Themenzeitung Fisch & Meer Seite 3-4: Beilage - AWF - Alexander ...
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Eine Sonderveröffentlichung der VISAVIS Verlagsgesellschaft mbH im Handelsblatt<br />
fi sch & meer<br />
AQUAKULTUREN<br />
Raus aus der<br />
Nische<br />
EINKAUF<br />
Frische als<br />
Kompetenzbeweis<br />
STATISTIK<br />
Die Vorlieben der<br />
deutschen Verbraucher<br />
GRENZENLOS<br />
Ausgabe November 2012<br />
24 <strong>Seite</strong>n Innovation<br />
Effektiv E<br />
speichern s<br />
Ri Risiken<br />
managen ma<br />
Produkte Pro<br />
schützen sch<br />
FISCH AUF DEN TISCH<br />
Der Trend zu gesunder Ernährung lässt die Nachfrage<br />
nach Seafood steigen. Nachhaltigkeit gewinnt an Bedeutung.
2<br />
Impressum<br />
Herausgeber und Verlag:<br />
VISAVIS Verlags GmbH<br />
www.visavis.de<br />
Konzept, Realisierung und redaktionelle<br />
Bearbeitung:<br />
newpublic communication Verwaltungsges.<br />
UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG<br />
Marie-Curie-Str. 11–13<br />
53332 Bornheim<br />
Tel: +49 (0) 2227 9202910<br />
Net: www.newpublic.org<br />
newpublic-Redaktions leitung<br />
(V. i. S. d. P.):<br />
Wolfgang Haselbauer,<br />
w.haselbauer@newpublic.org<br />
newpublic-Redaktion:<br />
Bernhard Haselbauer<br />
b.haselbauer@newpublic.org<br />
Andreas Schnittker<br />
a.schnittker@newpublic.org<br />
Cornelia Hornschild<br />
c.hornschild@newpublic.org<br />
Layout:<br />
newpublic communication Verwaltungsges.<br />
UG (haftungsbeschränkt) & Co. KG<br />
Autoren:<br />
Dr. Matthias Keller, Dr. Gerd-Uwe Meylahn,<br />
<strong>Alexander</strong> Wever,<br />
Verbreitete Aufl age:<br />
103.000 Exemplare als <strong>Beilage</strong><br />
im Handelsblatt<br />
editorial fi sch & meer |<br />
www.issuu.com/newpublic<br />
Inhalt<br />
<strong>Fisch</strong> im Einzelhandel ........................................................ <strong>Seite</strong> 3<br />
Ob Discounter, SB-Warenhäuser, Fachgeschäfte oder mobile Verkaufsstationen<br />
– der Kunde hat beim <strong>Fisch</strong>einkauf die freie Wahl und nicht<br />
immer entscheidet der Preis; Qualität wird zunehmend honoriert.<br />
Die Ware <strong>Fisch</strong> .................................................................... <strong>Seite</strong> 5<br />
Das Konsumverhalten der deutschen Verbraucher in Sachen <strong>Fisch</strong> ist<br />
messbar: Die Vorlieben und Kaufgewohnheiten wurden jetzt in einer<br />
GfK-Studie unter die Lupe genommen und in Hamburg vorgestellt.<br />
Gute Aussichten für Aquakulturen .................................. <strong>Seite</strong> 6<br />
Steigende Nachfrage nach Seafood geht einher mit sinkenden <strong>Fisch</strong>fangerträgen<br />
in den <strong>Meer</strong>en. Die mögliche Versorgungslücke ist eine<br />
Chance für Betreiber von Aquakulturen, Nachhaltigkeit vorausgesetzt.<br />
EDITORIAL<br />
Wirtschaftsfaktor <strong>Fisch</strong><br />
Von der Fastenspeise zum Trendlebensmittel – <strong>Fisch</strong><br />
und <strong>Fisch</strong>produkte haben eine rasante Entwicklung durchlaufen<br />
und sich vom Image des Nischenprodukts weit entfernt.<br />
Die ehemals ortsbezogene <strong>Fisch</strong>erei – quasi für den<br />
Eigenbedarf – hat sich zu einer weltumspannenden Industrie<br />
gemausert, bedarf einer ausgefeilten Logistik, hochtechnisierter<br />
Verarbeitung – und darf trotz allem die Belange<br />
