BRUDER KLAUS - Calypso Film AG
BRUDER KLAUS - Calypso Film AG
BRUDER KLAUS - Calypso Film AG
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DLKLAÜS»ER DE<br />
EINFILM<br />
VON EDWIN BEELER<br />
BKMDER KL<br />
Mitwirkende: Silvia Jost Br. Paul de la Croix Adalbert Durrer<br />
Rudolf Gessner Roland Gröbli AI Imfeid Bruno Leuthold Ida<br />
Schwarb-Jeker Walter Signer Willi Studach Marlene Wirthner<br />
Realisation und Buch: Edwin Beeler Kamera: Norbert Wiedmer Edwin Beeler Ton: Ivan Seifert Mathias Knauer Marion Heinrich<br />
i . _.<br />
iignst Mci!age:lJie¥rl3raiiicner Produktion: Edwin BeeTer/<strong>Calypso</strong> Wm AU, Luzern<br />
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Finanzierufl|:Jferr^jjDRS, Kantone IU, SZ, OW, NW, BL, ZG, UR, Migros Schweiz, Stiftung Landis & Gyr, Aktion Schweizer <strong>Film</strong>, Stadt Luzern und weitere 47 Stellen<br />
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Foto: Edwin Beeler Grafik: Basil Vogt
Schweiz 1991<br />
Wie ist Bruder Klaus nahezukommen?<br />
Wie kann ein <strong>Film</strong> beschaffen sein, der<br />
Bruder Klaus zum Thema hat, einen<br />
Menschen, der im Spätmittelalter lebte<br />
und in der wichtigsten Zeitspanne seines<br />
Daseins eine Existenz als Mystiker führte,<br />
die sich naturgemäss jedem<br />
Festlegen entzieht?<br />
Edwin Beeler, 1958 geboren, ist Innerschweizer.<br />
Mit Niklaus von Flüe, der in<br />
dieser Region präsent ist wie keine andere<br />
historische Persönlichkeit, setzt er<br />
sich schon seit vielen Jahren auseinander.<br />
Ziel seiner filmischen Recherchen<br />
ist es, vorzudringen zum Kern des Lebens<br />
dieses Mannes. Das ist ein schwieriges<br />
Unterfangen, weil man sich dem<br />
Wesen des Mystikers höchstens annähern<br />
kann, weil es für das Mystische<br />
kaum Bilder gibt und weil die ganze<br />
Thematik um Bruder Klaus nicht nur<br />
vielschichtig, sondern auch ausgesprochen<br />
widersprüchlich ist: Sicher ist,<br />
dass laute patriotische Betriebsamkeit,<br />
wie sie immer wieder im Zusammenhang<br />
mit Bruder Klaus auftaucht, am<br />
Wesentlichen vorbeizielt.<br />
In einfühlsamen und eindrücklichen Bildern<br />
zeigt Edwin Beelers <strong>Film</strong> jene Stille<br />
und Hoheit der Landschaft, wie sie<br />
Bruder Klaus erlebt haben mochte - im<br />
Winter, bei Regen, Schneefall, Nebel.<br />
Das ist der einsame Ort, wo der löjährige<br />
Klaus seine Turm-Vision hatte:<br />
Bruder Klaus: Lebensdaten<br />
1417: Klaus wird in Obwalden geboren.<br />
1431: Niklaus, stimmberechtigt geworden, kann<br />
an der Landsgemeinde teilnehmen.<br />
1447: Nikfaus heiratet Dorothea Wyss aus Samen.<br />
Sie werden Eltern von fünf Töchtern und<br />
fünf Söhnen. Die beiden Aeltesten werden<br />
später Landammänner von Obwalden, der<br />
Jüngste Pfarrer von Sächseln. Ueber die anderen<br />
Kinder ist fast nichts bekannt.<br />
1457: Niklaus prozessiert für Sächseln gegen den<br />
Ortspfarrer.<br />
1462: Niklaus vermittelt im Streit zwischen Stans<br />
und dem Kloster Engelberg. Er ist Obwaldner<br />
Ratsherr, Richter und wahrscheinlich hoher<br />
Offizier. Viel mehr ist nicht bekannt.<br />
1467: Am 16. Oktober verlässt Niklaus seine Familie.<br />
Er lässt sich im Ranft, 300 Meter von zu<br />
Hause, als Eremit nieder.<br />
Ab Bruder Klaus wird von vielen Leuten aufge-<br />
1469: sucht, die ihn um Rat oder um ein Wunder<br />
bitten. Man sagt, Bruder Klaus lebe seit Jahren<br />
ohne zu essen und zu trinken.<br />
1481: Bruder Klaus lässt der zerstrittenen Tagsatzung<br />
in Stans eine Geheimbotschaft übermitteln.<br />
Freiburg und Solothurn werden in<br />
den Bund der Eidgenossen aufgenommen.<br />
1487: Bruder Klaus stirbt am 21. März.<br />
<strong>BRUDER</strong> <strong>KLAUS</strong><br />
EIN FILM VON EDWIN BEELER<br />
79 Minuten • 16mm Commag • Deutsch & Dialekt • Verleihanfragen:<br />
<strong>Calypso</strong> <strong>Film</strong> <strong>AG</strong> Luzern, Tel. 041 43 02 44<br />
Ein Visionär und kein «katholischer Teil»<br />
Schon der junge Mann sah in seiner<br />
eigenen Zukunft einen Fixpunkt, ein<br />
Ziel, dem es entgegenzugehen galt: Er<br />
sei «von jung auf willens gewesen, ein<br />
einig wesen zu suochen, als er ouch getan»,<br />
wie das schon 1488 überliefert<br />
wurde.<br />
Die Visionen von Bruder Klaus bilden<br />
ein wichtiges, meditativ angelegtes und<br />
von Edwin Beeler selber persönlich geprägtes<br />
Gestaltungselement des <strong>Film</strong>es.<br />
Ergänzt wird es durch die Lektüre aus<br />
alten Lebensberichten über Bruder<br />
Klaus, wie sie noch im 15. oder dann<br />
im 16. Jahrhundert aufgeschrieben wurden.<br />
Edwin Beeler konnte für die Lektüre<br />
Silvia Jost gewinnen, die den alten<br />
Erzählungen und auch den Visionen auf<br />
angemessene Art Präsenz zu geben vermag.<br />
Zu dieser meditativen Ebene fügt<br />
sich auch Peter Sigrists dezente und atmosphärisch<br />
präzise Musik.<br />
Der <strong>Film</strong> zeigt (..) das während langer<br />
Jahrzehnte - vor allem im Zusammenhang<br />
der geistigen Landesverteidigung -<br />
offiziell immer wieder gepflegte Bild<br />
des Heiligen als des Beschützers der<br />
Schweiz, als eines «Helden» im politischen<br />
Sinn: Vor dem damaligen Horizont<br />
ist das verständlich, doch beschnitt<br />
es eben die Persönlichkeit Bruder<br />
Klausens gerade um jene mystische<br />
Komponente, die ihm die Qualität des<br />
Ausserordentlichen verlieh: Wesentlich<br />
an Bruder Klaus ist ja, wie Edwin<br />
Beelers <strong>Film</strong> deutlich macht, dass er als<br />
Politiker einer unter vielen war, als<br />
Mystiker aber zur friedensstiftenden<br />
Kraft wurde - nicht dank formulierter<br />
Rezepte, sondern dank der charismatischen<br />
Ausstrahlung seiner Person.<br />
Niklaus Oberholzer,<br />
Luzerner Zeitung, 6.12.1991 (Auszüge)<br />
«Ein <strong>Film</strong> über die Grenzen des mit Subtilität<br />
eingesetzten Mediums, das ein Bild<br />
