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Schwarzwaldort – Lebensort - LEADER-Aktionsgruppe ...

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Initiativen<br />

Projekt zur Aktivierung innerörtlicher Potenziale<br />

<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong><br />

<strong>LEADER</strong> <strong>Aktionsgruppe</strong><br />

im Naturpark Südschwarzwald<br />

für unsere Region<br />

Erfahrungen und Ergebnisse


Die teilnehmenden Gemeinden im <strong>LEADER</strong>-Aktionsgebiet Südschwarzwald<br />

<strong>LEADER</strong>-Region Südschwarzwald 2007-2013 <strong>LEADER</strong>-Aktionsgebiet<br />

Landkreis<br />

Emmendingen<br />

Landkreis Breisgau-<br />

Hochschwarzwald<br />

Landkreis<br />

Lörrach<br />

Schönau<br />

Zell im Wiesental<br />

Bernau<br />

St. Blasien<br />

Königsfeld<br />

Schwarzwald-<br />

Baar-Kreis<br />

Landkreis<br />

Waldshut<br />

Impressum<br />

Herausgeber<br />

<strong>LEADER</strong> <strong>Aktionsgruppe</strong> Südschwarzwald<br />

Geschäftsstelle Landratsamt Waldshut<br />

Postfach 1642<br />

79744 Waldshut-Tiengen<br />

Telefon 07751 / 86 <strong>–</strong> 2609<br />

info@leader-suedschwarzwald.de<br />

www.leader-suedschwarzwald.de<br />

Autoren<br />

����������������������<br />

�Dr.<br />

Barbara Malburg-Graf<br />

�Dipl.-Geogr.<br />

Petra Schmettow<br />

�Dipl.-Ing.<br />

Martin Wypior<br />

Dipl.-Geogr. M. Eng. Katrin Fritz<br />

Dipl.-Geogr. Sibylle Maringer<br />

Dipl.-Geogr. Daniel Voith<br />

und Reinhard Metsch,<br />

<strong>LEADER</strong> <strong>Aktionsgruppe</strong> Südschwarzwald<br />

Redaktionelle Bearbeitung<br />

Dipl.-Geogr. Petra Schmettow<br />

Dipl.-Geogr. M. Eng. Katrin Fritz<br />

Gestaltung<br />

design4eyes, Esslingen<br />

Druck<br />

UWS-Papier und Druck, Stuttgart,<br />

Gedruckt auf 100% Recycling-Papier<br />

Juni 2010<br />

Redaktionsschluss: 26. April 2010<br />

Auflage 1.200 Exemplare


4<br />

5<br />

7<br />

10<br />

16<br />

16<br />

20<br />

24<br />

28<br />

32<br />

36<br />

38<br />

39<br />

Inhalt<br />

Grußwort des Regierungspräsidenten<br />

Aktivierung innerörtlicher Potenziale<br />

<strong>–</strong> regionale Lösungen für regionalspezifische Probleme<br />

Das Projekt „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

Flächen- und Entwicklungspotenziale in der <strong>LEADER</strong>-Region<br />

Gemeindeprojekte<br />

Bernau: Im Dialog mit Eigentümern<br />

Königsfeld: Planungssicherheit für die nächsten Jahre<br />

Schönau: Leerstandsmanagement und Flächenbörse<br />

St. Blasien: Im Dialog mit den Bürgern<br />

Zell im Wiesental: Dörfer gemeinsam lebenswert entwickeln<br />

Erfahrungsaustausch in der <strong>LEADER</strong>-Region<br />

Fazit<br />

Kontakte


Grußwort<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

[4]<br />

die demographische Entwicklung ist eindeutig: Bei<br />

einer stagnierenden und gerade im ländlichen Raum<br />

eher abnehmenden Bevölkerung brauchen wir auch<br />

weniger Flächen für Neubaugebiete. Innenentwicklung<br />

vor Außenentwicklung lautet der Paradigmenwechsel,<br />

auf den sich die Akteure einstellen<br />

müssen.<br />

Wie können die Entscheidungsträger vor Ort optimal<br />

darin unterstützt werden? Schließlich benötigt<br />

man nicht nur eine Übersicht über die vorhandenen<br />

innerörtlichen Flächenpotenziale, sondern insbesondere<br />

Maßstäbe zu ihrer Bewertung. Im zweiten<br />

Schritt geht es um Fragen der Umsetzung: Wie lässt<br />

sich die Innenentwicklung anpacken? Wie werden<br />

wir dabei den regionalen und örtlichen Besonderheiten<br />

gerecht?<br />

Die vorliegende Abschlussbroschüre des <strong>LEADER</strong>-<br />

Leitprojektes „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“ zeigt,<br />

wie sich fünf Pilotgemeinden der <strong>LEADER</strong>-Region <strong>–</strong><br />

Bernau, Königsfeld, Schönau, St. Blasien und Zell<br />

im Wiesental - dieser Herausforderung erfolgreich<br />

stellen. Daneben wurden im Rahmen des Projekts<br />

in einer Regionalanalyse auf Gemeindeebene in 33<br />

<strong>LEADER</strong>-Gemeinden der teilnehmenden Landkreise<br />

die Datengrundlagen erhoben und verfügbar<br />

gemacht. Dort ist der erste Schritt getan.<br />

Das <strong>LEADER</strong>-Projekt „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

kann allen Gemeinden im <strong>LEADER</strong>-Aktionsgebiet<br />

Südschwarzwald und darüber hinaus Mut<br />

machen, ihre eigenen Wege zur Aktivierung innerörtlicher<br />

Potenziale zu gehen. Die Pilotgemeinden<br />

können hierbei Beispielgeber und Vorbild sein. Als<br />

hilfreich hat sich ein Dialog orientierter Prozess<br />

zwischen Ortschaft und Bürgern sowie mit Eigentümern<br />

und Planern erwiesen.<br />

Regierungspräsident Julian Würtenberger<br />

Regierungsbezirk Freiburg


[5] Aktivierung innerörtlicher Potenziale<br />

Aktivierung innerörtlicher Potenziale<br />

<strong>–</strong> regionale Lösungen für regionalspezifische Probleme<br />

Immer noch werden in Baden-Württemberg Tag für<br />

Tag Flächen zugebaut, die rund zwölf Fußballfeldern<br />

entsprechen. Erklärtes Ziel der Landespolitik<br />

ist es, den Flächenverbrauch einzudämmen und in<br />

absehbarer Zeit weitestgehend auf Null zu reduzieren.<br />

Stattdessen soll mehr Augenmerk auf die<br />

Entwicklung der gewachsenen Dorfkerne gerichtet<br />

werden. Innen- vor Außenentwicklung heißt der<br />

Grundsatz. Damit in engem Zusammenhang steht<br />

der demographische Wandel und eine tendenziell<br />

sinkende, gleichzeitig älter werdende Bevölkerung.<br />

Was bedeutet dies für den Südschwarzwald?<br />

Dessen Ausgangslage stellt sich, oberflächlich<br />

betrachtet, zunächst nicht grundlegend anders dar<br />

als in anderen ländlichen Gebieten. Wie bereits seit<br />

mehreren Jahren wird die Bevölkerung weiterhin<br />

und beschleunigt abnehmen. Gleichzeitig wird der<br />

Anteil der Älteren, der bereits heute höher ist als<br />

im Landesdurchschnitt, deutlich zunehmen: im<br />

Schwarzwald leben zukünftig weniger Menschen<br />

und diese werden älter sein als heute. Dabei ist die<br />

Situation im Kleinen durchaus uneinheitlich: Ortschaften,<br />

die nah und verkehrsgünstig etwa zu den<br />

Verdichtungsräumen Freiburg oder Lörrach/Basel<br />

liegen, sind immer noch durch Zuwanderung geprägt,<br />

während diejenigen, die abseits und ungünstig<br />

zum Verkehr liegen, einen überdurchschnittlich<br />

starken Bevölkerungsverlust verzeichnen.<br />

Es mag daher in begründeten Einzelfällen noch<br />

erforderlich sein, neue Baugebiete auszuweisen. In<br />

der überwiegenden Mehrzahl der Gemeinden des<br />

Südschwarzwalds ist dies aber schon lange kein<br />

Thema mehr. Auch Industrieansiedlungen in dieser<br />

verkehrsmäßig benachteiligten Region sind nicht in<br />

nennenswertem Ausmaß zu erwarten, ebenso wenig<br />

wie Neubauten von Verkehrswegen. Das Problem<br />

des Flächenverbrauchs stellt sich im Südschwarzwald<br />

in deutlich geringerem Ausmaß als in anderen<br />

Regionen. Gleichzeitig ist die Siedlungsstruktur problematischer<br />

als anderswo: Kompakte Zentralorte<br />

sind eher die Ausnahme; zu den landschaftsprägenden<br />

Charakteristika gehören viele verstreut liegende<br />

Einzelhöfe und kleine und kleinste Ortschaften und<br />

Weiler. So läuft auch das Schlagwort „Innenentwick-<br />

lung“ hier manchmal ins Leere <strong>–</strong> wo ist „innen“ in<br />

einer Gemeinde wie Bernau, die aus über einem<br />

halben Dutzend Ortsteilen besteht, jeder mit nicht<br />

mehr als ein paar hundert Einwohnern und ohne<br />

ein ausgeprägtes Zentrum?<br />

So wird deutlich, dass regional angepasste Lösungsansätze<br />

entwickelt werden müssen. Konzepte<br />

und Vorgehensweisen, die andernorts sinnvoll und<br />

Erfolg versprechend sein mögen, müssen nicht notwendigerweise<br />

auch im Südschwarzwald funktionieren.<br />

Dies gilt auch auf Ebene der Einzelobjekte.<br />

Komplette und innerorts gehäufte Leerstände, wie<br />

wir sie etwa auf der Schwäbischen Alb häufig sehen,<br />

fehlen hier weitgehend. Gefahr droht von anderer<br />

Seite: Traditionelle Schwarzwaldhäuser, also gerade<br />

jene Bauten, die landschaftsprägend sind und<br />

geradezu ihr Markenzeichen darstellen, erreichen<br />

gewaltige Ausmaße. Fast immer handelt es sich um<br />

Bauernhöfe. Deren Wohnteile sind eher bescheiden;<br />

der weitaus größte Teil eines klassischen Schwarzwaldhauses<br />

entfällt auf den Ökonomieteil. Heute, in<br />

der Endphase eines jahrzehntelangen Höfesterbens,<br />

werden diese Ökonomieteile nicht mehr gebraucht<br />

und stehen leer. Der bauliche Unterhalt jedoch muss<br />

weitergehen und überfordert in vielen Fällen die<br />

Leistungsfähigkeit der Besitzer. Die Zukunft dieser<br />

großartigen und weltberühmten Architekturform<br />

ist in unmittelbarer Gefahr und hängt wesentlich<br />

davon ab, ob es gelingt, den Schwarzwaldhöfen und<br />

ihren nicht mehr benötigten Ökonomieteilen neues<br />

Leben, eine neue Nutzung einzuhauchen, die in


Aktivierung innerörtlicher Potenziale<br />

Einklang mit den Erwartungen, Möglichkeiten und<br />

Vorstellungen der Besitzer steht.<br />

Damit sind die wichtigsten Beweggründe und<br />

Zielrichtungen des Projekts „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Lebensort</strong>“ benannt. Mit diesem Projekt will die<br />

<strong>LEADER</strong> <strong>Aktionsgruppe</strong> Südschwarzwald eine<br />

neue Perspektive aufzeigen für ihre Gemeinden,<br />

für Hauseigentümer und all diejenigen, die hier<br />

heute und auch noch in Zukunft leben wollen. Es<br />

geht darum, diejenigen zu unterstützen, die sich<br />

für attraktive und lebendige Gemeinden auch unter<br />

erschwerten Bedingungen einsetzen. Anderen ist<br />

die Dringlichkeit noch nicht bewusst geworden. Sie<br />

sollen sensibilisiert und ermuntert werden, das Problem<br />

aufzugreifen. Allen soll deutlich werden, dass<br />

es nicht darum geht, den Niedergang zu verwalten.<br />

Umbrüche sind immer auch als Chance zu begreifen,<br />

die gestaltet werden können und sollen <strong>–</strong> sofern<br />

man sich auf sie einlässt und nicht verdrängt nach<br />

dem Motto: „Uns betrifft das doch gar nicht!“<br />

Wie so oft, besteht der erste Schritt in einer Bestandsaufnahme.<br />

Diese konnte im Rahmen des<br />

Projekts fast flächendeckend vorgenommen werden<br />

<strong>–</strong> in 33 <strong>LEADER</strong>-Gemeinden der teilnehmenden<br />

Landkreise liegt nun eine Übersicht der Leerstände<br />

und der innerörtlichen Flächenpotenziale vor,<br />

zusammen mit einer Bewertung und möglichen<br />

[6]<br />

Nutzungsperspektiven. In den Pilotgemeinden wurden<br />

darüber hinaus unter Einbeziehung der Bürger<br />

intensive Diskussionen angestoßen, wobei wiederum<br />

auf die spezifische Situation in jeder Gemeinde<br />

eingegangen wurde.<br />

Die Rückmeldungen, die die <strong>LEADER</strong> Geschäftsstelle<br />

erhält, die Vielzahl von Projektideen und Anträgen,<br />

die dem Projekt bereits jetzt erwachsen sind,<br />

sowie die gemeinsame Bewerbung der Projektgemeinden<br />

Bernau und St. Blasien an das Landesprogramm<br />

MELAP+, all dies sind starke Indikatoren<br />

für den Erfolg des Projekts, der sicherlich weit über<br />

dessen Laufzeit hinaus anhalten wird. Vor allem<br />

die Projektgemeinden können mit ihrem Beispiel<br />

Vorbild sein für andere Gemeinden und Akteure.<br />

Insbesondere dann, wenn die konkreten Erfahrungen<br />

und Erfolge für sich sprechen. Insofern dankt<br />

die <strong>LEADER</strong> <strong>Aktionsgruppe</strong> Südschwarzwald<br />

allen Projektbeteiligten für die hervorragende und<br />

beispielgebende Arbeit und ermutigt alle, denen die<br />

Zukunft der Region am Herzen liegt, weiter an dieser<br />

wichtigen und lohnenden Thematik zu arbeiten.<br />

Der sprichwörtliche Schwarzwälder Pioniergeist,<br />

die Beharrlichkeit der „Wälder“ sind äußerst wertvolle<br />

Standortfaktoren, die nicht zum ersten Mal in<br />

der Geschichte dazu beitragen werden, dass sich der<br />

Schwarzwald eine langfristige und zukunftsträchtige<br />

Perspektive erarbeiten wird.


[7] „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

Das Projekt<br />

„<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

Vor allem im Zuge des demographischen Wandels,<br />

der den Südschwarzwald schon weitaus stärker<br />

erfasst hat als andere ländliche Regionen, stellt sich<br />

zunehmend das Problem von verödenden Orts-<br />

kernen und Dörfern. Symptome bilden dabei leer<br />

stehende, brach gefallene oder untergenutzte Ge-<br />

bäude und Flächen mitten in den <strong>Schwarzwaldort</strong>en<br />

und ihren Weilern, die ein innerörtliches Potenzial<br />

darstellen. Sind demographische, aber auch wirt-<br />

schaftliche und gesellschaftliche Strukturverände-<br />

rungen noch nicht so weit vorangeschritten, dass<br />

es zu Nutzungsaufgaben gekommen ist, so sind<br />

vorausschauende Strategien gefragt, um drohender<br />

Verödung rechtzeitig zu begegnen. Um junge und<br />

ältere Menschen in den Gemeinden zu halten, ihnen<br />

eine Perspektive bieten zu können und damit Orte<br />

langfristig lebensfähig zu erhalten, stellt die Innen-<br />

entwicklung mit der Aktivierung innerörtlicher<br />

Potenziale eine zunehmend wichtiger werdende<br />

Strategie dar.<br />

Herangehensweise, Ziele und Aufbau des Projekts<br />

Das <strong>LEADER</strong>-Leitprojekt „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Lebensort</strong>. Projekt zur Aktivierung innerörtlicher<br />

