Rechtliche Grundlagen zur Umsetzung des Klimaschutzes in der ...

Rechtliche Grundlagen zur Umsetzung des
Klimaschutzes in der Bauleitplanung
Vortrag auf dem Fachseminar der „Servicestelle: Kommunaler
Klimaschutz“ in Kooperation mit dem Umweltbundesamt
„Klimaschutz in der Stadtplanung“
16. Oktober 2012 in Berlin
Rechtsanwalt Dr. Klaus-Martin Groth Klimaschutz in der Bauleitplanung 1
B/417/09
KG__002

Überblick
I. Die wichtigsten Regelungen des BauGB zum Klimaschutz
1. Klimaschutz seit 2004 abwägungserheblicher Belang
2. BauGB-Novelle 2011
3. Klimagerechte Bauleitplanung als Voraussetzung für
klimagerechtes Bauen
II. Energierechtlicher Rahmen der Bauleitplanung
1. „Energiefachrecht“
2. Gesetz zur Energiewende
3. Konsequenzen für das Planungsrecht
III. Fazit
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Klimaschutz als abwägungserheblicher Belang
� 2004 wurde in das Baugesetzbuch der „allgemeine Klimaschutz“
als eine Aufgabe der Bauleitplanung formuliert
� Es wurde die Verpflichtung begründet, bei der Bauleitplanung
Belange des allgemeinen Klimaschutzes ebenso zu
berücksichtigen wie Energieeffizienz und die Nutzung von EE
� Damit trat der Klimaschutz gleichwertig neben alle anderen
Belange, die mit- und untereinander in Ausgleich zu bringen
sind: § 1 Abs. 7 BauGB
� Zur Umsetzung sind die vielen Festsetzungsmöglichkeiten des
§ 9 Abs. 1 BauGB zu nutzen
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Im Jahre 2011 wurde das BauGB durch das
„Gesetz zur Förderung des Klimaschutzes bei der Entwicklung
von Städten und Gemeinden“
novelliert. Das Gesetz ist Teil der Energiewende, rechtfertigt seinen
Titel allerdings nicht, weil:
� weiterhin kein genereller Vorrang des Klimaschutzes im
Rahmen der Abwägung
� kaum wirkliche Neuerungen, stattdessen überwiegend
klarstellende Regelungen
� Abspaltung der Novelle zur „Innenentwicklung“ (die sich zur Zeit
immer noch im Verfahren befindet), obwohl die
„Innenentwicklung“ von erheblicher Bedeutung für den
Klimaschutz ist.
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Neuerungen der BauGB-Novelle 2011
§ 1 Abs. 5 Satz 2: Klimaschutzklausel
Programmatische Aufwertung innerhalb der Planungsleitsätze
§ 1 Abs. 5: Klimagerechte städtebauliche Entwicklung als
Abwägungsbelang
Mitigations- und Adaptionskomponente des Klimaschutzes als
Zielrichtung kommunaler Klimaschutzpolitik
§ 5 Abs. 2 Nr. 2 b), c): Berücksichtigung von Klimaschutz- und
Energiekonzepten bei der Flächennutzungsplanung
Verstärkte Bedeutung des FNP als gesamtgemeindliches
Instrument
§ 9 Abs. 1 Nr. 12, 23 b): Erweiterung des Festsetzungskatalogs
Klarstellende und ergänzende Funktion
§ 248 Satz 1, 2: Absicherung nachträglicher Wärmedämmung
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Klimaschützende Festsetzungen nach § 9 BauGB
� Ziff. 1 bauliche Dichte
� Ziff. 2 Bauweise und Baukörperstellung
� Ziff. 9 besonderer Nutzungszweck von Flächen
� Ziff. 10 Freiflächen
� Ziff. 11 Verkehrsflächen
� Ziff. 12 Versorgungsflächen und ihre konkrete Zweckbestimmung
(einschießlich EE und KWK)
� Ziff. 13 Führung der Netze
� Ziff. 14 Umgang mit Niederschlagswasser
� Ziff. 15 Grünflächen
� Ziff. 16 Hochwasserschutz
� Ziff. 18 Wald
� Ziff. 23 Brennstoffeinsatz, bauliche und technische Maßnahmen für
die Erzeugung, Nutzung oder Speicherung von Energie
� Ziff. 25 Pflanzgebote
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Hieraus ergibt sich – wenn die Gemeinde es so will – die
Möglichkeit zur Planung „klimagerechten Bauens“
� Reduzierung der Flächeninanspruchnahme und Vermeidung
von Verkehrsströmen
� klimaschonende Stadt- und Siedlungsstrukturen, z. B.