der Umwelt nicht vernachlässigen. Denn letztlich ist<br />
sie es, welche die Grundlage zu einer weltweiten Erfolgsgeschichte<br />
bildet. In dieser Ausgabe der VISAVIS-<strong>Themenzeitung</strong><br />
widmen wir uns diesen unterschiedlichen Aspekten<br />
des großen Themas <strong>Fisch</strong>.<br />
<strong>Fisch</strong> kennt keine Grenzen – was wie eine Binsenweisheit<br />
klingt, ist für die Konsumenten in Deutschland<br />
ein großer Vorteil. Denn ihre Wünsche und Bedürfnisse<br />
sind mit heimischem Fang nicht zu befriedigen, sie erwarten<br />
– und erhalten – ein breit gespanntes Angebot an <strong>Fisch</strong>,<br />
Krebs- und Weichtieren aus aller Herren Länder. Damit<br />
Hand in Hand geht ein wachsendes Interesse der Kunden<br />
an <strong>Meer</strong>eserzeugnissen, die umwelt- und ressourcenschonend<br />
gefangen, gezüchtet oder verarbeitet werden. Der<br />
Blick über den eigenen Tellerrand ist eine Herausforderung<br />
für die Wirtschaft und gleichzeitig eine große Chance.<br />
Damit die Branche eine Zukunft hat, ist es notwendig,<br />
die sie belastenden Probleme wie beispielsweise Überfi -<br />
schung, Klimawandel oder Verschmutzung der <strong>Meer</strong>e länderübergreifend<br />
zu lösen. Hier ist die Politik gefragt, die<br />
sich auch in der Pfl icht fühlt und handelt. Dr. Matthias Keller<br />
beschreibt die großen Herausforderungen und Chancen<br />
der deutschen <strong>Fisch</strong>wirtschaft.<br />
Die steigende Nachfrage nach <strong>Fisch</strong> und <strong>Fisch</strong>produkten<br />
geht einher mit sinkenden Fangerträgen auf den<br />
Ozeanen und Weltmeeren. Die dabei entstehende Versor-<br />
<strong>Fisch</strong> ohne Grenzen ......................................................... <strong>Seite</strong> 10<br />
Das Angebot hat sich ausgeweitet: Nicht nur heimische Gewässer liefern<br />
die begehrte Ware <strong>Fisch</strong>, die Wirtschaft wird global. Länderübergreifend<br />
sind aber auch die Probleme, zu deren Lösung alle gefragt sind.<br />
Klimawandel .................................................................... <strong>Seite</strong> 12<br />
Mit den Auswirkungen einer globalen Klimaerwärmung auf die <strong>Meer</strong>esbewohner<br />
haben sich kanadische Forscher beschäftigt. Sie prognostizieren<br />
für die Zukunft ein verlangsamtes Wachstum, sprich kleinere <strong>Fisch</strong>e.<br />
Umweltsiegel ................................................................... <strong>Seite</strong> 13<br />
<strong>Fisch</strong> ist gesund – darauf setzen die Verbraucher und erwarten<br />
zuneh mend, dass Werte wie Nachhaltigkeit oder Umweltschonung bei<br />
Fang und Verarbeitung beachtet werden. Umweltlabel geben Garantien.<br />
gungslücke kann durch vermehrten Aufbau von Aquakulturen<br />
gemildert werden – ein noch relativ neuer und innovativer<br />
Bereich, der in seinen Anfängen durchaus fehlerbehaftet<br />
war und kontrovers diskutiert wurde. Inzwischen<br />
jedoch ist <strong>Fisch</strong> aus solchen Anlagen dank neuester Technik<br />
– zum Beispiel dem geschlossenen Wasserkreislauf –<br />
und genau abgestimmten und kontrollierten Abläufen ein<br />
Top-Produkt, das auch strengsten Zertifi zierungsanforderungen<br />
genügt. Ein Plädoyer für innova tive Aquakultur<br />
hält unser Autor Dr. Gerd-Uwe Meylahn.<br />
<strong>Fisch</strong> und <strong>Meer</strong>esfrüchte sind inzwischen fast überall<br />