Potenziale“ setzt hier mit einem Beratungsangebot<br />

für die Gemeinden der Region an. Der Grundge-<br />

danke des Projektes ist, im gemeinsamen Dialog mit<br />

Dialogverfahren<br />

+<br />

Öffentlichkeitsarbeit<br />

Bernau<br />

Zell<br />

Rahmenprojekt<br />

Regionalanalyse<br />

Gemeindeprojekte<br />

Schönau<br />

Gemeindevertretern und Bürgern aus der <strong>LEADER</strong>-<br />

Region Südschwarzwald Lösungen zur Stärkung<br />

und Weiterentwicklung ihrer Ortskerne zu erarbei-<br />

ten. Darüber hinaus soll gezielt eine Wirkung in die<br />

Region hinein entfaltet werden.<br />

Dazu setzt das Projekt auf zwei Ebenen an: einer-<br />

seits auf der Ebene der Gemeinden bzw. ihrer Orts-<br />

teile in den fünf Gemeindeprojekten und anderer-<br />

seits auf der Ebene der <strong>LEADER</strong>-Region als Ganzes<br />

mit einem koordinierenden Rahmenprojekt.<br />

Gemeindeprojekte<br />

Die folgenden Gemeinden haben sich für den<br />

Dialogprozess im Rahmen des Projekts „Schwarz-<br />

waldort <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“ entschieden und als Gesamt-<br />

gemeinde oder mit einem Teil ihrer Ortschaften an<br />

dem Prozess teilgenommen:<br />

• Bernau im Schwarzwald, Gesamtgemeinde mit<br />

zehn Ortsteilen<br />

• Gemeinde Königsfeld, Ortsteil Königsfeld<br />

• Stadt Schönau im Schwarzwald,<br />

Stadtteil Schönau<br />

• Stadt St. Blasien, Gesamtstadt mit drei Stadtteilen<br />

• Stadt Zell im Wiesental, Ortsteile Gresgen, Mam-<br />

bach und Riedichen<br />

Königsfeld<br />

Projekt begleitend<br />

Evaluation und<br />

Dokumentation<br />

St. Blasien<br />

Projektstruktur


„<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

Elemente der Projektbegleitung<br />

Aktivierung<br />

und Bürger-<br />

beteiligung<br />

Arbeit in den Gemeinden<br />

Die Vorgehensweise in den Gemeindeprojekten<br />

richtete sich an der jeweiligen Bedarfslage und Aus-<br />

gangssituation der teilnehmenden Gemeinden aus.<br />

Abgestimmt auf die örtlichen Bedürfnisse und Er-<br />

fordernisse begleitete die Arbeitsgruppe MURMEL<br />

einen Prozess, der Beratung, Dialog und Planung<br />

umfasste.<br />

Meilensteine im Rahmenprojekt<br />

Juni 2007 Befragung von 62 Gemeinden<br />

25. Februar<br />

2009<br />

in der <strong>LEADER</strong>-Region Süd-<br />

schwarzwald<br />

Auftakt des <strong>LEADER</strong>-Leitpro-<br />

jekts in St. Blasien:<br />

Beginn der Projektarbeit in fünf<br />

Städten und Gemeinden des<br />

Südschwarzwalds<br />

Mai 2009 Start der Regionalanalyse<br />

17. September<br />

2009<br />

1. Austauschtreffen der Ge-<br />

meinden in Zell im Wiesental<br />

September 2009 Versand der Erhebungsbögen<br />

November /<br />

Dezember 2009<br />

für die regionale Potenzialana-<br />

lyse<br />

Flächenkataster und Befragung<br />

Projektbegleitung<br />

Gemeinde<br />

Beratung der Gemeinde<br />

Gespräche in 37 Gemeinden der<br />

drei teilnehmenden Landkreise<br />

zur regionalen Potenzialanalyse<br />

17. März 2010 2. Austauschtreffen „Schwarz- „Schwarz-<br />

waldorte im Gespräch“ in<br />

Bernau im Schwarzwald<br />

22. Juni 2010 Abschlussveranstaltung in<br />

Königsfeld<br />

Eigentümer-<br />

ansprache<br />

und<br />

-beratung<br />

Ziel der Arbeit in den Gemeinden<br />

war es, gemeinsam mit Bürge-<br />

rinnen und Bürgern, Politik und<br />

Verwaltung konkrete Maßnahmen<br />

vorzubereiten, die eine Stärkung<br />

der Innenentwicklung und der<br />

Ortskerne und damit einen spar-<br />

samen Umgang mit der Ressource<br />

Fläche nach sich ziehen. Dabei<br />

[8]<br />

kamen unterschiedliche Methoden<br />

des Dialogs und unterschiedliche<br />

Strategien zum Einsatz.<br />

1. Flächenkataster und Befragung<br />

In allen Gemeinden wurden Flächenpotenziale<br />

anhand von Erhebungsbögen aufgenommen.<br />

Die Aufbereitung in einem Flächenkataster<br />

bietet einen Überblick über Leerstandsobjekte,<br />

unter- oder schlechte genutzte innerörtliche<br />

Grundstücke oder Baulücken. Teils lieferte eine<br />

Eigentümer- oder Haushaltsbefragung Aussagen<br />

zu Mitwirkungs- und Nutzungsinteresse.<br />

2. Aktivierung und Bürgerbeteiligung<br />

Die Sensibilisierung und aktive Mitwirkung einer<br />

breiten Öffentlichkeit und wichtiger Gruppen<br />

bei der Ortskernstärkung wurde angeregt über<br />

verschiedene Beteiligungsformen. Darunter fielen<br />

insbesondere Zukunftswerkstätten, Bürger-<br />

informationsabende, Planungswerkstätten und<br />

Arbeitskreise.<br />

3. Ansprache und Beratung von privaten Eigentümern<br />

Eigentümer wurden kontaktiert und bei Interesse<br />

hinsichtlich ihrer Umbau-, Sanierungs- oder Neu-<br />

bauvorhaben zu Fördermöglichkeiten individuell<br />

beraten.<br />

4. Beratung der Gemeinden<br />

Die Gemeindeverwaltung, Ortschaftsräte und<br />

weitere Gremien wurden zur Gesamtstrategie der<br />

Innenentwicklung und zu einzelnen Projekten<br />

von der Arbeitsgruppe beraten.<br />

Die Gemeindeverantwortlichen fanden somit darin<br />

Unterstützung, das Bewusstsein der Bevölkerung<br />

für die Themenstellungen „zukunftsfähige Ortszen-<br />

tren“ und „sparsame Flächennutzung“ zu schärfen<br />

und diese in die Aktivitäten der Innenentwicklung<br />

einzubinden.


[9] „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

Arbeit in der Region<br />

Das Vorgehen in der Region hatte<br />

zum einen zum Ziel, die Ergebnisse<br />

des Projekts sowie der Gemeindeprojekte<br />

zu verbreiten und für<br />

das Thema Innenentwicklung<br />

zu sensibilisieren. Zum anderen<br />

sollte eine regionale Vernetzung<br />

von Akteuren hergestellt werden,<br />

indem über die teilnehmenden<br />

Gemeinden hinaus weitere, an der<br />

Thematik Innenentwicklung und<br />

Aktivierung von innerörtlichen Potenzialen<br />

Interessierte einbezogen<br />

werden.<br />

Es gliedert sich dazu in mehrere Teilaktivitäten:<br />

• Herstellung eines regionalen Austauschs,<br />

• Gemeindeübergreifende regionale Analyse von<br />

Flächenpotenzialen (Regionalanalyse),<br />

• Prozesssteuerung zur Verbindung der Teilprojekte<br />

sowie Koordination der Gemeindeprojekte, mit<br />

denen das Rahmenprojekt eine inhaltliche Einheit<br />

bildet,<br />

• Prozessevaluation und Dokumentation.<br />

Der regionale Austausch und die regionale Vernetzung<br />

erfolgten über gemeinsame Veranstaltungen<br />

in der <strong>LEADER</strong>-Region. Dazu wurden zwei Austauschtreffen<br />

der teilnehmenden Gemeindeprojekte<br />

durchgeführt. Zu der zweiten Veranstaltung waren<br />

auch Vertreter der Gemeinden, die an der Regionalanalyse<br />

teilnahmen, eingeladen. Die Austauschtreffen<br />

wurden jeweils dokumentiert und die Ergebnisse<br />

Interessierten zugänglich gemacht. Die für die<br />

gesamte <strong>LEADER</strong>-Region öffentliche Abschlussveranstaltung<br />

setzte den Schlusspunkt im regionalen<br />

Austausch.<br />

Zudem wurden öffentlichkeitswirksame Informations-<br />

und Pressematerialien erstellt, die auf Probleme<br />

und Lösungsansätze beim Flächenmanagement<br />

und die Stärkung der Ortskerne fokussieren und die<br />

interessierte Öffentlichkeit hinsichtlich ihrer Mitwirkungsmöglichkeiten<br />

sensibilisieren.<br />

Eine Regionalanalyse zeigt die Flächen- und Entwicklungspotenziale<br />

für einen Großteil der Gemeinden<br />

des <strong>LEADER</strong>-Aktionsgebietes auf. Sie verfolgt<br />

das Ziel, einen Überblick über die Flächen- und<br />

Innenentwicklungspotenziale zu geben und in ein<br />

Verhältnis zur demographischen Entwicklung und<br />

Projektauftakt im Februar 2009 in St. Blasien<br />

der Nachfrage nach Wohnraum in den Gemeinden<br />

in der Region zu setzen. Damit soll sie einen Anstoß<br />

für die Entwicklungsplanung der Gemeinden geben.<br />

Um eine Planungsbasis für jede einzelne Gemeinde<br />

sowie für die Landkreise, aber auch für zukünftige<br />

kooperative überörtliche Vorgehensweisen zu<br />

schaffen, wurden auf lokaler Ebene Informationen<br />

erhoben und diese im regionalen Zusammenhang<br />

dargestellt.<br />

Weitere Informationen<br />

• Projektflyer der Arbeitsgruppe MURMEL<br />

• Homepage www.schwarzwaldort-lebensort.de<br />

• Protokoll des ersten Austauschtreffens am<br />

17. September 2009<br />

• Dokumentation „<strong>Schwarzwaldort</strong>e im Gespräch“,<br />

zweites Austauschtreffen der Gemeinden<br />

am 17. März 2010<br />

• Malburg-Graf, B./ Schmettow, P./ Wypior,<br />

M./ Maringer, S. 2009: Flächenmanagement im<br />

Dialog - ein Konzept für <strong>LEADER</strong>-Regionen.<br />

In: Potenziale und aktuelle Problemstellungen<br />

ländlicher Räume in Baden-Württemberg.<br />

Stuttgarter Geographische Studien, Band 141,<br />

S. 102 -118<br />

• Malburg-Graf, B./ Maringer, S./ Schmettow,<br />

P./ Fritz, K./ Wypior, M. 2009: MURMEL <strong>–</strong><br />

Dialogorientierte Projekte zum Flächenmanagement<br />

in <strong>LEADER</strong>-Regionen. In: Naturschutz-<br />

Info 2/2009, Fachdienst Naturschutz, S. 69-74


Flächen- und Entwicklungspotenziale<br />

Flächen- und Entwicklungspotenziale<br />

in der <strong>LEADER</strong>-Region<br />

Ein tiefgreifender wirtschaftlicher, demographischer<br />

und gesellschaftlicher Strukturwandel führt seit geraumer<br />

Zeit dazu, dass es zunehmend innerörtliche<br />

Flächenpotenziale - wie teilweise oder ganz leer stehende<br />

Gebäude sowie Baulücken und Brachflächen<br />

- in den Ortskernen ländlicher Gemeinden gibt. Vor<br />

Beginn des Projekts „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

war davon auszugehen, dass dies in ganz unterschiedlicher<br />

Ausprägung auch auf die Gemeinden<br />

der <strong>LEADER</strong>-Region Südschwarzwald zutrifft. Zur<br />

Überprüfung der Annahme hat die Arbeitsgruppe<br />

MURMEL in Kooperation mit den 37 <strong>LEADER</strong>-<br />

Gemeinden der Landkreise Lörrach, Schwarzwald-<br />

Baar-Kreis und Waldshut eine Regionalanalyse<br />

durchgeführt. Zusätzlich zur besonders wichtigen<br />

Erhebung von Flächenpotenzialen wurden statistische<br />

Daten zum Strukturwandel in jeder Gemeinde<br />

erhoben, um Rückschlüsse auf mögliche Entwicklungsstrategien<br />

für die kommenden Jahre ziehen zu<br />

können. Denn: Die Nutzung der vorhandenen Potenziale<br />

unter neuen Vorzeichen ist ein wesentlicher<br />

Bestandteil einer vorausschauenden Siedlungsentwicklung.<br />

Die Potenzialerhebung ist ein erster Schritt<br />

in diese Richtung <strong>–</strong> es ergeben sich Chancen für eine<br />

Förderung im Rahmen des Entwicklungsprogramms<br />

Ländlicher Raum (ELR) und neue Perspektiven<br />

für die zukünftige Bauleitplanung. Schlaglichtartig<br />

Bevölkerung<br />

230000<br />

215000<br />

200000<br />

185000<br />

170000<br />

155000<br />

193825<br />

193549<br />

222596<br />

208691<br />

166863<br />

sollen hier vorläufige Ergebnisse (zum Redaktionsschluss<br />

26. 4. 2010) vorgestellt werden.<br />

[10]<br />

Bevölkerungsentwicklung in Vergangenheit und Zukunft<br />

Während des letzten Jahrhunderts nahm die<br />

Bevölkerung fast überall in Deutschland stetig zu.<br />

Ende der 1980er und zu Beginn der 1990er Jahre<br />

kam es zu einem letzten sprunghaften Anstieg der<br />

Bevölkerung in den alten Bundesländern, was vor<br />

allem auf Zuwanderungen aus Osteuropa und den<br />

neuen Bundesländern zurückzuführen ist. Danach<br />

verlangsamte sich das Bevölkerungswachstum und<br />

es gibt nun mehr oder weniger große Unterschiede<br />

zwischen Regionen und Gemeinden mit Bevölkerungszuwachs<br />

und solchen mit Bevölkerungsabnahme<br />

oder Stagnation.<br />

Inzwischen ist die Bevölkerung in einigen ländlich<br />

strukturierten Landkreisen Baden-Württembergs<br />

bereits rückläufig. Dies trifft auch auf die Landkreise<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis und Waldshut zu, die<br />

Bevölkerung im Landkreis Lörrach stagniert. In Zukunft<br />

wird die Bevölkerung nach Vorausrechnungen<br />

des Statistischen Landesamtes Baden-Württemberg<br />

in allen drei Landkreisen merklich zurückgehen.<br />

Gründe hierfür sind erwartete Wanderungsverluste<br />

und Sterbeüberschüsse.<br />

215617<br />

197449<br />

159747<br />

140000<br />

1984 1988 1992 1996 2000 2004 2008 2012 2016 2020 2024 2028 2030<br />

Jahr<br />

Lörrach<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis<br />

Waldshut<br />

Bevölkerungsentwicklung<br />

1984-2008 in den Landkreisen<br />

Lörrach, Schwarzwald-Baar-<br />

Kreis und Waldshut mit Bevölkerungsvorausrechnung<br />

bis 2030<br />

Die durchgezogenen<br />

Linien beschreiben die<br />

statistisch ermittelte<br />

Bevölkerungsentwicklung<br />

von 1984 bis 2008.<br />

Die gestrichelt dargestellten<br />

Linien beschreiben<br />

die Bevölkerungsvorausrechnung<br />

bis 2030.<br />

Eigene Darstellung nach<br />

Regionaldatenbank des<br />

Statistischen Landesamtes<br />

Baden-Württemberg<br />

2010.


Fläche in ha<br />

[11] Flächen- und Entwicklungspotenziale<br />

Bevölkerungsrückgang und landwirtschaftlicher<br />

Strukturwandel<br />

Im Allgemeinen gehen die Bevölkerungszahlen in<br />

ländlich geprägten Gemeinden stärker zurück als in<br />

Gemeinden und Städten mit Zentrumsfunktionen.<br />

Dies trifft auch auf die untersuchten Gemeinden zu.<br />

26 der insgesamt 37 <strong>LEADER</strong>-Gemeinden in den<br />

drei Landkreisen hatten Ende 2008 eine niedrigere<br />

Bevölkerung als im Jahr 1997, während die Bevöl-<br />

Anzahl der Betriebe<br />

1200 1200<br />

Ausdehnung der Siedlungsfläche<br />

- Rückgang 0 der Landwirtschaftsfläche<br />

In der Vergangenheit wurde die Wohnflächennachfrage<br />

in Deutschland vor allem durch das<br />

Ausweisen und Erschließen von Neubauflächen auf<br />

ehemals landwirtschaftlicher Nutzfläche bedient.<br />

Dadurch konnten die Gemeinden auf das Anwachsen<br />

der Bevölkerung reagieren. Dies gilt sowohl für<br />

ganz Baden-Württemberg als auch für die Landkreise<br />

Lörrach, Schwarzwald-Baar-Kreis und Waldshut<br />

Fläche in ha<br />

1000<br />

Anzahl der Betriebe<br />

800600<br />

600<br />

400 0<br />

200<br />

25000<br />

25000<br />

20000<br />

20000<br />

15000<br />

10000<br />

15000<br />

10000<br />

5000<br />

1000<br />

800<br />

400<br />

200<br />

5000<br />

0<br />

1999<br />

1999<br />

2007<br />

2007<br />

1984<br />

1984<br />

1996<br />

2008<br />

1996<br />

2008<br />

736<br />

736<br />

11938<br />

11938<br />

580<br />

736<br />

9670<br />

9238<br />

9670<br />

580<br />

9238<br />

767<br />

767<br />

659<br />

Lörrach Schwarzwald-Baar-Kreis Landkreis<br />

Waldshut<br />

12265<br />

11813<br />

11459<br />

12265<br />

kerung in den meisten Nicht-<strong>LEADER</strong>-Gemeinden<br />

der Projektlandkreise zunahm. Außerdem geben<br />

viele landwirtschaftliche Betriebe auf, was zu einer<br />

Zunahme von leer stehenden, ehemals für die Landwirtschaft<br />

genutzten Gebäuden und Gebäudeteilen<br />

führt.<br />

Anzahl der landwirtschaftlichen Betriebe in<br />

den <strong>LEADER</strong>-Gemeinden der Landkreise Lörrach,<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis und Waldshut<br />

1999 und 2007<br />

In allen drei Landkreisen kam es zu<br />

einem Rückgang von jeweils mehr<br />

als 100 Betrieben. In den <strong>LEADER</strong>-<br />

Gemeinden des Landkreises<br />

734<br />

Waldshut ging die Anzahl der<br />

landwirtschaftlichen Betriebe am<br />

stärksten zurück. Eigene Darstellung<br />

nach Regionaldatenbank des<br />

Statistischen Landesamtes Baden-<br />

Württemberg 2010.<br />

sowie für die <strong>LEADER</strong>-Projektgemeinden. Das Ausweisen<br />

von zusätzlichen Wohnbauflächen erwies<br />

sich in Zeiten des Bevölkerungs- und Wirtschaftswachstums<br />

als erfolgreiche Strategie der kommunalen<br />

Siedlungsentwicklung. Dies wird durch die<br />

aktuellen Entwicklungen jedoch zunehmend in<br />

Frage gestellt.<br />

19511<br />

18406<br />

17831<br />

11813<br />

11459<br />

Lörrach Schwarzwald-Baar-Kreis Landkreis<br />

Waldshut<br />

659<br />

767<br />

Lörrach Schwarzwald-Baar-Kreis Waldshut<br />

1031<br />

1031<br />

Landkreis<br />

659<br />

734<br />

734<br />

Landwirtschaftsfläche 1984, 1996 und 2008<br />

in den <strong>LEADER</strong>-Gemeinden (bzw. <strong>–</strong>Gemarkungen)<br />

der Landkreise Lörrach, Schwarzwald-<br />

Baar-Kreis und Waldshut<br />

19511<br />

1031<br />

In den <strong>LEADER</strong>-Gemeinden 18406<br />

und<br />

17831<br />

<strong>–</strong>Gemarkungen des Landkreises<br />

Lörrach ging die Landwirtschaftsfläche<br />

am stärksten zurück. Eigene<br />

Darstellung nach: Flächennutzung<br />

in Baden Württemberg. Statistisches<br />

Landesamt Baden-Württemberg.