Vermeidung von Zersiedelung, „kompakte Stadt“, günstige
ÖPNV-Anbindung, Förderung des Radverkehrs
� Anpassung an topografische Gegebenheiten
� gebäude- und energiesparbezogene Maßnahmen, z. B. durch
günstige Ausrichtung der Gebäude, Wärmedämmung
� Nutzung von EE und KWK
� Vorsorge ggü. Folgen des Klimawandels, z. B.
Hochwasserschutz, Kaltluftschneisen, Durchgrünung
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Energiefachrecht
Das „Energiefachrecht“ regelt im
� EnWG
� EEG
� KWKG
� EEWärmeG
� EnEG
� EnEV
und anderen Gesetzen, Verordnungen und DIN-Normen
a) wie bauliche Vorhaben mit Energie versorgt werden sollen
b) welche Vorhaben zur Sicherstellung der Energieversorgung
erforderlich sein können.
Beides sind zentrale Rahmenbedingungen für die Bauleitplanung.
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Energiefachrecht „in Bewegung“
Nach der Atomkatastrophe in Fukoshima (März 2011) hat die
Bundesregierung das Risiko der Kernenergienutzung neu bewertet
und sich für einen beschleunigten Umbau des Energiesystems
entschieden. Folge:
Gesetzespaket zur „Energiewende“ (Beschlüsse vom 06.06.2011)
� Novelle des AtomG
� Novelle des EEG
� NABEG
� BauGB-Novelle
� Förderung der Elektromobilität etc.
Seitdem hat es eine weitere Novelle zum EEG gegeben. Die EnEV
soll (2013) im Neubaubereich in 2 Stufen um 2 x 12,5 % schärfere
Anforderungen an Energieeffizienz regeln.
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Aufgaben der Bauleitplanung aus dem
Energiefachrecht
� Ermöglichung der Optimierung bei der Erfüllung der
Anforderungen (Einzelbaukörper, Baukörperanordnungen,
Netzeinbindung, Entfernung zu EEG-Versorgungsmöglichkeiten
etc.)
� Bereitstellung von Flächen für jeweils erforderliche und
„wirtschaftliche“ Standorte für EEG-Erzeugung, Verteilung und
Weiternutzung
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Schwierigkeiten bei der Berücksichtigung des
Fachrechts
Flächenvorsorge = langfristig
EE-Vergütungs-Parameter = ständig in Bewegung und kurzfristige
Paradigmenwechsel
Folge:
� Eine heute sinnvoll und wirtschaftlich für EE nutzbare Fläche (z.
B. Photovoltaik-Freiflächen-Anlage) ist morgen wegen
Paradigmawechsel bei der Vergütung hierfür nicht mehr
nutzbar.
� Neue technische Dimensionen („Repowering“) machen
bisherige konkrete B-Plan-Festsetzungen obsolet.
� Erzeugung und Nutzung sind nur zusammen sinnvoll (z. B.
KWK-Anlage für neues Wohngebiet); B-Plan als solcher kann
gleichzeitige Errichtung jedoch nicht sicherstellen.
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Neue städtebauliche Instrumente
Vor diesem Hintergrund muss die Bauleitplanung ergänzt werden
durch
� städtebauliche Verträge
� städtebauliches Sanierungsrecht
� aktive Klimaschutzplanungen der Gemeinde
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Städtebauliche Verträge
� Ergänzend zur Bauleitplanung kann Gemeinde die Wahrnehmung
öffentlicher Interessen mit städtebaulichen Verträgen verfolgen
� Über die planerischen Festsetzungsmöglichkeiten nach § 9 BauGB
hinaus besteht auch die Möglichkeit, klimaschutzbezogene Aufgaben
zum Gegenstand städtebaulicher Verträge zu machen
� BauGB-Novelle 2011:
� § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 4: Erweiterung klimabezogener Verträge
� § 11 Abs. 1 S. 2 Nr. 5 (neu): Klarstellung, dass in städtebaulichen
Verträgen auch Vereinbarungen über energetische
Qualität von Gebäuden entsprechend den mit städtebaulichen
Planungen, Maßnahmen, verfolgten Zielen und Zwecken
getroffen werden können
� Katalog nicht abschließend, sondern Vertragsgestaltungen mit bes.