des nicht Darstellbaren geben will»<br />
Niklaus Oberholzer, Luzerner Zeitung<br />
«Berückende Landschaftsbilder zu<br />
Visionen von Bruder Klaus»<br />
Urs Hangartner, Luzerner Neuste Nachrichten<br />
«Beeler nähert sich auf seine ganz persönliche,<br />
meditative und dem Medium <strong>Film</strong> adäquate<br />
Weise dem Wesen und Geheimnis<br />
des Einsiedlers vom Ranft.»<br />
Franz Ulrich, Zoom
'S<br />
Bruder<br />
Klaus Regie:<br />
Franz Ulrich<br />
<strong>Film</strong>e über Heilige sind ein heikles<br />
Unterfangen. Die <strong>Film</strong>geschichte<br />
kennt nur wenige überzeugende Beispie-<br />
le, etwa die Jeanne d'Arc-<strong>Film</strong>e von Carl<br />
Th. Dreyer (1928) und Robert Bresson<br />
(1962), Roberte Rossellinis «Francesco,<br />
giullare di Dio» (1950) oder - aus jüngster<br />
Zeit - Alain Cavaliers «Therese»<br />
(1986). Spielfilme tun sich meist schwer,<br />
die richtige Balance zu halten zwischen<br />
kitschiger bis bigotter Hagiographie, historisierendem<br />
Kostümfilm und aktualisierender<br />
Um- und Neudeutung, die<br />
ebenfalls zu Verfälschung und unzuläs-<br />
siger Vereinnahmung führen kann.<br />
Auch über Bruder Klaus gibt es einen<br />
(Schweizer) Spielfilm, Michel Dickoffs<br />
«Niklaus von Flüe - Pacem in terris»<br />
(1963), der sich nur gerade vier Tage in<br />
einem Luzerner Kino halten konnte und<br />
den Herve Dumont in seiner «Geschichte<br />
des Schweizer <strong>Film</strong>s» als einen «der<br />
verheerendsten <strong>Film</strong>e, die hierzulande<br />
gedreht wurden», bezeichnet.<br />
Ein wohl ebenso schwieriges Unternehmen<br />
ist es aber auch, einen Dokumentarfilm<br />
über einen Heiligen zu drehen,<br />
vor allem dann, wenn dieser vor<br />
über 500 Jahren lebte und wirkte. Edwin<br />
Beeler hat denn auch fünf Jahre ge-<br />
braucht, um Fakten und Zeugnisse aus<br />
Vergangenheit und Gegenwart zu einem<br />
<strong>Film</strong> zu verarbeiten - eine lange Zeit,<br />
auch wenn man die in solchen Fällen<br />
hierzulande meist übliche langwierig-<br />
mühselige Finanzierung als verzögern-<br />
34 ZOOM 2/9 2<br />
Edwin Beeler<br />
Schweiz 1991<br />
den Faktor in Rechnung stellt.<br />
Als Kind hat Edwin Beeler einst ein<br />
Andachtsbildchen des Niklaus von Flüe<br />
erhalten, das diesen (etwas kitschig) in<br />
der Pose des entrückten Einsiedlers<br />
zeigte. Doch wer war dieser Bruder<br />
Klaus wirklich, den manche für den Retter<br />
des Vaterlandes in den zwei Weltkriegen<br />
halten? Diese Frage zu beantworten,<br />
hat der Innerschweizer Edwin Beeler,<br />
bekannt geworden durch seinen Erstling,<br />
den Dokumentarfilm «Rothen-<br />
thurm - bei uns regiert noch das Volk»<br />
(1984), ein Werk geschaffen, das dem<br />
mit Erwartungen, Befürchtungen und<br />
Vorurteilen belasteten Thema weitge-<br />
hend gerecht wird. Sorgfältig wurde ein<br />
umfangreiches Bild- und Tonmaterial<br />
zusammengetragen und, unterstützt von<br />
einem hochkarätigen Team (Kamera:<br />
Norbert Wiedmer, Musik: Peter Sigrist,<br />
Schnitt: Dieter Gränicher) zu einem dif-<br />
ferenzierten Bild von Bruder Klaus, der<br />
Bauer, Ehemann, Vater, Soldat, Richter,<br />
Ratsherr, Einsiedler und Mystiker war,<br />
und seiner Nachwirkung und Bedeu-<br />
tung bis heute gestaltet.<br />
Edwin Beelers Dokumentarfilm nähert<br />
sich Bruder Klaus auf verschiedenen<br />
Ebenen. Korrekt werden die (spärlichen)<br />
historischen Fakten und Zeugnisse<br />
von Zeitgenossen dargelegt. Aus ihnen<br />
und aus Zitaten aus überlieferten<br />
mystischen Texten erschliesst sich die<br />
vielschichtige und vielseitige Persön-<br />
lichkeit eines mittelalterlichen Men-<br />
schen. Niklaus von Flüe war ein Analphabet,<br />
der in Bildern dachte, wie sei-<br />
ne Visionen eindrücklich zeigen. Von<br />
diesen Visionen - von der vorgeburtlichen<br />
Stern-Vision über die Turm-Vision,<br />
die den <strong>Film</strong> wie ein Leitmotiv akzentuiert,<br />
bis zur gewaltigen, geradezu magischen<br />
Brunnen-Vision am Schluss - hat<br />
sich Beeler inspirieren und leiten lassen.<br />
Mit diesen Landschaftsbildern, in denen<br />
Licht, Wasser, Erde, Bäume, Einsamkeit<br />
und Stille zu Elementen von spiritueller<br />
Qualität werden, nähert sich Beeler auf<br />
seine ganz persönliche, meditative und<br />
dem Medium <strong>Film</strong> adäquate Weise dem<br />
Wesen und Geheimnis des Einsiedlers<br />
vom Ranft. Diese Passagen gehören zu<br />
den eindrücklichsten des <strong>Film</strong>s. Sie bil-<br />
den einen wohltuenden Kontrast zu den<br />
Interviews und Statements verschiede:<br />
ner Personen, die der Gefahr des Zerre-<br />
dens nicht immer entgehen.<br />
Auf einer anderen Ebene zeigt der<br />
<strong>Film</strong>, wie Bruder Klaus, von dem nur<br />
wenige direkte Spuren überliefert sind,<br />
von der Nachwelt bis heute für verschiedene<br />
Zwecke gebraucht und miss-<br />
braucht wurde und wird: als Vorbild für<br />
Gehorsam, Entsagung, Konsumverzicht,<br />
Busse und Frömmigkeit, als Aussteiger,<br />
Mystiker und Visionär, als Soldat<br />
und Vaterlandsverteidiger, als Friedens-<br />
stifter, Staatsmann und Patriot oder gar<br />
als Nationalist und «katholischer Wil-<br />
helm Teil». Vor dem Hintergrund solch<br />
unterschiedlicher Bewertung erscheint
Niklaus von Flüe als widersprüchliche<br />
Gestalt. Er war ein angesehener Bürger,<br />
Vater von zehn Kindern, Besitzer von<br />
Haus und Boden. Im besten Mannesalter<br />
hat er Frau und Kinder verlassen,<br />
hat alle Ämter und den weltlichen Besitz<br />
aufgegeben und ist Einsiedler geworden<br />
im Melchtal. Er betete und fastete und<br />
soll zwanzig Jahre lang bis zu seinem<br />
Tod ohne Nahrung ausgekommen sein.<br />
Der Rückzug von Bruder Klaus in<br />
die Einsamkeit ist keine Flucht vor öffentlicher<br />
Verantwortung. Er wird von<br />
vielen Leuten aus allen Ständen aufgesucht<br />
und um Rat gebeten. Er ist bestens<br />