Flächen- und Entwicklungspotenziale<br />

Fläche in ha<br />

6 500<br />

6 000<br />

5 500<br />

5 000<br />

4 500<br />

4 525<br />

4 442<br />

4 074<br />

4 000<br />

1984 1988 1992 1996 2000 2004 2008<br />

5 392<br />

5 301<br />

5 055<br />

Jahr<br />

Zunahme von leer stehenden Gebäuden und<br />

Gebäudeteilen<br />

Trotz abnehmender oder stagnierender Bevölkerung<br />

kam es in fast allen Gemeinden zu einem weiteren<br />

Anstieg der Gebäude- und Freifläche. Während<br />

noch neue Gebäude errichtet wurden, blieben immer<br />

mehr alte Gebäude und Gebäudeteile aufgrund<br />

von Fortzügen und aus Altersgründen ungenutzt.<br />

Aufgrund der zunehmenden Zahl älterer Menschen<br />

werden in Zukunft immer mehr Gebäude altersbedingt<br />

leer stehen. Verstärkt wird dieser Prozess<br />

durch den Strukturwandel in der Landwirtschaft.<br />

Ein Wirtschaftsteil eines landwirtschaftlichen Anwesens<br />

wird in seiner ursprünglichen Funktion nicht<br />

mehr benötigt - es entsteht ein „Teilleerstand“ oder<br />

ein „untergenutztes Gebäude“.<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis<br />

Lörrach<br />

Waldshut<br />

6 105<br />

6 031<br />

5 516<br />

[12]<br />

Entwicklung der Gebäudeund<br />

Freifläche von 1984-2008<br />

in den Landkreisen Lörrach,<br />

Schwarzwald-Baar-Kreis und<br />

Waldshut<br />

Im Landkreis Schwarzwald-Baar-Kreis<br />

nahm<br />

die Gebäude- und<br />

Freifläche während des<br />

untersuchten Zeitraums<br />

am stärksten<br />

zu. Eigene Darstellung<br />

nach: Flächennutzung<br />

in Baden-Württemberg.<br />

Statistisches LandesamtBaden-Württemberg.<br />

Gespräche und Potenzialerhebung<br />

in den 37 <strong>LEADER</strong>-Gemeinden<br />

Bevor Erhebungen innerörtlicher Potenziale stattfanden,<br />

wurde ein Erhebungsbogen entwickelt. Danach<br />

fanden Gespräche in den <strong>LEADER</strong>-Gemeinden der<br />

Landkreise Lörrach, Schwarzwald-Baar-Kreis und<br />

Waldshut statt, um mit Bürgermeistern, Ortsvorstehern<br />

und Bauamtsleitern über die Zielsetzung der<br />

Regionalanalyse zu sprechen. Der Erhebungsbogen<br />

wurde eingehend besprochen, um die Gemeindeverantwortlichen<br />

in die Lage zu versetzen, die Erhebung<br />

und Bewertung ihrer innerörtlichen Potenziale<br />

selbstständig vorzunehmen. Aus den Gesprächen<br />

ging hervor, dass bereits ein Bewusstsein für die<br />

erforderlichen Veränderungen besteht. 33 der<br />

insgesamt 37 Gemeinden sagten ihre Teilnahme am<br />

Projekt zu und führten die Erhebungen eigenhändig<br />

durch. Das positive Feedback und die Teilnahmebereitschaft<br />

der Gemeinden zeigt, dass die Gemeinden<br />

die Nutzung von Leerständen und Baulücken in<br />

ihre zukünftige Siedlungsentwicklung einbeziehen<br />

möchten.


[13] Flächen- und Entwicklungspotenziale<br />

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im Naturpark Südschwarzwald ��������������������� ��������������������� ����������������������������������������<br />

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Neben allgemeinen Flurstücksinformationen enthält der Erhe- Erhebungsbogen zur Analyse innerörtlicher Potenziale<br />

bungsbogen Angaben zum Potenzialtyp der Flurstücke sowie<br />

einen Bewertungsteil zur Beurteilung der Nutzungsperspektive<br />

und zur Eignung als Entwicklungsprojekt.


Flächen- und Entwicklungspotenziale<br />

Bewertung der innerörtlichen Potenziale<br />

durch Gemeindeexperten<br />

Ein wichtiger Teil der Erhebung war die Bewertung<br />

eines jeden Potenzialflurstücks durch die Gemeindeexperten<br />

selbst. Sie konnten den Potenzialflurstücken<br />

jeweils eine „gute“, „mittlere“ oder „schlechte“<br />

Nutzungsperspektive zuordnen und die Bewertung<br />

begründen. Durch dieses Verfahren konnten<br />

Leerstände oder Baulücken herausgefiltert werden,<br />

deren Aktivierung in naher Zukunft sinnvoll und<br />

machbar erscheint.<br />

Vorläufige Ergebnisse der Flächenpotenzial-Analyse<br />

23 der 33 teilnehmenden Gemeinden hatten ihre Potenzialerhebungen<br />

bis zum Redaktionsschluss dieser<br />

Broschüre abgeschlossen. Die Erhebungsbögen<br />

von 15 Gemeinden wurden von der Arbeitsgruppe<br />

MURMEL bis dahin ausgewertet, d.h. in eine Excel-<br />

Tabelle eingetragen und in einem Geographischen<br />

Informationssystem (GIS) räumlich visualisiert.<br />

Dabei wurden insgesamt 824 Potenzialflurstücke<br />

erfasst. Darunter sind 462 Baulücken, 150 leer stehende<br />

Gebäude und 212 teilweise leer stehende Gebäude.<br />

Ein Großteil der bisher erhobenen Baulücken<br />

setzt sich aus Baulücken im klassischen Sinn - das<br />

sind voll erschlossene Flächen ohne Nutzung und<br />

212<br />

Teilleerstände<br />

150<br />

Leerstände<br />

462<br />

Baulücken<br />

[14]<br />

ohne offensichtliche Nutzungshindernisse - und<br />

solchen Baulücken zusammen, die momentan als<br />

Garten oder für landwirtschaftliche Zwecke genutzt<br />

werden. Der überwiegende Teil der leer stehenden<br />

Gebäude besteht aus leer stehenden Wohngebäuden<br />

und Althofstellen. Die meisten leer stehenden Gebäudeteile<br />

sind nicht mehr genutzte Ökonomieteile.<br />

Potenzial ist nicht gleich Potenzial<br />

Die bloße Anzahl an Potenzialen sagt allerdings<br />

noch nichts über deren zukünftige Nutzungsmöglichkeiten<br />

aus, denn die Aktivierung von Innentwicklungspotenzialen<br />

kann von verschiedensten<br />

Faktoren abhängig sein. Unterschiedliche Eigentümerinteressen,<br />

die Lage des Potenzials im Ort, der<br />

Gebäudezustand und Preisvorstellungen sowie z.B.<br />

auch die Förderwürdigkeit im Sinne der Richtlinie<br />

des ELR können die Aktivierung von innerörtlichen<br />

Potenzialen entscheidend beeinflussen. Hinzu<br />

kommen unterschiedliche Entwicklungsstrategien<br />

der Gemeinden. Durch das Einteilen der innerörtlichen<br />

Potenziale in die Nutzungsperspektiven „gut“,<br />

„mittel“ und „schlecht“ wurden diejenigen Potenziale<br />

herausgefiltert, die sich möglicherweise als<br />

Entwicklungsprojekt in der nahen Zukunft eignen<br />

könnten.<br />

Anzahl der bisher erfassten Baulücken,<br />

Leerstände und Teilleerstände<br />

Baulücken bilden mit 56 % den überwiegenden Teil<br />

der Potenzialflurstücke. Auf 26 % der Flurstücke<br />

befinden sich teilweise leer stehende Gebäude, auf<br />

18 % befinden sich komplett leer stehende Gebäude.


