive Simulationen der Carbonatisierung für Betonprobebauteile durchgeführt, die von<br />
Bunte [BUNTE 1994] am Institut für Baustoffe Massivbau und Brandschutz im September 1987<br />
erstellt worden sind. Über diese Probebauteile liegen gute Informationen bezüglich des Betons und<br />
der Karbonatisierung vor. Sie sind aufgrund der langen natürlichen Bewitterung und der vorliegenden<br />
Daten eine gute Grundlage für die Validierung der adaptiven Simulationsrechnung zur Karbonatisierung.<br />
Für die adaptive Prognoserechnung wurde der vorhandene Datensatz für die Ersatzbauwerke vom<br />
Typ „Hohes C“ nur bezüglich des Zementgehaltes angepasst. Dieses Vorgehen wurde gewählt, um<br />
zu zeigen, dass die adaptive Modellierung auch bei einem „schlechten“ Eingangsdatensatz funktioniert.<br />
In Abb. 16 ist die zeitabhängige Konzentration des CaCO3 als Funktion der Ortselemente dargestellt.<br />
2000<br />
1800<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
Summe diffundiertes CO 2 [mol]
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
Über die adaptive Modellierung konnte die gemessene Karbonatisierung gut simuliert werden<br />
Konzentration der Spezie CaCO 3 [mol/m³]<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
Abbildung 16: zeitliche Entwicklung des CaCO3 während der Karbonatisierung.<br />
2.3.9 Adaptive Prognose des Cl Eindringens<br />
Zeitraum des ersten adaptiven Eingriffes.<br />
(Beschleunigung)<br />
Zeitraum des zweiten adaptiven Eingriffes.<br />
(Verzögerung)<br />
veränderte Steigung aufgrund des neu<br />
berechnetern Beeinflussungsfaktors<br />
nach Ende der adaptiven Korrektur<br />
0.0 5.0 10.0 15.0 20.0 25.0 30.0 35.0 40.0<br />
Zeit in Jahren<br />
Die chloridbedingte Schädigung ist die verbreiteteste Schädigung von Stahlbetonbauwerken. Bei<br />
der Durchführung der Simulationsrechnung des Chlorideindringens in den Beton der Ersatzbauwerke<br />
vom Typ „Hohes C“ sind Widersprüche zwischen experimentell beobachtbaren Chloridverteilungen<br />
bzw. Sensor-Messdaten und den Berechnungen aufgetreten. Aus diesem Grund wurde für<br />
den Diffusions- und den Kapillartransport ein tiefenabhängiger adaptiv beeinflussbarer Umwegfaktor<br />
entwickelt und in das Programmsystem Transreac integriert. Dieser tiefenabhängige Umwegfaktor<br />
berücksichtigt Selbstabdichtungseffekte des Betons.<br />
Ein weiterer Problempunkt ist die Bildung des Friedelschen Salzes [3CaO Al2O3 CaCl2 10H2O].<br />
Hier konnten aus der Literatur keine eindeutigen Aussagen entnommen werden, ab welcher Cl - -<br />
Konzentration in der Porenlösung die Bildung des Friedelschen Salzes beginnt und welcher Anteil<br />
des vorhanden Tricalziumaluminats [3CaO Al2O3] für die Bildung des Friedelschen Salzes verfügbar<br />
ist. Derzeit laufende Untersuchungen am iBMB werden zum Ende dieser Förderperiode abgeschlossen<br />
sein und in die Simulationsberechnung mit einfließen. Abb. 17 zeigt aus verschiedenen<br />
adaptiven und nicht adaptiven Berechnungen resultierende Chloridprofile. Die Berechnungen wurden<br />
für ein Ersatzbauwerk des Teilprojektes C2 durchgeführt. Eingetragen ist auch das experimentelle<br />
Chloridprofil, das auch als Grundlage für die adaptive Berechnung diente. Die Abweichungen<br />
zwischen Berechnung und Analyse im oberflächennahen (0,5 cm) Chloridgehalt, kann mit der Probennahme<br />
erklärt werden, da das Beaufschlagungsfeld vor der Probennahme Niederschlag ausgesetzt<br />
war. In der Berechnung ohne adaptiven Eingriff wurde eine zu hohe Chloridkonzentration berechnet.<br />
Der Chlorid-Diffusionskoeffizient wurde daher durch einen adaptiven Beeinflussungsfaktor<br />
verringert.<br />
- 140 -<br />
2 Ortselement [-2 mm]<br />
3 Ortselement [-4 mm]<br />
4 Ortselement [-6 mm]<br />
5 Ortselement [-8 mm]<br />
6 Ortselement [-10 mm]<br />
7 Ortselement [-12 mm]<br />
8 Ortselement [-14 mm]<br />
adaptiver Eingriff
Cl- Konzentration [m.-% / Beton]<br />
1<br />
0.9<br />
0.8<br />
0.7<br />
0.6<br />
0.5<br />
0.4<br />
0.3<br />
0.2<br />
0.1<br />
0<br />
- 141 -<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
0 0.5 1 1.5 2 2.5 3 3.5 4 4.5<br />
Tiefe [cm]<br />
Abbildung 17: Adaptive Simulationsrechnung für das Eindringen von Cl - Ionen in den Beton.<br />
2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />
Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />
Weitere Arbeiten mit gleicher Zielrichtung, nämlich zur adaptiven Modellierung der Dauerhaftigkeit<br />
von Betonbauwerken, existieren nach Wissen der Autoren nicht. Fortschritte außerhalb des<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong> wurden aber in den letzten Jahren zu zuverlässigkeitsorientierten Schädigungsmodellen<br />
zum Chloridangriff und zur Carbonatisierung erzielt. Die Vorhersage des zeitlichen Verlaufs von<br />
physikalisch-chemischen Schädigungsprozessen an mineralischen Werkstoffen ist Thema des<br />
SPP1122 der DFG, an denen die Antragsteller ebenfalls beteiligt sind. Einige Teilprojekte dieses<br />
SPP stellen eine ideale Ergänzung zu dem TP B9 des <strong>SFB</strong> dar. Der Fortsetzungsantrag geht darauf<br />
näher ein. Grundlegend für die adaptive Dauerhaftigkeitsmodellierung sind außerdem geeignete<br />
Sensoren zur Ermittlung von Transport- und Schädigungsparametern für Betonbauwerke. Auf Arbeiten<br />
außerhalb des <strong>SFB</strong> zu diesem Bereich gehen die Berichte der TP C1a und C1b vertieft ein.<br />
2.5 Offene Fragen<br />
450 Tage gemessen<br />
450 Tage berechnet nicht adaptiv<br />
450 Tagen adaptive Berechnung<br />
900 Tagen adaptive Prognose<br />
Offene Fragen sind im Antrag für die dritte Förderperiode aufgezeigt. Dort ist auch der Weg dargestellt<br />
wie in der kommenden Förderperiode die Beantwortung dieser Fragen angegangen werden<br />
soll. Die folgenden Ausführungen sind daher sehr kurz gehalten.<br />
2.5.1 Untersuchung zur Versagenswahrscheinlichkeit in Zusammenarbeit mit dem TP A1<br />
Aufgrund vieler in der 2. Förderperiode zu lösender Probleme wurde diese Zusammenarbeit bislang<br />
zurückgestellt. Außerdem konnte das Programmsystem Transreac im Rahmen des DFG SPP 1122<br />
durch Einbettung in eine MC-Simulation selbst zu einem probabilistischen Modell erweitert werden.<br />
In den zukünftigen Arbeiten soll das so erweiterte Modell Transreac jedoch nun in Zusammenarbeit<br />
mit dem TP A1 zur beispielhaften Ermittlung einer zeitabhängige Entwicklung der<br />
Versagenswahrscheinlichkeit genutzt werden.
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
2.5.2 Ankopplung von Sensoren<br />
Auch in der Vergangenheit wurden immer wieder Sensoren nachträglich in die Ersatzbauwerke<br />
eingesetzt. Die meisten bisher verwendeten Sensoren wurden jedoch schon bei der Betonage in das<br />
Bauwerk eingebaut, was die Ankopplung der Sensoren an den Beton wesentlich erleichtert. Die<br />
Problematik der Ankopplung von Sensoren an ein bestehendes Bauwerk wird in der kommenden<br />
Förderperiode ein Schwerpunkt der Arbeiten sein.<br />
2.5.3 Ereignisorientierte Interpretation der Sensorergebnisse<br />
Im Ersatzbauwerk 3 kommt nach einigen Anlaufschwierigkeiten erstmals das für den <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> von<br />
der ibac in Aachen entwickelte automatische Messsystem für die Multiringelektroden und die Anodenleitern<br />
zum Einsatz. Aufgrund der Möglichkeiten dieses Messsystems wird das Ziel einer ereignisorientierten<br />
Messdatenauswertung erreichbar sein und noch in dieser Förderperiode angegangen<br />
werden.<br />
2.5.4 Problematik der Selbstabdichtung<br />
Berechnungen und Messergebnisse zum Chlorideindringen in den Ersatzbauwerken haben erhebliche<br />
Widersprüche gezeigt. Wenn man von einer durchgängigen Kapillarität des Betons ausgeht,<br />
sind diese Untersuchungen nicht plausibel. Da Beton jedoch kapillar saugfähig ist, muss ein anderer<br />
Effekt den Kapillartransport unterbrechen oder zumindest stark verringern. Aus dieser Überlegung<br />
heraus wurde für die adaptive Modellierung ein tiefenabhängiger Umwegfaktor entwickelt und erfolgreich<br />
genutzt. Um den Effekt der Selbstabdichtung für die adaptiven Simulationsrechnungen<br />
besser nutzen zu können sind in der kommenden Förderperiode Untersuchungen zur Selbstabdichtung<br />
des Betons vorgesehen. Für diese Untersuchungen ist auch die Nutzung des in der Entwicklung<br />
befindlichen Permeabilitätsmeßsystems vorgesehen.<br />
2.5.5 Adaptive Berechnungen zum Sulfattreiben<br />
Es ist beabsichtigt erste adaptive Berechnungen zum Sulfattreiben noch in dieser Förderperiode<br />
durchzuführen.<br />
2.5.6 Validierung des Programmsystems<br />
Ziel der adaptiven Simulationsrechnung ist es, anhand von Messergebnissen eine Verbesserung der<br />
Zukunftsprognose zu erreichen. Dazu wurden und werden die adaptiven Algorithmen anhand von<br />
geänderten Problemstellungen und neuen Messwerten überprüft und weiterentwickelt.<br />
Ein wichtiger, noch ausstehender Schritt ist die Erprobung der adaptiven Dauerhaftigkeitsmodellierung<br />
an realen Betonbauwerken. Dazu erfolgt in der nächsten Förderperiode eine Zusammenarbeit<br />
mit der Fa. Enercon an Windkraftanlagen in Böden mit kalklösender Kohlensäure.<br />
Desweiteren erwarten wir von den Messungen an dem Ersatzbauwerk 3 ohne Vorspannung und<br />
ohne entsprechende Risse wichtige Vergleichsdaten im Hinblick auf den Einfluss der Risse auf die<br />
Messergebnisse und deren Einfluss auf die adaptive Modellierung.<br />
- 142 -
- 143 -<br />
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
2.5.7 Weiterentwicklung des neuen Sensorsystems zum Monitoring der oberflächennahen<br />
Betonpermeabilität<br />
Die grundsätzliche Eignung des neuen Sensorsystems zum Monitoring der oberflächennahen Betonpermeabilität<br />
wurde zwar nachgewiesen, das System muss jedoch zu einem anwendungsreifen<br />
System weiterentwickelt werden.<br />
2.6 Literatur<br />
BUNTE, D. ,1994, Zum karbonatisierungsbedingten Verlust der Dauerhaftigkeit von Außenbauteilen<br />
aus Stahlbeton. Dissertation, Technische Universität Braunschweig, 1994. Auch als Heft 107<br />
der Schriftenreihe des iBMB der TU Braunschweig, ISBN 3-89288-086-7<br />
2.7 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />
Veröffentlichungen der vergangenen 4 Jahre.<br />
Zeitschriften / Bücher:<br />
SCHMIDT-DÖHL, F., BUDELMANN, H., 2000, Chemischer Angriff – Möglichkeiten der rechnerischen<br />
Simulation, Beton- und Stahlbetonbau, 95, 526-530<br />
Noch nicht erschienen:<br />
BRUDER, S., SCHMIDT-DÖHL, F., BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>, Adaptive carbonation modelling of<br />
concrete structures for structural health monitoring (accepted for: Journal of Structural Health<br />
Monitoring)<br />
Kongressbeiträge / Festschriften:<br />
SCHMIDT-DÖHL, F., 2000, Korrosionsverhalten mineralischer Baustoffe und Bauteile, Diskussionstagung<br />
des Arbeitskreises Numerische Umweltsimulation der Gesellschaft für Umweltsimulation,<br />
Bremen, 13.-14.7.2000<br />
SCHMIDT-DÖHL, F., BRUDER, S., BUDELMANN, H., 2000, Adaptive model for the prognosis<br />
of durability during the monitoring of concrete structures, in: 14. Internationale Baustofftagung<br />
ibausil, Weimar, 20.-23.9.2000, Bd. 1, 1001-1008<br />
BUDELMANN, H., HARIRI, K., SCHMIDT-DÖHL, F., ROSTÁSY, F.S., 2000, Monitoring of<br />
reinforced and prestressed concrete structures, in: International Workshop on the present and future<br />
in health monitoring. Weimar, 3.-6.9.2000, 135-145<br />
SCHMIDT-DÖHL, F., <strong>2001</strong>a, Corrosion of mineral building materials, modeling and prognosis,<br />
in: Third International Conference on Concrete under Severe Conditions: Environment & Loading,<br />
CONSEC‘01. Vancouver, 18.-20.6.<strong>2001</strong>, University of British Columbia, 1093-1100<br />
SCHMIDT-DÖHL, F., <strong>2001</strong>b, Dauerhaftigkeit mineralischer Baustoffe, 40. Forschungskolloquium<br />
des DAfStb, Braunschweig, 11.-12.10.<strong>2001</strong>, Heft 160 der Schriftenreihe des Instituts für Baustoffe,<br />
Massivbau und Brandschutz der TU Braunschweig, ISBN 3-89288-141-3, 9-18<br />
SCHMIDT-DÖHL, F., 2002, Simulation program Transreac, in: Metz, V., Lützelkirchen, J.,<br />
Schüßler, W., Pfingsten, W. (ed.): Workshop on modeling of coupled transport reaction processes,<br />
20./21.3.2002, Karlsruhe, FZKA Berichte 6721, 89-92
B9<br />
Budelmann, Schmidt-Döhl<br />
BUDELMANN, H., 2002, Monitoring für Betonbauwerke. Aus dem Stahlbeton- und Spannbetonbau<br />
und benachbarten Bereichen, Festschrift Friedhelm Stangenberg, Ruhruniversität Bochum,<br />
Oktober 2002, 55-67<br />
BRUDER, S., SCHMIDT-DÖHL, F., BUDELMANN, H., HOLST, A., <strong>2003</strong>, Adaptives Modell zur<br />
Dauerhaftigkeitsprognose im Zuge der Überwachung von Betonbauwerken, VDI-Berichte 1757,<br />
VDI-Verlag, Düsseldorf, <strong>2003</strong>, 117-126<br />
BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>a, Innovative Bauwerksüberwachung, VDI-Berichte 1757, VDI-Verlag,<br />
Düsseldorf, <strong>2003</strong>, 1-8<br />
Noch nicht erschienen:<br />
BUDELMANN, H., HARIRI, K., HOLST, A., <strong>2003</strong>, Realistic Full Scale Laboratory Tests for the<br />
Improvement of Long Term Monitoring Systems, in: Proceedings of the 4th International Workshop<br />
on Structural Health Monitoring, September 15-17 <strong>2003</strong>, Stanford, USA, Stanford University, USA,<br />
in print<br />
BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>b: Monitoring von Betonbauwerken, 15. ibausil- internationale Baustofftagung<br />
Weimar, Vortragsnr. 2.27, 24.-27.9.<strong>2003</strong>, in Druck<br />
BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>c: Vom Labor bis zum Betonbauwerk: Entwicklungsmethodik für Monitoring-Systeme,<br />
Festschrift 60. Geb. Peter Schießl, TU München, <strong>2003</strong>, in Druck<br />
- 144 -
Faseroptische Sensoren für die Bauwerksüberwachung<br />
- 145 -<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
Dr. rer. nat. H.-H. Johannes, Prof. Dr.-Ing. W. Kowalsky, Prof. Dr. rer. nat. W. Grahn †<br />
Dipl.-Chem.-Ing. P. Makedonski, Dipl.-Chem. M. Kröner, Dipl.-Ing. M. Brandes<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
In der ersten Förderperiode (FP) wurden bereits Materialien zur Feuchte- und pH-Wert-Bestimmung<br />
entwickelt und in ein faseroptisches Sensorkonzept integriert. Während die Langzeittests im<br />
Falle der auf dem Reichhardt-Farbstoff basierenden Sensoren positiv verliefen, zeigten die eingesetzten<br />
Materialien zur pH-Wert-Bestimmung fortschreitende Degradation innerhalb des Mediums<br />
Beton. Dies konnte auf die mangelhafte Stabilität der Verbindung Farbstoff-Polymer zurückgeführt<br />
werden. Darauf aufbauend wurden Konzepte entwickelt, die kovalente Bindung gegenüber eines<br />
basischen Angriffs zu stärken. Die Resultate waren vielversprechend und so konnte durch die<br />
ergänzende Variation des Polymers in der ausgehenden zweiten FP schließlich ein im Beton stabiles<br />
Sensormaterial erhalten werden. Orientierende Untersuchungen zur Übertragung dieses Konzeptes<br />
auf die Materialien zur Feuchtebestimmung zeigten keine weitere Verbesserung der ohnehin guten<br />
Langzeitstabilität und wurden daher nicht weiter verfolgt, um die Kosten für das Material nicht<br />
unnötig zu erhöhen. Dennoch waren die Experimente mit beiden Sensoren an den Ersatzbauwerken<br />
(ESB) nicht zufriedenstellend. Ein zu großer Anteil der implizierten Sensoren fiel frühzeitig aus<br />
oder wurde bereits während der Betonage zerstört.<br />
Zum Ende der ersten FP wurden einige Konzepte zur Chloridbestimmung untersucht. Vielversprechend<br />
erschien hier zunächst das Prinzip der Koextraktion [HUBER et al. 1999], welches sich jedoch<br />
in den fortgesetzten Arbeiten der zweiten FP im stark basischen Medium als nicht realisierbar<br />
erwies. Die im Antrag vorgeschlagenen Acridinium und Chinolinium-Chormophore zeigten wie<br />
erwartet eine Löschung ihrer Eigenfluoreszenz nach Zugabe von Chlorid. Obwohl die Messungen<br />
über die Intensitätsänderung stark fehlerbehaftet sind, erschien es zunächst sinnvoll dieses Konzept<br />
auch in der zweiten FP weiterzuführen.<br />
2.2 Angewandte Methoden und Ergebnisse<br />
2.2.1 Messsystem<br />
Das in Bild 1 schematisch dargestellte Messsystem besteht aus vier zentralen optischen Komponenten<br />
und einem Rechner. An den Faserschalter werden besonders hohe Anforderungen gestellt,<br />
da der sichtbare Spektralbereich mit möglichst geringen Verlusten übertragen werden muss. Dies ist<br />
nur mit Schaltern möglich, bei denen Eingangsfaser und Ausgangsfaser voreinander positioniert<br />
werden. Die im Teilprojekt C1a verwendeten Faserschalter haben durchschnittlich 1,6 dB Verluste.<br />
Zu diesen Verlusten addieren sich die im System inhärenten 3 dB Kopplerverluste, so dass bisher<br />
nur ein Schalter genutzt werden kann. Bei verbesserten Faserschaltern wird es durch eine Kaskadierung<br />
der Schalter möglich sein, mit diesem Messsystem eine große Anzahl von Sensoren automatisiert<br />
auszulesen und auszuwerten. Die aufgenommen Messdaten sind von einer zentralen Kontrollstation<br />
abrufbar, so dass die überwachten Bauwerke aus der Ferne ohne Vorort-Präsenz überprüft<br />
werden können. Aufgrund der hohen Flexibilität des Messsystems und der Sensoren können nicht<br />
nur Stahlbetonbauten überwacht werden, bei denen insbesondere Korrosionsprozesse von Interesse
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
sind, sondern auch Bauwerke aus anderen Baustoffen. So wurden der Bundesanstalt für Materialforschung<br />
und -prüfung (BAM) in Berlin sechs Feuchtesensoren zur Verfügung gestellt, da keine<br />
derartigen Sensoren kommerziell erhältlich waren (s. Kap. 2.2.3).<br />
Bild 1: Integriertes Messsystem des TP C1a im <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> für die Bauwerksüberwachung<br />
2.2.2 Sensordesign<br />
2.2.2.1 Planarer Transmissionssensor<br />
Die Ausfallmechanismen des im Antrag der zweiten FP vorgestellten Sensoraufbaus konnten bei<br />
Laborversuchen festgestellt werden, die eigentlich dem Vergleich des Messverhaltens von direkt<br />
einbetonierten und nachträglich installierten Feuchtesensoren dienen sollten. Nach dem Versagen<br />
der einbetonierten Sensoren wurden die Probekörper aufgebrochen. Dabei hat sich gezeigt, dass bei<br />
der Betonierung die flüssige Zementsuspension in den Sensor eindringt und den optischen Strahlengang<br />
unterbricht (Bild 2). Andere Untersuchungen zum Ansprechverhalten von pH-Sensoren<br />
haben ergeben, dass diese praktisch nicht reagieren, weil die Diffusionsstrecke der Hydroxidionen<br />
von den Kontaktflächen des Sensors zur Messumgebung bis zum Bereich der Detektion des Farbumschlags<br />
zu lang ist.<br />
Bild 2: Verschmutzter Sensor<br />
- 146 -
Bild 3: Schema des Sensoraufbaus<br />
- 147 -<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
Um die Probleme zu lösen wurde versucht, den Übergang Glasfaser – Spiegel mit der Sensorsubstanz<br />
zu verkleben, indem sie aus der Lösung aufgetropft wird. Dabei hat sich gezeigt, dass je nach<br />
Polymermatrix entweder eine gute Haftung am Spiegel oder an der Faser erzielt wird, dass aber<br />
wegen der Besonderheiten der jeweiligen Grenzfläche keine zufriedenstellende Haftung an beiden<br />
Grenzflächen erreicht wird.<br />
Bei dem in Bild 3 schematisch dargestellten neuen planaren Sensordesign ist der Spiegel von dem<br />
Ort der Detektion separiert, in dem die Endfläche eines kurzen Faserstücks verspiegelt wird. Dieses<br />
wird auf einem hochresistenten Polymersubstrat in einem definierten Abstand von ca. 30 µm zu<br />
einer zweiten Faser verklebt, die als Signalleitung dient. Um die Fasern voreinander zu zentrieren,<br />
wird eine ins Substrat geschnittene V-Nut als Positionierhilfe genutzt. Durch die Separierung ist es<br />
möglich, als Spiegelmaterial Silber zu verwenden, da die verspiegelte Endfläche durch den Kleber<br />
verkapselt wird und somit vor chemischen Angriffen geschützt ist. Die Lücke zwischen den Fasern<br />
wird mit dem sensitiven Material vergossen, dass sehr gut an den Fasern haftet und somit eine Unterbrechung<br />
des Strahlengangs durch Schmutzpartikel verhindert. Bei diesem Sensoraufbau steht<br />
der sensitive Bereich, in dem die optische Wandlung stattfindet, im direkten Kontakt mit der Messumgebung,<br />
so dass die Antwortzeit des Sensors nur wenig von der Diffusionsgeschwindigkeit der<br />
zu detektierenden Spezies im Polymer abhängt. Weiterhin zeichnet sich der Sensor durch eine sehr<br />
flache Bauhöhe von ca. 5 mm aus.
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
2.2.2.2 Evanescent Field Sensor<br />
Bild 4: Prinzip der Kopplung an das evaneszente Feld (vereinfachte Darstellung)<br />
Die Funktionsweise des neuentwickelten evanescent field Sensors wird anhand von Bild 4 erläutert.<br />
Ein Teil des geführten Lichts propagiert in dem niedrigbrechenden Mantel der Glasfaser. Dieser<br />
Anteil des Strahlprofils der elektromagnetischen Welle wird das evaneszente Feld genannt. Wird<br />
der Mantel durch die Sensorsubstanz ersetzt, koppelt das evaneszente Feld an den sensitiven Farbstoff<br />
an, wodurch das Licht charakteristisch gedämpft wird. Über die Länge der Koppelstrecke kann<br />
die Empfindlichkeit des Sensors eingestellt werden. Die Auswertung des evanescent field Sensors<br />
unterscheidet sich nicht von der des Transmissionssensors, da der Verlauf der Sensorspektren identisch<br />
ist.<br />
Der Aufbau eines evanescent field Sensors ist dem des Transmissionssensors sehr ähnlich (s. Bild<br />
5). Eine am Ende verspiegelte Faser wird auf einem Polymersubstrat in eine V-Nut so eingeklebt,<br />
dass ein Teilstück definierter Länge der Faser frei liegt. Nach dem Kleben wird mit gepufferter<br />
Flusssäure die freiliegende Faser auf den gewünschten Durchmesser geätzt und danach mit der Sensorsubstanz<br />
beschichtet. Der Bereich des Sensors, in dem die optische Wandlung stattfindet, ist mit<br />
einigen Zentimetern sehr viel größer als beim Transmissionssensor, wobei das Sensorsignal die<br />
Integration der charakteristischen Dämpfung der Sensorsubstanz über die gesamte Länge des beschichteten<br />
Bereichs darstellt.<br />
Bild 5: Schema des evanescent field Sensors<br />
- 148 -
2.2.2.3 Mikroresonator-Sensoren für die Detektion von Feuchte<br />
- 149 -<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
In der zweiten FP sind Mikroresonatorstrukturen untersucht worden, um sie zur Bestimmung von<br />
Feuchte zu nutzen. Bei Mikroresonatoren wird im Allgemeinen die Verschiebung der Resonanzfrequenz<br />
ausgewertet, die durch eine Änderung bei der optischen Weglänge n · d (n: Brechungsindex;<br />
d: Schichtdicke) im Resonator hervorgerufen wird. Bei den von uns verwendeten Sensormaterialien<br />
für die Feuchtesensoren ist der Brechungsindex abhängig von dem Wassergehalt in der Sensormatrix.<br />
So bestand die Hoffnung, dass durch Einsatz der Sensormaterialien in Mikroresonatoren die<br />
Empfindlichkeit der Sensoren wesentlich verbessert werden könnte. Allerdings hat sich bereits bei<br />
der Herstellung der sensitiven Schichten gezeigt, wie empfindlich der Resonator auf Schwankungen<br />
in der Schichtdicke reagiert. Das Sensormaterial ändert aber nicht nur seine optischen Eigenschaften<br />
durch die Aufnahme von Wasser, sondern beginnt zu quellen und vergrößert sein Volumen und<br />
somit auch die Schichtdicke d. Dieser Effekt hat sich als weitaus stärker erwiesen, als die Änderung<br />
des Brechungsindex. Des Weiteren ist festgestellt worden, dass sich das Quellverhalten der Sensormatrix<br />
bei jedem Befeuchtungs- und Trocknungsvorgang der Sensoren geändert hat und keiner<br />
Regelmäßigkeit vorliegt. Daher sind die Arbeiten an diesem Sensoraufbau eingestellt worden.<br />
2.2.3 Feuchtesensoren<br />
Die bereits in der ersten Förderperiode etablierten Feuchtesensoren wurden in ihrer chemischen<br />
Zusammensetzung nicht verändert. Der Reichardt-Farbstoff wird in PMAN (Polymethacrylonitril)<br />
im Host/Guest-System eingesetzt. Langzeitmonitoring von Mitte der ersten Förderperiode in Betonprobekörpern<br />
einbetonierten Sensoren hat gezeigt, dass mit diesem Sensormaterial ausgestattete<br />
Feuchtesensoren immer noch funktionieren und Messdaten liefern und somit eine Lebensdauer des<br />
Materials von mindestens 5½ Jahren festgestellt werden konnte. Eine sehr viel längere Lebensdauer<br />
ist zu erwarten.<br />
Absorption<br />
1.0<br />
r. E.<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
Verschiebung von � Max<br />
durch Gewitter<br />
A (25.04.03)<br />
B (26.05.03)<br />
C (10.06.03)<br />
Trocken<br />
0.0<br />
450 500 550 600 650 700 nm 750<br />
Wellenlänge �<br />
Bild 6: Spektren eines im Ersatzbauwerk der BAM eingemauerten Sensors<br />
Das Marktpotential dieser Sensoren darf mit Recht hoch eingeschätzt werden. Zum Ende der zweiten<br />
Förderperiode wurde eine externe Kooperation mit der BAM in Berlin vereinbart, die die vom<br />
IHF entwickelten Systeme zum Monitoring von Mauerwerken nutzen. Dies geschieht im Rahmen<br />
des EU-Projekts „On-Site Investigation Techniques for the Structural Evaluation of Historic Masonry<br />
Buildings” (Contract no: EVK4-CT-<strong>2001</strong>-00060) oder kurz „On Site for Masonry”, welches
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
sich mit dem Erhalt historischer Mauerwerke beschäftigt. Die BAM ist mit der Anfrage an das<br />
Teilprojekt C1a herangetreten, ob Sensoren für die Messung von Feuchte im Mauerwerk zur Verfügung<br />
gestellt werden können, da keine kommerziellen Sensoren für die Bauwerksüberwachung am<br />
Markt erhältlich waren. Die im Teilprojekt C1a entwickelten Sensoren für die Detektion von<br />
Feuchte im Stahlbeton sind ohne Probleme übertragbar auf Mauerwerke, so dass zunächst sechs<br />
Sensoren bereitgestellt werden konnten. Diese sind in einem Ersatzbauwerk (ESB) eingebaut worden,<br />
das der Nachbildung von historischen Mauerwerksverbänden dient. An dem ESB werden die<br />
in dem Forschungsvorhaben „On Site For Masonry” untersuchten Messmethoden getestet, wobei<br />
die von dem Teilprojekt C1a bereitgestellten Sensoren zur weiteren Bestätigung der Untersuchungsergebnisse<br />
dienen. In Bild 6 sind drei Spektren eines eingemauerten Sensors abgebildet.<br />
Kurve A stammt von dem trockenen Sensor nach seiner Herstellung im Labor, während Kurve B<br />
den Sensor ca. 3½ Wochen nach seinem Einbau zeigt. Einen Tag vor der dritten Messung (Kurve<br />
C) gab es starke Niederschläge infolge eines Gewitters. Der Sensor reagiert auf die Erhöhung der<br />
Feuchte im Ersatzbauwerk durch das Gewitter mit der Verschiebung der Wellenlänge der maximalen<br />
Absorption zu kürzeren Wellenlängen. Eine Kalibrierung der Sensoren auf den von der BAM<br />
verwendeten Mörtel steht noch aus. Das ebenfalls vom Teilprojekt C1a bereitgestellte Messprogramm<br />
ermöglicht das Auslesen der eingemauerten Sensoren in Berlin von Braunschweig aus.<br />
2.2.4 pH-Sensoren<br />
Im Antrag zur zweiten Förderperiode haben wir die Möglichkeit der Acetalanbindung eines Azofarbstoffs<br />
an hydrophile Polyalkohole diskutiert. Unserer Grundidee entsprechend, wurde diese<br />
basenstabile Verknüpfung von Farbstoff und Polymer zunächst mit Cellulosederivaten realisiert.<br />
Diese Polymere sind jedoch sehr schwer löslich und nicht bioresistent, vor allem aber erwiesen sich<br />
die generierten Polymerfilme im stark basischen Milieu als nicht langzeitresistent. Daher wurde die<br />
Nutzung anderer hydrophiler Polymere erwogen. Polyvinylalkohole (PVA) haben einen großen<br />
strukturspezifischen Vorteil, ihre Hydroxylgruppen sind in zwei nebeneinander liegenden Monomergruppen<br />
in 1,3-Position orientiert, so dass durch Acetalisierungsreaktion ein sehr stabiler sechsgliedriger<br />
Ring aufgebaut wird. Damit erreichen diese Polymer-Farbstoff-Verbindungen die notwendige<br />
Stabilität. Reines PVA ist wasserlöslich, deswegen wurde nach geeigneten Co-polymeren<br />
und Derivaten gesucht. Dabei war darauf zu achten, dass der Gehalt an Copolymer ausreichend<br />
groß war, um die Wasserlöslichkeit zu unterbinden, andererseits der hydrophile Charakter des Polymers<br />
jedoch erhalten blieb. Schlussendlich mussten diese Polymere immer noch im stark basischen<br />
Milieu stabil bleiben und eine gute Löslichkeit in organische Lösungsmitteln aufweisen, damit<br />
eine leichte Verarbeitbarkeit gewährleistet ist. Das kommerziell erhältliche [Fa. Aldrich] Poly-<br />
(vinylalkohol- co-ethylen), mit einem Comonomergehalt von 27 mol % Ethylen, zeigte in unseren<br />
Studien die gewünschten Eigenschaften und wurde als Polymermartix für die pH-Sensormaterialien<br />
ausgewählt. Erste Untersuchungen bezogen sich auf über Sulfonamidofunktionen polymergebundene<br />
Azofarbstoffe. Solche Substanzen sind recht leicht zu synthetisieren, da die die polymeranbindungsfähige<br />
Aldehydfunktion sehr einfach eingeführt werden kann. Die Synthese einer solchen<br />
Verbindung ist in Bild 7 wiedergegeben. Der synthetisierte pH-Indikatorfarbstoff wurde erfolgreich<br />
mit einem Polymer verbunden, eine Ausbeute wurde für diesen Schritt nicht bestimmt.<br />
- 150 -
N<br />
H 2<br />
O 2 N<br />
*<br />
O<br />
Cl<br />
S<br />
O<br />
S NH<br />
O<br />
H<br />
+<br />
/H2O O O<br />
O<br />
x<br />
*<br />
*<br />
N<br />
H 2<br />
O<br />
O<br />
m<br />
*<br />
*<br />
H<br />
N<br />
O<br />
S<br />
O<br />
N<br />
HO<br />
N<br />
O<br />
O<br />
OH OH<br />
O 2 N<br />
y<br />
*<br />
- 151 -<br />
S NH<br />
O<br />
OH<br />
O<br />
N<br />
N<br />
95% OH<br />
50%<br />
N<br />
N<br />
80%<br />
NaOH<br />
OH<br />
O<br />
S<br />
NH<br />
O<br />
75%<br />
O<br />
*<br />
O<br />
O<br />
OH OH<br />
O<br />
S<br />
NH<br />
O<br />
*<br />
n *<br />
DMF/H 2 SO 4<br />
Bild 7: Synthese des Sensormaterials mit Sulfonamidofunktion<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
Pd/C/H 2<br />
Die Ergebnisse mit den Sulfonamiden waren wenig zufriedenstellend. Die Stabilität war nicht ausreichend.<br />
Daher wurde der schon im Antrag vorgestellte Weg beschritten, der allerdings einen<br />
photochemischen Reaktionsschritt beinhaltet in dem mit 1,3-Dioxolan die Aldehydfunktion eingeführt<br />
werden muss. Gegenüber dem bisher verwandten Weg (vgl. Antrag) wurden einige Modifizierungen<br />
vorgenommen, um die Synthese über die Kresolfarbstoffe hinaus zu erweitern. Die photochemische<br />
Umsetzung mit 1,3-Dioxolan wurde im synthetischen Ablauf vorgezogen, um bessere<br />
Gesamtausbeuten für Ar(OH) ≠ o,m,p-Kresol zu erzielen (vgl. Bild 8).<br />
Vom einzelnen pH-Sensormaterial wurden dünne Membranen angefertigt. Diese wurden UV/Visspektroskopisch<br />
untersucht. Es hat sich hierbei gezeigt, dass die Umschlagspunkte der generierten<br />
Membranen im Vergleich zu ungebundenen Indikatorfarbstoffen (gemessen in Lösung), zu höheren<br />
pH-Werten verschoben werden. In der nachfolgenden Tabelle 1 sind die synthetisierten Sensormaterialien<br />
aufgelistet. Ein Material wurde dann als mangelhaft detektierbar eingestuft, wenn die<br />
spektralen Eigenschaften keine Auswertung zuliessen, sei es das die Absorptionsmaxima zu dicht<br />
beieinander lagen oder die Intensitätsveränderungen nicht deutlich genug waren. Die Güte der<br />
Transparenz bezieht sich auf ein wässriges Medium. Eine hohe Flexibilität bzw. Elastizität des<br />
Materials ist für den Sensorbau von Vorteil.<br />
EtOH<br />
m *<br />
O<br />
O
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
HO<br />
*<br />
H2SO4 S NH2 O<br />
O<br />
Ar(OH)<br />
OH OH<br />
O<br />
n<br />
DMF/H 2 SO 4<br />
*<br />
*<br />
O<br />
O<br />
S NH 2<br />
O<br />
- 152 -<br />
O<br />
O<br />
O<br />
O<br />
O<br />
S NH 2<br />
O<br />
+<br />
O<br />
S<br />
O<br />
N<br />
N<br />
Ar (OH)<br />
O<br />
S<br />
O<br />
N<br />
N<br />
Ar (OH)<br />
65-80% 60-80%<br />
NaOH H /H 2 O<br />
( 15% )<br />
m<br />
*<br />
*<br />
O O<br />
O<br />
86% 94%<br />
*<br />
x *<br />
h. �<br />
O<br />
m<br />
S N<br />
O<br />
Bild 8: Synthese der Sensormaterialien<br />
Tabelle 1: Sensormaterialien<br />
Material Polymer Eigenschaften<br />
*<br />
*<br />
O<br />
O<br />
O<br />
O<br />
S<br />
O<br />
O<br />
O<br />
S<br />
O<br />
x * *<br />
N<br />
N<br />
OH<br />
* *<br />
m<br />
PH-Naph1-Co2<br />
x *<br />
N<br />
N<br />
OH<br />
*<br />
* *<br />
m<br />
PH-Naph2-Co2<br />
OH<br />
OH<br />
OH<br />
OH<br />
z *<br />
z *<br />
*<br />
*<br />
OH<br />
OH<br />
n<br />
*<br />
m<br />
n<br />
*<br />
m<br />
*<br />
*<br />
OH OH<br />
N<br />
Ar (OH)<br />
- Löslich in warmen DMF<br />
- Umschlag pH >13<br />
- Transparenz sehr gut<br />
- Flexibilität befriedigend<br />
- Ansprechverhalten sehr gut<br />
- mangelhafte Detektierbarkeit<br />
- Löslich in warmen DMF<br />
- Umschlag pH > 12.5<br />
- Transparenz sehr gut<br />
- Flexibilität befriedigend<br />
- Ansprechverhalten sehr gut<br />
- gute Detektierbarkeit<br />
y<br />
*
*<br />
*<br />
*<br />
*<br />
O<br />
O<br />
O<br />
O<br />
O<br />
S<br />
O<br />
O<br />
O<br />
S<br />
O<br />
O<br />
S<br />
O<br />
O<br />
O<br />
O<br />
*<br />
x *<br />
N<br />
N<br />
NH<br />
O<br />
S<br />
O<br />
HO<br />
*<br />
x *<br />
N<br />
N<br />
N<br />
N<br />
Material Polymer Eigenschaften<br />
O O<br />
OH<br />
*<br />
y *<br />
PH-Kres-Co1<br />
x * *<br />
OH<br />
* *<br />
m<br />
PH-Kres-Co2<br />
O O<br />
OH<br />
*<br />
y *<br />
O<br />
PH-Kres-Co3<br />
x *<br />
N<br />
N<br />
*<br />
*<br />
* *<br />
m<br />
*<br />
*<br />
c<br />
OH<br />
OH<br />
OH<br />
PH-Naph1Amid-Co2<br />
OH<br />
OH<br />
OH<br />
OH<br />
OH<br />
z *<br />
z *<br />
z *<br />
z *<br />
*<br />
*<br />
*<br />
OH<br />
OH<br />
OH<br />
H O<br />
*<br />
OH<br />
n<br />
n<br />
O<br />
*<br />
m<br />
n<br />
n<br />
*<br />
m<br />
- 153 -<br />
- Löslich in THF/Wasser<br />
- Umschlag pH > 11<br />
- Transparenz mangelhaft<br />
- Flexibilität sehr gut<br />
- Ansprechverhalten sehr gut<br />
- mangelhafte Detektierbarkeit<br />
- Löslich in warmen DMF<br />
- Umschlag pH > 11.5<br />
- Transparenz sehr gut<br />
- Flexibilität befriedigend<br />
- Ansprechverhalten sehr gut<br />
- sehr gute Detektierbarkeit<br />
- Löslich in DMF/Wasser<br />
- Umschlag pH > 11<br />
- Transparenz mangelhaft<br />
- Flexibilität gut<br />
- Ansprechverhalten sehr gut<br />
- mangelhafte Detektierbarkeit<br />
- Löslich in warmen DMF<br />
- Umschlag pH >12<br />
- Transparenz sehr gut<br />
- Flexibilität befriedigend<br />
- Ansprechverhalten sehr gut<br />
- mangelhafte Detektierbarkeit<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
Absorption<br />
0.65<br />
w. E.<br />
0.60<br />
0.55<br />
0.50<br />
H 2 O<br />
Übergang: H 2 O zu pH 13<br />
pH 13 Pufferlösung<br />
400 450 500 550 600 nm 650<br />
Wellenlänge �<br />
Absorption<br />
- 154 -<br />
0.65<br />
w. E.<br />
0.60<br />
0.55<br />
0.50<br />
0.45<br />
Trocken<br />
pH 13<br />
Wasser<br />
pH 13<br />
0 30 60 90 s 120<br />
Bild 9: Vis-Spektren (links) und zeitlicher Verlauf (rechts) eines pH-Sensors<br />
Zeit<br />
Max 1 (432 nm)<br />
Max 2 (517 nm)<br />
Des weiteren wurden auch Farbstoffe aus polymeren Vorstufen synthetisiert. Als Grundlage hierfür<br />
dienten verschiedene Polyphenol-Copolymere, die geeignet polymeranalog diazotiert wurden.<br />
Problematisch waren jedoch die mangelhafte Löslichkeit der gewonnen Materialien und vor allem<br />
die schlechte Transparenz im wässrigen Medium. Daher wurde dieser Weg nicht weiter beschritten.<br />
Von den untersuchten Materialien hat sich das Sensormaterial PH-Kres-Co2 (s. Tabelle 1) im Hinblick<br />
auf Stabilität und Transparenz als am geeignetsten erwiesen. Der in Bild 9 dargestellte Anstieg<br />
der Extinktion eines pH-Sensors mit dem Sensormaterial PH-Kres-Co2 bei 517 nm ist relativ<br />
zur Zunahme der Konzentration der deprotonierten Form des Farbstoffs bei steigenden pH-Wert.<br />
Der Verlauf der Extinktion bei den Wellenlängen 432 nm und 517 nm über der Zeit zeigt, dass der<br />
Sensor in ca. einer Sekunde auf die pH 13 Pufferlösung reagiert. Der umgekehrte Prozess von<br />
pH 13 zum Neutralpunkt benötigt ca. 45 Sekunden. Der Unterschied der Extinktion vom trockenen<br />
Zustand gegenüber dem nassen belegt das solvatochrome Verhalten des Farbstoffs.<br />
2.2.5 Chloridsensoren<br />
2.2.5.1 Koextraktion und Fluoreszenzlöschung<br />
Zum Ende der ersten Förderperiode wurde experimentelle Voruntersuchungen gemacht, die gezeigt<br />
haben, dass das Koextraktionsprinzip [HUBER et al. 1999] für den Sensorbau adaptierbar ist. Zu<br />
Beginn der zweiten Förderperiode wurde versucht, dieses Verfahren an die Umgebungsbedingungen<br />
im Beton zu adaptieren. Dies gelang jedoch nicht, da im basischen Milieu die Koextraktion von<br />
Chloridionen nicht möglich war. Daher wurde dieses Nachweisverfahren nicht weiter verfolgt.<br />
Für die Chloriddetektion wurde danach zunächst das Konzept der Fluoreszenzlöschung untersucht.<br />
In der ersten Förderperiode waren bereits erste Fluorophore synthetisiert und untersucht worden.<br />
Die damals betrachteten Chinolin- und Acridinderivate zeigten vielversprechende Ergebnisse. Es<br />
bestand jedoch noch Optimierungsbedarf in Bezug auf Ansprechverhalten und Löslichkeit, so dass<br />
wir uns dazu entschlossen, dieses Konzept weiterzuentwickeln.
MeO<br />
O<br />
N<br />
H<br />
OMe OMe<br />
R<br />
MeO<br />
R'<br />
+<br />
N<br />
OMe R' OMe<br />
R<br />
- 155 -<br />
O<br />
H<br />
R'' N<br />
R''<br />
1 2 3<br />
Bild 10: Acridone (1), Acridine (2) und Chinacridone (3)<br />
O<br />
N<br />
H<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
R=NH 2 , OMe<br />
R'=H,Cl,N(Alk) 2<br />
R''= OAlk, Alk<br />
Als Zielmoleküle wurden die in Bild 10 aufgeführten methoxysubstituierte Acridone (1), Acridine<br />
(2) und Chinacridone (3) gewählt, da bekannt ist [URBANO et al. 1984], [SCHULMANN et al.<br />
1977], dass auch ihre Fluoreszenz durch Halogenidionen gelöscht wird. Erste Untersuchungen ergaben<br />
jedoch, das im stark basischen Milieu auch die hohe Konzentration an Hydroxidionen eine<br />
Löschung der Fluoreszenz bewirkt. Um die Basenstabilität zu erhören, wurden daraufhin entschieden<br />
Tetramethoxy-, bzw. Trimethoxy-amino-Derivate zu synthetisieren. Diese Substanzen sollten<br />
ihre Fluoreszenzquantausbeute im stark basischen pH-Bereich auf einem hohen Niveau behalten. In<br />
Bild 11 ist die Synthese zu den Zielverbindungen 1 und 2 dargestellt.<br />
MeO<br />
MeO<br />
MeO<br />
OMe<br />
COOH MeO<br />
COOMe<br />
OMe<br />
COOH<br />
NBS MeOH<br />
R MeO<br />
NaOH/EtOH<br />
Br<br />
H 2 SO 4<br />
N<br />
N<br />
H<br />
H<br />
OMe OMe<br />
OMe<br />
25% 95%<br />
OMe<br />
NR' 2<br />
N<br />
OMe<br />
R<br />
COOH<br />
POCl 3<br />
MeO<br />
OMe<br />
R<br />
OMe<br />
85% 55%<br />
MeO<br />
MeO<br />
OMe<br />
OMe<br />
-<br />
SO 3<br />
Cl<br />
N<br />
60%<br />
NR' 2<br />
+<br />
N<br />
2<br />
OMe<br />
OMe<br />
R<br />
PPA<br />
O<br />
S<br />
O O<br />
COOMe<br />
Br<br />
MeO<br />
MeO<br />
Bild 11: Synthesewege zu den Acridonen (1) und Acridinen (2)<br />
R<br />
N<br />
H 2<br />
O<br />
OMe<br />
N<br />
H<br />
OMe<br />
40%<br />
OMe<br />
SO 3<br />
Cl<br />
+<br />
N<br />
R<br />
Pd(dba) 3 DPPF<br />
NaOtBu<br />
-<br />
1<br />
OMe<br />
OMe<br />
R = NO 2 , OMe<br />
R'= i Pr, n Bu<br />
R<br />
R
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
Das gewünschte Zielmolekül 2 konnte nicht synthetisiert werden, da weder die erforderliche Substitution<br />
des Chloratoms in 9-Position mit einem Dialkylamin noch die N-Alkylierung mit Butansulton<br />
gelang. Die Fluoreszenz der dargestellten Methoxyacridone 1 wird nicht wie angenommen<br />
bei pH 13 gelöscht, sondern verstärkt. Dies ist auf die Deprotonierung des Tautomerform (= 9-<br />
Hydroxyacridinol) zurückzuführen. So lässt sich auch mit diesem Verfahren kein chloridselektives<br />
Sensormaterial herstellen.<br />
Die synthetisierten Chinacridone 3 waren extrem schwer löslich und daher nur als Pigmente darzustellen.<br />
Sie sind aus diesem Grund ebenfalls für einen Einsatz im Sensorbau ungeeignet.<br />
2.2.5.2 J-Aggregate<br />
Es wurde ein neues Sensorkonzept entwickelt, das auf dem Prinzip der J-Aggregation von Polymethinfarbstoffen<br />
(Cyaninfarbstoffen) fußt. In der Photographie werden diese Farbstoffe mit Silberhalogeniden<br />
in Farb- und Monochromfilmen genutzt [GROSSMANN et al.1971], [YAMA-<br />
MOTO 1981] [KOBAYASHI et al.1998].<br />
Für Cyaninfarbstoffe ist bekannt, dass sie J-Aggregate bilden können. Dieser Phänomen ist 1936<br />
[JELLY 1936],[SCHEIBE 1936], [JELLY 1937], [SCHEIBE 1937] erstmals von Jelly und Scheibe<br />
veröffentlicht worden. Die Bezeichnung J-Aggergat beruht auf dem Anfangsbuchstaben des Nachnamens<br />
von Jelly. J-Aggregate sind physikalische Oligomere, bei denen die einzelnen Moleküle in<br />
geordnetem Zustand vorliegen. Diese Ordnung führt zur Ausbildung eines neues bathochromen<br />
Absorptionsmaximums und wird von äußeren Einflüssen wie Temperatur [PAWLIK et al. 1997],<br />
Ionenstärke [Kajikawa et al. 1993], pH [ROSSI et al. 1995], Lösungsmittel [BERLEPSCH et al.<br />
2002] bestimmt. Die J-Aggregation ist ein reversibler Prozess [TYUYULKOV 1991].<br />
Unser Ziel war es nun Cyaninfarbstoffe zu synthetisieren, die nur unter Einwirkung von Chlorid J-<br />
Aggregate ausbilden. Insbesondere die Akzeptor-substituierten Benzimidazolyltrimethine können<br />
diese Eigenschaften aufweisen. Da es keinen einheitlichen Syntheseweg gibt, sind nachfolgend die<br />
Synthesewege des Tetrachloro-, Tetrabromo- sowie des Bissalicylsäure-Derivats in Bild 12 aufgeführt.<br />
1) Tetrachloro-:<br />
Cl<br />
Cl<br />
-O<br />
S 3<br />
NO 2 AlkNH2<br />
Cl<br />
-O3S<br />
NH<br />
(CH ) 2 4<br />
(CH2 ) 4<br />
Cl<br />
(x2)<br />
Cl<br />
N<br />
+<br />
N<br />
ALK<br />
CRX3 KO<br />
Cl<br />
Cl<br />
N<br />
+<br />
N<br />
ALK<br />
R<br />
tBu Cl<br />
Cl<br />
NO 2<br />
75-80% ALK<br />
50-65%<br />
- 156 -<br />
Zn/HOAc<br />
(AcO) 2 O<br />
70-95% 15-25%<br />
ALK<br />
Cl<br />
Cl<br />
N<br />
N<br />
(CH 2 ) 4<br />
SO 3 H<br />
Cl<br />
N<br />
N<br />
Cl<br />
ALK<br />
S<br />
O<br />
O O<br />
X = Hal<br />
1) R=H<br />
2) R=Aryl
2) Tetrabromo-:<br />
N<br />
N<br />
-O3S<br />
2 NBS<br />
Br<br />
Br<br />
N<br />
-O3S<br />
- 157 -<br />
AlkX<br />
Br<br />
N<br />
Br<br />
51% 75%<br />
(CH ) 2 4<br />
(CH ) 2 4 ALK<br />
Br<br />
(x2)<br />
Br<br />
N<br />
+<br />
N<br />
ALK<br />
97%<br />
CHI3 KO<br />
Br<br />
Br<br />
N<br />
+<br />
N<br />
ALK<br />
28%<br />
N<br />
N<br />
(CH2 ) 4<br />
SO3H tBu 3) Bissalicylsäure-:<br />
HO<br />
HOOC<br />
MeO<br />
MeOOC<br />
83-88%<br />
Cl<br />
NO 2<br />
NH<br />
ALK<br />
-O3S<br />
CH 3 COOH<br />
HNO 3<br />
HO<br />
HOOC<br />
Zn/CH 3 COOH<br />
(CH 3 CO) 2 O<br />
85%<br />
MeO<br />
MeOOC<br />
NO 2 AlkNH 2<br />
-O3S<br />
(CH2 ) 4<br />
(CH2 ) 4<br />
MeO<br />
(x2)<br />
MeOOC<br />
N<br />
+<br />
N<br />
ALK<br />
70-80%<br />
CHI3 KO<br />
MeO<br />
MeOOC<br />
N<br />
+<br />
N<br />
ALK<br />
tBu Cl<br />
80-97%<br />
N<br />
N<br />
ALK<br />
HO<br />
HOOC<br />
Bild 12: Synthesewege der Cyanine<br />
30%<br />
O<br />
N<br />
N<br />
ALK<br />
55-84%<br />
S<br />
O<br />
O<br />
ALK<br />
N<br />
N<br />
Br<br />
Br<br />
(CH 2 ) 4<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
NO 2<br />
NH<br />
ALK<br />
SO 3 H<br />
O<br />
S<br />
O<br />
O<br />
X = Hal<br />
2 CH3I COOMe<br />
Für die erhaltenen Farbstoffe wurde eine Polymermatrix entwickelt. Dazu wurde erneut auf PVA<br />
zurückgegriffen. Es wurden daraus diverse Polyvinylacetale hergestellt. Dazu wurden Polyvinylalkohole<br />
unterschiedlicher Molgewichte mit Butyr- oder Isobutyraldehyd derart acetalisiert, dass sich<br />
unterschiedliche Acetalisierungsgrade eingestellt haben. Die erhaltenen Polymere wurden hinsichtlich<br />
ihrer Transparenz, Löslichkeit und Flexibilität bewertet. Dabei erwies sich ein von uns hergestelltes<br />
Polyvinylbutyral mit einem Acetalisierungsgrad von 33 %, ausgehend von einem kommerziell<br />
erhältlichen Polyvinylalkohol mit einem mittleren Molekulargewicht von 30.000-50.000<br />
g/mol, als am geeignetsten. Eine kovalente Anbindung an das Polymer ist nicht notwendig, da die<br />
Farbstoffe ausreichend groß sind, um wirksam im Polymer eingeschlossen zu werden. Die erhaltenen<br />
Polymere können auch für pH-Sensormaterialien verwendet werden. Für diese Anwendung<br />
OMe
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
sind die Farbstoffe and das Polymer kovalent zu binden.<br />
Die Eigenschaften der so gewonnenen Materialien wurden unter Laborbedingungen untersucht.<br />
Dazu wurde jeweils eine Sensormembran hergestellt und mittels UV/Vis-Spektroskopie auf ihre<br />
Chloridsensitivität getestet (Bild 13). Das Tetrachlorderivat zeigt im stark basischen Milieu eine<br />
hervorragende Selektivität bzgl. Chlorid. Die spektrale Veränderung durch die Ausbildung einer J-<br />
Bande korreliert linear mit der steigenden Chloridkonzentration, wie in Bild 14 zu sehen. Eine Erhöhung<br />
der Carbonat-, Sulfat- oder Hydroxidkonzentration führt hingegen nicht zur Ausbildung<br />
eines J-Aggregats. Prinzipiell ist daher der Aufbau eines faseroptischen Festkörpersensors zur<br />
Chloriddetektion möglich. Das Tetrabromderviat ist in Polymermatrix deutlich instabiler. Es selektiert<br />
nicht mehr zwischen Chlorid und Hydroxid und kommt daher nicht für einen Sensor in Frage.<br />
Die Eigenschaften des Bissalicylsäurederivats sind Gegenstand aktueller Untersuchungen.<br />
Extinktion [r.E.]<br />
1.5<br />
1.0<br />
0.5<br />
0.0<br />
pH 11.5<br />
500 525 550 575 600<br />
c(NaCl)<br />
0.0 M<br />
0.1 M<br />
0.3 M<br />
0.5 M<br />
1.0 M<br />
Maximaverhältnis 580 nm / 530 nm<br />
- 158 -<br />
2.5<br />
2.0<br />
1.5<br />
1.0<br />
0.5<br />
0.0<br />
Messwerte<br />
Ausgleichsgerade<br />
0.0 0.2 0.4 0.6 0.8 1.0<br />
Wellenlänge [nm]<br />
Konzentration von Chlorid in mol/l<br />
Bild 13: Vis-Spektren des Tetrachlortrimethincyanins Bild 14: Auftragung des Extinktionsverhältnisses der<br />
in Polymermatrix. Das Maximum bei 580 nm ist auf Absorptionsmaxima bei 530 und 580 nm gegen die<br />
J-Aggeragtion zurückzuführen. Die Extinktion der J-<br />
Chloridkonzentration zeigt einen lineareren Verlauf.<br />
Bande steigt mit zunehmender Chloridkonzentration<br />
2.2.5.3 Fajans-Konzept<br />
Die Chloriddetektion nach Fajans beruht auf dem Zerfall von Silber/Chlorid/Fluorescein-Komplexen<br />
bei Erhöhung der Chloridkonzentration. Dabei wird sowohl der farbige Komplex zerstört als<br />
auch das farblose, fluoreszierende Fluorescein freigesetzt. Die Chloridkonzentration lässt sich daher<br />
nicht nur analog [FUHR1999] durch Absorptionslöschung, sondern auch durch die Intensitätserhöhung<br />
der Fluoreszenz nachweisen. Ein Vorteil dieses kombinierten Nachweises ist die extreme<br />
Empfindlichkeit, die es erlaubt schon geringe Konzentrationen von Chlorid nachzuweisen.<br />
Da im Sensor nicht mit einer Lösung gearbeitet werden kann, wurden für erste Untersuchungen die<br />
Fajans-Komplexe über einen Host/Guest-Einschluss in ein Polymer eingebracht, wie wir es bereits<br />
erfolgreich mit dem Reichardt-Farbstoff in den Materialien zur Bestimmung der Feuchte eingesetzt<br />
haben. Wir konnten zeigen, das auch im Host/Guest-System die Nachweisreaktion stattfindet.<br />
Bei dem Sensorbau mit dem Fajans-Prinzip ist der hohe pH-Wert der Betonporenlösung (ca. pH 13)<br />
zu berücksichtigen. Das Problem des Fajans-Prinzips ist, dass es nur bis ca. pH 10 funktioniert. Es<br />
wurde daher ein Weg gesucht um den pH-Wert in einem später zu konstruierenden Sensorkopf abzusenken.<br />
Ein möglicher Weg ist die Nutzung einer Nanofiltrationsmembran. Hierzu wurden im
- 159 -<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
Rahmen des Teilprojekts C1b bereits einige Voruntersuchungen durchgeführt, die bestätigen, dass<br />
dies prinzipiell möglich ist.<br />
2.2.6 Sensoren für das Deponiemonitoring<br />
In der ausgehenden Förderperiode haben wir uns im Rahmen einer Kooperation mit den Teilprojekten<br />
(TP) B5 und D1 mit Voruntersuchungen für den Einsatz von Feuchte- und pH-Sensoren zum<br />
Deponie-Monitoring befasst. Das Monitoring von Hausmülldeponien (TP C1a,b / B5) zeigt ein sehr<br />
deutlich von den Anforderungen des Monitoring von Betonbauwerken (TP C1a,b / B9) abweichendes<br />
Anforderungsprofil, so dass die vorhanden faseroptischen Sensoren aus diesem Bereich nicht in<br />
der Deponie nutzbar sind. Die Sensoren sind in der Deponie wesentlich extremeren chemischen<br />
Bedingungen ausgesetzt. Hochreaktive Gase wie Ammoniak und Schwefelwasserstoff bilden eine<br />
reduktive Atmosphäre, der die Sensormaterialen standhalten müssen. Der pH-Wert der Umgebung<br />
liegt dabei zwischen 4 und 9. Daher sollten die genutzten Materialien sowohl im sauren als auch im<br />
basischen Milieu eine ausreichende Stabilität aufweisen. Das Deponiesickerwasser ist stark mit<br />
organischen Substanzen belastet, was zu einer erhöhten Löslichkeit auch von fettlöslichen Verbindungen<br />
im Sickerwasser führt. Dies schränkt die Wahl insbesondere der Polymermatrix weiter ein.<br />
Zur Messung der Feuchte können keine auf dem Reichhardt-Farbstoff basierende optische Sensoren<br />
zum Einsatz kommen, da dieser unter den Umgebungsbedingungen chemisch nicht inert ist.<br />
Daher sind wir zu dem Schluss gekommen, hierfür ausschließlich die verfügbaren Mikrowellensensoren<br />
des TP C1b einzusetzen. Erste Untersuchungen zeigen allerdings einen korrosiven Angriff am<br />
Kupfermantel des Sensors durch den vorhandenen Schwefelwasserstoff. Inwieweit dies zu einer<br />
nachhaltigen Beeinträchtigung der Funktion führt, ist Gegenstand aktueller Untersuchungen.<br />
Zur faseroptischen Bestimmung des pH-Werts müssen andere Indikatorfarbstoffe eingesetzt werden,<br />
als sie bislang in Betonbauwerken genutzt wurden. Wie bereits beschrieben, weicht der zu erwartende<br />
pH-Bereich deutlich von den Gegebenheiten im Beton ab. Es wurde daher auf gängige<br />
Azo- und Phenolfarbstoffe zurückgegriffen, die einen entsprechenden Umschlagsbereich aufweisen.<br />
Im einzelnen waren dies die in Bild 15 gezeigten Verbindungen Phenolrot, Kresolrot, Bromkresolpurpur,<br />
Bromkresolgrün, Methylrot und Neutralrot. Um die Stabilität zu testen wurden mit Farbstoff<br />
dotierte PVC-Membranen hergestellt und in die Hausmülldeponie Deiderode bei Göttingen<br />
eingebracht. Nach zwei Monaten wurden diese wieder eingesammelt und im Labor untersucht. In<br />
diesen Vorversuchen zeigte sich Methylrot gegenüber den Umgebungsbedingungen als etwas stabiler.<br />
Dennoch war auch bei diesen Membranen bereits eine deutlich Verfärbung festzustellen.