und jederzeit erhältlich. Der Discounter bietet Seafood<br />
ebenso wie der SB-Supermarkt, das <strong>Fisch</strong>fachgeschäft oder<br />
der mobile Handel. Doch wie und wann greifen die Deutschen<br />
zu? Eine Frage, der <strong>Alexander</strong> Wever nachgegangen<br />
ist. Er hat das Einkaufsverhalten deutscher Käufer analysiert<br />
und sich mit der Frage beschäftigt, welche Maßnahmen<br />
der Lebensmitteleinzelhandel ergreift, um den Kunden<br />
langfristig zu binden.<br />
So fl exibel auch das Angebot der <strong>Fisch</strong>wirtschaft geworden<br />
ist, letztlich entscheidet der Konsument über Erfolg<br />
oder Misserfolg des Sortiments. Eine neue Untersuchung<br />
der Gesellschaft für Konsumforschung ist den Vorlieben<br />
der deutschen Verbraucher auf den Grund gegangen.<br />
Welcher <strong>Fisch</strong> liegt in der Käufergunst vorn, wo wird<br />
er verzehrt, wo eingekauft?<br />
Zunehmend wichtig ist in diesem Zusammenhang<br />
der steigende Wunsch der Deutschen nach naturnaher Erzeugung<br />
und Verarbeitung der Ware. Umweltlabel und Zertifi<br />
zierungssiegel helfen den Konsumenten bei ihrer Kaufentscheidung.<br />
So entwickelt sich die Nachhaltigkeit zum<br />
ausgewiesenen Wettbewerbsvorteil.<br />
Ihre Redaktion
Bildquelle: © Yuri Arcurs - Fotolia.com<br />
Aber sind es überhaupt alle<br />
Lieschens und Ottos?<br />
Nach einer in der Branche<br />
gern verwendeten<br />
Faustformel kann man die deutsche<br />
Bevölkerung in drei etwa gleich große<br />
Gruppen einteilen: Da gibt es zum<br />
einen die <strong>Fisch</strong>-Affi nen, die gern <strong>Fisch</strong><br />
essen und ihn sich auch selbst zu Hause<br />
zubereiten, dann die <strong>Fisch</strong>-Gelegenheitsesser,<br />
die <strong>Fisch</strong> meistens nur<br />
im Urlaub oder im Restaurant essen,<br />
ihn sich aber nie selbst zu Hause zubereiten<br />
würden, und die <strong>Fisch</strong>-Ablehner,<br />
denen es beim Gedanken an<br />
<strong>Fisch</strong> auf dem Teller bereits schaudert.<br />
Letztlich kommt also vielleicht<br />
gerade jeder zweite Konsument überhaupt<br />
als <strong>Fisch</strong>einkäufer in Frage. Zudem<br />
zeigt sich, dass Konsumenten normalerweise<br />
erst Seafood einkaufen,<br />
wenn sie einen eigenen Haushalt führen.<br />
Die Anzahl junger Kunden unter<br />
25 ist äußerst gering. Dafür gibt es bei<br />
<strong>Fisch</strong> dann eigentlich keine Altersgrenze<br />
mehr nach oben. Die zarte Konsistenz<br />
und gute Verdaulichkeit – wegen<br />
des geringen Anteils an Bindegewebe<br />
– machen <strong>Fisch</strong> zu einem beliebten<br />
Lebensmittel von älteren und alten<br />
Menschen.<br />
Traditionell wird <strong>Fisch</strong> eher zum<br />
Wochenende hin eingekauft und zubereitet.<br />
Hier spielen zum einen tradierte<br />
religiös basierte Verhaltensweisen<br />
eine Rolle, zum anderen haftet<br />
dem <strong>Fisch</strong> in der Tat der Touch des<br />
„Besonderen“ an, was ihn von alternativen<br />
Proteinquellen wie Schwein,<br />
| fi sch & meer einzelhandel 3<br />
Einkaufen ist Vertrauenssache<br />
LEBENSMITTEL<br />
Wenn Lieschen Müller und<br />
Otto Normalverbraucher<br />
<strong>Fisch</strong> einkaufen, dann<br />
gehen sie wahrscheinlich<br />
in den Supermarkt – sei<br />
es zum Discounter um<br />
die Ecke oder zum SB-<br />
Warenhaus. Die Auswahl<br />