auf dem laufenden über das politische<br />
Geschehen im In- und Ausland und wird<br />
als unbestechlicher Berater und Vermitt-<br />
ler anerkannt. Dank seiner Mahnung<br />
zum Frieden schlichtet er 1481 den<br />
Streit an der eidgenössischen Tagsat-<br />
zung in Stans, die am Konflikt zwischen<br />
Stadt und Land zu scheitern droht<br />
(Stanser Verkommnis). Bruder Klaus ist<br />
auch Mystiker und Visionär, aber alles<br />
andere als weltfremd. In einer Zeit, da<br />
Aberglaube und Hexenwahn um sich<br />
greifen (1487 erscheint der berüchtigte<br />
«Hexenhammer»), stellt Bruder Klaus<br />
mit kühlem Kopf fest: «Das Beste, was<br />
Gott uns Menschen gegeben hat, ist der<br />
Verstand und die Seele.» 1947 wird Bruder<br />
Klaus von Papst Pius XII. heiligge-<br />
sprochen.<br />
Bruder Klaus hat gerade noch vor<br />
der Reformation gelebt und wird als<br />
«ökumenischer Heiliger» bezeichnet.<br />
Zwingli hat sich im Kampf gegen das<br />
Söldnerwesen mehrmals auf ihn berufen,<br />
und zu den qualifiziertesten Beiträgen<br />
über Bruder Klaus gehören solche<br />
von evangelischen Autoren (beispielsweise<br />
von Walter Nigg oder Hans Rudolf<br />
Hilty). Manche lernen Bruder Klaus<br />
durch C. G. Jung kennen, der sich eingehend<br />
mit seinen Visionen befasst hat.<br />
Zusammen mit Wilhelm Teil und Winkelried<br />
gehört Bruder Klaus zu den mythischen<br />
Figuren der Schweizer Ge-<br />
schichte, aber als einziger der drei ge-<br />
hört er nicht ins Reich der Legenden,<br />
sondern hat nachweisbar wirklich ge-<br />
lebt. Aber auch er wurde im Laufe der<br />
Zeit zu einer «übermenschlichen», my-<br />
thischen Figur emporstilisiert und einem<br />
(frommen) Schema angepasst. Das<br />
Wilde, Rätselhafte an ihm wurde verdrängt.<br />
Bruder Klaus hat die Welt zu-<br />
gunsten seiner «geistlichen Berufung»<br />
verlassen, hat ganz auf seine innere<br />
Stimme gehört. War diese Berufung<br />
nicht auch eine Art Selbstverwirkli-<br />
chung? Denn ein Schlüsselwort von<br />
Bruder Klaus ist «Ein eigen Wesen»:<br />
ganz bei sich sein, im Frieden mit sich<br />
und Gott sein.<br />
Einen breiten Raum nehmen im<br />
<strong>Film</strong> die Befragungen und Aussagen<br />
verschiedenster Menschen über ihre Be-<br />
ziehung zum Einsiedler vom Ranft ein:<br />
Historiker, Politiker, Wallfahrer - kritische<br />
und weniger kritische. Zu Wort<br />
kommen unter anderen auch eine Frau,<br />
die wunderbar geheilt wurde, der ehe-<br />
malige Bruder-KIausen-Kaplan, ein<br />
Bruder-Klaus-Verehrer und der Kapuziner<br />
Paul de la Croix, der im Wallis als<br />
Mit Landschaftsbildern<br />
riom Wocon o!r,es Einsiedlers<br />
auf der Spur.<br />
Eremit lebt - eine der schönsten Passa-<br />
gen des <strong>Film</strong>s: Mögen einige Statements<br />
zu ausführlich, gar zu geschwätzig und<br />
nicht ganz frei von Selbstgefälligkeit wir-<br />
ken: Gerade die Spannweite und Gegen-<br />
sätzlichkeit dieser Aussagen und Stel-<br />
lungnahmen ergeben ein ebenfalls viel-<br />
schichtiges Bild von dem, was heutigen<br />
Menschen, Wallfahrenden, Ratsuchen-<br />
den, Touristen und anderen Bruder<br />
Klaus bedeutet.<br />
Edwin Beeler und sein Team haben<br />
aus dem vielfältigen Material ein reiches<br />
Mosaik geschaffen, das jede didaktische<br />
Trockenheit und jede Schematik vermeidet.<br />
Ohne seinen kritischen Standpunkt<br />
gewissen Erscheinungen gegenüber zu<br />
verleugnen, hat sich Beeler diskret zu-<br />
rückgehalten. Er enthält sich jeder Bes-<br />
serwisserei oder Verurteilung, lässt die<br />
Bilder und Menschen sprechen und Zuschauerinnen<br />
und Zuschauer ihre eige-<br />
nen Schlüsse ziehen. So ist ein interessanter,<br />
detailreicher und anregender<br />
<strong>Film</strong> entstanden, der dazu einlädt, sich<br />
näher mit dem zeitgemäss-unzeitgemässen<br />
Heiligen vom Ranft zu befassen.<br />
(SELECTA/ZOOM-Verleih, Zürich) •<br />
ZOOM 2/92 55
Kurzbesprechungen Unveränderter Nachdruck K = für Kinder ab etwa 6 * sehenswert<br />
8. Januar 1992 nur mit Quellenangabe J - für Jugendliche ab etwa 12 ** empfehlenswert<br />
52. Jahrgang ZOOM gestattet. E = für Erwachsene<br />
ZOOM 1/92<br />
Bruder Klaus 92/3<br />
•<br />
Regie und Buch: Edwin Beelen Kamera: Norbert Wiedmer, E. Beeler; Ton: Ivan Seifen,<br />
Mathias Knauer, Marion Heinrich: Musik: Peter Sigrist; Mitwirkende: Silvia Jost. Adalbert<br />
Durrer. Roland Gröbli. Walter Signer u. a.: Produktion: Schweiz 1991. Edwin Beeler/<br />
<strong>Calypso</strong> <strong>Film</strong>. 16 mm, Farbe/sw, 79 Min.: Verleih: <strong>Calypso</strong> <strong>Film</strong>. Luzern.<br />
Der Dokumentarfilm unternimmt eine Annäherung an den heiligen Niklaus von Flüe<br />
(1417-1487) auf verschiedenen Ebenen. Aus den (spärlichen) historischen Fakten und<br />
Zeugnissen und den Zitaten aus seinen überlieferten mystischen Texten ergibt sich das<br />
Porträt einer vielschichtigen Persönlichkeit, die sich vom Bauern und Politiker zum tiefreligiösen<br />
Mystiker entwickelte. Über ihre Beziehung zum Bruder Klaus berichten Menschen<br />
von heute. Ohne seinen kritischen Standpunkt zu verleugnen, lässt Edwin Beeler<br />
die Bilder sprechen und die Zuschauer daraus ihre eigenen Schlüsse ziehen. Der anresende<br />
<strong>Film</strong> lädt dazu ein. sich näher mit dem Heiligen aus dem Ranft zu befassen.<br />
j^ - ZOOM 2/92<br />
XKURZBESPRECHUNGEN
Kirchturm im Wasser: Ist es Mystik oder Realität?<br />
Hommage an Bruder Klaus<br />
Aus Anlass der Solothurner<br />
<strong>Film</strong>tage hat sich das Kunstmuseum<br />
Solothum eines besonderen<br />
<strong>Film</strong>s angenommen:<br />
Edwin Beelers Dokumentarfilm<br />
«Bruder Klaus».<br />
Der Einsiedler und Mystiker<br />
Niklaus von Flüe (1417 bis<br />
1487) rettete die Eidgenossen<br />
1481 vor den Schrecken eines<br />
Bürgerkriegs und beschäftigt<br />
bis heute Ideologen und<br />
Künstler gleichermassen.<br />
Vor allem der ideologi-<br />