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
Br<br />
HO<br />
CH 3<br />
O<br />
S<br />
O O<br />
Br<br />
OH<br />
CH 3<br />
Br<br />
C<br />
H 3<br />
HO<br />
Br<br />
O<br />
S<br />
O O<br />
H C 3<br />
COOH<br />
N<br />
N<br />
- 160 -<br />
Br<br />
N<br />
Br<br />
CH 3<br />
OH<br />
CH 3<br />
C<br />
H 3<br />
N<br />
H 2<br />
C<br />
H 3<br />
HO<br />
O<br />
S<br />
O O<br />
Bromkresolpurpur Bromkresolgrün Kresolrot<br />
pH 5.2 (gelbgrün) - pH 6.8 (rotviolett) pH 3.8 (gelb) - pH 5.4 (blau) pH 1.8 (orange) - pH 2.0 (gelb)<br />
pH 7.0 (gelb) - pH 8.8 (violett)<br />
HO<br />
O<br />
S<br />
O O<br />
OH<br />
Phenolrot<br />
Methylrot<br />
Neutralrot<br />
pH 6.8 (gelb) - pH 8.2 (rot) pH 4.2 (pink) - pH 6.2 (gelb) pH 6.8 (rotviolett) - pH 8.0 (gelb)<br />
Bild 15: Untersuchte kommerzielle Indikatorfarbstoffe und ihre Umschlagbereiche<br />
N<br />
N<br />
H<br />
Cl -<br />
OH<br />
CH 3<br />
N CH +<br />
3<br />
PVC kann als chemisch inert in der Deponie gelten. Dennoch ist es unseren Erfahrungen nach für<br />
den Sensorbau nur wenig geeignet. Der Einsatz von PVC war zumeist aufgrund der sehr schlechten<br />
Antwortzeiten der so generierten Sensoren nicht möglich. Die Stabilität des Host/Guest-Systems<br />
war für PVC als Hostpolymer ebenfalls nicht ausreichend, um ein Auswaschen des Farbstoffs aus<br />
der Polymermembran zu verhindern. Die Versuche zeigen hier deutlich, dass der zu nutzende polymere<br />
Werkstoff hochvernetzt werden muss. Daneben wurde die Verwendung von anderen Host-<br />
Polymeren ebenfalls mittels Einbringung von Probenkörpern in die Hausmülldeponie Deiderode<br />
untersucht. Die mangelhafte Stabilität in dieser Umgebung sprach jedoch gegen einen Einsatz von<br />
Polymethacrylaten, wie PolyHema, PMMA, PMAN u.ä. Einige lösten sich innerhalb von vier Wochen<br />
sogar vollständig auf, andere, wie das PMAN, verloren ihre Transparenz durch die im Sickerwasser<br />
gelösten Fette. Auch die im Beton genutzten, aber säurelabilen Polyvinylacetale können<br />
nicht verwendet werden. Als unter Laborbedingungen tauglich, haben sich Sensormaterialien erwiesen,<br />
die auf einer Polysiloxanmatrix beruhen. Der Farbstoff wird nicht ausgewaschen und das Material<br />
zeigt im Labor sehr kurze Ansprechzeiten (unter 10 s) nach einer pH-Wert-Änderung. Auf dieser<br />
Basis wäre ein Sensor zur pH-Wert-Bestimmung in der Deponie realisierbar. Dieser könnte die<br />
in der Acidogenese durch bakterielle Stoffwechselprozesse gebildeten organischen Säuren (vor allem<br />
Essigsäure) als Summe über die pH-Wert-Änderung verfolgen. Da seitens des TP B5 die kontinuierliche<br />
Überwachung mit Hilfe faseroptischer pH-Sensoren von untergeordnetem Interesse ist<br />
und nicht weiterverfolgt wird, wird zukünftig auf den Bau solcher Sensoren verzichtet. Die Zusammenarbeit<br />
soll auf die Hilfestellung bei chemischen Problemen und Unterstützung durch analytische<br />
Verfahrenstechniken (NMR, HPLC, Massenspektrometrie, Elementaranalyse) verlagert werden.<br />
Die Möglichkeiten zur Feuchtebestimmung werden durch das TP C1b weiter untersucht.<br />
CH 3
- 161 -<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
2.3 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />
Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />
Auf dem Gebiet der faseroptischen Sensorik zur Bauwerksüberwachung wurden unseres Wissens<br />
nach außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> in den letzten drei Jahren keine entscheidenden Fortschritte erzielt, so<br />
dass an dieser Stelle für eine orientierende Übersicht auf unseren letzten Rechenschaftsbericht verwiesen<br />
sei. Die geringe Präsenz in der Literatur zeigt sich auch im Markt, wie auch die Nachfrage<br />
der BAM beim <strong>SFB</strong> hinsichtlich der Bereitstellung von Feuchtesensoren belegt. Faseroptische Sensoren<br />
zur pH-Wert-Bestimmung, die auf dem Evanescent Field Konzept beruhen, werden unabhängig<br />
von uns auch von einer Arbeitsgruppe aus Brooklyn bearbeitet. Diese Arbeit steht jedoch noch<br />
in den Anfängen und nutzt Materialien auf der Basis von Host/Guest-Systemen [GHANDEHARI et<br />
al. 2002] auf deren mangelhafte Langzeitstabilität wir bereits seit langem hingewiesen haben. Eine<br />
Überprüfung der Prototypen im Beton ist noch nicht erfolgt [GHANDEHARI <strong>2003</strong>a]. Zur Bestimmung<br />
von Chlorid in Bauwerken exsistiert in der Literatur nur das von [FUHR 1999] beschriebene<br />
Verfahren, welches wir bereits im letzen Rechenschaftsbericht vorgestellt haben. Der Arbeitskreis<br />
hat seitdem nichts mehr auf dieser Fragestellung publiziert. Er soll seine Bemühungen auf diesem<br />
Gebiet eingestellt haben [GHANDEHARI <strong>2003</strong>b].<br />
2.4 Offene Fragen<br />
Mit der ausgehenden zweiten Förderperiode konnten die Arbeiten an den Feuchte- und pH-Wertsensoren<br />
weitestgehend abgeschlossen werden. Die an uns herangetragene externe Kooperation mit<br />
der Bundesanstalt für Materialprüfung unterstreicht deutlich die Relevanz und Bedeutung der im<br />
C1a entwickelten faseroptische Feuchtesensoren. Es sind keine vergleichbaren Systeme auf dem<br />
Markt verfügbar. Die entwickelten Sensoren sollen auch in der dritten Förderperiode in weiteren<br />
Ersatzbauwerken eingesetzt und betreut werden. Die erhaltenen Daten fließen einerseits in die Modellentwicklung<br />
von TP B9 ein, dienen aber auch zur Überprüfung der Zuverlässigkeit. Geplant ist<br />
weiterhin die Adaption der Sensorkonzepte für nachrüstbare Sensoren. Wie bisherige Ergebnisse<br />
zeigten, ist dabei die Realisierung des Stofftransports vom Beton zum nachträglich eingebauten<br />
Sensor problematisch und erfordert eingehendere Untersuchungen.<br />
Die entwickelten Chlorid-Sensormaterialien müssen hinsichtlich ihrer Langzeitstabilität verbessert<br />
werden. Im Rahmen dieser Arbeiten wird parallel der Aufbau von Sensoren mit Tests in Probekörpern<br />
erfolgen, um den Einsatz im ESB vorzubereiten. Der Einsatz fertiger Sensoren im ESB muss<br />
dann die notwendigen Informationen über die Langzeitstabilität unter realitätsnahen Bedingungen<br />
liefern.<br />
Bislang fehlt ein Sensor zum Nachweis treibender Angriffe auf den Beton, wie sie von Sulfat, Magnesium<br />
oder Calcium hervorgerufen werden. Zu diesem Zweck soll in der dritten FP ein Magnesiumsensor<br />
entwickelt werden. Der kritische Parameter bei einem solchen Sensor ist die Querempfindlichkeit<br />
des Nachweises auf Calcium. Sollte es nicht gelingen, ein calciumunempfindliches<br />
Messsystem zu etablieren, ist dieser Sensor dennoch geeignet einen treibenden Angriff zu detektieren,<br />
da eine schwankende Konzentration, gleich, ob von Magnesium oder Calcium, dennoch auf<br />
einen treibenden Angriff auf den Beton schließen lässt.
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
2.5 Literatur<br />
BERLEPSCH, H. von, KIRSTEIN, S., Böttcher, C. 2002: Effect of Alcohols on J-Aggregation of a<br />
Carbocyanine Dye. Langmuir, 18, 7699 – 7705<br />
FUHR, P. L., 1999: The Development, Installation and Initial Results of Fiber Optic Chloride Sensors<br />
Embedded into Bridge Decks. SPIE 3538, 311.<br />
GHANDEHARI, M., VIMER, C.S., 2002: An Evanescent-Field Fiber Optic Sensor for pH Monitoring<br />
in Civil Infrastructure. 15 th ASCE Engineering Mechanics Conference EM2002, paper 585, 1<br />
– 9. (siehe HTTP://civil.columbia.edu/em2002/)<br />
GHANDEHARI, M., <strong>2003</strong>a: Vortrag im Rahmen des <strong>SFB</strong>-Kolloquiums <strong>2003</strong><br />
GHANDEHARI, M., <strong>2003</strong>b: pers. Mitteilung.<br />
GROSSMANN, J., BACH, G. 1971: Stabilizing sensitizers for photographic silver halide emulsions.<br />
Patent-Nr. DD 81569<br />
HUBER, C. et al., 1999 : Overcoming the pH Dependency of Optical Sensors: A pH-independent<br />
Chloride Sensor based on Co-extraction. Anal. Chim. Acta, 398(2-3), 137-143<br />
JELLY, E.E. 1936: Spectral Absortion and Fluorescence of Dyes in the Molecular State. Nature,<br />
138, 1009 – 1010.<br />
JELLY, E.E. 1937: Molecular, nematic and Crystal States of 1,1-Diethyl-c-cyaninechloride. Nature,<br />
139, 631 – 632.<br />
KAJIKAWA, K., Takezoe, H., Fukuda, A. 1993: Orientational structure of noncentrosymmetric<br />
domain of merocyanine J-aggregates studie by surface second-harmonic generation. Chem. Phys.<br />
Lett. 205, 225 – 228.<br />
KOBAYASHI, M., HIO, T., SUZUMOTO, T. 1998: Novel methine dye and silver halide photographic<br />
photosensitive material containing it Fuji Photo Film Co., Patent-Nr. JP 10110107<br />
PAWLIK, A., KIRSTEIN, S., ROSSI, U. de, DAEHNE, S. 1997: Structural Conditions for spontaneous<br />
Generation of Optical Activity in J-Aggregates. J. Phys. Chem. B., 101(29), 5646 – 5651<br />
ROSSI, U. de, MOLL, J., SPIELES, M., BACH, G., DAEHNE, S. KRIWANEK, J., LISK, M 1995:<br />
Control of the J-Aggregation Phenomenon by Variation of the N-Alkylsubstituents. J. prakt. Chem.,<br />
337, 203 –208.<br />
SCHEIBE, G. 1936: Über die Veränderlichkeit des Absorptionsspektrums einiger Sensibilisierungsfarbstoffe<br />
und deren Ursache. Angew. Chem., 49, 563<br />
SCHEIBE, G. 1937: Über die Veränderlichkeit der Absorptionsspektren in Lösung und die van der<br />
Waalsschen Kräfte als ihre Ursache. Angew. Chem. 50, 51<br />
SCHULMANN, S.G., STURGEON, R.J. 1977: Variations of fluoreszence efficiencies of 9-(10H)-<br />
Acridones and ist 4-methoxy derivates with excited-state proton transfer in very weak acids and<br />
bases. Anal. Chim. Acta, 93, 239-247<br />
TYUTYULKOV, N. et al., 1991: Polymethine Dyes. St. Kliment Ohridski University Press Sofia,<br />
107<br />
- 162 -
- 163 -<br />
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
URBANO, E., OFFENBACER, H., WOLFBEIS, O.S. 1984: Optical Sensors for Continuous Determination<br />
of Halides. Anal. Chem., 56, 427 – 429<br />
YAMAMOTO, Y.S. 1981: Photographic compositions and elements spectrally sensitized with new<br />
methine dyes. Eastman Kodak Co, Patent-Nr. US 4375508<br />
2.6 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />
Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahren.<br />
GRAHN † , W., WICHERN, J., WIESE, S., KOWALSKY, W., GLÜMER, A., SKERIES, B. UND<br />
BUCHHOLZ, K., 1999: Faseroptische Sensoren zur Bestimmung des Feuchtegehalts von Beton.<br />
Bauchemie von der Forschung zur Praxis (Red. F. Winnefeld); GDCh-Monographie Bd. 15 (Beiträge<br />
der 2. Tagung Bauchemie in Siegen 1999), 107-111<br />
WIESE, S., KOWALSKY, W., JANNSEN, B., JACOB, A., WICHERN, J., GRAHN † , W.,<br />
HARIRI, K., UND BUDELMANN, H., 1999: Innovative Sensors for the Assessment of Durability<br />
and Load-Capacity of Concrete Structures. Life Prediction and Aging Management of Concrete<br />
Structures (Hrsg. T. Jávor), Proc. 8th Int. Expertcentrum Conf. held by RILEM Techn. Commitee<br />
160-MLN, Bratislava, Slovakia 1999, 94-103<br />
WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J. UND GRAHN † , W., 1999: Fiberoptical Sensors for<br />
On-Line Monitoring in Concrete Structures. Proc. 2nd Int. Workshop on Structural Health Monitoring,<br />
Stanford University CA, Technomic Pub. Company Inc., Ed. Fu-Kuo Chang, Stanford CA<br />
1999, 643-650<br />
WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J. UND GRAHN † , W., 1999: Neuartige faseroptische<br />
Feuchtesensoren zur zerstörungsfreien Langzeitüberwachung von Betonbauwerken. Feuchtetag '99:<br />
Umwelt - Meßverfahren - Anwendungen, DGZfP-Berichtsband BB 69-CD, Vortrag M4, BAM,<br />
Berlin-Lichterfelde 1999<br />
WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J. UND GRAHN † , W., 2000: Fiberoptical Sensors in<br />
Concrete. Proc. XVI IMEKO World Congress IMEKO 2000, Vol. VII, Ed. A. Afjehi-Sadat, M.N.<br />
Durakbasa and P.H. Osanna, Wien, 259-264<br />
WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J. UND GRAHN † , W., <strong>2001</strong>: Fiberoptical sensors for<br />
monitoring chemical attacks on concrete structures. Proc. Micro System Technologies <strong>2001</strong>, Ed. H.<br />
Reichl, VDE Verlag, Düsseldorf, 279-284<br />
WICHERN, J., MAKEDONSKI, P., GRAHN † , W., WIESE, S. UND KOWALSKY, W., <strong>2001</strong>:<br />
Fiberoptical Sensors for an In-Situ Monitoring of Moisture and pH-Value in Reinforced Concrete.<br />
Proc. 3 rd Int. Workshop on Sructural Health Monitoring, , Stanford University CA, CRC Press LLC,<br />
Ed. Fu-Kuo Chang, Stanford CA <strong>2001</strong>, 564-574.<br />
BRANDES, M., MAKEDONSKI, P., JOHANNES, H.-H., WIESE, S., KOWALSKY, W. UND<br />
GRAHN † , W., März 2002: Fiberoptical Sensors in Concrete. 11. ITG/GMA-Fachtagung Sensoren<br />
und Mess-Systeme 2002, Ludwigsburg<br />
BRANDES, M., MAKEDONSKI, P., WICHERN, J., JOHANNES, H.-H., WIESE, S., KOWAL-<br />
SKY, W. UND GRAHN † , W., 2002: Fibreoptical In-Situ Evaluation of Corrosion Processes in<br />
Reinforced Concrete. Proceedings of the First European Workshop on Structural Health Monitoring,<br />
Paris 2002, 599-606
C1a<br />
Johannes, Kowalsky<br />
BRANDES, M., MAKEDONSKI, P., BECKMANN, M., KRÖNER, M., JOHANNES, H.-H.,<br />
WIESE, S. UND KOWALSKY, W., <strong>2003</strong>: Neue Konzepte für faseroptische Chloridsensoren in der<br />
Bauwerksüberwachung. GESA-Symposium VDI Berichte Nr. 1757, Braunschweig <strong>2003</strong>, 167-174<br />
BRANDES, M., MAKEDONSKI, P., JOHANNES, H.-H. UND KOWALSKY, W., <strong>2003</strong>: Neuartige<br />
Faseroptische Sensoren für die Überwachung von Korrosionsprozessen in Bauwerken. Kolloquium<br />
mit Workshop Innovative Feuchtemessung in Forschung und Praxis, Karlsruhe <strong>2003</strong><br />
BRANDES, M., BECKMANN, M., KRÖNER, M., MAKEDONSKI, P., WIESE, S., JOHANNES,<br />
H.-H., KOWALSKY, W., <strong>2003</strong>: New Designs of Fiber-Optical Sensors in Structural Health Monitoring.<br />
4 th Int. Workshop on Sructural Health Monitoring, Stanford CA <strong>2003</strong>, angenommen<br />
MAKEDONSKI, P., BRANDES, M., GRAHN, W., KOWALSKY, W., WICHERN, J., WIESE, S.,<br />
JOHANNES, H.-H., <strong>2003</strong>: Synthesis of a new kind of reactive azo dyes and their application for<br />
fibre-optical pH-measurements. Dyes and Pigments, eingereicht<br />
Dissertation<br />
WIESE, S., <strong>2001</strong>: Faseroptische chemische Sensoren zur Überwachung von Betonbauwerken. Dissertation,<br />
ISBN: 3-8265-9417-7, Shaker Verlag <strong>2001</strong><br />
Patent<br />
WIESE, S., KOWALSKY, W., WICHERN, J., JOHANNES, H.-H. UND GRAHN † , W., <strong>2003</strong>:<br />
Verfahren zur Feuchtebestimmung, Sensor zur Durchführung des Verfahrens und Messanordnung.<br />
Deutsches Patentamt DE19942317.2<br />
- 164 -
Mikrowellensensoren und -Messtechnik<br />
für die Bauwerksüberwachung<br />
- 165 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
Prof. Dr.-Ing. A. F. Jacob, Dr. rer. nat. H.-H. Johannes, Prof. Dr. rer. nat. W. Grahn † ,<br />
Dipl.-Chem. M. Beckmann, Dipl.-Ing. T. Sokoll, Dipl. Chem.-Ing. P. Makedonski,<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
Das Teilprojekt (TP) C1b war in der zweiten Förderperiode (FP) folgenden Aufgabengebieten gewidmet:<br />
Mikrowellenfeuchtesensoren, Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen, der<br />
Brucherkennung und Bruchortbestimmung an Spannstählen, dem Aufbau eines automatisierten<br />
portablen Labor-Messsystems, sowie der Konzipierung eines integrierten Messsystems.<br />
2.1.1 Mikrowellenfeuchtesensoren<br />
Eine wichtige Grundlage zur Beurteilung des Zustandes eines Bauwerkes ist die Kenntnis der Bauwerksfeuchte.<br />
Sie ist direkt oder indirekt an vielen Schädigungsprozessen (bakterieller Angriff,<br />
Transport von Ionen) beteiligt und daher im Rahmen eines ganzheitlichen Qualitätsicherungskonzeptes<br />
von besonderem Interesse. Ein idealer Feuchtesensor zur Verwendung im Bauwesen sollte<br />
zerstörungsfrei und reversibel arbeiten, tiefenaufgelöste und wiederholbare Ergebnisse liefern,<br />
schnell auswertbar sein, und unabhängig von bauwerksrelevanten Salzen reagieren [LESCHNIK<br />
1999]. Für eine qualifizierte Feuchtemessung stehen zur Zeit jedoch lediglich gravimetrische Verfahren<br />
zur Verfügung, obwohl diese weder zerstörungsfrei arbeiten noch schnelle Ergebnisse ermöglichen.<br />
Andere Verfahren sind Calciumcarbid-Verfahren, Karl-Fischer-Titration, Thermometrie,<br />
Hygrometrie, Infrarot-Verfahren, kernphysikalische Verfahren, sowie elektrische Methoden.<br />
Bis auf die elektrischen Methoden, sind alle Verfahren entweder nicht zerstörungsfrei, sehr aufwändig<br />
oder ungenau. Bei den elektrischen Methoden wiederum muss man unterscheiden zwischen<br />
niederfrequenten (kapazitive Sensoren) und hochfrequenten (Mikrowellensensoren) Messverfahren.<br />
Der entscheidende Vorteil der Mikrowellensensoren gegenüber den kapazitiven Sensoren liegt in<br />
dem wesentlich geringeren Störpotenzial bauwerksrelevanter Salze bei hohen Frequenzen. Beide<br />
Sensorarten nutzen zur Detektion von Feuchte die hohe Dielektrizitätszahl (DK) von Wasser, die<br />
sich aus dessen polarem Aufbau ergibt. Die DK ist entscheidend bei der Ausbreitung elektromagnetischer<br />
Wellen. Ausgehend von dieser physikalischen Grundlage ergeben sich eine Reihe von<br />
industriellen Anwendungsmöglichkeiten zur Detektion von Feuchte mittels Mikrowellen. Allerdings<br />
existiert momentan noch kein geeignetes Verfahren zum Online-Monitoring von Feuchte in<br />
Bauwerken.<br />
Am Ende der ersten Förderperiode standen zur Detektion von Feuchte unterschiedliche Sensorkonzepte<br />
gemäß Abbildung 1 zur Verfügung. In der zweiten Förderperiode wurden der Helixresonator,<br />
der Koaxialsensor und der Hohlleitersensor bezüglich Aufbau und Materialauswahl weiter optimiert.<br />
Während der Hohlraumresonator bei gleicher Funktion nicht so kompakt aufzubauen ist wie<br />
der Helixresonator, ist der Transmissionssensor [SCHNEIDER et al. 2000] nur nach aufwändiger<br />
Kalibrierung auswertbar.
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
Hohlraumresonator<br />
Sensorkonzepte<br />
schmalbandig breitbandig<br />
Helixresonator<br />
Koaxial Hohlleiter Transmission<br />
Abbildung 1: In der ersten Förderperiode entwickelte Sensorkonzepte.<br />
Der Koaxialsensor zeichnet sich durch seinen einfachen Aufbau aus. Eine einfache Modellierung<br />
der Messumgebung ermöglicht zudem die Anwendung eines schnellen Algorithmus zur Extraktion<br />
der komplexen Dielektrizitätszahl (DK) aus den gemessenen Streuparametern [WIESE et al. 1999,<br />
JANNSEN et al. 2000b]. Die Ermittlung der DK lässt sowohl Aussagen über die Feuchte als auch<br />
über die vorhandene Leitfähigkeit zu. Dieser Sensortyp wurde bereits in der ersten FP in Ersatzbauwerken<br />
(ESB) erprobt und liefert seitdem Ergebnisse (siehe Abschnitt 2.3.2.2.). Bedingt durch<br />
den einfachen Aufbau kann elektromagnetische Energie abgestrahlt werden. Dieses erschwert eine<br />
genaue Feuchtekalibrierung.<br />
Aus diesem Grund erfolgte die Entwicklung des Hohlleitersensors. Der Hohlleiter ist so konzipiert,<br />
dass die elektromagnetische Welle nur mit dem zu untersuchenden Material wechselwirkt, nicht<br />
jedoch abgestrahlt wird. Eine genauere Kalibrierung ist daher möglich, auch wenn die Extraktionsalgorithmen<br />
zur Bestimmung der komplexen DK einen etwas höheren Rechenaufwand bedingen.<br />
Dieser Sensortyp wurde ebenfalls in ESB eingebracht [JANNSEN et al. 1999, JANNSEN et al.<br />
2000a].<br />
Helixhalterung<br />
Messumgebung<br />
Abstandshalter<br />
r<br />
Abbildung 2: Erste Generation des Helixsensors und zugehörige Kalibrierkurve.<br />
�f res �<br />
Zusammen mit hochempfindlichen vektoriellen Netzwerkanalysatoren (VNA), die den Reflektionsfaktor<br />
nach Betrag und Phase messen, eignen sich die o.a. Sensoren besonders zur breitbandigen<br />
Untersuchung der Materialeigenschaften. Sie erlauben daher die Ermittlung der Frequenzbereiche,<br />
in denen die nachzuweisenden Effekte besonders ausgeprägt sind. Sind diese Bereiche lokalisiert,<br />
werden die sehr empfindlichen und einfach auszuwertenden schmalbandigen Sensoren eingesetzt.<br />
- 166 -<br />
0<br />
MHz<br />
-50<br />
-100<br />
-150<br />
-200<br />
-250<br />
-300<br />
Gemessene Werte<br />
Näherung<br />
0 20 40 60 80 % 100<br />
relative Luftfeuchte ��
- 167 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
Solch ein Sensorkonzept wurde mit dem Helixsensor [JANNSEN et al. <strong>2001</strong>b, JANNSEN et al.<br />
2002a, JANNSEN et al. <strong>2003</strong>] realisiert, der aufgrund der Verwendung der Helix innerhalb eines<br />
Resonators einen sehr kompakten Aufbau ermöglicht. So besitzt der in Abbildung 2 dargestellte<br />
Sensor einen Durchmesser von nur 14 mm bei einer Länge von 12 mm. Da das sensitive Material<br />
die Helixhalterung umfasst, konnte – bedingt durch die starke Verkopplung von Helix und Umgebung<br />
- eine sehr große Verschiebung der Resonanzfrequenz erreicht werden. Diese betrug 300 MHz<br />
in einem Feuchtebereich zwischen 0 % und 100 % relativer Luftfeuchte (rel. LF) bei einer Startfrequenz<br />
von 1,9 GHz bei 0 % rel. LF. Die Anpassung bei Resonanz (lediglich ca. –2 dB) und die<br />
niedrige Güte beeinträchtigen allerdings die Empfindlichkeit. Optimierungsbedarf bestand folglich<br />
bei der Verkopplung der Helix mit dem sensitiven Material einerseits und der Koaxialspeisung andererseits.<br />
Zur Kalibrierung wurden unterschiedliche gesättigte Salzlösungen verwendet, die das gezielte Einstellen<br />
der relativen Luftfeuchte (rel. LF) ermöglichen. Aus den Kalibrierpunkten wurde durch<br />
Verwendung eines nichtlinearen Anpassalgorithmus (Levenberg-Marquardt-Methode) eine Kalibrierkurve<br />
bestimmt, wobei sich ein funktionaler Zusammenhang der Form<br />
�<br />
f<br />
�<br />
fres res<br />
B<br />
C<br />
rel. LF � A�<br />
e � C � f res �e<br />
� E � f res � F<br />
mit den anzupassenden Parametern A bis F und der Resonanzfrequenz fres als geeignet herausgestellt<br />
hat.<br />
Die Eignung der Sensoren zur Bauwerksüberwachung konnte bereits in der ersten FP gezeigt werden.<br />
Offene Fragen für die zweite FP ergaben sich insbesondere im Hinblick auf die Erweiterung<br />
der Kalibrierung. Hier sollten Temperaturabhängigkeiten überprüft und der Einfluss eventueller<br />
Alterungsprozesse erfasst werden. Diese Sensoren wurden ebenfalls im Labor und in den ESB des<br />
TP B9 getestet.<br />
2.1.2 Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen<br />
Mit den o. a. breitbandigen Sensoren können, wie beschrieben, der Real- und der Imaginärteil der<br />
DK der Messumgebung bestimmt werden. Während der Realteil bei Frequenzen oberhalb 2 GHz<br />
Rückschlüsse auf die Feuchte ermöglicht, ist der Imaginärteil bei Frequenzen unterhalb 1 GHz von<br />
der Leitfähigkeit geprägt. Letzteres wird durch die Formel<br />
�´´<br />
�<br />
�<br />
(1)<br />
r , leit<br />
(2)<br />
2�f<br />
� � 0<br />
beschrieben, wobei � die Gleichstromleitfähigkeit, f die betrachtete Frequenz und �0 die<br />
Permittivität des Vakuums darstellt. Der Imaginärteil wächst demnach linear mit der Leitfähigkeit<br />
und fällt mit steigender Frequenz hyperbolisch ab. Dieses ermöglicht die getrennte Messung von<br />
Feuchte und Leitfähigkeit mittels Mikrowellen. Die Leitfähigkeit wird bestimmt durch die<br />
Konzentration und Spezies der sich in Lösung befindlichen Ionen. Mit nur einer Messgröße (�r’’) ist<br />
die selektive Detektion mehrerer Ionenspezies grundsätzlich nicht möglich.<br />
Um dennoch selektive Messungen zu ermöglichen, wurde in der ersten FP ein neuartiger Ansatz<br />
untersucht. Es wurde ein Sensormaterial verwendet, das seine dielektrischen Eigenschaften (�r’) nur<br />
unter Einflusss einer bestimmten Ionenspezies ändern kann. Die chemische Grundlage hierfür ist<br />
das Koextraktionsprinzip [ROTHMAIER et al. 1996]. Hierbei wird ein Ionophor in eine<br />
Polymermatrix integriert. Unter Aufnahme der ensprechenden Ionen aus der Messumgebung ändert
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
sich die Polarität der Polymermatrix, was dann mikrowellentechnisch erfasst werden kann. Um den<br />
Aufbau einer Potenzialbarriere durch Anbindung nur eines Ions zu verhindern, wird ebenfalls die<br />
Aufnahme eines Gegenions chemisch ermöglicht. Die ersten Versuche, die hierzu stattfanden,<br />
wurden mit einem dem Koaxialsensor ähnlichen Prinzip verwirklicht, um eine breitbandige<br />
Auswertung zu ermöglichen. Abbildung 3 (links) zeigt den Aufbau: Die am Stecker eingekoppelte<br />
elektromagnetische Welle wechselwirkt mit der Membran. Letztere befindet sich vor einer Kurzschlussplatte,<br />
die eine Abstrahlung der elektromagnetischen Welle verhindert. Über Öffnungen in<br />
der Platte tritt die Membran in Wechselwirkung mit der Umgebung. Diese Öffnungen sind so angeordnet,<br />
dass durch sie keine Abstrahlung stattfindet. Wiederum wird der komplexe Reflektionsfaktor<br />
r zur Auswertung herangezogen. Die ersten damit erzielten vielversprechenden Ergebnisse bei<br />
Verwendung einer chloridselektiven Membran sind rechts im Bild dargestellt. Es ist eine deutliche<br />
Veränderung des Betrages des Reflektionsfaktors bei steigender NaCl-Konzentration zu<br />
verzeichnen.<br />
Messumgebung<br />
-<br />
-- -<br />
r - -<br />
- -<br />
Kurzschlussplatte<br />
Membran Eintrittlöcher<br />
Abbildung 3: Aufbau des breitbandigen Sensors mit Verwendung einer chloridselektiven<br />
Membran und die erzielten Messergebnisse.<br />
In der zweiten Förderperiode stand daher die Verifikation der Messungen an. Hier sollten insbesondere<br />
die Querempfindlichkeiten der Membran auf andere Ionenarten, sowie die Anwendbarkeit des<br />
Verfahrens auf andere Ionenspezies (SO4 2- und NH4 + ) bei Verwendung entsprechender Ionophore<br />
untersucht werden. Da die durchgeführte breitbandige Messung darüber hinaus eine besonders<br />
starke Abhängigkeit im Bereich um f = 200 MHz zeigt, bestand die Frage, ob ein auf diese Frequenz<br />
optimierter resonanter Sensor zu einer höheren Empfindlichkeit beiträgt.<br />
2.1.3 Brucherkennung und Bruchortbestimmung an Spannstählen<br />
Die Brucherkennung an Spannstählen wird zurzeit durch visuelle Überprüfung, Röntgenspektroskopie,<br />
Magnetoresonanzmessungen [HILLEMEIER et al. 2002] oder akustische Verfahren<br />
[COCHRAN et al. 2002] durchgeführt. Jedes der Verfahren beinhaltet Einschränkungen bezüglich<br />
der Zerstörungsfreiheit, der Zugänglichkeit der Spannstähle, oder der Überdeckung durch den<br />
Werkstoff. Eine weitere Methode besteht in der Verwendung kurzer elektrischer Pulse, bei denen<br />
durch Messung von Laufzeiteffekten auf eventuelle Brüche geschlossen werden kann. Allerdings<br />
weisen zeitlich kurze Pulse ein breites Frequenzspektrum auf, wodurch die Pulse auf Grund der<br />
frequenzabhängigen Verluste im Beton stark verzerrt werden, was eine Bruchortbestimmung erschwert.<br />
In dem ehemaligen Teilprojekt C5 wurde daher in der ersten FP eine neuartige Methode mittels<br />
elektromagnetischer Resonanzmessungen untersucht [BUDELMANN et al. <strong>2001</strong>, Jannsen et al.<br />
|S 11 | �<br />
- 168 -<br />
0.0<br />
dB<br />
-0.4<br />
-0.8<br />
-1.2<br />
H 2 0<br />
NaCl 2%<br />
NaCl 4%<br />
0 250 500 750 MHz 1000<br />
Frequenz �
- 169 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
2002b]. Hierbei werden einzelne Stäbe als elektromagnetisch ungeschirmte Resonatoren betrachtet.<br />
Bei Anregung der Stäbe mit einem breitbandigen elektromagnetischen Signal (30 kHz – 300 MHz)<br />
kann man aus der Differenz zweier sich ergebender Reflektionsminima �f mit der Formel<br />
l<br />
c0<br />
�<br />
2�<br />
�f<br />
�<br />
auf die Länge l des angekoppelten Stabes und somit auf einen eventuell vorhandenen Bruch schließen.<br />
Die für Simulationen notwendige theoretische Beschreibung beruht auf der Betrachtung der<br />
Spannstähle als Leitungen, auf denen elektromagnetische Wellen wandern. Es handelt sich somit<br />
um ein grundlegendes hochfrequenztechnisches Problem. Mittels der durchgeführten Simulationen<br />
konnte sehr erfolgreich der Einfluss unterschiedlicher Parameter untersucht werden. So wurde klar<br />
die gemäß Formel 3 erwartete Verschiebung der Reflektionsminima mit veränderlicher Bruchposition<br />
ermittelt. Ebenfalls konnte bei Simulation eines Bündels von 5 Stäben der Länge 8,20 m, bei<br />
dem ein Stab einen Bruch nach 6,20 m aufweist, dieser klar am Reflektionsspektrum erkannt werden.<br />
Weitere Simulationen befassten sich mit der Ankopplung des elektromagnetischen Signals in<br />
die Spannstahlanordnung. Hier wurde gezeigt, dass bei der im theoretischen Fall einfach zu realisierenden<br />
Impedanzanpassung nicht nur die Länge des angeregten Stabes, sondern auch die der benachbarten<br />
Stäbe aus dem Reflektionsspektrum detektierbar wird. Um den Messaufwand auf das<br />
Monitoring nur eines Stabes zu reduzieren, sollte daher eine geeignete Schaltung konzipiert und<br />
erprobt werden, die eine ausreichende Anpassung gewährleistet.<br />
2.2 Angewandte Methoden<br />
2.2.1 Feuchtesensoren<br />
Die bestehenden Sensoren wurden sowohl im Labor als auch in ESB getestet. Insbesondere wurde<br />
ihre Temperaturabhängigkeit und Alterungsbeständigkeit untersucht. Die gewonnenen Erkenntnisse<br />
dienten der Optimierung. Der Fokus lag auf den besonders empfindlichen resonanten Sensoren.<br />
Für die Feuchtedetektion wurden in der ersten FP als Sensorsubstanz volumenbehaftete Materialien<br />
(poröse Keramiken, Zementstein) verwendet. Der selektive Nachweis von Ionen mittels Koextraktion<br />
verlangt dagegen nach Polymeren, die sich jedoch nur in Form von Membranen herstellen lassen.<br />
Hierfür wird ein festes Polymergranulat zunächst in Lösung gebracht. Das Lösungsmittel wird<br />
anschließend kontrolliert verdampft. Die erhaltenen Membranen sind allerdings sehr dünn. Sie lassen<br />
sich deshalb – auch mit dem dafür in der ersten Förderperiode entwickelten breitbandigen Sensor<br />
(vgl. Abbildung 3) – nicht mit der erforderlichen Genauigkeit charakterisieren. Um dieses<br />
Problem zu lösen, wurden systematisch<br />
planare Resonatoren untersucht – zunächst<br />
nur mit feuchtesensitiven Poly-<br />
meren [PAWLAK et al. <strong>2001</strong>]. Ziel<br />
dieser Forschungen war es festzustellen,<br />
wie dick die auf dem Resonator<br />
aufgebrachte Membran mindestens sein<br />
muss, damit die darüber liegende<br />
Schicht (z.B. das Baumaterial) das<br />
Messergebnis nicht verfälscht. Als besonders<br />
geeignet hat sich der Ringresonator<br />
nach Abbildung 4 herausgestellt.<br />
�<br />
r<br />
Polymer<br />
Ringresonator<br />
(3)<br />
Abbildung 4: Planarer Ringresonator und aufgebrachtes<br />
Polymer.
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
Nach erfolgtem Entwurf wurde das Prinzip mit verschiedenen feuchtesensitiven Polymeren verifiziert.<br />
2.2.2 Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen<br />
Die selektive Detektion einzelner Ionenspezies mittels Mikrowellen ist ein völlig unerschlossenes<br />
Forschungsgebiet. Der hier verfolgte Ansatz basiert auf einer chemischen Substanz, die selektiv nur<br />
eine bestimmte Ionenspezies aus der Messumgebung aufnimmt und dadurch ihre dielektrischen<br />
Eigenschaften verändert. Eine solche Veränderung kann dann mikrowellentechnisch detektiert werden.<br />
Aufgrund der Neuartigkeit des Ansatzes konnte nicht auf Ergebnisse in der Literatur zurückgegriffen<br />
werden. Vielmehr wurden die unterschiedlichen chemischen Konzepte (Koextraktion und J-<br />
Aggregation) eingehend experimentell untersucht.<br />
Die Eignung von breitbandigen Mikrowellensensoren zur nichtselektiven Detektion von Ionen in<br />
Beton wurde bereits in der ersten FP gezeigt. In der zweiten FP wurde ebenfalls die Möglichkeit zur<br />
Verwendung der schmalbandigen Sensoren nachgewiesen [SOKOLL et al. 2002]. Da es sich hierbei<br />
um einen nichtselektiven Prozess handelt, wurden weiterhin systematisch unterschiedliche Filtermembranen<br />
auf ihre Eignung hin getestet, ein- und mehrwertige Ionen voneinander zu trennen,<br />
um somit zumindest eine eingeschränkte Selektivität zu erreichen.<br />
2.2.3 Brucherkennung und -ortung an Spannstählen<br />
Es wurde, wie geplant, eine Anpassschaltung konzipiert und dimensioniert. Parallel hierzu wurden<br />
die experimentellen Arbeiten aus TP C2 begleitet. So wurden Sensoren zur Messung der DK in den<br />
ESB zur Verfügung gestellt. Weiterhin umfassten diese Aktivitäten die Adaptierung der Auswerte-<br />
Software an die praktischen Erfordernisse. Hinzu kam schließlich die Unterstützung bei der Durchführung<br />
der Messungen und der Interpretation der Messergebnisse. Hierbei stellte sich heraus, dass<br />
unter praktischen Bedingungen eine Optimierung der Anpassschaltung wenig wirksam ist, denn die<br />
Ionenleitfähigkeit im Beton beeinträchtigt maßgeblich die Empfindlichkeit der Messung in den interessierenden<br />
Frequenzbereichen. Tatsächlich mussten die Modelle für die Interpretierbarkeit der<br />
Ergebnisse um diesen Effekt erweitert werden.<br />
2.2.4 Das Messsystem<br />
2.2.4.1 Automatisiertes portables System<br />
Um mit den unterschiedlichen Sensoren häufige Messungen mit vertretbarem Zeitaufwand zu ermöglichen,<br />
ist ein portables, automatisiertes Messsystem erforderlich. Ein solches System beinhaltet<br />
einen Steuerrechner, einen vektoriellen Netzwerkanalysator (VNA) und zur Vervielfachung der<br />
Messkanäle des VNA einen Koaxialschalter.<br />
Für die Programmierung der Steuersoftware wurde die Wahl der Softwareplattform mit TP C1a<br />
abgestimmt. Die Integration zu einem gemeinsamen in-situ-Messdatenerfassungssystem ist daher<br />
problemlos möglich.<br />
2.2.4.2 Konzipierung eines integrierten Systems<br />
Für die Anwendung im Bauwesen eignet sich das unter 2.2.4.1 beschriebene System nicht. Dieses<br />
liegt zum einen an den hohen Kosten der benötigten Komponenten. Zum anderen verfügen die<br />
VNA über eine Genauigkeit, die nicht zwingend erforderlich ist. Insbesondere bei der Auswertung<br />
der resonanten Sensoren ist das Messen des Reflektionsfaktors nach Betrag und Phase nicht notwendig.<br />
Eine reine Betragsmessung liefert alle erforderlichen Daten. Im Folgenden wurden daher<br />
Konzepte untersucht, bei denen die Betragsmessung unter Bauwerksbedingungen möglichst einfach<br />
- 170 -
- 171 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
und somit kostengünstig realisiert werden kann. Es wurden systematisch unterschiedliche Konzepte<br />
auf ihre Eignung zur Erzeugung und Verteilung des Mikrowellensignals, zur Datenübertragung und<br />
Integrierbarkeit hin vergleichend untersucht.<br />
2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
2.3.1 Feuchtesensoren<br />
2.3.1.1 Helixsensoren<br />
Schicht 2<br />
Schicht 3<br />
(Helixhalter)<br />
Schicht 1<br />
r<br />
Den optimierten Sensoraufbau zeigt<br />
Abbildung 5 [JANNSEN et al.<br />
<strong>2001</strong>b]. Die Schichten 1 bis 4 dienen<br />
der variablen Anpassung des Sensors.<br />
Anders als in Abbildung 2 ist die Helixhalterung<br />
hier nicht direkt in das zu<br />
untersuchende Material eingebettet.<br />
Die Ankopplung der Helix an das<br />
sensitive Material (Schicht 4) wird<br />
über die Schicht 3 verringert. Dieses<br />
bewirkt eine kleinere Verschiebung<br />
der Resonanzfrequenz, aber eine höhere<br />
Güte. Die Ankopplung der Helix<br />
an die Koaxialleitung wird über die<br />
Abstandsschicht 1 und die Verlängerung<br />
des Innenleiters der Koaxiallei-<br />
tung um e eingestellt. Durch diese Maßnahmen konnte die Empfindlichkeit des Sensors entscheidend<br />
verbessert werden. Dieses demonstriert sehr deutlich Abbildung 6. Zur besseren Vergleichbarkeit<br />
beziehen sich beide Spektren auf ihre jeweilige Resonanzfrequenz. Die Verbesserung ist so<br />
groß, dass bei Auftragung typischer Resonanzspektren der Sensoren beider Generationen in einem<br />
Diagramm das Resonanzspektrum des Sensors der ersten Generation kaum noch als solches zu erkennen<br />
ist.<br />
S 11 �<br />
0<br />
dB<br />
-2<br />
-4<br />
Helix<br />
e<br />
a b c d<br />
r min, H1 = -0,65 dB<br />
Schicht 4<br />
sensitives Material<br />
Abbildung 5: Zweite Generation des Helixsensors .<br />
-6<br />
-8<br />
Sensoren der<br />
ersten Generation<br />
-10<br />
r = -11,25 dB<br />
min, H2<br />
-12<br />
-200 -100 0<br />
zweiten Generation<br />
100 MHz 200<br />
relative Frequenz �<br />
Abbildung 6: Spektren der unterschiedlichen Sensorgenerationen.<br />
Das Eindringen von Porenlösung führte bei den Sensoren nach Abbildung 2 zu häufigen Ausfällen.<br />
Mit dem optimierten Aufbau nach Abbildung 5 konnte durch geeignetes Verspannen der Helixhalterung<br />
eine Abdichtung gegenüber der Messumgebung erreicht werden. Für die Helixhalterung
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
wurde wegen seiner hervorragenden Hochfrequenzeigenschaften Teflon verwendet. Auch bei den<br />
mechanisch stark beanspruchten Sensoren, die in den ESB getestet wurden, waren nun keine weiteren<br />
Ausfälle mehr zu verzeichnen.<br />
2.3.1.1.1 Laborversuche zu den Helixsensoren<br />
Um definierte Testbedingungen zu schaffen, wurden die optimierten Sensoren eingehend im Labor<br />
untersucht. Dafür wurden unterschiedliche Zementblöcke tiefengestaffelt mit Sensoren ausgestattet.<br />
Um die Eignung der Sensoren auch für den nachträglichen Einbau in bestehende Bauwerke zu<br />
überprüfen, wurden sie nicht nur direkt bei Betonage, sondern auch mittels Injektionspackern in den<br />
Betonblöcken befestigt (siehe Abbildung 7).<br />
PE-Rohre für<br />
PE-pipes for<br />
nachträglichen<br />
subsequent<br />
Einbau<br />
installation<br />
700 mm<br />
Mikrowellenkabel<br />
microwave cable<br />
microwave Mikrowellen-<br />
sensors sensoren<br />
Tabelle 1: Übersicht der im Labortest verwendeten Sensoren.<br />
Tabelle 1 zeigt die Art des<br />
Einbaus sowie Einbautiefe<br />
Sensorbezeichnung Block Einbautiefe Art des Einbaus (Abstand zwischen dem<br />
h1 1 10 mm direkt<br />
Boden des Betonblockes<br />
und Sensorkopf) der hier<br />
h2 2 10 mm direkt betrachteten Sensoren. In<br />
h3 1 10 mm nachträglich<br />
beiden Blöcken wurde je 1<br />
Sensor direkt bei der Beto-<br />
h4 2 5 mm / 10 mm nachträglich nage eingesetzt, während<br />
der zweite mit einem Injektionspacker<br />
in einbetonierte<br />
PE-Hüllrohre eingesetzt wurde. Die Einbautiefe betrug bei allen Sensoren bis auf h4 10 mm. Die<br />
Ergebnisse dieser Versuche sind in Abbildung 8 dargestellt. Die direkt eingebauten Sensoren h1<br />
und h2 zeigten bei Messbeginn bedingt durch den längeren Kontakt mit der Messumgebung einen<br />
hohen Feuchtewert. Der Sensor h2 detektierte zudem eine Feuchtewert oberhalb von 100 %. Dieses<br />
bedeutet, dass freies Wasser bei der Herstellung des Betonkörpers in den Sensor vorgedrungen war.<br />
Es wurden somit Feuchtigkeitswerte detektiert, die außerhalb der Kalibrierkurve liegen. Im weiteren<br />
Verlauf zeigten alle Sensoren das Austrocknen beider Blöcke an. Während die Sensoren h1, h2<br />
und h3 (gleich Einbautiefe) einen Wert von 65 � 1 % rel. LF an zeigten, ergab sich bei Sensor h4<br />
ein niedrigerer Wert, da er sich näher an der Oberfläche befand. Die Bewässerung von Block 1 nach<br />
- 172 -<br />
direct direkt<br />
subsequent<br />
nachträglich<br />
200 mm<br />
Abbildung 7: Direkt und nachträglich eingebaute Helixsensoren in Betonprobekörper.
- 173 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
115 Tagen wurde von beiden Sensoren h1 und h3 angezeigt. Der direkt eingebaute Sensor h1 kam<br />
hierbei wieder mit freiem Wasser in Berührung. Um schließlich die Funktionsfähigkeit des Sensors<br />
h4 zu kontrollieren, wurde er aus Block 2 entfernt und mit einer Einbautiefe von 10 mm in den bewässerten<br />
Block 1 verbracht. Der Sensor pegelte sich nach etwa 25 Tagen auf den gleichen Wert<br />
wie der ebenfalls nachträglich eingebaute Sensor h3 ein. Nach Beenden der Bewässerung detektierten<br />
alle im Block 1 befindlichen Sensoren den daraufhin einsetzenden Trocknungsprozess. Als Fazit<br />
dieser umfangreichen Versuche ist die Eignung der Helixsensoren zur Detektion von Feuchte in<br />
Beton festzustellen.<br />
relative Luftfeuchte ��<br />
100<br />
%<br />
75<br />
50<br />
25<br />
freies Wasser<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180 200 220 d 240<br />
2.3.1.1.2 Helixsensoren in den Ersatzbauwerken<br />
Neben den Tests unter kontrollierten Bedingungen<br />
im Labor wurden die Sensoren auch<br />
in das ESB vom Typ Hohes C des TP B9<br />
eingebracht. Die Abmessungen des ESB<br />
sind in Abbildung 9 dargestellt. Das ESB<br />
wurde mit unterschiedlichen Lösungen beaufschlagt,<br />
und durch das Verspannen wurden<br />
zusätzliche Risse im Beton erzeugt. Betrachtet<br />
werden im Folgenden drei Sensoren,<br />
die tiefengestaffelt bei Einbautiefen von<br />
12 mm, 15 mm und 21 mm in die frei bewitterte<br />
Zone (siehe Markierungen in Abbildung<br />
9) des zweiten ESB vom Typ Hohes C<br />
eingebaut wurden. Der Abstand zwischen<br />
den einzelnen Sensoren betrug 10 cm. Die<br />
Sensoren wurden mittels Injektionspackern<br />
in das Bauwerk eingebracht und konnten<br />
Zeit ��<br />
Abbildung 8: Ergebnisse zu den Laborversuchen der getesteten Helixsensoren.<br />
2.20 m<br />
2 4<br />
Na SO<br />
4 3<br />
NH NO<br />
Säure<br />
1.50 m<br />
h1 (10 mm)<br />
h2 (10 mm)<br />
h3 (10 mm)<br />
h4 ( 5 / 10 mm)<br />
NaCl<br />
0.25 m 0.23 m<br />
1.00 m<br />
Abbildung 9: Beaufschlagtes und<br />
vorgespanntes Ersatzbauwerk Hohes C.<br />
0.23 m<br />
Zugang zu<br />
den Sensoren
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
somit wieder entnommen und im Labor eingehend untersucht werden. Der Einbau der ersten Helixsensoren<br />
mit optimierter Ankopplung erfolgte im September 2000. Die Sensoren wurden über einen<br />
Zeitraum von 930 Tagen getestet, bevor sie im Labor untersucht wurden. Die Ergebnisse sind in<br />
Abbildung 10 dargestellt. Nach stark unterschiedlichen Startwerten pegelten sich die Sensoren Anfang<br />
<strong>2001</strong> auf rel. LF-<br />
Werte zwischen 74 %<br />
und 87 % ein. Danach<br />
zeigte Sensor H2 deutlich<br />
andere Werte an<br />
als die Sensoren H1<br />
und H3. Die mit H2<br />
detektierte rel. LF stieg<br />
innerhalb eines Monates<br />
stark an. Die Messergebnisse<br />
lassen auf<br />
das lokale Auftreten<br />
von freiem Wasser<br />
schließen. Durch das<br />
Vorspannen des ESB<br />
bilden sich zufällig<br />
Risse aus, die Trans-<br />
rel. LF. �<br />
100<br />
%<br />
50<br />
0<br />
<strong>2001</strong><br />
freies Wasser<br />
0 200 400<br />
Zeit �<br />
600 800 d 1000<br />
Abbildung 10: Ergebnisse der Helixsensoren im ESB.<br />
- 174 -<br />
2002<br />
Sensor / Einbautiefe<br />
H1 / 21 mm<br />
H2 / 15 mm<br />
H3 / 12 mm<br />
<strong>2003</strong><br />
portkanäle für das von außen zugeführte Wasser darstellen. Sensor H2 liegt demnach im Bereich<br />
eines Risses, H1 und H3 nicht. Bei ihnen liegen die rel. LF-Werte im erwarteten Bereich, und die<br />
Sensoren reagieren tendenziell gleich. Diese Tatsache weist auf die Funktionsfähigkeit der Sensoren<br />
hin, was durch die nachträgliche Überprüfung im Labor bestätigt wurde. Bei Entnahme der<br />
Sensoren und anschließender Kontrolle im Klimaschrank zeigten alle Sensoren allerdings Abweichungen<br />
von den bei Messbeginn aufgenommenen Kalibrierkurven.<br />
� Temperatur<br />
Als Ursache für dieses Verhalten<br />
wurde die mangelnde<br />
thermische Stabilität des für<br />
die Helixhalterung verwendeten<br />
Teflons vermutet. Dieses<br />
wurde daraufhin eingehend<br />
im Labor untersucht.<br />
Dafür wurden zwei Sensoren<br />
bei konstanter rel. LF in eine<br />
Temperaturkammer ge-<br />
2.69<br />
GHz<br />
2.68<br />
2.67<br />
2.66<br />
fres Temperatur<br />
150<br />
°C<br />
100<br />
50<br />
bracht. Die Temperatur<br />
wurde in Stufen zwischen - 2.65<br />
0<br />
20 °C und 80 °C geändert,<br />
und die Resonanzfrequenz<br />
0 10 20 30 40 50 60 70d80 wurde gemessen. Das Er-<br />
Zeit �<br />
gebnis ist in Abbildung 11<br />
dargestellt. Es besteht keine<br />
Abbildung 11: Irreversibles Verhalten bei Verwendung von Teflon.<br />
Korrelation zwischen Temperatur und Resonanzfrequenz. Außerdem zeigt der Sensor kein reversibles<br />
Verhalten.<br />
f res �
Als Nächstes wurden Sensoren<br />
komplett ohne Teflon aufgebaut.<br />
Insbesondere wurden<br />
für die Helixhalterung andere<br />
Materialien verwendet. Weil<br />
die dielektrischen Eigenschaften<br />
meist nur bei 1 MHz<br />
angegeben werden, wurden<br />
die wegen ihrer günstigen<br />
thermischen Eigenschaften<br />
ausgewählten Materialien<br />
zunächst breitbandig mit dem<br />
zur Verfügung stehenden<br />
Hohlleitersensor bis 6 GHz<br />
untersucht. Es zeigte sich,<br />
dass mit den ausgewählten<br />
Materialien die Sensoren reversibel<br />
funktionierten. Ab-<br />
f res �<br />
3.03<br />
GHz<br />
3.02<br />
3.01<br />
- 175 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
3.00<br />
2.99<br />
10<br />
2.98<br />
2.97<br />
0 2<br />
fres Temperatur<br />
4 6 8 10<br />
0<br />
-10<br />
12 h 14<br />
Zeit �<br />
Abbildung 12: Reversibles Verhalten bei Verwendung einer<br />
Keramik als Helixhalter.<br />
bildung 12 zeigt stellvertretend die Ergebnisse eines Temperaturversuchs unter Verwendung einer<br />
Helixhalterung aus der Keramik C-STOCK AK-10 der Fa. Cuming Microwave Corporation.<br />
Diese Versuche bestätigen, dass Teflon für den Aufbau der Sensoren nicht geeignet ist. Die oben<br />
dargestellten Ergebnisse dokumentieren hier eine wesentliche Verbesserung, die auch für den Einsatz<br />
des Sensors im integrierten in-situ-Messsystem entscheidend ist.<br />
2.3.1.2 Ringresonator<br />
Unter einer Vielzahl von planaren Resonatoren hat sich der planare Ringresonator (vgl. Abbildung<br />
4) als besonders empfindlich herausgestellt. Die auf dem Resonator aufliegende Membran tritt<br />
in Wechselwirkung mit der Umgebung und verändert dadurch ihre dielektrischen Eigenschaften.<br />
Dies bewirkt eine Verschiebung der Resonanzfrequenz. Die Resonanzfrequenz eines solchen Resonators<br />
folgt aus:<br />
f<br />
res<br />
c<br />
� n �<br />
2�<br />
� r<br />
0<br />
m<br />
�<br />
e<br />
30<br />
°C<br />
20<br />
. (3)<br />
Hier ist c0 die Vakuumlichtgeschwindigkeit, n die Ordnung der Resonanz, rm der mittlere Radius<br />
des Ringresonators und �e die effektive DK. Letztere ist insbesondere eine Funktion der Höhe und<br />
der DK des Substrates, sowie der Eigenschaften des Polymers. Bei richtiger Dimensionierung wird<br />
sie nicht von der angrenzenden Umgebung beeinflusst. Die Ergebnisse einer systematischen Parameterstudie<br />
mittels einer Vollwellenanalyse sind in [PAWLAK et al. 2002] zusamengefasst. Als<br />
umgebendes Medium wurde willkürlich Luft angenommen, während für die Membran eine DK von<br />
4 angesetzt wurde. In Abbildung 13 ist die auf den Maximalwert �fres, max bezogene Resonanzfrequenzverschiebung<br />
�fres (�fres, rel = �fres / �fres, max) über der Dicke der Membran aufgetragen. Um<br />
auch bei dünnen Membranen eine möglichst geringe Abhängigkeit von den Umgebungseinflüssen<br />
zu gewährleisten, muss das Substrat eine hohe DK und eine geringe Dicke aufweisen – im Beispiel<br />
10,8 und 0,254 mm. Dann reicht für �fres > 0.9 �fres, max bereits eine Membrandicke von 0,5 mm.<br />
� Temperatur
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
� f res, rel �<br />
1.0<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.0<br />
0 1 2 3 mm 4<br />
h mem �<br />
Abbildung 13: Änderung der relativen Frequenzverschiebung über der Membrandicke mit der<br />
DK (links) oder der Höhe des Substrates (rechts) als Parameter.<br />
Nach dieser aufwändigen theoretischen Modellierung wurde der Sensor mittels herkömmlicher Lithografie<br />
und Ätzprozesse hergestellt und mit unterschiedlichen feuchtesensitiven Polymeren getestet.<br />
Abbildung 14 zeigt Er-<br />
gebnisse, die mit einer 0,25 mm<br />
dicken polyHEMA-Schicht erzielt<br />
wurden. Mit gesättigten<br />
Salzlösungen wurden definierte<br />
Feuchtewerte eingestellt. Der<br />
Sensor zeigte über den gesamten<br />
Feuchtebereich von 0 % bis<br />
100 % rel. LF eine Frequenzverschiebung<br />
von über 200 MHz.<br />
Die größte Empfindlichkeit liegt<br />
hierbei in dem bauwerksrelevanten<br />
Feuchtebereich zwischen<br />
60 % und 100 % rel. LF.<br />
� r, sub = 10.80<br />
� r, sub = 6.15<br />
� r, sub = 2.20<br />
f res �<br />
2.60<br />
GHz<br />
2.55<br />
2.50<br />
2.45<br />
2.40<br />
2.35<br />
� f res, rel �<br />
2.3.2 Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen<br />
2.3.2.1 Ionenselektive Sensoren<br />
Die Detektion schädigender Ionen in der Bauwerksüberwachung ist ein international vielbeachtetes<br />
Thema. Im Folgenden werden hierzu zwei neuartige Konzepte und Ergebnisse präsentiert.<br />
Es fanden umfangreiche Tests von ionenselektiven als auch ionensensitiven Membranen beziehungsweise<br />
Gels statt. Zum sensitiven Nachweis einzelner Ionenspezies mittels Mikrowellen wurde<br />
die Eignung des bekannten und vielversprechenden Prinzips der Koextraktion untersucht. Hierbei<br />
wird in eine vorzugsweise hydrophobe Membran ein ionenspezifischer Indikatorstoff eingebracht.<br />
Bei Aufnahme einer bestimmten Ionenspezies und geeigneter Gegenionen verändern sich die Polarität<br />
des Indikators und die des Ionophors und somit auch die dielektrischen Eigenschaften der<br />
Membran. Da a priori nicht bekannt ist, in welchem Frequenzbereich die größte Empfindlichkeit zu<br />
erwarten ist, wurde ein breitbandiger Sensor verwendet (siehe Abbildung 3), der von 0 bis 18 GHz<br />
einsetzbar ist.<br />
- 176 -<br />
1.0<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.0<br />
h sub = 0.254 mm<br />
h sub = 1.270 mm<br />
h sub = 2.540 mm<br />
0 1 2 3 mm 4<br />
h mem �<br />
0 20 40 60 80 % 100<br />
rel. LF. �<br />
Abbildung 14: Resonanzfrequenzverschiebung über rel. LF.