[15] Flächen- und Entwicklungspotenziale<br />

Potenziale mit guter Nutzungsperspektive von übergeordneter<br />

Bedeutung<br />

Die Nutzungsperspektive von 242 der insgesamt<br />

824 in 15 (von 37) Gemeinden bis zum Redaktionsschluss<br />

von der Arbeitsgruppe MURMEL erfassten<br />

Potenzialflurstücke wurde mit „gut“ bewertet. Bei<br />

diesen Flurstücken scheint eine Aktivierung in<br />

näherer Zukunft sinnvoll und machbar. Handelt es<br />

sich bei den mit „gut“ bewerteten Potenzialen um<br />

ältere (Baujahr vor 1945) und das Ortsbild prägende<br />

Flurstücke, so sind wichtige Kriterien erfüllt,<br />

Fördermittel aus <strong>LEADER</strong> oder aus dem ELR zu<br />

beantragen.<br />

Ausblick: Flächenkreislauf zur Belebung der Ortskerne<br />

In Zukunft kann sich der Schwerpunkt der Siedlungsentwicklung<br />

in den 37 <strong>LEADER</strong>-Gemeinden<br />

auf die Aktivierung von bereits bebauten Flurstücken<br />

oder Baulücken verlagern, da nun für die<br />

meisten Gemeinden eine gute Übersicht über die<br />

Schematische Darstellung eines<br />

Ressourcen schonenden Flächenkreislaufs<br />

Eigene Darstellung, verändert nach Bundesinstitut<br />

für Bau-, Stadt- und Raumforschung 2010.<br />

vorhandenen Möglichkeiten vorliegt. Durch Aktivierung<br />

bestehender Bausubstanz und den Neubau<br />

auf schon zuvor bebauten Flächen kann zusätzlicher<br />

Leerstand in den Ortskernen verhindert werden. Die<br />

Nutzung von Baulücken kann das Bauen auf der<br />

grünen Wiese ersetzen. Ein Ressourcen schonender<br />

Flächenkreislauf sollte in Zukunft das Ziel der Sied-<br />

Für die Aktivierung von Flächenpotenzialen gibt es kein<br />

Patentrezept.<br />

lungsentwicklung auch im ländlichen Raum sein.<br />

Für die gezielte Aktivierung von Flächenpotenzialen<br />

gibt es kein Patentrezept. Beispielsweise ist bei der<br />

Wiedernutzung von privaten Ökonomieteilen eine<br />

andere Vorgehensweise gefragt als bei der Aktivierung<br />

von gemeindeeigenen Infrastrukturgebäuden.<br />

Die Gemeindeprojekte Bernau, Königsfeld, Schönau,<br />

St. Blasien und Zell im Wiesental zeigen auf den<br />

nächsten Seiten vielfältige Aktivierungsstrategien<br />

auf.<br />

eventuell<br />

Zwischennutzung<br />

Brachliegen<br />

Nutzungsaufgabe<br />

Aktivierung<br />

Nutzung<br />

bzw.<br />

Wiedernutzun<br />

Wiedernutzung


Gemeindeprojekt Bernau<br />

Bernau: Im Dialog mit Eigentümern<br />

Die Ausgangssituation in Bernau<br />

Die Gemeinde Bernau im Schwarzwald (Landkreis<br />

Waldshut) hat 1.890 Einwohner und erstreckt sich<br />

mit ihren zehn Ortsteilen entlang eines acht Kilometer<br />

langen Hochtals in einer Höhe zwischen 855<br />

und 1.415 m. Die Siedlungsstruktur der Gemeinde<br />

ist stark durch die Landwirtschaft geprägt. Zudem<br />

wird das Ortsbild von einer Vielzahl traditioneller<br />

Schwarzwaldhäuser bestimmt, die als Bau- oder<br />

Kunstdenkmal ausgezeichnet sind. Der nicht bebaute<br />

Außenbereich weist den für den Südschwarzwald<br />

typischen Wechsel zwischen Grünland- und Waldflächen<br />

auf und ist durch Landschafts- und Naturschutzgebiete<br />

gekennzeichnet. Offenhaltung der<br />

Landschaft durch Grünlandbewirtschaftung spielt<br />

[16]<br />

in Bernau noch eine große Rolle. Die Gemeinde ist<br />

dennoch von einem tiefgreifenden Strukturwandel<br />

in der Landwirtschaft betroffen. Viele Betriebe haben<br />

in der Vergangenheit aufgegeben, so dass eine<br />

große Anzahl von Ökonomiegebäuden der Schwarzwaldhöfe<br />

leer steht. Deshalb ist es Ziel der Gemeinde,<br />

diese Potenziale einer weiteren Nutzung zuzuführen,<br />

den Bestand zu pflegen und zu entwickeln.<br />

Das Gemeindeprojekt Bernau verfolgte das Ziel,<br />

eine Aufbruchstimmung im Ort zu erzeugen, um<br />

Bernau gehört zu den wenigen Dörfern im südlichen Schwarzwald,<br />

die noch über eine wertvolle, zusammenhängend erhaltene<br />

bäuerliche Bebauung verfügen. Diese dörflichen Ensembles haben<br />

aus unserer Sicht eine hohe Wertigkeit.<br />

Dr. Petra Wichmann, Regierungspräsidium Freiburg<br />

den weiteren, heute noch kaum sichtbaren Verfall<br />

aufzuhalten und mit den Eigentümern der Gebäude<br />

gemeinsam neue Perspektiven zu entwickeln.<br />

Auszug<br />

Leerstandskataster


[17] Gemeindeprojekt Bernau<br />

Der Prozess im Projekt „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

Um einen Überblick über die innerörtlichen Potenziale,<br />

d.h. die Leerstände, Brachflächen und<br />

Baulücken in der Gemeinde zu bekommen, wurde<br />

im Sommer 2009 eine Bestandserhebung durchgeführt.<br />

Dabei wurden mit Hilfe eines detaillierten<br />

Erhebungsbogens die Daten (z. B. Informationen zur<br />

Flächengröße, zur derzeitigen Nutzung und zur planungsrechtlichen<br />

Situation) gesammelt und in ein<br />

GIS eingearbeitet. Hierbei wurde ermittelt, dass sich<br />

in Bernau 90 Leerstände befinden. Darunter sind 78<br />

ehemals landwirtschaftliche Anwesen, bei denen<br />

zwar der Wohnbereich noch genutzt wird, aber das<br />

Ökonomiegebäude leer steht. Viele Gebäude stehen<br />

unter Denkmalschutz.<br />

Befragung der Eigentümer von leer stehenden Gebäuden<br />

Im Anschluss an die Kartierung wurden alle Eigentümer<br />

der 90 erhobenen Leerstände schriftlich<br />

befragt. Ziele der Befragung waren eine erste Kontaktaufnahme<br />

mit den Eigentümern und die Erfassung<br />

der Bereitschaft, diese Gebäude(-teile) wieder<br />

zu nutzen. Außerdem sollte das Interesse an einer<br />

Zusammenarbeit sowie eventuelle Erwartungen der<br />

Eigentümer ermittelt werden. 52 Eigentümer nahmen<br />

an der Befragung teil, was einer Rücklaufquote<br />

von 57,8 % entspricht. Dabei stellte sich heraus, dass<br />

es eine große Bereitschaft zu einer Potenzialaktivierung<br />

gibt, denn die Mehrzahl der Befragten möchte<br />

die Immobilie in Zukunft selber nutzen, wobei vor<br />

allem an eine Wohnnutzung gedacht ist. 35 Befragte<br />

äußerten Interesse an einer Eigentümerberatung zu<br />

baulichen Fragen und Fördermöglichkeiten.<br />

Informationsveranstaltung für Eigentümer<br />

Infolge der positiven Rückmeldung aus der Befragung<br />

fand im Dezember 2009 eine Informationsveranstaltung<br />

für die Eigentümer statt, die auf große<br />

Resonanz stieß. Etwa 40 Veranstaltungsbesucher<br />

wurden über die Arbeitsschritte im Gemeindeprojekt,<br />

Inhalte einer möglichen Eigentümerberatung<br />

Anzahl<br />

40<br />

35<br />

30<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

Interesse an Eigentümerberatung<br />

0<br />

Beispiel eines Teilleerstandes Interesse an Eigentümerberatung<br />

Ja Nein<br />

Keine Angabe:2<br />

35<br />

Ja<br />

und über Fördermöglichkeiten informiert. Zudem<br />

äußerten weitere Personen ihr Interesse an einer<br />

Eigentümerberatung.<br />

Wir haben in diesem Projekt<br />

schon einiges erreicht. Man<br />

sieht, dass es ernsthafte Absichten<br />

gibt. Aufgrund der<br />

Beratungen sind erste Förderanträge<br />

eingereicht. Das Interesse<br />

ist grundsätzlich groß<br />

und die Bürgerinnen und<br />

Bürger sind sensibilisiert.<br />

15<br />

Nein<br />

Bürgermeister Rolf Schmidt


Gemeindeprojekt Bernau<br />

Eigentümeransprache<br />

Bürgermeister Rolf Schmidt ging zunächst persönlich<br />

auf die Eigentümer mit Beratungsbedarf zu,<br />

informierte sich näher über deren Vorstellungen<br />

und Erwartungen und vereinbarte die Termine für<br />

Beratungsgespräche gemeinsam mit der Arbeitsgruppe<br />

MURMEL. Aufgrund des großen Interesses,<br />

durch den Austausch vor Ort und die persönlichen<br />

Kontakte fanden bisher 20 Beratungsgespräche statt,<br />

bei denen die Eigentümer Informationen zu Fördermöglichkeiten<br />

und Einschätzungen zur Bausubstanz<br />

sowie zu Nutzungsmöglichkeiten erhielten.<br />

Leitfaden für Eigentümergespräche mit Architekt<br />

• Ziel: Anstoßen von Maßnahmen und Unterstützung<br />

der Eigentümer<br />

• Vor Ort mit Besichtigung des Gebäudes<br />

• Termin: Spätnachmittags (für Berufstätige), 30-<br />

60 Minuten Dauer<br />

• Vorab-Informationen: Denkmalschutz, Baualter,<br />

Lage usw.<br />

• Teilnahme eines Gemeindevertreters ist hilfreich<br />

• Befragung zu Vorstellungen zur künftigen<br />

Nutzung (z.B. Wohnung für Kinder, Ferienwohnung)<br />

und möglichen Maßnahmen an<br />

Gebäuden/Grundstücken (z.B. Umnutzung,<br />

Modernisierung)<br />

• Gebäudebesichtigung<br />

• Abschätzung des Zustandes der Bausubstanz,<br />

des Ausbaustandards und der Bauschäden<br />

• Informationen zu Förderbedingungen (ELR/<br />

<strong>LEADER</strong>) und Einschätzung zu einem möglichen<br />

Förderschwerpunkt<br />

• ggf. Unterstützung durch skizzenhafte Testentwürfe<br />

• Was nicht möglich ist: Genaue Angaben von<br />

Baukosten, Einschätzung von Grundstücks-<br />

und Gebäudewerten<br />

• Bei Bedarf: Zweites Gespräch zur Klärung<br />

offener Punkte<br />

• Bei konkreten Vorstellungen: Architekt beauftragen,<br />

Maßnahmen planen, Fertigung baugesuchsreifer<br />

Pläne für einen ELR/<strong>LEADER</strong>-<br />

Antrag<br />

Eigentümerberatungen vor Ort mit Bürgermeister und Architekt<br />

[18]<br />

Besondere Herausforderungen in Bernau<br />

Denkmalschutz<br />

Bernau verfügt über außergewöhnlich viele Kunstund<br />

Baudenkmale. Im Verzeichnis der bisher<br />

aktenkundigen Bau- und Kunstdenkmale und der<br />

zu prüfenden Objekte (Stand Mai 2006) sind 46 Gebäude<br />

aufgelistet. Hier fühlt sich die Gemeinde in<br />

besonderer Weise dem kulturellen Erbe verpflichtet<br />

und möchte <strong>–</strong> wo es möglich ist <strong>–</strong> zum Bestandsschutz<br />

beitragen. Auf der einen Seite werden so<br />

Ortsbild prägende Gebäude erhalten, auf der anderen<br />

Seite kann dies hinderlich bei einer Umnutzung<br />

und einem Umbau sein.<br />

Bodenordnung<br />

Entwicklungshemmnisse bei Leerständen bestehen<br />

in einigen Fällen aufgrund der Teilung der Schwarzwaldhöfe<br />

durch das „badische Stockwerkseigentum“.<br />

Dies ist eine bis ins Mittelalter zurückreichende<br />

Sonderform des Wohnungseigentums, bei der die<br />

einzelnen Stockwerke eines Gebäudes im Eigentum<br />

verschiedener Personen stehen. Dabei gibt es jedoch<br />

keine klare Trennung nach Stockwerken, so dass die<br />

Wohn- und Wirtschaftsräume der Eigentümer ineinander<br />

verschachtelt sind. Zudem sind alle Stockwerkseigentümer<br />

Miteigentümer an der Grundfläche.<br />

Auch die Zuschnitte der Grundstücke können<br />

entwicklungshemmend sein, vor allem wenn die<br />

Grundstücke verschiedenen Eigentümern gehören.


[19] Gemeindeprojekt Bernau<br />

Aktivierungsmaßnahmen<br />

Im Zuge der Beratungen haben mehrere Eigentümer<br />

Interesse daran geäußert, eine Aktivierungsmaßnahme<br />

zu starten. Hier zwei Beispiele:<br />

Beispiel 1<br />

Der Sohn hat Interesse, mit seiner Familie den leer<br />

stehenden Ökonomieteil des Elternhauses zu Wohnzwecken<br />

zu nutzen. Dabei kommen Umbau oder<br />

Abbruch und Neubau in Frage. Im Erdgeschoss<br />

sollen Garagen für Pkw und Nutzfahrzeuge entstehen.<br />

In der Gebäudemitte wurde bereits eine neue<br />

Heizungsanlage errichtet, die in jedem Fall erhalten<br />

werden soll.<br />

Bei der Gebäudebesichtigung wurden Bauschäden<br />

am Tragwerk des Ökonomieteils festgestellt. Die<br />

Eigentümer tendieren zu Abbruch und Neubau, zudem<br />

wollen sie bald mit den Bauarbeiten beginnen.<br />

Deshalb wurde ein Testentwurf für einen möglichen<br />

Neubau erstellt. Auf der Grundlage des Testentwurfs<br />

sollen auch die <strong>LEADER</strong>-Fördermöglichkeiten<br />

geklärt werden.<br />

Beispiel 2<br />

Das Gebäude ist nach badischem Stockwerkseigentum<br />

getrennt und gehört zwei Familien. Diesen<br />

beiden Familien gehören auch die umliegenden<br />

Grundstücke. Jedoch liegt die Grundstückszufahrt<br />

auf einem anderen Grundstück. Der Schwarzwaldhof<br />

liegt attraktiv und ist in einem guten Zustand,<br />

notwendige Reparaturen wurden durchgeführt.<br />

Eine der beiden Familien möchte ihren Wohnbereich<br />

sanieren. Außerdem soll ein Teil des Wirtschaftsbereichs<br />

zu Wohnzwecken umgenutzt werden.<br />

Um die Durchführung weiterer Maßnahmen am<br />

Gebäude zu erleichtern, ist eine Auflösung des<br />

badischen Stockwerkeigentums sinnvoll. Deshalb<br />

sollten entsprechende Verhandlungen zwischen den<br />

Besitzern geführt werden, um einen Grundstückstausch<br />

oder eine Bodenordnung durchzuführen.<br />

Eine anschließende Modernisierung und/oder<br />

Umnutzung des Wirtschaftsteils erscheinen empfehlenswert.<br />

Mit dem Denkmalamt müssen die aus<br />

Sicht des Denkmalschutzes erforderlichen Schritte<br />

geklärt werden.<br />

Verantwortlich für das Projekt<br />

bei der Arbeitsgruppe MURMEL:<br />

TGU Malburg-Graf und Dipl.-Ing. Martin Wypior<br />

Testentwurf<br />

Beispiel für eine Eigentumsverteilung nach badischem Stockwerkseigentum


Gemeindeprojekt Königsfeld<br />

Königsfeld: Planungssicherheit<br />

für die nächsten Jahre<br />

Die Gemeinde Königsfeld liegt am nördlichen Rand<br />

des Schwarzwald-Baar-Kreises. Sie wurde 1806<br />

als eine Kolonie der Herrnhuter Brüdergemeine<br />

gegründet. Heute hat sie rund 6.100 Einwohner und<br />

setzt sich aus dem gleichnamigen Hauptort (1.800<br />

EW) und den Teilorten Buchenberg, Burgberg,<br />

Erdmannsweiler, Neuhausen und Weiler zusammen.<br />

Die Projektaktivitäten bezogen sich auf den<br />

Hauptort.<br />

Die Ausgangssituation in Königsfeld<br />

Die Gemeinde Königsfeld ist Heilklimatischer<br />

Kur- und Kneippkurort. Schon Ende des 19. Jahrhunderts<br />

erlebte die Gemeinde mit der damals neu<br />

geschaffenen Schwarzwaldbahn bis in das nahe<br />

gelegene Peterszell und dem daraus resultierenden<br />

Kurtourismus einen Bauboom, der sich noch heute<br />

am Ortsbild ablesen lässt: Die Ortsmitte ist geprägt<br />

vom nahezu geschlossen erhaltenen und denkmalgeschützten<br />

Ensemble um den Zinzendorfplatz und<br />

der sich nach Norden und Westen erstreckenden<br />

aufgelockerten Villenbebauung. 78 denkmalgeschützte<br />

bzw. erhaltenswerte historische Gebäude<br />

oder Freiflächen geben dem Ort ein attraktives und<br />

im weiten Umkreis einzigartiges Erscheinungsbild.<br />

Allerdings vollzog sich Ende des 20. Jahrhunderts<br />

im Gesundheits- und Tourismussektor ein tief<br />

greifender Strukturwandel, der auch in Königsfeld<br />

nicht folgenlos blieb: kleine Hotels und Kurbetriebe<br />

mussten schließen, Privatpensionen wurden nicht<br />

weitergeführt und für einige wichtige Leerstände<br />

fand sich trotz intensiver Vermarktungsbemühungen<br />

keine Folgenutzung.<br />

Wir haben eine Art „Agenda 2015“ und die Bürger sehen:<br />

Das sind keine Utopien, das ist alles umsetzbar.<br />

Haus Waldesruh mit Kurpark im Vordergrund<br />

[20]<br />

Fritz Link, Bürgermeister<br />

Handlungsansätze in Königsfeld<br />

Um diesem Misstand zu begegnen, verfolgte die<br />

Gemeinde ab dem Jahr 2007 parallel mehrere Handlungsansätze:<br />

Städtebauliche Planung<br />

Mit der Aktualisierung des Flächennutzungsplanes<br />

im Jahr 2008 wurden Leerstände und Baulücken<br />

kartiert und die Flächenneuausweisung von bisher<br />

27 ha auf 13,6 ha reduziert. Allein in Königsfeld<br />

konnten zum damaligen Zeitpunkt 17 bebaubare<br />

Grundstücke und vier Gebäudeleerstände festgestellt<br />

werden. Zugleich rückte die Arbeit am<br />

Flächennutzungsplan den sich abzeichnenden<br />

demographischen Wandel stärker ins Bewusstsein:<br />

Königsfeld selbst weist im Vergleich zu seinen<br />

Teilorten einen deutlich höheren Anteil an den über<br />

65-jährigen auf, der Anteil der Jungen unter 15<br />

Jahren ist dagegen auffallend unterdurchschnittlich.<br />

Um die Infrastruktur am Hauptort zu sichern, soll<br />

die Wohnnutzung für Nachfrager im “dritten Lebensalter“<br />

und für junge Familien gestärkt und auf<br />

den Hauptort konzentriert werden. Hierfür stellte<br />

im Jahr 2008 die Teilaufhebung der Sondergebiete<br />

für Kur- und Fremdenverkehrseinrichtungen, die<br />

nun auch das Wohnen auf ehemaligen Hotel- bzw.<br />

Kurarealen ermöglicht, einen wichtigen Meilenstein<br />

dar.


[21] Gemeindeprojekt Königsfeld<br />

Areale von besonderer Bedeutung<br />

Die Leerstandskartierung hatte Areale im Hauptort<br />

ins Bewusstsein gerückt, die sowohl vom Flächenpotenzial<br />

als auch von der Wahrnehmung im<br />

Bewusstsein der Königsfelder Öffentlichkeit so bedeutsam<br />

waren, dass für ihre Neunutzung Konzepte<br />

entwickelt werden sollten. Hinzu kam: verschiedene<br />

Akteure traten mit eigenen Vorschlägen an die<br />

Gemeinde heran, die es zu diskutieren und deren<br />

Relevanz für die Ziele der Gemeindentwicklung<br />

es zu bewerten galt. Im Projekt „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong><br />

<strong>Lebensort</strong>“ wurden die Areale<br />

• Zentrum für Komplementärmedizin als Ersatz<br />

für das Kurmittelhaus,<br />

• das ehemalige Hotel Gebauer-Trumpf,<br />

• die ehemalige Marie-Heuser-Kurklinik,<br />

• der Zinzendorfplatz und<br />

• der historischer Kurpark<br />

betrachtet.<br />

Finanzierungsinstrument Städtebauförderung<br />

Die Gemeinde beabsichtigte eine Aufnahme in<br />

das Landessanierungsprogramm. Im Laufe der<br />

Vorbereitenden Untersuchungen im Sommer 2009<br />

kristallisierte sich das Programm „Städtebaulicher<br />

Denkmalschutz - West (DSP)“ als einschlägige Programmvariante<br />

heraus, so dass im Oktober 2009 mit<br />

einer fundierten Datenbasis und den Ergebnissen<br />

der ersten beiden Bürgerwerkstätten der Antrag eingereicht<br />

wurde. Am 22. April 2010 ging die Zusage<br />

des Wirtschaftsministeriums zur Aufnahme in das<br />

DSP ein, der Gemeinde steht für die nächsten fünf<br />

Jahre ein Förderrahmen in Höhe von vier Mio. Euro<br />

zur Verfügung.<br />

Das Vorgehen im Projekt „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

Das Arbeitsprogramm im Projekt „<strong>Schwarzwaldort</strong><br />

<strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“ sah vor, zu ausgewählten Arealen<br />

öffentliche Informations- und Beteiligungsveranstaltungen<br />

durchzuführen. Die vier so genannten<br />

Bürgerwerkstätten hatten zum Ziel,<br />

• die Absichten der Gemeinde und die Planungen<br />

externer Akteure vorzustellen,<br />

• die Planungen in der Öffentlichkeit zu diskutieren<br />

und<br />

• dadurch ein Meinungsbild zu erarbeiten, das<br />

sowohl die Gemeinde als auch (potenzielle)<br />

Investoren dabei unterstützt, die Realisierungsfähigkeit<br />

der neuen Nutzungen zu bewerten.<br />

• Im Rahmen der Bürgerbeteiligung sollten Ideen<br />

und Anregungen für die Planung eingeholt<br />

werden, damit mögliche Kritikpunkte frühzeitig<br />

ausgeräumt werden können.<br />

• Insgesamt lenkten die Veranstaltungen Aufmerksamkeit<br />

auf die vorhandenen innerörtlichen<br />

Flächenressourcen.<br />

Beispielhaft werden hier die Ausgangslange, das<br />

Vorgehen und die Ergebnisse zu den Arealen Hotel<br />

Gebauer-Trumpf und Zentrum für Komplementärmedizin<br />

geschildert.<br />

Hotel Gebauer-Trumpf<br />

Das Gesamtareal des ehemaligen Hotels Gebauer-<br />

Trumpf setzt sich zusammen aus dem Hotelgrundstück<br />

an der Bismarckstraße (1.700 m²) und einem<br />

ungenutzten und unerschlossenen Wiesengrundstück<br />

(2.400 m²) am Kurpark. Das Flurstück des<br />

Hotels wurde 2005 im Rahmen einer Zwangsversteigerung<br />

lastenfrei ersteigert, das hinten liegende<br />

Flurstück blieb in den Händen der Alteigentümer<br />

und war daher räumlich „gefangen“. Leider<br />

zeichnete sich für keine der Flächen eine Nachfolgenutzung<br />

ab. Schon im März 2008 traten die in<br />

Königsfeld ansässige Bauhandwerkervereinigung<br />

(BHV) als potenzielle Investorin zusammen mit<br />

dem in Königsfeld ansässigen Architekten Ketterer<br />

Ehemaliges Hotel Gebauer-Trumpf Bebauungsvorschlag auf den Grundstücken des ehemaligen Hotels Gebauer-Trumpf