schen Vereinnahmung geht<br />
Beeler in seinem <strong>Film</strong> nach.<br />
Die Austeilung mit dem Titel<br />
«Bilder und Zerrbilder» folgt<br />
dieser Absicht und setzt drei<br />
Schwerpunkte: Es werden<br />
bildliche Darstellungen von<br />
Bruder Klaus ab dem 16.<br />
Jahrhundert gezeigt, Interpretationen<br />
des Mystikers in der<br />
Gegenwartskunst und Material<br />
zu den <strong>Film</strong>-Recherchen.<br />
Die Ausstellung läuft bis 15.<br />
März. chw<br />
26. Januar 1992 SonntagsBLICK 53
Bruder Klaus<br />
im Kino<br />
In Sarnen ist am Sonntag der Dokumentarfilm<br />
«Bruder Klaus» des in Luzern lebenden<br />
33jährigen Innerschweizers Edwin<br />
Beeler uraufgeführt worden. Beeler,<br />
der mit seinem <strong>Film</strong> über die Auseinandersetzung<br />
um den Waffenplatz Rothenthurm<br />
bekannt wurde, versucht in seinem<br />
neusten Werk, dem Wesen des Visionärs<br />
Bruder Klaus nachzuspüren und den Umgang<br />
mit dem Heiligen darzustellen.<br />
Insbesondere der .Mystiker habe ihn<br />
beschäftigt, sagt Beeler selbst zu seinem<br />
<strong>Film</strong>. Verschiedene Visionen von Bruder<br />
Klaus wie etwa die Turm- oder die Brunnenvision<br />
ziehen sich als wichtige Fäden<br />
durch das Werk. Eingewoben sind ferner<br />
vorgelesene Berichte aus dem 15. und<br />
16. Jahrhundert über das Leben von Bruder<br />
Klaus und Aussagen Beelers über<br />
eigene Erfahrungen mit dem Einsiedler<br />
vom Ranft.<br />
Beeler hat zudem auch andere Menschen<br />
über Bruder Klaus befragt, so etwa<br />
den Obwaldner Regierungsrat Adalbert<br />
Durrer, den Historiker Roland Gröbli<br />
oder den früheren Bruder-Klaus-Kaplan<br />
Walter Signer. Der <strong>Film</strong> beginnt mit<br />
einer kurzen Rückblende auf den Besuch<br />
von Papst Johannes Paul II. in Flüeli im<br />
Jahre 1984. Er zeigt ferner den oft gar<br />
nicht so stillen Wallfahrtsbetrieb. Eingebaut<br />
sind auch <strong>Film</strong>dokumente von Feiern,<br />
bei denen Bruder Klaus als Schweizer<br />
Landespatron, als Friedensstifter und<br />
Beschützer in der Not in den Mittelpunkt<br />
gestellt wurde.<br />
Das alles hat vorab dokumentarischen<br />
Charakter. Das Visionäre und Meditative<br />
scheint insbesondere in den winterlichnebligen<br />
Landschaftsbildern auf und<br />
wird durch die Musik von Peter Sigrist<br />
betont. Für seinen Bruder-Klaus-<strong>Film</strong><br />
Hess sich Beeler von Fredi M. Murer beraten.<br />
In die Kameraführung teilte er sich<br />
mit Norbert Wiedmer. Der <strong>Film</strong> ist zunächst<br />
vom 13. bis 19. Dezember jeweils<br />
um 20.30 Uhr im Kulturpanorama am Löwenplatz<br />
in Luzern zu sehen. (SDA)<br />
T<strong>AG</strong>ES-ANZEIGER MONT<strong>AG</strong>, 9. DEZEMBER 1991
Luzerner Zeitung Urner Zeitung Schwyzer Zeitung Nidwaldner Zeitung Zuger Zeitung Dienstag, 11. Februar 1992 Nr. 34<br />
Rückblick auf<br />
Solothurner <strong>Film</strong>tage<br />
Solothum - rbr. Einen Rückblick auf die 27. Solothurner <strong>Film</strong>tage 1992 serviert<br />
heute 3SAT (21.05 Uhr). In vierzig Minuten werden die interessantesten Spiel-,<br />
Kurz- und Dokumentarfilme vorgestellt. Vom Innerschweizer Edwin Beeler und<br />
seiner vielbeachteten Dokumentation «Bruder Klaus» wird sicher auch die Rede<br />
sein. Unser Bild: Walter Signer (links), entlassener Bruder-Klausen-KapInn, und<br />
<strong>Film</strong>er Edwin Beeler an der Ausstellung im Solothurner Kunstmuseum.<br />
————— ------ Bild Rolf Breiner
o
Montag, 9. Dezember 1991 Nr. 284 Luzerner Zeitung Urner Zeitung Schwyzer Zeitung Nidwaldner Zeitung Zuger Zeitung Zentralschweiz 17<br />
Obwaldner und «ihr» Bruder Klaus<br />
Premiere zum <strong>Film</strong> von Edwin Beeler in Samen<br />
i Von Romano Cuonz<br />
Vier Jahre haben die Dreh-, Schneideund<br />
Montagearbeiten zum neuen Dokumentarfilm<br />
über Bruder Klaus gedauert.<br />
Ein ganzes Jahr hat Edwin<br />
Beeler darauf verwendet, das nötige<br />
Geld bei Kantonen, Gemeinden, Kirche<br />
und Wirtschaft zusammenzubetteln.<br />
Und genau 79 Minuten nahm<br />
schliesslich die Uraufführung des<br />
Werks im Sanier Kino Seefeld die<br />
Aufmerksamkeit von knapp 140 Gästen<br />
in Anspruch. Ein paar Zahlen,<br />
die vielleicht mehr über die Situation<br />
eines Jungfilmers in der Innerschweiz<br />
sagen als viele Worte. Wie wichtig es<br />
eben ist, dass es trotzdem immer wieder<br />
Leute gibt, die den mühevollen<br />
Weg gehen, erklärte an der <strong>Film</strong>-Vernissage<br />
in Samen der Luzerner Kulturbeauftragte<br />
Daniel Huber. Edwin<br />
Beeler sei einer, der den harten Boden<br />
betreten, einen neuen Beitrag gegen<br />
die Innerschweizer Kulturentleerung<br />
geleistet habe, meinte er, bevor der<br />
Dokumentarfilm über die Leinwand<br />
ging-<br />
140 Personen - in einem sehr gemischten<br />
Publikum - waren gekommen,<br />
um zu sehen, wie Edwin Beeler<br />
den Obwaldner Heiligen auf die<br />
Leinwand bringt. Da sah man im Publikum<br />
einen Historiker Hans-Rudolf<br />
Hilty ebenso wie den Kinobesitzer<br />
Josef Seiler, den Sachsler Pfarrer Josef<br />
Eberli wie den früheren Bruder-Klau-<br />
sen-Kaplan Walter Signer, den Nidwaldner<br />
Bruno Lüthold wie den Obwaldner<br />
Adalbert Dürrer. Edwin<br />
Beeler war positiv überrascht über das<br />
Interesse. Und er freute sich, dass einige<br />
Leute sich spontan äusserten.<br />
Eine junge Frau, die den Namen von<br />
Flüe trägt, erklärte dem <strong>Film</strong>er, das<br />
sei endlich ein <strong>Film</strong> über Bruder<br />
Klaus, der ihr gefalle. Nidwaldens<br />
früherer Baudirektor Bruno Lüthold -<br />
mit seiner Bruder-Klausen-Bibliothek<br />
selber zum «Star» in diesem <strong>Film</strong> geworden<br />
- drückt ihm die Hand. Doch,<br />
er glaube schon, dass der <strong>Film</strong> gut<br />
angelaufen sei, kommentierte Beeler,<br />
der anschliessend vom Obwaldner<br />
Baudirektor Adalbert Durrer gar zum<br />