- 177 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
Der Schwerpunkt der Untersuchungen zu ionensensitiven Materialien wurde auf die Chloriddetektion<br />
gelegt. Diese Gewichtung trägt dabei der Relevanz dieser korrosiv einwirkenden Spezies für<br />
die Bauwerksüberwachung Rechnung. Die ersten untersuchten Ionophore gehören zur Gruppe der<br />
Zinnorganyle, während als Indikator ein Fluorescein-Derivat verwendet wurde. Diese Ionophor-<br />
Indikator-Kombination hat sich im alkalischen Medium als nicht tauglich erwiesen. Daher wurden<br />
im nächsten Schritt aus der Literatur bekannte Organoquecksilberverbindungen untersucht<br />
[ROTHMAIER et al. 1996]. Diese sind für Anwendungen im optischen oder Mikrowellenbereich<br />
nur unter sehr hohem Aufwand zu synthetisieren. Die systematischen Testmessungen konnten trotz<br />
erwiesener Eignung des Sensoraufbaus keinen Funktionsnachweis der sensitiven Membran erbringen.<br />
Der Grund liegt wiederum in mangelnder pH-Stabilität. Es wurde somit gezeigt, dass das Prinzip<br />
der Koextraktion nicht zur sensitiven Detektion von Ionen im Mikrowellenbereich geeignet ist.<br />
In der Folge wurde das aus anderen Anwendungen bekannte chemische Prinzip der J-Aggregation<br />
Abbildung 15: Bildung (Abbau) von J-Aggregaten unter Zugabe (Abnahme) von Chloriden.<br />
auf seine Tauglichkeit für Mikrowellen untersucht [BERLEPSCH et al. 2000]. J-Aggregate entstehen<br />
durch die Ausrichtung ungeordneter polarer Monomere zu geordneten Strukturen unter der Zugabe<br />
einer bestimmten Ionenspezies (Abbildung 15). Da eine Neuordnung<br />
die Polarität des Gesamtmediums ändert, ist eine Verringerung<br />
der DK zu erwarten. Ein Vorteil dieser Methode besteht in<br />
der Möglichkeit, die zur J-Aggregation befähigten Materialien<br />
nicht nur in planaren Membranen, sondern auch in voluminöse<br />
Gels einbetten zu können. Als Wirtsmaterial wurde eine auf Polyvinylalkohol<br />
(PVA) basierende Matrix gewählt. Diese weist eine<br />
variabel einzustellende Vernetzungsstruktur auf. Das Auswaschen<br />
des sensitiven Materials kann somit gezielt verhindert werden. Die<br />
Verwendung von PVA vereinfacht den Sensoraufbau auch dahingehend,<br />
dass das entstehende Gel den Sensorkopf komplett umfasst<br />
(Abbildung 16). Ein Stofftransport entlang der Schnittstelle Sensor<br />
/ Gel kann ausgeschlossen werden. Es konnte somit auf die bestehenden<br />
Koaxialsensoren zurückgegriffen werden, welche eine mo-<br />
dellbasierte Extraktion der DK ermöglichen und somit eine physikalische<br />
Deutung der Messergebnisse zulassen. Die Herstellung<br />
des Gels bedurfte zunächst einer aufwändigen Optimierung. Hier-<br />
Abbildung 16: Messaufbau<br />
zum Test der J-Aggregate.<br />
bei stellten sich insbesondere die Parameter Molekülgewicht des PVA, die Temperatur des Herstellungsprozesses<br />
und die Konzentration des Vernetzers als entscheidende Größen heraus. Nachdem<br />
die Gels eine ausreichende Stabilität erreicht hatten, wurden systematische Versuche zur deren<br />
Charakterisierung unternommen. Die zu verändernden Parameter waren die Ionenkonzentrationen
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
sowie der pH-Wert. Die Versuche ergaben, dass der Sensor nicht nachweisbar selektiv auf Chloridionen<br />
reagierte, sondern vielmehr auf die veränderte Leitfähigkeit in Abhängigkeit der zugeführten<br />
Ionenkonzentrationen. Zur Verifikation der Messergebnisse wurden Gels ohne sensitive Materialien<br />
getestet. Die wichtigsten Ergebnisse sind in Abbildung 17 dargestellt. Wie deutlich zu erkennen ist,<br />
unterscheiden sich die Sensorantworten der mit Gels ummantelten Sensoren nur geringfügig<br />
voneinander, wobei die Tendenzen denen des unbeschichteten Sensors ähneln. Dieser Effekt wurde<br />
auch bei Beaufschlagung der Sensoren mit anderen Salzen beobachtet. Mögliche Effekte der J-<br />
Aggregate auf die DK werden offensichtlich von der DK der eindringenden Lösung überdeckt. Die<br />
maximale, für die Bildung von J-Aggregaten nicht zu überschreitende, erzielbare Konzentration an<br />
sensitivem Material ist offenbar zu gering.<br />
Realteil (DK) �<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
0<br />
0 20 40 60 80 h 100 0 20 40 60 80 h 100<br />
Zeit �<br />
Zeit �<br />
Abbildung 17: Real- (links) und Imaginärteil (rechts) der DK eines Gels nach<br />
Chloridbeaufschlagung.<br />
2.3.2.2 DK-Sensoren<br />
Gel+sensitives Material<br />
Gel<br />
Ohne Gel<br />
Da die chemischen Prinzipien zur ionenselektiven Detektion nicht die gewünschten Ergebnisse<br />
zeigten, wurden die bestehenden Sensorkonzepte auf ihre Eignung untersucht. Zunächst wurde ein<br />
Helixsensor für eine Resonanzfrequenz von 800 MHz dimensioniert und getestet [SOKOLL et al.<br />
2002]. Als Messgröße wurde der Betrag des Reflektionsfaktors in Resonanz herangezogen. Die<br />
Funktionalität konnte nachgewiesen werden. Änderungen der Chloridkonzentration in einer Lösung<br />
konnte im Labor mit einer Genauigkeit von 0,03 M detektiert werden. Als problematisch hat sich<br />
die mangelnde Stabilität der zu diesem Zeitpunkt noch nicht vollständig optimierten Sensoren herausgestellt.<br />
Die Kalibrierung erwies sich in diesem Zusammenhang als eine besondere Herausforderung.<br />
Die mangelnde Stabilität verhinderte letztlich einen erfolgreichen Einsatz des Sensors in<br />
Beton wegen der dort vorherrschenden zahlreichen anderen Einflüsse.<br />
Bereits in der ersten Förderperiode wurde die prinzipielle Eignung der breitbandigen DK-Sensoren<br />
zur qualitativen Detektion von Ionen und Feuchte gezeigt [JANNSEN et al. <strong>2001</strong>a]. Im Folgenden<br />
wurde die Eignung der Koaxialsensoren zur Detektion von Ionen sowohl im Labor als auch in den<br />
ESB detailliert untersucht. Die Laboruntersuchungen umfassten typische bauwerksrelevante Salze.<br />
Der experimentelle Aufbau entspricht dem in Abbildung 16 dargestellten, wobei jedoch das Gel<br />
durch Zementstein ersetzt wurde. Zur Herstellung des Zementsteines wurde ein w/z-Verhältnis von<br />
0,45 gewählt. Die anschließende Lagerung bei einer Luftfeuchte von 100 % betrug zwei Tage gefolgt<br />
von einer viertägigen Trocknung. Der Sensor wurde sukzessive mit unterschiedlichen<br />
- 178 -<br />
Imaginärteil (DK) �<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100
Realteil {DK} �<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
Konzentration<br />
10<br />
0 1 2 3 4 5 GHz 6<br />
Frequenz �<br />
NaCl-Lösung:<br />
0.924 M<br />
1.232 M<br />
1.848 M<br />
2.464 M<br />
3.080 M<br />
3.696 M<br />
Abbildung 18: Änderung der DK mit zunehmender<br />
Salzkonzentration.<br />
- 179 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
Ionenkonzentrationen beaufschlagt, bis<br />
sich ein Gleichgewichtszustand eingestellt<br />
hatte. Abbildung 18 zeigt<br />
deutlich den Einfluss unterschiedlicher<br />
NaCl-Konzentrationen auf den Realteil<br />
der DK bei Frequenzen bis 6 GHz.<br />
Aufgrund der Trägheit der Wassermoleküle<br />
nimmt die DK mit wachsender Frequenz<br />
ab. Eine weitere Abnahme der DK<br />
wird durch den Zusatz von Salzen erreicht.<br />
Hier lagern sich Wassermoleküle<br />
um die Ionen an und verringern somit die<br />
Beweglichkeit, was sich in einer<br />
niedrigeren DK zeigt.<br />
Koaxialsensoren wurden auch schon in der ersten Förderperiode in den ESB eingesetzt. Eine fundierte<br />
Interpretation der Ergebnisse war allerdings wegen der Rissbildung in den vorgespannten<br />
Bauwerken problematisch. Aus diesem Grund wurde das 3. ESB des TP B9 zunächst nicht verspannt.<br />
Wiederum wurden Koaxialsensoren tiefengestaffelt mit Einbautiefen von 10 mm, 25 mm<br />
und 40 mm sowohl in die frei bewitterten Flächen als auch in die mit NaCl beaufschlagten Felder<br />
installiert. Die Sensoren wurden direkt bei Betonage im Bauwerk am Bewehrungsgitter befestigt.<br />
Die Ergebnisse sind in Abbildung 19 zusammengefasst.<br />
Realteil {DK} �<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Sensor / Einbautiefe<br />
NaCl 1 / 10 mm<br />
NaCl 2 / 25 mm<br />
NaCl 3 / 40 mm<br />
0<br />
01.02.03 01.04.03 01.06.03<br />
Datum �<br />
01.08.03<br />
0<br />
01.02.03 01.04.03 01.06.03 01.08.03<br />
Betoniert wurde am 30.01.<strong>2003</strong>. Bis Anfang Mai wurde das ESB in der Betonagehalle aufbewahrt.<br />
Die erste Messung erfolgte am 10.02.<strong>2003</strong>. Der noch nicht abgeschlossene Austrockungsprozess<br />
bewirkte tendenziell eine Abnahme der DK. In dem darauf folgenden Zeitraum bis zum Einsetzen<br />
der Bewässerung am 25.06.<strong>2003</strong> (erste Markierung in Abbildung 19) bleibt die DK weitgehend<br />
konstant. Das Einsetzen der Bewässerung führt bei dem Sensor NaCl_1 (Einbautiefe 10 mm) innerhalb<br />
von 14 Tagen zu einer Erhöhung des Realteils der DK um 11, während Sensor NaCl_2<br />
(Einbautiefe 25 mm) lediglich eine Änderung von 7 aufweist und Sensor NaCl_3 (Einbautiefe<br />
Imaginärteil {DK} �<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
Sensor / Einbautiefe<br />
NaCl 1 / 10 mm<br />
NaCl 2 / 25 mm<br />
NaCl 3 / 40 mm<br />
Datum �<br />
Abbildung 19: Ergebnisse von drei tiefengestaffelten NaCl-Sensoren bei einer<br />
Auswertefrequenz von 100 MHz.
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
40 mm) keine Änderung zeigt. Die Erhöhung des Realteils weist auf die Existenz von Wasser hin.<br />
Dieses wird durch kapillare Saugprozesse im Beton transportiert. Dabei werden ebenfalls Ionen an<br />
die Sensoren gespült, wie die Erhöhung des Imaginärteils zeigt. Am 08.07.<strong>2003</strong> wird das Feld zusätzlich<br />
mit einer gesättigten NaCl-Lösung beaufschlagt (zweite Markierung). Durch die vorherige<br />
Bewässerung sind an dem nun einsetzenden Stofftransport keine schnellen kapillaren Saugprozesse<br />
mehr involviert, sondern konzentrationsgetriebene Diffusionsprozesse. Dementsprechend reagiert<br />
lediglich der nahe der Oberfläche positionierte Sensor NaCl_1 mit einer deutlichen Zunahme des<br />
Imaginärteils. Dieses Verhalten entspricht den Erwartungen. Unerwartet hingegen ist das weitere<br />
Ansteigen des Realteils. Denn bei der Zugabe freier Ionen in Wasser positionieren sich die Wassermoleküle<br />
zu einer Hydrathülle um die Ionen [HASTED 1973]. In Lösung führt dies zu einer<br />
Verminderung des Realteils – ein Effekt der hier, im ESB, erst am 25.07.<strong>2003</strong>, d.h. 17 Tage nach<br />
Beaufschlagung gemessen wurde. Eine Beaufschlagung mit Ammoniumnitrat und Natriumsulfat in<br />
ähnlichen Versuchen ergibt nicht diese deutlichen Änderungen der DK. Zur Klärung der offenen<br />
Fragen sind Laboruntersuchungen geplant. Das Bauwerk wird zudem weiter beobachtet, wobei<br />
insbesondere die Detektion von Chloriden durch tieferliegende Sensoren kontrolliert werden muss.<br />
Die Eignung der DK-Sensoren zur Detektion von Ionenlösungen konnte somit nachgewiesen werden.<br />
Allerdings reagieren diese nicht selektiv auf einzelne Ionenspezies. Um dennoch die Trennung<br />
einwertiger von mehrwertigen Ionen zu realisieren, wurden erste Versuche mit Nanofiltrationsmembranen<br />
und Umkehrosmosemembranen<br />
durchgeführt. Beide Arten von Filtermembranen<br />
haben sich in der Trinkwasseraufbereitung<br />
unter extremen Umweltbedingungen bewährt.<br />
Sie werden zu diesem Zweck unter hohem<br />
Druck mit dem zu reinigenden Wasser überspült.<br />
Für die Beschreibung des Durchdringens<br />
der Membran stehen entsprechende Modelle<br />
zur Verfügung. Indes existieren keine Modelle,<br />
welche die Verwendung der Membran unter<br />
drucklosen Bedingungen beschreiben. Gerade<br />
diese Bedingungen sind es aber, unter denen<br />
ein kostengünstiger, einfach handhabbarer Sen-<br />
sor für das Bauwesen vorstellbar ist. Es wurden daher sowohl Nanofiltrations- als auch Umkehrosmosemembranen<br />
unter drucklosen Bedingungen untersucht. Den Versuchsaufbau illustriert Abbildung<br />
20. In ein geschlossenes Gefäß wird eine Salzlösung definierter Konzentration gegeben. Der<br />
Durchtritt der Lösung durch die Membran wird mittels des Koaxialsensors detektiert. Um Aussagen<br />
über die durchgetretene Ionenmenge machen zu können, ist eine ionenspezifische Kalibrierung des<br />
Koaxialsensors erforderlich. Zum Funktionsnachweis wurden zum einen einmolare NaCl-Lösungen<br />
(einwertige Ionen) und Natriumsulfat-Lösungen (zweiwertige Ionen) verwen-det. Mit den Nanofiltrat-ionsmembranen<br />
konnte ledig-lich ein zeitlich begrenzter Konzentrationsunterschied festgestellt<br />
werden. Letztlich kam es jedoch stets zum kompletten Austausch der Konzentrationen. Bei<br />
Umkehr-osmosemembranen hingegen, die eine noch feinere Porenstruktur aufweisen, konnte<br />
schließlich wiederholt eine deutliche Konzentrationsdifferenz zwischen einwertigen und zweiwerti-<br />
- 180 -<br />
Lösung<br />
Membran<br />
Koaxialsensor<br />
Abbildung 20: Messaufbau zum Testen von<br />
Filtrationsmembranen.
Konzentration �<br />
1.0<br />
M<br />
0.8<br />
0.6<br />
0.4<br />
0.2<br />
0.0<br />
0 4 8 12<br />
Zeit �<br />
16 d 20<br />
Abbildung 21: Durchgang ein- und zweiwertiger Ionen durch<br />
eine Umkehrosmosemembran.<br />
sich die Selektivität auch auf andere zwei- oder höherwertige Ionen ausweiten lässt.<br />
2.3.3 Brucherkennung und -ortung an Spannstählen<br />
- 181 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
gen Ionen festgestellt werden.<br />
Bei Verwendung einer einzelnen<br />
Membran kam es bei einer<br />
einmolaren NaCl-Lösung zum<br />
vollständigen Ausgleich, während<br />
eine einmolare Natriumsulfat-Lösung<br />
lediglich bis<br />
zu einer Konzentration von<br />
0.4 M durch die Membran hindurchtritt.<br />
Weitere Versuche<br />
werden zeigen, inwieweit sich<br />
dieses Verfahren durch die<br />
Verwendung mehrerer Membranen<br />
optimieren lässt und ob<br />
Für das elektromagnetische Verfahren zur Erkennung und Lokalisierung von Brüchen ist die<br />
Kenntnis der DK des die Stäbe umschließenden Materials notwendig. Es wurden daher in Zusammenarbeit<br />
mit TP C2 insgesamt 27 Koaxialsensoren zur Bestimmung der DK eingesetzt. Die Sensoren<br />
wurde regelmäßig ausgewertet und die Ergebnisse bildeten die Grundlage weiterer Simulationen.<br />
Die Modellierung der Brucherkennung und -ortung an Spannstählen wurde in der 2. FP entscheidend<br />
vorangetrieben.<br />
Neben der Erweiterung<br />
auf beliebig viele unterschiedlicheLeitungsabschnitte<br />
wurde auch die in<br />
Beton auftretende Leitfähigkeit<br />
in das Modell integriert.<br />
Dieser Schritt<br />
hatte erheblichen Einfluss<br />
auf die weiteren Forschungen.<br />
Insbesondere<br />
stellte sich heraus, dass<br />
bei steigender Leitfähigkeit<br />
die Dämpfung zunimmt<br />
(siehe Abbildung<br />
22) und damit die Mess-<br />
S 11 �<br />
0<br />
dB<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
-20<br />
-25<br />
NaCl<br />
Na 2 S0 4<br />
Leitfähigkeit<br />
0 25 50 MHz 75<br />
Frequenz �<br />
Abbildung 22: Resonanzspektren bei Variation der<br />
empfindlichkeit reduziert wird. Simuliert wurde die einfachst mögliche Anordnung bestehen aus<br />
einem Spannstahl der Länge 6,20 m. Die Leitfähigkeit wurde von 0,1 mS/m in drei Schritten um<br />
jeweils 0,1 mS/m erhöht. Der Realteil der DK wurde in dieser Simulation ohne Beschränkung der<br />
Allgemeinheit zu 1 angenommen. Der Abstand der Resonanzen bleibt nahezu konstant. In dem<br />
vorliegenden Fall liefert Gleichung 3 also auch bei leitfähiger Umgebung die richtige Länge. Dieses<br />
Ergebnis bestätigt den experimentellen Befund.<br />
Wegen der verringerten Messempfindlichkeit kann bei Anregung eines Stabes ein Bruch auf be-
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
nachbarten Stäben auch bei Optimierung der Anpassung nicht detektiert werden. Eine wichtige Erkenntnis<br />
ist also, dass die Spannstähle unter realen Bedingungen einzeln vermessen werden müssen.<br />
2.3.4 Messsystem<br />
Bei der Vielzahl der zur Verfügung stehenden Sensorkonzepte und Versuche ist zur effektiven Nutzung<br />
der hochempfindlichen und daher teuren Messgeräte notwendig, über ein geeignetes Messsystem<br />
zu verfügen. In der 2. FP wurden daher für den Laboreinsatz ein vielseitiges Messsystem<br />
aufgebaut und für den Einsatz am Bauwerk mehrere integrierte in-situ-Konzepte untersucht.<br />
2.3.4.1 Automatisiertes portables Messsystem<br />
Die zur Verfügung stehenden VNA HP8753d (HP) und Sitemaster S331b (Anritsu) besitzen jeweils<br />
zwei beziehungsweise einen Messkanal. Zum Multiplexing der Messkanäle ist es daher notwendig,<br />
Koaxialschalter zu verwenden. Diese werden synchron zu dem VNA über einen Rechner gesteuert.<br />
Die selbstprogrammierte Steuerung wurde äußerst flexibel gestaltet und erlaubt das automatische<br />
Auslesen sämtlicher Messkanäle. Mittels eines integrierten Webservers kann der Steuerrechner via<br />
Internet lokal unabhängig kontrolliert werden. Das Messsystem wurde während der zweiten Förderperiode<br />
fortlaufend weiterentwickelt. Besondere Entwicklungsschritte zur erhöhten Messgenauigkeit<br />
umfassen den Entwurf einer Schaltung zur Spannungsstabilisierung der Schalt- und Versorgungsspannungen<br />
des Koaxialschalters, sowie die messkanalspezifische Kalibrierung. Letztere garantiert<br />
eine gleichbleibende Genauigkeit der Messergebnisse trotz Integration des Koaxialschalters<br />
in die Messstrecke. Zur umfassenden Sensorcharakterisierung im Labor kann ebenfalls ein Klimaschrank<br />
angesteuert werden.<br />
2.3.4.2 Konzipierung eines integrierten Messsystems<br />
Das aufgebaute automatisierte portable Messsystem eignet sich aufgrund der hohen Anschaffungskosten<br />
nicht für die Dauerüberwachung einer Vielzahl von Sensoren, die weit verstreut über ein<br />
Bauwerk angeordnet sind. Hier sind vielmehr integrierte Lösungen erforderlich. In der zweiten FP<br />
wurden daher auf unterschiedlichen Konzepten basierende Systeme untersucht.<br />
Abb.23: Ein automatisiertes Mikrowellenmesssystem bestehend aus Rechner,<br />
Netzwerkanalysator (NWA), Koaxialschalter und ggf. Klimaschrank.<br />
- 182 -
- 183 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
Als ein erfolgversprechendes Konzept hat sich der Aufbau eines skalaren Netzwerkanalysators<br />
(SNWA) herausgestellt. Skalare Netzwerkanalysatoren messen den Betrag, nicht aber die Phase des<br />
Reflektionsfaktors und sind daher einfacher zu realisieren als VNA. Der Aufbau eines integrierten<br />
SNWA in dem interessierenden Frequenzbereich der resonanten Sensoren lässt sich mit diskreten<br />
Komponenten bewerkstelligen. Der SNWA kann sowohl mittels eines Koaxialkabels an den Sensor<br />
angeschlossen und dann an der Oberfläche des Bauwerkes verbleiben oder zusammen mit dem Sensor<br />
im Bauwerk eingelassen werden. In beiden Fällen ist die Datenauswertung via Funk oder Zweidrahtleitung<br />
möglich (siehe Abbildung 24 und 25).<br />
Weiterhin wurde ein neues Konzept entwickelt, welches den resonanten Sensor als Rückkopplung<br />
für einen Verstärker nutzt und somit gezielt zu Schwingungen der Gesamtschaltung führt. Änderungen<br />
in der Resonanzfrequenz können dann mittels einer Phase-Locked-Loop-Schaltung oder<br />
durch einen einfachen Frequenzzähler ermittelt werden. Eine solche Auswerteelektronik ist aus<br />
schaltungstechnischen Gründen direkt am Sensor zu integrieren (Abbildung 25).<br />
8 cm<br />
Elektronik<br />
Messen, DFÜ<br />
Sensor<br />
Koaxialkabel<br />
Beton<br />
Abbildung 24: Sensor mit<br />
herausgeführter Auswerteelektronik.<br />
Sensor<br />
Elektronik<br />
Beton<br />
Abbildung 25: Sensor mit integrierter<br />
Auswerteelektronik.<br />
Die Realisierung jedes der hier genannten Konzepte erfordert ein hohes Maß an Integration und die<br />
besondere Berücksichtigung der aggressiven Messumgebung.<br />
2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />
Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />
Die Entwicklung von Feuchtesensoren für unterschiedliche Anwendungsgebiete ist ein aktuelles<br />
Forschungsgebiet [TRABELSI et al. <strong>2001</strong>, DASCHNER 2002], aus dem bereits viele Anwendungen<br />
für industriell genutzte Feuchtemessverfahren hervorgingen. Zur Detektion von Feuchte in<br />
Bauwerken eigenen sich Mikrowellensensoren besonders gut, da durch die richtige Auswahl der<br />
Messfrequenz Störeinflüsse durch Ionen minimiert werden können [LESCHNIK 1999]. Mikrowellensensoren<br />
werden daher sowohl bei der Herstellung von Beton als auch bei der anschließenden<br />
Überwachung genutzt. Die existierenden Forschungsarbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> befassen sich<br />
mit Sensorkonzepten, welche sich aufgrund mangelnder Zerstörungsfreiheit, ihrer Größe oder hoher<br />
Kosten nicht für das Monitoring von Bauwerken eignen [KNÖCHEL et al. 1999].<br />
Obwohl die zerstörungsfreie Detektion schädigender Ionen in Bauwerken im Fokus aktueller Forschung<br />
steht [HAEBUM et al. 2002], liegen zur Zeit nur wenige Messverfahren vor. Die selektive<br />
Detektion wird vorwiegend mittels selektiver Elektroden durchgeführt. Diese sind allerdings aufwändig<br />
zu kalibrieren, benötigen eine Referenzelektrode und verfügen über eine begrenzte Lebensdauer<br />
[ELSENER et al. 1997, SCHIEGG 2002].<br />
Die Brucherkennung und -ortung an Spannstählen mittels resonanter Mikrowellenmessungen ist<br />
neuartig und wird zur Zeit nicht von anderen Forschungseinrichtungen untersucht. Stand der Tech-
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
nik sind vielmehr magnetische Methoden, bei denen der zu untersuchende Spannstahl durch ein<br />
externes magnetisches Feldes vormagnetisiert wird: Zur Bruchdetektion wird das vormagnetisierte<br />
Spannglied auf einen Wechsel der Polarität untersucht. Das Verfahren wird bereits in der Praxis<br />
eingesetzt, allerdings schließen sich einige Anwendungsfälle bei hoher Betonüberdeckung der<br />
Spannstähle aus.<br />
Vollautomatisierte Messsysteme zur Auswertung von Sensoren in Bauwerken sind bereits bekannt.<br />
So wurde ein Sensorsystem entwickelt, welches kapazitive Sensoren ausliest. Der kapazitive<br />
Feuchtesensor kann als verlorener Sensor in das Bauwerk integriert werden. Die Auswertung erfolgt<br />
über eine entsprechende Elektronik [SCHICKERT et al. 2002]. Nachteilig ist hierbei die<br />
Querempfindlichkeit kapazitiver Sensoren auf die Existenz von Ionen. Weiterhin wird über ein<br />
System berichtet, welches es erlaubt, Mikrowellenfeuchtesensoren breitbandig auszumessen<br />
[SACHS et al. 1999]. Das System ist allerdings trotz bereits erfolgter Integration sehr groß und entsprechend<br />
teuer in der Herstellung. Es liegt somit kein System vor, welches den spezifischen Anforderungen<br />
der hier vorgestellten Sensoren genügt.<br />
2.5 Offene Fragen<br />
Die Vielseitigkeit der hier präsentierten Ergebnisse zeigt deutlich den großen Forschungsbedarf und<br />
das große Potenzial der Mikrowellensensoren für die Bauwerksüberwachung. Es ergeben sich allerdings<br />
zahlreiche weitere Möglichkeiten für Optimierungen.<br />
2.5.1 Feuchtesensoren<br />
Die Feuchtesensoren sind weitgehend ausgereift. Zur weiteren Verbesserung sollen geeignete Materialien<br />
sowohl für die Helixhalterung, als auch für das sensitive Material untersucht und erprobt<br />
werden. Letzteres ist insbesondere auf bislang nicht berücksichtigte Hystereseeffekte zu untersuchen.<br />
Zur Ankopplung des Sensors an die integrierten Schaltungen sind ggf. weitere konstruktive<br />
Maßnahmen erforderlich.<br />
2.5.2 Mikrowellensensoren für chemische Einwirkungen<br />
Durch Verwendung der Umkehrosmosemembran in drucklosen Anwendungen wurde eine partielle<br />
Trennung zischen ein- und mehrwertigen Ionen erreicht. Ungeklärt ist zur Zeit, ob die Selektivität<br />
durch Verwendung mehrerer Membranen oder anderer Membranen mit leicht modifizierten Eigenschaften<br />
weiter optimiert werden kann. Offen ist weiterhin die Anwendbarkeit der Membranen in<br />
Sensorapplikationen für das Bauwesen und der Einwirkung der damit verbundenen aggressiven<br />
Messumgebung. Gegebenenfalls sind zahlreiche konstruktive Aufgaben zu lösen.<br />
2.5.3 Brucherkennung und -ortung an Spannstählen<br />
Die theoretische Modellierung ist sehr weit vorangeschritten. Bis dato noch ungeklärt ist allerdings<br />
die Anwendbarkeit der Modellierung auf reale Bauwerke, die komplexe Strukturen aufweisen können.<br />
Aus diesem Grund soll untersucht werden, inwieweit das bestehende Modell erweitert werden<br />
kann. Die Modellparameter hierfür sind aus einer komplexen und zeitaufwändigen numerischen<br />
Simulation durch eine kommerzielle Software zu gewinnen und dann in die eigene, numerisch sehr<br />
einfache Modellierung zu übernehmen.<br />
- 184 -
2.5.4 Messsystem<br />
- 185 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
Der Aufbau und die Optimierung des vollautomatischen portablen Messsystems zum Einsatz im<br />
Labor ist abgeschlossen. Im Hinblick auf das vollintegrierte System stehen mehrere, z.T. neuartige<br />
Konzepte zur Auswahl. Offen ist hier die Frage, ob eine zweidimensionale Integration ausreichend<br />
ist, oder ob vielmehr hochintegrierte dreidimensionale Schaltungstechniken zum Einsatz kommen<br />
müssen.<br />
2.6 Literatur<br />
BERLEPSCH, H., BÖTTCHER, C., QUART, A., BURGER, C., DÄHNE, S., KIRSTEIN, S.,<br />
2000: Supramolecular Structures of J-Aggregates of Carbocyanine Dyes in Solution, Journal Physical<br />
Chemistry B, 2000, 104, 5255-5262<br />
COCHRAN, S., HUTCHINS, D., GAN, T., WALSH, M., 2002: Ultrasound Measurements in Concrete<br />
with Piezocomposite Transducers and Real-Time Wideband Correlation for Signal Enhancement.<br />
NDT 2002 - The 41st Annual British Conference on NDT, Southport, England 2002<br />
DASCHNER, F., 2002: Multivariate Messdatenverarbeitung für die dielektrische Spektroskopie mit<br />
Mikrowellen zur Bestimmung der Zusammensetzung von Lebensmitteln. Dissertation, Christian-<br />
Albrechts-Universität zu Kiel, Shaker Verlag (Aachen), 2002<br />
ELSENER B., ZIMMERMANN, L., FLÜCKIGER, D., D. BÜRCHLER, BÖHNI, H., 1997: Nondestructive<br />
determination of the free chloride content in mortal and concrete. Proceedings, RILEM,<br />
International Workshop on chloride penetration in concrete, Lyon, France 1997, 17-26<br />
HAEBUM, Y., PATTON, M.E., GARRETT, J.H., FEDDER, G.K., FREDERICK, K.M., HSU, J.-<br />
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using NMR. Proceedings of SPIE, Vol. 4696, Smart Structures and Materials, San Diego, California,<br />
USA 2002, 310-321<br />
HASTED, J. B., 1973: Aqueous Dielectrics, John Wiley and Sons, New York, USA,<br />
ISBN 4122 0980081973, 163 -174<br />
HILLEMEIER, B., SCHEEL, H., 2002: Non-Destructive Location of Prestressing Steel Fractures<br />
in Post-Tensioned and Prestressed Concrete. Transportation Research Board (TRB), Washington<br />
D.C., USA 2002, 1-11<br />
KNÖCHEL R., DASCHNER, F., TAUTE, W., 1999: Mikrowellensensor zur präzisen Feuchtemessung<br />
an Bauteilen und Baustoffen. DGZfP-Berichtsband BB 69-CD, Feuchtetag ’99, Berlin 1999,<br />
(Poster 13) 1-9<br />
LESCHNIK, W., 1999: Feuchtemessung an Baustoffen – Zwischen Klassik und Moderne. DGZfP-<br />
Berichtsband BB 69-CD, Feuchtetag ’99, Berlin 1999, (Vortrag H2 13) 1-23<br />
ROTHMAIER, M., SCHALLER, U., MORF, W. E., PRETSCH, E., 1996: Response mechanism of<br />
anion-selective electrodes based on mercury organic compounds as ionophores, Analytica Chimica<br />
Acta, Vol. 327, 1996, 17 – 28<br />
SACHS, J., PEYERL, P., ROßBERG, M., 1999: A New UWB-Principle for Sensor Array Application.<br />
Proceedings of the 16 th IEEE Conference on Instrumentation and Measurement Technology,<br />
MTC/99, Volume: 3, Venezia, Italia 1999, 1390-1395
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
SCHICKERT, M., PEITSCH, P., RING, W., SCHMIDT, M., OESER, F., GRÄF, J., 2002:<br />
Einsatzmöglichkeiten autonomer Transpondersysteme für Messanwendungen im Bauwesen. Proceedings,<br />
Sensoren und Mess-Systeme 2002, 11. ITG/GMA-Fachtagung, Ludwigsburg 2002, 259-<br />
362<br />
SCHIEGG, Y., 2002: Online-Monitoring zur Erfassung der Korrosion der Bewehrung von Stahlbetonbauten.<br />
Dissertation, Eidgenössische Technische Hochschule Zürich, Schweiz 2002,<br />
http://e-collection.ethbib.ethz.ch/show?type=diss&nr=14583<br />
TRABELSI S., KRASZEWSKI A.W., NELSON S.O., <strong>2001</strong>: Optimizing a Universal Calibration<br />
Method for industrial Microwave Moisture Measurements. Proceedings, 4 th International Conference<br />
on Electromagnetic Wave Interaction with Water and Moist Substances, Weimar <strong>2001</strong>, 117-<br />
124<br />
2.7 Aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandene Vorträge und Veröffentlichungen der<br />
vergangenen 4 Jahre<br />
BUDELMANN, H., HARIRI, K., JACOB, A.F., JANNSEN, B., SCHNEIDER, G., WICHMANN,<br />
H.-J., <strong>2001</strong>: Detection and Localization of Fractures in Tendons by Means of Electromagnetic<br />
Resonance Measurement. Proc. 3 rd Int. Workshop on Structural Health Monitoring: the Demands<br />
and Challenges, Stanford, CA <strong>2001</strong>, 1333-1342<br />
JANNSEN, B., JACOB, A.F., 1999: Ein Mikrowellensensor zur in-situ-Messung von Feuchte in<br />
Beton. Proc. Feuchtetag ‘99, DGZfP, vol. BB 69-CD, Berlin 1999, (Poster 12) 1-7<br />
JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2000a: A Microwave-sensor for Monitoring the Moisture Content of<br />
Concrete. Proc. 5 th International Symposium on Non-destructive Testing in Civil Engineering -<br />
NDT-CE 2000, Elsevier, Tokyo, Japan 2000, 191-197<br />
JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2000b: Microwave Moisture Measurements on a Test-Building. Proc.<br />
XVI IMEKO World Congress, Wien, Österreich 2000, 239-244<br />
JANNSEN, B., JACOB, A.F., ATAEVA, A., <strong>2001</strong>a: Characterization of Ions Relevant for Concrete.<br />
Proc. 4 th International Conference on Electromagnetic Wave Interaction with Water and<br />
Moist Substances, Weimar <strong>2001</strong>, 454-461<br />
JANNSEN, B., JACOB, A.F., <strong>2001</strong>b: A Miniaturized Resonant Moisture Sensor. Proc. 31 st EuMC<br />
<strong>2001</strong>, vol. 3, London, England <strong>2001</strong>, 269-272<br />
JANNSEN, B., SOKOLL, T., GRAHN, W., JACOB, A.F., 2002a: Monitoring the Moisture Content<br />
of Buildings with Microwave Sensors. 11. ITG/GMA-Fachtagung Sensoren und Mess-Systeme<br />
2002, Ludwigsburg 2002, 111-114<br />
PAWLAK, H., JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2002: Systematic Design of Resonant Microstrip Sensors<br />
with Sensitive Coating. Microwave and Optical Technology Letters, vol. 32, no. 1, 21-25<br />
SCHNEIDER, G., JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2000: A Novel Broadband Transmission-Type<br />
Sensor. Proc. 25 th International Conference on Infrared and Millimeter Waves, Beijing, PR China<br />
2000, 449-450<br />
- 186 -
- 187 -<br />
C1b<br />
Jacob, Johannes<br />
SOKOLL, T., JANNSEN, B., JACOB, A.F., 2002: A Novel Sensor Design for Measuring Ion Concentrations<br />
in Concrete Structures. 11. Feuchtetag 2002, Weimar 2002, 36-46<br />
WIESE, S., KOWALSKY, W., JANNSEN, B., JACOB, A.F., WICHERN, J., GRAHN, W.,<br />
HARIRI, K., BUDELMANN, H., 1999: Innovative Sensors for the Assessment of Durability and<br />
Load-Capacity of Concrete Structures. Proc. Intern. Conference on Life Prediction and Aging Management<br />
of Concrete Structures, Bratislava, Slowakia 1999, 94-103<br />
Dissertationen<br />
JANNSEN, B., 2002c: Mikrowellensensoren zur in-situ-Feuchtemessung in der Bauwerksüberwachung,<br />
Dissertation, Technische Universität Braunschweig, Shaker Verlag (Aachen).<br />
Patente<br />
JANNSEN, B., SCHNEIDER, G., JACOB, A.F., BUDELMANN, H., HARIRI, K., WICHMANN,<br />
H.-J., 2002b: Verfahren zur Zustandserkennung von elektrisch leitfähigen länglichen Spanngliedern.<br />
Deutsches Patent- und Markenamt, DE 101 02 577 C1 20. Juni 2002.<br />
JANNSEN, B., JACOB, A.F., <strong>2003</strong>: Resonanter Mikrowellensensor. Deutsches Patent- und Markenamt,<br />
DE 101 02 578 C2, 09. Januar <strong>2003</strong>.
- 188 -
Zustandserfassung und -beurteilung<br />
vorgespannter Zugglieder durch Monitoring<br />
Prof. Dr.-Ing. H. Budelmann, em. Prof. Dr.-Ing. Dr.-Ing. E.h. F.S. Rostásy<br />
Dr.-Ing. K. Hariri, Dipl.-Ing. A. Holst, Dipl.-Ing. H.-J. Wichmann<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
- 189 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Vorgespannte Zugglieder findet man in allen Bereichen des konstruktiven Ingenieurbaus, u.a. bei<br />
Tragwerken des Massivbrückenbaus mit interner bzw. externer Vorspannung, bei Hänge- und<br />
Schrägseilbrücken, vorgespannten Flachdecken, Erd-, Fels-, Wand- und Gewölbeankern, Masten,<br />
Abspannungen u.a.m. Durch den Einsatz von Spanngliedern werden sehr filigrane Konstruktionen<br />
möglich. Aus der Funktion und aus dem Tragverhalten heraus resultiert die Notwendigkeit der<br />
Überwachung dieser mechanisch hoch beanspruchten Bauteile während der gesamten Nutzungsdauer.<br />
Bisher gibt es für vorgespannte Bauelemente jedoch nur unzureichende technische Überwachungsmöglichkeiten,<br />
die aus einem Defizit an adäquater Sensorik resultieren. Hierauf beruht die<br />
Intention des Teilprojektes C2 (TP C2).<br />
Das Ziel und zugleich die Herausforderung des TP C2 ist die Entwicklung, Erprobung und Optimierung<br />
eines umfangreichen Messtechnikpaketes für das Online-Bauwerksmonitoring vorgespannter<br />
Zugglieder durch Ermittlung wesentlicher Zustandsgrößen. Diese Zustandsgrößen sind:<br />
� lokale Dehnungen bzw. Spannungen,<br />
� die Stahlkorrosion (Korrosionsaktivität und -schädigung)<br />
� sowie der Bruch von Drähten und Stäben (Detektion und Ortung).<br />
Das TP C2 nutzt hierfür unterschiedliche Sensorik und Messverfahren auf der Basis der Faseroptik,<br />
der Magnetoelastik, der elektrochemischen Korrosionsstellvertretersensorik und der Mikrowellentechnik,<br />
welche ständig anwendungsorientiert weiterentwickelt werden.<br />
Die in der 1. Förderperiode (1. FP) im Labor unter einfachen Randbedingungen erprobten Messverfahren<br />
und Strategiekonzepte wurden erweitert und sind in der 2. FP zunehmend auch an größeren<br />
Versuchskörpern bzw. aufwendiger gestalteten Bauteilversuchen angewendet worden. Ziel war es<br />
dabei, die grundlegenden Verfahrenserkenntnisse auch an kleineren Bauwerksausschnitten, welche<br />
typische Schwachstellen repräsentieren, unter praxisnahen Beanspruchungen und Beaufschlagungsbedingungen<br />
zu verifizieren. Daher wurden vom TP C2 entsprechend der unterschiedlichen Aufgaben-<br />
und Zielstellungen verschiedene instrumentierte Ersatzbauwerke konzipiert und realisiert (vgl.<br />
Abschnitt 2.2.4). Zudem erfolgte der Ersteinsatz einzelner Messverfahren an Realbauten und in<br />
Freiversuchen.<br />
Über die in der 2. FP des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> gewonnenen Ergebnisse und Erkenntnisse wird nachfolgend<br />
berichtet.
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
2.2 Angewandte Methoden<br />
2.2.1 Spannungs- und Dehnungssensorik<br />
In der 2. Förderperiode wurden magnetoelastische Sensoren, konventionelle Dehnmessstreifen<br />
(DMS) und erstmalig faseroptische Bragg-Gitter-Dehnungssensoren zur direkten, lokalen Spannungs-<br />
bzw. Dehnungsmessung an vorgespannten Stahlzuggliedern eingesetzt.<br />
Faseroptik (Faser-Bragg-Gitter-Sensorik)<br />
Die in der 1. FP für die Dehnungsuntersuchung als Dämpfungssensoren (Microbending) und interferometrische<br />
Sensoren (SOFO) verwendeten kommerziellen Lichtwellenleitersensoren erwiesen<br />
sich für die direkte Stahlanbindung aufgrund der verwendeten mechanischen Klemmverankerung<br />
und daraus resultierender Verschiebungen bzw. Kerbeinwirkungen als ungeeignet. Als Alternative<br />
wurde nunmehr die Applikation durch Verklebung fokussiert. Am Ende der 1.FP wurden hierzu<br />
zunächst grundlegende Untersuchungen zur Formstabilität eines Epoxidklebers unter verschiedenen<br />
klimatischen Randbedingungen durchgeführt. Die Suche nach einem neuen, technisch robusten und<br />
insbesondere für die örtliche Dehnungsmessungen mit hoher Auflösung geeigneten Messsystem<br />
führte im Folgenden zu Faser-Bragg-Gitter-Sensoren (FBGS). Im Zuge dessen wurde ein neues<br />
onlinefähiges Messsystem der AOS GmbH Dresden auf der Basis von Faser-Bragg-Gitter-Sensorik<br />
aus Mitteln der Grundausstattung erworben und eingesetzt.<br />
FBGS wirken als schmalbandige, spektraloptische Filter, die Licht in einer bestimmten Wellenlänge<br />
reflektieren. Die charakteristische Bragg-Wellenlänge wird durch die Gitterperiode und den optischen<br />
Brechungsindex des Lichtwellenleiters bestimmt und ist daher von der Dehnung der Faser<br />
und der Temperatur abhängig. Die Gitter werden durch das Einschreiben von mikrostrukturierten<br />
Brechzahl-Gittern in den Kern des Lichtwellenleiters mittels UV-Laserstrahlung erzeugt. Diese in<br />
den Lichtwellenleiter integrierten Gitter dienen als optische DMS und sind gegenüber elektrischen<br />
und magnetischen Feldern unempfindlich. Mit diesem Verfahren wird eine Auflösung von etwa<br />
1 µm/m (Genauigkeit besser als 10 µm/m) bzw. 0,1 K (Genauigkeit ca. 0,5 K) erreicht, wobei die<br />
Mess- und Auswerteeinheit aus einem Spektrometer und einem PC für die Steuerung und Datenaufzeichnung<br />
besteht. Insbesondere für dynamische Untersuchungen mit bis zu 1 kHz ist dieses Messverfahren<br />
prädestiniert.<br />
Schwerpunkt der mit faseroptischen Bragg-Gitter-Extensometern durchgeführten Laboruntersuchungen<br />
war neben der Handlingserprobung vorrangig die Überprüfung der direkten Applikation<br />
dieser Lichtwellenleitersensoren am Spannstahl (Drähte und Litzen). Dabei wurde eine kontinuierliche<br />
sowie diskontinuierliche Applikation verfolgt und ein optimaler Kleber bzw. Sensorträger<br />
gesucht, wobei auf Erfahrungen aus der DMS-Applikationstechnik zurückgegriffen werden konnte.<br />
Insbesondere wurden hier maßgebende Einflussgrößen unter Berücksichtigung der Verbundeigenschaften<br />
des Systems Spannstahl-Kleber-LWL-Sensor untersucht und das Sensorverhalten bzgl.<br />
Messempfindlichkeit und Reproduzierbarkeit verifiziert.<br />
Nach grundlegenden Tastversuchen im Labor erfolgte eine erste Applikation der FBGS an einzelnen<br />
Spannstählen der Ersatzbauwerke vom Typ „Duett“ und am für externe Spannglieder konzipierten<br />
Ersatzbauwerk „Kato“. Bei den noch nicht abgeschlossenen Untersuchungen am „Kato“<br />
wird die Auswirkung lokaler Spannkraftänderungen und -umlagerungen infolge Verbundwirkung,<br />
Umlenkungsreibung und Temperatureinflüssen, Keilschlupf der Spannverankerung sowie von Sekundärverformungen<br />
(Kriecheffekten) in Kurzzeit- und Langzeitversuchen verfolgt. Durch den Ein-<br />
- 190 -
- 191 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
satz in den C2-Ersatzbauwerken konnten erste Erfahrungen im Umgang der Sensoren unter praxisnahen<br />
Bauteilbedingungen gesammelt werden.<br />
Magnetoelastik<br />
Am iBMB der TU Braunschweig wurde ein magnetoelastisches Verfahren zur Spannkraftmessung<br />
von Spannstählen unterschiedlicher Art und Anordnung entwickelt und im Rahmen des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>-<br />
Forschungsprogramms für das Bauwerksmonitoring erweitert [WICHMANN & LAUBE <strong>2003</strong>].<br />
Der magnetoelastische Effekt beschreibt den Zusammenhang zwischen den mechanischen und<br />
magnetischen Eigenschaften ferromagnetischer Stoffe. Bei mechanischer Belastung eines ferromagnetischen<br />
Materials ändern sich auch dessen magnetische Kenngrößen, die sich mit zunehmender<br />
Zugspannung verringern.<br />
Beim verwendeten magnetoelastischen Sensor dient eine Spule zur Erregung des magnetischen Feldes<br />
und eine zweite Spule zur Aufnahme der Induktionsspannung. Beide Spulen umschließen das<br />
zu messende Spannelement, welches die Funktion eines Spulenkerns übernimmt. Ein sinusförmiger<br />
Wechselstrom wird vom Generator in die Erregerspule eingespeist und die in der Induktionsspule<br />
induzierte Spannung gemessen. Die Spitzenwerte der Induktionsspannung sowie des Erregerstroms<br />
ermöglichen dann die Berechnung der magnetischen Kenngrößen des Spannelementes. Ein Vergleich<br />
der vor Ort gemessenen magnetischen Kenngrößen mit den Ergebnissen einer in der Zugprüfmaschine<br />
durchgeführten Inertialkalibrierung ermöglicht die Berechnung der Vorspannkraft der<br />
Spannglieder. Die Temperatur wird parallel durch Messung des Ohmschen Spulenwiderstandes<br />
bestimmt und bei der Berechnung der Spannstahlkräfte berücksichtigt. Die absolute Messgenauigkeit<br />
beträgt ca. ±20 bis 30 N/mm², bezogen auf zulässige Spannstahlspannungen also bei 2 bis 4%.<br />
Das am iBMB entwickelte Verfahren arbeitet mit einem geregelten Erregerstrom, so dass nur eine<br />
Messspule benötigt wird. Die Auswertung der vier magnetischen Kenngrößen Permeabilität µr,<br />
Koerzitivfeldstärke Hc, Maximalinduktion BS und Remanenz BR ermöglicht es, die Spannkraft auch<br />
bei Stählen zu bestimmen, bei denen aufgrund der Materialeigenschaften die Auswertung von nur<br />
einer Kenngröße nicht zu einer eindeutigen Lösung führt. Dieses gilt u.a. für alle warmgewalzten<br />
und vergüteten Stähle, die z. B. für die Herstellung von Gewi-Ankern Verwendung finden.<br />
Die Messeinrichtung und Steuersoftware wurden in der 2. FP dahingehend erweitert, dass eine<br />
Dauerüberwachung der Spannkraft durch Online-Monitoring sowie ein Multiplexing von bis zu<br />
8 Sensoren möglich ist. Für die nachträgliche Instrumentierung an bestehenden Vorspanngliedern<br />
wurde eine spezielle Wickelmaschine konstruiert, mit der a posteriori an externen bzw. zugänglichen<br />
Spanngliedern die Sensorspulen in-situ hergestellt werden können [WICHMANN & LAUBE<br />
<strong>2003</strong>].<br />
Das Messverfahren der magnetoelastischen Spannkraftermittlung wird z. Z. an allen C2-Ersatzbauwerken<br />
und darüber hinaus weiterhin am B9-Ersatzbauwerk „Hohes C“ eingesetzt. Eine erste In-<br />
Situ-Applikation in der Talbrücke Meinerzhagen, welche mit Spanngliedern zur externen Vorspannung<br />
nachträglich verstärkt wurde, bestätigt die positiven Ergebnisse der zahlreichen Labor- und<br />
Bauteilversuche.