Bedeutung in der Praxis
� konsensuales Vorgehen fördert Akzeptanz klimaschützender
Maßnahmen
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Klimaschutz im Bestand
� Mehr als 90 % der CO2-Einsparungen im Gebäudebereich müssen
in den nächsten 20 Jahren im Bestand erfolgen.
� Es ist damit zu rechnen, dass deshalb das besondere
Städtebaurecht zunehmend von Bedeutung für das Erreichen der
Klimaschutzziele Deutschlands wird. Denn allein durch die
Bauleitplanung kann überwiegend nur Einfluss auf Entwicklungen
in Neubaugebieten genommen werden.
� Angesichts des Umstandes, dass die größten Potentiale im
Bestand liegen, gewinnen städtebauliche Sanierungsmaßnahmen
(§ 136 ff. BauGB), Stadtumbau (§§ 171a ff. BauGB) und private
Initiativen zur Stadtentwicklung (§ 171f BauGB) an Gewicht.
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Städtebauliche Sanierung, § 136 ff. BauGB (1)
� Städtebauliche Sanierungsmaßnahmen sind Maßnahmen,
durch die ein Gebiet zur Behebung städtebaulicher Missstände
wesentlich verbessert oder umgestaltet wird
� Der städtebauliche Sanierungsbegriff knüpft an physische und
funktionelle Missstände an
� BauGB-Novelle 2011 hat nicht dazu geführt, Defizite in der
zeitgemäßen energetischen Erneuerung als städtebaulichen
Missstand anzusehen
→ Reaktion auf Kritik im 2. Teil der BauGB-Novelle 2012:
Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Stärkung der
Innenentwicklung in den Städten und Gemeinden und weiteren
Fortentwicklung des Städtebaurechts vom Juli 2012.
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� Änderung des Abs. 2 S. 2 Nr. 1: „… auch unter Berücksichtigung der
Belange des Klimaschutzes und der Klimaanpassung“
� „klimagerechte Stadterneuerung“, z. B. durch BHKW
� weiterhin im planerischen Ermessen der Gemeinde
� Ergänzung in Abs. 3 Nr. 1 h): energetische Beschaffenheit,
Gesamtenergie-effizienz vorhandener Bebauung und
Versorgungseinrichtungen als zusätzliche Kriterien für die
Sanierungsbedürftigkeit
� Gemeinde muss Art und Gewicht der Mängel beurteilen und in einer
an einem objektiven Maßstab orientierten Gesamtschau würdigen
� „allgemeine Anforderungen“ = anerkannte und rechtlich definierte
Standards (z. B. Energiefachrecht)
� Verhältnismäßigkeit beachten (insbes. wirtschaftliche Zumutbarkeit)
� neuer Abs. 4 S. Nr. 1: Ergänzung der Zielsetzungen städtebaulicher
Sanierungsmaßnahmen um Anpassung baulicher Struktur an
Klimaschutz- und Klimaanpassungserfordernisse
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X. Fazit und Ausblick
� Auf den aktuellen klima- und energiepolitischen Hintergrund hat die
Rechtsordnung reagiert.
� Dieser Rechtsrahmen ist von der Kommune i. R. ihrer Klima- und
Energiepolitik zu berücksichtigen und gibt Grenzen vor, stärkt aber
auch die Möglichkeiten.
� Den Kommunen wird durch das allgemeine und besondere Städtebaurecht
sowie ihre Satzungshoheit ein breites Spektrum an Möglichkeiten
eröffnet, um eine effektive Klimaschutzpolitik zu betreiben.
� Sie sollten sich ermutigt fühlen, den ihnen zur Verfügung stehenden
Rahmen voll auszuschöpfen.
� Damit das Instrumentarium des Städtebaurechts möglichst umfassend
zugunsten des Klimaschutzes wirken kann, sind abgestimmte,
weitsichtige Konzepte der Kommune erforderlich.
� Zu empfehlen ist hierbei eine möglichst frühzeitige Berücksichtigung
von Klimaschutzbelangen sowie die Einbindung möglichst aller
betroffenen Akteure.
� In der Praxis steht konsensuales Vorgehen im Vordergrund.
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Wir bedanken uns für Ihre Aufmerksamkeit.
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