Mittagessen eingeladen wird.<br />
«Ein kritische^, ein anregender<br />
<strong>Film</strong>», meinte Adalbert Durrer später.<br />
Er selber kommt darin zu Wort. Äussert<br />
sich über sein Verhältnis zu Bruder<br />
Klaus. Meist* seien es allerdings<br />
subjektive Bilder des <strong>Film</strong>ers. Bilder,<br />
die zum Nachdenken anregen würden.<br />
Starke Bilder auch. Dies, obwohl man<br />
da und dort geteilter Meinung sein<br />
könne. Beispielsweise dann, wenn der<br />
Landesverteidigung die Legitimierung,<br />
sich auf Bruder Klaus zu berufen,<br />
abgesprochen werde. Oder, wenn<br />
sich der <strong>Film</strong> sehr kritisch zum<br />
Papstbesuch äussere. Der Kanton<br />
Obwalden hat übrigens als einzige öffentliche<br />
Körperschaft im Heimat-<br />
Regisseur Edwin Beeler, Reglerungsrat Adalbert Durrer und Cutter Dieter Gränicher diskutieren<br />
über den neuen Bruder-Klaus-<strong>Film</strong>. Bild Josef Reinhard<br />
kanton von Bruder Klaus seinen<br />
Obolus an den <strong>Film</strong> entrichtet.<br />
Nichts bezahlt hat die Gemeinde<br />
Sächseln. Und auch die Kirchgemeinde<br />
des Bruder-Klausen-Dorfes<br />
stand abseits. Immerhin: An der Vernissage<br />
waren sowohl Pfarrer Josef<br />
Eberli als auch Mitglieder des Kirch-<br />
aneinderates anwesend. Pfarrer<br />
t<br />
berli war aber nach dem <strong>Film</strong> offen-<br />
sichtlich verärgert. «Ich gebe keinen<br />
Kommentar», meinte er. Und alt<br />
Kirchgemeindepräsident Hans Abächerli<br />
brachte es auf den Punkt.<br />
«Dass der frühere Bruder-Klausen-<br />
Kaplan Walter Signer im <strong>Film</strong> nochmals<br />
Gelegenheit bekommt, sich zu<br />
den Meinungsverschiedenheiten im<br />
Zusammenhang mit seinem Abgang<br />
zu äussern, gehörte schlicht nicht<br />
dazu», meinte er. Sonst sei der <strong>Film</strong><br />
nicht schlecht. Ein <strong>Film</strong>, der wohl -<br />
mit seinen starken Bildern und seinem<br />
kritischen Ansatzpunkt - ausserhalb<br />
der Heimat von Bruder Klaus besser<br />
ankommt als dort selber.
Ein <strong>Film</strong>er<br />
bei Bruder Klaus<br />
«Es ist die Figur des Einzelgängers,<br />
die mich fasziniert»,<br />
sagt der 34jährige<br />
<strong>Film</strong>regisseur Edwin<br />
Beeler. Einem<br />
der bekanntesten<br />
hat er einen <strong>Film</strong><br />
gewidmet: «Bruder<br />
Klaus», der jetzt in<br />
einigen Kinos der<br />
deutschen Schweiz zu<br />
sehen ist (unter anderem in<br />
Luzern und Zürich) und auch<br />
als Video zu haben ist. Der<br />
Dokumentarfilm unternimmt<br />
eine Annäherung an den heiligen<br />
Niklaus von Flüe (1417-<br />
1487) und lässt Menschen von<br />
heute über ihre Beziehung zu<br />
Bruder Klaus berichten, der<br />
erst als einfacher Eremit politisch<br />
ernst genommen wurde.<br />
Beeler hat für seinen <strong>Film</strong> auch<br />
Politiker gesucht, in deren<br />
Handeln sich Bruder Klaus widerspiegelt,<br />
die ihrer Tätigkeit<br />
ethische Werte zugrunde legen.<br />
«Aber l .-August-Reden sind<br />
das eine», sagt Beeler, «die<br />
praktische Arbeit das andere.»<br />
Ihm ist durch Bruder Klaus<br />
klar geworden: «Man muss erst<br />
auf sich selbst hören, bevor<br />
man nach aussen wirkt.»<br />
Familie
Ein Zugang zum Einsiedler von Ranft<br />
Die Premiere: «Bruder Klaus» von Edwin Beeler<br />
Als Kind hat der Innerschweizer Edwin Beeler<br />
einst ein Heiligenbildchen des Niklaus von<br />
Flüe erhalten, das diesen etwas kitschig in der<br />
Pose des entrückten Einsiedlers zeigte. Wer<br />
aber war dieser Bruder Klaus wirklich, den<br />
viele für den Retter des Vaterlandes in den<br />
zwei Weltkriegen dieses Jahrhunderts halten?<br />
Diese Frage zu beantworten, hat Edwin Beeler,<br />
bekannt geworden mit seinem Erstling, dem<br />
Dokumentarfilm «Rothenthurm - bei uns<br />
regten noch das Volk» (1984), einen <strong>Film</strong><br />
geschaffen, der ein differenziertes Bild von<br />
Bruder Klaus, der Ehemann, Vater, Bauer, Soldat,<br />
Richter, Ratsherr, Eremit und Mystiker<br />
war, zeichnet und sich mit seiner Nachwirkung<br />
und Bedeutung bis heute befasst.<br />
<strong>Film</strong>e über Heilige sind ein heikles Unterfangen.<br />
Die <strong>Film</strong>geschichte kennt nur wenige<br />
überzeugende Beispiele, etwa die Jeanned'Arc-<br />
<strong>Film</strong>e von Carl Theodor Dreyer (1928) und<br />
Robert Bresson (V)61),RobertoRosselinis «Francesco<br />
- guillare di Dio» (1950) oder Alain Cavaliers<br />
«Therese» (1986). Spielfilme tun sich meist<br />
schwer, die richtige Balance zu halten zwischen<br />
kitschiger bis bigotter Hagiographie,<br />
historisierendem Kostümfilm und aktualisierender<br />
Um- und Neudeutung, die ebenfalls zu<br />
Verfälschung und unzulässiger Vereinnahmung<br />
führen kann. Bei Bruder Klaus gibt es<br />
bereits ein unrühmliches Beispiel: MichelDikkoffs<br />
Spielfilm «Niklaus von Flüe - Pacem in<br />
terris» (1963), den Herve Dumont in seiner<br />
«Geschichte des Schweizer <strong>Film</strong>s» als einen «der<br />
verheerendsten <strong>Film</strong>e, die hierzulande gedreht<br />
wurden», bezeichnet.<br />
Edwin Beeler war sich der Erwartungen, Befürchtungen<br />
und Vorurteile bewusst, mit<br />
denen der «Vaterlandsheilige» Bruder Klaus<br />
belastet ist. Um diesem schwierigen Thema<br />
gerecht zu werden, suchte Beeler den Zugang<br />
zum Einsiedler vom Ranft auf verschiedenen<br />
Ebenen. Knapp und korrekt werden die (spärlichen)<br />
historischen Fakten und Zeugnisse von<br />
Zeitgenossen referiert. Daraus und aus Zitaten<br />
aus überlieferten mystischen Texten, gelesen<br />
von einer Frauenstimme (Silvia Jost), erschliesst<br />
sich die vielschichtige und vielseitige<br />
Persönlichkeit eines mittelalterlichen Menschen.<br />
Niklaus von Flüe war ein Analphabet,<br />
der in Bildern dachte, wie seine Visionen eindrücklich<br />
zeigen. Von ihnen hat sich Beeler<br />
inspirieren und leiten lassen, von der vorgeburtlichen<br />