an Seafoodprodukten, also<br />
<strong>Fisch</strong> und <strong>Meer</strong>esfrüchten,<br />
im deutschen Lebensmitteleinzelhandel<br />
(LEH) ist<br />
vielfältiger und umfassender<br />
denn je.<br />
Rind und Gefl ügel unterscheidet. Für<br />
die <strong>Fisch</strong>zubereitung nimmt man sich<br />
eben Zeit und bewirtet damit auch<br />
gern Gäste. Eine Besonderheit der Wa-<br />
AUTOR<br />
<strong>Alexander</strong> Wever ist Inhaber<br />
der kleinen Beratungsfi rma <strong>AWF</strong><br />
Consulting (www.aw-fi sch.de),<br />
die sich seit 2008 ausschließlich<br />
mit betriebswirtschaftlichen<br />
Fragestellungen entlang der<br />
Seafood-Wertschöpfungskette<br />
befasst und darüber hinaus auch<br />
Trainingskonzepte für den Handel<br />
entwickelt und durchführt. Zuvor<br />
war er Warengruppenverantwortlicher<br />
für <strong>Fisch</strong> bei Globus SB-Warenhaus<br />
und Metro Cash und Carry<br />
Deutschland.<br />
rengruppe <strong>Fisch</strong> liegt zudem darin begründet,<br />
dass <strong>Fisch</strong> mit einem immer<br />
noch sehr bedeutenden Teil des Angebots<br />
heute das letzte Lebensmittel<br />
ist, dass der Mensch noch jagen muss<br />
und welches sich nicht beliebig reproduzieren<br />
lässt.<br />
Doch wie kaufen die Deutschen<br />
ihren <strong>Fisch</strong> denn nun ein? Nicht weiter<br />
verwundert, dass der Tiefkühlfi sch<br />
inzwischen die stärkste Produktgruppe<br />
mit einem Marktanteil von annähernd<br />
40 Prozent ist, wenn man tiefgekühlte<br />
<strong>Meer</strong>esfrüchte hinzuzählt.<br />
Dieser kommt in besonderem Maße<br />
dem Frische- und Sicherheitsbedürfnis<br />
der Kunden entgegen. Was sich<br />
zuerst wie ein Widerspruch anhört,<br />
lässt sich schnell aufl ösen: Schließlich<br />
wird der gefangene <strong>Fisch</strong> häufi g unmittelbar<br />
nach dem Fang und der Verarbeitung<br />
schockgefroren, während<br />
der Weg eines frischen <strong>Fisch</strong>fi lets aus<br />
dem <strong>Meer</strong> oder aus der Farm bis in<br />
die Frischfi schtheke auch einmal eine<br />
Woche dauern kann. Das führt allerdings<br />
bei Einhaltung der Kühlkette<br />
zu keinerlei Qualitätseinbußen. Hinzu<br />
kommen die einfache Lagerung zu<br />
Hause, der sichere Transport und die<br />
„schnelle Verfügbarkeit“ dieser Produkte<br />
in der eigenen Tiefkühltruhe.<br />
Eine weitere bedeutende Produktgruppe<br />
sind mit 25 Prozent Marktanteil<br />
<strong>Fisch</strong>konserven und Marinaden,<br />
die in Deutschland häufi g auf<br />
dem Rohprodukt Hering basieren. In<br />
jüngerer Zeit wird dieser aber teilweise<br />
durch <strong>Fisch</strong>e aus asiatischer Aqua-<br />
kultur wie Pangasius oder auch Tilapia<br />
substituiert.<br />
Nimmt man dann noch den Räucherfi<br />
sch mit ca. neun Prozent Marktanteil<br />
und kleinere Warengruppen wie<br />
<strong>Fisch</strong>salate, Garnelen und andere<br />
Weichtiere hinzu, so bleiben für die<br />
Warengruppe Frischfi sch gerade noch<br />
knapp zehn Prozent Marktanteil übrig,<br />
die es aber aus Sicht des LEH in<br />
sich haben. Denn über ein Tiefkühl-<br />
und Konservensortiment allein lässt<br />
es sich schlecht zu den eigenen Wettbewerbern<br />
abgrenzen.<br />
Frischfi sch ist sicherlich die Königsklasse<br />
aller frischen Warengruppen<br />
und wird von vielen renommierten<br />
Handelsunternehmen wie etwa<br />