Gemeindeprojekt Königsfeld<br />

an die Gemeinde mit Bebauungsvarianten für 20<br />

Eigentumswohnungen und zwei Doppelhaushälften<br />

heran und betrieben parallel Preisverhandlungen<br />

mit den Eigentümern. Da mit dem Eigentümer des<br />

Hotel-Grundstücks lange keine Einigung erzielt<br />

werden konnte, strengten die Eigentümer des „gefangenen“<br />

Grundstücks ein Gerichtsverfahren für<br />

ein Notwegerecht an. Vom Gericht wurde die Alternative<br />

erörtert, die Erschließung rückseitig über den<br />

Kurpark zu ermöglichen, was die Gemeinde aus<br />

städtebaulichen Gründen ablehnte. In der Gemeinde<br />

reifte die Haltung, mit Hilfe der städtebaulichen<br />

Sanierung die Erschließung als Gesamtkonzept zu<br />

befördern.<br />

Ergebnisse der Bürgerbeteiligung<br />

Mehr als 40 Personen nahmen an der ersten Bürgerwerkstatt<br />

zu den Arealen Marie-Heuser-Kurklinik<br />

und zum ehemaligen Hotel Gebauer-Trumpf teil.<br />

Zum Zeitpunkt der Veranstaltung standen für das<br />

Hotel Gebauer-Trumpf noch zwei Konzepte,<br />

• die kleine Lösung mit zwei Wohngebäuden<br />

ausschließlich auf dem Kurparkgrundstück mit<br />

Notfahrrecht zur Bismarckstraße und<br />

• die „große Lösung“ auf beiden Flurstücken mit<br />

mittiger Erschließung<br />

zur Debatte. Der Vorschlag zur Umnutzung des<br />

Areals für Wohnzwecke und die Nachverdichtung<br />

stießen auf große Zustimmung. Die städtebauliche<br />

Einbindung in die Bestandsbebauung wurde besonders<br />

kritisch geprüft und es wurde darum gebeten,<br />

den Übergang in die Kurparklandschaft etwas weniger<br />

dicht auszugestalten. Die Erschließung sollte<br />

über die Bismarckstraße erfolgen. Der Gemeinde<br />

wurde der Dank ausgesprochen, mit der Aufhebung<br />

Modellbild Kurviertel am Doniswald<br />

[22]<br />

der Sondernutzungssatzung eine Entwicklung der<br />

Fläche zu ermöglichen. Zwischenzeitlich wurde im<br />

Frühjahr 2010 das Gesamtareal von der Investorin<br />

käuflich erworben und die projektierte Wohnbebauung<br />

mittels Bauvoranfrage durch den Gemeinderat<br />

befürwortet.<br />

Das Zentrum für Komplementärmedizin<br />

Das dem Rathaus gegenüber liegende Kurmittelhaus<br />

ist dringend sanierungsbedürftig und kann<br />

aufgrund der einfachen Bauweise aus dem Jahr 1955<br />

nicht wirtschaftlich erneuert werden. Es soll ersetzt<br />

werden durch ein Zentrum für Komplementärmedizin<br />

(ZKM). Der Entwicklungsprozess hierfür startete<br />

2006 mit einer Marktstudie durch ein externes Büro,<br />

2008 führten Workshops mit potenziellen Partnern<br />

der örtlichen Tourismus- und Gesundheitswirtschaft<br />

zum heutigen Konzept einer Kombination aus Kurmittelhaus,<br />

Bürgerbüro, privaten Dienstleistungsanbietern<br />

aus dem Gesundheitssektor, einer Arztpraxis<br />

und 23 barrierefreien Eigentumswohnungen für die<br />

Zielgruppe 50+.<br />

Ergebnisse der Bürgerbeteiligung<br />

An der zweiten Bürgerwerkstatt zum ZKM nahmen<br />

20 Personen teil. Sie konnten sich zu den Plänen des<br />

Investors FWD und zum umgebenden öffentlichen<br />

Freiraum angrenzend an das Rathaus äußern.<br />

Das Grundkonzept und insbesondere die aufgelockerte<br />

Bebauung sowie die zeitgemäße Architektursprache<br />

wurden zustimmend aufgenommen.<br />

Das lag aber sicher auch daran, dass sich das ZKM<br />

<strong>–</strong> heute „Kurviertel am Doniswald“ - schon seit<br />

2008 in der Entwicklung und damit auch in der<br />

öffentlichen Diskussion befand. Wichtige Anregun


[23] Gemeindeprojekt Königsfeld<br />

gen kamen zur Freiraumgestaltung im privaten<br />

Gelände, zur Verzahnung des Neubaus mit dem<br />

öffentlichen Freiraum um das Rathaus und zur Verkehrsberuhigung<br />

in der Rathausstraße. Bezüglich<br />

der Besonnung einzelner Wohnungen wurde eine<br />

Optimierung empfohlen.<br />

Fazit zum Vorgehen in Königsfeld<br />

Die Bürgerwerkstätten haben frühzeitig die Möglichkeit<br />

eröffnet, sich kritisch zu Wort zu melden.<br />

In der Summe wurde in allen vier Bürgerwerkstätten<br />

großer Rückhalt für die Aktivitäten der<br />

Gemeinde deutlich. Im Detail kam eine Reihe von<br />

Verbesserungsvorschlägen zur Sprache, von denen<br />

viele schon jetzt in die Planungen integriert sind.<br />

Die Gemeinde konnte ihre Vorstellungen als realisierungsfähige,<br />

längerfristige Konzepte präsentieren<br />

und bei den Bürgern entstand nicht der Eindruck,<br />

dass es sich um Luftschlösser handelt.<br />

Da im Ergebnis ein hohes Maß an Konsens über die<br />

Planungsabsichten deutlich wurde, erweisen sich<br />

die Planungen auch im politischen Raum als durchführbar,<br />

es sind keine unerwarteten Widerstände zu<br />

befürchten.<br />

Dies bietet nun einerseits eine gute Entscheidungsgrundlage<br />

für die Haushaltsplanung und für die<br />

Beratungen im Gemeinderat. Zum anderen ermöglicht<br />

die frühzeitige und offene Bürgerbeteiligung<br />

der Gemeinde, die Sanierung zügig<br />

durchzuführen. Das ist vorteilhaft<br />

für Förderanträge, weil es den<br />

Geberinstitutionen Verlässlichkeit<br />

vermittelt. Und zum Dritten hatten<br />

die Investoren die Möglichkeit,<br />

ihre Planungen zu einem frühen<br />

Zeitpunkt und damit kostengünstig<br />

an den Bedarf anzupassen.<br />

Ausblick<br />

Nichtsdestotrotz erfordern alle kommunalen Projekte<br />

im Rahmen der Sanierung einen Eigenanteil der<br />

Kommune von 40%, so dass in den folgenden Jahren<br />

der Gemeinderat über die Einzelprojekte und im<br />

Rahmen der Gesamthaushaltsplanung über die Finanzierbarkeit<br />

entscheiden wird. Und es darf nicht<br />

vergessen werden: mit dem Hotel Doniswald und<br />

dem Hauptgebäude der Marie-Heuser-Kurklinik<br />

Wenn´s hakt, dann kommen<br />

gerne wir noch mal.<br />

Bürger in der vierten Bürgerwerkstatt<br />

gibt es immer noch bedeutsame Leerstände in der<br />

Ortsmitte Königsfelds, für die sich - im Rahmen der<br />

Gesamtentwicklungskonzeption für Königsfeld <strong>–</strong> Investoren<br />

finden müssen. Die Ortskernsanierung soll<br />

hierfür in den kommenden fünf Jahren eine verlässliche<br />

Basis liefern.<br />

Verantwortlich für das Projekt<br />

bei der Arbeitsgruppe MURMEL:<br />

forum für internationale entwicklung + planung<br />

Kleingruppe in der Bürgerwerkstatt II am 3. Juli 2009


Gemeindeprojekt Schönau<br />

Schönau: Leerstandsmanagement<br />

und Flächenbörse<br />

Schönau im Schwarzwald liegt im Landkreis Lörrach,<br />

hat 2.441 Einwohner und eine Gemarkungsfläche<br />

von 1.471 Hektar. Zu Schönau gehören neben<br />

der Kernstadt die Ortsteile Schönenbuchen, Brand<br />

und Auf der Bruck. Die Gemeinde erstreckt sich mit<br />

ihren Ortsteilen entlang des Oberlaufs der Großen<br />

Wiese, umgeben von den Erhebungen des südlichen<br />

Schwarzwaldes in einer Höhe von 517 bis 1.309 m.<br />

Die B 317 führt durch die Kernstadt von Schönau,<br />

was die Gemeinde mit dem überregionalen Verkehrsnetz<br />

verbindet und gleichzeitig Lärmbelästigungen<br />

für die Anrainer zur Folge hat.<br />

Die Ausgangssituation in Schönau<br />

Schönau ist durch den Strukturwandel im Einzelhandel<br />

und den demographischen Wandel vor allem<br />

von einem Leerstand von Wohnungen und von<br />

Ladengeschäften im Zentrum der Kernstadt betroffen.<br />

Ziel der Gemeinde ist es, die Attraktivität des<br />

Zentrums zu bewahren, die Innenstadt zu beleben<br />

und zu stärken. Dabei setzt man auf Bestandssicherung<br />

und nicht auf ein weiteres Wachstum der<br />

Gemeinde. Es stellt sich z.B. die Frage, welchen<br />

Blick von der Höhe auf Schönau im Schwarzwald<br />

Blick in die Innenstadt von Schönau<br />

[24]<br />

Bedarf es für die leer stehenden Ladengeschäfte in<br />

Zukunft geben wird und inwieweit für diese eine<br />

Wohnnutzung in Frage kommt. Im Zentrum des Gemeindeprojektes<br />

„<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“ in<br />

Schönau stand deshalb eine Gegenüberstellung von<br />

Flächenangebot und Flächennachfrage. Die Gemeinde<br />

erhoffte sich darüber hinaus eine Einschätzung<br />

der Zufriedenheit der Bürger mit dem Wohn- und<br />

Lebensstandort Schönau.


