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Dr. med. Vollenweider - Biologie der Sucht

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Entstehung von Abhängigkeit: Neue Erkenntnisse<br />

aus Medizin und Pharmakologie im Überblick<br />

vollen@bli.uzh.ch<br />

Prof. <strong>Dr</strong>. F.X. VOLLENWEIDER<br />

Psychiatrische Universitätsklink Zürich (PUK)<br />

Behavioral Pharmacology and Brain Imaging Research Unit<br />

and Heffter Research Center Zürich, Switzerland<br />

HRC Zürich


Medikamente mit<br />

<strong>Sucht</strong>potential<br />

Opium<br />

Morphin<br />

Heroin<br />

Methadon<br />

Codein<br />

Pethidin<br />

Naturstoffe<br />

Ephedrin<br />

Amphetamin<br />

Methamphetamin<br />

Kokain<br />

Fentanyl<br />

Ketamin<br />

PCP<br />

Nikotin<br />

Cannabinoide<br />

Muscimol<br />

Mescalin<br />

Psilocybin<br />

LSD<br />

Alkohol<br />

MDMA, MDE<br />

2-CB<br />

GHB<br />

Synthetische<br />

(Designer) <strong>Dr</strong>ugs<br />

PUK-ZH


<strong>Dr</strong>ogen-Abhängigkeit<br />

Def: Def:<br />

erworbene chronische somato-psychische<br />

somato psychische Erkrankung<br />

Neurobiologische Konzepte/Modelle <strong>der</strong> Abhängigkeit<br />

Abh ngigkeit:<br />

�� <strong>Dr</strong>ogen führen f hren zu einer „falschen falschen“ Konditionierung (Umweltreize > Motivation)<br />

�� Verän<strong>der</strong>ung/Verst<br />

Ver n<strong>der</strong>ung/Verstärkung rkung von Belohnungsreaktionen (reward ( reward) ) und Impulsivität:<br />

Impulsivit t:<br />

> hedonistische Dysregulation (Euphorie)<br />

�� Maladaption und Toleranz, verän<strong>der</strong>te ver n<strong>der</strong>te Homöostase Hom ostase (zellulär, (zellul r, systemisch)<br />

> Stress, drug-craving<br />

drug craving<br />

�� Verän<strong>der</strong>ung/Abschw<br />

Ver n<strong>der</strong>ung/Abschwächung chung kognitiver Kontrollfunktionen:<br />

Kontrollfunktionen:<br />

beeinträchtigte<br />

beeintr chtigte Entscheidungsfällung<br />

Entscheidungsf llung (decision decision-making making)<br />

�� Verän<strong>der</strong>ung/Hemmung<br />

Ver n<strong>der</strong>ung/Hemmung operanter Lernprozesse (auf positiven/ negativen reward) reward<br />

�� langanhaltende Verän<strong>der</strong>ungen Ver n<strong>der</strong>ungen im Langzeitgedächtnis<br />

Langzeitged chtnis (Plastizität) (Plastizit t)


Forschungsansätze/Konzepte<br />

�� pharmakologische Mechanismen<br />

�� Rezeptormechanismen, sek. Messengers<br />

�� Systemische Verän<strong>der</strong>ungen:<br />

Ver n<strong>der</strong>ungen:<br />

�� kognitive Kontrolle<br />

�� Lernmechanismen („falsches ( falsches lernen“) lernen<br />

�� Gedächtnis Ged chtnis<br />

�� Soziale Faktoren (Umwelt)<br />

�� Genetische Faktoren (Vulnerabilit<br />

( Vulnerabilität)


<strong>Dr</strong>ogen-Neurorezeptor Interaktion<br />

�� Spezifische Rezeptoren<br />

�� Therapeutische Möglichkeiten: M glichkeiten: Blockade <strong>der</strong> Andockstellen


Gemeinsamer downstream Mechanismus<br />

auf das Belohnungssystem (reward)<br />

�� Erhöhung Erh hung <strong>der</strong> Dopamin-Aussch<br />

Dopamin Ausschüttung ttung im Reward-System<br />

Reward System<br />

Nc. Nc.<br />

Accumbens etc > drug-wanting<br />

drug wanting, , gesteigerter Antrieb<br />

�� Verstärkung Verst rkung von Konditionierungsprozessen<br />

(stärkere (st rkere Reaktion auf <strong>Dr</strong>oge als auf natürliche nat rliche Stimuli wie<br />

Hunger, Sex etc.)<br />

Mechanismus reicht nicht aus, um Abhängigkeit Abh ngigkeit aufrechtzuerhalten<br />

Th: Blockade von D2 Rezeptoren


Herabsetzung <strong>der</strong> Reizschwelle des Belohnungssystems<br />

�� Sensibilisierung: Sensibilisierung:<br />

erhöhte erh hte DA-Aussch DA Ausschützung tzung führt f hrt langfristig<br />

zu einer DA-Rezeptor<br />

DA Rezeptor up/down-Modulation<br />

up/down Modulation (cAMP cAMP up- up<br />

Regulation) Regulation)<br />

und Toleranz > Entzugssymptome


Verstärkung des endogenen Opioid-Ausschüttung<br />

�� DA > Opioide > Verstärkung Verst rkung motivationaler und emotionaler<br />

Prozesse: relevant für f r „drug drug-seeking seeking“ bei Entzug<br />

�� Th: Opioid-Blocker<br />

Opioid Blocker (?)


