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Welt Bier Report - Bierbotschaft

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IllustratIonen: nIels schroeder<br />

GettyImaGes<br />

Gehaltvolle Zapfen<br />

Die neuen Flavor Hops warten<br />

mit reichhaltigen Aromaölen auf.<br />

Werden sie im Brauprozess spät<br />

dazugegeben, ziehen die Öle in<br />

aller Ruhe ins <strong>Bier</strong> ein und ergeben<br />

eine aromatische Bittere<br />

Flavor Hops<br />

DIE WELT I <strong>Bier</strong>-<strong>Report</strong> 2012 11<br />

Darf’s etwas mehr<br />

Aroma sein?<br />

Hopfen feiert seine Wiederentdeckung als<br />

Geschmacksträger: Fruchtig, blumig, harzig – neue<br />

Sorten geben dem <strong>Bier</strong> vielfältige Facetten. Nach<br />

den Amerikanern setzen auch deutsche Brauer auf<br />

ausgeprägte Aromatik // Von Sylvia Kopp<br />

Hopfenernte, alles leuchtet grün. Landwirt<br />

Martin Schmailzl führt die Besucher<br />

seines Vohburger Hofes in die Darre,<br />

hinauf auf den Boden der riesigen<br />

Scheune. Lose und nicht zu dick geschichtet liegen<br />

die grünen Dolden auf einem Gitternetz und<br />

werden mit heißer Luft angeblasen – ein grasiger,<br />

leicht an Frühlingszwiebel erinnernder Duft steigt<br />

mit warmer Feuchte auf und füllt den Raum. Denn<br />

gleich nach dem Pfl ücken muss der Hopfen hier<br />

auf einen Wassergehalt von elf bis zwölf Prozent<br />

getrocknet werden, damit er nicht fault.<br />

„Das ist die Sorte Herkules“, sagt Schmailzl<br />

und zeigt auf das grüne Gold zu seinen Füßen. „In<br />

der vergangenen Woche haben wir Spalter Select<br />

geerntet, das hat noch intensiver und lieblicher<br />

gerochen.“ Spalter Select ist eine deutsche Aromasorte,<br />

die zusätzlich zum Bitterstoff Alphasäure<br />

vielfältige ätherische Öle enthält, die beispielsweise<br />

Zitrusartiges oder Blumiges ins <strong>Bier</strong> bringen.<br />

Bittersorten wie Herkules hingegen sind auf einen<br />

Lesen Sie weiter auf Seite 12»