Edeka oder Globus als ultimativer<br />
Nachweis der Frischekompetenz genutzt.<br />
Dabei muss einmal ziemlich<br />
klar gesagt werden, dass man als Einzelhändler<br />
mit Frischfi sch normalerweise<br />
kein Geld verdienen kann. Personalkosten,<br />
Energie und Investitionen<br />
in Technik und Raum zehren die<br />
Kalkulationsaufschläge schnell auf.<br />
Warum hat sich dann trotzdem die<br />
Zahl der Frischfi schtheken in den vergangenen<br />
zehn Jahren um geschätzte<br />
50 Prozent erhöht, nachdem in den<br />
neunziger Jahren viele Bedienungstheken<br />
geschlossen wurden?<br />
Der Grund für die Renaissance<br />
der Frischfi schabteilungen ist einfach<br />
und nachvollziehbar: der unaufhaltsame<br />
Vormarsch der Discounter und<br />
deren ständige Sortimentserweiterungen.<br />
Waren in den achtziger und frü-
4<br />
einzelhandel fi sch & meer |<br />
GESUNDE GENIESSER<br />
Ein- bis zweimal pro Woche sollte<br />
<strong>Fisch</strong> auf dem Speiseplan stehen.<br />
Warum eigentlich?<br />
...wegen seiner Omega-3-Fettsäuren:<br />
Diese senken die Triglyceride<br />
im Blut und das Thromboserisiko.<br />
Außerdem beugen sie<br />
Demenz und Herzkrankheiten vor,<br />
stärken das Immunsystem – und<br />
sind sogar gut für den IQ!<br />
...wegen seines hohen Vitamingehalts:<br />
Viele <strong>Fisch</strong>e, Krusten-<br />
und Schalentiere enthalten große<br />
Mengen der Vitamine A, D und B.<br />
...wegen seiner Mineralstoff e<br />
und Aminosäuren: Vor allem<br />
Seefi sch enthält reichlich Jod, das<br />
essenziell für eine funktionierende<br />
Schilddrüse ist. Zusammen<br />
mit dem Eiweißbaustein Tyrosin<br />
reguliert es den Stoff wechsel und<br />
steigert die Leistungsfähigkeit.<br />
...und nicht zuletzt: wegen seines<br />
guten Geschmacks!<br />
hen neunziger Jahren die Aldis und<br />
Lidls im Umkreis von zehn Kilometern<br />
um einen Standort noch an zwei<br />
Händen abzählbar und deren Warenangebot<br />
schwerpunktmäßig auf Grundbedarfsartikel<br />
begrenzt, so hat sich diese<br />
Situation heute völlig verändert. Die<br />
Discounter haben es geschafft, die Rolle<br />
des klassischen Nachbarschaftsladens<br />
zu übernehmen, unabhängig davon,<br />
ob sich in den Sortimenten immer<br />
mehr Markenartikel fanden (Lidl<br />
u.a.) oder der Discounter selbst zur<br />
Marke wurde (Aldi). Zugute kam ihnen<br />
die teilweise rigide Genehmigungspraxis<br />
vieler Gemeinden für größere<br />
Verkaufsfl ächen.<br />
Auch in Bezug auf ihre Sortimente<br />
sind die Discounter auf der Überholspur.<br />
Tiefkühlkost, Molkereiprodukte<br />
und Feinkost, Obst und Gemüse,<br />
Gefl ügel und Frischfl eisch heißen<br />
die Stationen, die von Aldi & Co. erfolgreich<br />
in die Selbstbedienungsschiene<br />
integriert wurden. Heute beherrscht<br />
der Discount quasi die gesamte Bandbreite<br />
der Frische – mit einer Ausnahme:<br />
Das „kleine gallische Dorf“ im Lebensmittel-Imperium<br />
heißt Frischfi sch<br />
und hat sich bisher immer wieder erfolgreich<br />
allen Versuchen entzogen,<br />
in die SB-Fähigkeit überführt zu werden.<br />
Ein wesentlicher Grund liegt in<br />
der unsicheren und sich schnell verändernden<br />
Versorgungssituation für<br />
Frischfi sch aus Wildfängen, die zu<br />
schnell wechselnden Einkaufspreisen<br />
führt. Das macht die auf knappen Spannen<br />
basierende Kalkulation des Discounts<br />