Stern-Vision über die Turm-<br />
Vision, die den <strong>Film</strong> wie ein Leitmotiv durchzieht,<br />
bis zur gewaltigen, geradezu magischen<br />
Brunnen-Visionen mit der steil ins Unendliche<br />
ansteigenden Treppe am Schluss. Diese Bilder,<br />
in denen Licht, Wasser, Erde, Bäume, Schnee,<br />
Einsamkeit und Stille zu Elementen von spiritueller<br />
Qualität werden, sind nicht blosse Illustration.<br />
Sie versuchen, die mystische Erfahrung,<br />
von denen die Visionen berichten, anzudeuten.<br />
Diesen Bildern sind eigenartig sphärisch<br />
klingende Töne (Komponist: Peter<br />
Sigrist) unterlegt, die eine zusätzliche Öffnung<br />
und Vertiefung bewirken. Diese Passagen, in<br />
denen sich Beeler auf seine ganz persönliche,<br />
meditative und dem Medium <strong>Film</strong> adäquate<br />
Weise dem Wesen und Geheimnis des Einsiedlers<br />
vom Ranft nähert, gehören zu den eindrücklichsten<br />
des <strong>Film</strong>s. Sie bilden einen<br />
wohltuenden Kontrast zu den Interviews und<br />
Statements verschiedener Personen, die der<br />
Gefahr des Zerredens nicht immer entgehen.<br />
Auf einer anderen Ebene zeigt Edwin Beelers<br />
Dokumentarfilm, wie Bruder Klaus, von dem<br />
nur wenige direkte Spuren überliefert sind,<br />
«Bruder Klaus» von Edwin Beeler: mit Landschaftsbildern dem Wesen eines Einsiedlers auf der Spur<br />
von der Nachwelt bis heute für verschiedene<br />
Zwecke gebraucht und missbraucht wurde<br />
und wird: als Vorbild für Gehorsam, Entsagung,<br />
Konsumverzicht, Busse und Frömmigkeit,<br />
als Aussteiger, Mystiker und Visionär,<br />
als Soldat, Vaterlandsverteidiger, Staatsmann<br />
und Patriot, als Friedensstifter und «Erster<br />
Pazifist» oder gar als Nationalist und «katholischer<br />
Wilhelm Teil». Vor dem Hintergrund<br />
12<br />
Bruder Klaus (Schwci/1990<br />
Drehbuch und Regie: Edwin Beeler. Kamera (Farbe<br />
und schwarz-weiss): Norbert Wiedmer, Edwin Beeler,<br />
Christian Iseli, Franz Kälin. Musik: Peter Sigrist.<br />
Schnitt: Dieter Gränicher.<br />
Mitwirkende: Silvia Jost (Stimme), Bruder Paul,<br />
Adalbert Durrer, Roland Gröbli, Bruno Leuthold.<br />
Rudolf Gessner, Ida Schwarb-Jeker, Walter Signer,<br />
AI Imfeid, Marlene Wirthner u.a.<br />
Dauer: 78 Minuten (16mm)
solch unterschiedlicher Bewertungen erscheint<br />
Niklaus von Flüe als widersprüchliche<br />
Gestalt. Er war ein angesehener Bürger, Vater<br />
von zehn Kindern, Besitzer von Haus und<br />
Boden. Im besten Mannesalter hat er Frau und<br />
Kinder verlassen, hat alle Ämter und weltlichen<br />
Besitz aufgegeben und ist Einsiedler<br />
geworden im abgelegenen Melchtal. Er betete<br />
und fastete und soll zwanzig Jahre lang bis zu<br />
seinem Tod ohne Nahrung ausgekommen<br />
sein. Er hat auf einem rohen Holzbrett geschlafen<br />
und als Kopfkissen einen Stein benutzt.<br />
Der Rückzug von Bruder Klaus in die Einsamkeit<br />
war keine Flucht vor öffentlicher Verantwortung.<br />
Er wurde von vielen Menschen aus<br />
allen Ständen im Ranft aufgesucht und um<br />
Hilfe gebeten. Über das politische Geschehen<br />
im In- und Ausland war er bestens auf dem<br />
Laufenden und wurde als unbestechlicher<br />
Berater und Vermittler anerkannt. Dank seiner<br />
Mahnung zum Frieden schlichtete er 1481 den<br />
Streit an der Eidgenössischen Tagsatzung in<br />
Stans die am Konflikt zwischen Stadt und<br />
Land zu scheitern drohte (Stanser Verkommnis).<br />
Bruder Klaus war auch Mystiker und<br />
Visionär, aber alles andere als weltfremd. In<br />
einer Zeit, da Aberglaube und Hexenwahn um<br />
sich griffen (1487 erschien der berüchtigte<br />
13<br />
«Hexenhammen>), stellte er nüchtern fest:<br />
«Das Beste, was Gott uns Menschen gegeben<br />
hat, ist der Verstand und die Seele». 1947<br />
wurde Klaus von Papst Pius XII. heiliggesprochen.<br />
Nikolaus von Flüe hat gerade noch vor der<br />
Reformation gelebt und wird als «ökumenischer<br />
Heiliger» bezeichnet. Zwingli hat sich im<br />
Kampf gegen das Söldnerwesen mehrmals auf<br />
ihn berufen, und zu den qualifiziertesten Beiträgen<br />
über Bruder Klaus gehören solche von<br />
evangelischen Autoren, etwa von Walter Nigg<br />
oder Hans Rudolf Hilty («Bruder Klaus oder<br />
zwei Männer im Wald. Eine erzählerische<br />
Recherche», Zürich 1981). Manche lernen Bruder<br />
Klaus durch C.G. Jung kennen, der sich<br />
eingehend mit dessen Visionen befasste. Zusammen<br />
mit Wilhelm Teil und Winkelried<br />
gehört Bruder Klaus zu den mythischen<br />
Gestalten der Schweizer Geschichte, aber als<br />
einziger der drei gehört er nicht ins Reich der<br />
Legenden, sondern hat nachweisbar und wirklich<br />
gelebt. Aber auch er wurde im Laufe der<br />
Zeit zu einer «übermenschlichen», mythischen<br />
Figur emporstilisiert und einem (frommen)<br />
Schema angepasst. Das Wilde, Rätselhafte<br />
an ihm wurde verdrängt. Seine Visionen<br />
sprengten die Grenzen der «Wirklichkeit». In<br />
jüngster Zeit wird Niklaus von Flüe immer<br />
häufiger unter diesem Aspekt betrachtet und<br />
ernst genommen und vom Zangengriff diverser<br />
Ideologien befreit—seien sie kirchlich-konservativ<br />
oder staatlich-patriotisch gefärbt. Bruder<br />
Klaus hat die Welt zugunsten seiner «geistlichen<br />
Berufung» verlassen, hat ganz auf seine<br />
innere Stimme gehört. War diese Berufung<br />
nicht auch eine Art Selbstverwirklichung?<br />
Denn ein Schlüsselwort von Bruder Klaus ist<br />
«ein eigen Wesen»: ganz bei sich sein, im Frieden<br />
mit sich und Gott sein — verbildlicht in der<br />
Vision vom Turm.<br />
Einen breiten Raum nehmen im <strong>Film</strong> die Befragungen<br />
und Aussagen verschiedenster Personen<br />
über ihre Beziehung zum Einsiedler<br />
vom Ranft ein: Historiker, Politiker, Wallfahrer<br />
äussern sich — kritisch, weniger kritisch oder<br />
gar schönfärberisch. Zu Wort kommen auch<br />
eine Frau, die dank Bruder Klaus wunderbar<br />