[25] Gemeindeprojekt Schönau<br />

Die Nachfrage Flächenbedarf und Zufriedenheit<br />

mit Schönau als <strong>Lebensort</strong><br />

Ziele einer Haushaltsbefragung waren die Kontaktaufnahme<br />

mit der Bevölkerung, die Bewertung ihrer<br />

Zufriedenheit mit dem Wohn- und Lebensstandort<br />

Schönau sowie die Erfassung des Bedarfs an Wohnund<br />

Gewerbeflächen. Die Arbeitsgruppe MURMEL<br />

entwickelte gemeinsam mit der Stadt Schönau einen<br />

Fragebogen für eine schriftliche Haushaltsbefragung,<br />

die im Oktober/November 2009 durchgeführt<br />

wurde. Zielgruppe waren alle 1.037 Haushalte in<br />

der Kernstadt Schönau. 142 Haushalte beteiligten<br />

sich an der Befragung, was einer Rücklaufquote von<br />

13,7% entspricht. Bei der Erfassung des Wohn- und<br />

Gewerbeflächenbedarfs stellte sich heraus, dass es<br />

zum Zeitpunkt der Befragung 15 Wohnflächen-Interessenten<br />

und zwei Gewerbeflächen-Interessenten<br />

gab.<br />

Auf die Frage „Wie beurteilen Sie Schönau in Bezug<br />

auf Schulangebot, Ausbildungsmöglichkeiten, Arbeitsplatzangebot,<br />

Verkehrssituation, Grundversorgung<br />

und Freizeitangebot?“ konnten die Teilnehmer<br />

eine Bewertung in drei Stufen (gut, mittel, schlecht)<br />

abgeben. Die meisten Personen beurteilten die genannten<br />

Angebote und Infrastrukturen mit gut bis<br />

mittel. Vor allem die Bewertung des Schulangebotes,<br />

der Grundversorgung und des Freizeitangebotes fiel<br />

besonders gut aus. Auf die Frage „Was gefällt Ihnen<br />

in Schönau als Ort zum Wohnen?“ wurden vor allem<br />

die Landschaft oder Umgebung, die Lage sowie<br />

die gute Luft und die Ruhe positiv hervorgehoben.<br />

Auf die Frage „Was sollte in Schönau unbedingt<br />

verbessert werden?“ nannten die Befragten in erster<br />

Linie die „Belebung der Innenstadt“, eine Verbesserung<br />

des Angebotes im Einzelhandel- und Dienstleistungsbereich<br />

sowie eine Verbesserung der Verkehrssituation<br />

im Bereich der B 317. Die Befragung<br />

zeigt, dass ein großer Teil der Befragungsteilnehmer<br />

Schönau als Lebens- und Wohnstandort schätzt.<br />

Innenstadtbelebung<br />

Einzelhandel<br />

Verkehr<br />

Ortsgestaltung<br />

Kultur-, Freizeitangebot<br />

Umgehungsstraße<br />

Sonstiges<br />

Gastronomie<br />

Öffentl. Infrastruktur<br />

Keine Angabe:29<br />

Dorfleben, Vereinsleben<br />

Infrastruktur (z.B. Einzelhandel)<br />

Keine Angabe:10<br />

Schulangebot<br />

Ausbildungsmöglichkeiten<br />

Arbeitsplatzangebot<br />

Verkehrssituation<br />

Grundversorgung<br />

Freizeitangebot<br />

Landschaft, Umgebung<br />

Gute Luft, Ruhe<br />

Schöne Stadt, Wohnort<br />

Freizeit-, Kulturangebot<br />

Kindergarten, Schule<br />

Spielplatz<br />

Lage<br />

Natur<br />

Kurze Wege<br />

Alles<br />

0 20 40 60 80 100 120 140 160<br />

ohne Angabe:5 gut mittel schlecht keine Angabe<br />

Beurteilung von Standortfaktoren Schönaus<br />

0 10 20 30 40 50<br />

Was gefällt Ihnen in Schönau?<br />

0 5 10 15 20 25 30<br />

Verbesserungsbedarf in Schönau


Gemeindeprojekt Schönau<br />

Leer stehendes Ladengeschäft<br />

Das Angebot<br />

Leerstands- und Baulückenkartierung<br />

Im Sommer 2009 wurden die innerörtlichen Potenziale,<br />

d. h. die Leerstände, Brachflächen und<br />

Baulücken in der Kernstadt durch das Bauamt<br />

erhoben. Dabei wurden mit Hilfe eines detaillierten<br />

Erhebungsbogens die Daten (z. B. Informationen<br />

zur Flächengröße, zur derzeitigen Nutzung und<br />

zur planungsrechtlichen Situation) gesammelt und<br />

in das GIS des Bauamtes eingearbeitet. Insgesamt<br />

wurden 77 innerörtliche Potenziale ermittelt, d.h. 42<br />

teilweise oder ganz leer stehende Gebäude und 35<br />

Baulücken. Bei leer stehenden Gebäuden handelt es<br />

sich in der Mehrzahl um leer stehende Infrastruktureinrichtungen,<br />

d.h. Ladengeschäfte und Gastronomiebetriebe.<br />

Zudem gibt es einige ganz oder<br />

teilweise leer stehende Wohngebäude.<br />

25 25<br />

20 20<br />

15 15<br />

10 10<br />

5 5<br />

0 0<br />

3 3<br />

20 20<br />

12 12<br />

5 5<br />

Leerstand Baulücke<br />

Interesse an Vermietung/Verkauf<br />

kein kein Verkauf<br />

und/oder<br />

Vermietung<br />

Verkauf<br />

und/oder<br />

Vermietung<br />

Keine Keine<br />

Angabe: 5 5<br />

[26]<br />

Befragung der Eigentümer von leer stehenden Gebäuden<br />

Im Anschluss fand eine Befragung aller Eigentümer<br />

der erhobenen innerörtlichen Potenziale statt. Ziele<br />

der Befragung waren eine Kontaktaufnahme mit<br />

den Eigentümern und eine Erfassung ihrer Bereitschaft,<br />

Potenziale zu aktivieren. Außerdem konnten<br />

die Eigentümer ihr Interesse an einer Zusammenarbeit<br />

sowie eventuelle Erwartungen angeben.<br />

Insgesamt antworteten 45 Personen, darunter 27<br />

Eigentümer von Leerständen und 18 von Baulücken.<br />

Viele Eigentümer von leer stehenden Gebäuden<br />

haben ein Interesse an einer weiteren Nutzung der<br />

Immobilie und sind bereit, die Immobilie zu vermieten<br />

und/oder zu verkaufen.<br />

Insgesamt 15 Personen nannten ein Interesse an<br />

einer Eigentümerberatung zu baulichen Fragen und<br />

Fördermöglichkeiten.<br />

Fazit und Lösungsweg<br />

In der Kernstadt von Schönau gibt es derzeit ein Sanierungsgebiet,<br />

so dass keine Fördermittel aus dem<br />

ELR im Schwerpunkt Wohnen beantragt werden<br />

können <strong>–</strong> sicherlich ein Hemmnis, wenn es nun um<br />

die Aktivierung von Flächenpotenzialen geht. Dies<br />

erschwert aktuell die Beratung der Eigentümer von<br />

Flächenpotenzialen im Vergleich mit den Möglichkeiten<br />

in anderen Gemeinden. Außerdem stellt die<br />

Aktivierung von leer stehenden Ladengeschäften in<br />

der Kernstadt eine besonders große und schwierige<br />

Herausforderung dar, bei der neue Wege und ein<br />

langer Atem nötig sind. Aber die Stadt verfügt auch<br />

über kommunale Ressourcen, die Gewinn bringend<br />

für die Innenentwicklung genutzt werden können.<br />

Dazu gehört eine Bürgerschaft, die ihren Wohn- und<br />

25<br />

25<br />

20<br />

20<br />

15<br />

15<br />

10<br />

10<br />

5 5<br />

0 0<br />

25<br />

20<br />

15<br />

10<br />

5<br />

0<br />

10 10<br />

10<br />

13 13<br />

13<br />

14<br />

14<br />

14<br />

Leerstand Baulücke<br />

22<br />

Leerstand Baulücke<br />

Interesse an Eigentümerberatung<br />

2<br />

Nein<br />

Nein<br />

Nein<br />

Ja<br />

Ja<br />

Ja<br />

Keine<br />

Angabe: 6<br />

Keine Keine<br />

Angabe: Angabe: 6 6


[27] Gemeindeprojekt Schönau<br />

<strong>Lebensort</strong> zu schätzen weiß, wie die Befragungsergebnisse<br />

zeigen. Und dazu gehört eine leistungsstarke<br />

Verwaltung - unter anderem das Bauamt<br />

des Gemeindeverwaltungsverbandes Schönau.<br />

Hier wird ein kommunales GIS als Arbeits- und<br />

Informationsinstrument eingesetzt, mit dem nun<br />

ein Flächenkataster erstellt und in Zukunft laufend<br />

aktualisiert werden kann.<br />

Diese Ressourcen werden auch bei dem zum Projektabschluss<br />

in Angriff genommenen Arbeitsschritt<br />

genutzt: Um Angebot und Nachfrage zusammenzubringen,<br />

hat sich die Stadt Schönau für die Einrichtung<br />

einer Flächenbörse entschieden. Dafür werden<br />

sowohl die Eigentümer von innerörtlichen Potenzialen<br />

als auch mögliche Interessenten persönlich angesprochen,<br />

um detaillierte Informationen zum jeweiligen<br />

Objekt und eine Einverständniserklärung zur<br />

Veröffentlichung der Daten im Internet einzuholen.<br />

Im Anschluss daran werden die Informationen in<br />

einer Datenbank hinterlegt und auf der kommunalen<br />

Homepage anschaulich zur Verfügung gestellt.<br />

Dieses Konzept für eine Flächenbörse wird in einer<br />

Gemeinderatssitzung am 7. Juni 2010 präsentiert.<br />

Damit hat die Stadt Schönau einen ersten Schritt in<br />

Richtung eines Leerstandsmanagements vollzogen.<br />

Geplanter Aufbau der Flächenbörse<br />

Angebotsseite: Innerörtliche Potenziale, d.h.<br />

sowohl Leerstände als auch Baulücken, die sich<br />

in privatem und kommunalem Besitz befinden<br />

• Download von Erhebungsbogen und Einverständniserklärung<br />

• Karte mit Darstellung zur Lage des Objekts<br />

• Detaillierte Informationen z.B. zu Nutzungsart,<br />

Größe und weiteren Merkmalen<br />

• Fotos zum einzelnen Objekt<br />

Nachfrageseite: Interessenten von Wohn- und<br />

Gewerbeflächen<br />

• Informationen zum Gesuch<br />

Weitere Informationen:<br />

• Darstellung des Wirtschaftsstandortes<br />

• Ansprechpartner<br />

Verantwortlich für das Projekt bei der Arbeitsgruppe<br />

MURMEL: TGU Malburg-Graf


Gemeindeprojekt St. Blasien<br />

St. Blasien: Im Dialog mit den Bürgern<br />

Die Ausgangssituation in St. Blasien<br />

St. Blasien liegt südlich des Feldbergs im Landkreis<br />

Waldshut. Zur Stadt gehören neben der Kernstadt<br />

mit 2.530 Einwohnern auch die Ortschaften Menzenschwand<br />

mit 560 Einwohnern, die etwa acht<br />

Kilometer nordwestlich der Kernstadt liegt und<br />

Albtal mit 420 Einwohnern, das etwa vier Kilometer<br />

südöstlich gelegen ist. Alle Stadtteile haben sich an<br />

„<strong>Schwarzwaldort</strong> - <strong>Lebensort</strong>“ beteiligt.<br />

St. Blasien wird vom mächtigen Dom und der ehemaligen<br />

Klosteranlage dominiert, daneben befinden<br />

sich mehrere große Kurkliniken, die das kleinstädtische<br />

Bild der Kurstadt prägen. Bei der Bestandserhebung<br />

zu innerörtlichen Potenzialen sind im<br />

Stadtzentrum zwei Bereiche mit Leerständen und<br />

Brachflächen besonders in Erscheinung getreten.<br />

Positiv ist das in Bezug zur Stadtgröße sehr gute<br />

Einzelhandelsangebot, das von der Kaufkraft der<br />

Kurgäste und der Tagestouristen getragen wird.<br />

Eine große Zahl von Schwarzwaldhöfen, die im<br />

Vorderdorf und Hinterdorf zwei Siedlungsbereiche<br />

markieren, bestimmen das Ortsbild von Menzenschwand,<br />

das von einer reizvollen Kulturlandschaft<br />

umgeben ist. In beiden Ortsteilen befinden sich<br />

mehrere Gebäude mit Gästezimmern und Ferienwohnungen,<br />

die einen Modernisierungsbedarf<br />

Dom und Innenstadt St. Blasien<br />

[28]<br />

aufweisen. Der Strukturwandel, weg von der Landwirtschaft,<br />

hin zum Tourismus ist längst vollzogen.<br />

Im Vorderdorf sind zwei ehemalige Kliniken, die<br />

seit Jahren leer stehen, die dringendsten städtebaulichen<br />

Probleme.<br />

Im sehr lang gestreckten Albtal befinden sich mehrere<br />

Streusiedlungen, die sich längs des Flusslaufs der<br />

Alb und in Seitentälern mit kleinen Hausgruppen<br />

erstrecken. Als Leerstände treten dort besonders<br />

einzelne große Gasthöfe in Erscheinung.<br />

In allen Stadtteilen gibt es eine Vielzahl von denkmalgeschützten<br />

Gebäuden, die meist in gutem<br />

Erhaltungszustand sind. In einigen Fällen wurden<br />

die Eigentümer dieser Gebäude im Rahmen der Eigentümergespräche<br />

zu möglichen Baumaßnahmen<br />

und zu Fördermöglichkeiten beraten.<br />

Insgesamt fanden in St. Blasien 30 Eigentümerberatungen<br />

statt, oft hatten die Eigentümer schon<br />

konkrete Pläne, so dass in den nächsten Jahren mit<br />

einigen Baumaßnahmen im Bestand zu rechnen ist<br />

und so eine bessere Nutzung der vorhandenen Substanz<br />

erreicht wird. Zu Beratungsgesprächen konnten<br />

sich Interessenten bei einer Bürgerversammlung<br />

anmelden, die Stadtverwaltung hat Beratungstage<br />

organisiert, bei denen jeder Eigentümer in seinem<br />

Gebäude beraten wurde.


[29] Gemeindeprojekt St. Blasien<br />

Schwarzwaldhöfe in Menzenschwand<br />

Schwerpunkt Bürgerbeteiligung<br />

Die Bürgerversammlung bildete den Auftakt für ein<br />

sehr intensives Verfahren, das sich an alle Einwohner<br />

richtete und eine unerwartet große Resonanz<br />

hatte. Bereits bei einer Gemeinderatssitzung im Januar<br />

waren sehr viele Zuhörer anwesend. Im März<br />

nahmen dann 250 Personen an der Bürgerversammlung<br />

teil, bei der über „<strong>Schwarzwaldort</strong> - <strong>Lebensort</strong>“<br />

berichtet wurde. Neben dem Gesamtverfahren<br />

wurden die Bestandserhebungen zu den innerörtlichen<br />

Potenzialen und der Tourismusentwicklung<br />

vorgestellt.<br />

Um der großen Bedeutung des Tourismus in St.<br />

Blasien gerecht zu werden, wurde das gesamte Verfahren<br />

vom Büro Komm...zept begleitet. Es wurden<br />

verschiedene bereits bestehende Studien zur Tourismusentwicklung<br />

in St. Blasien ausgewertet, daraus<br />

wurde eine Stärken-Schwächen-Analyse erarbeitet<br />

und im Rahmen der Bürgerbeteiligung die Arbeitskreise<br />

Tourismus begleitet.<br />

Plakat zur Bürgerversammlung<br />

Bei der Bürgerversammlung hatten die Bürger<br />

die Möglichkeit sich für eine von insgesamt fünf<br />

Arbeitsgruppen anzumelden, die sich bei zwei<br />

Terminen mit verschiedenen Aspekten der Stadtentwicklung<br />

beschäftigt haben. An den Arbeitsgruppen<br />

nahmen jeweils zehn bis fünfzehn Bürger teil.<br />

Unterstützt wurde das Verfahren durch das Büro Dr.<br />

Acocella aus Lörrach.<br />

Folgende Arbeitskreise wurden gebildet:<br />

• Strukturentwicklung Menzenschwand<br />

• Tourismusentwicklung Menzenschwand<br />

• Strukturentwicklung St. Blasien<br />

• Tourismusentwicklung St. Blasien<br />

• Strukturentwicklung Albtal<br />

Arbeitsgruppe „Tourismusentwicklung St. Blasien“<br />

Beim ersten Treffen wurden sehr breit angelegt Ideen<br />

zur künftigen Stadtentwicklung gesammelt. Alle<br />

Teilnehmer hatten Gelegenheit, ihre Vorstellungen<br />

vorzutragen und auf Moderationskarten kurz zu<br />

formulieren. Die Karten wurden anschließend nach<br />

Themen sortiert und von den Teilnehmern durch<br />

Punkte nach ihrer Bedeutung gewichtet.<br />

Da sich die Ideen in den verschiedenen Gruppen<br />

zum Teil wiederholten, wurden die beiden Gruppen<br />

zu Menzenschwand bzw. St. Blasien beim zweiten<br />

Termin zusammengefasst. Bei diesem Termin diskutierten<br />

die Bürger zunächst die für wichtig befundenen<br />

Themenbereiche weiter, um anschließend in<br />

Kleingruppen Projektvorschläge auszuformulieren.<br />

Dafür wurden Projektdatenblätter bereitgestellt.<br />

Weil die Zeit dafür nicht ausreichte, trafen sich die<br />

Arbeitsgruppen danach eigenständig, um die Vorschläge<br />

auszuarbeiten und zu veranschaulichen.