nahezu unmöglich. Eine Alternative<br />
könnte theoretisch gezüchteter<br />
<strong>Fisch</strong> aus heimischer bzw. europäischer<br />
Aquakultur bieten, der, frisch<br />
geschlachtet und verarbeitet, in einer<br />
Verpackung unter Schutzatmosphäre<br />
angeboten werden könnte. Dem steht<br />
derzeit noch entgegen, dass der Mengenbedarf<br />
selbst eines einzelnen Discounters<br />
die in der näheren Umgebung<br />
verfügbaren Produktionskapazitäten<br />
– mit Ausnahme des Lachses<br />
– schnell sprengen würde. Einen Ausweg<br />
wird vielleicht in Zukunft die „Indoor-Kreislaufanlagen-Aquakultur“<br />
bieten, die eine quasi-industrielle Produktion<br />
mit einem qualitativ sehr konstanten<br />
Output ermöglicht. In anderen<br />
Bereichen wie etwa der Gefl ügelwirtschaft<br />
wird solche Produktion<br />
schon in Form von integrierten Produktionskonzepten<br />
erfolgreich betrieben.<br />
Bis dahin ist aber noch ein gehöriges<br />
Stück Weg zu gehen.<br />
Und so wird auch weiter erst einmal<br />
gelten: „Wer die besten <strong>Fisch</strong>theken<br />
hat, der hat auch die dicksten Au-<br />
FISCHHANDEL<br />
Supermarkt /<br />
Verbrauchermarkt<br />
Discount<br />
<strong>Fisch</strong> gesamt 36 51 5 8<br />
Frischfisch 40 12 25 23<br />
Räucherfisch<br />
35<br />
47<br />
10<br />
8<br />
<strong>Fisch</strong>konserven<br />
35<br />
63 0<br />
2<br />
<strong>Fisch</strong>marinaden<br />
37<br />
55<br />
3<br />
5<br />
Tiefkühlfisch<br />
36<br />
58 0<br />
6<br />
sonstiger <strong>Fisch</strong><br />
38 48<br />
5<br />
9<br />
Quelle: GfK Panel Services, <strong>Fisch</strong>-Informationszentrum e.V.w, 2011<br />
<strong>Fisch</strong> wird heute breitbandig angeboten – der Verbraucher profi tiert.<br />
tos auf dem Parkplatz.“ Eine gute<br />
Frischfi schabteilung schafft und bindet<br />
Stammkundschaft, und die ist im<br />
eher volatilen LEH heute mehr wert<br />
als je zuvor. Frischfi schkauf ist Vertrauenssache;<br />
da wechselt man nicht<br />
so schnell die Bezugsquelle, nur weil<br />
es woanders mal ein bisschen billiger<br />
ist. Das beweisen übrigens auch die<br />
Marktanteile des eher hochpreisigen<br />
mobilen und stationären <strong>Fisch</strong>fachhandels<br />
mit seinen geschätzten knapp<br />
3000 Einheiten in Deutschland. Sie<br />
verlieren zwar stetig gegenüber dem<br />
LEH, liegen aber immer noch fast auf<br />
dem gleichen Niveau. Dies gibt es in<br />
keiner anderen Warengruppe.<br />
Den wesentlichen Unterschied<br />
zwischen guten und weniger guten<br />
Frischfi schabteilungen macht übrigens<br />
der Faktor Personal, sowohl in Bezug<br />
auf Quantität als auch vor allen Dingen<br />
in Bezug auf Qualität. Gute „Frischfi<br />
schleute“ sind selten. Die Anforderungen<br />
bezüglich Warenkunde, des<br />
Gefühls für eine sichere Disposition<br />
und Kochkenntnissen in Kombination<br />
mit nicht zu unterschätzenden körperlichen<br />
Belastungen sind hoch. Und<br />
den Lehrberuf des <strong>Fisch</strong>fachverkäufers<br />
gibt es im Gegensatz zum Fleischerei-<br />
und Bäckereifachverkäufer<br />
schon lange nicht mehr. Hier müssen<br />
die innerbetriebliche Weitergabe von<br />
Kenntnissen durch Kollegen, der Besuch<br />
von externen Seminaren und viel<br />
Eigeninitiative zusammenkommen.<br />
Als Erfolgsfaktor hinzu kommt<br />
das Einkaufserlebnis in einer gut geführten<br />
<strong>Fisch</strong>abteilung, die in Sachen<br />