geheilt worden ist, der ehemalige Bruder-Klausen-Kaplan,<br />
ein im Krieg verwundeter Deutscher<br />
und der Kapuziner Paul de la Croix, der<br />
im Wallis als Eremit lebt. Mögen einige Statements<br />
zu ausführlich, gar zu geschwätzig und<br />
nicht ganz frei von Selbstgefälligkeit sein —<br />
gerade die Spannweite und Gegensätzlichkeit<br />
dieser Aussagen und Stellungnahmen ergeben<br />
ein ebenfalls vielschichtiges Bild von dem, was<br />
heutigen Menschen — Wallfahrern, Ratsuchenden,<br />
Touristen und anderen — Bruder<br />
Klaus bedeutet.<br />
«Bruder Klaus» ist ein interessanter, detailreicher<br />
und anregender Dokumentarfilm, der<br />
dazu einlädt, sich näher mit dem zeitgemässunzeitgemässen<br />
Heiligen vom Ranft zu befassen.<br />
Edwin Beeler und sein Team (Kamera:<br />
Norbert Wiedmer, Schnitt: Dieter Gränicher)<br />
haben aus dem vielfältigen Material, das zusammengesucht<br />
wurde, ein reiches Mosaik<br />
geschaffen, das jede didaktische Trockenheit<br />
und Schematik vermeidet. Ohne seinen kritischen<br />
Standpunkt gegenüber gewissen<br />
Erscheinungen zu verleugnen, hat sich Beeler<br />
diskret zurückgehalten. Der <strong>Film</strong> enthält sich<br />
jeder Besserwisserei oder Verurteilung, lässt<br />
die Bilder und Menschen sprechen und Zuschauerinnen<br />
und Zuschauer ihre eigenen<br />
Schlüsse ziehen.<br />
Franz Ulrich
AZA - 9494 Schaan, 3. April 1992 Nr. 7 - 56. Jahrgang<br />
IN Ct~)Rl STO<br />
KIRCHENBLATT FÜR DIE KATHOLISCHEN PFARREIEN LIECHTENSTEINS<br />
INHALT<br />
THEMA<br />
Seelenwanderung<br />
Kreuzweg<br />
Mit Kindern ...<br />
2-3<br />
4<br />
5<br />
DEKANATS-<br />
NACHRICHTEN 6-7<br />
Bischof Erwin Kräutler<br />
Pfr. Kurt Vogt<br />
Fastenopfer<br />
AUS ALLER WELT<br />
Kaffee «Max Havelaar» 8<br />
Gipfeltreffen der Orthodoxie 9<br />
Geheimpriester 19<br />
BUCH-TIP 9<br />
VERANSTALTUNGEN 9-10<br />
KINO-TIP 11<br />
JUGENDSEITE 12<br />
PFARREITEIL 13-23<br />
SONNT<strong>AG</strong><br />
Fegfeuer<br />
Mein Herr und mein Gott,<br />
nimm alles von mir,<br />
was mich hindert zu Dir.<br />
Mein Herr und mein Gott,<br />
gib alles mir,<br />
was mich führet zu Dir.<br />
24<br />
Mein Herr und mein Gott,<br />
o nimm mich mir<br />
und gib mich ganz zu eigen Dir.<br />
Niklaus von Flüe<br />
Foto: Edwin Beeler<br />
zur «Turmvision»<br />
von Bruder Klaus<br />
(Das Interview zum neuen Kino-<br />
<strong>Film</strong> «Bruder Klaus» lesen Sie<br />
auf Seite 11)
SEHEN<br />
PD - In einem Luzerner Cafe sitzt mir der Luzerner <strong>Film</strong>autor Edwin Beeler<br />
gegenüber. Der 1958 geborene Innerschweizer wirkt bescheiden, zurückhaltend<br />
und strahlt innere Ruhe aus. Er wurde vor acht Jahren bekannt durch<br />
seinen Dokumentarfilm über die Auseinandersetzungen um den Waffenplatz<br />
Rothenthurm. Im Dezember vergangenen Jahres feierte sein jüngster <strong>Film</strong><br />
«Bruder Klaus» Premiere. Vier Jahre hat sich Edwin Beeler intensiv mit<br />
Niklaus von Flüe beschäftigt und an dem <strong>Film</strong> gearbeitet. Mitte April, über<br />
Ostern, kommt "Bruder Klaus" nach Liechtenstein.<br />
«Bruder Klaus»<br />
Ein <strong>Film</strong> von Edwin Beeler<br />
Herr Beeler, wie sind Sie auf das Thema<br />
gestossen, was hat Sie bewegt einen <strong>Film</strong><br />
«Bruder Klaus» zu drehen?<br />
Ein Kollege ging auf Weltreise und vergass<br />
bei mir das Buch «Bruder Klaus oder zwei<br />
Männer im Wald» von Hans Rudolf Hilty.<br />
Ich nahm das Buch, und bei der Lektüre<br />
wurde mein Interesse durch die ganz andere<br />
Art der Geschichtsschreibung geweckt.<br />
Der «Mensch» Niklaus von Flüe<br />
trat in den Vordergrund indem Hans Rudolf<br />
Hilty zwei Männer, einen Journalisten<br />
und einen Museumsbeamten, auf Spaziergängen<br />
über Klaus, seinen Werdegang, die<br />
Familie, seine Visionen und die Zeitumstände,<br />
ins Gespräch kommen liess.<br />
! Kindheitserinnerungen stellten sich bei<br />
i mit ein - ein Foto mit Küche im Wohnhaus<br />
der Familie von Bruder Klaus; sie beeindruckte<br />
mich, weil sie vom Leben dieser<br />
Zeit und der Familie «erzählte» - und ein<br />
kitschiges Heiligenbild, das ich geschenkt<br />
bekam - gerade diese Spannung forderte<br />
mich heraus, mich intensiver Klaus von<br />
Flüe zu nähern. Ein weiterer Auslöser war<br />
das Erlebnis, dass Papst Johannes Paul II.<br />
1984 bei seinem Schweizbesuch mit dem<br />
Helikopter über die Ranftschlucht hinj<br />
wegflog, ohne diesen meditativen und für<br />
! Klaus zentralen Ort zu besuchen, aus Zeitgründen.<br />
Ein Dokumentarfilm, dazu noch über<br />
einen Heiligen, ist sicher ungewöhnlich<br />
fürs Kino. Warum haben Sie diese Form<br />
gewählt und nicht einen Fernsehfilm gedreht?<br />
Für die grosse Leinwand kann man mit der<br />
Landschaft und dem Licht gestalten,<br />
man kann mit Totalen arbeiten. Die lange<br />
i Dauer einzelner Einstellungen lässt dem<br />
i Zuschauer die Möglichkeit, sich in die<br />
«Bruder Klaus» im<br />
Schlosskino Balzers<br />
17. - 24. April, jeweils 18.00 Uhr<br />
Autor: Edwin Beeler<br />
Kamera: Edwin Beeler,<br />
Norbert Wiedmer<br />
Musik: Peter Sigrist<br />
Schnitt: Dieter Gränicher<br />
Visionen zu versenken und sich dazu seine<br />
eigenen Bilder zu machen. Ausserdem<br />
verlangen die Visionen von Bruder Klaus,<br />
in Bilder umgesetzt, nach einem dunklen<br />
Raum - ohne Ablenkung.<br />
Im <strong>Film</strong> wechseln sehr dichte atmosphärische,<br />
meditative Bilder dieser Visionen,<br />
die die mystische Dimension spüren lassen,<br />
mit eher trockenen Statements von<br />
Zeitgenossen, die über ihren Zugang zu<br />
Bruder Klaus erzählen, um in der vielschichtigen<br />
Brunnenvision, im Bild der<br />
fast unendlich erscheinenden Stiege, die<br />
zeitlupenhaft von einem Menschen erklommen<br />
wird, zu münden.<br />
Warum führen Sie die Zuschauer durch<br />
diese «Stimmungs- Wechselbäder»?<br />
Ich wollte die Zuschauer nicht radikal den<br />
