Konservierung und Restaurierung der bemalten - Hochschule für ...
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<strong>Konservierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Restaurierung</strong> <strong>der</strong> <strong>bemalten</strong> Textiltapeten des Herrenhauses<br />
Ermlitz unter Einbeziehung <strong>der</strong> angewandten Forschung <strong>und</strong> <strong>der</strong> Aus- <strong>und</strong><br />
Weiterbildung junger Restauratoren<br />
Das Herrenhaus<br />
Im Jahre 1771 erwarb <strong>der</strong> Leipziger Jurist <strong>und</strong> Ratsherr Dr. Heinrich<br />
Friedrich Innozenz Apel (1732 – 1802) das damalige Rittergut von<br />
<strong>der</strong> Familie Bose. Die auf historischen Abbildungen belegte<br />
Fassadengestaltung des Herrenhauses sowie <strong>der</strong> Stil des<br />
Treppenhauses verweisen auf den Dresdner Barock <strong>der</strong> ersten Hälfte<br />
des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts, vielleicht sogar auf dessen namhaften<br />
Vertreter, den sächsischen Oberlandesbaumeister Johann Christoph<br />
Knöffel.<br />
Die Ausstattung des Hauses <strong>und</strong> die ehemals umfangreiche<br />
Bibliothek spiegeln den regen Austausch mit Künstlern <strong>und</strong><br />
Intellektuellen wie<strong>der</strong>, durch den sich die Familie Apel über<br />
Generationen auszeichnete. Die Räume <strong>der</strong> Beletage stehen heute<br />
wie<strong>der</strong> im Sinne <strong>der</strong> Nutzung des Herrenhauses als kulturelle<br />
Begegnungsstätte <strong>für</strong> Veranstaltungen offen.<br />
(Weitere Informationen unter www.kultur-gut-ermlitz.de).<br />
Die Tapeten<br />
Die Enfilade <strong>der</strong> Beletage umfasst insgesamt fünf<br />
Gesellschaftszimmer, <strong>der</strong>en zentraler Raum <strong>der</strong> nach seinem weißen<br />
Fayenceofen benannte Weiße Saal ist. Die Räume sind vermutlich in<br />
den 70er Jahren des 18. Jahrh<strong>und</strong>erts mit <strong>bemalten</strong><br />
Leinwandtapeten ausgestattet worden. Im Weißen Saal zeigen diese<br />
eine Gemäldegalerie in Trompe l’Œuil-Manier: Die direkt auf die<br />
Tapeten gemalten ländlichen Genredarstellungen mit ihren ebenfalls<br />
gemalten Rahmen hängen scheinbar an Seidenbän<strong>der</strong>n auf einer<br />
Damast-Tapete. Den unteren Wandabschluss bildet hier wie auch in<br />
den an<strong>der</strong>en Räumen ein kassettierter Leinwandlambris mit Blumen-<br />
o<strong>der</strong> Rocaillenverzierung. Über den drei Türen sind Supraporten<br />
angebracht, die Ruinenlandschaften darstellen. Der benachbarte<br />
Raum gegen Süden ist <strong>der</strong> Rote Salon, dieser zeigt mit Rocaillen<br />
umfasste, in hell nuancierter, grisaillehafter Malerei ausgeführte<br />
Gesellschaftsszenen. Die Supraporten sind hier mit Bacchanten <strong>und</strong><br />
Putten geschmückt. Der am südlichen Ende <strong>der</strong> Flucht gelegene<br />
Raum ist ähnlich dem Roten Salon gestaltet, die beiden nördlich<br />
Gartenansicht des Herrenhauses Ermlitz<br />
(Aufnahme 2006).<br />
Beletage des Herrenhauses, Blick aus dem weißen<br />
Saal in südliche Richtung (Aufnahme vor 1945).<br />
Weißer Saal , Nordostecke mit historischem<br />
Fayenceofen (Aufnahme 1951; Quelle:<br />
Landesamt <strong>für</strong> Denkmalpflege <strong>und</strong> Archäologie<br />
Sachsen-Anhalt).<br />
Weißer Saal, Südostecke (Aufnahme 2003).