Gemeindeprojekt St. Blasien<br />

Ein bereits sehr weit ausgearbeitetes Projekt der Arbeitsgruppen<br />

in Menzenschwand ist z. B. ein Naturlehrpfad,<br />

der die naturräumlichen Gegebenheiten<br />

hervorhebt und deren Entstehung für die Besucher<br />

verständlich macht. Rundgänge sind auf drei Stufen<br />

vorgesehen, entweder können die Besucher den<br />

Weg allein gehen, an einer Führung mit einfachen<br />

Erläuterungen teilnehmen oder eine Spezialführung<br />

mit vertiefenden Informationen buchen.<br />

Auszug Projektvorschlag „Wanderwege in Menzenschwand“<br />

In St. Blasien wurde unter anderem die Entwicklung<br />

eines Leitsystems für Fußgänger und Touristen<br />

vorgeschlagen, das die Verbindung zwischen dem<br />

Dom und der Stadt verbessern soll und auch die<br />

Waldwege einbindet. Als ersten Schritt planen die<br />

Teilnehmer der Arbeitsgruppe die Besichtigung<br />

guter Beispiele in anderen Gemeinden.<br />

Ach, Sie machen das Projekt,<br />

damit es im Ort wieder aufwärts<br />

geht?!<br />

Bürger bei der Bestandsaufname<br />

Im Albtal wurden die Projektvorschläge von der<br />

Arbeitsgruppe sehr weit ausgearbeitet und in<br />

einer Präsentation dargestellt. Ein Vorschlag ist die<br />

Schaffung eines Dorfplatzes mit Grillgelegenheit<br />

und Schutzhütte. Angrenzend an den bestehenden<br />

Kindergarten, das Feuerwehrgebäude, die Vereinsräume<br />

und einen Spielplatz soll ein Treffpunkt für<br />

die Bürger des Albtals geschaffen werden, der die<br />

Nutzungsmöglichkeiten erweitert.<br />

Bürgerbeteiligung<br />

• Information Gemeinderat<br />

• Bürgerversammlung zur Information über das<br />

Verfahren<br />

• 1. Termin mit 5 Arbeitsgruppen, Ideensammlung<br />

• 2. Termin mit 3 Arbeitsgruppen, Projektvorschläge<br />

• 3. Termin informell, zur Ausarbeitung der Projektvorschläge<br />

• Information Gemeinderat<br />

• Bürgerversammlung zur Information über die<br />

Projektvorschläge<br />

• Beratung einzelner Projektvorschläge im Gemeinderat<br />

• Umsetzung von Projekten<br />

[30]<br />

Fazit<br />

Die Projektvorschläge bewegen sich auf drei Ebenen:<br />

• einzelne Projekte können von den Bürgern direkt<br />

umgesetzt werden,<br />

• andere Projekte können gemeinsam von Bürgern<br />

und der Stadt umgesetzt werden, wenn die Vorschläge<br />

Zustimmung finden,<br />

• wenige Projekte bedürfen der Beteiligung von<br />

Fachbehörden und sind nicht in der Entscheidungshoheit<br />

der Stadt umzusetzen.<br />

Über diejenigen Projekte, die mit der Stadt umgesetzt<br />

werden könnten, wird im Anschluss an eine<br />

zweite Bürgerversammlung, bei der alle interessierten<br />

Einwohner von St. Blasien über die Projektvorschläge<br />

informiert werden, nochmals der Gemeinderat<br />

beraten. Damit soll gewährleistet werden, dass<br />

keine Projektvorschläge ins Leere laufen und die<br />

beteiligten Arbeitsgruppen eine Resonanz auf ihre<br />

Vorschläge erhalten.<br />

Es ist auch wünschenswert, dass sich die Gruppen<br />

weiterhin treffen, um den begonnenen Prozess fortzusetzen<br />

und die Vorschläge Schritt für Schritt, z. T.<br />

ehrenamtlich, umzusetzen und so zu Verbesserungen<br />

in der Stadt beizutragen.<br />

Das in St. Blasien durchgeführte Verfahren der<br />

intensiven Bürgerbeteiligung hat zu einer verbreiterten<br />

Basis für die Umsetzung von Maßnahmen<br />

geführt. Im Mittelpunkt standen oft Themen mit<br />

Bezug zum Tourismus und zu Aktivitäten in der


[31] Gemeindeprojekt St. Blasien<br />

Natur. Daneben gab es viele Vorschläge zu mehr<br />

Austausch untereinander, zu Treffpunkten und<br />

zur Auseinandersetzung mit der Identität in den<br />

Stadtteilen. Die Projektvorschläge fließen nun in die<br />

Formulierung der Entwicklungsziele mit ein, die<br />

den Abschluss des Verfahrens bilden.<br />

St. Blasien ist mit fast 60 Übernachtungen je Einwohner<br />

eine wichtige Fremdenverkehrsgemeinde<br />

im Südlichen Schwarzwald. Die Stadt genießt<br />

einen guten Ruf als Kurort, wovon auch die<br />

Stadtteile profitiert haben. Mit den Auswirkungen<br />

der Gesundheitsreformen ab Mitte der 90er Jahre<br />

sind die Gäste- und Übernachtungszahlen deutlich<br />

zurückgegangen. Dies konnte nur teilweise<br />

durch Gäste im Erholungs- und Tagesreiseverkehr<br />

aufgefangen werden. St. Blasien besitzt jedoch<br />

reichhaltige Potenziale (Landschaft, Klima, Knowhow<br />

Gesundheit, Naturerlebnis, Wintersport)<br />

diese Segmente erfolgreich auszubauen.<br />

Der Tourismus ist in St. Blasien der bedeutendste<br />

Wirtschaftsfaktor (Wertschöpfung, Arbeitsplätze)<br />

und leistet einen wichtigen Beitrag zum Erhalt<br />

von Grundversorgung, Dienstleistungen und Infrastruktur.<br />

Für die künftige Entwicklung der Stadt<br />

spielt der Tourismus auch weiter eine bedeutende<br />

Rolle. Es gilt, die vorhandenen Potenziale sowie<br />

die Trends am Tourismusmarkt, die mehr Chance<br />

als Risiko darstellen, konsequent zu nutzen. Die<br />

im Rahmen der Bürgerbeteiligung breit geführte<br />

Diskussion um die strategische Ausrichtung wie<br />

auch um die eigene Identität als Tourismusgemeinde<br />

hat hier den Weg vorgezeichnet.<br />

Insgesamt hat die Diskussion über die Ziele der<br />

künftigen Stadtentwicklung durch die Bürgerbeteiligung,<br />

die Eigentümerberatung und die Analysen<br />

vor Ort viele Impulse erhalten. Es wurde ein Prozess<br />

in Gang gesetzt, der auch weiterhin Anstöße zur<br />

künftigen Entwicklung geben kann und durch die<br />

engagierten Bürger lebendig gehalten wird. Wenn<br />

nun in der Folge private, ehrenamtlich getragene<br />

und kommunale Maßnahmen umgesetzt werden,<br />

ist es gelungen, der aufkommenden Aufbruchstimmung<br />

eine sinnvolle Richtung zu geben und<br />

zu einer Belebung der Ortschaften und der Stadt<br />

insgesamt beizutragen.<br />

Verantwortlich für das Projekt bei der Arbeitsgruppe<br />

MURMEL: Dipl.-Ing. Martin Wypior in Kooperation<br />

mit Komm...zept, Frank Leichsenring.<br />

„Hampe will no obis für sini<br />

Enckel“<br />

Planausschnitt Menzenschwand mit Gebäuden,<br />

die in der Denkmalliste eingetragen sind (grün)<br />

und öffentlichen Gebäude (braun)<br />

Teilnehmer Arbeitskreis


Gemeindeprojekt Zell im Wiesental<br />

Zell im Wiesental: Dörfer gemeinsam<br />

lebenswert entwickeln<br />

Das im Landkreis Lörrach gelegene Zell im Wiesental<br />

mit 6.100 Einwohnern bildet die geographische<br />

Mitte des Wiesentals, welches Basel und Lörrach mit<br />

dem Feldberg verbindet. Das Stadtgebiet erstreckt<br />

sich von 420 bis auf 1.077 m Höhe. Ein Drittel der<br />

Einwohner lebt in den eingemeindeten Teilorten<br />

Adelsberg, Atzenbach, Gresgen, Mambach, Pfaffenberg<br />

und Riedichen.<br />

Zell hat eine bis in die Mitte des 18. Jahrhunderts<br />

zurückreichende Geschichte als Industrieort und<br />

war lange Zeit durch die Textilindustrie, verbunden<br />

mit der Marke „Irisette“ der Zell-Schönau AG,<br />

geprägt. Nach einer Zeit starker Bevölkerungsabwanderung<br />

hat sich die Einwohnerzahl inzwischen<br />

stabilisiert. Mit einer weiteren Abnahme ist aufgrund<br />

von Wanderungsverlusten zu rechnen.<br />

Die Ausgangssituation in Zell<br />

Die Stadt Zell im Wiesental beteiligte sich mit drei<br />

der sechs Teilorte <strong>–</strong> Gresgen, Mambach und Riedichen<br />

- an dem Projekt „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“.<br />

Die Bergdörfer Gresgen und Riedichen liegen<br />

westlich bzw. östlich des Wiesentals auf den Höhenzügen<br />

des Südschwarzwalds in einer offenen<br />

Kulturlandschaft. Mit 210 Einwohnern bildet Riedichen<br />

einen der kleinsten Teilorte, in Gresgen leben<br />

rund 480 Einwohner. Mambach zählt 415 Einwohner<br />

und liegt direkt an der B 317 nördlich der Stadt<br />

im Wiesental. Von ehemaligen Handwerker- und<br />

Bauerndörfern haben sich Mambach, Gresgen und<br />

Riedichen im Lauf des 20. Jahrhunderts zu landwirtschaftlich<br />

geprägten Wohndörfern entwickelt.<br />

Der Reiz der vielfältigen Kulturlandschaft - besonders<br />

auf den Höhen des Südschwarzwaldes - bringt<br />

es mit sich, dass der Tourismus als Wirtschaftsfaktor<br />

eine nicht unbedeutende Rolle spielt. Gerade die<br />

Bergorte sind daher in der Weiterentwicklung ihrer<br />

touristischen Potenziale zu unterstützen.<br />

Die Dorfgemeinschaften sind von starkem Zusammenhalt<br />

geprägt. Aber Nahversorger haben sich<br />

schon lange zurückgezogen. Je kleiner der Ort,<br />

desto dünner ist die Infrastruktur und desto größer<br />

das Angewiesensein auf nachbarschaftliche Unterstützung.<br />

Die Abwanderung junger Erwachsener<br />

für Ausbildung oder Beruf stellt für Mambach ein<br />

Problem dar.<br />

Gebäudeleerstand in großem Ausmaß spielt aktuell<br />

noch keine erhebliche Rolle für die Orte. Es sind<br />

Leer stehendes ehemaliges Rathaus in Gresgen<br />

Aufwertungspotenzial am Wiesental-Radweg in Mambach<br />

Ehemalige Schule in Riedichen (genutzt als Dorfgemeinschaftshaus)<br />

[32]<br />

eher vereinzelte, dafür aber Ortsbild prägende Leerstandsobjekte,<br />

teilweise in kommunalem Eigentum,<br />

die einer Nachnutzung oder Sanierung bedürfen,<br />

um durch äußerlichen Verfall dem Gesamtbild des<br />

Ortes nicht zu schaden.<br />

Ziele und Ablauf des Dialogverfahrens<br />

Handlungsbedarf besteht seitens der Ortschaften<br />

darin, einerseits neue Nutzungen für Ortsbild prägende<br />

innerörtliche Gebäude und Areale zu finden,<br />

andererseits weitere Entwicklungspotenziale und<br />

konkrete Maßnahmen zur Ortsteilentwicklung zu


[33] Gemeindeprojekt Zell im Wiesental<br />

identifizieren und deren Realisierung mit hoher Eigeninitiative<br />

durch die Dorfgemeinschaft in Angriff<br />

zu nehmen. Die Erhaltung und nachhaltige Stärkung<br />

der Wohnfunktion der Dörfer und der Erhalt<br />

einer guten Bevölkerungsmischung standen daher<br />

im Vordergrund des Projektablaufs.<br />

Vorgehen im Projekt „<strong>Schwarzwaldort</strong> - <strong>Lebensort</strong>“<br />

Zukunftswerkstätten und Bürgerbeteiligung<br />

Das Arbeitsprogramm sah vor, auf breiter Basis ein<br />

Bewusstsein für die weitere Entwicklung der Ortschaften<br />

zu schaffen, die Bürgerinnen und Bürger<br />

zur Mitwirkung zu motivieren und die zukünftige<br />

Entwicklung öffentlich zu diskutieren. Dazu wurde<br />

in allen Ortsteilen eine eintägige Veranstaltung zur<br />

Bürgerbeteiligung konzipiert, durchgeführt und<br />

ausgewertet. Die Mitwirkung war in allen Ortsteilen<br />

sehr engagiert. Es wurden - in unterschiedlicher<br />

Intensität - vorab offene Treffen durchgeführt, in<br />

denen die Stärken und Schwächen der Ortsteile aus<br />

Sicht ihrer Bürger aufgenommen wurden.<br />

In den mit jeweils rund 30 Teilnehmenden gut<br />

besuchten Zukunftswerkstätten wurde dann in<br />

drei Phasen gearbeitet. Nach einer Diskussion der<br />

Bestandsaufnahme und der Entwicklung von kreativen<br />

Zukunftsvisionen und Szenarien auf Basis eines<br />

fachlichen Inputs zu aktuellen gesellschaftlichen,<br />

ökologischen und ökonomischen Trends konnten im<br />

Ergebnis jeweils sieben bis acht realisierbare Projektideen<br />

entwickelt werden.<br />

Die gute Mischung der Teilnehmerschaft wurde vor<br />

Ort als motivierendes Signal für die Weiterarbeit an<br />

den verschiedenen Themen der Dorfentwicklung<br />

und Ortskernstärkung gewertet.<br />

Die Ideen sind darauf mit dem Ansprechpartner aus<br />

der Verwaltung sowie den Ortsvorstehern jeweils<br />

kritisch beleuchtet und in eine vorläufige Rangfolge<br />

Kleingruppenarbeit in der Zukunftswerkstatt<br />

gebracht worden. Die Bewertung erfolgte auf Grund<br />

der Bedeutung der Projekte für die Ortsteilentwicklung,<br />

der aktuellen Situation im Ortsteil und der<br />

erwarteten Machbarkeit der einzelnen Projekte.<br />

Eine tiefer gehende Betrachtung und Ermittlung der<br />

Chancen, die in den einzelnen Vorschlägen steckten,<br />

erfolgte durch die Projektbegleiter im Anschluss.<br />

Für einzelne Vorhaben, z.B. Sanierung des Bürgerhauses<br />

in Riedichen oder Schaffung einer multifunktionalen<br />

Gedenk- und Begegnungsstätte in<br />

Gresgen, wurden mit Unterstützung der Projektbegleiter<br />

Konzeptionen entwickelt und erste Schritte<br />

in Richtung einer Realisierung gegangen.<br />

„Ich war überrascht, wie groß das<br />

Interesse der Lüt war!“<br />

Klaus Wetzel, Ortsvorsteher von Mambach<br />

Gezielte Eigentümeransprache<br />

Auch private Gebäude- und Grundstückseigentümer<br />

sollten gezielt für das Thema der Innenentwicklung<br />

sensibilisiert und zu aktiver Mitwirkung<br />

bei der Ortskernentwicklung motiviert werden. Zu<br />

diesem Zweck, sowie um über bestehende Fördermöglichkeiten<br />

und die Möglichkeit einer individuellen<br />

Förderberatung zu informieren, wurde eine<br />

Informationsveranstaltung für alle drei Ortsteile<br />

durchgeführt. In Zusammenarbeit mit der <strong>LEADER</strong>-<br />

Geschäftsstelle wurde über die Förderbedingungen<br />

des ELR und <strong>LEADER</strong> informiert.<br />

Die gute Resonanz von 26 Teilnehmenden an der<br />

Veranstaltung zeigt ein großes Interesse an Fördermöglichkeiten.<br />

In der Folge haben fünf Eigentümer<br />

an einer individuellen Beratung teilgenommen. Sie


Gemeindeprojekt Zell im Wiesental<br />

haben nun die Möglichkeit, ihren eigenen Klärungsprozess<br />

voranzutreiben, den es bedarf, um einen<br />

Förderantrag zu stellen und ein Sanierungsvorhaben<br />

vorzubereiten.<br />

Entwicklungsfähiges Areal ‚Alte Schmiede’<br />

Ein weiteres Ziel im Projekt war es, die Chancen<br />

auszuloten, mit Eigentümern von Immobilien, die<br />

für die Ortsentwicklung besondere Bedeutung<br />

haben, zu kooperieren, um positive Effekte für die<br />

Ortskernstärkung zu erzielen. Teils handelte es sich<br />

um Leerstandsobjekte, teils ging es darum, einem<br />

möglicherweise zukünftig eintretenden Leerstand<br />

durch Beratung vorzubeugen. Dazu wurden die Eigentümer<br />

zweier Gasthäuser, einer alten Schmiedewerkstatt<br />

und eines denkmalgeschützten Tagungshauses<br />

direkt durch die Arbeitsgruppe MURMEL<br />

angesprochen und beraten.<br />

Integrierte Ortsentwicklungskonzepte<br />

Für alle drei Ortsteile wurde jeweils ein integriertes<br />

Entwicklungskonzept erstellt und vor Ort abgestimmt.<br />

Es dient den Akteuren der Teilorte und der<br />

Stadtverwaltung sowohl als Arbeitsprogramm für<br />

die nächsten Jahre als auch als Grundlage für die<br />

Beantragung von Fördermitteln aus dem ELR und<br />

weiterer Fördergeber.<br />

Treffen der Ortsvorstände<br />

Bei einem gemeinsamen Treffen aller drei Ortsvorsteher<br />

und ihrer Stellvertreter aus Gresgen, Mambach<br />

und Riedichen wurde gemeinsam mit dem<br />

Bürgermeister darüber beraten, wie der begonnene<br />

Prozess in der Bürgerschaft verankert und damit die<br />

Nachhaltigkeit gesichert werden kann. Im Ergebnis<br />

wurde deutlich, dass das Engagement der Bürgerin-<br />

nen und Bürger für ihren Ort auf einer Verlässlichkeit<br />

der Stadt den Ortsteilen gegenüber fußen muss.<br />

Ergebnisse des Dialogverfahrens<br />

Im Projektverlauf wurden die Ortsvorsteher und die<br />

Stadtverwaltung darin unterstützt, langfristige Ziele<br />

und tragfähige Maßnahmen zur Ortsentwicklung zu<br />

identifizieren und die Bürgerinnen und Bürger zur<br />

Mitwirkung zu motivieren. Es wurde die Erfahrung<br />

gemacht, dass es Ziel führender ist, Projekte zur<br />

Ortsteilentwicklung nicht in erster Linie an die<br />

Kriterien möglicher Förderprogramme anzupassen,<br />

sondern daran, was für die Ortsteilentwicklung<br />

wichtig und von den Bürgerinnen und Bürgern<br />

gewünscht ist. Dies bietet die Chance, dass<br />

Vorhaben, die das Wesentliche im Blick behalten,<br />

mit hohem Bürgerengagement eigenständig<br />

realisiert werden.<br />

Überraschend war für die Ortsvorsteher der drei<br />

Teilorte das starke Interesse der Bewohner und<br />

die rege Teilnahme an der Zukunftswerkstatt.<br />

Durch die Vielfalt an Ideen sowie den starken<br />

Unterstützungswillen im Ort wurden sie darin<br />

bestärkt, die Dorfentwicklung gemeinsam mit den<br />

Bürgern „in die Hand zu nehmen“ und in den<br />

nächsten Jahren aktiv voranzutreiben.<br />

[34]<br />

…den Ortsteilen ist aufgezeigt<br />

worden, wo Chancen stecken.<br />

Rudolf M. Rümmele, Bürgermeister<br />

Neben wichtigen, aber finanzielle und personelle<br />

Ressourcen bindenden Projekten, wie z. B. der<br />

Sanierung des ehemaligen Schulhauses als<br />

Bürgerhaus in Riedichen oder der Aufwertung<br />

eines schönen Naherholungsareals an der<br />

Wiese in Mambach, sind vor allem Projekte, die<br />

bestehendes bürgerschaftliches Engagement und die<br />

entstandene Dynamik vor Ort nutzen und fördern,<br />

als wichtig für die Ortsteilentwicklung erkannt<br />

worden. Die kleineren Maßnahmen, wie eine<br />

Verschönerungsmaßnahme des Ortsbildes oder die<br />

Einrichtung einer Homepage, tragen dazu bei, das<br />

Gemeinwesen zu bereichern und eine Möglichkeit<br />

der Beteiligung zu bieten. Vieles kann in Eigenregie<br />

durch die Bürger ohne Hilfe der Stadtverwaltung<br />

oder aufwändige Förderanträge gestemmt werden.