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
2.2.2 Korrosionssensorik<br />
Die Bewehrungskorrosion ist bezogen auf die Lebensdauer nach [TUUTTI 1982] in zwei Phasen zu<br />
unterteilen: die Einleitungsphase (Inkubationsphase) und die Schädigungsphase (Zerstörungsphase).<br />
Diesen beiden Phasen können zwei Monitoringstufen zugeordnet werden.<br />
1. Monitoringstufe der Korrosion<br />
In der ersten Monitoringstufe werden in der Spannstahlumgebung zunächst geeignete Messfühler<br />
(„Schnüffler“) zur In-Situ-Überwachung korrosionsbeeinflussender Parameter verwendet. Dabei<br />
werden die Feuchte, Salz- bzw. weitere Schadstoffgehalte (Chloride, Sulfate etc.), der pH-Wert<br />
(Karbonatisierung) und die Temperatur gemessen. Hierzu werden die faseroptischen und mikrowellentechnischen<br />
Sensoren der TP C1a (Kowalsky/Johannes) und C1b (Jacob/Johannes) und<br />
Weiterentwicklungen sowie konventionelle Temperaturmessfühler eingesetzt.<br />
Die C1-Chemo- und Mikrowellensensoren wurden jeweils auf ihrem aktuellen Entwicklungsstand<br />
für die 1. Monitoringsstufe in die Ersatzbauwerke des TP C2 eingebaut und Messwerte wurden ausgelesen.<br />
Dies musste bisher diskontinuierlich geschehen. Es zeigte sich, dass die erste Generation<br />
des Sensorkonzeptes der Chemosensoren bauartbedingt nicht die für langzeitiges Monitoring erforderliche<br />
Robustheit aufwies (näheres siehe Ergebnisberichte der TP C1a und C1b).<br />
Neben den C1-Sensoren wurden im TP C2 auch sogenannte Stellvertretersensoren entwickelt, die<br />
anhand einsetzender Korrosion an Ersatzelektroden tiefenabhängig das Eintreten der Korrosionsvoraussetzungen<br />
(z.B. Depassivierungsfront) anzeigen. Diese wurden in Labor- und Bauteilversuchen<br />
erprobt. Es handelt sich hierbei um kleinere, separat instrumentierte Messfühler nach folgenden<br />
zwei Bauarten:<br />
� elektrisch isolierte Spannstahlproben als Makrokorrosionselemente (Anodensensor) und<br />
� miniaturisierte Elektrodensensoren als Platinensensoren unterschiedlicher Bauform und<br />
variierender Elektrodenanzahl.<br />
Abb. 1: links: Ausschnitt eines mit Korrosionssensorik der TP C1a, C1b und C2 instrumentierten<br />
Plattenstreifens - Ersatzbauwerk „Duett“, Mitte: elektrisch isolierte Spannstahlproben als<br />
Anodensensoren mit Bezugselektrode, rechts: elektrochemischer Mini-Elektrodensensor<br />
(Platinensensor) mit 8 Elektroden auf Sensorträger (Betonabstandshalter)<br />
Diese onlinefähigen Sensoren wurden als korrosionssensitive Elemente bei den Probekörpern im<br />
Bereich der Betondeckung der untersuchten Spannstähle eingebaut und online beobachtet. Mit ihnen<br />
können nach jetzigem Erkenntnisstand der Korrosionsbeginn, die -aktivität sowie z. T. nachfolgende<br />
Korrosionsschäden tiefengestaffelt durch die Messung der Veränderung der elektrochemi-<br />
- 192 -
- 193 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
schen Systemkenngrößen Impedanz (Betonwiderstand), Potential und galvanischer Strom zwischen<br />
benachbarten Elektroden bzw. zwischen Einzelelektroden und einer tiefergelegenen Referenzelektrode<br />
diagnostiziert werden. Die in elektrische Signale umgewandelten Messgrößen werden durch<br />
einen Datalogger der Firma FLUKE online erfasst. Das Messprinzip ist nicht neu; die Innovation<br />
ist, zu kleinen, kostengünstigen, robusten, leicht und flexibel einbaubaren Sensoren mit einer, für<br />
Monitoring-Aufgaben optimierten Sensorauslegung zu kommen.<br />
Nach Vorversuchen an kleinen Laborversuchskörpern zur Determinierung genereller Korrosionseffekte<br />
in Abhängigkeit der Beaufschlagungsbedingungen erfolgte der Einsatz einzelner C2-Stellvertretersensoren<br />
als Prototypen in den vier instrumentierten Plattenstreifen des Ersatzbauwerktyps<br />
„Duett“.<br />
2. Monitoringstufe der Korrosion<br />
Die Messverfahren für die 2. Monitoringstufe der Korrosion (Zerstörungsphase) wurden auf Gutachterempfehlung<br />
in der 2. FP zurückgestellt. Außerhalb des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> erfolgten jedoch weitergehende<br />
Laboruntersuchungen mit dem HF-Reflexionsverfahren auf der Basis des Skineffektes. Hierbei<br />
wird die Tatsache genutzt, dass Wechselströme mit zunehmender Frequenz bevorzugt im korrosionsgefährdeten<br />
Oberflächenbereich des Spannstahles geleitet werden. Örtliche kerbenartige Querschnittsveränderungen<br />
rufen lokale Impedanzänderungen hervor, die bei der HF-Reflexionsmessung<br />
nach Einkopplung eines breitbandigen elektromagnetischen Signals im Frequenzantwortspektrum<br />
durch lokale bzw. bereichsweise Änderungen ersichtlich werden. Dies kann zur Beschreibung<br />
des Korrosionszustandes genutzt werden. Die bei den Untersuchungen mit einfachen Spanngliedanordnungen<br />
gefundenen grundlegenden Erkenntnisse sind vielversprechend. Erste Ergebnisse sind in<br />
[HOLST et al. 2002] veröffentlicht. Aus diesem Grunde soll das Verfahren in der 3. FP wieder aufgenommen<br />
und weiterverfolgt werden. Die Anwendung für Korrosionsuntersuchungen stellt dabei<br />
eine direkte, konsequente Fortführung des HF-Bruchortungsverfahrens (vgl. Abschnitt 2.2.3) dar.<br />
2.2.3 Bruchortung<br />
Im früheren TP C5 wurde ein neues elektromagnetisches Resonanzmessverfahren zur Brucherkennung<br />
an Spannstählen entwickelt, u.a. [BUDELMANN et al. <strong>2001</strong>]. Eine elektromagnetische Welle<br />
wird dabei an einem Spanngliedende eingekoppelt, wobei die Frequenz des Signals über einen großen<br />
Bereich systematisch verändert wird. Aus dem messtechnisch bestimmten Reflexionsparameter<br />
können die Resonanzfrequenzen ermittelt werden. Die Länge des gesamten Spannglieds bzw. die<br />
Länge bis zum Bruchort ergibt sich aus der Differenz benachbarter Resonanzfrequenzen. Ein wesentlicher<br />
Vorteil des Verfahrens ist, dass eine messtechnische Kontaktierung lediglich zu einem<br />
Punkt des Spanngliedes erforderlich ist und daher das Spannglied nicht auf voller Länge „abgefahren“<br />
werden muss. Hierdurch werden auch Untersuchungen an schwer zugänglichen Spanngliedern,<br />
wie. z. B. Erdankern ermöglicht. Weitere Vorteile der Verfahrens sind:<br />
� die Kenntnis der exakten Lage der Spannbewehrung ist nicht erforderlich und<br />
� die Lagentiefe und die Ausrichtung der Spannglieder ist unerheblich.<br />
Die ggf. durch einen Bruch verkürzte Länge l des Spannstabes lässt sich dabei für den einfachen<br />
Fall eines Einzelstabes aus dem Abstand ∆f benachbarter Resonanzfrequenzen des Reflexionsparameters<br />
wie folgt berechnen:
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
c<br />
0 l= , (1)<br />
2 �� r f<br />
wobei c0 die Vakuumlichtgeschwindigkeit und εr die Dielektrizitätskonstante (DK) des umgebenden<br />
Mediums kennzeichnen.<br />
In der 1. FP wurden hierzu vom TP C5 sehr grundlegende Untersuchungen durchgeführt. Es konnte<br />
gezeigt werden, dass die Bruchortung auf der Basis der Resonanzmessung für einfache Spanngliedanordnungen<br />
in Luft- und Sandumgebung gelingt.<br />
In der 2. FP wurde das Messverfahren im TP C2 in Labor- und Bauteilversuchen an vorgespannten<br />
bzw. schlaff bewehrten Beton- bzw. Mörtelkörpern und den C2-Ersatzbauwerken weiter untersucht,<br />
[WICHMANN et al. <strong>2003</strong>]. In zahlreichen Untersuchungen wurden Einflüsse der Spannstahlumgebung<br />
sowie von Bündelspanngliedern und der umgebenden Schlaffbewehrung sowie von Hüllrohren,<br />
Spanngliedkopplungen und -verankerungen ermittelt. Zur Bestimmung der Dielektrizitätskonstante<br />
wurden i.d.R. Koaxialsensoren des TP C1b (Jacob/Johannes) eingesetzt.<br />
Die Modellierung der Spannstahlbruchortung wurde in der Kooperation vom TP C1b (Jacob/Johannes)<br />
weiterentwickelt und im Rahmen der Auswertung zur Interpretation der Versuchsergebnisse<br />
herangezogen. Für diesen Zweck wurde ein vom TP C1b zur Verfügung gestelltes Softwaretool<br />
eingesetzt.<br />
Aufgrund der guten Erfolgsaussichten, der Vorteile und der Leistungsfähigkeit des Resonanzverfahrens<br />
für die Bruchuntersuchung wurde die in der 1. FP im Ansatz verfolgte magnetische Pulstechnik<br />
als mögliches weiteres Verfahren zur Bruchdiagnose zurückgestellt.<br />
2.2.4 Ersatzbauwerke<br />
Aufgrund der vielfältigen Anwendungsmöglichkeiten von vorgespannten Zugglieder in Bauwerken<br />
und der verschiedenen verfolgten Untersuchungsziele wurden vom TP C2 unterschiedliche realitätsnah<br />
gestaltete und beaufschlagte Versuchsbauteile, sogenannte Ersatzbauwerke, erstellt und betrieben.<br />
Diese vorgespannten Ersatzbauwerke bilden größere, maßstabsgerechte und mit typischen<br />
Schwachstellen behaftete Bauwerksausschnitte u.a. von Platten mit interner Vorspannung ohne<br />
bzw. mit sofortigem Verbund, von Bauteilen mit externer Vorspannung und von Erdankern ab<br />
[BUDELMANN & HARIRI <strong>2003</strong>].<br />
Ein erster Ersatzbauwerkstyp namens „Duett“ besteht aus zwei an den Enden gegeneinander gespannten<br />
Spannbeton-Plattenstreifen (2,75 m lang, 0,35 m breit und 0,12 m hoch) im Zustand II,<br />
wobei die Spannelemente systematisch korrosiv beansprucht werden, Abb. 2 (oben). Von den derzeit<br />
hergestellten 5 (ursprünglich waren nur 3 geplant) wurden insgesamt 4 Platten mit den Feuchte-<br />
und pH-Sensoren des TP C1a (Kowalsky/Johannes), mit DK-Sensoren des TP C1b (Jacob/Johannes)<br />
und mit den verschiedenen C2-Sensoren instrumentiert.<br />
Ferner wurde ein Ersatzbauwerk mit robustem Baukörper in Form eines 5 m langen stabförmigen<br />
Bauteiles mit U-Querschnitt projektiert, welches extern sowohl geradlinig vorgespannt als auch in<br />
der Feldmitte mit einer Sattel-Umlenkung ausgebildet werden kann. Dieses, nach dem japanischen<br />
Saiteninstrument mit „Kato“ benannte Bauteil kann wiederholt vorgespannt werden. Dort werden<br />
u.a. magnetoelastische Spannungs- und faseroptische Dehnungsmessungen durchgeführt und außerdem<br />
Korrosionsprozesse an Fehlstellen u.a. am PE-Mantel der Monolitzenspannglieder verfolgt,<br />
Abb. 2 (unten).<br />
- 194 -
- 195 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Im Stahlbetonbauteil sind zusätzlich an insgesamt 5 Betonstählen Dehnmessstreifen (DMS) und 2<br />
Temperatursensoren angeordnet, welche Aufschluss über die interne, last- bzw. temperaturabhängige<br />
Kraftumlagerung geben sollen.<br />
� Ersatzbauwerk Plattenstreifen - „DUETT“<br />
�<br />
Ansicht<br />
12<br />
5<br />
F Beaufschlagungsfläche F<br />
85 80<br />
250<br />
275 cm<br />
85<br />
12 5<br />
Querschnitt<br />
Mitte Stab 4<br />
� Ersatzbauwerk U-Kehle mit Umlenksattel - „KATO“<br />
�<br />
Draufsicht<br />
0,46<br />
4,08<br />
5<br />
Abb. 2: C2-Ersatzbauwerke - oben: „Duett“ und unten: „Kato“<br />
7<br />
0,4<br />
0,5<br />
0,4<br />
7 7 7 7<br />
1,3<br />
35 cm<br />
12<br />
Querschnitt<br />
0,4<br />
4 Spanndrähte,<br />
Ø 7mm, l=2,95m<br />
1,3<br />
0,5<br />
nom c = 3,7cm<br />
An mehreren 8,5 m bzw. 10,5 m langen instrumentierten Litzen- und Einstaberdankern, welche<br />
z. T. Fehlstellen in der PE-Ummantelung im Übergangsbereich Verpressstrecke- freie Ankerlänge<br />
aufweisen und die mit Salzlösungen unterschiedlicher Art und Zusammensetzung beaufschlagt<br />
werden, werden Ankerzugversuche bei 1,5-facher Gebrauchslast vorgenommen. Vor der In-Situ-<br />
Erstellung der Erdanker erfolgte eine Simulation mit Laboraufbauten (Horizontalanker).<br />
Für nachträgliche Bruchuntersuchungen wird eine im Fertigteilwerk hergestellte Spannbetonhohldiele<br />
der Firma BRESPA eingesetzt. An dieser werden einige der im sofortigen Verbund verlegten<br />
Spanndrähte bzw. -litzen mechanisch bzw. durch Korrosionspromotoren definiert lokal bis zum<br />
Bruch geschädigt und anschließend untersucht.<br />
Da die Versuche an den Ersatzbauwerken auch eine Beurteilung des Langzeitverhaltens und der<br />
Robustheit der verwendeten Sensorik unter den gewählten Rahmenbedingungen ermöglichen sollen,<br />
werden die Untersuchungen an allen Ersatzbauwerken auch zukünftig fortgesetzt.<br />
0,46<br />
0,4<br />
0,81<br />
0,2<br />
1,01
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
2.2.5 Online-Monitoring und Überwachbarkeit der Konstruktionen<br />
Die Methodik zur Identifizierung von maßgebenden Versagenspfaden an Betonbauteilen wurde<br />
gemeinsam mit dem Teilprojekt A1 (Hosser) an Spannbetonersatzbauwerken erprobt. Es wurde<br />
hierfür das Ersatzbauwerk „Duett“ unter Chloridangriff gewählt, um eindeutige System-, Last- und<br />
Korrosionsbedingungen zugrunde zu legen. Über die Ergebnisse wurde in [HOSSER et al. <strong>2003</strong>]<br />
berichtet. Beim untersuchten Ersatzbauwerk „Duett“ gibt es – im Gegensatz zu realen Bauwerken –<br />
nur wenige mögliche Versagenspfade, s. Abb. 3. Der wahrscheinlichste Pfad ließe sich hier auch<br />
aus der Anschauung vorhersagen, was der Überprüfung des Rechenergebnisses entgegen kommt.<br />
Nach der Methodik des TP A1 konnte der maßgebliche Versagenspfad mittels Ereignisablaufdiagrammen<br />
und Fehlerbäumen gefunden werden. Bei einem komplexen Bauwerk liegt die Anzahl der<br />
möglichen Versagenspfade um ein Vielfaches höher. In der Zukunft soll diese Methode an realen<br />
Bauwerken – wie z.B. der Herrenbrücke in Lübeck, die ja bereits überwacht wird – angewendet<br />
werden.<br />
Abb. 3: Ereignisablaufdiagramm für das<br />
Versagen des Spannbetonersatzbauwerkes<br />
„Duett“<br />
Die Herrenbrücke über die Trave (s. Abb. 4) wurde in den Jahren 1962 bis 1964 erstellt. Sie besteht<br />
aus zwei Vorlandbrücken aus Spannbeton (ca. 153 m und ca. 311 m lang) und aus einer Stahlklappbrücke<br />
(ca. 86 m lang). Aufgrund ungenügender Sorgfalt beim Verpressen der Spannglieder sind<br />
Korrosionsschäden aufgetreten. Es ist von einem Spanngliedausfall von bis zu 45% auszugehen.<br />
Derzeit befindet sich das Brückenbauwerk noch im ungerissenen Zustand. Es wird vermutet, dass<br />
sich neue Spannstahlbrüche bzw. andere Schäden in einer allmählichen Steigerung der Dehnungen<br />
und der anschließenden Bildung von Biegerissen statt einer schlagartigen Zunahme zeigen werden.<br />
Die Steigerung der Verschiebungen bzw. Dehnungen ist messtechnisch erfassbar. Für die Überwachung<br />
werden konventionelle Wegtaster und micro-bending-basierte Lichtwellenleiter verwendet.<br />
Über die Instrumentierung des Bauwerks (Ende der 1. FP des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>), die Kalibrierung und die<br />
Dauerüberwachung wurde in [HARIRI 2002] und in [HARIRI et al. <strong>2003</strong>] ausführlich berichtet. An<br />
dieser Stelle sei lediglich angemerkt, dass die Auswahl der Messorte und der Messintervalle nach<br />
Kriterien einer ingenieurmäßigen Schwachstellenanalyse erfolgte.<br />
- 196 -
Abb. 4: Seitenansicht und Photographie der Herrenbrücke in Lübeck<br />
- 197 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Nach ca. achtmonatiger Dauerüberwachung wurden Schwellwerte definiert, so dass bei häufiger<br />
(mindestens dreimaliger) Über- bzw. Unterschreitung von jahreszeitabhängigen definierten Werten<br />
ein Alarmsignal ausgelöst wird. Da eine Schwellwertüberwachung (ebenso wie eine ereignisorientierte<br />
Dauerüberwachung) keine Unterscheidung zwischen lastbedingten und temperaturbedingten<br />
Verschiebungen erlaubt, wurde der Versuch einer Separation dieser beiden Signale mittels Kalman-<br />
Filtertechnik bzw. mittels neuronalen Netzen unternommen.<br />
Der Kalman-Filter ist ein rekursiver Algorithmus, der es ermöglicht, durch lineare Differenzen-<br />
bzw. Differentialgleichungen beschriebene, verrauschte Prozesse zu filtern. Der Filter bietet die<br />
Möglichkeit, unter Berücksichtigung stochastischer Modell- und Messunsicherheiten, wie sie bei<br />
technischen Messungen unvermeidbar sind, von beobachtbaren Größen auf den Systemzustand zu<br />
schließen. Messreihen können damit von zufälligen Einflüssen aus der Umwelt und von Unsicherheiten<br />
des Modells rechnerisch befreit werden, wenn sie bestimmte Eigenschaften besitzen, auf die<br />
hier nicht weiter eingegangen wird.<br />
Neuronale Netze als Verfahren der nicht-parametrischen Regression besitzen indessen umfangreiche<br />
Anwendungsmöglichkeiten in Fragestellungen, denen unbekannte Zusammenhänge zwischen<br />
Ein- und Ausgabewerten zugrunde liegen. Sie können als auto- oder heteroassoziative Speicher u.a.<br />
zur Prognose eingesetzt werden. Gegenüber konventionellen Berechnungen bieten sie den Vorteil<br />
der Robustheit beim Ausfall einzelner Komponenten und der Unempfindlichkeit bei fehlerhaften<br />
Eingabewerten. Eine weitere wesentliche Eigenschaft ist das Lernen aus Beispielen. Die zu prognostizierenden<br />
Zusammenhänge – in diesem Fall die Separation thermischer von lastbedingten Verschiebungen<br />
– werden aus Trainingsbeispielen ermittelt.<br />
2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
2.3.1 Spannungs- und Dehnungssensorik<br />
Faseroptik (Faser-Bragg-Gitter-Sensorik)<br />
Für die direkte Messung der Spannstahldehnung mit den aus der Nachrichtentechnik bekannten<br />
FBGS sind außerhalb des SFP <strong>477</strong> noch keine Anwendungen bekannt. Daher wurden von dem<br />
TP C2 zunächst in Zusammenarbeit mit dem Hersteller, der Firma AOS GmbH in Dresden, verschiedene<br />
Applikationstechniken und Sensorträger versuchstechnisch erprobt, und eine Richtlinie<br />
für die Handhabung und das Aufbringen der Sensorelemente auf den Stahl wurde erarbeitet.<br />
Eine vollflächige, kontinuierliche Verklebung des sensitiven Faserbereiches erwies sich als sehr<br />
ungünstig und führte zu Fehlmessungen. Als geeignete Lösung für die Sensorapplikation an den<br />
Stahl wurde die direkte, unmittelbare Zweipunktverklebung der beidseitig der freien Messlänge in
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
ein profiliertes Metallschutzröhrchen (Stahlferrule) eingebetteten, entcoateten Faser gefunden. Als<br />
Verbindungsmittel wurden zunächst konventionelle, kalterhärtende Epoxidharz- und Acrylatkleber<br />
eingesetzt. Einen noch besseren Verbund weisen heißerhärtende Epoxidharze auf. Die kleberbedingten<br />
Kriechverformungen und Hystereseeffekte konnten durch diese Fügeart klein gehalten werden,<br />
wobei eine Mindestverbundlänge zwischen den Ferrulen bzw. dem Spannstahl und dem Kleber<br />
vorzusehen ist. Zum Schutz vor dem alkalisch-aggressiven Betonmilieu und vor Feuchte wurde der<br />
sensitive Gitterbereich komplett mit einem elastischen PUR-Dichtungsharz abgedeckt. Die Faser<br />
wurde vor der Verklebung mit dem Spannstahl leicht vorgespannt, wodurch auch Stauchungen<br />
messbar werden. Die Applikation erfolgte zudem erst bei höheren Laststufen mit dem Ziel, Relativmessungen<br />
durchzuführen und den Scherverbund der Klebung nicht übermäßig zu beanspruchen.<br />
In zwei Fällen sind die Sensoren beim Aufbringen einer zusätzlichen Belastung ausgefallen, wobei<br />
die Ursache für den Sensorausfall auf Klebereigenschaften, Aushärtespannungen und Mikrorisse<br />
zurückgeführt werden kann.<br />
Neben den Fragen des Handlings und der Applikation auf den Spannstahl wurde das Sensorverhalten<br />
bezüglich Robustheit, Dauerhaftigkeit und Langzeitstabilität verfolgt. Als generelles baupraktisches<br />
Problem stellte sich dabei die Filigranität der LWL-Faser heraus, die durch einen zusätzlichen,<br />
werksmäßigen Schlauchschutz (Buffer) und die Anordnung einer elastischen Schutzummantelung<br />
kompensiert werden kann. Durchstoßpunkte im Bereich der Bauwerksoberkante sind separat<br />
zu schützen (Knickschutz).<br />
Bei Vorspannlitzen ergibt sich aufgrund der Verseilung der außenliegenden Drähte das Problem der<br />
Verwindung und der erforderlichen achsgetreuen Messausrichtung des Sensorelementes. Die Planparallelität<br />
konnte durch die Anordnung einer zusätzlichen Klemmschelle im Bereich der über Klebung<br />
an die Litze befestigten Ferrulen sichergestellt werden. Generell sollte eine kürzere Messbasis<br />
aufgrund der in der Baupraxis auftretenden parabelförmigen Spanngliedverläufe bevorzugt werden.<br />
Eine akkurate Ausrichtung der Messfaser und der Ferrulen ist für den Messerfolg äußerst wichtig.<br />
Bezüglich der Längsachse des Spannstabes gibt es nach [VDI/VDE-IT <strong>2001</strong>] einen neutralen Winkel,<br />
bei dem sich die Effekte der Längsdehnung und der Querkontraktion aufheben und die Länge<br />
der Linie bei Stabdehnung konstant ist. Dieser Winkel φ ergibt sich aus der Beziehung<br />
tan �� �� 0,3<br />
(2)<br />
und resultiert für Stahl zu ca. 29°. Wird dieser Grenzwinkel über- bzw. unterschritten, so wird die<br />
LWL-Faser gestaucht bzw. gedehnt. Unter diesem Winkel sind Querbiegungs- und Temperatureinflüsse<br />
messbar, was insbesondere für Litzen wichtig ist. Entsprechende Versuche sind noch nicht<br />
abgeschlossen.<br />
Die in anderen Anwendungsgebieten, z.B. im Flugzeugbau, bereits verwendete Nutzung mehrerer<br />
hintereinanderliegender Messsegmente unterschiedlicher Gitterkonstante (Bragg-Wellenlänge) innerhalb<br />
einer LWL-Faser erwies sich aufgrund der erforderlichen Voraussetzungen bzgl. Auslesetechnik,<br />
Herstellung und aus praktischen Erwägungen jedoch als nicht sinnvoll.<br />
Zur Verifikation wurden die faseroptischen FBGS neben magnetoelastischen Sensoren und konventionellen<br />
DMS zur Online-Überwachung der Spannstahlzugkraft u.a. an den Ersatzbauwerken<br />
vom Typ „Duett“ erfolgreich eingesetzt. Die Dehnung wurde hierbei durch eine automatische<br />
Mess- und Auswerteeinheit online überwacht.<br />
Als weitere, konventionelle Messaufnehmer wurden an den Spannstählen einzelner Versuchsbauteile<br />
sowie an den Ersatzbauwerken „Kato“ und „Duett“ Dehnmessstreifen (DMS) angeordnet, wel-<br />
- 198 -
- 199 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
che als Referenz und zur Verifikation der anderen Dehnungs- bzw. Spannungsaufnehmer dienen.<br />
Diese Sensoren wurden in ähnlicher Form wie die FBGS appliziert und geschützt. Hierbei wurden<br />
u.a. Fragen der Langzeitstabilität und möglicher Schutzmaßnahmen der im Dünnfilmverfahren verklebten<br />
DMS nachgegangen.<br />
In Abb. 5 ist als exemplarisches Messergebnis eine 24h-Messung in Form eines Vergleichs der verschiedenen<br />
an einem Plattenstreifen applizierten Spannungs- bzw. Dehnungssensorik (FBGS, DMS<br />
und magnetoelastische Sensorik) für einen instrumentierten Spanndraht abgebildet. Insgesamt erfahren<br />
die magnetoelastischen und die faseroptischen Messaufnehmer im Gegensatz zu den DMS<br />
etwas größere, auf die Temperaturänderung zurückführende Schwankungen.<br />
Spannkraft [kN]<br />
24<br />
23<br />
22<br />
21<br />
20<br />
19<br />
18<br />
15<br />
11:00 13:00 15:00 17:00 19:00 21:00 23:00 1:00 3:00 5:00 7:00 9:00 11:00<br />
Magnetoelastik<br />
ME Stab 3 rechts<br />
FBGS Stab 3 links<br />
DMS Stab 3 links<br />
Temperatur<br />
1 2 3 4<br />
35 cm<br />
Uhrzeit<br />
Abb. 5: Vergleich der mit magnetoelastischen Spulensensoren (ME), Faser-Bragg-<br />
Gittersensoren (FBGS) und mit Dehnmessstreifen (DMS) am Ersatzbauwerk<br />
„Duett“- Plattenstreifen 9 am 21./22.7.<strong>2003</strong> ermittelten Spannstahlkraft des Stabes 3<br />
(Durchmesser 7 mm, glatt) unter Temperatureinwirkung<br />
Durch Erweiterung des Messsystems der magnetoelastischen Spannkraftmessung wurde die Multiplexing-<br />
und die Onlinefähigkeit von bis zu 8 Spulensensoren realisiert. So konnten die Sensoren<br />
auch für das Dauermonitoring an allen C2-Ersatzbauwerken eingesetzt werden.<br />
Abb. 6 zeigt die Tagesganglinie von vier magnetoelastischen Kraftsensoren im Spannbeton-Plattenstreifen<br />
9 sowie die zugehörige Bauteiltemperatur. Die maximalen, durch Temperaturverformung<br />
des Bauteils bedingten Änderungen der Vorspannkraft betrugen ca. 2 kN, das sind 9...13,5% der<br />
Vorspannung. In Abb. 5 wurde bereits eine vergleichende Messwertdarstellung der in diesem Ersatzbauwerk<br />
im Beobachtungszeitraum eingesetzten Dehnungssensorik gegeben. Das magnetoelastische<br />
Verfahren erweist sich als ausgezeichnet langzeitstabil und kann daher generell als Referenzmessverfahren<br />
eingesetzt werden. Dies geschieht u.a. am Ersatzbauwerk „Kato“, bei dem Lastumlagerungen<br />
online überwacht werden.<br />
12<br />
50<br />
45<br />
40<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
Temperatur [°C]
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Spannkraft [kN]<br />
25<br />
60<br />
55<br />
20<br />
50<br />
45<br />
15<br />
40<br />
35<br />
10 ME Stab 1 rechts<br />
30<br />
5<br />
0<br />
ME Stab 2 links<br />
ME Stab 3 rechts<br />
ME Stab 4 links<br />
Temperatur<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
11:10 13:10 15:10 17:10 19:10 21:10 23:10 1:10 3:10 5:10 7:10 9:10 11:10<br />
Uhrzeit<br />
Abb: 6: Tagesganglinie der magnetoelastischen Spannkraftmessung an den 4 Spanndrähten des<br />
Ersatzbauwerkes „Duett“- Plattenstreifen 9 am 21./22.7.<strong>2003</strong><br />
Für das TP B9 (Budelmann/Schmidt-Döhl) werden an einem extern vorgespannten Ersatzbauwerk<br />
des Typs „Hohes C“ fortlaufende diskontinuierliche Spannkraftmessungen durchgeführt. Diese geben<br />
im Zusammenhang mit der Rissentwicklung Informationen zum Gesamtzustand.<br />
Eine erste In-Situ Applikation an der Talbrücke Meinerzhagen, welche mit Spanngliedern zur externen<br />
Vorspannung nachträglich erweitert wurde, ist erfolgreich durchgeführt worden, s. [WICH-<br />
MANN & LAUBE <strong>2003</strong>]. Ein weiterer In-Situ-Einsatz ist im Laufe dieses Jahres geplant.<br />
Die angestrebte, veränderte ringförmige Ankerkopfausbildung der Erdanker, welche das Ziel hatte,<br />
nachträglich eine Stahlmagnetisierung zur magnetoelastischen Spannkraftmessung durchzuführen,<br />
hat sich aus baupraktischen Gründen als ungünstig erwiesen (größerer erforderlicher Bohrdurchmesser,<br />
u. U. Probleme mit dem Lastabtrag im Bereich des Ankerkopfes).<br />
2.3.2 Korrosionssensorik der 1. Monitoringstufe<br />
Auf die Ergebnisse zur Erprobung der C1a- und C1b-Sensorik wird hier nicht eingegangen, es wird<br />
auf die Ergebnisberichte der Partnerprojekte verwiesen. Da bisher noch keine anwendungsreifen<br />
Chloridsensoren von den <strong>SFB</strong>-Partnerprojekten zur Verfügung gestellt werden konnten, erfolgt der<br />
Einsatz dieser Sensorik an den C2-Ersatzbauwerken erst zu einem späteren Zeitpunkt.<br />
Ein Merkmal der im TP C2 entwickelten elektrochemischen Stellvertretersensorik ist, dass im Unterschied<br />
zu den C1-Sensoren nicht stahlbenachbarte Korrosionsvoraussetzungen detektiert werden,<br />
sondern Stahlkorrosion selbst nach Ort, Art und Intensität beobachtet werden.<br />
Die ersten, mit der C2-Stellvertretersensorik an kleineren Versuchskörpern und innerhalb 1,5-jähriger<br />
Nutzung an den Ersatzbauwerken gesammelten Erfahrungen führten zu folgenden Erkenntnisse<br />
zu.<br />
Miniaturisierte Elektrodensensoren (Platinensensoren): Verwendet werden Platinen, auf denen<br />
unterschiedliche Metalle als Streifenelektroden nebeneinander angeordnet sind, wobei zwischen<br />
benachbarten Elektroden Impedanzmessungen (bei Verwendung gleicher Metalle, z.B. Kupfer) oder<br />
Potential- bzw. Strommessungen (bei unterschiedlichen Metallen, z.B. Kupfer-Eisen-Kombination)<br />
erfolgen, vgl. Abb. 1. Die mittels Datalogger gemessene Impedanz ist aufgrund des kapazitiven<br />
Verhaltens des Analogteils des Datenloggers nicht direkt in die Größe „Betonwiderstand“ umrechenbar.<br />
Der aufgezeichnete Impedanzwert gibt jedoch einen grundsätzlichen Anhaltswert über die<br />
Veränderung des Betonwiderstandes.<br />
- 200 -<br />
Temperatur [°C]
- 201 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Unbedingt zu beobachten ist, dass die gemessenen elektrochemischen Größen von der Temperatur<br />
und der Feuchte abhängen. Hierzu gibt es jedoch bereits verschiedene Kompensationsansätze und<br />
Untersuchungen wurden durchgeführt. Mit der bei Temperaturerhöhung zunehmenden Beweglichkeit<br />
der Ionen in der Porenlösung ist eine Abnahme des Betonwiderstandes verbunden. Aufgrund<br />
dieser Abhängigkeit ist eine Temperaturkompensation auf der Grundlage des expotentiellen Arrheniusansatzes<br />
möglich, wobei generell Tagestemperaturmittelwerte nach einer Vorabeliminierung<br />
statistischer Ausreißer verwendet werden, [SCHIEGG 2002]. Bei stärkerem Frost erfolgt in den<br />
Betonporen die Eisbildung, was aufgrund der isolierenden Wirkung zu einem Anstieg des Betonwiderstandes<br />
führt. Dieser Effekt konnte auch an den Ersatzbauwerken beobachtet werden.<br />
Aufgrund der komplexeren Abhängigkeit des Korrosionsstromes von Temperatur und auch der<br />
Feuchtigkeit sowie aufgrund des erhöhten messtechnischen Aufwandes wurde bei den bisherigen<br />
Untersuchungen der galvanische Strom als direkt, den Korrosionsabtrag am Stahl kennzeichnenden<br />
Parameter vorerst nicht herangezogen.<br />
Zum Verbundverhalten zwischen Sensor und umhüllendem Beton wurden im Labor grundlegende<br />
Untersuchungen an kleinen Mörtel- und Betonprobekörpern durchgeführt, wobei nachträglich anhand<br />
von Dünnschliffen keine Verbundprobleme festgestellt werden konnten. Unter anderem auch<br />
die Wahl der Isolationsmedien an den Kabelanschlusspunkten und die Art der In-Situ-Applikation<br />
wurde im Labor in Zusammenarbeit mit dem TP B9 (Budelmann/ Schmidt-Döhl) versuchstechnisch<br />
überprüft und optimiert. Anschließend erfolgte der Einsatz von einzelnen Prototypen an den instrumentierten<br />
Plattenstreifen des Ersatzbauwerkes „Duett“, vgl. Abb. 7. Es konnten z.B. der Hydratationsprozess<br />
und der Feuchtehaushalt (Austrocknung bzw. Beaufschlagung) registriert werden.<br />
Der Mini-Elektrodensensor (Platinensensor) bietet zusätzliche Anwendungsmöglichkeiten, beispielsweise<br />
auch für die korrosionsrelevante Aufzeichnung von Regenereignissen an der Betonoberfläche.<br />
Impedanz [Ohm]<br />
50000<br />
40000<br />
30000<br />
20000<br />
10000<br />
0<br />
1. Ebene- 2,2cm tief<br />
2. Ebene- 2,7cm tief Beauf-<br />
3. Ebene- 3,2cm tief schlagungs<br />
Temperatur<br />
beginn<br />
Ablassen<br />
Spannkraft<br />
Betonage<br />
Umdrehen<br />
der Platte<br />
Belastung<br />
(Risse)<br />
28.2.02 28.3.02 25.4.02 23.5.02 20.6.02 18.7.02 15.8.02<br />
Datum<br />
Abb. 7: Ersatzbauwerk „Duett“, mit 6%iger NaCl-Lösung intermittierend<br />
beaufschlagte Platte 3- Mini-Elektrodensensor (Multisensor)-Cu-Cu-Variante: temperaturkompensierte<br />
Impedanzen, ab 29.5.2002 Lagerung im Freien<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
-40<br />
Temperatur [°C]
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Elektrisch isolierte Spannstahlproben als Makrokorrosionselemente (Anodensensoren): Bei<br />
diesen Sensoren wird zwischen den im Bereich der Betondeckung angeordneten Spannstahlproben<br />
(Anoden) das elektrochemische Potential (Spannung) bzgl. einer Referenzelektrode (Kathode) und<br />
alternativ der Korrosionsstrom aufgezeichnet. Hierdurch ist der Durchbruch der Passivierungsschicht<br />
und das frühe Korrosionsstadium an den verwendeten Spannstahlanoden überwachbar.<br />
Das Korrosionspotential besitzt im Gegensatz zum Betonwiderstand keine ausgeprägte Temperaturabhängigkeit,<br />
jedoch kann eine Beeinflussung durch umgebende Korrosionsfelder erfolgen (Ohmscher<br />
Spannungsabfall). Am Bauwerk variieren die Potentialdifferenzen mit der unterschiedlichen<br />
Lage und in Abhängigkeit des Korrosionszustandes der Elektroden und der umgebenden Bewehrung.<br />
In Abb. 8 sind exemplarisch die während einer Dauermessung des relativen, d.h. bezogenen<br />
Potentialbetrages zwischen den in unterschiedlicher Tiefe verlegten Spannstahlanoden und der tiefergelegenen<br />
Kupferkathode eines permanent chloridbeaufschlagten Versuchskörpers dargestellt.<br />
Große vertikale Sprünge kennzeichnen die Korrosionsaktivierung bzw. –fortschritt an der jeweiligen<br />
Anode.<br />
rel. Spannung [V]<br />
0.5<br />
0.45<br />
0.4<br />
0.35<br />
0.3<br />
0.25<br />
0.2<br />
0.15<br />
0.1<br />
0.05<br />
0<br />
Fe-Anode 1- 2cm tief<br />
Fe-Anode 2- 3cm tief<br />
Fe-Anode 3- 4cm tief<br />
NaCl-Lsg.<br />
30.6 28.7 25.8 22.9 20.10 17.11 15.12 12.1 9.2 9.3 6.4 4.5 1.6 29.6 27.7<br />
Datum<br />
Abb. 8: Makrokorrosionssensor (Anodensensor) im seit dem 16.7.2002 permanent mit gesättigter<br />
Kochsalzlösung beaufschlagten Versuchskörper im Normklima: gemessene, normierte<br />
relative Spannung (Potentialbeträge) zwischen den 3 Einzelanoden und der tieferliegenden<br />
Kupferkathode<br />
Für alle hier vorgestellten Sensoren gilt, dass die Interpretation der Messsignale nicht trivial ist. An<br />
der Verbesserung der Mess- und Auswertealgorithmen wird gearbeitet. Zum Verständnis der Messsignale<br />
und der Abhängigkeit der Messgrößen von Umweltparametern sind weitergehende Betrachtungen<br />
auch experimenteller Art erforderlich, die bereits begonnen wurden. Ziel ist die Beurteilung<br />
der Korrosionsgefahr unter Beachtung der gegenseitigen Wechselwirkungen und die Festlegung<br />
von Alarm- bzw. Schwellwerten korrosionsrelevanter Parameter.<br />
Zu den Untersuchungen wird nach dem Auftreten signifikanter Messsignale an den chlorid-beaufschlagten<br />
Ersatzbauwerken „Duett“, welche beispielsweise auf die Korrosionsaktivierung schließen<br />
lassen, tiefenabhängig der Chloridgehalt an Bohrmehlproben bestimmt. Dies ist für die Messwertinterpretation<br />
von Bedeutung. Die gemessenen Chloridgehalte dienen auch als Eingangs-wert für<br />
die adaptive Modellierung des Chloridangriffs durch TP B9 (Budelmann/Schmidt-Döhl) am Ersatzbauwerk.<br />
Ergänzend wird an einigen Versuchskörpern im Einzelfall die konventionelle Potentialfeldmethode<br />
als Referenzverfahren zur Korrosionslokalisierung eingesetzt.<br />
- 202 -
2.3.3 Brucherkennung und -ortung<br />
- 203 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
In der 1. FP wurden vom TP C5 grundlegende Untersuchungen zum elektromagnetischen Bruchortungsverfahren<br />
durchgeführt. In der 2. FP wurde die versuchtechnische Umsetzung in das TP C2<br />
eingegliedert; die Modellierung der Spannstahlbruchortung wurde seitens des TP C1b weiter vorangetrieben.<br />
Einflüsse des Umgebungsmaterials<br />
Es wurde zunächst festgestellt, dass im Frisch- und jungen Normalbeton elektromagnetische Wellen<br />
sehr stark gedämpft werden, was die Bestimmung der Resonanzfrequenzen erschwert oder gar unmöglich<br />
macht. Dieses ist auf die hohe Feuchte und auf die hohe Ionenkonzentration in der Betonporenlösung<br />
zurückzuführen. In einem Versuch wurde das Betonmilieu durch ein Sandgemisch<br />
unter Zusatz einer aus gesättigter Kalklösung (ges. Ca(OH)2) und 28,5g/L (0,5mol) KOH bestehenden<br />
Porenersatzlösung simuliert und dabei ein ähnliches Messverhalten wie im Frischbeton nachgewiesen.<br />
In reiner Kalklösung waren die Dämpfungserscheinungen aufgrund der geringeren Löslichkeit<br />
des Calciumhydroxides von bedeutend geringerer Größenordnung.<br />
Es wurde daher der Einfluss unterschiedlicher Beton- und Mörtelzusammensetzungen, u.a. durch<br />
Variierung von Zement- und Zuschlagart und -gehalt, studiert. Die Dämpfungserscheinungen variieren<br />
deutlich in Abhängigkeit des Ionenanteiles, der Feuchte und des Hohlraumanteiles im Mörtel.<br />
Dies wurde durch Einbau von Dielektrizitäts-Koaxialsensoren des TP C1b (Jacob/Johannes) verifiziert.<br />
Zur weiteren Untersuchung des Einflusses der Bauteiltrocknung bei verschiedenen Betonmischungen<br />
wurden fünf 3 m lange Betonbalken verschiedener Zusammensetzung angefertigt. Der Balken,<br />
der zur Gewinnung der Ergebnisse in Abb. 9 verwendet wurde, wurde aus einer Magerbeton-Mischung<br />
mit 100 kg/m³ Portlandzement, der Balken B12 für Abb. 10 aus einem Standard-Hochofenzement-Beton<br />
(HOZ-Beton) hergestellt. Ab dem Tag der Betonage wurden die Reflektionsparameter<br />
aller Spanndrähte in regelmäßigen Abständen ermittelt. Die Abb. 9 und 10 zeigen Ergebnisse<br />
zwischen dem 1. und 91. Tag nach Betonage. Die Position der Spanndrähte im Bauteilquerschnitt<br />
ist in den Abbildungen angegeben, wobei nur der Stab S2 eine PE-Ummantelung aufweist (Monolitze).<br />
Der Spanndraht S3 war nach 2 m gebrochen.<br />
Reflexionsparameter [dB]<br />
0<br />
-2<br />
-4<br />
-6<br />
-8<br />
-10<br />
-12<br />
-14<br />
Spanndraht S3 nach 2m gebrochen<br />
�f S3<br />
�f S2<br />
S2 nach 91d<br />
S3 nach 91d<br />
S3 nach 21d<br />
S3 nach 1d<br />
S1 S2<br />
S3<br />
30<br />
30<br />
0 50 100 150 200 250<br />
Frequenz f [MHz]<br />
Abb. 9: Reflektionsparameter der Spanndrähte<br />
S2 und S3 des Magerbeton-Balkens B9<br />
Reflexionsparameter [dB]<br />
0<br />
-2<br />
-4<br />
-6<br />
-8<br />
-10<br />
-12<br />
-14<br />
Spanndraht S3 nach 2m gebrochen<br />
�f S2<br />
�f S3<br />
S2 nach 91d<br />
S3 nach 91d<br />
S3 nach 21d<br />
S3 nach 1d<br />
S1 S2<br />
S3<br />
30<br />
30<br />
0 50 100 150 200 250<br />
Frequenz f [MHz]<br />
Abb. 10: Reflektionsparameter der Spanndrähte<br />
S2 und S3 des Balkens B12 aus HOZ-Beton
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Die Dämpfung der elektromagnetischer Wellen ist erwartungsgemäß in den ersten Tagen sehr hoch.<br />
Bei diesen beiden Balken konnten bei den nach dem 1. und dem 21. Tag durchgeführten Messungen<br />
daher noch keine eindeutigen Resonanzfrequenzen zugeordnet werden. Die am 41. (in den Abb. 9<br />
und 10 nicht dargestellt) und 91. Tag ermittelten Ergebnisse zeigen hingegen deutliche Resonanzen.<br />
Tabelle 1 zeigt den Vergleich zwischen den ermittelten Resonanzabständen �f am 91. Tag.<br />
Bei beiden Probekörpern ist der Bruch des Spanngliedes S3 an dem größeren Abstand �fS3 der Resonanzminima<br />
deutlich sichtbar. Aufgrund der verschiedenen Restfeuchten sind die Dielektrizitätskonstanten<br />
(DK) und damit die Größe der Resonanzabstände �f unterschiedlich. Da in diesem<br />
Falle die Länge des Spanngliedes S2 bekannt ist, kann die Länge des Spanngliedes S3 bis zum Bruchort<br />
mit Hilfe des Verhältnisses der Resonanzabstände �fS2/�fS3 bestimmt werden. Die Messergebnisse<br />
bestätigten also in beiden Fällen die Versuchsvorgabe.<br />
Tabelle 1: Ermittelte Resonanzabstände �f<br />
Spanndraht<br />
Balken B9<br />
(Magerbeton)<br />
� f (MHz)<br />
meas<br />
- 204 -<br />
Balken B12<br />
(HOZ-Beton)<br />
� f (MHz)<br />
meas<br />
S2 22 17,5<br />
S3 31 26<br />
�fS2/�fS3 0,70 0,67<br />
Sind die Spanngliedlängen nicht bekannt, so muss für die Längenbestimmung die DK bekannt sein.<br />
Die Bestimmung der DK der Betonprobekörper erfolgte mit den vom TP C1b (Jacob/Johannes) zur<br />
Verfügung gestellten HF-Feuchtesensoren.<br />
Nach dreimonatigem Trocknen eines 2m langen Leichtbeton- und eines 3m-langen Normalbetonbalkens<br />
in der Klimakammer wurde eine signifikante Verbesserung der Aussagfähigkeit der Messergebnisse<br />
aufgrund stärkerer Resonanzausbildung deutlich. Interessanterweise wurde auch bei älteren<br />
Betonen eine geringere elektromagnetische Dämpfung festgestellt, was auf deren niedrigere<br />
Ausgleichsfeuchte zurückgeführt werden kann. Auf der Grundlage dieses Ergebnisses wurden u.a.<br />
zwei Stege der 45 Jahre alten Hohenzollernbrücke in Berlin als erste Applikation des Verfahrens an<br />
einem Realbauteil untersucht.<br />
Im Falle der Verwendung elektrisch vom Beton entkoppelten Spannstahles, z.B. bei einer PE-ummantelten<br />
Monolitze, sind die Resonanzen in jedem Fall ersichtlich. Dies gilt auch für den Fall,<br />
dass ein anderer, direkt in Beton gebetteter Stab mit einem PE-ummantelten Stab als Massereferenz<br />
ausgemessen wird. Beim Messvorgang mit einem Massestab als Referenz kann generell ein bessere<br />
Messdynamik erwartet werden.<br />
Von großer baupraktischer Bedeutung ist die Variierung des Feuchtegehalts bzw. des Materials in<br />
Stablängsrichtung. Um diesen Fall zu simulieren, wurde ein 6 m-langer Balken in 1 m-langen Abschnitten<br />
intermittierend zu verschiedenen Zeitpunkten betoniert. Die entsprechenden Messwerte<br />
sind plausibel und fanden Eingang in die Bruchmodellierung des TP C1b (Jacob/Johannes).<br />
Einfluss der Art und Anordnung der Stahlzugglieder<br />
Neben umfangreichen Laborversuchen an kurzen stabförmigen Bauteilen unterschiedlicher Anordnung,<br />
Zusammensetzung und Beaufschlagung wurden die Einflüsse von Bündelspanngliedern und
- 205 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Ankerkörpern mit umgebender Bewehrung in Laborversuchen mit komplexeren Spanngliedführungen<br />
untersucht, um die Einsetzbarkeit in Bauteilen und Bauwerken zu verifizieren. Hierbei wurden<br />
die realen Bauwerksbedingungen so genau wie möglich nachgebildet. So wurde in Versuchen mit<br />
in Beton gebetteten Einzelstäben der Bruchabstand der Spanngliedenden variiert. Der Bruch konnte<br />
erst bei einem Abstand der Einzelstäben von 0,05 cm 1 cm eindeutig nachgewiesen werden. Im<br />
weiteren Verlauf wurde der Einfluss der in der Praxis häufig auftretenden elektrischen Verbindung<br />
des Spanngliedes mit dem Hüllrohr sowie mit der umgebenden schlaffen Bewehrung simuliert. Bei<br />
elektrischem Kontakt mehrerer nebeneinander liegender Litzen (Kurzschluss) kann der Bruch einer<br />
Litze mit diesem Verfahren jedoch nicht identifiziert werden. Gleiches gilt für den Fall des punktuellen<br />
bzw. abschnittsweisen Hüllrohrkontaktes. Im Gegensatz hierzu hat die Koppelmuffe im Falle<br />
einer Kopplung zweier Spannstähle keinen Einfluss auf das Messergebnis, d.h. die elektromagnetische<br />
Welle „sieht“ das gesamte Spannglied. Ein Bügelkorb aus Schlaffstahl mit lokalem, direktem<br />
Kontakt einzelner Spannstähle wies keinerlei Einschränkungen hinsichtlich der Interpretationsfähigkeit<br />
der Messwerte auf. Entscheidend ist daher offenbar der Oberflächenzustand der elektrisch in<br />
Verbindung stehenden Bauteile.<br />
Durch zusätzliche Verkopplungen der Stäbe oder durch Anregung unmittelbar hinter der Ankerplatte<br />
können in den Messergebnissen weitere Resonanzen bzw. Störungen auftreten. Am Ankerkopf<br />
ist ein Mindestabstand der Einkoppelstelle von ca. 10 cm vorzusehen; eine komplette elektrische<br />
Entkopplung des Spannstahles z.B. durch Kunststoffbeschichtung ist empfehlenswert, jedoch<br />
nicht notwendig.<br />
Im Sandbett wurden 5 m lange Spanndrähte auf der gesamten Länge im Zeitraum von über 18 Monaten<br />
korrosiv durch NaCl-Lösung beansprucht. Es wurde nachgewiesen, dass die gleichmäßiguniforme<br />
Korrosionsschädigung auf der gesamten Stablänge keinen nachweisbaren Einfluss auf das<br />
Messsignal aufweist.<br />
Um auch praxisgerechte, größere Spannstahllängen im Versuch abzubilden, wurde ein instrumentierter<br />
20 m-Balken konzipiert, wobei jedoch bezüglich der Aussagefähigkeit der Messwerte keine<br />
generellen Unterschiede zu den Versuchskörpern mit kleineren Längen festgestellt werden konnte.<br />
Die elektromagnetische Dämpfung nimmt jedoch mit der Spanngliedlänge zu.<br />
Die vom TP C1b (Jacob/Johannes) erprobten alternativen Einkopplungskonzepte, u.a. durch ein<br />
Anpassnetzwerk, erwiesen sich aus messtechnischer Sicht als ungeeignet.<br />
Anwendungserprobung an den Ersatzbauwerken<br />
Das Verfahren wurde und wird zur Bruchortung an den verschiedenen C2-Ersatzbauwerken eingesetzt.<br />
So wurden bei den Versuchskörpern „simulierter Horizontalanker“ und der BRESPA-Spannbetonhohlplatte<br />
einzelne Drähte systematisch, t.w. korrosiv geschädigt. Abb. 11 zeigt hierzu eine<br />
Messreihe für die Zustände vor und nach dem Bruch eines Einzeldrahtes. Auch nach dem erwarteten,<br />
aber derzeit noch nicht eingetretenen Versagen einzelner Spannstähle an den Ersatzbauwerken<br />
vom Typ Plattenstreifen „Duett“ und den Erdankern soll dieses Verfahren der Bruchdetektion zur<br />
Anwendung kommen. Die externe Ankopplung an die Spannstähle des Erdankers wurde aus baupraktischen<br />
Erwägungen dahingehend optimiert, den Anschlusspunkt robust und dauerhaft auszubilden.
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
2.3.4 Online-Monitoring und Überwachbarkeit der Konstruktionen<br />
Über die Ergebnisse der in Zusammenarbeit mit dem TP A1 (Hosser) am Ersatzbauwerk „Duett“<br />
durchgeführten zuverlässigkeitsorientierten Schwachstellenanalyse wurde in [HOSSER et al. <strong>2003</strong>]<br />
und oben berichtet. Der nächste in der 3. FP im TP D3 angedachte Schritt ist die Umsetzung der<br />
gewonnen Erkenntnisse an der Herrenbrücke in Lübeck. Bei dessen Dauerüberwachung gilt es, die<br />
temperatur- und lastbedingten Dehnungen bzw. Verschiebungen zu separieren. Hierzu wurden in<br />
der 2. FP des TP C2 sowohl Kalman-Filter als auch neuronale Netze erprobt.<br />
Nach der Formulierung eines Zustandsmodells für das Brückenbauwerk und bei Anwendung der<br />
Kalman-Filter-Technik stellte sich heraus, dass sich der Filter besser zur Glättung bzw. Filterung<br />
von Messreihen eignet als zur Ermittlung von Bauwerksdehnungen über eine Schätzung der Bauwerkstemperatur.<br />
Abb. 12 zeigt das Ergebnis der Filterung für Sensor 1 des Randträgers 4 mit einer<br />
Modellunsicherheit Q = 10 -5 (Q-Stabilisierung) für den Zeitraum von einer Woche und die Differenz<br />
zwischen Mess- und Filterwert (d.h. Last). Details bzgl. Modellbildung bzw. Wahl der Aus-<br />
gangsparameter sind in [FRISCHMUT 1998] zu finden.<br />
Reflektionsparameter [dB]<br />
0<br />
-2<br />
-4<br />
-6<br />
-8<br />
-10<br />
L1 L2 L3 L4 L5 L6 L7 L8<br />
0 25 50 75 100 125 150 175 200 225 250<br />
Frequenz f [MHz]<br />
Abb. 11: Frequenzabhängiger Reflexionsparameter für die Spannbetonhohlplatte BRESPA mit<br />
oberer Spanndraht- und unterer Litzenbewehrung, Initialstablänge des Stabes 2 4,8 m, nach<br />
Bruch 2,4 m<br />
Verlängerung<br />
[mm]<br />
0.008<br />
0.005<br />
0.003<br />
0.000<br />
-0.003<br />
-0.005<br />
-0.008<br />
-0.010<br />
�f Stab 3<br />
�f Stab 1<br />
1 2 3 4 5 6<br />
�f Stab 2, Bruch<br />
Lasten aus der Differenzbildung Q = 10 -5<br />
- 206 -<br />
Spanndraht 1<br />
Spanndraht 2, gebrochen<br />
Spanndraht 3<br />
0 96 192 288 384 480 576 672<br />
Zeit [15min]<br />
Abb. 12: Filterung des Messschriebs einer repräsentativen Woche mit einer Modellunsicherheit von<br />
10 -5 - Differenz zwischen gemessenen und gefilterten Werten (Sensor 1 am Randträger 4) der<br />
Herrenbrücke Lübeck
- 207 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Die als repräsentativ angenommenen Beispielsdaten sind in der Woche vom 30.10.2000 bis zum<br />
05.11.2000 gemessen worden. Die Einteilung der Abszisse in Intervalle von 96 Messungen ergibt<br />
sich dabei aus der Abtastrate von 15 Minuten. Da ein Intervall von 96 Messungen einem Tag entspricht,<br />
können bei dieser Einteilung tageszeitlich bedingte Erscheinungen erkannt werden. Als<br />
Ordinate sind die Längenänderungen an den Wegaufnehmern in Millimetern aufgetragen. Abb. 12<br />
zeigt, dass der Filter in der Lage ist, temperaturbedingte Anteile nahezu vollständig auf der Grundlage<br />
von temperaturkorrigierten Messreihen (d.h., unter Berücksichtigung der thermischen Ausdehnung<br />
der Messgestänge) aus der Messspur zu filtern. Inwieweit Teile des Nutzsignals, d.h. lastbedingte<br />
Verschiebungen, verloren gehen, lässt sich allerdings nicht feststellen, da die reale Lastkurve<br />
nicht bekannt und daher kein direkter Vergleich a priori möglich ist.<br />
Beim Einsatz von neuronalen Netzen wurde für das Brückenbauwerk ein Multi Layer Feedforward<br />
Netz (MLFF) gewählt, bei dem Phänomene wie beispielsweise hohe Temperaturgradienten oder<br />
lange Phasen sehr geringer Temperaturänderung auf unterschiedlichen Temperaturniveaus trainiert<br />
werden müssen. Die praktische Umsetzung erfolgte mit dem Softwarepaket Qnet21, das nur bedingt<br />
Beeinflussungen des Netzes zuließ. Das derzeitige Problem besteht in der Wahl der Eingabemuster,<br />
welche die maßgebenden Einflussgrößen, wie die Dauer und die Amplitude von Temperaturänderungen,<br />
korrekt und repräsentativ für alle auftretenden Muster in allen Temperaturbereichen wiedergeben<br />
müssen. Die Erkennbarkeit größerer lastbedingter Verschiebungen ist bei Sensoren, die in<br />
Feldmitte angebracht sind, größer als bei Sensoren in Stützennähe. Die Separation zwischen Last-<br />
und Temperaturverschiebungen erfolgt somit in Feldmitte besser als in Stützennähe. Letztere dienten<br />
als Trainingsdaten, d.h. Datenschriebe von ca. 18 Monaten wurden dem Netz eingespeist. Die<br />
Subtraktion der erwarteten Temperaturverschiebungen von den gemessenen Werten erlaubt den<br />
Rückschluss auf lastbedingte Verformungen.<br />
Verlängerung [mm]<br />
Verlängerung [mm]<br />
0.06<br />
0.04<br />
0.02<br />
0<br />
-0.02<br />
-0.04<br />
0.06<br />
0.04<br />
0.02<br />
0<br />
-0.02<br />
Messwerte / Netzausgaben<br />
Meßwerte<br />
-0.06<br />
-0.08<br />
Netzausgaben<br />
768 864 960 1056 1152 1248 1344 1440 1536 1632 1728 1824 1920 2016 2112 2208<br />
Differenz Messwerte-Netzausgaben<br />
Zeit [Messungen]<br />
-0.04<br />
768 864 960 1056 1152 1248 1344 1440 1536 1632 1728 1824 1920 2016 2112 2208<br />
Abb. 13: Auszug aus den Messwerten, Netzausgaben sowie deren Differenz<br />
Zeit [Messungen]
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Abb. 13 zeigt ein exemplarisches Ergebnis. Die negativen Peaks werden gut nachvollzogen während<br />
dies für die zeitlich länger andauernden Verschiebungen im positiven Bereich nicht gilt. Der<br />
Grund für das Verhalten ist vermutlich, dass für diese Muster weniger Trainingsdaten vorliegen als<br />
für die negativen Peaks. Gut erkannt werden hingegen kleinere Veränderungen um den Mittelwert<br />
nahe der Nullachse. Die bisher durchgeführten Arbeiten lassen realistische Erfolgschancen für eine<br />
Auswertung bzw. Prognose der an der Herrenbrücke bislang ermittelten Daten zu. In der 3. FP des<br />
TP D3 soll ein eigenes dynamisches rekursives Netz implementiert werden, um eine hohe Anzahl<br />
von Iterationen bei erträglicher Rechenzeit zu ermöglichen, das ggf. eine dynamische Schwellwertüberwachung<br />
entsprechend Abb. 14 ermöglicht.<br />
Temperatur<br />
Dehnungsmeßwerte<br />
Neuronales<br />
Netz<br />
Erwartete<br />
Dehnungen<br />
�<br />
�<br />
- 208 -<br />
Schwellenwertüberwachung<br />
Abb. 14: Nutzung eines neuronalen Netzes als Teil einer Schwellwertüberwachung<br />
Ausgabe bei Schwellenwertüberschreitung<br />
2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />
Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />
Insbesondere im Zeitraum der 2. FP hat die Zahl internationaler Kongresse und die Zahl der Veröffentlichungen<br />
zur Bauwerksüberwachung beträchtlich zugenommen. Die Bedeutung der Überwachung<br />
und das Forschungsinteresse werden hierdurch deutlich. Ein aktueller Überblick zum Monitoring<br />
von Bauwerken als „State-of-the-art-report“, insbesondere von Brückentragwerken, wird in<br />
[CHASE 1997], [CIOLKO & TABATABAI 1999] und in [FIB <strong>2003</strong>] gegeben. Das TP C2 trägt mit<br />
seinen Arbeiten wesentlich zur Wissensentwicklung bei und gehört mit der Entwicklung der magnetoelastischen<br />
Spannkraftmessung und der HF-Bruchortung zu den international führenden Arbeitsgruppen.<br />
Die angedachten Methoden zum Korrosionsmonitoring sind derzeit konkurrenzlos.<br />
Der Stand der Technik der Faser-Bragg-Gitter-Sensoren (FBGS) hat eine fortgeschrittene Entwicklungsstufe<br />
erreicht. Im Wesentlichen werden FBGS auf Trägerbauteile appliziert, die dann zur<br />
Wegmessung dienen. Problematisch bleibt weiterhin die direkte Applikation von faseroptischen<br />
Sensoren, z.B. auf Spannstahl, zum Zweck der unmittelbaren Dehnungsmessung.<br />
In den letzten drei Jahren haben [LIU et al. 2000] und [SAM & CHOI 2002] Arbeiten veröffentlicht,<br />
die sich mit der Erfassung des Spannungszustands von Spannstahl mittels magnetischer<br />
Messverfahren befassen. Beide Verfahren befinden sich noch im frühen Entwicklungs- und Erprobungsstadium<br />
und weisen einige konzeptionelle Nachteile auf. So ist z. B. beim erstgenannten Verfahren<br />
aufgrund der verwendeten, relativ kleinen Feldstärke keine Bestimmung der absoluten<br />
Spannkraft möglich. Da keine vollständige Magnetisierung der Spannglieder erfolgt, beeinflussen<br />
die Eigenspannungen des Spannstahles das Messergebnis erheblich.<br />
Zur Spannstahlbrucherkennung werden zur Zeit überwiegend die magnetischen Verfahren nach<br />
[HILLEMEIER & SCHEEL 2002] und [KRAUSE et al. <strong>2001</strong>] eingesetzt. Diese haben in den letzten<br />
Jahren ihre Praxistauglichkeit bewiesen. Zur Zeit werden diese Verfahren im Detail (z B. Messgeschwindigkeit,<br />
Auflösung) verbessert. Bei diesem Verfahren wird die Spur des magnetisierten
- 209 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
Spanngliedes von außen an der Oberfläche des Bauwerks mit einem Magnetfeldsensor abgefahren.<br />
Wegen dieses Vorgehens schließen sich einige Anwendungsfälle, wie z. B. die Überprüfung von<br />
Erdankern, aus; zudem ist je nach baulicher Gegebenheit der Aufwand teilweise sehr hoch.<br />
Ein weiteres magnetisches Verfahren zur Brucherkennung ist von [LAGUERRE 2000] vorgestellt<br />
worden. Bei diesem Verfahren wird der magnetoelastische Effekt ferromagnetischer Materialien<br />
ausgenutzt. Die bisherigen Untersuchungen wurden an Einzelspanngliedern in Luft durchgeführt.<br />
Da mechanische Wellen im Stahl in Betonumgebung sehr stark gedämpft werden, ist zu erwarten,<br />
dass das Verfahren ähnlich wie die Ultraschallverfahren nur für kurze Spannglieder (1-2 m) oder<br />
Spannglieder in Luft geeignet ist.<br />
Auf dem Gebiet der Korrosionssensorik von Stahlbetonbauwerken sind in der jüngsten Vergangenheit<br />
einige Fortschritte erzielt worden, u.a. [LEE et al. <strong>2003</strong>]. Einen generellen Überblick über den<br />
aktuellen Stand der Korrosionsmesstechnik bei Stahlbetonbauwerken geben [BJEGOVIC et al.<br />
2000], [SCHIEGG 2002] und [SWAMY (ed.) 2002]. Problematisch bleibt i.A. der nachträgliche<br />
Einbau der Sensorik in bestehende Bauteile sowie die Größe konventioneller Stellvertretersensorik.<br />
Für die 2. Korrosionsmonitoringstufe (Schädigungsphase) bei Spannbetonkonstruktionen sind bisher<br />
keine (neuen) gangbaren zerstörungsfreien In-Situ-Prüfverfahren verfügbar. Die Arbeiten des<br />
TP C2 haben hier Pioniercharakter.<br />
2.5 Offene Fragen<br />
Trotz zum Teil großer Fortschritte auf dem Gebiet der Überwachung von Spannelementen in den<br />
vergangenen Jahren sind wichtige Detailfragen noch ungeklärt. Insbesondere die direkte und nachträgliche<br />
Applikation der Sensorik an bestehende Bauwerke und die daraus resultierenden Anforderungen<br />
an die Messtechnik bezüglich Dauerhaftigkeit und Robustheit sind zu lösen. Die modernen<br />
Möglichkeiten der Schnurlos-Datenübertragung sind in die bestehenden Monitoringsysteme zu<br />
implementieren. Ebenfalls noch offen sind Konzepte für das Monitoringmanagement zur Strategieumsetzung<br />
am Realbauwerk und zum Daten- und Kostenmanagement.<br />
Bisher ist es nur möglich, die integrale Spannkraft eines Spanngliedes magnetoelastisch zu bestimmen.<br />
Das primäre Ziel zur magnetoelastischen Spannkraftüberwachung in der 3. FP ist die selektive,<br />
d.h. tiefenabhängige Magnetisierung einzelner Drahtreihen einer Litze durch Variierung der<br />
Erregerspannungsfrequenz, wodurch auch eine Aussage zu lokalen Schädigungen möglich wird.<br />
Im Bereich der Korrosionssensorik herrscht dringender Bedarf für zerstörungsfreie Messverfahren<br />
zur direkten, großflächigen Bestimmung des Ausmaßes und des Ortes der Korrosionsschädigung<br />
am Spannstahl. So ist eine weitere Miniaturisierung und Vereinfachung der Stellvertretersensorik<br />
sinnvoll. Zur Interpretation rauschbehafteten Signale müssen geeignete Filter und Auswertealgorithmen<br />
gefunden und erprobt werden. Nicht nur in diesem Bereich ist die Festlegung von Alarm-<br />
bzw. Schwellwerten in Abhängigkeit der Rand- und Umgebungsbedingungen essentiell.<br />
Aus den offenen Arbeitspunkten wird die Sinnhaftigkeit deutlich, die C2-Sensorik an größeren,<br />
komplexeren Ersatzbauwerken und an Realbauten im Rahmen auch von Langzeitmessungen zu<br />
erproben. Daher soll das TP C2 in der 3. FP als anwendungsnahes TP D3 weitergeführt werden.