gelegenen Räume weisen rein ornamentale bzw. florale Motive auf.<br />
Die ursprünglich direkt auf die Wände genagelten Tapeten sind<br />
vermutlich das Werk mehrerer Maler. Sie sind auf einer<br />
außerordentlich feinen Leinwand in Leimfarben ausgeführt, die<br />
ornamentalen Rocaille-Rahmungen sind mit Blattmetall akzentuiert.<br />
Die hohe künstlerische <strong>und</strong> handwerkliche Qualität <strong>der</strong> Ermlitzer<br />
Rokoko-Tapeten, ihre Geschlossenheit <strong>und</strong> – trotz <strong>der</strong> wechselhaften<br />
Geschichte des Hauses – relative Unberührtheit machen das<br />
Ensemble zu einem Schmuckstück bürgerlicher Rokoko-Kunst.<br />
Die Geschichte<br />
Die heute feststellbaren Schäden an den Tapeten hängen<br />
überwiegend mit <strong>der</strong> bewegten Geschichte des Hauses zusammen.<br />
Lange Zeit als reiner Sommersitz <strong>der</strong> Leipziger Familie Apel genutzt,<br />
wurde das Anwesen erst Anfang des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts zum ständigen<br />
Wohnsitz. Aus <strong>der</strong> Zeit bis nach dem 2. Weltkrieg findet man an den<br />
Tapeten Spuren dieser Nutzung sowie wenige lokale Reparaturen, wie<br />
zum Beispiel Hinterklebungen mit Zeitungspapier o<strong>der</strong> Textilflicken.<br />
Nach dem 2. Weltkrieg wurden das Landgut zur LPG <strong>und</strong> das<br />
Herrenhaus zum Kin<strong>der</strong>heim. Die Barocköfen wurden demontiert <strong>und</strong><br />
– wie die gesamte Ausstattung des Hauses einschließlich <strong>der</strong> Möbel<br />
<strong>und</strong> <strong>der</strong> umfangreichen Bibliothek – auf verschiedene Museen <strong>und</strong><br />
Archive verteilt. Zur Nutzung <strong>der</strong> Räume als Schlaf- <strong>und</strong><br />
Aufenthaltsräume wurden größere, mit Braunkohle beheizte Öfen<br />
eingebaut, was in <strong>der</strong> Folge zu einer starken Verschmutzung <strong>der</strong><br />
Tapeten mit feinen Rußablagerungen führte. Durch historische<br />
Aufnahmen sind außerdem Wasserschäden durch Baumängel<br />
dokumentiert.<br />
Der Aufmerksamkeit <strong>der</strong> damaligen Denkmalpfleger ist es zu<br />
verdanken, dass Mitte <strong>der</strong> sechziger Jahre Maßnahmen zum Schutz<br />
<strong>der</strong> Tapeten ergriffen wurden. Die Wände des Weißen Saales <strong>und</strong> des<br />
Roten Salons wurden durch Verschalungen geschützt, die Tapeten <strong>der</strong><br />
drei kleineren Räume wurden abgenommen <strong>und</strong> auf großen Rollen<br />
eingelagert. Ihre genaue Untersuchung <strong>und</strong> die Erfassung von<br />
eventuellen Lagerungsschäden stehen noch aus Im Zuge <strong>der</strong><br />
Gesamtsanierung des Herrenhauses nach dem Rückkauf durch die<br />
Familie wurden auch die Tapeten des Weißen Saales <strong>und</strong> des Roten<br />
Salons abgenommen <strong>und</strong> eingelagert.<br />
Roter Salon während <strong>der</strong> Nutzung als Kin<strong>der</strong>heim<br />
(Aufnahme 1965; Quelle: Landesamt <strong>für</strong><br />
Denkmalpflege <strong>und</strong> Archäologie Sachsen-Anhalt).<br />
Detail des Weißen Saales (Aufnahme 2008).<br />
Lambrisstücke auf einer Rolle aus dem Jahre<br />
1965 (Aufnahme 2008).
Das Projekt<br />
Die Zusammenarbeit zwischen <strong>der</strong> <strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> Bildende Künste<br />
Dresden <strong>und</strong> <strong>der</strong> Apel’schen Kulturstiftung begann im<br />
Wintersemester 2004/2005 zunächst mit einer Seminararbeit in <strong>der</strong><br />
Studienrichtung Gemäl<strong>der</strong>estaurierung. Thema war die Sichtung des<br />
Bestandes <strong>und</strong> die Untersuchung <strong>der</strong> Herstellungstechnik <strong>der</strong> Tapeten<br />
des Weißen Saales. Während <strong>der</strong> im Jahr darauf folgenden<br />
Diplomarbeit konnte durch die Diplomandin Nina Beck eine<br />
Tapetenbahn des Weißen Saales restauriert werden. Die im Rahmen<br />
ihrer Arbeit durchgeführten naturwissenschaftlichen Untersuchungen<br />
ergaben, dass <strong>der</strong> stark geschwächte Zustand des Bildträgers <strong>der</strong><br />
Tapeten auf den so genannten „Kupferfraß“ zurückzuführen ist.<br />
Ursachen <strong>und</strong> Behandlung dieses Phänomens wurden bislang<br />