[35] Gemeindeprojekt Zell im Wiesental<br />

Sanierung der ehemaligen Schule in Riedichen<br />

Baujahr: 1958<br />

Nutzung: Haus für Vereine und Gemeinschaftsaktivitäten,<br />

Sitz der Ortsverwaltung<br />

Mängel: - fehlende Umwidmung in ein Bürgerhaus<br />

- energetischer Sanierungsbedarf<br />

- mangelhafter Brandschutz<br />

- fehlende Barrierefreiheit<br />

- mangelhafte Vorplatzgestaltung<br />

- keine Integration des Jugendraumes<br />

- technische Ausstattung<br />

Ausblick: Die Modernisierung des Gebäudes ist<br />

eine strukturell bedeutsame Maßnahme<br />

zur Aufrechterhaltung der<br />

Lebens- und Wohnqualität des kleinen,<br />

auf gute nachbarschaftliche Beziehungen<br />

und Unterstützungsnetzwerke<br />

angewiesenen Teilortes. Eine Beantragung<br />

über ELR wird angeraten, für<br />

die Förderung über <strong>LEADER</strong> ist ein<br />

multifunktionaler, innovativer Charakter<br />

erforderlich.<br />

Aufwertung des Wiesentalgeländes in Mambach<br />

Nutzung: Grünland<br />

Umfeld: Campingplatz, Spielplatz, Wiesental-<br />

Radweg, Grünland<br />

Ziele: Aufwertung als Freizeitbereich am<br />

Wasser, Umsetzung verschiedener<br />

Projektideen aus der Zukunftswerkstatt<br />

(Bolzplatz, Badebereich, Grillplatz<br />

u.a.)<br />

Ausblick: Die Wiesentalaue könnte unter Berücksichtigung<br />

der Lage und Qualität des<br />

Campingplatzes als Naherholungsraum<br />

aufgewertet werden und somit<br />

eine besondere Qualität im Wiesental<br />

darstellen. Eine Kooperation mit einer<br />

Hochschule (studentisches Projekt)<br />

könnte Gestaltungsmöglichkeiten<br />

aufzeigen.<br />

Verantwortlich für das Projekt<br />

bei der Arbeitsgruppe MURMEL:<br />

forum für internationale entwicklung + planung


Regionaler Erfahrungsaustausch<br />

Den Erfahrungsaustausch<br />

in der Region anregen<br />

<strong>LEADER</strong> hat als Initiative für den ländlichen Raum<br />

per se einen regionalen Entwicklungsansatz. Im<br />

Rahmen des Projektes sollte deshalb der Erfahrungsaustausch<br />

zwischen den fünf teilnehmenden<br />

Gemeinden und weiteren interessierten Akteuren<br />

aus der Region ermöglicht werden.<br />

Der regionale Austausch umfasste<br />

• das erste Austauschtreffen der Gemeinden am<br />

17. September 2009 in Zell im Wiesental,<br />

• die Veranstaltung „<strong>Schwarzwaldort</strong>e im Gespräch“<br />

am 17. März 2010 in Bernau,<br />

• die begleitende Pressearbeit<br />

• und die Ergebnispräsentation am 22. Juni 2010<br />

in Königsfeld.<br />

Erstes Austauschtreffen in Zell<br />

Zum ersten Austauschtreffen waren die Bürgermeister,<br />

die Verwaltungsmitarbeiter und Ortsvorsteher<br />

aus den teilnehmenden Gemeinden<br />

sowie die Mitglieder der Lokalen <strong>Aktionsgruppe</strong><br />

(LAG Südschwarzwald) eingeladen. Nachdem<br />

die Arbeitsgruppe MURMEL das Gesamtprojekt<br />

erläuterte, stellten Vertreter aus den Gemeinden ihre<br />

Projektkonzeption bzw. je nach Projektfortschritt die<br />

ersten Erfahrungen vor. Im Anschluss erörterten die<br />

Vertreter der Gemeindeprojekte, welchen Nutzen sie<br />

bisher aus den Gemeindeprojekten für ihre Gemeinde<br />

ziehen können. Die Beispiele für Kartierung und<br />

Bewertung der Flächenpotenziale, für die Befragung<br />

der Eigentümer und für die Bürgerbeteiligung<br />

wurden als hilfreich angesehen. Zwar war allen<br />

bewusst, wie sehr sich die Problemlagen und Handlungsansätze<br />

in den Gemeinden unterscheiden, aber<br />

die Möglichkeit zum interkommunalen Austausch<br />

wurde dennoch begrüßt.<br />

Eine weitere Arbeitsgruppe, die sich aus Verwaltungsmitarbeitern<br />

aus den Landratsämtern und<br />

weiteren, auf regionaler Ebene agierenden Akteuren<br />

zusammensetzte, überlegte, welche Anknüpfungspunkte<br />

sie für ihre eigene Arbeit in der Region<br />

sehen: Die Bedeutung der aktiven Kommunikation<br />

über die Aktivierung innerörtlicher Potenziale<br />

wurde erkannt sowie die Notwendigkeit einer<br />

Beteiligung „von unten“. Denn in jedem Fall sei es<br />

wichtig, herauszuarbeiten, was die Identität eines<br />

Ortes ausmacht und daraus das Handeln abzuleiten.<br />

[36]<br />

<strong>Schwarzwaldort</strong>e im Gespräch<br />

Am 17. März 2010 kamen rund 70 interessierte Personen<br />

im Kursaal von Bernau zu „<strong>Schwarzwaldort</strong>e<br />

im Gespräch“ zusammen. Nach Informationen zum<br />

Ablauf des Projektes folgen drei Impulsreferate zu<br />

Handlungsansätzen, die für die Aktivierung von innerörtlichen<br />

Potenzialen im <strong>LEADER</strong>-Aktionsgebiet<br />

Südschwarzwald relevant sind.<br />

Beratung von Eigentümern<br />

Bürgermeister Rolf Schmidt aus Bernau schilderte<br />

den Projektverlauf mit Leerstandserhebung, Befragung,<br />

Informationsveranstaltung und Einzelberatungen<br />

von interessierten Eigentümern. Die Diskussion<br />

an den folgenden moderierten Tischgruppen<br />

erbrachte, dass die gezielte und persönliche Ansprache<br />

von allen als sinnvoll erachtet wurde. Allerdings<br />

sollte sie in ein Bündel aus ergänzenden Maßnahmen<br />

eingebunden sein.<br />

Junge Haushaltsgründer<br />

Bei den Eigentümerberatungen in den Gemeinden<br />

kommt häufig zur Sprache, dass die Elterngeneration<br />

sich überlegt, ob ihre Kinder die Gebäude später<br />

nutzen. Mangels Zuwanderung von außen müssen<br />

die Bleibeabsichten gestärkt und Abwanderung<br />

gebremst werden. Die Kabarettgruppe „Bure zum<br />

Alange“ illustrierte, wie die privaten Entscheidungen<br />

der jungen Haushaltsgründer und ihrer Familien<br />

die Ortsentwicklung beeinflussen.<br />

An den Tischrunden war man sich einig: Das<br />

Bleiben oder Weggehen wird von einem Bündel<br />

von Faktoren beeinflusst. Zum einen sind natürlich<br />

Arbeitsplätze vor Ort wichtig. Aber selbst wenn diese<br />

fehlen, schätzen viele die Qualitäten der Heimat<br />

und nehmen Nachteile in Kauf. Diese Wertschätzung<br />

an die Herkunftsorte erwächst aus der Integration<br />

in ein soziales Netzwerk, das im Wesentlichen<br />

von den Vereinen geknüpft wird. Ein soziales Netz<br />

kann aber nicht alles kompensieren und Einschränkungen,<br />

wie z.B. bei den Kinderbetreuungsmöglichkeiten<br />

oder beim schnellen DSL-Anschluss werden<br />

am wenigsten toleriert.<br />

Bedeutung touristischer Nutzungen<br />

Der Bericht aus St. Blasien zeigte, dass Tourismus<br />

weiterhin eine wichtige Nutzungsart innerörtlicher<br />

Potenziale darstellt. Er zeigt aber auch die<br />

Schwierigkeiten bei der Weiternutzung von vorhandenen<br />

touristischen Angeboten. Aus Sicht der<br />

Teilnehmer an den Tischgruppen sind Maßnahmen


[37] Regionaler Erfahrungsaustausch<br />

an den Gebäuden die zentrale „Stellschraube“ zur<br />

Steigerung der touristischen Attraktivität und zum<br />

Aufrechterhalten eines touristischen Angebotes. Im<br />

Rahmen von Modernisierungsmaßnahmen muss<br />

das Besondere herausgearbeitet werden. Es ist für<br />

Anbieter unerlässlich, sich Nischen zu suchen, um<br />

ein diversifiziertes Angebot zu schaffen und sich an<br />

unterschiedliche Zielgruppen zu richten. Allerdings<br />

müssen auch die Rahmenbedingungen für Tourismus<br />

in den Orten geschaffen werden und hier sind<br />

weitere Akteure, als nur die privaten Eigentümer,<br />

gefordert.<br />

Regionalanalyse belebt Austausch in der Region<br />

Die Analyse regional vorhandener Flächenpotenziale,<br />

die ja auf einer intensiven Mitarbeit durch Akteure<br />

aus den 37 teilnehmenden Gemeinden basierte,<br />

löste Interesse am Erfahrungsaustausch zwischen<br />

den Kommunen aus.<br />

Bei denjenigen, die vor Ort die Leerstände und<br />

Baulücken in den Weilern und Dörfern aufnahmen,<br />

war spürbar das Interesse dafür geweckt worden,<br />

was sie zu ihrer Aktivierung beitragen können.<br />

Die Veranstaltung hat die<br />

Komplexität des Themas<br />

aufgezeigt.<br />

Jede Kommune ist anders.<br />

Gute Ansätze können übernommen<br />

werden.<br />

…dient auch dazu, das eigene<br />

Vorgehen zu korrigieren.<br />

Stimmen der Teilnehmenden beim 1. Austauschtreffen<br />

Kleingruppe im ersten Austauschtreffen<br />

Kleingruppe im ersten Austauschtreffen<br />

Diskussion am Thementisch in Bernau


Fazit<br />

Fazit<br />

Am Schluss stellt sich die Frage: Was konnte das<br />

<strong>LEADER</strong>-Leitprojekt „<strong>Schwarzwaldort</strong> <strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“<br />

in der Region und in den aktiven Gemeinden bewirken?<br />

Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es darauf vor<br />

allem sehr persönliche Antworten einzelner Akteure.<br />

Nicht alle Wirkungen sind heute schon messbar,<br />

vieles wird sich im Laufe der nächsten Jahre erst<br />

erkennen lassen. Denn das Projekt kann nach einem<br />

Jahr Laufzeit vor allem Strategien und Methoden<br />

aufzeigen, wie innerörtliche Flächenpotenziale aktiviert<br />

werden können. Die eigentlichen „Maßnahmen“<br />

müssen nun folgen.<br />

Für 33 Gemeinden in drei Landkreisen der LEA-<br />

DER-Region gibt es nun eine Bestandsaufnahme<br />

von Flächenpotenzialen <strong>–</strong> ein erster Überblick ist<br />

geschaffen. Zudem benennt die Regionalanalyse<br />

Schwerpunkte, welche Potenziale am ehesten als<br />

aktivierbar erscheinen. Etwa einem Viertel der bis<br />

Ende April erfassten 824 Flächenpotenziale wurde<br />

von den Gemeinden selbst eine gute Nutzungsperspektive<br />

zugeschrieben. Dies ist ein motivierendes<br />

Ergebnis, sich mit dem Thema Innenentwicklung<br />

ganz praktisch auseinanderzusetzen, die Aktivierung<br />

dieser Potenziale in Angriff zu nehmen und<br />

Projekte anzustoßen. Hier kann sowohl <strong>LEADER</strong> als<br />

auch ELR unterstützend wirken.<br />

Die fünf Gemeindeprojekte sind weit über die<br />

Erhebung von Potenzialen hinausgegangen. Völlig<br />

unterschiedliche Problemstellungen wurden bearbeitet<br />

und sehr unterschiedlich war der Stand der<br />

Vorarbeiten. In Zell, St. Blasien und Schönau wurde<br />

das Jahr genutzt, um Strategie und Schwerpunkte<br />

für die Zukunft zu klären. Schönau entschied sich,<br />

nach einer differenzierten Bestandsaufnahme durch<br />

Flächenkataster und Haushaltsbefragung, für eine<br />

Flächenbörse, die Interessenten über das Internet die<br />

vorhandenen Flächenpotenziale anbietet.<br />

In Zell ging es darum, die Ideen der Bürger als<br />

Ressource für die Entwicklung von Maßnahmen für<br />

eine zukunftsfähige Gestaltung der Ortsteile aufzugreifen<br />

<strong>–</strong> und wichtig war hier sowohl der Blick auf<br />

kleine, zügig und in Eigenregie umsetzbare Projektideen,<br />

wie auch auf strukturell bedeutsame größere<br />

Projekte, für die in der Gesamtstadt die Ressourcen<br />

gebündelt werden müssen.<br />

In St. Blasien wurden rund 30 Eigentümer zu<br />

möglichen Baumaßnahmen beraten, davon werden<br />

[38]<br />

einige sicher in den nächsten Jahren Maßnahmen<br />

umsetzen. Zahlreiche Bürger haben in Arbeitsgruppen<br />

Projektideen zur Belebung der Kernstadt und<br />

der Ortsteile entwickelt, die nun Schritt für Schritt<br />

weiterverfolgt werden. Die enge Verzahnung des<br />

Tourismusangebots mit der künftigen Entwicklung<br />

St. Blasiens wurde deutlich.<br />

In Bernau lag der Schwerpunkt auf der Ansprache<br />

privater Eigentümer, die durch die große Offenheit<br />

für das Thema und die enge Zusammenarbeit<br />

zwischen allen Beteiligten sehr erfolgreich verlief.<br />

Insgesamt 20 Eigentümerberatungen durch Bürgermeister<br />

und Planer fanden statt, eine Reihe von<br />

Eigentümern beabsichtigt nun eine Umnutzung<br />

eines Gebäudes oder Gebäudeteils.<br />

Die Projektarbeit in Königsfeld konnte auf intensiven<br />

Vorarbeiten in der Gemeinde ansetzen. Die<br />

Bürgerwerkstätten zu ausgewählten innerörtlichen<br />

Entwicklungspotenzialen hatten deshalb zum Ziel,<br />

über das Arbeitsprogramm der kommenden Jahre<br />

breit zu informieren, es im Einzelfall zu justieren<br />

und in der Bürgerschaft zu verankern.<br />

Der rote Faden durch das Projekt „<strong>Schwarzwaldort</strong><br />

<strong>–</strong> <strong>Lebensort</strong>“ lautete: Dialog. Dialog zwischen<br />

Gemeinde und Eigentümern, Dialog durch Bürgerbeteiligung<br />

und Informationsveranstaltungen,<br />

aber auch schriftliche Kontaktaufnahme zu den<br />

Bürgern und Diskussionen in den Gemeinde- und<br />

Ortschaftsräten. Dialog fand auch zwischen den<br />

Gemeinden während des Projekts statt und zwischen<br />

uns - der Arbeitsgruppe MURMEL - und den<br />

Gemeinden, die am Gesamtvorhaben teilnahmen.<br />

Aus unserer Sicht liegt hier ein Schlüssel, denn vor<br />

allem im Austausch wird deutlich, welche Möglichkeiten<br />

es gibt, um eine neue Qualität in den Innenbereichen<br />

der <strong>Schwarzwaldort</strong>e als <strong>Lebensort</strong>e zu<br />

erreichen.<br />

Durch die Vielfalt der Themenstellungen in den<br />

Gemeindeprojekten ist es nun möglich, ganz unterschiedliche<br />

Beispiele für Vorgehensweisen der<br />

Potenzialaktivierung an die gesamte Region und darüber<br />

hinaus weiterzugeben. Die Beispiele können<br />

Impulse setzen und Chancen zum eigenen Handeln<br />

aufzeigen.<br />

.


[39] Kontakte<br />

Kontakte<br />

Gemeinden im Modellprojekt<br />

Gemeinde Bernau im Schwarzwald<br />

Bürgermeister Rolf Schmidt<br />

Rathaus Bernau<br />

Rathausstr. 18<br />

79872 Bernau<br />

www.bernau-schwarzwald.de<br />

Gemeinde Königsfeld im Schwarzwald<br />

Bürgermeister Fritz Link<br />

Rathaus Königsfeld<br />

Rathausstr. 2<br />

78126 Königsfeld<br />

www.koenigsfeld.de<br />

Gemeinde Schönau<br />

Bürgermeister Bernhard Seger<br />

Rathaus Schönau<br />

Talstraße 22<br />

79677 Schönau<br />

www.schoenau-im-schwarzwald.de<br />

Stadt St. Blasien<br />

Bürgermeister Johann Meier<br />

Rathaus St. Blasien<br />

Am Kurgarten 11<br />

79837 St. Blasien<br />

www.st-blasien.de<br />

Stadt Zell im Wiesental<br />

Bürgermeister Rudolf Rümmele<br />

Rathaus Zell im Wiesental<br />

Rathausgasse 4<br />

79669 Zell<br />

www.zell-im-wiesental.de<br />

Bildnachweis<br />

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�www.murmel-bw.de<br />

�<br />

�TGU<br />

Malburg-Graf an der TTI GmbH der Universität Stuttgart<br />

Dr. Barbara Malburg-Graf,<br />

Dipl.-Geogr. Sibylle Maringer<br />

und Dipl.-Geogr. Daniel Voith<br />

Heilbronner Str. 7<br />

70174 Stuttgart<br />

Tel. 0711/253947-81<br />

bmg@malburg-graf.de<br />

forum für internationale entwicklung + planung (finep)<br />

Dipl.-Geogr. Petra Schmettow,<br />

Dipl.-Geogr. M. Eng. Katrin Fritz<br />

Hindenburgstr. 2<br />

73728 Esslingen<br />

0711/912426-93<br />

info@finep.org<br />

Wypior Architekten<br />

Dipl.-Ing. Martin Wypior<br />

Freier Architekt<br />

Lothringer Str. 11<br />

70435 Stuttgart<br />

0711/389 0446<br />

info@wypior-architekten.de<br />

in Zusammenarbeit mit<br />

Komm…zept<br />

Frank Leichsenring<br />

Schönaustraße 10<br />

79540 Lörrach<br />

07621/186 50<br />

info@komm-zept.de<br />

Arbeitsgruppe MURMEL (Titel, S. 16 - 20, 21 links, 23, 29 oben links, 30 - 37, Rückseite)<br />

Architekturbüro Ketterer (S. 21 rechts)<br />

Kathrin Blum, Badische Zeitung (S. 29 rechts)<br />

FWD Hausbau und Grundstücks GmbH (S. 22)<br />

<strong>LEADER</strong> <strong>Aktionsgruppe</strong> Südschwarzwald (S. 5, 6, 9)<br />

Regierungspräsidium Freiburg (S. 4)<br />

Sven Scharr (S. 28)<br />

Stadt Schönau (S. 24, 26, 27)


Europäischer Landwirtschaftsfonds<br />

für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER):<br />

Hier Europäischer investiert Europa Landwirtschaftsfond<br />

in die ländlichen Gebiete<br />

für die Entwicklung des ländlichen<br />

Raums (ELER): Hier investiert Europa<br />

in die ländlichen Gebiete

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