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
2.6 Literatur<br />
BJEGOVIC, D., MIKULIC, D., SEKULIC, D., 2000, Nondestructive corrosion rate monitoring for<br />
reinforced concrete structures, 15th World Conference on Nondestructive Testing, Roma (Italy),<br />
15-21 October 2000<br />
CHASE, S.B. and WASHER, G., 1997, Nondestructive evaluation for bridge management in the<br />
next century, Public Roads, Bob Bryant, Editor, 61(1), 16-25, Federal Highway Administration,<br />
Washington D.C., July/August, 1997<br />
CIOLKO, A.T., and TABATABAI H., 1999, NCHRP Web Document 23 (PROJECT 10-53), Contractor's<br />
Final Report: Phase I--Technology Review, Nondestructive Methods for Condition<br />
Evaluation of Prestressing Steel Strands in Concrete Bridges, Final Report, Phase I: Technology<br />
Review, National Cooperative Highway Research Program Transportation Research Board, National<br />
Research Council, NCHRP Project 10-53March 1999<br />
FIB, <strong>2003</strong>, Monitoring and safety evaluation of existing concrete structures, state-of-art report, FIB<br />
Bulletin 22, Task Group 5.1., fib, March <strong>2003</strong><br />
FRISCHMUT, U., 1998, Der erweiterte Kalman-Filter zur Unterdrückung harmonischer Störsignale<br />
in der Seismik, Dissertation, TU Clausthal<br />
HILLEMEIER, B.; K; SCHEEL, H., 2002, Non-Destructive Location of Prestressed Steel Fractures<br />
in Post-Tensioned and Prestressed Concrete, Transportation research board Committee<br />
A2C03-Concrete Bridges, Washington (DC), January 2002<br />
KRAUSE, H.-J.; WOLF, W.; SAWADE, G; NEUDERT, G.; GAMPE, U., <strong>2001</strong>, Spannstahlbruchmessungen<br />
mit Magnetfeld, DGZfP-Berichtsband 76-CD, Fachtagung Bauwerksdiagnose<br />
Leipzig, Oktober <strong>2001</strong><br />
LAGUERRE, L.; 2000, Generation and Detection of Elastic Guided Waves with Magnetoelastic<br />
Device for the Nondestructive Evaluation of Steel Cables and Bars, Laboratoire Central des Ponts et<br />
Chaussée (LCPC), WCNDT 2000, Rome<br />
LEE, H.S., SHIN, S.W.; AHN, J.M., KIM, Y.C.; KHO, Y.T., <strong>2003</strong>, Development of corrosion sensors<br />
for monitoring steel-corroding agents in reinforced concrete structures, Materials and Corrosion<br />
54 (<strong>2003</strong>), 229-234<br />
LIU, J.-G., BECKER, W.-J., GERHOLD, T., RICKEN, W., FEHLING, E., 2000, Einfluss der Vorspannungsänderung<br />
an Spannstahl mittels Wirbelstromsensoren, in: DGZfP- und VDEh-Workshop:<br />
Materialcharakteristiken durch Simulation und physikalische Messtechniken bei der Herstellung<br />
von Stahlerzeugnissen, 10. Mai 2000, Düsseldorf<br />
SAM, R.; CHOI, Y., 2002, Development of an electromagnetic based sensor for measurement of<br />
mechanical force in prestressed steel cables and tendons, in: Proceedings of the 1 st European<br />
Workshop on Structural Health Monitoring 2002, July 10-12 2002, École Normale Supérieure, Cachan<br />
(Paris), France, 469-476<br />
SCHIEGG, Y., 2002, Online-Monitoring zur Erfassung der Korrosion der Bewehrung von Stahlbetonbauten,<br />
Diss., Technische Wissenschaften ETH Zürich<br />
SWAMY, R.N (Editor), 2002, Corrosion and Corrosion Monitoring, in: Cement & Concrete Composites,<br />
Vol. 24, February 2002<br />
- 210 -
- 211 -<br />
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
TUUTTI; K; 1982, Corrosion of steel in concrete, Stockholm, Swedish Cement and Concrete Research<br />
Institute, CBI forskning/ research, 04/ 1982<br />
VDI/ VDE-IT, <strong>2001</strong>, Abschlussbericht Optische Fasergitter-Sensorsysteme für die Überwachung<br />
technischer Anlagen (FAGS), Reihe: Innovationen in der Mikrosystemtechnik, Band 75 (<strong>2001</strong>)<br />
2.7 Dokumentation der aus dem <strong>Sonderforschungsbereich</strong> entstandenen Vorträge und<br />
Veröffentlichungen der vergangenen 3 Jahren.<br />
Erteiltes Patent:<br />
BUDELMANN, H., JACOB, A.F., WICHMANN, H.-J., JANNSEN, B., SCHNEIDER,<br />
G., HARIRI, K.: Verfahren zur Zustandserkennung von elektrisch leitfähigen länglichen Spanngliedern,<br />
Deutsches Patent- und Markenamt, DE 101 02 577 C1 (20. Juni 2002)<br />
Zeitschriftenbeiträge:<br />
BUDELMANN, H., HOSSER, D., DEHNE, M., HARIRI, K., HOLST, A., Innovative monitoring<br />
and weak-point-identification at PC-members, Journal of Structural Engineering, submitted for<br />
publication<br />
HARIRI, K., HOLST, A., WICHMANN, H.-J., BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>, Assessment of the State<br />
of Condition of Prestressed Concrete Structures with Innovative Measurement Techniques, Journal<br />
of Structural Health Monitoring, SAGE Publications, Vol.2, No.2, June <strong>2003</strong>, 179-185<br />
HOSSER, D., BUDELMANN, H., DEHNE, M., HARIRI, K., HOLST, A., <strong>2003</strong>, Monitoring und<br />
Schwachstellenidentifizierung bei Spannbetonbauwerken, Beton- und Stahlbetonbau, (98) <strong>2003</strong>,<br />
Heft 4, 217-225<br />
Kongressbeiträge (mit Vortrag):<br />
BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>a, Innovative Bauwerksüberwachung, VDI-Berichte 1757, VDI-Verlag,<br />
Düsseldorf, <strong>2003</strong>, 1-8<br />
BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>b: Monitoring von Betonbauwerken, 15. ibausil- internationale Baustofftagung<br />
Weimar, Vortragsnr. 2.27, 24.-27.9.<strong>2003</strong>, in Druck<br />
BUDELMANN, H., HARIRI, K., SCHMIDT-DÖHL, F., ROSTÁSY, F.S., 2000, Monitoring of<br />
Reinforced and Prestressed Concrete Structures, in: International Workshop on the present and<br />
future in health monitoring, Weimar, 3.-6.9. 2000, 135-145<br />
BUDELMANN, H., HARIRI, K., JACOB, A.F., JANNSEN, B., SCHNEIDER, G., WICHMANN,<br />
H.-J., <strong>2001</strong>, Detection and Localization of Fractures in Tendons by Means of Electromagnetic<br />
Resonance Measurement in: Proc. 3 rd Int. Workshop on Structural Health Monitoring, Stanford,<br />
USA, Sept. <strong>2001</strong>, 1333-1342<br />
BUDELMANN, H., HARIRI, K., HOLST, A., <strong>2003</strong>, Realistic Full Scale Laboratory Tests for the<br />
Improvement of Long Term Monitoring Systems, in: Proceedings of the 4th International Workshop<br />
on Structural Health Monitoring, September 15-17 <strong>2003</strong>, Stanford, USA, Stanford University,<br />
USA, in print<br />
BUDELMANN, H., ROSTÁSY, F.S., HARIRI, K., HOLST, A.; WICHMANN, H.-J., <strong>2003</strong>, Zustandserfassung<br />
und -beurteilung vorgespannter Zugglieder durch Monitoring, Tagungsband Berichtskolloquium<br />
des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, 16./17. Juni <strong>2003</strong>, 69-77
C2<br />
Budelmann, Rostásy<br />
HARIRI, K., 2002, Monitoring der Herrenbrücke in Lübeck, in: 56. Seminar des Deutschen Vereins<br />
für Vermessungswesen e.V.: Interdisziplinäre Messaufgaben im Bauwesen, Weimar, 16. und<br />
17. September 2002, No. 43 of the series of publications of DVW e.V., 139-150<br />
HARIRI, K., HOLST, A., WICHMANN, H.-J., BUDELMANN, H., <strong>2001</strong>, Monitoring des Zustands<br />
von Spannbetonbauwerken mittels innovativer Messtechnik, VDI-Berichte 1599, VDI-Verlag, Düsseldorf,<br />
171-178<br />
HARIRI, K., HOLST, A., WICHMANN, H.-J., BUDELMANN, H., 2002, Assessment of the State<br />
of Condition of Prestressed Concrete Structures with Innovative Measurement Techniques and First<br />
Applications, in: Proceedings of the 1 st European Workshop on Structural Health Monitoring 2002,<br />
Edited by Daniel L. Balageas, July 10-12, 2002, École Normale Supérieure, Cachan (Paris), France,<br />
1278-1285<br />
HOLST, A., <strong>2001</strong>, Monitoring vorgespannter Zugglieder in: Beiträge zum 40. DAfStb-Kolloquium<br />
an der TU Braunschweig, 11.-12.Oktober <strong>2001</strong>, 19-30<br />
HOLST, A., HARIRI, K., BUDELMANN, H., 2002, Corrosion Monitoring of Prestressed Steel in<br />
Concrete Members, in: Proceedings of the 1 st International Workshop on Structural Health Monitoring<br />
(Editor: Aftab A. Mufti), ISIS Canada Corporation, September 19-20 2002, Winnipeg, Canada,<br />
497-506<br />
ROSTÁSY, F.S., BUDELMANN, H., HARIRI, K., HOLST, A.; WICHMANN, H.-J., 2000, Zustandserfassung/<br />
-beurteilung vorgespannter Zugglieder durch Monitoring, Tagungsband Berichtskolloquium<br />
des <strong>SFB</strong> <strong>477</strong>, 22./23. Juni 2000, 73-77<br />
ROSTÁSY, F.S., BUDELMANN, H., HARIRI, K., HOLST, A., WICHMANN, H., <strong>2003</strong>, Zustandserfassung<br />
und –beurteilung vorgespannter Zugglieder durch Monitoring, VDI-Berichte 1757,<br />
VDI-Verlag, Düsseldorf, 111-116<br />
WICHMANN, H.-J., HARIRI, K., HOLST, A., BUDELMANN, H., <strong>2003</strong>, Detection and Localization<br />
of Fractures in Tendons by Means of Electromagnetic Resonance Measurement, in: Proceedings<br />
of the International Symposium on Non-Destructive Testing in Civil Engineering (NDT-CE),<br />
September 16-19 <strong>2003</strong>, Berlin, in print<br />
WICHMANN, H.-J., LAUBE, M., <strong>2003</strong>, Vorspannungsmessungen mit einem magnetoelastischen<br />
Messverfahren, VDI-Berichte 1757, VDI-Verlag, Düsseldorf, 473-480<br />
Weitere Berichte:<br />
BUDELMANN, H., 2002, Monitoring für Betonbauwerke. Aus dem Stahlbeton- und Spannbetonbau<br />
und benachbarten Bereichen, Festschrift Friedhelm Stangenberg, Ruhruniversität Bochum,<br />
Oktober 2002, 55-67<br />
BUDELMANN, H., HARIRI, K., <strong>2003</strong>: Vom Labor bis zum Betonbauwerk: Entwicklungsmethodik<br />
für Monitoring-Systeme, Festschrift 60. Geb. Peter Schießl, TU München, <strong>2003</strong>, 389-396<br />
- 212 -
Überwachung und Beurteilung von Deponien<br />
Prof. Dr.-Ing. K. Fricke<br />
Prof. a. D. Dr.-Ing. H.-J. Collins<br />
Dr.-Ing. G. Ziehmann<br />
Dr.-Ing. K. Münnich<br />
2.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
- 213 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Die in der Vergangenheit vielfach erfolgte unkontrollierte Ablagerung von Abfällen sowie die sich<br />
daraus ergebenden Folgen für die Umwelt haben dazu geführt, dass die Anforderungen an die Verwertung,<br />
die Behandlung und die Deponierung von Abfällen in den letzten Jahren deutlich gestiegen<br />
sind. So ist seit 1993 [TASi 1993] bei der Anlage von Neudeponien eine vollständige Kapselung<br />
der deponierten Abfälle durch Basis- und Oberflächenabdichtungssysteme vorzusehen. Ab<br />
dem Jahre 2005 sind alle Abfälle vor der Ablagerung so zu behandeln, dass die strengen Kriterien<br />
der Deponieverordnung [2002] in Bezug auf die Restemissionen eingehalten werden können.<br />
Die Funktionsfähigkeit beider Abdichtungssysteme sowie der weiteren funktionalen Elemente im<br />
Deponiekörper, wie z. B. Gasfassungs- und Sickerwassersammelsystem, muss während der Betriebs-,<br />
der Stilllegungs- und Nachsorgephase kontrolliert werden. Die Betriebsphase umfasst dabei<br />
– je nach Deponiegröße – mehrere Jahre bis zu mehreren Jahrzehnten; die sich daran anschließende<br />
Stilllegungsphase kann ebenfalls bis zu zwei Jahrzehnten betragen. Die Überwachungs- und Kontrollarbeiten<br />
in der Nachsorgephase müssen – wie in der Deponie-verordnung [2002] festgelegt -<br />
mindestens über 30 Jahre sichergestellt werden, wobei zu erwarten ist, dass in vielen Fällen dieser<br />
Zeitraum nicht ausreichend sein wird.<br />
Zu Beginn der Antragstellung für die erste Phase im Jahr 1997 existierten nur wenige Veröffentlichungen<br />
und Forschungsarbeiten, die sich mit der Thematik der Überwachung und der Prognose<br />
von Deponien befassten. Dabei wurden oft Einzelaspekte unter speziellen Rand-bedingungen untersucht,<br />
wie z.B. Deponieabdichtungssysteme [HOLZLÖHNER 1994]. Seither sind in Deutschland,<br />
aber auch international weitere Untersuchungen von Einzelaspekten oder speziellen Randbedingungen<br />
hinzugekommen [z.B. BMBF 1999, DE POLI et al. 1999, KAVAZABJIAN et al. 1999,<br />
ZIEHMANN 2000, HUDSON et al. <strong>2001</strong>, KRÜMPELBECK <strong>2001</strong>], die dann die Grundlage für<br />
Prognoseansätze des Gesamtverhaltens von Deponien bilden. Eine Übertragbarkeit der ermittelten<br />
Ergebnisse und der erstellten Modellansätze auf Siedlungsabfalldeponien sowie eine Verallgemeinerung<br />
der Thesen und Vorgehensweisen ist oft nur sehr eingeschränkt möglich. Es war aufgrund<br />
des geringen Wissensstandes deshalb unklar, welche Parameter langfristig Auskunft über das Gefährdungspotential<br />
des deponierten Abfalls geben und welche Messungen in welchen räumlichen<br />
und zeitlichen Abständen durchgeführt werden müssen, um das Gefährdungspotenzial des deponierten<br />
Abfalls und die Funktionsfähigkeit der Sicherheitseinrichtungen, insbesondere der Dichtungssysteme<br />
und der Sickerwasser- und Gasfassung, zu überprüfen.
D1<br />
Fricke, Collins<br />
In der ersten Phase des TP D1 im <strong>SFB</strong> <strong>477</strong> wurden Methoden, Messgeräte [ZIEHMANN und<br />
COLLINS 2000] und das Wasserhaushaltsmodell EWA [MÜNNICH 2000] sowie in Zusammenarbeit<br />
mit TP B5 und B6 Transport- und biochemische Umsetzungsmodelle entwickelt. Die Arbeiten<br />
sind in [COLLINS und ZIEHMANN 2000] zusammengefasst. Mit den Entwicklungsarbeiten soll<br />
das Emissionsverhalten von Deponien zukünftig mit In-Situ-Messungen bestimmt und prognostiziert<br />
werden. Auf den Messungen und Prognosen basierend, kann ein adaptives Monitoring mit dem<br />
Ziel einer Minimierung der erforderlichen In-Situ-Messungen entwickelt werden.<br />
Zusätzlich wurden erste Messdaten an Deponien aufgenommen und eine Basis für die Laborversuche<br />
und Modelle der TP D1 und B5 geschaffen.<br />
2.2 Angewandte Methoden<br />
Die Untersuchungen der zweiten Phase gliedern sich thematisch in zwei Komplexe:<br />
� Mechanisches Verhalten deponierter Abfälle,<br />
� Deponieemissionen.<br />
Mechanisches Verhalten deponierter Abfälle<br />
Die Abdichtungskonstruktion von Deponien wird durch zahlreiche Einflussgrößen beansprucht.<br />
Eine wesentliche Größe ist die biochemische Umsetzung von Abfallbestandteilen. Sie führt dabei<br />
zum einen zu einer Reduktion der Masse und des Volumens, was große Verformungen der Abdichtungskonstruktion<br />
nach sich ziehen kann, und zum anderen zu einer direkten chemischen Beanspruchung<br />
der Abdichtungskonstruktion. Die direkte chemische Beanspruchung resultiert dabei aus<br />
Gas und Wasser, welches mit chemischen Inhaltstoffen belastet ist. Eine weitere Einflussgröße ist<br />
das physikalische, bei Deponien vor allem das mechanische Verhalten von Abfällen, z. B. seine<br />
Stabilität und die auflastabhängigen und auflastunabhängigen Verformungen. Hinzu kommen thermische<br />
Beanspruchungen als Folge von Umsetzungsprozessen sowie hydraulische Belastungen<br />
durch eingestautes Wasser und ggf. Porenwasserdrücke.<br />
In der ersten Antragsphase wurden die mechanischen Beanspruchungen weitestgehend ausgeklammert.<br />
Mit den Untersuchungen zum mechanischen Verhalten von Abfällen sowie die Auswirkungen<br />
auf die Abdichtungskonstruktion wurde in der zweiten Antragsphase begonnen.<br />
Zur Festigkeit [COLLINS et al. 1997, KOCKEL 1995] und zum Setzungsverhalten, d. h. zur eindimensionalen<br />
Verformung [KOCKEL und KÖNIG 1998, COLLINS und RAMKE 1986] von Abfall<br />
liegen bereits erste Erkenntnisse vor. Die mehrdimensionale Verformung sowie das Zusammenwirken<br />
von Verformung und Festigkeit ist jedoch bisher nicht untersucht worden. Um diesen Lückenschluss<br />
zu ermöglichen, werden Laborversuche zur Ermittlung der Grundkenntnisse mit In-Situ-<br />
Messungen kombiniert, um die fehlenden Wissenslücken zu füllen und die Verknüpfung der einzelnen<br />
Forschungsaspekte zu ermöglichen.<br />
- 214 -
Dabei sind folgende Fragestellungen zu beantworten:<br />
1. Wie groß ist der Wirkungsbereich einzelner Fasern oder „Faserketten“?<br />
- 215 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
2. Auf welchen grundlegenden physikalischen Eigenschaften beruht das Druck-Setzungs-<br />
Verhalten von Abfall (z. B. Materialbruch, viskoelastische Verformungen)?<br />
3. Wie ist der mehrdimensionale Verformungszustand von Abfall?<br />
Laboruntersuchungen:<br />
1. Ödometerversuche zur Bestimmung des E-Moduls,<br />
2. Durchlässigkeitsversuche bei unterschiedlichen Auflasten mit Hilfe modifizierter Ödometer,<br />
3. Zugversuche zur Bestimmung der Zugfestigkeitfestigkeit in großdimensionalem Zugkasten,<br />
4. Versuche zur dreidimensionalen Verformung mit einer Großtriaxialzelle.<br />
In-Situ-Untersuchungen:<br />
Die In-Situ-Messungen dienen der Ermittlung der dreidimensionalen Verformungen an Realbauwerken<br />
und der Erstellung einer Datenbank. Zur Beurteilung der Verformungen und zur Ermittlung<br />
des Spannungs-Verformungsverhaltens des Abfalls sollten die im Folgenden aufgeführten In-Situ-<br />
Messungen durchgeführt werden:<br />
1. Dreidimensionale Vermessung von Rohren in der Deponie (Teilprojekt C4),<br />
2. Inklinometervermessungen an vertikalen Rohren (z. B. Schächten),<br />
3. Hydrostatische Höhenvermessung von horizontal verlaufenden Rohren,<br />
4. Vermessung des Schurfs mit GPS und Laserscanner (Teilprojekt C4).<br />
Die In-Situ-Messungen wurden an der Deponie in Wolfsburg [HAARSTRICK et al. <strong>2003</strong>], Göttingen/Deiderode<br />
sowie an einer weiteren Deponie, deren Betreiber um Anonymisierung gebeten hat,<br />
durchgeführt. Die dritte Deponie soll daher hier mit „A“ bezeichnet werden.<br />
Während der zweiten Phase konnte der Landkreis Göttingen als Betreiber der Zentraldeponie Deiderode<br />
für die Messungen an seiner Deponie gewonnen werden. Es konnten auf der Deponie In-<br />
Situ-Versuche zur hydraulischen Leitfähigkeit, zur Transportgeschwindigkeit, zu biochemischen<br />
Umsetzungsprozessen und zur Verformung des Abfallkörpers durchgeführt werden. Damit wurden<br />
wesentlich weitreichendere Messungen möglich, als dies anfangs geplant war (s. Ergebnisse und<br />
ihre Bedeutung). Diese Messungen wurden in das Messkonzept integriert und haben andere Messungen<br />
und Aufgaben zeitlich nach hinten verschoben oder gänzlich ersetzen können.<br />
Deponieemissionen<br />
Weiterhin sind die Emissionsmessungen, mit denen in der ersten Phase begonnen wurde - ausgeweitet<br />
auf die Zentraldeponie Göttingen/Deiderode - weitergeführt worden. Das Untersuchungsprogramm<br />
umfasst jetzt folgende Komponenten:
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Labormessungen<br />
1. Messungen der gesättigten hydraulischen Leitfähigkeit bei unterschiedlichen Auflasten mit<br />
modifizierten Ödometern,<br />
2. Versuche zur Bestimmung des Oberflächenwasserabflusses bei unterschiedlich<br />
vorbehandelten und eingebauten Abfällen mit Hilfe einer selbst entwickelten Laboranlage.<br />
In-Situ-Messungen<br />
1. Sickerwasserabflussmessungen mit hoher räumlicher und zeitlicher Auflösung mit Hilfe der<br />
im Rahmen des <strong>SFB</strong> entwickelten Messgeräte,<br />
2. Bestimmung der Verlagerungsgeschwindigkeit im Abfall mit Hilfe von Tracerversuchen -<br />
Lithiumchlorid und Fluorescein (Teilprojekt B5).<br />
2.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
2.3.1 Emissionen<br />
Sickerwasserabfluss (In-situ)<br />
In der ersten Phase wurde ein Sickerwasserabflussmessgerät entwickelt und gebaut, das es ermöglicht,<br />
innerhalb der Sickerwasserleitungen von bereits bestehenden Deponien den Abfluss kleinräumig<br />
zu bestimmen. Das Verfahren ist in [COLLINS und ZIEHMANN 2000] und [ZIEHMANN<br />
und COLLINS 2000] ausführlich beschrieben.<br />
Mit Hilfe dieses Messgerätes können in Sickerwasserdränrohren an beliebigen Stellen Messungen<br />
vorgenommen werden. Hiermit können die zu untersuchenden Sickerwassereinzugsflächen F von<br />
ca. 7.500 bis 12.000 m² auf Werte bis zu 30 m² reduziert werden (Abb. 1).<br />
L 1<br />
L 2<br />
L 3<br />
F 2<br />
F 3<br />
B B<br />
F 1 F1<br />
Firstlinie Dränrohr<br />
Gefällerichtung Meßpunkt<br />
- 216 -<br />
Abfluß<br />
Abb. 1: Sickerwasserfassungssystem und Probenahmestellen zur Messung des engräumigen<br />
Sickerwasserabflusses<br />
F 2<br />
F3
3,5<br />
3<br />
2,5<br />
2<br />
1,5<br />
1<br />
0,5<br />
- 217 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Auf der Deponie A wurden Messungen zur Bestimmung des Sickerwasserabflusses mit dem neu<br />
entwickelten Gerät durchgeführt. Die dort dargestellten Messungen wurden in einem bereits oberflächenabgedeckten<br />
Bereich der Deponie durchgeführt. Die Oberflächenabdeckung besteht aus einer<br />
Kunststoffdichtungsbahn, die durch eine Schicht Bodenmaterial geringer hydraulischer Leitfähigkeit<br />
bedeckt ist.<br />
Die Annahme, dass die Sickerwasserspende nicht konstant über die Grundfläche von Deponien anfällt,<br />
konnte mit den Messungen bestätigt werden (Abb. 2). Anhand der durchgeführten Messungen<br />
konnten in einem speziellen Fall eine Leckage in der Oberflächenabdeckung festgestellt und lokalisiert<br />
werden.<br />
Im Bereich von 175 bis 225 m wurden anlässlich der Messung 4.00 deutlich erhöhte Sickerwasserspenden<br />
ermittelt. Daher wurde bei der nächsten Messung (9.00) das Messpunktraster verengt, um<br />
festzustellen, ob es sich um einen über eine große Rohrlänge erhöhten Zufluss oder um einen<br />
punktuellen Einfluss handelt. Die Messung mit verminderten Messpunktabständen wies auf einen<br />
punktuellen Zufluss hin. Nach Reparatur der Leckage traten bei Folgemessungen (11.12) im Bereich<br />
175 und 225 m keine auffälligen Sickerwasserabflüsse mehr auf.<br />
Das im Rahmen des <strong>SFB</strong> entwickelte Messgerät funktioniert seit Jahren einwandfrei und liefert<br />
zuverlässige Messergebnisse. Die ermittelten Daten dienen zum einen der Anlage einer Datenbank,<br />
mit deren Hilfe bereits vorhandene sowie die im <strong>SFB</strong> entwickelten Modelle (TP B5, B6 und D1)<br />
verbessert und verifiziert werden. Zum anderen wurde ein Messsystem geschaffen, welches es erlaubt,<br />
die Funktionsfähigkeit der Oberflächenabdeckungs- und Oberflächenabdichtungssysteme zu<br />
kontrollieren.<br />
SiWa-Spende [mm/d]<br />
SiWa-Spende 04.00<br />
Meßpunkte 04.00<br />
SiWa_Spende 09.00<br />
Meßpunkte 09.00<br />
SiWa-Spende 11.02<br />
Meßpunkte 11.02<br />
0<br />
0 50 100 150 200 250 300 350<br />
Rohrlänge [m]<br />
Abb. 2: Sickerwasserabfluss über die Länge eines Drainrohrs zu verschiedenen Zeitpunkten<br />
Basierend auf den Erkenntnissen dieser Messungen scheint es sinnvoll zu sein, nach der Aufbringung<br />
der Oberflächenabdeckung eine Kontrollmessung durchzuführen. Die Messung muss über<br />
einige Zeit turnusmäßig wiederholt werden, da die Fließgeschwindigkeit des Sickerwassers im Deponiekörper<br />
relativ gering ist. Wird für eine erste Abschätzung der Fließdauer die gesättigte hydraulische<br />
Leitfähigkeit von 10 -6 m/s (z. B. GDA-Empfehlung E 2-35) angesetzt und eine Deponie-
D1<br />
Fricke, Collins<br />
höhe von 40 m berücksichtigt, würde ein Wassertropfen an der Oberfläche erst nach ca. 450 Tagen<br />
im Entwässerungssystem ankommen. Umläufigkeiten und Kanäle, die im Abfall auftreten können<br />
und die zu erhöhten Fließgeschwindigkeiten führen („preferential flow“), sind bei dieser Betrachtung<br />
nicht berücksichtigt.<br />
Eine Fehlstelle in der Oberflächenabdeckung würde daher im ungünstigen Fall erst nach dem sich<br />
aus der oben beschriebenen Abschätzung ergebenden Zeitraum festgestellt werden können. Im gewählten<br />
Beispiel wäre deshalb eine Überwachung über mindestens 1,5 Jahre erforderlich. Um Einflussgrößen<br />
zu berücksichtigen, die auf den eingebauten Abfall, z. B. eine gering durchlässige Bodenschicht,<br />
oder des Entwässerungssystems zurückzuführen sind, sind zudem eine bzw. mehrere<br />
Messungen bereits während der Betriebsphase sinnvoll.<br />
Zu fortgeschrittenem Zeitpunkt in der Stilllegungs- und Nachsorgephase kann das räumlich auflösende<br />
Sickerwasserabflussmessgerät in Verbindung mit dem zeitlich auflösenden Sickerwasserabflussmessgerät<br />
(s.u.) eingesetzt werden. Unregelmäßigkeiten im Sickerwasserabfluss werden mit<br />
Hilfe des zeitlich auflösenden Sickerwasserabflussmessgerätes erfasst. Bei der Eingrenzung von<br />
Fehlstellen, z.B. in der Oberflächenabdichtung, wird dann das räumlich auflösende Sickerwasserabflussmessgerät,<br />
wie oben bereits beschrieben, eingesetzt.<br />
Für die Ermittlung des zeitlichen Sickerwasserabflusses kann als erste Näherung der Zulauf zur<br />
Sickerwasserkläranlage auf der Deponie verwendet werden. Ein gesicherter Rückschluss auf einzelne<br />
Sickerwasserrohre ist bei Deponien nicht möglich. Mit dem oben beschriebenen Messsystem<br />
kann die Sickerwasserspende räumlich bestimmt werden. Es eignet sich auf Grund des sehr hohen<br />
Zeit- und Personalaufwandes allerdings nicht für die permanente Sickerwasserabflussbestimmung<br />
mit hoher zeitlicher Auflösung. Es wurde deshalb ein weiteres Messgerät entwickelt, um an ausgesuchten<br />
Sickerwasserrohren den zeitlichen Verlauf des Sickerwasserabflusses zu messen. Die<br />
Funktion wird nachfolgend kurz erläutert (Abb. 3).<br />
Datenlogger<br />
Sickerwassereinlauf<br />
Datenlogger<br />
Messung LF und T<br />
Beruhigungsbecken<br />
- 218 -<br />
Druckaufnehmer<br />
Wehr<br />
Wasserauslauf<br />
Abb.3: Schematische Darstellung des Messgerätes zur Bestimmung des Sickerwasserabflusses mit<br />
hoher zeitlicher Auflösung<br />
Für die zeitlich auflösende Sickerwasserabflussmessung wird das Sickerwasserrohr eines Deponieabschnittes<br />
abgesperrt und das abfließende Sickerwasservolumen in das Messgerät eingeleitet.<br />
Beim Einlauf in das Messgerät wird die elektrische Leitfähigkeit bestimmt, um eine erste Information<br />
über die Qualität des Sickerwassers zu erhalten und eine zeitaufgelöste Veränderung, z. B. nach
- 219 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
starken Regenereignissen, festzustellen. Anschließend durchfließt das Sickerwasser ein Beruhigungsbecken<br />
und danach das Überfallwehr, bevor es aus dem Messgerät ausfließt und ins Sickerwassersammelsystem<br />
zurückgeführt wird. Das Messprinzip basiert, wie auch beim Messgerät zur<br />
Bestimmung des Abflusses mit hoher räumlicher Auflösung auf einem Überfallwehr, jedoch wird<br />
hier die Aufstauhöhe vor dem Wehr mit einem Drucksensor, der die hydrostatische Druckhöhe des<br />
überstauenden Sickerwassers misst, bestimmt. Anhand von Kalibrierkurven kann mittels der hydrostatischen<br />
Druckhöhe auf das Abflussvolumen geschlossen werden. Sowohl der Druckaufnehmer<br />
als auch die Messsonde für die elektrische Leitfähigkeit sind an einen Datenlogger angeschlossen,<br />
der in 15 bzw. 30 Minuten Rhythmen die Messwerte aufzeichnet. Da das Messgerät zur Bestimmung<br />
des zeitlich aufgelösten Sickerwasserabflusses am Sickerwasserauslauf, d.h. in einem geschlossenen<br />
Raum, angebracht werden muss, musste es explosionsgeschützt konstruiert werden.<br />
Die Entwicklung wurde zu Beginn der zweiten Phase abgeschlossen, der Prototyp befindet sich seit<br />
November 2000 auf der Deponie A im Einsatz. Die Anzahl der Messgeräte auf der Deponie A<br />
wurde im Laufe der zweiten Phase auf vier gesteigert. Weiterhin wird mit einem Messgerät auf der<br />
Zentraldeponie Deiderode seit November 2002 gemessen.<br />
Der Sickerwasserabfluss ist im Kurzzeitbereich deutlichen Schwankungen unterworfen (Abb. 4).<br />
Über einen längeren Zeitraum lassen sich jedoch wieder eindeutige Beziehungen zwischen infiltrierten<br />
Niederschlägen und Sickerwasserabflussvolumina ermitteln. Beide Abbildungen stellen, wie<br />
im Abschnitt oben, Messungen an bereits oberflächenabgedeckten Bereichen der Deponie A dar.<br />
Die Oberflächenabdeckung wurde ca. 2 Monate vor Beginn der Messungen aufgebracht. In Abb. 5<br />
ist zu erkennen, wie die Sickerwasserabflussrate über die Zeit geringer wird. Sie sinkt von ca. 7 bis<br />
8 m³/d zu Beginn auf 2 bis 3 m³/d nach ca. 600 Tagen. Da die Oberflächenabdeckung nicht vollständig<br />
wasserdicht war (s.o.), konnte ein Teil des Niederschlages in den Deponiekörper eintreten<br />
und später als Sickerwasser wieder auszutreten. Dies erklärt, dass die Abflussraten nicht noch geringer<br />
sind. Bei der Langzeitbetrachtung bestätigt sich, wie bei der Abschätzung der Mindestüberwachungsdauer<br />
mit dem räumlich auflösenden Sickerwasserabflussmessgerät angenommen, dass<br />
ein Messzeitraum von 1 bis 2 Jahren nicht unterschritten werden sollte.<br />
Abfluß [l/min]<br />
10,0<br />
8,0<br />
6,0<br />
4,0<br />
2,0<br />
Abfluß [l/min]<br />
0,0<br />
200 210<br />
Versuchsdauer [d]<br />
220<br />
0,0<br />
0 100 200 300<br />
Versuchsdauer [d]<br />
Abb. 4: Sickerwasserabfluss eines Drainrohrs der Deponie A über die ersten 300 Messtage<br />
4,0<br />
3,0<br />
2,0<br />
1,0
Kumuliertes Abflussvolumen [m³]<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
3500<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
6,72m³/d<br />
0,56 mm<br />
8,04m³/d<br />
0,67 mm<br />
4,5m³/d<br />
0,38 mm<br />
3,17m³/d<br />
0,25 mm<br />
Mit<br />
Oberflächenabdeckung<br />
3,04m³/d<br />
0,25 mm<br />
2,4m³/d<br />
0,20 mm<br />
7,8m³/d<br />
0,65 mm<br />
3,04m³/d<br />
0,25 mm<br />
0<br />
0 100 200 300 400 500 600 700 800<br />
Versuchstage<br />
Abb. 5: Kumulierter Sickerwasserabfluss eines Sickerwasserrohres der Deponie A (selbes Rohr<br />
wie in Abb. 4.)<br />
Etwa 600 Tage nach Messbeginn wurde die Oberflächenabdeckung wieder entfernt und mit der<br />
Abfalleinlagerung fortgefahren. Ab diesem Zeitpunkt steigt die Sickerwasserabflussrate wieder an.<br />
Etwa 50 Tage nach Aufnehmen der Oberflächenabdeckung ist bereits wieder eine Rate von ca. 5<br />
m³/d erreicht. Auffällig ist auch der Bereich zwischen dem 350. und 380. Versuchstag, an dem die<br />
Abflussrate auf ca. 8 m³/d ansteigt. Die hohen Abflussraten korrelieren mit starken Niederschlägen<br />
in dieser Zeitspanne. Aufgrund der Oberflächenabdeckung sollte jedoch kein derart starker Effekt<br />
im Sickerwasserabfluss vorhanden sein. Die verminderte elektrische Leitfähigkeit während dieser<br />
Zeit ließ auf einen Frischwasserzutritt schließen. Deshalb wurde abermals in Zusammenarbeit mit<br />
dem Deponiebetreiber nach einer möglichen Fehlerquelle gesucht. Auch in diesem Fall war die<br />
Fehlerquelle konstruktiver Natur. Aufgrund von Bauarbeiten konnte aus einem noch nicht verfüllten<br />
Deponieabschnitt sauberes Wasser in das Sickerwassersammelsystem eintreten. Dieser Mangel<br />
wurde behoben und die Sickerwasserabflussraten gingen auf vorheriges Niveau zurück.<br />
Wie die In-Situ-Messungen zu den Sickerwasseremissionen gezeigt haben, ist ein Monitoring des<br />
Deponiekörpers zwingend erforderlich. Nach heutigem Wissensstand ist eine kontinuierliche<br />
Überwachung einzelner Sickerwasserrohre notwendig, da der Zulauf in die Speicherbecken der<br />
Kläranlagen keinen hinreichenden Aufschluss über den Zustand des Deponiekörpers und seiner<br />
Sicherungsbauwerke erlaubt. Die kontinuierliche Sickerwasserabflussmessung muss daher langfristig<br />
durchgeführt werden. Die Messungen des Sickerwasserabflusses innerhalb der Sickerwasserleitungen<br />
(räumliche Auflösung des Sickerwasserabflusses) sind hingegen nur in der ersten Zeit<br />
nach der Aufbringung der Oberflächenabdeckung erforderlich, um Fehlstellen in den Abdichtungssystemen<br />
festzustellen und, wenn möglich, zu lokalisieren. Im weiteren Verlauf der Phase der Stillegung<br />
bzw. Nachsorge ist eine Kombination der beiden Sickerwasserabflussmessgeräte sinnvoll.<br />
Die Werte der Sickerwasserabflussmessungen der Deponie Deiderode wurden auch zur Überprüfung<br />
des Wasserhaushaltsmodells EWA herangezogen, wobei die Wassergehaltsänderungen im<br />
- 220 -<br />
3,4m³/d<br />
0,28 mm<br />
1,85m³/d<br />
0,15 mm<br />
Entfernung der Oberflächenabdeckung<br />
Ohne<br />
Oberflächenabdeckung<br />
2,6m³/d<br />
0,22 mm<br />
4,94m³/d<br />
0,41 mm
- 221 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Abfall aufgrund von biologischen Umsetzungsprozessen noch nicht in die Berechnungen eingegangen<br />
sind. Die Berechnungen zeigen, dass der Verlauf des Sickerwasserabflusses mit den gewählten<br />
Berechnungsansätzen gut wiedergegeben werden kann, während bei den Absolutwerten z.T. erhebliche<br />
Abweichungen ermittelt wurden. Die Ursache hierfür ist darin zu sehen, dass sich bei der<br />
kleinräumigen Ermittlung des Sickerwasserabflusses ein Fremdzutritt von Oberflächenwasser in die<br />
Dränage besonders stark bemerkbar macht. Die Ergebnisse zeigen aber auch, dass der Verlauf des<br />
Sickerwasserabflusses vor allem durch die klimatische Wasserbilanz und die Infiltration in den Abfallkörper<br />
geprägt wird. Die weiteren physikalischen Eigenschaften des Abfalls (z.B. hydraulische<br />
Leitfähigkeit, Speicherungsvermögen) wirken sich im vorliegenden Deponieabschnitt vor allem nur<br />
auf die zeitliche Verzögerung von Abflussspitzen aus.<br />
Tracerversuche (in-Situ)<br />
Zur Bestimmung der Verweildauer des Wassers im Deponiekörper wurde am Schurf die Möglichkeit<br />
geschaffen, Tracerversuche durchzuführen. Als Tracer kommen dabei im ersten Schritt Lithiumchlorid<br />
und Fluorescein zum Einsatz. Die Tracersubstanzen werden als konzentrierte Lösung<br />
in der Tracerrinne an der Abfalloberfläche verteilt und können in den Abfallkörper infiltrieren. Die<br />
Verlagerung des Tracers im Abfall erfolgt infolge der Schwerkraft sowie durch die natürlichen Niederschlagsereignisse.<br />
Eine erste Indikation über die Transportgeschwindigkeit ist über die quasikontinuierlich<br />
aufzeichnenden CCD-Kameras gegeben, die in den Messrohren installiert wurden.<br />
Durch die Anordnung der Messrohre über die Höhe kann ein vertikaler Fortschritt des Tracers aufgelöst<br />
über die Zeit dargestellt werden. Während des ersten durchgeführten Tracerversuches konnte<br />
kein Fluorescein mit Hilfe der CCD-Kamera am Ende der Messrohre detektiert werden. Nachdem<br />
bereits bei Versuchsbeginn nicht ausgeschlossen werden konnte, dass ein Umströmen der Messrohre<br />
im Abfall erfolgen kann, wurde ein zusätzliches Messsystem am Auslauf des Sickerwasserrohres<br />
unterhalb des Schurfes installiert. Das an den Messrohren vorbeifließende Sickerwasser mit<br />
den Tracern wird an der Deponiebasis im Entwässerungssystem gesammelt und über die Drainleitung<br />
abgeführt. Deshalb wurde am Auslauf des Sickerwasserabflussmessgerätes zusätzlich eine<br />
Photodiode installiert, deren Messdaten in 15 Minuten-Rhythmen auf einem Datenlogger abgelegt<br />
werden. Als zweiter Indikator soll zukünftig Lithiumchlorid eingesetzt werden. Dieses lagert sich<br />
im Gegenteil zum Fluorescein nicht an der Abfallmatrix an und wird auch nicht biologisch abgebaut.<br />
Die über die Höhe verteilten Messrohre sind daher so groß gewählt, dass auf diesem Wege<br />
Feststoffproben aus dem Abfallkörper entnommen werden können, um das in der Feststoffphase<br />
enthaltene Lithiumchlorid zu bestimmen. Die Details der ersten Tracerversuche sind in TP B5 zusammengefasst.<br />
Wie bereits im Abschnitt Sickerwasserabfluss sowie im obigen Abschnitt über die Tracerversuche<br />
erwähnt, wird auch auf der Zentraldeponie Deiderode der Sickerwasserabfluss einzelner Drainleitungen<br />
kontinuierlich mit einem zusätzlichen Messgerät aufgezeichnet. Auf die Messung innerhalb<br />
der Drainleitungen wurde verzichtet, da das Studium der Videos aus den Kamerabefahrungen der<br />
Sickerwasserleitungen zeigte, dass über die gesamte Leitungslänge kein Wasser zufließt. Lediglich<br />
auf den letzten ca. 2 m vor dem Tunnelbauwerk, in das die Sickerwasserleitungen eindringen, fließt<br />
das gesamte Sickerwasser aus dem zugehörigen Abschnitt der Entwässerungsschicht zu.<br />
Ödometerversuche (Labor)<br />
Die Verlagerung von Wasser im Deponiekörper ist unter anderem von der Lagerungsdichte des<br />
Abfalls abhängig und diese wiederum von der Einbaudichte. Des Weiteren verändert sich die Lagerungsdichte<br />
im Laufe der Zeit mit zunehmender Setzung des Abfallkörpers, z. B. aufgrund weiterer<br />
Erhöhung der Auflast oder aufgrund langfristiger Setzungsprozesse. Um den Einfluss dieser Kenn-
D1<br />
Fricke, Collins<br />
größen auf die Wasserwegigkeit zu ermitteln, wurden Anfang <strong>2003</strong> drei weitere Ödometer � 23 cm<br />
so gebaut, dass die hydraulische Leitfähigkeit eines Abfalls unter Variation der Abfallauflast und<br />
damit der Lagerungsdichte bestimmt werden kann. Die ersten Versuche an vorbehandelten Abfällen<br />
zeigen, dass auch bei Abfällen, die mit Proctordichte und zugehörendendem Wassergehalt eingebaut<br />
werden bereits bei einer Belastung von 35 kN/m 2 eine Reduktion der gesättigten hydraulischen<br />
Leitfähigkeit um eine Zehnerpotenz erreicht werden kann. In den zurzeit laufenden Versuchen werden<br />
die Abfallmaterialien aus Göttingen in den Ödometern untersucht, um den Einfluss der ermittelten<br />
Lagerungsdichten auf die hydraulische Leitfähigkeit zu ermitteln.<br />
2.3.2 Mechanisches Verhalten<br />
Die Untersuchungen zum mechanischen Verhalten untergliedern sich in zwei Teile, die Laborversuche<br />
und die In-Situ-Versuche. Die Laborversuche dienen der Grundlagenermittlung und des physikalischen<br />
Verständnisses von Abfallkörpern und Deponien, die In-Situ-Messungen der Verifizierung<br />
der Ergebnisse aus den Laborversuchen sowie den daraus entwickelten Modellen. Weiterhin<br />
bilden Sie die Datenbasis der an den Realbauwerken gemessenen Größen. Da die Messungen der<br />
Deponiebetreiber im Rahmen der Eigen- und Fremdkontrolle oft nur unzureichend ausgeführt werden<br />
und das ermittelte Datenmaterial oftmals nicht für die Öffentlichkeit freigegeben wird [s. z.B.<br />
JESSBERGER et al. 1995, KÜHLE-WEIDEMEIER und DOEDENS <strong>2003</strong>], war es zwingend erforderlich,<br />
mit den Vorbereitungen zu den In-Situ-Messungen zügig zu beginnen.<br />
Verformungsmessungen mit einem Inklinometer (in-Situ)<br />
Ein Teil der In-Situ-Messungen sollten vom TP C4 mit dem im Rahmen des <strong>SFB</strong> entwickelten 3 D-<br />
Inertialmesssystems durchgeführt werden. Diese Messungen sind nicht Bestandteil dieses Berichtes.<br />
Diesbezüglich wird auf den Ergebnisbericht des TP C4 verwiesen. Als zweite In-Situ-Messung war<br />
die Messung der horizontalen Verformung des Deponiekörpers in vertikalen Bohrungen und<br />
Schächten mit Hilfe eines Inklinometers vorgesehen. Die handelsüblichen Präzisionsinklinometer<br />
ermöglichen eine hohe Messgenauigkeit, sind aber für den Einsatz auf Deponien nicht geeignet.<br />
Diese Geräte sollten daher in Zusammenarbeit mit dem Gerätehersteller an die Randbedingungen<br />
auf Deponien angepasst werden. Dies gestaltete sich aber derart kostenintensiv, dass von einer Zusammenarbeit<br />
mit einem Gerätehersteller Abstand genommen und stattdessen ein Messgerät in Eigenarbeit<br />
entwickelt wurde.<br />
Das Inklinometer besteht aus einem 400 mm langen V2a-Stahlzylinder (Durchmesser 175 mm), an<br />
dessen Ober- und Unterseite eine Zentriereinrichtung angebracht ist (Abb. 6). Im Inneren der Sonde<br />
sind ein Neigungssensor und ein Drehratensensor untergebracht. Hier werden die Rohrneigung und<br />
die Sondenverdrehung bestimmt. Die Datenübertragung und Spannungsversorgung erfolgt über ein<br />
Kabel, das speziell den Milieubedingungen von Deponien angepasst ist. Mit der pneumatisch betriebenen<br />
Zentriervorrichtung kann die Sonde im Rohr zentriert werden (Messposition). Durch Umkehren<br />
der Kolbenstellung werden die Zentrierelemente angelegt und die Sonde kann an einem<br />
Stahlkabel abgelassen oder hochgezogen werden. Die vertikale Position der Sonde wird über einen<br />
hochgenauen Kabellängenzähler außerhalb des Rohres bestimmt. Zusätzlich zum Kabel werden<br />
zwei Schläuche für die Druckluftsteuerung der Kolben herabgeführt.<br />
- 222 -
Drehratensensor<br />
Neigungssensor<br />
Zylinder<br />
Kolben<br />
Zuluft<br />
Zentriervorrichtung<br />
Abb. 6: Aufbau des Inklinometers.<br />
Links: Messposition (Inklinometer im Rohr zentriert), rechts: Abteufzustand<br />
- 223 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Da die Sonde komplett neu entwickelt wurde, waren zeitliche Verzögerungen nicht zu vermeiden.<br />
Beim Bau der Sonde bereitete die Implementierung des Drehratensensors die größten Schwierigkeiten.<br />
Drehratensensoren werden hauptsächlich im Automobilbau und in verschiedenen Waffensystemen<br />
zur Steuerung verwendet. Einen Markt für Kleinabnehmer existiert somit nicht, so dass es<br />
mehrere Monate dauerte, einen geeigneten Drehratensensor zu beschaffen. Ein Programm zum<br />
Auslesen des Drehratensensors konnte nicht mitgeliefert werden, so dass die Software entwickelt<br />
werden musste. Weitere Probleme entstanden bei der Stromversorgung und der Hardware des Drehratensensors.<br />
Der Sensor kann nicht ohne weiteres an eine normale Schnittstelle von Rechnern angeschlossen<br />
werden. Hierfür wurde ein spezieller Adapter benötigt. Die Stromversorgung kann<br />
nicht über die selbe Schnittstelle erfolgen, da der Drehratensensor zum einen eine Spannung von 5<br />
Volt mit einer Toleranz von ± 0,1 Volt, benötigt (die Schwankungen des Adapters sind zu groß),<br />
zum anderen ist beim Einschalten ein langsamer Anstieg auf die Betriebsspannung nötig, um das<br />
Gerät nicht zu beschädigen. Gelöst wurde dies, indem dem Sensor ein Bauteil vorgeschaltet wurde,<br />
das die Spannung in Form einer Rampe ansteigen lässt.<br />
Erst Ende 2002 konnten in umfangreichen Versuchen im Labormaßstab die Grundparameter des<br />
Meßsystems ermittelt werden. Zusätzlich wurde an der Fassade des Leichtweiß-Instituts eine 22<br />
Meter lange Versuchsstrecke angebracht, die horizontal verformt werden kann. Die ersten Versuche<br />
zeigen die Reproduzierbarkeit der Messdaten und die generelle Eignung des Inklinometers, Neigungen<br />
von senkrechten Rohren zu bestimmen. Der Bogen der Versuchsstrecke konnte mit dem<br />
Inklinometer gut abgebildet werden.<br />
Die noch bestehenden Probleme bei längerem Einsatz des Messsystems, die auf Spannungsschwankungen<br />
zurückzuführen sind, werden zur Zeit behoben, so dass im Herbst diesen Jahres mit Messungen<br />
auf Deponien begonnen werden kann.<br />
Zugversuche (Labor)<br />
Aufgrund der sehr zeitintensiven Entwicklung des Inklinometers, der Probleme bei der Installation
D1<br />
Fricke, Collins<br />
der Großtriaxialzelle (s.u.) sowie der zusätzlichen, nicht geplanten In-Situ-Versuche auf der Zentraldeponie<br />
Göttingen Deiderode, die im Folgenden beschrieben werden, wurde der im Antrag geplante<br />
Umbau des Zugversuchstandes in die 3. Phase verschoben.<br />
Diverse Untersuchungen am Schurf der Zentraldeponie Göttingen Deiderode (In-Situ)<br />
Auf der Zentraldeponie Göttingen Deiderode ergab sich die Möglichkeit, einen Schurf im Deponiekörper<br />
anzulegen und dort weitreichende In-Situ-Messungen durchzuführen. Es wurde ein ca. 10 m<br />
hoher und 10 m breiter Schurf (Abb. 7 und 8) in die Böschung des Polders 4 der Deponie gegraben.<br />
Insgesamt wurden ca. 750 m³ Abfall in den Neukörper umgelagert. Während der Aushubarbeiten<br />
wurden in vier Etagen jeweils zwei parallele Messstellen mit PE-HD-Rohren an der Wand des<br />
Schurfes angebracht. Die Rohre ragen ca. 4 bis 5 m in den Deponiekörper hinein und dienen u.a.<br />
der Vermessung der vertikalen Verformung des Deponiekörpers, der Bestimmung der Gaszusammensetzung<br />
und für Tracerversuche.<br />
Abb. 7: Skizze des Schurfes auf der Zentraldeponie Deiderode<br />
- 224 -<br />
Rinne für Tracerversuche<br />
Messrohr<br />
ca. ca. ca. 10 10 10 mm<br />
m<br />
ca. 10 m<br />
Abb. 8: Foto des Schurfes auf der Zentraldeponie Deiderode zum Zeitpunkt der Berichterstellung
- 225 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Während der Aushubarbeiten wurden Proben entnommen, um den Abfall zu klassifizieren und die<br />
Lagerungsdichte zu bestimmen. Der Abfall des Schurfes wurde in 2,5-m-Schritten über die Höhe<br />
klassifiziert. Die Klassifizierung gemäß GDA-Empfehlung E 1-7 bildet zum einen die Grundlage<br />
für die Beurteilung des mechanischen Verhaltens des Abfallkörpers, da z.B. faserige und flächige<br />
Anteile Zugspannungen aufnehmen können und damit zu einer Erhöhung der Gesamtfestigkeit beitragen<br />
[KOCKEL 1995 und COLLINS et al. 1997]. Die ermittelten Zusammensetzungen dienten<br />
hier zum einen der Abschätzung der Standsicherheit der Böschung und zum anderen als Grunddaten<br />
für die Versuche zum mechanischen Verhalten, die im Labor durchgeführt werden. Zusätzlich<br />
diente die Klassifizierung der Bestimmung der chemischen Zusammensetzung des Abfalls. Die biochemischen<br />
Analysen wurden vom TP B5 durchgeführt und sind maßgeblich erforderlich für die<br />
Modellierung der biochemischen Umsetzungsreaktionen und deren Auswirkungen.<br />
Bestimmung der Lagerungsdichte (in-Situ)<br />
Eine wichtige Eingangsgröße für die Modelle der TP B5 und B6 sowie für alle mechanischen Versuche<br />
ist die Lagerungsdichte der Abfälle, da diese die physikalischen Eigenschaften direkt beeinflusst.<br />
Aufgrund der mit der Abfallüberlagerung verbundenen Setzungsprozesse muss theoretisch<br />
die Lagerungsdichte mit der Tiefe ansteigen. Jedoch stellten [WIEMER 1982 und SPILLMANN<br />
1988] fest, dass eine geringe Verdichtung während des Einbaus nicht durch Setzungsprozesse ausgeglichen<br />
werden kann. Da der Aufbau des Deponiekörpers von unten nach oben auch eine zeitliche<br />
Komponente besitzt, können unterschiedliche Verdichtungen oder gar unterschiedliche Abfallzusammensetzungen,<br />
die ebenfalls zu unterschiedlichen Lagerungsdichten führen, vorliegen. Um<br />
festzustellen, wie sich die Lagerungsdichte über die Deponiehöhe verändert, wurden über die Höhe<br />
des Schurfes ca. alle 2,5 m Proben entnommen. Die Proben wurden mit dem Bagger ausgehoben<br />
und auf einen LKW verladen und die Masse des Abfalls mittels der Deponiewaage bestimmt. Das<br />
ausgehobene Volumen wurde vor und nach dem Aushub vom TP C4 mit Laserscannern und mit<br />
GPS-Systemen vermessen. Jede Dichtebestimmung umfasste ein Abfallvolumen von ca. 15 m³.<br />
Die Messungen zeigen, dass die Lagerungsdichte bereits bei geringer Erhöhung der überlagernden<br />
Abfallauflast über die Tiefe (Abb. 9) signifikant zunimmt. Dies steht im Widerspruch zu ersten<br />
Vermutungen sowie den Messungen von [WIEMER 1982], der in seinen Untersuchungen tendenziell<br />
keine Erhöhung der Lagerungsdichte (Feuchtdichte) festgestellt hatte, wobei die Ergebnisse für<br />
die einzelnen Tiefen um bis zu 100 % variierten. Die Lagerungsdichte auf der Zentraldeponie Deiderode<br />
steigt hingegen über eine Höhe von nur etwa 4 m, das einer Auflasterhöhung von ca. 45 kN<br />
entspricht, sprunghaft um 29 % von 0,88 t/m³ (TS) auf 1,14 t/m³ (TS). Eine solch starke Erhöhung<br />
bezogen auf die geringe Auflasterhöhung kann nicht aus den Erfahrungen, die in den Ödometerversuchen<br />
gesammelt wurden (s.u.) hergeleitet werden. Wird die Erhöhung der Lagerungsdichte jedoch<br />
mit den bei [GERTLOFF 1996] angegebenen Daten berechnet, so ergibt sich für über eine ähnliche<br />
Tiefendifferenz von ca. 4 m (5,8 m bis 10,5 m) ebenfalls eine signifikante Erhöhung um 15,7 %.<br />
Bestimmung der Lagerungsdichte mit Ödometern (Labor)<br />
Um den Langzeiteinfluss geringer Auflasten zu überprüfen werden Langzeitversuche im Ödometer<br />
mit dem Abfall aus den bei der Erstellung des Schurfes entnommen Rückstellproben durchgeführt.<br />
Die Ergebnisse der ersten Versuche werden im Zusammenhang mit den durchgeführten Setzungsmessungen<br />
beschrieben. Zusammenfassend kann an dieser Stelle jedoch schon festgehalten werden,<br />
dass die Versuche die In-Situ gemessenen Werten bestätigen.