hauptsächlich auf dem Gebiet <strong>der</strong> Papierrestaurierung beschrieben<br />
<strong>und</strong> untersucht, bezüglich <strong>der</strong> Malerei auf textilem Bildträger blieben<br />
sie jedoch noch weitgehend unberücksichtigt. Im vorliegen Fall wurde<br />
<strong>und</strong> wird durch die katalytische Einwirkung des kupferhaltigen<br />
Grünpigmentes <strong>der</strong> Damastimitation die Oxidation <strong>der</strong> Leinwand<br />
beschleunigt. In Folge dieses Zersetzungsprozesses weist die instabile<br />
Leinwand viele Brüche <strong>und</strong> Risse auf. Die konservatorischen<br />
Maßnahmen am Weißen Saal werden somit maßgeblich von diesem<br />
Schadensphänomen bestimmt.<br />
Bereits während dieser ersten Arbeiten zeigte sich, dass die<br />
umfassende konservatorische <strong>und</strong> restauratorische Bearbeitung <strong>der</strong><br />
Ermlitzer Tapeten als gleichermaßen hochinteressantes wie komplexes<br />
Projekt den Umfang von Arbeiten im Studienbetrieb bei weitem<br />
sprengen würden.<br />
Durch die großzügige För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Hermann Reemtsma-Stiftung<br />
konnte in Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Apel’schen Kulturstiftung <strong>und</strong> <strong>der</strong><br />
Kultur-Gut Ermlitz GmbH ein Hochschulprojekt realisiert werden, im<br />
Zuge dessen auf dem Gelände des Herrenhauses eine<br />
<strong>Restaurierung</strong>swerkstatt eingerichtet werden konnte. Hier kann ein<br />
dreiköpfiges Restauratorenteam zunächst bis Anfang 2010 an den<br />
Tapeten arbeiten.<br />
Glücklicherweise sind nur die Tapeten des Weiße Saales vom<br />
Schadensbild des Kupferfraßes betroffen. Der Rote Salon mit seinen<br />
weißgr<strong>und</strong>igen Tapeten wurde aufgr<strong>und</strong> seiner mittleren Größe, den<br />
typischen Schadensbil<strong>der</strong>n <strong>und</strong> dem Schadensumfang ausgewählt,<br />
um in <strong>der</strong> ersten Untersuchungs-, <strong>Konservierung</strong>s- <strong>und</strong><br />
<strong>Restaurierung</strong>skampagne des Projektes bearbeitet zu werden. Parallel<br />
Tapetenbahn des Roten Salons (Aufnahme 2008).<br />
Supraporte des Roten Salons (Aufnahme 2008).<br />
Lambris des Roten Salons (Aufnahme 2008).
dazu wird das konservatorische Konzept <strong>für</strong> den Weißen Saal<br />
erarbeitet.<br />
Regelmäßig wird das Restauratorenteam durch fortgeschrittene<br />
Studierende <strong>der</strong> Gemäl<strong>der</strong>estaurierung aus verschiedenen<br />
<strong>Hochschule</strong>n unterstützt, die hier in <strong>der</strong> vorlesungsfreien Zeit die<br />
Möglichkeit erhalten, die speziellen restauratorischen Anfor<strong>der</strong>ungen<br />
im Umgang mit den filigranen, großformatigen Leinwandtapeten<br />
kennenzulernen. Hinzu kommen Erfahrungen bei <strong>der</strong> Umsetzung <strong>und</strong><br />
Dokumentation eines umfangreichen Projektes.<br />
Ein Fachbeirat, an dem u.a. Frau Dipl.-Rest. Karoline Danz<br />
(Landesamt <strong>für</strong> Denkmalpflege <strong>und</strong> Archäologie Sachsen-Anhalt),<br />
Prof. Dipl.-Rest. Volker Schaible (Staatliche Akademie <strong>der</strong> Bildenden<br />
Künste Stuttgart) sowie Prof. Dipl.-Rest. Dr. Ulrich Schießl<br />
(<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> Bildende Künste Dresden) mitarbeiten, begleitet das<br />
Projekt.<br />
Kontaktdaten Projektleitung HfBK:<br />
Prof. Dipl.-Rest. Dr. Ursula Haller<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> Bildende Künste Dresden<br />
Kunsttechnologie, <strong>Konservierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Restaurierung</strong><br />
von Malerei auf mobilen Bildträgern<br />
PF 160153, 01287 Dresden<br />
Telefon: 0351/4402161<br />
haller@serv1.hfbk-dresden.de<br />
Projektleitung vor Ort:<br />
Blick in die Projektwerkstatt im Sommer 2008.<br />
Dipl.-Rest. Stephanie Hilden<br />
<strong>Hochschule</strong> <strong>für</strong> Bildende Künste Dresden<br />
Projektwerkstatt Herrenhaus Ermlitz<br />
Apels Gut 1, 06258 Schkopau/Ermlitz<br />
Telefon: 034204/705790<br />
hilden@serv1.hfbk-dresden.de<br />
Projektmitarbeiterinnen:<br />
Dipl.-Rest. Silke Beisiegel<br />
beisiegel@serv1.hfbk-dresden.de<br />
Dipl.-Rest. Karin Geißinger<br />
geissinger@serv1.hfbk-dresden.de