Wie<strong>der</strong>holte <strong>Dr</strong>ogenzufuhr: <strong>Sucht</strong>gedächtnis<br />

�� Verstärkung Verst rkung <strong>der</strong> Genexpression:<br />

Genexpression<br />

early genes wie CREB, cFOS<br />

dies ist ein Charakteristikum hoch<br />

integrierter neuronaler Systeme,<br />

plastische Reaktion auf Umgebungsreiz<br />

�� LTP-Bildung<br />

LTP Bildung erleichtert


Mechanismen <strong>der</strong> Engrammbildung<br />

�� LTP (Langzeitpotenzierung)-<br />

wird erleichtert<br />

Glutamaterge Mechanismen<br />

(NMDA, AMPA, mGluRs) mGluRs<br />

„Ged Gedächtniskorrelate<br />

chtniskorrelate“:<br />

vermehrte Spinbildung<br />

�� <strong>Sucht</strong>-Engramme<br />

<strong>Sucht</strong> Engramme<br />

neue Therapien:<br />

��Modulation Modulation <strong>der</strong> Glutamat- Glutamat<br />

Transmission


Systemische Konzepte<br />

Konditionierung (und Relevanz <strong>der</strong> Umgebung)<br />

�� durch DA-Aussch DA Ausschüttung ttung<br />

(z.B. Kokain) verstärkt verst rkt


Beispiel: „Kokain Kokain-Video Video“<br />

Front of Brain<br />

Back of Brain<br />

Amygdala<br />

not lit up<br />

Nature Video Cocaine Video<br />

Amygdala<br />

activated<br />

�� Amygdala-Aktivierung<br />

Amygdala Aktivierung > erhöhte erh hte emotionale Reaktion<br />

NIMH


Kognitive Kontrolle, Impulsivität und<br />

operantes Lernen bei <strong>Sucht</strong><br />

rot: frontale top-down top down Kontrolle<br />

(glutamaterg glutamaterg, , eingeschränkt)<br />

eingeschr nkt)<br />

Aufrechterhaltung des Relaps: Relaps<br />

�� Erhöhte Erh hte Impulsivität Impulsivit<br />

�� Dysbalance in <strong>der</strong><br />

Körperhom rperhomöostase ostase<br />

�� Vermin<strong>der</strong>te kortikale top-down top down<br />

Kontrolle reflektiver Systeme<br />

(z.B. in Entscheidungs- Entscheidungs und<br />

inhibitorischen Aufgaben)<br />

�� eingeschränktes<br />

eingeschr nktes operantes Lernen<br />

mit vermin<strong>der</strong>ter Antwort auf<br />

Belohnung (auf ein fernes Ziel zu)


Dysbalance zw. kognitive Kontrolle und Affektlage<br />

Beispiel:<br />

Metamphetamin-User<br />

Metamphetamin User<br />

Decision-making<br />

Decision making Task<br />

�� eingeschränkte eingeschr nkte Leistung<br />

in Entscheidungstasks<br />

�� vermin<strong>der</strong>te Reaktion<br />

auf non-drug non drug Stimuli<br />

�� abnorme Reaktion auf pos.<br />

o<strong>der</strong> negativen Reward in<br />

operanten Lernaufgaben<br />

�� Glutamat<br />

�� gelockerte Impulskontrolle<br />

�� gesteigerte autonome Reaktionen<br />

�� übertriebene bertriebene Reaktion auf finanz. finanz.<br />

Anreize in Spieltests (IOWA)<br />

�� DA, 5-HAT, 5 HAT, GABA, Ach<br />

Ins: gesteigert Fro Cx: Cx:<br />

erniedrigt


Zusammenfassung<br />

Abhängigkeit Abh ngigkeit basiert auf „falschem falschem“ Lernen und langfristigen Gedächtnisspuren<br />

Ged chtnisspuren<br />

Relaps: Relaps:<br />

�� Eingeschränkte Eingeschr nkte kognitive Kontrolle<br />

�� Lernmechanismen für f r neues Verhalten (Substanzspezifisch?)<br />

�� gestörte gest rte Homöostase Hom ostase<br />

Neue therapeutische Ansätze: Ans tze:<br />

Glutamat-Modulatoren, Glutamat Modulatoren, CB1-Modulatoren CB1 Modulatoren ? plus Verhaltenstherapie<br />

Outlook: Genetische Vulnerabilität Vulnerabilit (substanzspezifisch ?)


Literatur<br />

�� Bechara A (2005) Decision making, making,<br />

impulse control and loss of<br />

will power to resist drugs: drugs:<br />

a neurocognitive Perspective, Perspective,<br />

Nature<br />

Neurosci, Neurosci,<br />

8,1458-1463<br />

8,1458 1463<br />

� Everitt BJ and Robbins T (2005) Neural systems of reinforcement<br />

for drug addiction: from actions to habits to<br />

compulsion, Nature Neurosci, 8, 1481-1489<br />

� Hyman SE, Malenka RC, Nestler EJ (2006) Neuronal mechanism<br />

of addiction: the role of reward-related learning and memory,<br />

Ann RevNeurosci, 29, 565-98<br />

� <strong>Vollenwei<strong>der</strong></strong> FX (2001) Brain mechanisms of hallucinogens and<br />

entactogens, Dialogues Clin Neurosci, 3, 265-279

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