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Höhe über UK Schurf [m]<br />
5 bis 7,5<br />
2,5 bis 5<br />
0 bis 2,5<br />
Dichte [t/m³]<br />
0,00 0,20 0,40 0,60 0,80 1,00 1,20 1,40 1,60 1,80<br />
Abb. 9: Lagerungsdichte über die Tiefe des Schurfes<br />
- 226 -<br />
Dichte FS<br />
Dichte TS<br />
Bestimmung vertikaler Bewegungen im Deponiekörper mit Hilfe der hydrostatische<br />
Höhenvermessung (in-Situ)<br />
Die Wand des Schurfes wurde, wie bereits beschrieben, in vier Höhenlagen mit jeweils zwei Messstellen<br />
mit Messrohren versehen. Pro Messstelle wurden zwei Messrohre eingebracht. In das erste<br />
Messrohr wurden die kontinuierlich arbeitenden Messgeräte des TP B5 eingebracht, das zweite<br />
Messrohr dient der Höhenvermessung der Rohre, d.h. der Bestimmung der vertikalen Verformung<br />
über die Länge (bzw. über den Abstand des Messpunktes zur Schurfböschung). Als Messsystem zur<br />
Bestimmung der vertikalen Bewegungen des Deponiekörpers wird die hydrostatische Höhenvermessung<br />
eingesetzt.<br />
Um Informationen über die 3-D-Verformung der Schurfwand sowie der seitlichen Schurfböschungen<br />
zu erhalten, wurden in die Wand sowie in die Oberfläche der Seitenböschung 80 cm lange<br />
Messanker eingebracht. Auf den Messankern wurden Messpegel installiert, die in ca. 8-wöchigem<br />
Rhythmus terrestrisch durch das TP C4 dreidimensional vermessen werden. Zusätzlich dienen die<br />
Messungen der Endpunkte der Messrohre als Indikatoren für die Verformung der Schurfwand. In<br />
regelmäßigen, größeren Abständen wird weiterhin der gesamte Polder mit einem RTK GPS-System<br />
vermessen.<br />
Die hydrostatische Höhenvermessung der Rohre weist an der Schurfkante eine vertikale Verformung<br />
von ca. 0,8 cm pro Monat für den Zeitraum zwischen August und November 2002 auf, die in<br />
den folgenden Monaten bis Mai <strong>2003</strong> deutlich auf ca. 0,3 cm pro Monat abnimmt (Abb. 10).<br />
Das Messrohr 1 liegt in der obersten Messrohrlage, d.h. ca. 2 m unterhalb der Schurfoberkante. Die<br />
terrestrische Vermessung der Messanker an der Schurfoberkante bestätigt die Größenordnung der<br />
Setzungen (Abb. 11).
Höhe NN [m]<br />
258,55<br />
258,50<br />
258,45<br />
258,40<br />
258,35<br />
258,30<br />
258,25<br />
258,20<br />
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450<br />
Entfernung von Schurfkante [cm]<br />
- 227 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Abb. 10: Ergebnisse der Hydrostatischen Höhenvermessung in den Messrohren des Schurfes auf<br />
der Zentraldeponie Deiderode<br />
[m]<br />
+0,020<br />
+0,000<br />
-0,020<br />
-0,040<br />
-0,060<br />
-0,080<br />
-0,100<br />
-0,120<br />
Rohr 1 27.05.03<br />
Rohr 1 07.11.02<br />
Rohr 1 08.10.02<br />
Rohr 1 01.08.02<br />
Punkt 47 Oben<br />
<strong>2001</strong> 11 29 2002 02 13 2002 06 03 2002 10 10 <strong>2003</strong> 06 04<br />
Punkt 47 X<br />
Punkt 47 Y<br />
Punkt 47 H<br />
Abb. 11: Dreidimensionale Lageveränderung des Messankers 47 am oberen Rand des Schurfes.<br />
Die Erstmessung erfolgte am 5.11.01.<br />
X und Y: Orthogonale Koordinaten im lokalen Koordinatensystem; H: Höhenkoordinate
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Die Messungen weisen für einen Zeitraum von ca. einem Jahr eine Setzung von ca. 8 cm auf. Auffällig<br />
ist der nicht stetig verlaufende Anstieg der Setzungen. Sie steigen von Anfang bis Ende November<br />
<strong>2001</strong> von Null auf 2 cm, was zum großen Teil auf den Aushub und die damit verbundene<br />
Entspannung zurückzuführen ist. Über den Winter ist kein Anstieg der Setzungen zu beobachten.<br />
Sie steigen jedoch wieder deutlich im Verlaufe des Frühjahres an und steigen weiter über die<br />
feuchte Jahreszeit bis zum Oktober 2002. In diesem Zeitraum (6 bis 10/02) betragen die Setzungen<br />
wie bei den Messrohren im ähnlichen Zeitraum ca. 1 cm pro Monat. Die Setzungen werden anscheinend<br />
durch äußere Einflüsse, wie z. B. Niederschlagsintensitäten und Wassertransport, beeinflusst.<br />
Bestimmung des Einfluss der Wasserverlagerung auf das Setzungsverhaltens in Ödometern<br />
(Labor)<br />
Um den Einfluss der Wasserverlagerung auf das Setzungsverhaltens zu klären, wurde mit der<br />
Durchführung von Laborversuchen begonnen. In einem ersten Schritt wurde die Fraktion < 40 mm<br />
des Abfalls aus den Rückstellproben des Schurfes (7 m Tiefe) in Ödometer (� 23 cm) eingebaut<br />
und die Setzungen beobachtet sowie die Lagerungsdichten errechnet. Die Einbaudichte entsprach<br />
der In-Situ gemessenen Lagerungsdichte in der obersten Schicht von 0,65 t/m³ (TS). Das Ödometer<br />
1 wurde über eine Dauer von ca. 500 Stunden konstant mit einer Last von 60 kN/m² belastet, während<br />
im Ödometer 2 nach ca. 100 Stunden die Last auf 120 kN/m² gesteigert wurde. Bei beiden<br />
Ödometern ist eine signifikante Erhöhung der Lagerungsdichte (Trockendichte) feststellbar. Beim<br />
Ödometer 1 steigt der Wert um 41,3 % von 0,65 t/m³ auf 0,91 t/m³; beim Ödometer 2 steigt der<br />
Wert während der ersten Laststufe (60 kN/m²) um 39,2 % und in der zweiten Laststufe um weitere<br />
13,4 % auf 1,02 t/m³. Zusätzlich wurde in den Versuchen der Einfluss der Wasserverlagerung betrachtet.<br />
So wurde nach 366 h und nach 382 h die Probe mit Wasser überstaut. Das Wasser konnte<br />
durch die Probe fließen und unterhalb der Probe frei abfließen. Dabei zeigte sich, wie bereits in den<br />
In-Situ-Messungen beobachtet, dass die Setzungsgeschwindigkeit durch die Wasserverlagerung<br />
erhöht wird. Im Beispiel in Abb. 12 war die Setzungsgeschwindigkeit nach 366 Stunden auf 0,04 %<br />
der Ausgangshöhe innerhalb von 24 Stunden abgesunken. Nach der Wasserzugabe steigt die Setzungsgeschwindigkeit<br />
auf 0,89 % an, um nach einem Tag wieder auf ein geringeres Niveau abzusinken.<br />
Der gleiche Effekt tritt auch während der zweiten Wasserzugabe nach 382 Stunden auf (bei<br />
der angegebenen Setzungsgeschwindigkeit ist die unterschiedliche Zeitdauer zu beachten, so dass<br />
die Werte aus der ersten und zweiten Wasserzugabe nicht direkt miteinander verglichen werden<br />
können). Die Vermutung, dass die äußeren Bedingungen einen Einfluss auf die Setzungen haben,<br />
konnte mit den Versuchen daher bestätigt werden. Für gesicherte Aussagen zu den physikalischen<br />
Hintergründen dieses Effektes ist es aber noch zu früh. Hierzu werden zurzeit weitergehende Versuche<br />
mit verschiedenartigen Abfällen durchgeführt.<br />
- 228 -
Setzung pro 24h bezogen auf Ausgangshöhe [%]<br />
3,0<br />
2,5<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
120 69 29 14 7 4<br />
2,23<br />
- 229 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Abb. 12: Setzungsgeschwindigkeit bei Langzeitversuchen im Ödometer � 23 cm unter geringen<br />
Auflasten (60 kN/m²) und unter Einfluss von Wasserzugabe<br />
Verglichen mit Daten aus der Literatur bzw. aus der eigenen Projekterfahrung bewegen sich die<br />
Setzungen im unteren bis üblichen Bereich für bereits abgeschlossene Deponiefelder. Dies ist maßgeblich<br />
auf zwei Einflüsse zurückzuführen. Zum einen wurde ein Teil des untersuchten Abfalls<br />
schon zweimal aufgenommen und umgelagert, so dass hier ein verstärkter Abbau der organischen<br />
Substanz stattgefunden hat. Zum anderen wurde der Abfall mehrfach eingebaut und offensichtlich<br />
gut verdichtet, so dass in dem Deponieabschnitt bereits eine hohe Trockendichte (s.o.), d.h. ein geringes<br />
Porenvolumen, vorliegt. Die Setzungen fallen daher geringer aus als bei geringer verdichteten<br />
frischen Abfällen. Dennoch betragen die Setzungen auch 8 Jahre nach Abschluss des Deponiefeldes<br />
noch ca. 10 cm im Jahr, was einen Hinweis auf die Überwachungsdauer von Deponiebauwerken<br />
erlaubt.<br />
Parallel zu den In-Situ-Versuchen wurde mit den Laborversuchen begonnen. Dabei waren - nach<br />
der Verschiebung der Ermittlung der Zugzone in die dritte Phase (aufgrund der Eigenentwicklung<br />
des Inklinometers, s. o.) - im Wesentlichen die Ermittlung der grundlegenden physikalischen Eigenschaften<br />
des Drucksetzungsverhaltens sowie des mehrdimensionalen Verformungszustandes von<br />
Abfallkörpern die zentralen Fragestellungen.<br />
Bestimmung von eindimensionalen Verformungen mit Ödometern (Labor)<br />
0,60<br />
0,12 0,15<br />
0,08 0,10 0,05 0,04<br />
Mit der Grundlagenermittlung zum eindimensionalen Verformungsverhalten wurde bereits 1998<br />
parallel zur ersten Phase des <strong>SFB</strong> begonnen. Dazu wurden Ödometer mit einem Durchmesser von<br />
23 cm konstruiert und betrieben. Weiterhin wurden Versuche in bereits am Leichtweiß-Institut<br />
existierenden Ödometern mit einem Durchmesser von 10 cm und 60 cm durchgeführt. Die Versuche<br />
wurden parallel auch während der zweiten Phase fortgeführt. Die Ergebnisse sind in<br />
[ZIEHMANN 2002] ausführlich beschrieben und sollen an dieser Stelle auszugsweise kurz zusammengestellt<br />
werden:<br />
� Einen entscheidenden Anteil an dem – im Vergleich zu Böden – deutlich unterschiedlichen<br />
Setzungsverhalten von Abfällen besitzt die erstmalig nachgewiesene auflastabhängige nichtvolumenkonstante<br />
Verformung fester Bestandteile (NVV). Sie tritt u.a. in der Stoffgruppe der<br />
nativen Organik auf. Sie kann in zwei unterschiedliche Wirkmechanismen unterteilt werden:<br />
0,89<br />
0,45<br />
0,11<br />
0,59<br />
0,11<br />
0,05<br />
0,07-0,13 0,07-0,13<br />
0,13-0,25 0,13-0,25<br />
0,25-0,5 0,25-0,5<br />
0,5-1 0,5-1<br />
1-2 1-2<br />
2-4 2-4<br />
4-8 4-8<br />
8-24 8-24<br />
24-75 24-75<br />
75-120 75-120<br />
120-145 120-145<br />
145-201 145-201<br />
201-221 201-221<br />
221-366 221-366<br />
366-367 366-367<br />
367-368 367-368<br />
368-382 368-382<br />
382-392 382-392<br />
392-410 392-410<br />
410-504 410-504<br />
Zeit [h]<br />
1. Wasserzugabe<br />
2. Wasserzugabe
D1<br />
Fricke, Collins<br />
� NVV unter Verringerung (Kompression) des innenliegenden, verschlossenen<br />
Luftporenvolumens und<br />
� NVV unter der Öffnung des verschlossenen Luftporenvolumens.<br />
� Die nicht-volumenkonstante Verformung unter Öffnung des verschlossenen Luftporenvolumens<br />
führt zu einer bleibenden Erhöhung der Materialdichte. Selbst bei mechanisch-biologisch<br />
behandeltem Abfall (geringer Anteil nativ organischer Substanz) beträgt der Anteil der<br />
NVV bis zu 30% der Gesamtsetzung. Er ist damit bei den durchgeführten Versuchen ähnlich<br />
groß wie der Anteil, der aus der Konsolidation (Austritt von Wasser) resultiert.<br />
� Es wurde gezeigt, dass die nicht-volumenkonstante Verformung fester Bestandteile im Abfall<br />
zu einem nicht-bodenähnlichen Verhalten des Abfalls führt. Die bisher übliche Vorgehensweise<br />
der Übertragung von Theorien aus der Bodenmechanik auf das mechanische Verhalten<br />
von Abfällen ist daher nicht zulässig.<br />
� Die in der Bodenmechanik häufig übliche (und dort meist auch zulässige) Mehrfachverwendung<br />
von Materialien in Laborversuchen ist für die Untersuchung an Abfällen oft nicht zulässig.<br />
Da ein Teil der Zerstörung der Bestandteile bereits bei der Verdichtung erfolgt, ist die<br />
Mehrfachverwendung auch in anderen Versuchen, bei denen eine Verdichtungsarbeit aufgebracht<br />
wird, ausgeschlossen.<br />
� Einen weiteren entscheidenden Einfluss auf das Setzungsverhalten von Abfallkörpern übt die<br />
unterschiedliche Verformbarkeit von Bestandteilen mit gleichem Steifemodul aber anderer<br />
Stückform aus, die in bodenmechanischen Theorien ebenfalls nicht berücksichtigt wird. Erste<br />
Versuche wurden mit der Stoffgruppe des weichen Kunststoffes durchgeführt. Diese Versuche<br />
haben gezeigt, dass dieser Einfluss bei geringen Auflasten sehr klein ist, bei großen Auflasten<br />
jedoch eine entscheidende Größenordnung besitzt, die bei Setzungsprognosen berücksichtigt<br />
werden muss.<br />
� Da sich die Randbedingungen im Labor mit der Probengröße und Geräteabmessung ändern<br />
und diese sich wiederum von denen In-Situ unterscheiden, ist es erforderlich, den Einfluss der<br />
Randbedingungen zu kennen. Da sich das mechanische Verhalten von Abfällen von dem des<br />
Bodens unterscheidet und die Stückgröße von Abfällen eine Untersuchung in bodenmechanischen<br />
Ödometern nicht zulässt, wurden erste Versuche durchgeführt, um den Einfluss der<br />
Probengrößen und der Verhältnisgrößen zwischen Probengröße und Stückgröße zu bestimmen.<br />
Für die Untersuchungen mit den unterschiedlich großen Ödometertypen zeigte sich, dass<br />
ein Mindestverhältnis von Probenhöhe zu maximaler Stückgröße von 4 keinesfalls unterschritten<br />
werden darf, da sich die Ergebnisse sonst nicht auf andere Versuchsgerätegrößen<br />
und damit auch nicht auf In-Situ-Verhältnisse übertragen lassen. Bei geringeren Verhältnissen<br />
können Ergebnisse auf der „unsicheren Seite“ erhalten werden, was im Falle einer Setzungsprognose<br />
zu einer Unterschätzung der Setzungen führt.<br />
� Bei den Versuchen zur Bestimmung der Wandreibung zeigte sich weiterhin, dass die Wandreibung<br />
bei der Untersuchung von Abfall etwa um den Faktor 3 größer ist als bei der Untersuchung<br />
an Böden. Diese Ergebnisse zeigen daher u. a., dass auch die Erddrucktheorie, welche<br />
in der Bodenmechanik die Grundlage zur Berechnung der Wandreibung bildet, nicht auf Abfälle<br />
übertragen werden kann.<br />
- 230 -
- 231 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
Bestimmung des Einflusses des Wassergehaltes auf das Setzungsverhalten mit Ödometern<br />
(Labor)<br />
Zurzeit werden im Rahmen des <strong>SFB</strong> weitere Ödometerversuche mit dem Ziel durchgeführt, den<br />
Einfluss des Wassergehaltes auf das Setzungsverhalten von Abfällen zu ermitteln. Hierzu werden<br />
Abfälle verschiedener Stückgrößenverteilung mit unterschiedlichem Wassergehalt und damit auch<br />
verschiedener Einbaudichte eingesetzt. Die ersten Ergebnisse lassen erkennen, dass eine allgemeine<br />
Aussage bezüglich der Erhöhung des Wassergehaltes und einer damit zu erwartenden Steigerung<br />
der Gesamtsetzung gemäß der Konsolidationstheorie nicht getroffen werden kann.<br />
Bestimmung von mehrdimensionalen Verformungen mit einer Großtriaxialzelle (Labor)<br />
Zur Bestimmung der mehrdimensionalen Verformungen waren Versuche im großvolumigen Triaxialgerät<br />
vorgesehen. Das Gerät wurde in den ersten Monaten der zweiten Phase in Zusammenarbeit<br />
mit einem Anlagenhersteller konstruiert und anschließend (März <strong>2001</strong>) bestellt. Die Auslieferung<br />
des Gerätes wurde für Juni <strong>2001</strong> bzw. nach konstruktiven Änderungen für August <strong>2001</strong> zugesagt.<br />
Nachdem das Gerät nicht zum zugesagten Zeitpunkt zur Verfügung stand, wurde die Rechtsabteilung<br />
der TU Braunschweig eingeschaltet und alle Rechtswege ausgeschöpft. Leider verzögerte sich<br />
die Lieferung trotz massivem Rechtseinsatzes bis zum April 2002. Nach der Lieferung der „Hardware“<br />
mussten zuerst eine geeignete Probenhülle und eine Abdichtungskonstruktion gegenüber den<br />
oberen und unteren Probenplatten gefunden sowie Versuche zum Gerätehandling durchgeführt werden.<br />
Hierbei stellte sich unter anderem heraus, dass die Probenplatten nicht passgerecht gefertigt<br />
waren und einige Anschlüsse fehlten bzw. nicht zu benutzen waren. Die Fertigung neuer Probenplatten<br />
mit den vom Leichtweiß-Institut entwickelten Anschlussmöglichkeiten nahm weitere Wochen<br />
in Anspruch. Mitte Januar <strong>2003</strong> waren auch diese Probleme behoben und erste Tests zur Gerätefunktion<br />
konnten durchgeführt werden. Dabei musste festgestellt werden, dass sich mit der mitgelieferten<br />
Software die Triaxialversuche nicht steuern ließen. Ende März <strong>2003</strong> war das Triaxialgerät<br />
dann funktionsfähig, so dass jetzt erste Kalibrierversuche durchgeführt werden, um z. B. den<br />
Einfluss der Steifigkeit des Probengummis oder der Vorschubgeschwindigkeit auf die Versuchsergebnisse<br />
zu überprüfen. Aufgrund der beschriebenen logistischen Fehlleistung des Anlagenherstellers<br />
konnten bisher leider keine Versuche mit Abfall durchgeführt werden. Mit den Versuchen wird<br />
jedoch zum jetzigen Zeitpunkt begonnen, so dass in Kürze erste Ergebnisse zu erwarten sind.<br />
2.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen Öffentlichkeit<br />
auf die eigenen Arbeiten<br />
Die Ermittlung der Sickerwasseremissionen einer Abfalldeponie gehört zu den Standardaufgaben,<br />
die ein Deponiebetreiber gegenüber den Aufsichtsbehörden nachweisen muss. Die Messung der<br />
Sickerwasservolumina erfolgt dann i.d.R. im Zulauf zu der Kläranlage, eine Zuordnung zu einzelnen<br />
Deponieabschnitten ist manchmal möglich, eine Identifikation des Zulaufes zu einzelnen Sickerwasserohren<br />
innerhalb des Abschnittes jedoch nicht. Untersuchungen zu der kontinuierlichen<br />
sowie diskontinuierlichen Sickerwasservolumenermittlung, wie sie im Rahmen des TP D1 durchgeführt<br />
werden, werden unserem Wissen nach weder im nationalen als auch im internationalen Raum<br />
durchgeführt. Die Präsentation der Messverfahren und der Ergebnisse auf Tagungen [z.B. Ziehmann<br />
und Collins <strong>2001</strong>] stellte daher für die Teilnehmer einen neuen Aspekt des Monitorings von<br />
bestehenden Deponien dar. Die prinzipielle Notwendigkeit der detaillierten Sickerwasservolumenerfassung<br />
ist anerkannt, bei der Umsetzung in die Praxis muss jedoch berücksichtigt werden, dass<br />
die Deponietechnik in vielen Ländern noch nicht so weit wie in Deutschland fortgeschritten ist, und
D1<br />
Fricke, Collins<br />
daher andere Zielsetzungen zur Minimierung von Emissionen Vorrang haben.<br />
Die Schließung von zahlreichen Deponien bis 2005 führt dazu, dass seit einigen Jahren verstärkt<br />
Untersuchungen zum mechanischen Verhalten vor allem in Hinblick auf das Setzungsverhalten von<br />
Deponiekörpern durchgeführt werden. Vielfach werden dabei die Untersuchungsmethoden aus der<br />
Bodenmechanik übernommen, die jedoch nicht immer, z.B. bezüglich der Geräteabmessungen, die<br />
Besonderheiten von Abfällen berücksichtigen können. Die im Rahmen des TP D1 eingesetzten<br />
Großgeräte stellen zum Teil Unikate dar, mit denen auch zusätzliche abfallmechanische Aspekte<br />
(z.B. Zugfestigkeiten) ermittelt werden können. Über die Mitarbeit im AK 6.1 der Deutschen Gesellschaft<br />
für Geotechnik e.V. besteht ein enger Kontakt zu Wissenschaftlern, die auf diesem Gebiet<br />
in Deutschland arbeiten. Vor allem die Untersuchungen zum Einfluss des Wassergehaltes auf das<br />
Setzungs- und Festigkeitsverhalten der Abfälle sind an der University of Southampton (Großbritannien)<br />
und an der Federal University of Pernambuco (Brasilien) auf großes Interesse gestoßen, so<br />
dass ein Austausch von Wissenschaftlern sowie eine Koordination von Versuchen geplant ist.<br />
2.5 Offene Fragen<br />
In den vorherigen Antragsphasen lag ein Schwerpunkt in der Entwicklung von Messgeräten zur<br />
Ermittlung des Emissionsverhaltens von Siedlungsabfalldeponien. Die Ergebnisse der Sickerwasserabflussmessungen<br />
zeigen sowohl bei der kontinuierlichen als auch diskontinuierlichen Messdatenerfassung<br />
die große Varianz der lokalen Sickerwasserspende auf. Die Messungen müssen fortgeführt<br />
und erweitert werden, um eine bessere Datengrundlage für die Prognosemodelle, die zusammen<br />
mit den Teilprojekten A1, B5 und B6 erarbeitet werden, zu erhalten. Ergänzt werden die In-<br />
Situ-Messungen durch Laborversuche zur Ermittlung des Emissionsverhaltens. Ein wichtiger<br />
Schritt ist hierbei die Ermittlung der Übertragbarkeit von Laborversuchen auf die natürlichen Bedingungen.<br />
Die biochemischen Umsetzungsprozesse im Abfall und das mechanische Verhalten des Abfallkörpers<br />
sind z.T. eng miteinander gekoppelt. Die Umsetzungsprozesse führen zu einer Veränderung<br />
des Porenraumes des Abfallkörpers, so dass sich die Wasserwegigkeiten und damit auch die Wassergehalte<br />
in den Abfällen ändern. Die begonnenen Versuche in den Ödometern haben gezeigt, dass<br />
eine Veränderung des Wassergehaltes sich in erhöhten Setzungen niederschlagen kann. Die Folge<br />
ist eine Beeinträchtigung der Funktionsfähigkeit des Abdichtungssystems, so dass verstärkt Niederschlagswasser<br />
in den Deponiekörper einströmen kann und es zu einer Intensivierung der biochemischen<br />
Umsetzungsprozesse kommen kann.<br />
Über das mechanische Verhalten von Abfällen unter sich ändernden Wassersättigungsgehalten ist<br />
bisher sehr wenig bekannt. Inwieweit die Zugkräfte, die durch die im Abfall enthaltenen Fasern<br />
aufgenommen werden können, durch eine Erhöhung des Wassergehaltes beeinflusst werden, ist<br />
bisher nicht bekannt. In Abhängigkeit der Abfallzusammensetzung ist theoretisch eine Erhöhung,<br />
aber auch eine Erniedrigung der aufnehmbaren Zugkräfte möglich. Die Schadensfälle, die auf bestehenden<br />
Deponien beobachtet wurden, zeigen, dass häufig ein mechanisches Versagen von Deponiekörpern<br />
mit erhöhten Wassergehalten als Folge von z.B. Niederschlägen einhergeht.<br />
In der dritten Antragsphase sollen daher die Grundlagen des Spannungs-Verformungsverhaltens<br />
von Abfall erarbeitet werden, wobei besonderes Augenmerk auf den Wassergehalt der Abfälle gelegt<br />
wird. Ergänzt werden diese Laboruntersuchungen durch die In-Situ-Messungen auf Deponien.<br />
- 232 -
2.6 Literatur<br />
Bücher und Zeitschriften<br />
- 233 -<br />
D1<br />
Fricke, Collins<br />
BMBF (1999): Abschlussbericht zum Forschungsvorhaben 1471038 „Validierung und Anpassung<br />
des Simulationsmodells HELP zur Berechnung des Wasserhaushaltes von Deponien für deutsche<br />
Verhältnisse, Herausgegeben vom Umweltbundesamt<br />
COLLINS, H.-J. und ZIEHMANN, G. (2000): Überwachung und Beurteilung von Deponien; Hier:<br />
Minimierung von Naturmessungen; <strong>Arbeitsbericht</strong> 1998 – 2000 des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>es<br />
<strong>477</strong>; Eigenverlag der Technischen Universität Braunschweig<br />
COLLINS, H.-J., KÖLSCH, F., ZIEHMANN, G. (1997): Veränderung des Tragverhaltens und der<br />
mechanischen Eigenschaften von Abfällen durch Alterung und Abbau, Abschlussbericht, Deutsche<br />
Forschungsgemeinschaft (DFG) Az. Co 76/26-1 bis -5<br />
COLLINS, H.-J.; RAMKE, H.-G. (1986): Einfluss der Entwässerung (Setzung) auf die Nutzungsdauer<br />
von Deponien gemischter Abfälle), Endbericht zum Forschungsvorhaben 2091 – B V e 26/81<br />
des Niedersächsischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst<br />
DEPONIEVERORDNUNG (2002): Verordnung über Deponien und Langzeitlager (Deponieverordnung<br />
– DepV), Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln<br />
GDA-EMPFEHLUNGEN (1997): Geotechnik der Deponien und Altlasten, Deutsche Gesellschaft<br />
für Geotechnik (Hrsg.), 3. Auflage, und Fortschreibung in ZS Bautechnik, Ernst und Sohn Verlag,<br />
Berlin<br />
GERTLOFF, K.-H. (1996): Setzung und Dichte im Inneren einer Hausmülldeponie; Müll und Abfall,<br />
Heft 3, Erich Schmidt Verlag Berlin<br />
HAARSTRICK, A.; MÜNNICH, K.; ZIEHMANN, G.; NARANJO, NELSON MORA (<strong>2003</strong>): Erkundung<br />
von Gasbrunnen auf der Deponie Fallersleben und Abfalldatenerhebung zur Untersuchung<br />
von Überwachungsparametern sowie die Modellierung anaerober Abbauprozesse. Unveröffentlichter<br />
Bericht des Inst. Für Bioverfahrentechnik und des Leichtweiß-Institutes, Abt. Abfallwirtschaft<br />
HOLZLÖHNER, U.; AUGUST; H.; MEGGYES, T.; BRUNE, M. (1994): Deponieabdichtungssysteme,<br />
Statusbericht Forschungsbericht 201, BMFT<br />
JESSBERGER, H.-L.; GÜTTLER, U.; GRUNDHOFF, T.; KÖNIG, D. (1995): Sammlung und<br />
Auswertung von Feldmessungen zum Verformungsverhalten von Abfalldeponien unter Berücksichtigung<br />
der Abfalleigenschaften; Forschungsbericht zum DFG-Forschungsvorhaben Az: Gü/2-1<br />
KOCKEL, R. (1995): Scherfestigkeit von Mischabfall im Hinblick auf die Standsicherheit von Deponien,<br />
Schriftenreihe des Instituts für Grundbau der Ruhr-Universität Bochum, Heft 24, Eigenverlag<br />
KÖNIG, D.; KOCKEL, R. (1998): Ein Verfahren zur Abschätzung und Prognose von Oberflächensetzungen<br />
von Deponien, Bauingenieur, Heft 3,<br />
KREISLAUFWIRTSCHAFTS- UND ABFALLGESETZ (1994) : Gesetz zur Förderung der<br />
Kreislaufwirtschaft und Sicherung der umweltverträglichen Beseitigung von Abfällen; Bundesgesetzblatt<br />
I, Seite 2705<br />
KRÜMPELBECK, I. (2000): Untersuchung zum langfristigen Verhalten von Siedlungsabfalldepo-
D1<br />
Fricke, Collins<br />
nien, Veröffentlichung des Lehrstuhls für Abfall- und Siedlungswasserwirtschaft der Bergischen<br />
Universität – Gesamthochschule Wuppertal; Heft 3<br />
MÜNNICH, K. (2000): Evaluierung des Wasserhaushaltes von Siedlungsabfalldeponien, ZS Müll<br />
und Abfall Heft 11, Erich Schmidt Verlag, Berlin<br />
RAMKE, H.-G. (1991): Hydraulische Beurteilung und Dimensionierung der Basisentwässerung<br />
von Deponien fester Siedlungsabfälle – Wasserhaushalt, hydraulische Kennwerte, Berechnungsverfahren,<br />
Dissertation, Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Heft 114<br />
SPILLMANN (1988): Einflüsse verschiedener Deponietechniken einwohnergleichen Müll- und<br />
Klärschlammmassen auf die Nutzungsdauer von Abfalldeponien, Mitteilung des Leichtweiß-Instituts<br />
für Wasserbau der Technischen Universität Braunschweig, Heft 96<br />
TASi (1993): Technische Anleitung zur Verwertung, Behandlung und sonstigen Behandlung von<br />
Siedlungsabfällen, Bundesanzeiger Verlagsgesellschaft mbH, Köln<br />
WIEMER, K. (1982): Qualitative und quantitative Kriterien zur Bestimmung der Dichte von Abfällen<br />
in geordneten Deponien; Dissertation im Fachbereich Umwelttechnik der Technischen Universität<br />
Berlin, Eigenverlag<br />
ZIEHMANN, G. (2002): Setzung von Abfalldeponien – Theorie und Laborversuche zur Kennzeichnung<br />
von Einflussgrößen; Dissertation des Fachbereichs Bauingenieurwesen der TU Braunschweig;<br />
Cuvillier Verlag Göttingen<br />
ZIEHMANN, G., COLLINS, H.-J. (2000): Bestimmung von Sickerwasserspenden in Deponieentwässerungssystemen<br />
– Ein Beitrag zur innovativen Bauwerksüberwachung, ZS Bautechnik, Heft 9<br />
Kongressbeiträge<br />
DE POLI, F; FABRIZI, F; RINALDI, L (1999): Modelling landfill settlement for the design of biogas<br />
plant and top cover, 7. Waste Management and Landfill Symposium, Sardinia; CISA<br />
HUDSON, A; BEAVEN, R. P.; POWRIE, W. (<strong>2001</strong>): Interaction of water and gas in saturated<br />
household waste in a large scale compression cell, 8. Waste Management and Landfill Symposium,<br />
Sardinia; CISA<br />
KAVAZANJIAN, E ; MATASOVIC, N ; BACHUS, R. C. (1999): Large-diameter static and cyclic<br />
laboratory testing of municipal solid waste, 7. Waste Management and Landfill Symposium, Sardinia;<br />
CISA<br />
KÜHLE-WEIDEMEIER, M.; DOEDENS, H. (<strong>2003</strong>): Schließung von Siedlungsabfalldeponien –<br />
abfallwirtschaftliche Aspekte; 8. Münsteraner Abfalltage, Münsteraner Schriften zur Abfallwirtschaft,<br />
Band 6<br />
ZIEHMANN (2000): Influence of mechanical-biological pretreatment of municipal solid waste on<br />
the stability of landfills, International Symposium “Integrated life-cycle design of materials and<br />
structures”, Helsinki, Finnland, RILEM publications, Frankreich<br />
ZIEHMANN, G.; COLLINS, H.-J. (<strong>2001</strong>): Reduction of in-situ measurements of landfills, 8th Intern.<br />
Landfill-Symposium Cagliari, Italy<br />
- 234 -
Wissensbasiertes System „Messtechnik im Bauwesen“ zur Mess-<br />
datenerfassung und Auswertung innerhalb der Bauwerksüberwachung<br />
3. Zusammenfassung<br />
Prof. em. Dr.rer.nat.Dr.h.c.mult. H.G. Natke†<br />
Dipl.-Ing. P.G.Baum<br />
- 235 -<br />
A2<br />
Natke†<br />
Das Projekt ist ausgelaufen. In den drei Verlängerungsmonaten (Januar bis März <strong>2001</strong>) wurde deshalb<br />
lediglich noch die Dokumentation fertig gestellt und Source-Code-Säuberungen in SAMBA<br />
durchgeführt. Die Übergabe der Dokumentation von SAMBA erfolgte an Prof. Hosser (A1).<br />
Somit ist der letzte Arbeits- und Ergebnisbericht des Teilprojektes A2 gleichfalls der Abschlussbericht,<br />
erschienen im <strong>Arbeitsbericht</strong> 1998-2000.<br />
Das Projekt würde während der Laufzeit von 1998 bis <strong>2001</strong> mit 188.309 Euro gefördert.
- 236 -
Mehrkomponenten-Dehnungs- und Spannungsaufnehmer<br />
für das Monitoring von Bauwerken<br />
Abschlussbericht<br />
Prof. Dr.-Ing. M. Peters<br />
Dipl.-Ing. F. Tegtmeier<br />
3.1 Kenntnisstand bei Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
- 237 -<br />
C3<br />
Peters<br />
Um die Nutzungsfähigkeit eines Bauwerks mit Hilfe einer innovativen Bauwerksüberwachung<br />
sicherzustellen, müssen Informationen über den mechanischen Belastungszustand des Objektes<br />
vorliegen. Zur Aufnahme von mechanischen Spannungen wurden bisher verschiedene optische,<br />
akustische und magnetische Verfahren eingesetzt.<br />
Erste kontinuierliche Spannungsmessungen an Bauwerken nutzten vorrangig ölgefüllte Druckdosen<br />
FRANZ [1958]. Druckänderungen im Messvolumen werden mittels einer Membrane durch eine<br />
mechanische Übersetzung mit einem induktiven Weggeber gemessen. Die nur für den Verguss in<br />
Beton verwendbare Technik konnte keine großtechnische Anwendung finden.<br />
Im Betonbau hat sich stattdessen die permanente Messung der Spannungszustände durch<br />
faseroptische Medien bewährt. Sowohl intensitätsmodulierte Sensoren als auch Bragg-Gitter oder<br />
interferenzoptische Systeme nach dem Michelson oder Fabry-Pérot Verfahren werden verwendet.<br />
In der Praxis hat sich insbesondere das interferometrische, in CASANOVA [1999] beschriebene<br />
System SOFO als anwendungstauglich erwiesen. Die dort erläuterten Aufnehmersysteme kommen<br />
auch in dem bislang aufwendigsten Bauwerksüberwachungsprojekt der Bundesanstalt für<br />
Materialprüfung, Berlin, im neuen Lehrter Hauptbahnhof zum Einsatz HABEL [2002]. Hier wurde<br />
die Lichtleitertechnik aus Gründen der Langzeitstabilität gegenüber der DMS-Technik bevorzugt.<br />
Ein Vergleich verschiedener faseroptischer Sensoren unter Berücksichtigung der bauwerkstechnischen<br />
Eignung ist in HABEL [2000] ausführlich dargestellt.<br />
Die Nutzung von Lichtwellenleitern zur Spannungsmessung, insbesondere das System SOFO,<br />
ermöglicht auch die Überwachung ausgewählter Abschnitte in einem Messleiter. Dennoch ist die<br />
Messung von mechanischen Spannungen an einzelnen, spezifischen Punkten durch die zu geringe<br />
Längenauflösung nicht möglich. Faseroptische Sensoren erlauben durch ihre einachsige<br />
Ausrichtung keine Aufnahme von mehrachsigen Spannungszuständen in kompakten Baukörpern,<br />
insbesondere in Stahlkonstruktionen. Da sie zur Montage in der Betonkonstruktion eingegossen<br />
werden müssen, kann der Sensor nur in Neubauten eingesetzt werden. In Stahlbauwerken sind die<br />
Montagemöglichkeiten begrenzt, insbesondere lokale Spannungszustände an potentiellen Schwachstellen<br />
können nicht überwacht werden. Zu deren Bestimmung werden im Stahlbau vorrangig<br />
Dehnungsmessstreifen verwendet.<br />
Aufgrund ihrer durch moderne Digitalverstärker erreichbaren hohen Auflösung wurden Dehnungsmessstreifen<br />
(DMS) zum Standard in der industriellen Präzisionskraftmesstechnik. Unterschiedliche<br />
mechanische Größen wie Kraft, Drehmoment, Druck und Beschleunigung werden in verschiedenen<br />
Bereichen der Industrie mit dieser Technik gemessen.<br />
Aber schon mit dem Beginn der praktischen Anwendung von Dehnungsmessstreifen zeigte sich die
C3<br />
Peters<br />
Schwäche dieser Messaufnehmer bezüglich klimatischer Einflüsse. Bild 1 zeigt die durch<br />
Feuchtigkeitseinflüsse hervorgerufene Nullpunktverschiebung eines typischen Dehnungsmessstreifens<br />
bei Freiluftbewitterung. Der DMS wurde dabei mit einer den Vorgaben der Hersteller<br />
entsprechenden Silikon-Kapselung versiegelt<br />
und vor Regen und Lichteinflüssen geschützt.<br />
Lediglich die Einflüsse des umgebenden<br />
Klimas führten zu der Signaldrift. Geeignete<br />
Kunststoffdichtungen konnten in der<br />
Vergangenheit nicht annähernd eine den<br />
Bauwerken entsprechende Lebensdauer garantieren.<br />
In FRANZ [1958] wird deshalb schon<br />
früh die DMS-Technik für Langzeitmessungen<br />
in Bauwerken ausgeschlossen. Aufgrund des<br />
feuchtigkeitsbedingten Driftverhaltens des<br />
Nullpunktes von Dehnungsmessstreifen wurden<br />
in MAYER [1996] vorrangig sogenannte<br />
Scratch-Gauges zur Überprüfung des<br />
Kriechverhaltens von Bauwerken verwendet.<br />
Scratch-Gauges registrieren über ein Hebelsystem die Ausdehnungen einer Messstrecke als<br />
Nadelschriebe. Parallel durchgeführte DMS-Applikationen ermöglichen einen Vergleich des<br />
Denso Fettbinde<br />
Bitumenisolierung<br />
Universal Klebemasse K6TT<br />
Dehnungsmessstreifen<br />
Lötstützpunkt<br />
Bild 2: Optimierte DMS-<br />
Kapselung nach /6/<br />
Abdeckkit AK 22<br />
Bleimantel<br />
Cu-Draht<br />
Brückenverstimmung in mV/V<br />
Nullpunktverhaltens. Bei diesen Untersuchungen wurde<br />
auch eine optimierte Kapselung nach HOFSTÖTTER<br />
[1971] angewandt. Eine in Bild 2 skizzierte aufwendige<br />
Kombination von Kunststoffen, einer Fettschicht sowie<br />
einer Bitumenummantelung ermöglichte erstmals<br />
Messzeiten von bis zu 20 Jahren. Derartige<br />
Kapselungen von Dehnungsmessstreifen werden heute<br />
zu Versuchszwecken an Bauwerken verwendet.<br />
Großtechnische Anwendungen blieben aufgrund des<br />
erheblichen Aufwandes für die Applikation einer<br />
solchen Kapselung vor Ort aus.<br />
Um eine aufwendige Applikation der Messstreifen unter<br />
den widrigen Umständen der Baustellen zu umgehen und um gleichzeitig die empfindliche<br />
Messtechnik zu kapseln, bedarf es eines Aufnehmers, der die DMS in seinem Inneren schützt und<br />
der einfach und schnell an dem Bauwerk zu montieren ist.<br />
Ein solcher Aufnehmer kann als kleine Messeinheit lokale Änderungen an bestimmten Punkten<br />
aufnehmen oder in Form eines Auflagers oder Knotenpunktes im Bauwerk globale Lastzustände<br />
erfassen. Für den letztgenannten Einsatzzweck können kommerzielle Kraftaufnehmer mit<br />
langlebigen metallischen Kapselungen genutzt werden. Da diese jedoch selten den spezifischen<br />
Gegebenheiten einzelner Bauwerke entsprechen, wurden Spezialkonstruktionen entworfen und als<br />
vorgefertigte Einheit in Knotenpunkte des Überwachungsobjektes integriert. In BEHRENS [1983]<br />
wurden beispielsweise applizierte und gekapselte Ringsysteme in einen Brunnen eingefügt. In<br />
ähnlicher Weise wurden Untersuchungen an Pfahlgründungen BÖCKMANN [1983] oder<br />
Messungen der Zugkräfte in Bewehrungsbändern SOHNIUS [1982] mittels applizierter und<br />
gekapselter Aufnehmersegmente durchgeführt. Der hohe Aufwand für solche vorgefertigten<br />
- 238 -<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
0 50 100 150 200 250<br />
Dauer der Außenlagerung in Tagen<br />
Bild 1: Durch Luftfeuchtigkeit verursachte<br />
Nullpunktverschiebung eines DMS
- 239 -<br />
C3<br />
Peters<br />
Spezialaufnehmer reduziert die praktischen Anwendungen auf wenige Versuchsbauten zur<br />
Erprobung neuer Konstruktionstechniken.<br />
Andere Anwendungsfälle erlauben die Verwendung von herkömmlichen Kraft- und Wegaufnehmern<br />
aus der industriellen Fertigung, wie beispielsweise bei dem Austausch einer maroden<br />
Tragsäule im Brandenburger Tor MENGER [2002].<br />
Ein universell einsetzbarer Sensor zur Messung von lokalen Spannungszuständen in einer kleinen<br />
Messbohrung ist bis heute nicht erhältlich. Aufträge aus der Industrie für einen solchen Sensor an<br />
Spezialunternehmen aus dem Bereich des Kraftaufnehmerbaus scheiterten bisher an der<br />
Entwicklung eines geeigneten Adaptionsmodells.<br />
Die Entwicklung eines entsprechenden Modells war Schwerpunkt des Teilprojektes C3. Die<br />
Spezifikationen hinsichtlich Messbereich und Messunsicherheit wurden in Abstimmung mit den<br />
Teilprojekten A1, A2, B1 und B3 unter Berücksichtigung der dort entwickelten theoretischen<br />
Modelle festgelegt. Sie wurden an Ersatzbauwerken überprüft, die übergreifend für den <strong>SFB</strong> oder<br />
speziell für das Teilprojekt C3 erstellt wurden.<br />
Zur Kalibrierung des Sensors wurden Kalibrierkörper entwickelt, die sowohl den Eigenschaften des<br />
Adaptionsmodells als auch den Möglichkeiten der Belastungseinrichtungen angepasst sind. Eine<br />
Einrichtung für eine simultane Mehrkomponentenbelastung, wie sie zur Überprüfung des<br />
Adaptionsmodells benötigt wird, war bisher nicht bekannt. Eine entsprechende Einrichtung wurde<br />
an der PTB in der ersten und zweiten Förderperiode in Zusammenarbeit mit anderen PTB-Projekten<br />
erstellt.<br />
Die Einsatzmöglichkeiten bei zeitlich veränderlichen Lasten müssen durch Untersuchungen mit<br />
dynamischer Anregung bestimmt werden, da Präzisionskraftaufnehmer unter diesen Bedingungen<br />
deutliche Messabweichungen zeigen können KUMME [1995]. Die statisch bestimmte<br />
Empfindlichkeit des Sensors ist bei dynamischer Anregung zu überprüfen.<br />
Bezüglich der Simulation einer klimatisch verursachten Alterung existieren etwa 30 verschiedene<br />
DIN- und ISO-Normen. Sie lassen sich jedoch nicht uneingeschränkt auf die Bauwerksüberwachung<br />
übertragen. Höhere Temperaturschwankungen als z. B. in der OIML R60 Prüfnorm für<br />
Wägezellen müssen in den Testzyklen berücksichtigt werden. Die längere Lebensdauer für<br />
gegebenenfalls nicht austauschbare Sensoren fordert weitere, stark beschleunigte Alterungssimulationen.<br />
Zur Durchführung von derartigen Simulationen wurden die technischen<br />
Einrichtungen sowie die Erfahrung mit der Kapselung von DMS-Technik aus dem Bereich der<br />
Bauartzulassung für Wägezellen in der PTB genutzt.<br />
Für den zu entwickelnden Sensor mit seiner speziellen Geometrie sind Serienausführungen von<br />
DMS nur bedingt verwendbar. Daher ist gegebenenfalls ein spezielles DMS-Layout notwendig, das<br />
den Problemstellungen der Dehnungsmessung im Sensorinneren besser gerecht wird.