12 <strong>Bier</strong>-<strong>Report</strong> 2012 I DIE WELT<br />

Hopfenforschungszentrum<br />

In Rekordtempo<br />

Fruchtiges Aroma Die neuen Sorten<br />

der Flavor Hops hat das Hopfenforschungszentrum<br />

der Bayerischen<br />

Landesanstalt für Landwirtschaft<br />

in Hüll in nur vier Jahren gezüchtet.<br />

Sonst dauert es von der Kreuzung bis<br />

zur Freigabe zwölf Jahre. „Wir haben<br />

die Selektion agronomischer Eigenschaften<br />

wie Behang oder Doldenform<br />

abgekürzt. Denn es kam ja auf<br />

die Aromen an“, sagt Agraringenieur<br />

Anton Lutz. Auf rund 40 Hektar wurden<br />

die Sorten erstmals angebaut:<br />

neben „Mandarina Bavaria“ die Sorten<br />

„Huell Melon“ mit Aromen von Erdbeere<br />

und Honigmelone, „Hallertauer<br />

Blanc“ mit Nuancen von Stachelbeere<br />

und weinartigen Noten sowie „Polaris“<br />

mit fruchtigem Aroma, verstärkt<br />

durch kühlende, minzeartige Töne.<br />

Erfahrung Doch den Anstoß zu den<br />

Neuen gab die Brauerszene. 2005<br />

wandten sich die Braumeister Frank<br />

Müller vom Augsburger Brauhaus Riegele<br />

und Eric Toft von der Schönramer<br />

Brauerei an das Forschungszentrum,<br />

und boten ihre Unterstützung an.<br />

Beide betonen unisono: „Mit Aromahopfen<br />

kann man <strong>Bier</strong>en individuellen<br />

Charakter verleihen.“<br />

» Fortsetzung von Seite 11<br />

hohen Alphasäuregehalt hin gezüchtet, sie<br />

haben kaum delikate Düfte zu bieten.<br />

Im Hopfengarten zeigt Schmailzl die<br />

späten Sorten, die an den Aufl eitdrähten<br />

noch sieben Meter in die Höhe ranken. Er<br />

pfl ückt einen der haselnussgroßen, schuppigen<br />

Zapfen, bricht ihn auf und reibt die<br />

gelben Lupulindrüsen aneinander. Die Gäste<br />

schnuppern: „Ah, das riecht nach grünen<br />

Tomaten!“ „Das ist eine Neuzüchtung“,<br />

erklärt Schmailzl stolz: die erste Ernte der<br />

Sorte Mandarina Bavaria, die zur Gruppe<br />

der Flavor Hops gehört. Sie soll extrem<br />

fruchtige, leicht zitrusartige und blumige<br />

Noten bieten. Schmailzl gehört zu den ers-<br />

Riech doch mal Die neuen<br />

Sorten der Flavor Hops enthalten<br />

vielfältige ätherische Öle, die<br />

beispielsweise Zitrusartiges oder<br />

Blumiges ins <strong>Bier</strong> bringen<br />

ten Pfl anzern, die die Lizenz für diese und<br />

drei weitere Hallertauer Neuzüchtungen<br />

erworben haben.<br />

Damit halten auch im weltgrößten<br />

Hopfenanbaugebiet ausdrucksstarke Flavor<br />

Hops ihren Einzug. Sie warten mit<br />

sehr hohen Alphawerten und reichhaltigen<br />

Aromaölen auf. Der Trend kommt aus den<br />

USA und ist der amerikanischen Craft-<br />

Beer-Bewegung zu verdanken. Seit den<br />

80er-Jahren versuchen sich Quereinsteiger<br />

darin, qualitätsvolle und charakterstarke<br />

<strong>Bier</strong>e zu brauen. Mittlerweile zählt das<br />

Land mehr als 2000 Craft Brewer, von<br />

Gasthausbrauereien bis zur branchengrößten<br />

Boston Beer Company mit der Marke<br />

Samuel Adams. Das Paradebier fast jeder<br />

Craft Brewery ist ein bitter-aromatisches<br />

IPA (India Pale Ale).<br />

Der Stil entstammt der englischen Tradition<br />

und zeichnet sich durch eine zusätzliche,<br />

späte Aromahopfengabe im Gärtank<br />

aus – auch „Kalthopfung“ genannt. Dabei<br />

verdampfen die delikaten ätherischen Öle<br />

nicht wie im Sudkessel, sondern ziehen in<br />

aller Ruhe ins <strong>Bier</strong> ein und ergeben eine<br />

aromatische Bittere und ein betörendes<br />

Bouquet. Seit vergangenem Jahr stammen<br />

solche Ales auch aus deutschen Sudkesseln<br />

wie das Faust Auswandererbier, das Pyraser<br />

Herzblut Imperial IPA oder das Crew Ale<br />

India Pale Ale. Und die Deutschen kommen<br />

auf den Geschmack: Das seit dem Frühjahr<br />

angebotene Stoertebeker Atlantik Ale wird<br />

laut Brauerei eine Jahresproduktion von<br />

2000 Hektolitern erreichen. „Das ist für


ein Nischenprodukt ziemlich gut“, sagt<br />

Geschäftsführer Markus Berberich.<br />

Doch noch stehen der Wiederentdeckung<br />

des Hopfens als Geschmacksträger<br />

die Gepfl ogenheiten des Marktes entgegen.<br />

Hopfen hat für das Gros der Brauindustrie<br />

vor allem technische Bedeutung:<br />

Er konserviert, macht den Schaum fest<br />

und das <strong>Bier</strong> bitter. Diese Eigenschaften<br />

sind der Alphasäure zu verdanken, die sich<br />

durch langes Kochen in der Würze löst.<br />

Auf eine ausgeprägte Aromatik, die durch<br />

späte Gaben im Brauprozess entsteht,<br />

verzichtet die industrielle Produktion –<br />

je fl acher das Geschmacksprofi l, desto<br />

massentauglicher das <strong>Bier</strong>.<br />

Der Anbau hat darauf seit Ende der<br />

80er-Jahre mit neuen Bitterhopfensorten<br />

reagiert, Hochalphazüchtungen wie<br />

Magnum, Taurus und Herkules. <strong>Welt</strong>weit<br />

dominieren sie heute den Markt und umfassen<br />

60 Prozent der <strong>Welt</strong>ernte. Allerdings<br />

sinkt der Alphabedarf inzwischen<br />

stetig – weil die Massenbiere tendenziell<br />

in der Bitterkeit nachlassen. Das führt im<br />

Hopfenanbau zu Überproduktion und<br />

bringt die Bauern in die Bredouille. Zu<br />

viel Freihopfen ist im Umlauf, der Kurs<br />

des grünen Goldes stürzt ab.<br />

Auch deshalb war Landwirt Schmailzl<br />

sofort dabei, als die Lizenzen für die neuen<br />

Sorten der Flavor Hops vergeben wurden.<br />

Braumeister Eric Toft von der Schönramer<br />

Brauerei hat sich bei ihm die „Mandarina<br />

Bavaria“ vertraglich gesichert und wird<br />

damit ein neues <strong>Bier</strong> kreieren. Sein Kollege<br />

Frank Müller vom Augsburger Brauhaus<br />

Riegele arbeitet an Single-Hop-Editionen.<br />

Beide komponieren schon lange für jedes<br />

ihrer <strong>Bier</strong>e eigenständige Hopfenprofi le.<br />

Die meisten anderen Brauer verwenden<br />

nur einen Bitterhopfen und einen oder<br />

zwei immer gleiche Aromahopfen für ihr<br />

gesamtes Sortiment. Das deprimiert Braukünstler<br />

wie Toft: „Das Reinheitsgebot ist<br />

doch kein Einheitsgebot.“<br />

Auch das weltgrößte Hopfenhandelsunternehmen<br />

Barth-Haas Group registriert<br />

zwar viele internationale Anfragen für die<br />

neuen Sorten, doch „die meisten deutschen<br />

Brauereien warten lieber ab, wie sich die<br />

erste Ernte im <strong>Bier</strong> macht“, sagt Technical<br />

Manager Christina Schönberger. Immerhin<br />

beschäftigten sich inzwischen auch<br />

die großen Brauereien mit dem Thema.<br />

Tucher etwa hat bereits ein dezent kaltgehopftes<br />

Pils herausgebracht.

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