visionären Bildern ausliefern. Einerseits<br />
sollten biographische Elemente das Leben<br />
Bruder Klausens erhellen und zum ändern<br />
interessierte mich der Umgang heutiger<br />
Menschen mit Bruder Klaus. So wirft zum<br />
Beispiel der Kontrast von Rede und Bild<br />
bei den Statements der Politiker Licht auf<br />
das Verhältnis von vorgegebenem Wort<br />
und gelebter Praxis. Aber ohne moralischen<br />
Zeigefinger wollte ich den Zuschauern,<br />
durch die kommentarlose Spiegelung,<br />
selbt ein Urteil ermöglichen.<br />
Wenn ich allerdings heute nochmals am<br />
<strong>Film</strong> etwas verändern würde, dann würde<br />
ich die Statements zugunsten der visionären<br />
Teile radikal kürzen und die Bilder<br />
länger stehen lassen - ohne Worte.<br />
Sie legen Bruder Klaus nicht Kapitel für<br />
Kapitel dar. - Sie nähern sich vielmehr in<br />
vielen Facetten. Welches Gerüst liegt<br />
ihrem <strong>Film</strong> zugrunde?<br />
Wie beim Rad-Bild, das Bruder Klaus täglich<br />
meditierte, beginnt der <strong>Film</strong> aussen,<br />
bei der Vereinnahmung Bruder Klausens<br />
durch Politik, Kirche, Pilger, Touristen etc.<br />
und dringt über die Visionen, gleich den<br />
Speichen, die den ganzen <strong>Film</strong> durchziehen,<br />
immer tiefer ins Zentrum, zur Mystik<br />
vor. Wobei diese Mystik bei Bruder Klaus<br />
nie losgelöst war von der Welt, von der Politik.<br />
Klaus von Flüe ist für mich ein Mensch,<br />
der wirklich beide Dimensionen gelebt<br />
hat.<br />
11<br />
Als Politiker war er machtlos gegenüber<br />
der Korruption in der Realpolitik seiner<br />
Zeit. Zurückgezogen, als Einsiedler, unabhängig<br />
von Interessenkonflikten, konnte<br />
er stärker auf die Politik einwirken als<br />
zuvor.<br />
Das Verlassen der Familie, was immer wieder<br />
Fragen und Zweifel aufwirft, streifen<br />
Sie nur kurz. Warum?<br />
Zur Zeit Bruder Klausens herrschte eine<br />
andere Familienstruktur vor als heute.<br />
Seine Frau und seine Kinder waren stärker<br />
eingebettet in einer Grossfamilie. Es ist<br />
auch völlig unbekannt, was genau in der<br />
Familie von Flüe passierte. Über Dorothea<br />
ist, abgesehen von wenigen Bemerkungen,<br />
historisch rein gar nichts überliefert!<br />
Was hat die lange und tiefe Auseinandersetzung<br />
mit Bruder Klaus, vor allem mit<br />
seinen Visionen, bei Ihnen persönlich ausgelöst?<br />
Mehr auf das Innere zu hören und dadurch<br />
das Aussen klarer wahrzunehmen. Dadurch<br />
können die Ängste ständiger Veränderung<br />
abgebaut werden, wird Offenheit<br />
mir selbst und Anderen gegenüber möglich<br />
- ganz banal.<br />
Kurzinhalt des <strong>Film</strong>s<br />
«Bruder Klaus»<br />
Der Dokumentarfilm unternimmt<br />
eine Annäherung an den heiligen Niklaus<br />
von Flüe (1417-1487) auf verschiedenen<br />
Ebenen. Aus den (spärlichen)<br />
historischen Fakten und<br />
Zeugnissen und den Zitaten aus seinen<br />
überlieferten mystischen Texten<br />
ergibt sich das Porträt einer vielschichtigen<br />
Persönlichkeit, die sich<br />
vom Bauern und Politiker zum tiefreligiösen<br />
Mystiker entwickelte.<br />
Über ihre Beziehung zu Bruder<br />
Klaus berichten Menschen von<br />
heute. Ohne seinen kritischen Standpunkt<br />
zu verleugnen, lässt Edwin<br />
Beeler die Bilder sprechen und die<br />
Zuschauer daraus ihre eigenen<br />
Schlüsse ziehen. Der anregende <strong>Film</strong><br />
lädt dazu ein, sich näher mit dem<br />
Heiligen aus dem Ranft zu befassen.<br />
(ökumenische <strong>Film</strong>zeitschrift ZOOM<br />
1/92)
züri-tip Freitag, 1. Mai 1992 33<br />
«Bruder Klaus»<br />
Staats-<br />
Heiliger<br />
j«bu. Edwin Beeler, im katholi-<br />
*schen Jmmensee aufgewachsen,<br />
hatte als Kind ein Heiligenbildeben<br />
vom Bruder Klaus. Als <strong>Film</strong>emacher<br />
war er 1984 dabei,<br />
als der Papst Flüeli-Ranft befcsuchte:<br />
Grosser Pomp, mit Pu-<br />
•pBlikum, Leibwächtern, Helikopfctern<br />
etc. - dort, wo der Mystiker<br />
8 Niklaus von der Flüe zwischen<br />
1417 und 1487 während zwanzig<br />
Jahren in völliger Abgeschiedenheit<br />
asketisch gelebt haben<br />
s soll. Dieser Gegensatz von Mas-<br />
Üsenkult und Eremitentum hat<br />
pBeeler so beeindruckt, dass er<br />
t filmisch eine Antwort auf die<br />
flFrage suchte: Wer war Bruder<br />
i'KLaus?<br />
fe' Beelers Dokumentarfilm nä-<br />
Ithert sich dieser Frage auf verilschiedenen<br />
Ebenen - mit spür-<br />
= barem Interesse, mit Hartnäkkigkeit.<br />
Der <strong>Film</strong>er nennt die<br />
<strong>Film</strong>podium<br />
Daten siehe <strong>Film</strong>kalender<br />
^Gründe gleich selber; aus dem<br />
E erzählt er eigene Kindheits-<br />
|Bilder vom Bruder Klaus, die<br />
ilKamera öffnet den Blick auf die<br />
jpbbwaldner Landschaft, wenn er<br />
j,mit dem Auto zum Flüeli-Ranft<br />
|| jährt, immer wieder. Niklaus<br />
l von der Flüe, der Frau und zehn<br />
Kinder verliess, um «einig Wesen»,<br />
wie er*s nannte, zu suchen:<br />
Historische Fakten über ihn<br />
gibt's nicht sehr viele. Aber um<br />
j|.so mehr Meinungen, Bilder, Le-<br />
*genden.<br />
Um sich dem zum Heiligen er-<br />
, klärten Mystiker anzunähern,<br />
Jlässt Beeler denn auch konsef<br />
quent viele Menschen zu Wort<br />
l kommen. Und damit führt er<br />
| eindrücklich vor Augen, wie<br />
| schnell ein Sonderling zur P<br />
Jtjektionsfigur wird, wie leicht<br />
|ein Mythos zur Argumentation<br />
jfpersönlicher Interessen missibraucht<br />
werden kann. Und vor<br />
lauem, auf wie vielfältige Art<br />
ff und Weise. Auch dem Phänopnen<br />
des heutigen Erei<br />
mitendaseins spürt Beeler nach.<br />
Im Wallis besucht er Bruder<br />
- Paul de la Croix, der in der Abigeschiedenheit<br />
lebt, «um Gott<br />
itezu suchen». Wie dieser weisspiaarig<br />
mit seinen Schneeschupben<br />
durch den Tief schnee giei-<br />
Itet, ganz eigenartig, ist nur eines<br />
|der vielen Bilder Beelers, die<br />
f haftenbleiben.