C3<br />
Peters<br />
3.2 Angewandte Methoden<br />
Die einzelnen Arbeitspunkte, die sich aus der Aufgabenstellung für das Teilprojekt C3 ergeben,<br />
sind in Bild 3 skizziert. Im Hinblick auf die Sensorentwicklung ist die Wahl von geeigneten Simulationsmethoden<br />
für die Bauwerksumgebung von besonderer Bedeutung. Die zugehörigen Modelle<br />
sind auf der linken Seite von Bild 3 dargestellt. Die daraus gewonnenen, auf der rechten Seite<br />
aufgeführten Ergebnisse sind mit ihren Quellen verknüpft. Die Zusammenarbeit mit anderen<br />
Teilprojekten des <strong>Sonderforschungsbereich</strong>es ist mit einem * symbolisiert.<br />
Ersatzbauwerk<br />
(* ähnlich Bauwerk B3)<br />
stabförmiger<br />
Belastungskörper<br />
Testkörper Beton<br />
(* erbaut von C2)<br />
* <strong>SFB</strong>-Ersatzbauwerk<br />
Stahl (B3)<br />
Kalibrierungsmethoden<br />
(Kalibrierkörper, 6-Spannungskomponenten<br />
Referenzeinrichtung,<br />
dynamische Kalibrierung)<br />
Klimakammern/<br />
temperierte Wasserbäder<br />
Kapselung,<br />
Lebensdauer<br />
3.2.1 Labortechnische Simulation der Bauwerksumgebung<br />
Die Entwicklung und Optimierung des Adaptionsmodells, das die mechanische Kopplung von<br />
DMS und Bohrungsinnenfläche beschreibt, wurde mit Hilfe von Simulationskörpern durchgeführt.<br />
Sie dienten der Darstellung der Bauwerksumgebung und wurden im Interesse einer hohen<br />
Zuverlässigkeit des späteren Modells für die Erzeugung von „worst-case“-Bedingungen ausgelegt.<br />
Mit ihrer Hilfe sollten folgende Aufgaben gelöst werden:<br />
- Bestimmung einer geeigneten Adaptionsform unter simultaner Mehrkomponentenbelastung<br />
- Spezifikation der notwendigen Eigenschaften wie Messbereich und Messunsicherheit<br />
- Entwicklung und Überprüfung einer Messmethodik zur Schadensdetektion<br />
- Kalibrierung und Bestimmung der Übertragungsmatrix<br />
- beschleunigte Simulation der Alterung unter den klimatischen Eigenschaften der Bauwerksumgebung<br />
Die für diese Aufgaben entwickelten Simulationsmethoden und Vorgehensweisen werden im<br />
Folgenden beschrieben.<br />
- 240 -<br />
DMS-Layout<br />
Differenzmessverfahren<br />
geforderte Sensoreigenschaften<br />
Ergebnisse<br />
( * A1, A2, B1)<br />
Adaptionsmodell<br />
Sensor Sensor<br />
Bild 3: Wichtige Meilensteine der Projektbearbeitung
- 241 -<br />
C3<br />
Peters<br />
3.2.2 Universeller Belastungskörper zur Entwicklung des Adaptionsmodells für den Einsatz<br />
in verschiedenen statischen und dynamischen<br />
Belastungseinrichtungen<br />
Der in Bild 4 skizzierte rundstabförmige Belastungskörper<br />
wurde zur Bestimmung eines geeigneten<br />
Adaptionsmodells sowie zur Optimierung der Übertragungseigenschaften<br />
bei Mehrkomponentenbelastung<br />
entworfen. Er lässt sich mittels hydraulischer Spannbuchsen<br />
in die 1 kNm-Drehmoment-Normalmesseinrichtung<br />
der PTB einbauen. Durch ein Verschieben des<br />
Gegenlagers werden hier entsprechende Kraft- und<br />
Drehmomentkomponenten und somit Belastungs-<br />
Axialkraft<br />
Drehmoment<br />
Querkraft Biegemoment<br />
(mit je zwei Komponenten)<br />
zustände erzeugt, die mit Mehrkomponenten-Kraftaufnehmern an den Lagern der Lastachse<br />
gemessen werden ROESKE [1999]. Die erreichbaren Querkomponenten sind jedoch durch die<br />
begrenzte Belastbarkeit der Luftlager der Normalmesseinrichtung eingeschränkt, sodass Dehnungen<br />
am Bohrungsrand von über 1 ‰ nur für die Hauptkomponente des axialen Drehmomentes<br />
dargestellt werden können. Um entsprechende Belastungen in axialer Richtung zu erzeugen, wird<br />
der Belastungskörper in die 100 kN Kraft-Normalmesseinrichtung der PTB eingebaut, die sowohl<br />
Zug- als auch Druckbelastung ermöglicht. Für Biege- und Schubbelastungen wurden jeweils<br />
Hilfskörper zum Einbau in die Belastungseinrichtung gefertigt, die hohe Dehnungen in der<br />
jeweiligen Lastkomponente zulassen.<br />
Der tangentiale Spannungszustand am Bohrungsumfang des stabförmigen Belastungskörper lässt<br />
sich bei axialer Belastung durch eine analytische Näherungsformel beschreiben, die aus der<br />
Airyschen Spannungsfunktion abgeleitet ist:<br />
�<br />
t<br />
2<br />
2<br />
4<br />
� V<br />
F � a � a � �<br />
� �<br />
1 1 3 cos 2<br />
2<br />
2<br />
� � � 2<br />
4 �<br />
2π<br />
8 ( 1 sin ) �� �<br />
� � �<br />
�� �<br />
r R Rr � � r � r � �<br />
a und �� kennzeichnen dabei die Polarkoordinaten um die Bohrungsachse, r bezeichnet den<br />
Bohrungsradius, R den Radius des Stabquerschnittes.<br />
Der stabförmige Belastungskörper hat sich aufgrund seiner schnellen Montage in verschiedenen<br />
Belastungseinrichtungen bei einer Vielzahl von Messungen zur konstruktiven Optimierung des<br />
Sensors bewährt. Der Belastungskörper wurde aus einer hochwertigen Legierung gefertigt, wie sie<br />
auch im Kraftaufnehmerbau verwendet wird, um Messabweichungen durch die Einflüsse des Stahls<br />
zu minimieren und hohe Dehnungen zu ermöglichen. Mit einer im Bohrungsbereich verjüngten<br />
Ausführung des Stabs wurden Dehnungen am Bohrungsrand von über 2 ‰ dargestellt.<br />
Die stabförmigen Belastungskörper wurden auch zur Untersuchung der dynamischen Empfindlichkeit<br />
genutzt. Herkömmliche Kraftaufnehmer zeigen teilweise erhebliche Abweichungen von<br />
ihrer statischen Empfindlichkeit bei dynamischer Anregung KUMME [1995]. Um diese Einflüsse<br />
für die Bauwerkssensoren zu beschreiben, werden sie, in einem Belastungsstab montiert, auf einem<br />
Schwingerreger dynamisch untersucht. Hierzu wird sowohl der in KUMME [1995] erläuterte<br />
Versuchsaufbau als auch die in WEIßENBORN [2000] vorgestellte Mehrkomponenten-Beschleunigungs-Normalmesseinrichtung<br />
verwendet, die dynamische Kräfte bis 10 kN darstellen kann.<br />
x<br />
y<br />
z<br />
Sensor<br />
Bild 4: Stabförmiger Belastungskörper<br />
( 1)
C3<br />
Peters<br />
3.2.3 Kalibrierkörper<br />
Bild 5: Rundkalibrierkörper mit Auflagern (links),<br />
montiert in einer Kraft-Normalmesseinrichtung (rechts)<br />
Für die Kalibrierung wurde der in Bild 5 gezeigte runde Kalibrierkörper zur Darstellung ebener<br />
Spannungszustände entwickelt. Der in die mittige Sensorbohrung eingebaute Sensor wird in<br />
Schritten von vorzugsweise 5 Grad mit dem Rotationskörper in den Auflagern gedreht und in einer<br />
Kraft-Normalmesseinrichtung belastet. Die Kalibrierung in unterschiedlichen, relativ zum Sensor<br />
orientierten Rotationslagen der Hauptspannung erfolgt so ohne Demontage des Sensors.<br />
Die tangentialen Spannungszustände an der Bohrung<br />
wurden nach GIRKMANN [1958] aus der Airyschen<br />
Spannungsfunktion abgeleitet. Es ergibt sich eine<br />
Funktion, die einen Gleichanteil und einen mit doppelter<br />
Ortsfrequenz um den Bohrungsumfang umlaufenden<br />
kosinusförmigen Anteil enthält.<br />
Einen ähnlichen Verlauf wie die tangentialen Spannungen<br />
im Bohrungsumfang zeigen auch die in Bild<br />
6 mit dem nachfolgend beschriebenen Adaptionsmodell<br />
erhaltenen Messwerte. An die Ausgangssignale<br />
wurden Sinusfunktionen mittels der Methode der<br />
kleinsten Quadrate angepasst. Aus dem Vergleich der<br />
jeweiligen Ausgleichsfunktion der Messsignale mit<br />
den dazugehörigen Hauptspannungen und deren<br />
Richtung ergibt sich eine zugeordnete Kalibriergleichung, die beispielhaft für eine Viertelbrücke<br />
eines Sensors in (2) dargestellt ist.<br />
� �<br />
�2� �10��<br />
� �<br />
� �<br />
M � 0, 92 �(<br />
� H 1 � � H 2)<br />
� 0,<br />
30�<br />
( � H 1��<br />
H 2)<br />
�cos<br />
2<br />
M ist dabei der Messwert in mV/V, ��H1 und ��H2 die Dehnung in den Hauptspannungsrichtungen, �<br />
beschreibt deren Winkelorientierung bezüglich des Sensors. � Die drei unbekannten ebenen Spannungskomponenten<br />
können so aus drei Messsignalen bestimmt werden.<br />
- 242 -<br />
Signal einer Messbrücke in mV/V<br />
0,1<br />
0<br />
-0,1<br />
-0,2<br />
-0,3<br />
-0,4<br />
-0,5<br />
0 90 180 270<br />
Rotationswinkel des Kalibrierkörpers in Grad<br />
Bild 6: Messsignale eines Sensorkanals<br />
bei der Kalibrierung
2.2.4 Mehrkomponenten-Referenzeinrichtung<br />
Die Anwendung der im Teilprojekt C3 entwickelten<br />
Sensoren zur Messung räumlicher Spannungskomponenten<br />
setzt eine entsprechende Untersuchung und Kalibrierung<br />
dieser Sensoren unter mehrkomponentiger<br />
Belastung voraus. Da die vorhandenen Messeinrichtungen<br />
dafür nur sehr eingeschränkt zu nutzen sind, wurde<br />
eine neuartige Mehrkomponenten-Messeinrichtung<br />
konzipiert und erbaut. Verschiedene Konzepte des mechanischen<br />
Aufbaus wurden untersucht. Bei der gewählten<br />
Konstruktion sind ein Antriebssystem zur Erzeugung<br />
der Lasten und ein Messsystem zu deren Messung<br />
jeweils als Parallelkinematik in Form einer Hexapode<br />
realisiert (Bild 7). In die Hexapodenglieder wurden<br />
auf der Antriebsseite Aktoren (Elektromotore) und<br />
auf der Messseite Sensoren (kalibrierte Kraftaufnehmer)<br />
integriert. Zwischen den beiden Hexapodensystemen<br />
wird der zu kalibrierende Aufnehmer eingespannt. Der<br />
Aufbau wird durch einen Maschinenrahmen komplettiert.<br />
- 243 -<br />
C3<br />
Peters<br />
Im Rahmen der Bearbeitung dieses Unterprojektes wurden die theoretischen Grundlagen der Zerlegung<br />
der darzustellenden Kraft- und Momentvektoren in die mit Hilfe der Kraftaufnehmer messbaren<br />
Podenkräfte erarbeitet. Für die Erzeugung eines gegebenen Lastzustandes ist es notwendig, die<br />
zugehörigen Kräfte in den Poden berechnen zu können. Umgekehrt müssen auch aus den gemessenen<br />
Podenkräfte die generierten Kraft- und Momentvektoren ermittelt werden. Für beide Verfahren<br />
ist die Geometrie der Hexapoden von entscheidender Bedeutung. In numerischen Simulationen<br />
wurden die Parameter einer in Bild 8 gezeigten Hexapodenanordnung dahin gehend optimiert, dass<br />
möglichst große Messsignale in den verschiedenen räumlichen Richtungen der Lastvektoren resultieren.<br />
Bild 9 zeigt beispielhaft die in der Messpode 1 resultierende Kraft für alle verschiedenen<br />
räumlichen Richtungen eines darzustellenden Kraftvektors mit dem Betrag von 1 kN.<br />
Unsicherheitsbetrachtungen ergaben, dass die Position der Hexapoden auf 0,01 mm bekannt sein<br />
muss. Um die geforderte Genauigkeit zu ermöglichen, wurde die Geometrie auf einer Koordinatenmesseinrichtung<br />
bestimmt. Da das für das gesamte<br />
Hexapodensystem technisch nicht mit<br />
vertretbarem Aufwand zu realisieren ist, wurden<br />
die einzelnen Baugruppen (die Grund- und<br />
Deckplatten sowie die Poden) kalibriert und die<br />
resultierende Geometrie berechnet. Ein solches<br />
Vorgehen war möglich, weil die Hexapodenglieder<br />
über biegeweiche elastische Gelenke<br />
verfügen, in denen die Anpassung an die kleinen<br />
fertigungsbedingten Längenabweichungen erfol-<br />
gen kann. Die Gelenke haben aber noch eine<br />
andere wichtige Aufgabe. Die Belastung der<br />
Messhexapode ist mit Verformungen verbunden,<br />
3 m<br />
feste Platte<br />
bewegliche<br />
Platte<br />
Antriebe<br />
Prüfling<br />
Kraftauf-<br />
nehmer<br />
Grundplatte<br />
Bild 7: Prinzipdarstellung der Mehrkomponenten<br />
Kraft- und Drehmoment-Normalmesseinrichtung<br />
Bild 8: Hexapodenanordnung der<br />
Referenzkraftaufnehmer
C3<br />
Peters<br />
und auch die Kraftaufnehmer in den Poden messen die<br />
wirkende Kraft mit Hilfe von Dehnungsmessstreifen<br />
über die eingeprägten Dehnungen. Die Änderung der<br />
Geometrie ist bei der Umrechnung zwischen<br />
Podenkräften und externem Kraft- bzw.<br />
Momentvektor zu berücksichtigen. Sie sind mit der<br />
Generierung sogenannter Störkomponenten, also von<br />
Biege- und Drehmomenten sowie Querkräften in den<br />
Messpoden verbunden, die einen Einfluss auf die<br />
Eigenschaften der Kraftaufnehmer ausüben können.<br />
Es war sicherzustellen, dass die aus der Verformung<br />
resultierenden Störkomponenten minimal sind. Der<br />
Ansatz, an den Gelenkstellen spezielle Kugelgelenke<br />
zu verwenden, wurde wegen der in Experimenten<br />
Bild 9: Belastung einer Messpode<br />
bestimmten zu großen Reibmomente verworfen. Statt<br />
dessen wurden die bereits genannten elastischen Federelemente<br />
entwickelt und mit Hilfe der Finite-Elemente-Methode optimiert.<br />
Zum Zeitpunkt der Berichterstattung ist die Messeinrichtung vollständig aufgebaut und elektrisch<br />
angeschlossen. Die Steuerungssoftware und die Bedienoberfläche für die Kalibrierung sind implementiert<br />
und es laufen erste Testmessungen. Es ist geplant, bis zum Ende der laufenden Förderperiode<br />
erste Kalibrierungen durchzuführen.<br />
2.2.5 Ersatzbauwerk<br />
Die Untersuchung von bauwerkstypischen Schäden und die Entwicklung eines Messverfahrens zur<br />
Schadensdetektion wurde im Labor an Ersatzbauwerken durchgeführt, die in Form eines Trägers<br />
ausgelegt und mit den für den Brückenbau typischen Schwachstellen versehen wurden.<br />
Typische Strukturveränderungen und Risse können durch ein Differenzmessverfahren frühzeitig<br />
erkannt werden. Dafür werden zwei Sensoren in ihrem Signalverhalten miteinander verglichen. Der<br />
Adaptionsort ist so zu wählen, dass sich die lastabhängigen Ausgangssignale im schadensfreien Zustand<br />
nur um einen konstanten Faktor unterscheiden, wie es auf der linken Seite des Diagramms in<br />
Bild 10 dargestellt ist.<br />
Mittels einer Empfindlichkeitsanpassung am Messverstärker wird die Signaldifferenz auf Null abgeglichen.<br />
Da Schadensformen in ihrer Anfangsphase nur lokale Auswirkungen haben, ist zunächst<br />
nur die Spannungsmatrix des defektnahen Sensors betroffen, der daraufhin eine Signaländerung<br />
zeigt. Der andere Sensor bleibt unbeeinflusst und als Ergebnis tritt ein Differenzsignal zwischen<br />
den Sensoren auf. Ein simulierter Signalverlauf für das Beispiel einer Rissentwicklung ist in Bild 10<br />
dargestellt.<br />
- 244 -
Detektionssensor<br />
Referenzsensor<br />
Bild 10: Ersatzbauwerk und Differenzmessverfahren<br />
- 245 -<br />
C3<br />
Peters<br />
Im rechten Diagrammteil ist die Änderung des Differenzsignals mit fortschreitender Risslänge bei<br />
konstanter Belastung abgebildet. FEM-Simulationen zeigen, dass sich allgemein geeignete Adaptionsorte<br />
für zu überwachende Schwachstellen finden lassen. Die Adaptionsorte lassen sich in einem<br />
tabellarischen Regelwerk zusammenfassen, sodass keine individuelle FEM-Analyse für jede Sensorapplikation<br />
erforderlich ist.<br />
Die FEM-Simulation von Schäden wurde in mehreren Schritten vollzogen. Zuerst wurden in einem<br />
globalen Modell des Trägers die Spannungszustände im Bereich der Schwachstellen untersucht.<br />
Anschließend wurden diese Bereiche entsprechend den Untersuchungen im Teilprojekt B3 im<br />
Detail analysiert, die Ergebnisse verglichen und mit Messungen am Ersatzbauwerk des TP B3<br />
bestätigt. Aus den Berechnungen und experimentellen Daten lassen sich die notwendigen<br />
Eigenschaften des Messaufnehmers bezüglich Messbereich und Messunsicherheit für eine<br />
zuverlässige Schadensdetektion ableiten. Die gewonnenen Ergebnisse lassen sich außerdem zur<br />
Überprüfung der bei der Kalibrierung ermittelten Übertragungsmatrix verwenden.<br />
Für den Laborversuch an der PTB wurde ein Aufbau entwickelt, der eine Variation der Lasteinleitungsposition<br />
zwischen den beiden oberen Lasteinleitungsstegen des Versuchskörpers ermöglicht<br />
(Bild 11). Bei der Konstruktion war zu beachten, dass keine Störkomponenten durch statische<br />
Überbestimmung in das Ersatzbauwerk eingeleitet werden können. Die Kräfte in den einzelnen<br />
Laststegen wurden jeweils mit einem Präzisionskraftaufnehmer bestimmt.
C3<br />
Peters<br />
Oberer Zentrierring<br />
Lagerschalen mit Wälzkörper<br />
Krafteinbringungsstücke,<br />
mit dem Ersatzbauwerk<br />
verschweißt<br />
3.2.6 Prüfungen an Beton<br />
Um Untersuchungen an Beton durchführen zu können, wurde eine<br />
Vorrichtung gefertigt, mit der die Prüfkörper in einer Kraft-Normalmesseinrichtung<br />
der PTB belastet werden können. Der in Bild 12<br />
gezeigte Aufbau dient der Adaption des Sensors in vorrangig für<br />
Druckbelastungen ausgelegten Werkstoffen wie Beton oder Stein. Für<br />
erste Untersuchungen wurde ein Belastungskörper verwendet, der aus<br />
derselben Betonmischung wie das Ersatzbauwerk des Teilprojektes B9<br />
hergestellt wurde. Der Betonwürfel wird mit druckweichen Bleiplatten<br />
in die Montagehalterungen eingebaut. Mit dem Aufbau wurde eine<br />
Ausführungsform des Adaptionsmodells für Messungen in Beton<br />
optimiert und die Möglichkeit eines eventuellen Einsatzes des Sensors in<br />
diesem Werkstoff untersucht.<br />
3.2.7 Alterungssimulation<br />
Ersatzbauwerk mit DMS Applikationen<br />
Lagerschalen mit Wälzkörper aus vergütetem Rundstahl 40 mm<br />
Hauptträger IPBv 200 - DIN 1025<br />
Bild 11: Versuchsaufbau Ersatzbauwerk<br />
Oberer Träger zur<br />
Kraftübertragung<br />
Kraftaufnehmer C4 100 kN,<br />
mit dem Unterstück verschraubt<br />
Zentrierring, mit 4 Stiften und 2 Spannelementen fixiert<br />
Eine dauerhafte Kapselung der DMS vor äußeren Einflüssen muss gewährleistet sein, um eine dem<br />
Bauwerk angepasste Lebenserwartung zu erreichen. Durch eine geeignete Wahl der Stahllegierung<br />
für das Sensorgehäuse beschränkt sich das Problem der Alterung auf den DMS und seine Verklebung.<br />
Die Lebensdauer des Sensors wird somit von der Kapselung des sensiblen Innenbereichs bestimmt.<br />
Für den Sensor wurden auch verschiedene Kunststoffe als Schutzmaterial untersucht. Der Innenraum<br />
des Sensors wird mit einer PTFE-Membrane verschlossen, die den Vorteil des Druckausgleichs<br />
zwischen Sensorinnerem und Umgebung bietet. Gleichzeitig wird die Sensibilität von Glasdurchführungen<br />
gegenüber starken Temperaturschwankungen umgangen. Der eigentliche Schutz<br />
der DMS vor der unerwünschten Feuchtigkeit wird durch eine Kunststoffschicht erreicht. Ein<br />
Großteil der Kunststoffe ermöglicht jedoch eine erhebliche Wasserdiffusion - eine 20 g Probe herkömmlichen<br />
Silikongummis nimmt z. B. bis zu 0,5 g Wasser auf.<br />
- 246 -<br />
Bild 12: Prüfungen an<br />
Beton
- 247 -<br />
C3<br />
Peters<br />
Es wurden deshalb verschiedene Abdeckmaterialien in einem temperierten Wasserbad erprobt. Die<br />
mit Schutzschichten versehenen DMS waren hierbei auf einer Stahlplatte appliziert (Bild 13). Eine<br />
Vielzahl von Gummiarten, Acrylate, Epoxidharze und Wachsschichten wurde auch auf Kombinationseffekte<br />
verschiedener Materialien untersucht, wobei ggf. eine zusätzliche Metallfolienabdeckung<br />
zur Anwendung kam. Anhand der gewonnenen Untersuchungsergebnisse wurden Prüfmuster von<br />
Sensoren erstellt. Sie wurden in Zugstäbe montiert und in Klimakammern untersucht (Bild 14).<br />
Hierbei kam die DIN IEC 68 2-30 zur Anwendung, die in der PTB die Grundlage für die Bauartzulassung<br />
von Wägezellen darstellt. Zur Anpassung an eine realistische Bauwerksumgebung mussten<br />
Versuche mit einer erhöhten Maximaltemperatur und mit einem zur Kondensatbildung führenden<br />
Temperatur- und Feuchteverlauf durchgeführt werden. Zwischen den Klima-Prüfzyklen erfolgte<br />
eine Untersuchung der in den Zugstäben eingebauten Sensoren auf Änderung ihrer Nullsignale und<br />
Empfindlichkeiten bei definierter Belastung in einer Kraft-Normalmesseinrichtung.<br />
Zur Zeit sind Prüfplatten auf einem Gebäudedach der Freiluftbewitterung ausgesetzt, um eine Korrelation<br />
zur beschleunigten Alterung im Wasserbad zu bestimmen. Erste Ergebnisse deuten auf einen<br />
Faktor größer als 200 hin. Das Ziel ist hier die Angabe einer zuverlässigen Lebensdauerprognose<br />
aus dem Korrelationsfaktor zwischen der normalen Freiluftalterung und den beschleunigten<br />
Alterungsformen.<br />
Bild 13: Edelstahlplatte zur Wasserbadlagerung mit<br />
verschiedenen Kapselungsmaterialien<br />
3.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
3.3.1 Adaptionsmodell<br />
Bild 14: Zugstäbe mit montierten, gekapselten<br />
Sensoren in der Klimakammer<br />
Mit dem Adaptionsmodell wird die mechanische Verbindung der Bohrungsinnenfläche im Bauwerk<br />
mit den im Sensor applizierten DMS beschrieben. Durch seine Ausführung werden vorrangig die<br />
Eigenschaften des Sensors definiert. In der ersten Projektphase wurde diesem Aufgabenpunkt eine<br />
besondere Beachtung geschenkt, um für alle spezifisch von der Adaptionsform abhängenden<br />
weiteren Arbeitspunkte eine zuverlässige Ausgangsbasis zu schaffen. Bei der theoretischen<br />
Untersuchung der Wechselwirkung zwischen Sensor und Bauwerk wurden sowohl verschiedene<br />
Adaptionsmodelle als auch deren jeweilige Rückwirkung auf das Bauwerk betrachtet. Die<br />
Adaptionsmodelle lassen sich durch zwei Extreme eingrenzen. Im Fall eines sehr weichen Sensors<br />
wird der Dehnungszustand der Bohrung nicht verändert, dagegen kann ein sehr harter Sensor den
C3<br />
Peters<br />
Ausgangszustand vor Einbringen der Bohrung wiederherstellen. Analytische, numerische und<br />
experimentelle Untersuchungen zeigen, dass eine Bohrung zu einer Spannungsüberhöhung am<br />
Bohrungsrand führt, die in Abhängigkeit der geometrischen Bedingungen den Faktor 2 bis 3<br />
erreichen kann. Die Ergebnisse werden in NEUBER [1958] und GIRKMANN [1954] bestätigt. Der<br />
Sensor kann uneingeschränkt in Bereichen appliziert werden, in denen vor dem Einbringen der<br />
Messbohrung keine Dehnungen von über 1 ‰ zu erwarten sind. Höhere Dehnungen sind zwar<br />
messbar, die Applikation muss jedoch im Einzelfall überprüft werden. In hochbelasteten Bereichen<br />
kann es zu plastischen Verformungen am Bohrungsrand kommen.<br />
Die Rückwirkung einer Sensorbohrung auf die zu überwachenden Schwachstellen wurde in<br />
Zusammenarbeit mit dem Teilprojekt B3 mittels numerischer Modelle untersucht. Dabei wurden<br />
besonders die typischen Sensorpositionen des Differenzmessverfahrens überprüft. Hierbei zeigten<br />
sich keine signifikanten Rückwirkungen. Für verschiedene Modelle blieben die durch die Bohrung<br />
verursachten Spannungsänderungen in den hochbelasteten Eckbereichen innerhalb der Unsicherheit<br />
der numerischen Berechnung.<br />
Bezüglich der Adaptionsform wurden über 50 Modelle untersucht. Sie sind Variationen vier<br />
verschiedener Grundtypen, die sich in ihrer Befestigungsart unterscheiden. Die Vor- und Nachteile<br />
der unterschiedlichen Adaptionsmodelle werden nachfolgend genauer beschrieben.<br />
3.3.1.1 Adaption durch Presspassung<br />
Die Adaption durch eine Presspassung<br />
wurde in drei Varianten untersucht<br />
(Bild 15). Der Sensor wurde als übermaßiger<br />
Ring eingepresst, thermisch<br />
gestaucht in die Bohrung eingebracht<br />
HBM<br />
oder als stark übermaßiger, geschlitzter<br />
Ring eingesetzt. Für jede Variante<br />
wurden verschiedene Bauformen aus<br />
Aluminium und Stahl getestet. Um Bild 15: Varianten von einpressbaren Sensoren<br />
eventuelle negative Auswirkungen von<br />
einbaubedingten Vorspannungen auf die DMS zu vermeiden, wurden sie teilweise erst nach dem<br />
Einbau appliziert. Alle Variationen führten zu unbefriedigenden Ergebnissen. Die Messsignale<br />
erreichten nur etwa 20 % der Werte, die eine FEM-Berechnung ohne Berücksichtigung innerer<br />
Gleitungen ergab. Starke Hystereseeigenschaften verursachten Messunsicherheiten, die bei keiner<br />
der Bauformen im Dehnungsmessbereich bis 1 ‰ unter 20 % lagen. Für die in der Bauwerksüberwachung<br />
auftretenden Dehnungen erwiesen sich alle beschriebenen Ausführungsformen<br />
einer Presspassung als ungeeignet. Gegen die Adaptionsform sprechen zudem die erforderlichen<br />
geringen Bohrungstoleranzen, die Gefahr des Verkantens beim Einbau sowie der Bedarf an<br />
Kühlmitteln bei der thermischen Presspassung.<br />
- 248 -<br />
HBM<br />
HBM<br />
HBM
3.3.1.2 Adaption durch Verschraubung<br />
- 249 -<br />
C3<br />
Peters<br />
In verschiedenen Ausführungen und<br />
Applikationsformen wurde eine Verschraubung<br />
des Sensors mit dem Bauwerk<br />
untersucht. Gewindehülsen (Bild 16)<br />
HBM<br />
wurden entweder mit DMS-applizierten<br />
Innenmembranen oder mit einer Innenumfangsbeklebung<br />
versehen. Die Eintauchtiefe<br />
in die Gewindebohrung wurde<br />
variiert und der Sensor mit einer Kontermutter<br />
verspannt. Die Adaption durch<br />
Verschraubung ergab ebenfalls keine<br />
Bild 16: Varianten von verschraubbaren Sensoren<br />
befriedigenden Ergebnisse. Stark nichtlineares Verhalten und erhebliche Hystereseerscheinungen<br />
führten zu Messunsicherheiten größer als 10 Prozent, was vermutlich durch Gleitungen an den<br />
Gewindeflanken verursacht wird. Die Messungen bestätigten auch, dass bei einer<br />
Schraubverbindung nur die ersten Gewindeflanken belastet werden. Befindet sich die<br />
Applikationsstelle der DMS im Aufnehmer hinter dem vierten Gewindegang, kommt es zu einer<br />
starken Verminderung der Aufnehmerempfindlichkeit. Neben der Eintauchtiefe des Sensors wurde<br />
auch das Anzugsmoment variiert. Die Übertragungseigenschaften erreichen letztlich aber keine<br />
befriedigende Werte.<br />
Auch eine Kombination aus Verschraubung und den unter 2.3.1.4 beschriebenen verspannbaren<br />
Sensoren ergab keine befriedigende Ergebnisse. Die mit einem Feingewinde (Steigung 0,25 mm)<br />
versehenen konischen Kontaktflächen zwischen Außen- und Innenteil des Aufnehmers sorgen<br />
dafür, dass sich das beidseitig abwechselnd geschlitzte Außenteil bei der Verschraubung in der<br />
gewindefreien Bauwerksbohrung verspannt. Sowohl die sonst notwendigen geringen Bohrungstoleranzen<br />
als auch der Aufwand des Gewindeschneidens in der Bauwerksbohrung konnten so<br />
umgangen werden.<br />
3.3.1.3 Adaption durch Verklebung<br />
Verschiedene Klebstoffe wurden zur<br />
Verklebung des Sensors im Bauwerk<br />
untersucht. Die verwendeten Kleber basieren<br />
auf Epoxidharzen und gelten als gut geeignet<br />
Kle<br />
für die Verklebung von Metallen. Als<br />
Werkstoff für die untersuchten Sensoren<br />
wurde Aluminium aufgrund seines niedrigen<br />
Elastizitätsmoduls gewählt, um die Belastung der Klebeschicht möglichst gering zu halten. Alle mit<br />
der Adaption durch Klebung erreichten Ergebnisse waren unbefriedigend. Trotz sorgfältiger<br />
Verarbeitung löste sich die Verklebung zum Teil bereits nach wenigen Lastwechseln. Die<br />
Messergebnisse waren stark mit Hysterese, Nichtlinearitäten und Kriecheinflüssen durchsetzt, was<br />
sich auf die ungünstigen mechanischen Eigenschaften der Klebeschicht zurückführen lässt. Typisch<br />
für die Adaption durch Verklebung ist ein progressiv ansteigender Signalverlauf. Insgesamt<br />
betrachtet ist die Verklebung somit wenig geeignet, langfristige Untersuchungen an Bauwerken<br />
durchzuführen.<br />
bstoff<br />
Bild 17: Varianten von verklebbaren Sensoren<br />
HBM<br />
HBM<br />
HBM
C3<br />
Peters<br />
3.3.1.4 Adaption durch Verspannung<br />
Bei der Adaption durch Verspannung<br />
F<br />
werden die konischen Kontaktflächen<br />
eines Innen- und Außenteils gegeneinander<br />
verspannt (Bild 18) Das Innenteil<br />
weitet das Außenteil auf, sodass<br />
sich der Sensor in der Bauwerksbohrung<br />
fixiert. Die Spannkraft kann dazu<br />
über eine äußere Verschraubung oder<br />
eine zentrale innere Schraube aufge- Bild 18: Varianten von verspannbaren Sensoren<br />
bracht werden. Die gewählten Konuswinkel<br />
liegen unter 4,3°, wodurch eine Selbsthemmung gewährleistet ist. In mehreren Entwicklungsschritten<br />
wurden Verbesserungen in verschiedenen konstruktiven Details erzielt:<br />
- Das Innenteil berührt das Außenteil nur auf einer begrenzten, innerhalb der Bohrungstiefe<br />
liegenden Kontaktfläche.<br />
- Das Außenteil ist mehrfach abwechselnd von oben und unten geschlitzt, sodass es sich in<br />
seinem Umfang gleichmäßig ausdehnen kann.<br />
- Die zwischen den Segmenten verbleibenden Querstege haben keinen Kontakt zum Innenteil.<br />
Hierzu sind entsprechende Freidrehungen im Innenumfang des Außenteils eingebracht.<br />
- Die Wandstärke des Außenteils ist so gering wie möglich gewählt. Die minimale Dicke wird<br />
dabei durch die notwendige Materialstärke im Übergangsbereich zu den Flanschsegmenten zur<br />
Einleitung der Anzugskraft begrenzt.<br />
- Die Größe der Anzugskraft wurde in mehreren Versuchen optimiert und bei der Anzahl und<br />
Stärke der Spannschrauben berücksichtigt.<br />
Schließlich ließen sich Dehnungen bis zu 1 ‰ am Bohrungsrand nahezu hysteresefrei und mit guter<br />
Linearität messen. Die entscheidende Verbesserung wurde durch eine eckige Bauform des<br />
Aufnehmers erreicht (siehe Schnittbild in Bild 19). Bei flächigem Kontakt im Bohrungsumfang<br />
setzt die Haftung zwischen Sensor und Bauwerk eine relativ niedrige Grenze für den Messbereich.<br />
Die aus der Verspannung entstehende radiale Anpresskraft führt zu einer tangentialen Haftung, die<br />
an keiner Stelle der Bohrungsinnenfläche aussetzen<br />
darf, da sonst Hysterese auftritt. Die axialen,<br />
linienförmigen Kontakte des eckigen Sensors<br />
reduzieren die oben beschriebene Messbereichseinschränkung<br />
der flächigen Dehnungsübertragung.<br />
Zwischen ihnen wird die Dehnung in Umfangs-<br />
richtung integriert und auf das mit DMS applizierte<br />
Innenteil übertragen. Die zur Haftung führende radiale<br />
Anpressung der Linienkontakte und die tangentiale<br />
Elastizität des Sensors wurden so angepasst, dass<br />
innerhalb des elastischen Bereiches von Stahl ein<br />
nahezu hysteresefreies, lineares Übertragungsverhalten<br />
erzielt wird. Bild 20 zeigt einen Vergleich der mit den<br />
- 250 -<br />
Bauwerk<br />
Segmente des geschlitzten Außenteils<br />
Innenteil<br />
DMS<br />
Zu messende<br />
Kräfte im<br />
Bauwerk<br />
Bild 19: Prinzipskizze des eckigen Sensors
- 251 -<br />
C3<br />
Peters<br />
verschiedenen runden Ausführungen (1 bis 3) und der eckigen Bauform (4) erzielten Messergebnisse.<br />
Die Dauerfestigkeit des beschriebenen<br />
Sensors wurde in Zusammenarbeit<br />
mit dem Teilprojekt B3<br />
überprüft. Auch nach über 1,5<br />
Mio. Lastwechseln ließ sich keine<br />
Änderung des Signalverhaltens<br />
feststellen. Mit dem in Abschnitt<br />
2.2.5 beschriebenen Differenzmessverfahren<br />
konnten auch am<br />
Ersatzbauwerk des Teilprojektes<br />
B3 Anfangsrisse ab 1 mm Länge<br />
erkannt werden. Bild 21a zeigt<br />
das Ersatzbauwerk mit dem ca.<br />
3 mm langem Riss und dem<br />
Aufnehmer zur Rissdetektion. Die<br />
Sensorsignale sind in Bild 21b in Abhängigkeit von der Risslänge zusammen mit den Messwerten<br />
des magnetischen Sensors aus Teilprojekt (TP) B4 dargestellt. Der nach 450000 Lastwechseln<br />
aufgetretene Riss wurde von den Sensoren gut erkannt.<br />
35<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
Auf die Anfangssteigung<br />
normierte Empfindlichkeit<br />
Sensorsignal,<br />
TP C3 in 10 -2 mV/V,<br />
TP B4 in 10 -1 V<br />
Sensorsignal TP C3<br />
Sensorsignal TP B4<br />
Lastwechselzahl bei der Registrierung des Anrisses durch<br />
aufgeklebte Spulendrähte (Querschnitt an der Kerbe<br />
vollständig durchgerissen)<br />
Risslänge a in mm<br />
35<br />
Risslänge<br />
0 100000 200000 300000 400000 500000 600000 700000<br />
Bild 21: (a) Schaden mit appliziertem Sensor, (b) Messsignale bei Rissausbildung,<br />
1,02<br />
1<br />
0,98<br />
0,96<br />
0,94<br />
0,92<br />
0,9<br />
0,88<br />
Dynamische Untersuchungen mit sinusförmigen Anregungen bis 300 Hz zeigten keine<br />
Abweichungen von der statischen Empfindlichkeit. Resonanzen im Messaufbau lassen derzeitig<br />
keine Untersuchungen bei höheren Frequenzen zu. Mittels neuer Adaptionsstücke sollen die<br />
Untersuchungen bis zum Ende des Projektes auf ein Kilohertz ausgedehnt werden.<br />
Zur Messung räumlicher Zustände wurde das Sensorlayout entsprechend modifiziert. Um<br />
Dehnungen in der Längsachse aufzunehmen, wurden die Kontaktlinien unterbrochen. Die Wandstärken<br />
des Innenteiles wurden mittels FEM-Simulationen und Versuchen an diese Änderungen<br />
angepasst.<br />
Die zwei beschriebenen Ausführungsformen für ebene und räumliche Spannungsmessungen<br />
1<br />
2<br />
3<br />
1 2 3 4<br />
0 0,25 0,5 0,75 1 1,25 1,5 1,75 2 2,25 2,5 2,75<br />
Maximale Dehnung am Bohrungsrand in ‰<br />
Bild 20: Messbereichserweiterung durch vieleckige Bauform<br />
4<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0
C3<br />
Peters<br />
wurden um eine weitere Bauform ergänzt, die für die Messung in tiefen Bohrlöchern – z. B.<br />
Brückenrollenlagern – geeignet ist. Statt der vier äußeren Zugschrauben wird eine innere Zug- und<br />
Druckschraube verwendet, die über einen eingeschraubten Abzieherring auch eine beschädigungsfreie<br />
Demontage des Sensors ermöglicht. Bild 22 zeigt die drei Ausführungsformen des Sensors.<br />
Der Durchmesser für die Messbohrung beträgt bei den abgebildeten Sensoren 18 mm.<br />
Bild 22: Innen- und Außenteil des Sensors für ebene Spannungsmessung (links), Außenteil mit<br />
Unterbrechungen in den Kontaktlinien für räumliche Spannungsmessung (Mitte), innenverspannbarer<br />
Sensor zur Montage in tiefen Messbohrungen (rechts), Spezial-DMS (vorne)<br />
Um die Messunsicherheiten durch ein nichtlineares elastisches Verhalten des stark vorgespannten<br />
Innenteiles zu reduzieren, wurde für den Sensor eine härtbare CrNiCuNb-Edelstahllegierung<br />
(Werkstoffnummer 1-4542) gewählt. Da eine derartig dünnwandige Struktur bei den Vergütungsbetrieben<br />
keine Erfahrungen für den Härtungsvorgang vorliegen, wurde in Zusammenarbeit mit<br />
dem wissenschaftlichen Gerätebau an der PTB eine angepasste Härtungsprozedur in vielen<br />
Versuchen ermittelt. Die Sensoren werden nach der Fertigung 5 Minuten bei 1030 °C losgeglüht, in<br />
bewegter Luft oder Öl gekühlt und anschließend für 4 Stunden bei 550 °C ausgelagert. Der<br />
Werkstoff erreicht so eine Zugfestigkeit Rp02 von 1200 N/mm 2 , die Oberflächenhärte beträgt 56<br />
Rockwell.<br />
3.3.3 DMS-Layout<br />
In der Versuchsphase zur Bestimmung des Adaptionsmodells wurden marktübliche DMS verwendet.<br />
Das Applizieren der DMS im Innenteil mit 13,8 mm Bohrungsdurchmesser erwies sich dabei<br />
als schwierig. Minimale Abweichungen von der optimalen Platzierung sind nicht zu vermeiden. Mit<br />
dem Abweichen der Sensorposition von dem Bereich der geringsten Wandstärke nimmt das Messsignal<br />
deutlich ab. Bei einer Vollbrückenschaltung von vier nicht exakt zueinander platzierten DMS<br />
treten geringere Dehnungen an den Messgittern der DMS auf, die zusammen mit einer gegenläufigen<br />
Phasenverschiebung der Ortsfrequenz zu einer Verringerung des Brückensignals führt. Zur<br />
Verbesserung der Positionierung wurde deshalb ein<br />
Mehrfachgitter-DMS entwickelt (Bild 23), bei dem<br />
die jeweiligen Gitter exakt zueinander auf einem<br />
Folienträger plaziert sind. Gleichzeitig verhindert<br />
er Qualitätseinbußen bei der Applikation, die durch<br />
- 252 -<br />
Bild 23: An die Sensorgeometrie angepasster<br />
Mehrfachgitter-DMS
- 253 -<br />
C3<br />
Peters<br />
das mehrfache Kleben einzelner DMS bei geringem Abstand und begrenzter Zugänglichkeit kaum<br />
zu vermeiden sind. Unter Zuhilfenahme einer speziellen Fixier- und Anpressvorrichtung kann eine<br />
an den jeweiligen Klebstoff angepasste Anpresskraft erzeugt werden und während des Aushärtevorgangs<br />
beibehalten werden. Das Layout beinhaltet sechs Halbbrückenschaltungen, die durch die<br />
Auslegung der Gitter und Zuleitungen symmetrisiert sind, um im Rahmen einer Messgenauigkeit<br />
von 10 -3 keine weiteren Maßnahmen zur Temperaturkompensation zu erfordern. Die sechs Halbbrücken<br />
ergeben sechs Messsignale, die zur Bestimmung der sechs räumlichen Spannungskomponenten<br />
genutzt werden können. Ebenso können sie zur Aufnahme der drei ebenen Komponenten mit<br />
erhöhter Genauigkeit zu drei Halbbrücken verschaltet werden.<br />
3.3.4 Kapselung der DMS<br />
Zur Kapselung der DMS wurden zwei unterschiedliche Varianten untersucht. Die hermetische,<br />
metallische Abdichtung ist derzeitig der Standard im Kraftaufnehmerbau. Der Aufnehmer wird<br />
dabei komplett metallisch verschweißt und die Messleitungen werden über Glasdurchführungen<br />
herausgeführt. Durch die geringen Abmessungen des hier beschriebenen Aufnehmers ergeben sich<br />
Schwierigkeiten beim Verschweißen der Öffnungen. Desweiteren ist die absolute Wasserundurchlässigkeit<br />
einer Glasdurchführung bei den möglichen Temperaturschwankungen und der<br />
geforderten Lebenserwartung fraglich. Eine hermetische Versiegelung des Innenraumes verursacht<br />
bei sehr hohen Temperaturschwankungen Messabweichungen durch thermisch bedingte Druckänderungen.<br />
Als Alternative bietet sich eine andere Kapselungsvariante an, bei der die Sensorspitze mit einer<br />
luft- und feuchtigkeitsdurchlässigen PTFE-Membrane verschlossen wird. Der eigentliche Schutz<br />
der DMS erfolgt durch eine Kunststoffkapselung, die entsprechend 2.2.7 entwickelt wurde.<br />
Hier erwies sich eine kombinierte Schicht aus einem Polymethylmethacrylat (PMMA), einem<br />
feuchtigkeitsbeständigen Klebstoff der Zahnmedizin und einer Butylgummi-Deckschicht als geeignet.<br />
Die Grenzschicht zwischen Edelstahl und Dichtstoff ist von besonderer Bedeutung für die<br />
dauerhafte Kapselung des DMS. Das PMMA reagiert vorrangig mit den Oxiden des Metalls, die bei<br />
Edelstählen allerdings nur in sehr geringem Ausmaß vorhanden sind. Daher basiert die Bindung des<br />
Klebstoffs bei Edelstahl hauptsächlich auf van-der-Waals-Kräfte. Diese<br />
sind jedoch empfindlich gegen das stark polare Wasser und werden<br />
langfristig unterwandert. Die durch das Wasser entstandene Ablösung<br />
lässt sich in Bild 24 gut erkennen. Im noch kontaktierenden Bereich<br />
schimmert das Metall durch, der abgelöste Bereich reflektiert das Licht<br />
am Luftspalt und erscheint weißlich. Für einen dauerhaften, chemisch<br />
stabilen Verbund zwischen Edelstahl und PMMA werden deshalb<br />
spezielle Haftvermittler benötigt, die eine Merkaptogruppe für den<br />
Edelstahl und eine Vinylgruppe für das Dichtmaterial als<br />
Reaktionspartner beinhalten. Bild 25 zeigt die durch einen Haftvermittler<br />
verlängerte Lebensdauer bei DIN IEC 68 2-30 Zyklen (mit auf 55 °C<br />
erhöhte Maximaltemperatur).<br />
Bild 24: Ablösung<br />
der Acrylatschicht<br />
Bei der Erstellung der Kapselung ist konsequent auf eine chemische,<br />
wasserundurchlässige Verbindung zwischen dem Kapselungsmaterial und dem Metall zu achten.<br />
Bei dem applizierten Sensor ergibt sich beispielsweise vor dem DMS ein nur 2 mm breiter Streifen,<br />
auf dem das Dichtmaterial das Metall kontaktiert. Zwangsläufig entstehende Verunreinigungen mit
C3<br />
Peters<br />
dem Klebstoff des DMS wurden durch ein<br />
nachträgliches Granulatstrahlen entfernt. Der<br />
DMS wurde dabei mit einer Abdeckvorrichtung<br />
geschützt.<br />
Trotzdem kam es zu erheblichen Differenzen<br />
der Haltbarkeit zwischen verschiedenen Probanden<br />
identischer Herstellung. Das Nullsignal<br />
blieb entweder über 100 Tage konstant oder<br />
veränderte sich nach einer Einsetzzeit von ca. 7<br />
Tagen. Ursache für die schnelle Alterung einiger<br />
Proben ist eine Diffusion von Feuchtigkeit<br />
entlang der nur 50 �m starken Polyethylen-<br />
Isolierlackschicht der Anschlusskabel. Da immer mit einer gleich langen PMMA-Ummantelung des<br />
isolierten Drahtes gearbeitet wurde, ergab sich eine konstante Einsetzzeit der Nullpunktverschiebung.<br />
Bei einigen Proben entstand an den Lötstützpunkten ein ausreichend entlackter Bereich, in<br />
dem das PMMA einen Wassertransport unterbinden konnte. Diese Proben erreichten eine deutlich<br />
höhere Lebensdauer. Entsprechend werden die Drähte nun auf 5 mm Länge entlackt und verzinnt.<br />
Eine Beschichtung des Zinnes mit Haftvermittlern ist wie beim Edelstahl für die zu erwartende Lebensdauer<br />
vorteilhaft. Bild 26 vergleicht die letztendlich entwickelte Kapselung mit kommerziellen<br />
Produkten.<br />
Nullpunktverschiebung in mV/V<br />
1,6<br />
1,4<br />
1,2<br />
1<br />
0,8<br />
0,6<br />
0,4<br />
0,2<br />
0<br />
Optimierte PMMA Dichtung<br />
HBM NG 150 Nitrilgummi<br />
HBM FG250 Silicon<br />
HBM ABM 75 Knetmasse mit AL-Folie<br />
HBM PU120 Schutzlack<br />
HBM AK22 Butylkitt<br />
MM F-Coat Butyl<br />
MM 3140 Silicon<br />
MM 3145 Silicon<br />
MM Acryl M-Coat D<br />
MM M-Coat W-1 mikrokrist. Wachs<br />
GE 744 Silicon<br />
GE 744 mit MM 4145 Silicon<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
Lagerzeit im Wasserbad in Tagen<br />
Bild 26: Vergleich kommerzieller Kapselungen mit der entwickelten PMMA/Butyldichtung<br />
Versuche, PMMA in Verbindung mit Haftvermittlern als Klebstoff für die DMS zu verwenden,<br />
scheiterten an den nichtlinearen elastischen Eigenschaften des PMMA. Es kam zu erheblich ausgeprägteren<br />
Kriecheigenschaften, die im Vergleich zu dem Adaptionsmodell etwa 10-fach höhere<br />
Messunsicherheiten verursachten und damit für Präzisionsmessungen ungeeignet sind.<br />
Prozentualer Verlust der<br />
Messempfinlichkeit<br />
- 254 -<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
-60<br />
-80<br />
-100<br />
PMMA ohne Haftvermittler<br />
PMMA mit Haftvermittler<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
Anzahl der Prüfzyklen<br />
Bild 25: Auswirkung eines Haftvermittlers
3.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong><br />
- 255 -<br />
C3<br />
Peters<br />
Wie schon in Abschnitt 2.1 erwähnt, wurde in der Industrie an der Entwicklung eines ähnlichen<br />
Sensors gearbeitet. Nach Aussagen des technischen Leiters eines daran forschenden Unternehmens<br />
konnten bisher einige grundlegende Probleme, wie z. B. die Adaption, nicht gelöst werden. Geplant<br />
ist deshalb eine Lizenzfertigung des im Teilprojektes C3 entwickelten und patentierten Aufnehmers<br />
PETERS [2000 (2)].<br />
3.5 Offene Fragen<br />
Die Entwicklung des beschriebenen Sensors wird zum Auslaufen des Projektes mit der 6-Komponenten-Kalibrierung<br />
erfolgreich beendet. Die Serientauglichkeit wird durch die geplante industrielle<br />
Verwertung der Forschungsergebnisse bestätigt.<br />
Von weiteren Untersuchungen in Beton wurde Abstand genommen. Durch die starken Inhomogenitäten<br />
im Material lässt sich in keiner sinnvollen Weise eine Spannungsmatrix ermitteln. Dazu<br />
notwendig wäre eine Stahlkralle, die in dem Material vergossen wird und eine Messbohrung für den<br />
Sensor besitzt. Damit wird der Sensor aber wieder in seinen Eigenschaften als Messaufnehmer in<br />
metallischer Umgebung genutzt, wofür die Entwicklung zum Ende der Förderperiode erfolgreich<br />
abgeschlossen ist.<br />
Der Sensor soll im weiteren Verlauf des <strong>SFB</strong> insbesondere vom Teilprojekt B3 genutzt werden.<br />
Untersuchungen in Beton sind mittels einer angepassten Stahlkralle geplant. Die Untersuchungen<br />
werden vom TP B9 und der MPA durchgeführt, die wie die BAM ein Nutzungsinteresse am Sensor<br />
auch außerhalb der <strong>SFB</strong>-Arbeiten haben.<br />
3.6 Finanzielle Ausstattung des Teilprojektes C3<br />
Jahr Personalkosten Geräte bis<br />
20000 DM<br />
Verbrauchsmittel<br />
Reisekosten<br />
1998 73.800 DM 6.000 DM 10.000 DM 2.500 DM<br />
1999 74.400 DM 2.500 DM<br />
2000 75.600 DM 2.400 DM<br />
<strong>2001</strong> 164.400 DM 4.000 DM 3.000 DM<br />
2002 86.400 € 2.045 € 1.500 €<br />
<strong>2003</strong> 88.800 € 1.023 € 1.300 €<br />
3.7 Literatur<br />
FRANZ, G., „Unmittelbare Spannungsmessung in Beton und Baugrund“, Der Bauingenieur 33<br />
(1958) Heft 5, Springer Verlag, Seite 190 – 195<br />
CASANOVA, N., INAUDI, D., PODHARDSZKY, H., ZEMANN, W., KLING, J., „Globale Bauwerksüberwachung<br />
mit Lichtwellenleitersensoren – Funktionsweise des Systems SOFO und<br />
Anwendungsbeispiele“, 13. Sitzung der AG6-Bautechnik, September1999, Lochham
C3<br />
Peters<br />
HABEL, W. R., „Monitoring des Lehrter Bahnhofs in Berlin mit einem komplexen, redundanten<br />
Messsystem“, Scientific Reports, 15. Internationale Wissenschaftliche Konferenz Mittweida,<br />
(2002), Seite 30 –40<br />
HABEL, W. R., HOFMANN, D., „Faseroptischen Mikrodehnungssensoren zur Baustoff- und<br />
Bauteilcharakterisierung“, Sensoren und Messsysteme 2000, Tagung Ludwigsburg,<br />
VDI/VDE-GMA Verlag GmbH, Düsseldorf, VDI-Berichte1530, Seite 495 – 512<br />
MAYER, N., HOFSTÖTTER, P., „Einsatz elektrischer und mechanischer Meßverfahren zur Langzeitmessung“,<br />
GMA Bericht 29, Beanspruchungsanalyse – neue Entwicklungen und Anwendungen,<br />
GESA Symposium, 10-11 Oktober 1996, Schliersee, VDI/VDE-GMA Verlag<br />
GmbH, Düsseldorf, Seite 225-235<br />
HOFSTÖTTER, P., PETER, J., „Messung der durch Erdabsenkungen hervorgerufenen Zusatzbeanspruchungen<br />
an erdverlegten Fernleitungen“, Bänder, Bleche, Rohre 12 (1971), Nr. 6,<br />
Seite 261-265<br />
BEHRENS, U., WIRTS, H., „Kraft-, Druck und Setzungsmessungen an einem Tiefbrunnen zur Entwässerung<br />
eines Braunkohle-Abbaugebiets“, Messtechnische Briefe, 19 (1983), Heft 3,<br />
Seite 53-57<br />
BÖCKMANN, F.-J., „Induktive Wegaufnehmer und DMS bei Modellversuchen zur Ermittlung des<br />
Tragverhaltens von Pfahlgruppen“, Messtechnische Briefe, 19 (1983), Heft 3, Seite 53-57<br />
SOHNIUS, D: „Zugkraftmessungen an Bewehrungsbändern einer Stützkonstruktion nach dem<br />
Bauverfahren bewehrte Erde“, Messtechnische Briefe 18 (1982) Heft 2, Seite 59 bis 64<br />
MENGER, Th., „Messtechnische Überwachung des Austausches eines Säulenstückes am Brandenburger<br />
Tor“, Messtechnische Briefe 38 (2002), Heft 2, Seite 2 bis 7<br />
KUMME, R., „Improvements of Dynamic Force Calibration“, Part II, Final Report, BCR<br />
Information Applied Metrology, European Commission, Luxembourg, 1995<br />
RÖSKE, D., „Zum Einfluß mechanischer Störkomponenten auf die Messung von Drehmomenten“,<br />
PTB-Bericht MA-63, Braunschweig, 1995<br />
WEIßENBORN, Ch., „Kalibrierung von Beschleunigungsaufnehmern bei mehrachsiger<br />
Anregung“ , Dissertation an der TU Braunschweig, November 2000<br />
NEUBER, H., „Kerbspannungslehre“, Springer-Verlag, Berlin, S. 225, 1958<br />
GIRKMANN, K., „Flächentragwerke“, Springer-Verlag, Wien, S 141 – 151, 1954<br />
Literatur aus dem Teilprojekt C3:<br />
RÖSKE, D., 1998, „Investigation of the Influence of Disturbing Components on the Torque<br />
Measurement“, Proc. of the 16th IMEKO TC3 Conference, Taejon, Korea, September 14-18,<br />
1998 pp. 280-285<br />
RÖSKE, D., 1999, „Zum Einfluss mechanischer Störkomponenten auf die Messung von<br />
Drehmomenten mit DMS-Aufnehmern“, Dissertation an der TU-Braunschweig,<br />
PTB-MA-63, Braunschweig<br />
PETERS M., TEGTMEIER, F., 2000 (1), „Determination of structural damage to buildings using<br />
microsensors based on strain gauge technology“, Proc. of the 16th IMEKO World<br />
Congress, Wien, September 25-28, 2000<br />
PETERS M., TEGTMEIER, F., 2000 (2), “Sensor zur Dehnungs- und Spannungsaufnahme in fes<br />
ten Materialien”, Patent beim Deutschen Patent- und Markenamt, Patent-Nr. 100 30 099,<br />
PCT Anmeldung PCT/DE01/02239, veröffentlicht unter WO01/98742 A2<br />
- 256 -
Geodätische Sensoren und Methoden zur Bauwerksüberwachung<br />
Abschlussbericht<br />
Prof. Dr.-Ing. W. Niemeier<br />
Dipl.-Ing. W. Katrycz<br />
3.1 Kenntnisstand bei der letzten Antragstellung und Ausgangsfragestellung<br />
- 257 -<br />
C4<br />
Niemeier<br />
Ein wesentlicher Bestandteil in der Methodik der Bauwerksüberwachung ist die Erfassung der Geometrie<br />
des Bauwerkes sowie ihrer Änderungen. Engere Zielsetzung ist die dreidimensionale Bestimmung<br />
von Geometrieänderungen an der Deponieoberfläche und im Deponiekörper, insbesondere<br />
an der Basisabdichtung. Aus dieser Aufgabenstellung ergeben sich spezielle Anforderungen an<br />
die dazu in Frage kommenden Messsysteme. Für Verformungsmessungen im Bereich der Deponiebasis<br />
stehen nur die Entwässerungsrohre der Basisdrainage oder eigens zu diesem Zweck auszulegende<br />
Messrohre zur Verfügung.<br />
An Systeme zur dreidimensionalen Erfassung von Verformungen der Basisabdichtung ist daher die<br />
Anforderung zu stellen, dass sie in diese, bauseitig vorgegebenen Rohre eingebracht werden können.<br />
Untersuchungen aus der ersten Förderperiode zeigten, dass sich hierfür primär inertiale Messsysteme<br />
eignen, s. 3.2.1, [KATRYCZ, 1999]. Diese nutzen drei Beschleunigungsmesser und drei<br />
Kreisel, wobei letztere Winkelgeschwindigkeiten (Drehraten) in bezug auf den Inertialraum liefern.<br />
Hauptziel des Arbeitsschwerpunktes „Inertiale Rohrvermessung“ im Teilprojekt C4 war es, die<br />
Tauglichkeit eines solchen Messsystems zur Bestimmung von Verformungen an der Deponiebasis<br />
nachzuweisen.<br />
Der Kenntnisstand zur Erstantragstellung ist in [GERTLOFF, K.-H., 1994] und [KNICKMEYER,<br />
E. H., 1992] wiedergegeben. Darin wird behauptet, dass inertiale Messsysteme aufgrund ihres Genauigkeitshaushaltes<br />
nicht zur Verformungsmessung von Deponiekörpern geeignet sind, wobei man<br />
sich auf Erfahrungen aus der Inertialnavigation und der Vermessung von Pipelines beruft. Das Genauigkeitspotential<br />
von Inertialmesssystemen wird danach im Dezimeterbereich angesiedelt. Die<br />
Ergebnisse der ersten Förderperiode bestätigten das für Filterungsverfahren, welche die zu bestimmenden<br />
Sensorfehler nicht auf Rohdatenebene ansetzen, sondern die aus den Laserkreisel- und Beschleunigungsmesserdaten<br />
hochintegrierten, in ein erdfestes Bezugssystem transformierten Geschwindigkeiten<br />
mit vorgegebenen Sollgeschwindigkeiten aus Stillstandsphasen verglichen. Analoges<br />
galt für vorliegende Positions- und Orientierungsinformationen, in denen die Filterungen im<br />
Koordinaten- bzw. Eulerwinkelbereich durchgeführt wurden. Daraus ergaben sich folgende Aufgabenstellungen<br />
im Berichtszeitraum:<br />
1. Weiterentwicklung und Fertigstellung eines Messsystems mit hochpräziser Sensorik um<br />
Verformungen des Deponiekörpers mit einer Genauigkeit von � 3 bis 5 cm Standardabweichung<br />
auf 100 m bestimmen zu können. Dazu stand wie in der ersten Förderperiode eine<br />
inertiale Messeinheit der Deutschen Montantechnologie GmbH, Essen, auf Mietvertragsba-
C4<br />
Niemeier<br />
sis zur Verfügung.<br />
2. Erweiterung und Verfeinerung der Auswertestrategien und der Sensor-Modelle in Hinblick<br />
auf deterministische Effekte (Temperatureffekte, systematische Driften) und Stochastik (unkorreliertes/korreliertes<br />
Rauschen, ggf. Quantisierungsrauschen). Ferner sollten Beschleunigungsmesser-Driften<br />
berücksichtigt werden.<br />
3. Weiterentwicklung der Software, um Driftparameter aus Zusatzinformationen schätzen zu<br />
können, wie sie während des Messablaufes selbst vorliegen.<br />
4. Adaption und Weiterentwicklung von Mess- und Kalibrierungssstrategien.<br />
5. Aufzeigen des Genauigkeitspotentials und der Tauglichkeit der Inertialvermessung zur<br />
Deponieüberwachung im Rahmen repräsentativer Testmessungen.<br />
Neben dem Hauptschwerpunkt der inertialen Rohrvermessung waren weitere Messmethoden,<br />
s. 3.2.8, zur Gewinnung sonstiger für andere Teilprojekte relevanter Geometriedaten im Zusammenhang<br />
mit der Überwachung von Deponiebauwerken zu adaptieren und als Serviceleistung zur Verfügung<br />
zu stellen.<br />
3.2 Angewandte Methoden<br />
Engere Zielsetzung ist die dreidimensionale geometrische Erfassung von Geometrieparametern und<br />
Geometrieänderungen des Deponiekörpers, insbesondere der Basis. Aus dieser Aufgabenstellung<br />
ergeben sich spezielle Anforderungen an die Genauigkeit, Informationsdichte und Einsetzbarkeit<br />
der weiterzuentwickelnden Messsysteme. Schließlich sind Auswertemethoden bereitzustellen, welche<br />
die Identifizierung charakteristischer Änderungen erlauben. Damit zerfielen die methodischen<br />
Schwerpunkte insgesamt in:<br />
1. Hardwareausbau der hochpräzisen Inertialmesssonde zur dreidimensionalen Vermessung<br />
von Deponierohren.<br />
2. Verfeinerung der Modelle für Sensorfehler der Beschleunigungsmesser und Laserkreisel.<br />
3. Aufstellung angepasster Beobachtungsgleichungen für Kalmanfilterung bzw. Kalmanglättung.<br />
Dadurch werden die vor Ort verfügbaren Zusatzinformationen zur Driftbestimmung<br />
nutzbar gemacht.<br />
4. Weiterentwicklung der Mess- und Kalibriermethoden in der Deponierohrvermessung.<br />
3.2.1 Voruntersuchungen zur Rohrvermessung<br />
Für Verformungsmessungen im Bereich der Deponiebasis stehen nur die Entwässerungsrohre der<br />
Basisdrainage oder eigens zu diesem Zweck auszulegende Messrohre zur Verfügung. An Systeme<br />
zur dreidimensionalen Erfassung von Verformungen der Basisabdichtung ist daher die Anforderung<br />
zu stellen, dass sie in diese bauseitig vorgegebenen Rohre eingebracht werden können. Derzeit stehen<br />
drei Arten von Bohrlochvermessungssystemen zur Verfügung, die nach Adaption in der Deponievermessung<br />
eingesetzt werden könnten. Diese in der ersten Förderperiode durchgeführte Studie<br />
wurde in [KATRYCZ, 1999] zusammengefasst. Die Ergebnisse seien hier kurz zusammengestellt.<br />
Die Knickwinkelsonde ist eine Weiterentwicklung des Deflektometers zu einer mobilen Sonde und<br />
wird z.B. von der Firma Glötzl angeboten. Sie besteht aus zwei Läufern, die durch ein Kugelgelenk<br />
miteinander verbunden sind. Beide Läufer (“Nachläufer” und “Vorläufer”) haben dieselbe Länge<br />
und tragen je zwei Neigungssensoren, die Nick- und Rollwinkel erfassen können. Im Kugelgelenk<br />
- 258 -
- 259 -<br />
C4<br />
Niemeier<br />
ist eine Lichtquelle starr mit einem Läufer und ein CCD-Array starr mit dem zweiten Läufer verbunden,<br />
wodurch eine räumliche Erfassung des Winkels (“Knickwinkel”) zwischen beiden Läufern<br />
möglich ist.<br />
Zunächst wird das Azimut des Nachläufers durch externe Messung bestimmt. Mit den Daten der<br />
Neigungs- und Knickwinkelsensoren kann diese Richtungsinformation rechnerisch auf den Vorläufer<br />
übertragen werden. Anschließend wird die Sonde so weiterbewegt, dass der Nachläufer exakt<br />
die vorhergehende Position des Vorläufers einnimmt. Diese Forderung kann nur in dafür geeigneten<br />
Messrohren, idealer weise in Nutrohren, erfüllt werden. Diese stehen in den Anwendungsfällen des<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong> jedoch nicht zur Verfügung.<br />
Das System “Maxibor” der schwedischen Firma SolExperts funktioniert nach einem analogen<br />
Prinzip. Hier stellt jedoch eine auf ein CCD-Array abgebildete Ringlibelle den einzigen Neigungssensor<br />
dar. Alle weiteren Winkel werden mit Hilfe von beleuchteten Ringen ermittelt, die ebenfalls<br />
auf das CCD-Array abgebildet werden. Die gesamte Sonde hat eine Länge von 8 Metern. Das CCD-<br />
Array ist in Fahrtrichtung ausgerichtet, sodass es die vor ihm liegende Ringlibelle sowie zwei beleuchtete<br />
Ringe abbildet. Die Ringlibelle und der erste Ring sowie erster und zweiter Ring haben<br />
Abstände von jeweils 3 Metern. Das erste Paar erfüllt hier im Vergleich zur Knickwinkelsonde die<br />
Funktion des Nachläufers, das zweite Paar die Funktion des Vorläufers. Das System erwies sich aus<br />
denselben Gründen als ungeeignet, die für die Knickwinkelsonde genannt wurden.<br />
Es ist also ein Messsystem erforderlich, das sowohl Längen- als auch Orientierungsmessungen in<br />
autarkem, unterirdischem Betrieb bei frei laufender Messsonde ermöglicht. Das gelingt durch den<br />
Einsatz eines Inertialsystems, das drei Beschleunigungsmesser und drei Kreisel umfasst, wobei<br />
letztere Winkelgeschwindigkeiten (Drehraten) bezüglich des Inertialraums liefern. Solchen Systemen<br />
liegt die Erkenntnis zugrunde, dass sich durch autarke Messung in einem abgeschlossenen<br />
System nur erfassen lässt, ob das Bezugssystem der Sensorik von einem Inertialsystem abweicht,<br />
also entweder beschleunigt ist oder rotiert. Ist weder das eine noch das andere der Fall, so kann man<br />
dem Trägheitsprinzip zufolge bloß die Aussage treffen, dass die Geschwindigkeit des Sensor-Bezugssystems<br />
konstant aber unbekannt ist. Durch externe Bestimmung von Anfangsposition und<br />
Anfangsgeschwindigkeit lässt sich diese Unbestimmtheit aufheben. Nach Messung von Beschleunigungen<br />
und Winkelgeschwindigkeiten lassen sich dann die aktuellen dreidimensionalen Geschwindigkeitskomponenten<br />
sowie die räumlichen Orientierungswinkel des Sensorsystems zu jedem<br />
Zeitpunkt errechnen.<br />
3.2.2 Hardware-Adaption<br />
Die Inertialmesseinheit "IMU 5" der Fa. Deutsche Montantechnologie GmbH. (DMT) setzt sich aus<br />
drei Ringlaserkreiseln GG 1320, Honeywell, sowie drei Beschleunigungsaufnehmern QA 2000-30,<br />
AlliedSignal (jetzt: Honeywell) zusammen. Es wird dem Teilprojekt für Messeinsätze auf Mietvertragsbasis<br />
zur Verfügung gestellt. Ein Ausschnitt aus den vom Hersteller angegebenen Leistungsdaten<br />
wird in Tab.1 gegeben. In Abb. 1 findet sich eine Ansicht des Sensor- und Elektronikblockes<br />
nach der Adaption für die Rohrvermessung.
C4<br />
Niemeier<br />
3 Honeywell Laser Gyros GG1320 Dig-Gyro<br />
Dynamic Range: � 400 deg/s<br />
Drift/Offset: < 0.003 deg/h<br />
Random Walk: < 0.003 deg/�h<br />
Resolution: 0.0003 deg<br />
Linearity Error: < 10 ppm<br />
North Seeking: < 0.05 deg<br />
3 Allied Signal Servo Accelerometers QA2000-30<br />
Dynamic Range: � 10 g<br />
Drift/Offset: < 100 �g<br />
Resolution: < 1 �g<br />
Linearity Error: < 100 ppm<br />
- 260 -<br />
3-Channel AD-Converter:<br />
24bit, real integrating<br />
Sample Rate: 50 Hz...1 kHz<br />
Linearity Error: 1 ppm<br />
Temperature Drift: 0.2 ppm/K<br />
Data Aquisition, Data Processing:<br />
PC104 Module (Intel Pentium 266MHz)<br />
64MB RAM, 512 MB Silicon Flashdisk<br />
6 Seriell Ports (3 IrDA), 1 Parallel Port<br />
Ethernet Port<br />
Tab. 1: Leistungsdaten der Inertialmesseinheit „IMU 5“ (Quelle: Deutsche Montantechnologie)<br />
Der Sensor- und Elektronikblock war ursprünglich nicht für die Rohrvermessung ausgelegt und<br />
seine Abmessungen daher für diese Zwecke ungeeignet. Die Nutzung zur Rohrvermessung machte<br />
daher eine Neumontage wie sie in Abb. 1 dargestellt ist nötig. Diese Montage wurde von den Firmen<br />
iMAR GmbH sowie Deutsche Montantechnologie GmbH durchgeführt. Dabei war darauf zu<br />
achten, dass das System für seine ursprüngliche Anwendung im Bergbau weiterhin nutzbar bleibt.<br />
Aus diesem Grund wurden die Spezifikationen über den im Deponiebetrieb nötigen Explosionsschutz<br />
hinaus um Schlagwetterschutz erweitert.<br />
Schraubschauglas<br />
Stopfen 1 Stopfen 2 Stopfen 3<br />
Prozessor Sensorblock A/D-Wandler Akku-Block<br />
Abbildung 1: Ansicht der Inertialmesseinheit “IMU 5” (ohne Fahrwerk)<br />
Das von der Deutschen Montantechnologie aufbauend auf diesen Spezifikationen entwickelte<br />
Gehäuse ist 880mm lang und hat einen Außendurchmesser von 193.5 mm. Das Gehäuse besteht aus<br />
zwei Rohren, zwei Außenstopfen und einem Mittelstopfen. Die Wandstärke der beiden nahtlos gezogenen<br />
Edelstahlrohre beträgt 5,5 mm. Die Stopfen selbst bestehen aus Messing. Alle Gehäuseteile<br />
halten einem äußeren Druck von mindestens 30bar stand, das entspricht einer Tauchtiefe von
- 261 -<br />
C4<br />
Niemeier<br />
ca. 300 m. Die Ausstellung der Konformitätsbescheinigung BVS 01.E.2021 durch die Bergbau-<br />
Versuchsstrecke (BVS), Dortmund, erfolgte <strong>2001</strong>. Das Kennzeichen des elektrischen Betriebsmittels<br />
ist: EEx d IIB T4.<br />
In Stopfen 1 sind drei Schraubschaugläser Typ NQ 98/1 eingelassen. Sie dienen der galvanisch getrennten<br />
optischen Datenübertragung nach IrDA-Standard. Rascheres Auslesen der Messdaten und<br />
Wechsel des Akkublocks ist außerhalb des explosionsgefährdeten Bereiches bei geöffnetem<br />
Gehäuse über eine Ethernet-Schnittstelle möglich. An Stopfen 1 ist ferner ein L-Profil befestigt, auf<br />
dem das Prozessormodul, der Sensorblock und das AD-Wandlermodul montiert sind. Unterhalb des<br />
L-Profils ist die Spannungswandlerplatine befestigt.<br />
Abbildung 2: Handhabung der “IMU 5” (hier ohne Fahrwerk). Oben, links: Über einen magnetischen<br />
Schalter ist das Hochfahren des Systems auch im explosionsgefährdeten Bereich möglich.<br />
Das Starten des Messprogramms erfolgt durch Infrarot-Datenübertragung durch Schaugläser, s.<br />
Abb.1. Oben, rechts und unten: Der Wechsel der Akkumulatorblöcke hat im ungefährdeten Bereich<br />
zu geschehen. Ladungszustand und Temperatur der Akkus kann digital überwacht werden.<br />
Die Stromversorgung erfolgt durch zwölf in Reihe geschaltete Nickel-Cadmium-Akkumulatoren<br />
vom Typ VR10SF der Fa. Saft. Sie sind als Block zwischen Stopfen 2 und Stopfen 3 angeordnet<br />
und auswechselbar. Jeder dieser Akkumulatoren hat eine Nennspannung von 1,2V und eine Nennkapazität<br />
von 10Ah. Der Energieverbrauch des Inertialsystems beträgt im Mittel ca. 25W, sodass<br />
eine Einsatzzeit von mehr als 5h gesichert ist. Eine elektronische Lastabtrennung überwacht die
C4<br />
Niemeier<br />
Akkumulatoren vor Tiefentladung, Übertemperatur und erhöhter Stromentnahme.<br />
Abbildung 3a: Das Gesamtsystem mit motorisierter Lafette des TP D1 (links) und gekapselter Sensorik<br />
mit Fahrwerk (rechts).<br />
Abbildung 3b: Detailansicht der Kupplung und Infrarotschnittstellen.<br />
Ein IBM-kompatibler Rechner im PC104-Format mit Peripheriekomponenten steuert den Messablauf<br />
und die Datenspeicherung. In der zweiten Förderperiode wurde die CPU auf einen Intel Pentium<br />
Prozessor mit 266MHz Taktfrequenz und 64MB RAM aufgerüstet. Zur Datenspeicherung<br />
wird eine 512MB Silicon Flashdisk eingesetzt. Durch diese Umrüstung wurde die Gefahr der Ausbildung<br />
eines signifikanten Temperaturgradienten innerhalb des Gehäuses verhindert, welcher die<br />
dominante Fehlerquelle für Ringlaserkreisel darstellt. Dadurch konnte auf eine Überwachung des<br />
Temperaturhaushaltes innerhalb der Messeinheit, wie sie im Folgeantrag zur zweiten Förderperiode<br />
angedacht war, unterbleiben.<br />
Wesentlicher Teil der Weiterentwicklung der Messsonde in der zweiten Förderperiode war neben<br />
- 262 -
- 263 -<br />
C4<br />
Niemeier<br />
der Elektronik-Aufrüstung (die finanziell von der DMT getragen wurde) die Entwicklung des<br />
Fahrwerkes und der Kupplung. Damit wurde eine motorisierte Lafette des Teilprojektes D1 (Fricke,<br />
Collins) für den Antrieb der Sonde im Rohr nutzbar gemacht, s. Abb. 3a.<br />
Arbeitsgespräche mit dem TP D1 und Begehungen der Zentraldeponie Deiderode (Landkreis Göttingen)<br />
führten auf die Spezifikation, die gesamte Sondenlänge durch das Fahrwerk so kurz zu halten,<br />
dass die Sonde auch bei Rohrkrümmungsradien von 3m unter der Vorgabe von 300mm Innendurchmesser<br />
des zu befahrenden Rohres einsetzbar bleibt. Analoge Anforderungen waren auch an<br />
das Kupplungselement zu stellen. Die Konstruktion sowie die Fertigung des Fahrwerks und der<br />
Kupplung erfolgten durch die DMT. Es stehen zwei Satz Räder aus säurefestem Kunststoff und<br />
seewasserbeständigem Messing zur Verfügung. Das Gesamtsystem ist Abb. 3a,b zu ersehen.<br />
3.2.3 Grundprinzip der Inertialvermessung<br />
Sind zu einem Anfangszeitpunkt Position, Geschwindigkeit und Orientierung gegeben, so werden<br />
die von den Kreiseln stammenden Rotationsdaten herangezogen, um die gemessenen Beschleunigungen<br />
vom Fahrzeugkoordinatensystem rechnerisch in ein erdfestes Koordinatensystem zu transformieren.<br />
Einmalige Integration dieser Beschleunigungen liefert dann Fahrzeug-Geschwindigkeiten,<br />
nochmalige Integration liefert schließlich Positionen zu jedem Abtastzeitpunkt, vgl.<br />
[SCHWARZ, 1994], [SAVAGE 2000a], [JEKELI, <strong>2001</strong>], [NIEMEIER, KATRYCZ, <strong>2001</strong>],<br />
[KATRYCZ, NIEMEIER, <strong>2001</strong>], [KATRYCZ, NIEMEIER, 2002], [KATRYCZ, 2002].<br />
Die Entwicklung von Auswertemethoden zerfällt in die Bereiche Datenkonvertierung, deterministische<br />
Integration für ideale Sensoren, Kalibriersoftware, Einfügen der Kalibrierparameter in die<br />
Auswertung und Filter- bzw. Glättungsmethoden zur Korrektion wegen Rauschens und Sensordriften.<br />
3.2.4 Deterministische Auswertung<br />
Hierbei erwies sich die Verwendung von normierten Quaternionen als Parameter zur Darstellung<br />
räumlicher Rotationen deswegen als vorteilhafter im Vergleich zu Euler- oder Cardanwinkelsätzen,<br />
da dadurch ein Übergang von linearisierten zu linearen Differentialgleichungssystemen gelingt. Als<br />
Mechanisierungsgleichungen für den idealen Sensor wird nunmehr:<br />
�<br />
e e e �<br />
� � 0 � �1<br />
��<br />
2 ��<br />
3 � � 0 � 1 � 2 � 3 �<br />
�<br />
� �<br />
� �<br />
�<br />
e e e �<br />
e 1 ��<br />
1 0 � 3 ��<br />
2 � � 1 0 � 3 2 � e<br />
q� eb � � �<br />
� � �<br />
� � qb<br />
� �<br />
e e 0 � e �<br />
(1)<br />
2 � 2 � 3 0 �1<br />
2 3<br />
1<br />
�<br />
� �<br />
� �<br />
� �<br />
� �e<br />
e e � �<br />
� ��<br />
3 � 2 ��<br />
1 0 � � 3 � 2 1 0 � �<br />
� 0 � e3<br />
e2<br />
�<br />
�<br />
�<br />
v� e � a � g � 2 � � e3<br />
0 � e1<br />
� � v<br />
(2)<br />
�<br />
�<br />
��<br />
e2<br />
e1<br />
0 �<br />
mit den Definitionen:<br />
� e1<br />
�<br />
� �<br />
�e<br />
2 � : � �<br />
�e<br />
�<br />
� 3 �<br />
e<br />
eb<br />
,<br />
��<br />
�<br />
��<br />
�<br />
��<br />
1<br />
2<br />
3<br />
�<br />
�<br />
� : � �<br />
�<br />
�<br />
b<br />
ib<br />
(4)
C4<br />
Niemeier<br />
e<br />
angesetzt. Dabei sind: q b die Richtungsquaternion der Transformation des Sensorsystems b in ein<br />
e<br />
beliebig wählbares erdfestes Koordinatensystem e, q� eb ihre Ableitung nach der Zeit (in bezug auf e<br />
b<br />
im Sinne des Satzes von Coriolis), � ib die gemessenen Winkelgeschwindigkeiten nach Kalibrie-<br />
e<br />
rung, � eb die Erddrehrate, dargestellt in e, v� e die Beschleunigung und v die Geschwindigkeit im<br />
System e, a die gemessene Beschleunigung nach Kalibrierung und Transformation in das erdfeste<br />
System e und g die Erdschwerebeschleunigung vgl. [SCHWARZ, 1994], [DAMBECK, 1999],<br />
[SAVAGE, 2000a], [LOGAN, 2000], [JEKELI, <strong>2001</strong>], [FOPPE, <strong>2001</strong>], [NIESE, 2002]. Eine geschlossene<br />
Integration der „Mechanisierungsgleichungen“ (1), (2) ist nicht möglich. Es wurde ein<br />
Integrationsalgorithmus implementiert, der auf dem Runge-Kutta-Verfahren basiert.<br />
3.2.5 Kalibriergrößen und Driften<br />
Die Gleichungen aus 3.2.4 sind nur für ein ideales Meßsystem erfüllt. Tatsächlich weichen die Sensoren<br />
in folgender Weise von den oben vorausgesetzten Modelleigenschaften ab: Sie haben Offsetwerte<br />
die von Null und Skalenfaktoren die von Eins verschieden sind und sind nicht rechtwinkelig<br />
aufeinander ausgerichtet. Ihre Offsetwerte sind nicht konstant und müssen letztlich als korrelierte<br />
Zufallsprozesse mit nichtlinearem Trend angesetzt werden. Sie können Nichtlinearitäten erleiden,<br />
die von der Größe des Messwertes abhängen. Es können sich signifikante Abhängigkeiten von äußeren<br />
Parametern ergeben. In der Antragstellung wurden hier insbesondere Temperaturabhängigkeiten<br />
in Betracht gezogen.<br />
Die in Punkt 6 genannten Temperatureinflüsse konnten durch Hardware-Adaption soweit verringert<br />
werden, dass auf eine messtechnische Erfassung eines Temperaturgradienten innerhalb des Gehäuses<br />
verzichtet werden konnte, s. 3.2.2. Damit geht die Temperaturabhängigkeit nicht in die Fehler-<br />
Modellierung im Auswertealgorithmus ein.<br />
Die übrigen Effekte sind bei den Beschleunigungsmessern im Verhältnis zu den gleichnamigen<br />
Effekten der Laserkreisel dominant. Für inertiale Sensoren empfehlen IEEE-Standards Ansätze der<br />
folgenden Form vgl. [IEEE, 1972, 1978, 1981]:<br />
2<br />
3<br />
A1i � a<br />
�i � K 2ai<br />
� K 3ai<br />
� d oa<br />
p � d pa<br />
o � K ipa<br />
ia<br />
p � K ioa<br />
ia<br />
o<br />
(5)<br />
���<br />
� �� � � �����<br />
� ��<br />
�� �����<br />
Meßgröße Nichtlinearitäten<br />
Fehlausrichtungen<br />
Kreuzkopplungen<br />
Rein zeitabhängige Effekte wie polynomiale Driften werden wie folgt modelliert:<br />
�δa0<br />
�<br />
� �<br />
� δa<br />
n<br />
1 �<br />
A 2 � �It�I�t�I���� (6)<br />
�<br />
� �<br />
� �<br />
�δa<br />
n �<br />
worin I die 3� 3-Einheitsmatrix<br />
darstellt. Die im TP C4 entwickelte Implementierung fasst die Ansätze<br />
(5) und (6) zusammen zu:<br />
A determ.<br />
( t ) � M(<br />
t)<br />
�u<br />
(7)<br />
Hierin sind L (t)<br />
als Steuereingangsmatrix und u als Stellgrößen im Sinne der Theorie linearer<br />
Systeme zu verstehen. Der Stellgrößenvektor u enthält ausschließlich Konstante und wird als<br />
- 264 -
Unbekanntenvektor im Sinne der Schätztheorie angesetzt.<br />
3.2.6 Kalibrierverfahren<br />
Pf. 1<br />
- 265 -<br />
90°<br />
Pf. 2<br />
-90°<br />
+90°<br />
+180°<br />
C4<br />
Niemeier<br />
Pf. 3<br />
Abbildung 4: Prinzipskizze der Initialisierungsmessung und Kalibrieranordnung. Die Sondenposition<br />
und ihre räumlichen Orientierungsparameter werden durch 3D-Vermessung mit einem Tachymeter<br />
bestimmt. Die räumlich bekannten Punkte Pf. 1-3 dienen der Georeferenzierung. Um linear<br />
unabhängige Bestimmungsgleichungen für die relevanten Kalibrierparameter zu erhalten, wird die<br />
Sonde durch Drehungen um 90° oder 180° in mehrere Lagen gebracht und jeweils neu vermessen.<br />
Zur Bestimmung der Unbekannten u sind Zusatzinformationen einzuführen. Dazu gibt es folgende<br />
Möglichkeiten:<br />
1. Die Einführung von Messinformation aus Initialisierung und Feldkalibrierung. Dabei werden<br />
3D-Positionen von fixen Referenzpunkten an der Sondenaußenhülle bestimmt, vgl.<br />
Abb. 4. Als indirekt daraus hergeleitete Messinformation könnte man Orientierungen nennen.<br />
Diese werden jedoch in der Kalman-Glättung nach 3.2.7 aus gegebenen Positionen bestimmt.<br />
2. Die Einführung von Sollgeschwindigkeiten, hier: durchwegs Nullgeschwindigkeiten aus<br />
Stillstandsphasen (Zero Velocity Updates - ZUPTs). Doch auch in der Stoßmodellierung<br />
kann, wenn der Stoßzeitpunkt identifiziert wurde, der darin auftretende Vorzeichenwechsel<br />
einer Bewegungskomponente als momentane Nullgeschwindigkeit in einer definierten<br />
Richtung eingeführt werden. Gleiches gilt für Nullgeschwindigkeitskomponenten während<br />
der Fahrt aufgrund des teilweise „geführten Vortriebs“ im Rohr: die Komponenten von v<br />
parallel zu den Auflagerkräften in den Rädern sind bei ruhiger Fahrt null.<br />
Als Kalibriertechniken wurden neben gängigen Methoden der Laborkalibrierung, siehe dazu<br />
[NIESE, <strong>2001</strong>] und [ELLUM et al., 2002], folgende Verfahrenspunkte in der praktischen Messung
C4<br />
Niemeier<br />
und in der Auswertung angewandt:<br />
1. Initialisierungslauf der ruhenden Sonde, in dem die dominantesten Driftparameter bestimmt<br />
werden. Dies ist Voraussetzung für die Konvergenz der Kalman-Filterung bzw. des Glättungsansatz<br />
nach 3.2.7, dem das Gauß-Newton-Verfahren zugrunde liegt.<br />
2. Initialisierungsmessungen durch dreidimensionale Einmessung von bezüglich des<br />
Sensorzentrums exzentrischen Referenzpunkten an der Sondenoberfläche, vgl. Abb. 4. Aufbauend<br />
darauf werden neben Anfangswerten für Positions- und Orientierungsparameter<br />
auch präzise Werte für Schwerebeschleunigung und Winkelgeschwindigkeitsvektor der Erdrotation<br />
im Sensorkoordinatensystem ermittelt.<br />
3. Regelmäßige Unterbrechung der Fahrt durch Stillstandsphasen (Zero Velocity Updates -<br />
ZUPTs) zum Nullgeschwindigkeitsabgleich. Dieser überprüft die integrierten Geschwindigkeiten<br />
zu diesen Zeitintervallen auf Nullwert.<br />
4. Modellierung der Einschränkungen in der Bewegung der Sonde, die sich im Zuge des Rohrvortriebes<br />
ergeben.<br />
3.2.7 Glättungsstrategien<br />
Stochastische Rauschanteile in den Sensordaten neben den deterministischen Einflüssen A ges (t)<br />
aus Glg. (7) werden in der Form A stochast. ( t) � n(<br />
t)<br />
mit gegebener Varianz/Kovarianz-Matrix Σ nn<br />
angesetzt und die Summe aller Sensordriften nach:<br />
A ( ) � A ( t)<br />
� A ( t)<br />
. (8)<br />
ges t determ. stochast.<br />
Für die Fehlerzustände der Orientierungsparameter, der Geschwindigkeiten und der Positionen wird<br />
der folgende Ansatz mit zeitlich konstanten Stellgrößen u angesetzt:<br />
z� ( t)<br />
� F(<br />
t)<br />
� z(<br />
t)<br />
� G(<br />
t)<br />
�n(<br />
t)<br />
� L(<br />
t)<br />
� u . (9)<br />
Darin sind: z (t)<br />
Fehlerzustände, F (t)<br />
die zugehörige Systemmatrix, G (t)<br />
die Störeingangsmatrix<br />
und L (t)<br />
die Steuereingangsmatrix. Für die Systemmatrix F (t)<br />
und die Störeingangsmatrix G (t)<br />
finden Ansätze Verwendung, wie sie für die hochpräzise inertiale Nahbereichsvermessung auch von<br />
[DAMBECK, 1999] untersucht wurden. Die für unsere Anwendungsfälle aufgestellte Steuereingangsmatrix<br />
L (t)<br />
ergibt sich aus G (t)<br />
in Kombination mit der Matrix M (t)<br />
aus Glg. (7):<br />
L( t) � G(<br />
t)<br />
� M(<br />
t)<br />
(10)<br />
Nach den Verfahren der linearer Filterung, vgl. [GELB, 1974], lautet Glg. (9) in diskreter Form:<br />
z � Φ �1<br />
� z � Γ �n<br />
� Λ � u<br />
k �1 k , k k k k k<br />
(10)<br />
mit der Transitionsmatrix Φ k �1,<br />
k ergibt. Sukzessive Anwendung von (9) lässt die Erweiterung zu<br />
dem Gleichungssystem<br />
� z � � Φ1,<br />
0 � � Λ<br />
1<br />
0<br />
� � � � �<br />
�z<br />
� �Φ<br />
2,<br />
0 � � Φ 2,<br />
1 � Λ 0 � Λ<br />
2<br />
1<br />
� � � � � � z 0 �<br />
� � � �<br />
� � � � �<br />
� � � � �<br />
�z<br />
� �Φ<br />
n,<br />
0 � �Φ<br />
n,<br />
1 � Λ 0 ��<br />
� Λ<br />
n<br />
� � Γ 0<br />
� �<br />
� �Φ<br />
2,<br />
1 � Γ<br />
� �u<br />
� � �<br />
� �<br />
� �<br />
� �Φ<br />
n,<br />
1 � Γ<br />
0<br />
- 266 -<br />
Φ<br />
Γ<br />
� Γ<br />
n�1<br />
0 n,<br />
2 1<br />
n�1<br />
1<br />
0<br />
�<br />
1<br />
�<br />
�<br />
�<br />
�<br />
Γ<br />
0<br />
0<br />
�<br />
� � n 0 �<br />
� � �<br />
� � n1<br />
�<br />
� (11)<br />
� � � �<br />
� � �<br />
� � �<br />
� �n<br />
n�<br />
�
zu. Für den Vektor � � T<br />
T T<br />
T<br />
n n<br />
- 267 -<br />
C4<br />
Niemeier<br />
n 0 1 � n�1<br />
kann nun ein beliebiges Varianz-Kovarianz-Modell,<br />
dargestellt durch die Matrix Σ nn , eingeführt werden. Für den Vektor der Fehlerzustände<br />
� � T<br />
T T<br />
T<br />
z z<br />
z � wird ein Beobachtungsmodell der Form<br />
1 2<br />
n<br />
� v1<br />
� �H<br />
1<br />
� � �<br />
� � � � � �<br />
� � �<br />
� v n � � 0<br />
�<br />
�<br />
�<br />
0 � � z1<br />
� � l1<br />
�<br />
� � � � �<br />
� � ��<br />
� � � � � �<br />
H � � � � �<br />
n � �z<br />
n � �l<br />
n �<br />
(12)<br />
nach dem Gauß-Newton-Verfahren angesetzt. Für die linearen oder linearisierten Beobachtungen<br />
� � T<br />
T<br />
T<br />
l<br />
l1 � n wird ein Varianz-Kovarianz-Modell, dargestellt durch die Matrix ll<br />
Schreibt man für Glg. (11) kurz<br />
1, n 1, n<br />
z � �Φ0 1, n �z<br />
0 � 0, n 0, n<br />
Λ �����Γ0, n �n<br />
u<br />
��<br />
� �<br />
(13)<br />
und für Glg. (12) analog<br />
v �<br />
1, n 1, n 1, n 1, n<br />
� H1,<br />
n � z l , (14)<br />
so erhält man durch Einsetzen und Umstellen<br />
1, n<br />
1, n 0, n � v � 1, n 1, n 1, n �z<br />
0 � 1, n<br />
� I H1,<br />
n � Γ 0, n �����H1, n � � Φ 0 Λ ���l�o Σ , eingeführt.<br />
�<br />
� 0, n<br />
n �<br />
� �<br />
��<br />
u ��<br />
� �<br />
(15)<br />
Es liegt demnach das lineare oder linearisierte funktionale Modell des Allgemeinfalls der Ausglei-<br />
chungsrechnung vor, vgl. DIN 18709 Teil4. Für die Residuen � � T<br />
1, n T 0, n T<br />
v n kann man nun ein<br />
beliebiges stochastisches Modell mit der Varianz-Kovarianz-Matrix Σ vnvn einführen. Verallgemei-<br />
1, m<br />
nert man Glg. (12) zu einer vollbesetzten Matrix H 1, n mit m � n (vektoriellen) Beobachtungen, so<br />
liegt der Kollokationsfall nach Krarup/Moritz vor, vgl. [MORITZ, 1973]. Für den Fall unkorrelier-<br />
1, n<br />
0, n<br />
ter Beobachtungen v und Störeingänge n zerfällt das System (13) wie man zeigt zum<br />
Algorithmus der Kalman-Glättung nach Rauch-Tung-Striebel, vgl. [AUSSEMS, 1999],<br />
[KATRYCZ, <strong>2003</strong>b].<br />
Für die Verwertung der exzentrischen Positionsbestimmung sowie für alle weiteren Zusatzinformationen<br />
aus Feldkalibrierung, Stillstandsphasen und eingeschränkter Sondenbewegung bei Vortrieb<br />
im Rohr wurden Beobachtungsgleichungen aufgestellt. Sie wurden in Quaternionen- Schreibweise<br />
formuliert und sind [KATRYCZ, <strong>2003</strong>b] zu entnehmen. Eingeführt werden sie in das System (14),<br />
da sie als Beobachtungen im Sinne der Schätztheorie aufzufassen sind.<br />
Für die Ausführung der Auswertung wurde sowohl der sequentielle Ablauf als auch die En-Bloc-<br />
Auswertung implementiert. Eine graphische Benutzeroberfläche vereinfacht das Aufstellen von<br />
Steuerdateien, die Zeitpunkte und Zeitintervalle festlegen, in denen Zusatzinformation gültig ist,<br />
siehe Abb. 5. Diese Information zur Programmsteuerung bestimmt den Aufbau des Systems (14).
C4<br />
Niemeier<br />
Abbildung 5: Graphische Benutzeroberfläche zur Steuerung des Programmablaufes<br />
Zur numerischen Stabilisierung der Auflösung nach [MORITZ, 1973] wurde die Kleinste-Quadrate-<br />
Schätzung mit Hilfe des Householder-Verfahrens auf den Allgemeinfall (15) ausgedehnt, vgl.<br />
[KATRYCZ <strong>2003</strong>a]. Dazu ist (15) jedoch vorab zu homogenisieren, also so mit einer passenden<br />
1, n<br />
0, n<br />
Transformationsmatrix zu multiplizieren, dass die transformierten Residuen v~ und n ~ nach<br />
Σ vnvn<br />
~ ~ ~ ~ � I verteilt sind.<br />
3.2.8 Weitere Messmethoden<br />
Im November <strong>2001</strong> wurde auf der Hausmülldeponie Deiderode des Landkreises Göttingen an einer<br />
günstig gelegenen Böschung in Zusammenarbeit mit den Teilprojekten D1, B5 und B6 eine Beprobung<br />
durchgeführt. Als Grundlage für die mechanische Modellierung in diesen Teilprojekten wurde<br />
die Oberfläche der Beprobung und ihrer Umgebung mit herkömmlichen Methoden (Tachymetrie<br />
und GPS) bestimmt und ein digitales Höhenmodell erstellt. Ferner wurde ein Punktfeld von Referenzpunkten<br />
innerhalb und am Rande des Schurfes angelegt und zu diskreten Zeitpunkten tachymetrisch<br />
vermessen. Die so gewonnenen Daten dienten zur Bestimmung des dreidimensionalen<br />
Setzungsverhaltens des Schurfes über die Zeit.<br />
Das sukzessive Abgraben des Schurfes erlaubte es, die Materialdichte als einen wichtigen bauphysikalischen<br />
Parameter in drei Schichttiefen zu ermitteln und daraus einen Dichtegradientenwert zu<br />
bestimmen, siehe dazu Abb. 7. Hierzu wurden in jeder Schicht das Volumen und das Gewicht einer<br />
Materialprobe ermittelt. Die Dichte der Probe ergab sich dann als Verhältnis des Volumens zu seinem<br />
Gewicht. Die Volumina waren durch je zweimalige Vermessung der Deponieoberfläche mit<br />
Laserscanning zu bestimmen, s. [KERN, <strong>2003</strong>]. Für die Oberflächenbestimmung jeder Ausbau-<br />
- 268 -
- 269 -<br />
C4<br />
Niemeier<br />
schicht stand ein Zeitfenster von 30 min zur Verfügung. Ein Laserscanner wurde mittig im Schurf<br />
platziert. In jeder Ausbaustufe war der Laserscanner neu zu stationieren und zu orientieren. Für die<br />
Standpunktverknüpfung wurden Passkugeln am Rande des Schurfes aufgestellt. Als Referenzpositionen<br />
dienten ihre Mittelpunkte, die in Bezug auf das äußere Deponiekoordinatensystem mit einem<br />
reflektorlosen Tachymeter eingemessen wurden. Jede Kugeloberfläche wurde pro Scan mit minimal<br />
12 Messpunkten überzogen. Aus diesen Messungen ließ sich das Kugelzentrum im Deponiesystem<br />
berechnen.<br />
20,6 m³<br />
15,9 m³<br />
3,5 m³<br />
Abbildung 7: Prinzipskizze der Bestimmung eines Dichtegradientenwertes der Zentraldeponie<br />
Deiderode, Landkreis Göttingen. Drei Probemassen wurden ausgehoben und gewogen. Ihre Volumina<br />
wurden messtechnisch bestimmt.<br />
3.3 Ergebnisse und ihre Bedeutung<br />
3.3.1 Rohrvermessung<br />
Es konnte in rechnerischen Simulationen und Testmessungen gezeigt werden, dass die geforderten<br />
Genauigkeitswerte von +/- 5cm pro hundert Meter Rohrlänge unter der Voraussetzung eingehalten<br />
werden können, dass:<br />
� Initialisierungsmessungen in Form vollständiger 3D-Einmessungen der Messsonde in Position<br />
und Orientierung vor und nach einer Messfahrt sowie<br />
� Nullgeschwindigkeitsabgleiche mit einer Dauer von 30-60 Sekunden ca. im Minutentakt<br />
durchgeführt werden. Werden als Initialisierungsmessungen bloße Positionsbestimmungen durchgeführt,<br />
wie bei einigen Messfahrten an einer Test-Schienenstrecke in Klein-Mahner der Fall, so<br />
können die fehlenden Orientierungsinformationen nicht aufgelöst werden und der Glättungsalgorithmus<br />
divergiert. Erst durch die in der zweiten Förderperiode entwickelten Initialisierungs- und<br />
Feldkalibrierungsverfahren nach 3.2.6 konnte dieses Problem gelöst werden.
C4<br />
Niemeier<br />
Abbildung 6: Beschleunigungsmesserdriften A ges (t)<br />
aus der Glättung nach 3.2.7 aus einem ersten<br />
Iterationsschritt des Gauß-Newton-Verfahrens. Die geschätzte deterministische Drift ist als Kurve<br />
eingetragen. In erster Näherung ist diese „Turn-On to Turn-On Drift“ linear.<br />
Aufgrund der außerplanmäßig aufwändigen Entwicklungsarbeiten für Fahrwerk und Kupplung (als<br />
Auftragsarbeiten von der DMT durchgeführt) verzögerte sich die Durchführung der abschließenden<br />
Testmessungen. Sie sind für September <strong>2003</strong> angesetzt. Die Ergebnisse sollen zur Begutachtung im<br />
Oktober <strong>2003</strong> präsentiert werden.<br />
3.3.2 Weitere Messmethoden<br />
Die Ergebnisse der Volumenbestimmungen aus Laserscans zeigten, dass eine relative Genauigkeit<br />
von höchstens +/-6% des Volumenswertes erreicht werden kann. Dieser Wert hängt jedoch stark<br />
von der Oberflächenbeschaffung und vom Blickwinkel des Laserscannerstandpunktes ab. Aufgrund<br />
des knappen Zeitfensters wurde jedes Volumen mit nur einer Aufstellung aufgenommen. Eine Genauigkeitssteigerung<br />
ist bei günstiger gewählter Konfiguration denkbar.<br />
- 270 -
- 271 -<br />
C4<br />
Niemeier<br />
Abbildung 8: Bestimmung eines Probenvolumens mit Laserscanning. (In Graustufen ist ein Quadratmeterraster<br />
räumlich hinterlegt.) Dieses Oberflächenmodell liefert gemeinsam mit einem zweiten<br />
Oberflächenmodell, das die Deponieoberfläche vor dem Ausheben der Probemasse darstellt, die<br />
vollständige dreidimensionale Geometrie der Probe. Die Punktabstände in diesen Modellen lagen<br />
im Bereich von 0,5 bis 2 cm.<br />
3.4 Vergleich mit Arbeiten außerhalb des <strong>SFB</strong> und Reaktionen der wissenschaftlichen<br />
Öffentlichkeit auf die eigenen Arbeiten<br />
Die Schwerpunkte in Forschung und Entwicklung inertialer Messverfahren liegen heute in<br />
1. der Integration von Inertialmethoden mit Satellitenortung (GPS/INS-Integration) und<br />
2. in Fernerkundungsmethoden, für die Inertialeinheiten Orientierungsinformationen liefern.<br />
Als Anwendung der 1. Gruppe in der Nahbereichsvermessung ist die Arbeit [FOPPE, <strong>2001</strong>] zu<br />
nennen, die sich die Überwachung von Brückenbauwerken zum Ziel gesetzt hat. Die dort vorgestellten<br />
Methoden nützen Satellitendaten und sind damit für den überirdischen Messbetrieb gedacht.<br />
Aus der Gruppe 2. ist [ELLUM et al., 2002] zu nennen, in denen Kalibriermethoden für Inertialmesssysteme<br />
der Fernerkundung rigoros untersucht werden. In Diskussionen mit beiden Arbeitsgruppen<br />
auf Fachkongressen und in Koordinierungsgesprächen wurde übereinstimmend festgestellt,<br />
dass die Qualität inertialer Messergebnisse maßgeblich von den vorliegenden Zusatzinformationen<br />
und deren Qualität abhängt.
C4<br />
Niemeier<br />
Die Forschungsergebnisse des Kooperationspartners Deutsche Montantechnologie GmbH. mit dem<br />
Schwerpunkt in der kontinuierlichen inertialen Strebvermessung im Bergbau und Labor-Kalibrierungsmethoden<br />
wurden in der Dissertation [NIESE, 2002] zusammengefasst. Diese Arbeit kommt<br />
den Zielen des TP C4 am nächsten und entstand in Koordination mit unseren Arbeiten.<br />
Ferner wurde von Seiten eines Baumaschinenherstellers Interesse an der Nutzung dieser Inertialverfahren<br />
für die geometrische Kontrolle von Schlitzwandgreifern bekundet.<br />
3.5 Offene Fragen<br />
Die Inertialmesssonde liefert ausschließlich die Trajektorie des Zentrums des Sensorsystems sowie<br />
die räumliche Orientierung der Sonde. Auf die Lage des zu vermessenden Rohres wird über die<br />
bekannten Abmessungen des Messfahrzeuges rechnerisch geschlossen. Für die Bestimmung der<br />
Rohrachse müssen dazu Annahmen über den Rohrradius getroffen werden. Eine präzisere messtechnische<br />
Lösung bestünde in der Erfassung der Rohrwand von innen durch Infrarotsensoren. Dadurch<br />
könnten auch weitere Überwachungsrelevante Größen wie elliptische Verformungen des<br />
Rohres bestimmt werden, die über geometrische Änderungen des Deponiekörpers Aufschluss geben.<br />
Die Ergebnisse des TP C4 sind dreidimensionale Rohrvermessungen zu diskreten Zeitpunkten<br />
(Epochen). Unterschiede zwischen aufeinanderfolgenden Messungen werden als Verformungen<br />
interpretiert. Solche Abweichungen können jedoch auch aus integriertem Messrauschen entstehen.<br />
An statistischen Tests, etwa aufbauend auf den Methoden der Varianzanalyse, die signifikante Änderungen<br />
statistisch ausweisen können, mangelt es für die Vermessung linienförmiger Objekte in<br />
hoher Punktdichte noch.<br />
3.6 Literatur<br />
AUSSEMS, Th., 1999: „Positionsschätzung von Landfahrzeugen mittels Kalman-Filterung aus<br />
Satelliten- und Koppelnavigationsbeobachtungen“, Diss. RWTH Aachen, Veröffentlichung des<br />
Geodätischen Instituts der Rheinisch-Westfälischen Technischen Hochschule Aachen, Nr. 55, 1999<br />
DAMBECK, J.-H., 1999: „Diagnose und Therapie geodätischer Trägheitsnavigationssysteme, Modellierung<br />
– Systemtheorie – Simulation – Realdatenverarbeitung“, Dissertation, Schriftenreihe des<br />
Studiengangs Geodäsie und Geoinformation, Universität Stuttgart, Report Nr. 1999.3<br />
ELLUM, C.M., EL-SHEIMY, N., 2002: “The Calibration of Image-Based Mobile Mapping Systems”,<br />
the International Association of Geodesy on 2nd Symposium on Geodesy for Geotechnical<br />
and Structural Engineering, May 21 - 24, 2002, Berlin, Germany<br />
FOPPE, K., <strong>2001</strong>: „Kombination von inertialen und satellitengetützten Beobachtungsverfahren zur<br />
ingenieurgeodätischen Überwachung von Brückenbauwerken“, Diss. Universität Hannover,<br />
Fachrichtung Vermessungswesen, Hannover, <strong>2001</strong><br />
GELB, A., ed., 1974: „Applied Optimal Estimation“, The Analytic Sciences Corporation, M.I.T.<br />
Press, Cambridge, Massachusetts, and London, England<br />
GERTLOFF, K.-H., 1994: „Verformungsmessungen an der Deponiebasis – Möglichkeiten und Erwartungen<br />
aus der Sicht eines Anwenders”, in: Verformungsmessungen an der Deponiebasis,<br />
Tagungsband, Braunschweig, 16. März 1994<br />
- 272 -
- 273 -<br />
C4<br />
Niemeier<br />
IEEE, 1972, IEEE STD 337-1972: „Standard Specification Format Guide and Test Procedure for<br />
Linear, Single-Axis, Pendulous, Analog, Torgue Balance Accelerometer“<br />
IEEE, 1978, IEEE STD 530-1978: „Standard Specification Format Guide and Test Procedure for<br />
Linear, Single-Axis, Digital, Torgue Balance Accelerometer“<br />
IEEE, 1981, IEEE STD 647-1981: „Specification Format Guide and Test Procedure for Single-<br />
Axis Laser Gyros“<br />
JEKELI, Ch., <strong>2001</strong>: „Inertial Navigation Systems with Geodetic Applications“, Walter de Gruyter –<br />
Berlin – New York, <strong>2001</strong><br />
KNICKMEYER, E. H., 1992: „Rohrleitungsvermessung von innen mit Hilfe von Trägheits- und<br />
anderen Sensoren”, in: Ingenieurvermessung 92, Band 2, Dümmler, Bonn<br />
LAWRENCE, A., 1998: „Modern Inertial Technology“, 2 nd Edition, Springer, New York<br />
LOGAN, Sc. A., 2000: „Integration of GPS phase and other measurements for kinematic mapping“,<br />
Diss. Dept. of Geomatics, The University of Melbourne, Aus., Feb. 2000<br />
MOHAMED, A. H., SCHWARZ, K.-P., 1999: „ Adaptive Kalman Filtering for INS/GPS“, Journ.<br />
of Geodesy (1999) 73, 193-203<br />
MORITZ, H., 1973: “Least-Squares Collocation”, Deutsche Geodätische Kommission, Reihe A:<br />
Theoretische Geodäsie, Heft Nr. 75<br />
NIESE, J, 2002: „Entwicklung und Einsatz einer kreiselgestützten Vermessung mit inertialen Sensoren<br />
im Spezialtiefbau“, Diss. Techn. Univ. Bergakademie Freiberg, Fakultät für Maschinenbau,<br />
Verfahrens- und Energietechnik, 2002<br />
SAVAGE, P. G., 2000a: „Strapdown Analytics Part 1“, Strapdown Associates, Inc., Maple Plain,<br />
Minnesota, USA<br />
SAVAGE, P. G., 2000b: „Strapdown Analytics Part 2“, Strapdown Associates, Inc., Maple Plain,<br />
Minnesota, USA<br />
SCHWARZ, K.-P., 1994: „Inertial Surveying and INS/GPS Integration“, partial lecture notes for<br />
ENGO 623, Dep. of Geomatics Engineering, The University of Calgary, Updates Version January<br />
1994<br />
Eigene Veröffentlichungen:<br />
KATRYCZ, W., 1999, „A Study on the Design of an Integrated Pipe Surveying System for the Deformation<br />
Analysis of Landfill Sites“, Meeting of the IAG, Sect. I (Positioning), Special Comm. 4,<br />
Working Gr. 2, Building Structures as Kinematic Systems, Sopron, March 30 th , 1999, (reprinted in<br />
Acta Geod. Geoph. Hung. 35, 2000)<br />
NIEMEIER, W., et al., 1999, „Ein neues Messkonzept zur Lösung vermessungstechnischer Fragen<br />
auf Deponien“, ZfV 8, 257<br />
SCHÄFER, M., 1999, „Determination and Modelling of Dumping Surfaces with Real-Time-GPS“,<br />
Meeting of the IAG, Sect. I (Positioning), Special Comm. 4, Working Gr. 2, Building Structures as<br />
Kinematic Systems, Sopron, March 30 th , 1999, (reprinted in Acta Geod. Geoph. Hung. 35, 2000)
C4<br />
Niemeier<br />
THOMSEN, S., SCHÄFER, M., 2000, „Ein Multisensorsystem zur Erfassung von Geländeoberflächen,“<br />
in: Gattermann, Plaßmann, Rodatz (Hrsg.), Messen in der Geotechnik, Mitteilungen des<br />
Instituts für Grundbau und Bodenmechanik, TU Braunschweig, Heft Nr. 62, 323<br />
NIEMEIER, W., KATRYCZ, W., <strong>2001</strong>: “The Potential of Inertial Measurement Units for 3D-Surveying<br />
Tasks in Connection with Drainage Pipes”, In: „The 3 rd International Symposium on Mobile<br />
Mapping Technology“, Cairo, 3-5 January <strong>2001</strong><br />
KATRYCZ, W., NIEMEIER, W., <strong>2001</strong>: “On Methodological Aspects of System Development in<br />
High Precision Inertial Pipe Surveying”, Kinematic Systems in Geodesy, Geomatics and Navigation,<br />
June 5-8, <strong>2001</strong>, Banff, Canada<br />
THOMSEN, S., PERLT, J., KATRYCZ, W., NIEMEIER, W., SCHALLER, M.-B., <strong>2001</strong>: "An integrated<br />
real time GPS- and laserscanner system for high precision guidance in harsh environment",<br />
In: International Symposium On Kinematic Systems in Geodesy, Geomatics and Navigation, 5.-<br />
8.06.<strong>2001</strong>, Banff (Canada), Proceedings, <strong>2001</strong><br />
KATRYCZ, W., NIEMEIER, W., 2002: „Potenzial und Leistungsfähigkeit von inertialen Meßsystemen<br />
in der Geotechnik“, erschienen in: Mitteilungen des IGB, TU Braunschweig, Heft Nr. 68,<br />
„Messen in der Geotechnik, Fachseminar: 21./22. Februar 2002, p. 199-208<br />
KATRYCZ, W., 2002: "A Strapdown Inertial Measuring System for the Monitoring of Drainage<br />
Pipes in Landfill Sites", erschienen in: Kahmen / Niemeier / Retscher (Eds.), “Geodesy for Geotechnical<br />
and Structural Engineering II”, Department of Applied and Engineering Geodesy, Vienna<br />
University of Technology, Austria, 2002, p. 344-354<br />
KERN, F., 2002: “Precise Determination of Volume with Terrestrial 3D-Laserscanner”. In: Kahmen,<br />
H. (Hrsg.), Niemeier, W. (Hrsg.), Retscher, G. (Hrsg.): Geodesy for Geotechnical and Structural<br />
Engineering II, Wien: Department of Applied and Engineering Geodesy, Institute of Geodesy<br />
and Geophysics, Vienna University of Technology, 21.-24. Mai 2002, Berlin, S. 531-534<br />
Laufende Review-Verfahren:<br />
KATRYCZ, W., <strong>2003</strong>a: „Zur Lösung von Ausgleichungsverfahren mit Hilfe von Orthogonal-<br />
Transformationen“, für: Zeitschrift für Vermessungswesen<br />
In Vorbereitung:<br />
KATRYCZ, W., <strong>2003</strong>b: „Post-Processing Strategies for Pipe Surveying with Strapdown Inertial<br />
Measurement Systems“, für: Journal of Geodesy<br />
Diplomarbeit:<br />
MALLSCHÜTZKE, K., <strong>2003</strong>: „Messung horizontaler Verformungen in Abfalldeponien“, Gemeinsam<br />
mit dem Leichtweiß-Institut für Wasserbau, Abt. für Abfallwirtschaft. (TP D1)<br />
Abgeschlossene Dissertationen:<br />
KERN, F., <strong>2003</strong>: „Automatisierte Modellierung von Bauwerksgeometrien aus 3D-Laserscanner-Daten“<br />
Dissertation in Bearbeitung:<br />
KATRYCZ, WOLFGANG: „Hochpräzise Rohrvermessung mit Strapdown-Inertialsystemen“<br />
- 274 -
3.7 Während der Laufzeit des Teilprojektes bewilligte Mittel (in €)<br />
- 275 -<br />
C4<br />
Niemeier<br />
Personalkosten Sächliche Verwaltungsausgaben Gesamt<br />
1998 61.355 3.988 65.343<br />
1999 62.582 56.140 118.722<br />
2000 63.809 16.259 80.068<br />
<strong>2001</strong> 54.606 15.748 70.354<br />
2002 56.400 14.725 71.125<br />
<strong>2003</strong> 14.400 6.391 20.791<br />
Gesamt 313.152 113.251 426.403
- 276 -
4. Dokumentation der sonstigen Aktivitäten<br />
4.1 Auflistung der Veranstaltungen<br />
- 277 -<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
Datum Veranstaltung / Thema Vortragende(r) Eingeladen<br />
vom TP<br />
02.05.01 Workshop<br />
Dr. J. Schlöder<br />
B 5<br />
Numerische Methoden zur Parameterschätzung Dipl.-Math. S. Körkel<br />
und optimalen Versuchsplanung bei nichtlinearen (Heidelberg)<br />
Differentialgleichungen<br />
09.05.01 Workshop<br />
Prof. D. S. Fraser<br />
C 4<br />
State Acquisition with Methods of Digital Photogrammetry<br />
and Remote Sensing<br />
(Australia)<br />
29.06.01 Workshop<br />
Dr. Jerzy K. Piotrowski B 1<br />
Dielectric probes with a coaxial line – circular (Poland)<br />
waveguide junction<br />
19.09.01 Workshop<br />
Prof. Dr. M. Kersten B 9<br />
Thermodynamisches Modell für die wässrige (Mainz)<br />
Löslichkeit von CSH-Phasen und darin chemisch<br />
eingebundene Elemente<br />
17.10.01 Workshop<br />
Seismic Assessment of Existing Structures by<br />
Means of Ambient Vibration Measurement<br />
Prof. Zhang (China) B 1<br />
21.11.01 Workshop<br />
Dr. H. van der Sloot<br />
B 5<br />
Development for sustainable landfill concepts (Niederlande)<br />
based on understanding of waste-waste interaction<br />
and transformation processes in a landfill<br />
26.11.01 Workshop<br />
Prof. Dr. P. Marek<br />
B 3<br />
Assessment of structural durability using (Czech Republic)<br />
28.11.01<br />
probalilistic SBRA method<br />
Workshop<br />
Dr. R. Beaven<br />
D 1<br />
Hydrogeology of MSW<br />
(England)<br />
28.11.01 Workshop<br />
Prof. W. Powrie<br />
D 1<br />
Soil mechanics and MSW<br />
(England)<br />
05.12.01 Workshop<br />
Prof. Cempel<br />
B 1<br />
Multi – Dimensional Condition Monitoring of (Poland)<br />
Systems in Operation<br />
06.12.01 Workshop<br />
Prof. R. Flesch<br />
C 4<br />
Assessment und Monitoring von Bauwerken – (Österreich)<br />
Diskussion neuer Methoden zur Sicherheitsinspektion,<br />
Qualitätskontrolle, Beurteilung der<br />
Erdbebensicherheit sowie zur Erarbeitung von<br />
Maßnahmen für den Erschütterungsschutz<br />
22.05.02 Workshop<br />
Prof. K. Horikawa<br />
B 4<br />
Life Assessment of Welded Structures<br />
(Japan)<br />
28.05.02 Workshop<br />
Prof. Dr. Mehmet Celebi C 4<br />
Developments in the Use of GPS for Monitoring (USA)<br />
Long-Period Structures<br />
17.07.02 Workshop<br />
Modellierung und Simulation von Populationsbilanzen<br />
für Eigenschaftsverteilungen<br />
Dr. Wulkow (Rastede) B 5<br />
17.07.02 Workshop<br />
Modellierung von Mischungseffekten in chemischen<br />
Reaktoren<br />
Dr. Busch (Rastede) B 5
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong><br />
Datum Veranstaltung / Thema Vortragende(r) Eingeladen<br />
vom TP<br />
18.07.02 Workshop<br />
Structural Integrity Assessment of Offshore Tubular<br />
Joints Trough Reliabilty Analysis<br />
Dr. Rajasankar (Indien) B 6<br />
13.11.02 Workshop<br />
Application of the PIRM to damage diagnosis of<br />
construction of gantry robot<br />
Dr. Powalka (Polen) B 1<br />
27.11.02 Workshop<br />
David Richards<br />
B 5<br />
Settlement of landfill wastes – small compression (England)<br />
cell tests<br />
27.11.02 Workshop<br />
Ralitza Nikolova<br />
B 5<br />
Clogging of leachate collection systems (England)<br />
27.11.02 Workshop<br />
Andrew Hudson<br />
B 5<br />
Evaluation of hydrogeological properties of (England)<br />
waste using a large scale compression cell<br />
27.11.02 Workshop<br />
A framework to contain a spatially distributet<br />
model of the degradation of solid waste in landfills<br />
Jim White (England) B 5<br />
06.12.02 Dissertation<br />
Milad Mehdianpour<br />
B 3<br />
Lebensdauervorhersage von ermüdungsbean- (Braunschweig)<br />
07.01.03<br />
spruchten Tragwerken mit Hilfe von Monitoring<br />
und begleitenden Versuchen<br />
Workshop<br />
Masoud Ghandehari C 2<br />
Chemical Sensing for Civil Infrastructure (USA)<br />
08.01.03 Workshop<br />
Masoud Ghandehari C 2<br />
Rehabilitation of Manhatten-Bridge<br />
(USA)<br />
28.01.03 Dissertation<br />
Carsten Lachmann<br />
B 4<br />
Einfluss von Eigenspannungsabbau und mikrostrukturellen<br />
Veränderungen auf die Lebensdauervorhersage<br />
schwingbeanspruchter Schweißverbindungen<br />
(Braunschweig)<br />
28.01.03 Workshop<br />
Joachim Scheer<br />
B 3<br />
Einstürze von Brücken – Ursachen, Lehren (Braunschweig)<br />
21.05.03 Workshop<br />
Application of controlled absorber aimed at vibration<br />
suppression<br />
Bartosz Powalka (PL) B 1<br />
16. +<br />
17.06.03<br />
Berichtskolloquium<br />
19.06.03 Workshop<br />
Prof. Meriakri<br />
C1b<br />
Investigations of dielectric material properties in (Russland)<br />
millimeter and submillimeter wavelength ranges<br />
and application for non-destructive testing<br />
04.07.03 Workshop<br />
Smart Sensing and Intelligent Diagnostics for<br />
Structures<br />
Prof. Chang (USA) B3<br />
09.07.03 Workshop<br />
The importance of Landfills in Developing and<br />
Threshold Nations<br />
Dr. Diaz (USA) D1<br />
08. +<br />
09.10.03<br />
Begutachtung<br />
- 278 -
4.2 Auflistung der Gastwissenschaftler<br />
Name Heimathochschule / Institution Aufenthaltsdauer<br />
Prof. Fraser Department of Geomatic<br />
University of Melbourne, Australien<br />
1 Woche<br />
Dr. Powalka Fachbereich Mechanik<br />
TU Stettin, Polen<br />
3 Wochen<br />
Prof. Zhang Department of Engineering Mechanics<br />
Jiaton Universität, China<br />
1 Woche<br />
Dr. van der Sloot ECN-SF<br />
Petten, Niederland<br />
3 Tage<br />
Prof. Marek Universität Prag<br />
Czech Republic<br />
3 Tage<br />
Herr Ginev Technische Universität Yambol<br />
Bulgarien<br />
5 Wochen<br />
Prof. Powrie Department of Civil and Environmental Engineering, 3 Tage<br />
Southampton, UK<br />
Dr. Beaven Department of Civil and Environmental Engineering, 3 Tage<br />
Southampton, UK<br />
Prof. Cempel Applied Mechanics Institute<br />
University Poznan, Polen<br />
1 Woche<br />
Prof. Flesch Verkehrs- und Infrastrukturtechnologien<br />
Wien, Österreich<br />
5 Tage<br />
Prof. Celebi US Geological Survey<br />
San Fransisco, USA<br />
10 Tage<br />
Prof. Horikawa Welding Research Institute<br />
Osaka, Japan<br />
5 Tage<br />
Dr. Powalka Fachbereich Mechanik<br />
TU Stettin, Polen<br />
2 Wochen<br />
Prof. White Department of Civil and Environmental Engineering, 4 Tage<br />
Southampton, UK<br />
Dr. Richards Department of Civil and Environmental Engineering, 4 Tage<br />
Southampton, UK<br />
Herr Nikolova Department of Civil and Environmental Engineering, 4 Tage<br />
Southampton, UK<br />
Herr Hudson Department of Civil and Environmental Engineering, 4 Tage<br />
Southampton, UK<br />
Prof. Ghandehari Civil Engineering Department<br />
Polytechnic University, New York, USA<br />
1 Woche<br />
Dr. Powalka Fachbereich Mechanik<br />
TU Stettin, Polen<br />
3 Wochen<br />
Prof. Meriakri Institute of Radio Engineering and Electronic<br />
Russian Academy of Sciences, Russland<br />
9 Tage<br />
Prof. Chang Department of Aeronautics and Astronautic<br />
Stanford University, San Fransisco, USA<br />
4 Tage<br />
- 279 -<br />
<strong>SFB</strong> <strong>477</strong>
BETEILIGTE TEILPROJEKTE<br />
A1 Methoden zur risiko- und schwachstellenorientierten Bewertung<br />
und Optimierung von Bauwerküberwachungsmaßnahmen<br />
D. Hosser<br />
A2 Wissensbasiertes System „Messtechnik im Bauwesen“ zur Messdaten<br />
Erfassung und Auswertung innerhalb der Bauwerksüberwachung<br />
H.G. Natke†<br />
B1 Modellgestützte Bauwerksüberwachung und Schadensdiagnose<br />
anhand eines online an den jeweiligen Zustand anzupassenden<br />
dynamischen Rechenmodells<br />
M. Oeljeklaus<br />
B3 Lebensdauervorhersage von ermüdungsbeanspruchten<br />
Bauwerken durch Monitoring und begleitende Versuche<br />
U. Peil<br />
B4 Restlebensdauervorhersage für Schweißverbindungen an Stahlkonstruktionen<br />
und Maßnahmen zur kontrollierten Nutzungsausweitung<br />
H. Wohlfahrt<br />
B5 Analyse der biologischen und chemischen Reaktionsprozesse D.C. Hempel<br />
in Deponien A. Haarstrick<br />
B6 Analyse der gekoppelten Prozesse von Wärmeentwicklung, D. Dinkler<br />
Flüssigkeits- und Stofftransport in der Deponiestruktur H. Ahrens<br />
B9 Adaptives Modell zur Dauerhaftigkeitsprognose im Zuge der H. Budelmann<br />
Überwachung von Betonbauwerken F. Schmidt-Döhl<br />
C1a Faseroptische Sensoren für die Bauwerksüberwachung W. Kowalsky<br />
H-H. Johannes<br />
C1b Mikrowellensensoren und -meßtechnik für die Bauwerks- A. Jacob<br />
überwachung H-H. Johannes<br />
C2 Zustandserfassung und -beurteilung vorgespannter Zugglieder H. Budelman<br />
durch Monitoring F.S. Rostásy<br />
C3 Mehrkomponenten-Dehnungs- und Spannungsaufnehmer<br />
für das Monitoring von Bauwerken<br />
M. Peters<br />
C4 Geodätische Sensoren und Methoden zur Bauwerksüberwachung W. Niemeier<br />
D1 Überwachung und Beurteilung von Deponien K. Fricke<br />
H.-J. Collins