Sortiment immer wieder Überraschungen<br />
bieten sollte. Im Frischebereich<br />
kann der Handel heute aus einem Sortiment<br />
von deutlich über 100 verschiedenen<br />
<strong>Fisch</strong>en und <strong>Meer</strong>esfrüchten<br />
aus aller Welt wählen, die regelmäßig<br />
verfügbar sind. Die Renner in der Kundengunst<br />
sind zum einen die Klassiker<br />
wie Seelachs, Kabeljau, Rotbarsch<br />
<strong>Fisch</strong>fachgeschäft<br />
sonstige<br />
Einkaufsstätten<br />
Angaben in Prozent, 2011<br />
und Lachs, zum anderen aber auch<br />
Produkte, die vor 15 Jahren häufi g<br />
noch unbekannt waren, wie etwa Pangasius,<br />
Thunfi schfi let oder frisches Jakobsmuschelfl<br />
eisch.<br />
Grundsätzlich schätzen die meisten<br />
Kunden heute einen hohen Conveniencegrad<br />
bei ihren Produkten:<br />
Ganze <strong>Fisch</strong>e mit Kopf, Schuppen und<br />
Gräten sind schon lange gegenüber<br />
Filets auf dem Rückzug. Bisher nur<br />
wenig durchgesetzt haben sich fertig<br />
marinierte Produkte, Spieße und andere<br />
Frischeconvenience-Produkte,<br />
wie man sie etwa von der Fleischtheke<br />
kennt.<br />
Ein wichtiges Thema beim Zusammenstellen<br />
des Sortiments im LEH<br />
spielt heutzutage natürlich die „Nachhaltigkeit“,<br />
sei es in Bezug auf <strong>Fisch</strong>ereimethoden<br />
und Zustand der Bestände<br />
bei Wildfängen oder aber auch in<br />
Bezug auf Umwelteinfl üsse bei der<br />
Aquakultur. Die Deutungshoheit über<br />
den Begriff und die Einschätzung einzelner<br />
Arten und Bestände sind heute<br />
zwischen Seafood-Industrie und<br />
NGOs heiß umkämpft. Der LEH –<br />
zwischen diesen beiden Polen – hat<br />
in den vergangenen Jahren teilweise<br />
reagiert und bestimmte, besonders in<br />
die Kritik geratene Spezies wie etwa<br />
den Aal und die meisten Haifi schprodukte<br />
aus seinen Sortimenten genommen.<br />
Solche Anstrengungen des Handels,<br />
wie etwa die Formulierung einer<br />
nachhaltigen Einkaufspolitik, der<br />
verstärkte Einkauf von MSC-zertifi -<br />
ziertem <strong>Fisch</strong> (Wildbestände) oder Biofi<br />
sch und zukünftig ASC-zertifi ziertem<br />
<strong>Fisch</strong> (beides für Aquakultur) werden<br />
von den Handelskonzernen dann<br />
auch offensiv in ihrer Außendarstellung<br />
genutzt. So kann man abschließend<br />
sagen, dass die Sortimente im<br />
LEH noch nie so nachhaltig wie heute<br />
waren, ohne dass es einen Anlass<br />
geben sollte, sich auf den Lorbeeren<br />
auszuruhen.
Die Ware <strong>Fisch</strong><br />
NACHGEFRAGT Welcher <strong>Fisch</strong> ist am beliebtesten, wo kaufen die Deutschen ihn ein, wie<br />
lauten die Prognosen? Das Hamburger <strong>Fisch</strong>-Informationszentrum e.V. hat neue Zahlen.<br />
Im weltweiten Vergleich führt<br />
<strong>Fisch</strong> auf deutschen Tellern immer<br />
noch ein Schattendasein: Während der<br />
Verbrauch international bei 18,5 kg<br />
pro Kopf liegt, verzehrte der Deutsche<br />
2011 im Schnitt nur 15,6 kg. Dennoch<br />
– oder gerade deswegen – Anlass genug,<br />
sich einmal genauer mit dem<br />
<strong>Fisch</strong>konsum in Deutschland zu befassen:<br />
Auf einer Pressekonferenz gab<br />
das <strong>Fisch</strong>-Informationszentrum e.V.<br />
(FIZ) am 5. September 2012 in Hamburg<br />
einen Überblick.<br />
Die Rangliste der bedeutenden<br />
See- und Süßwasserfi sche auf dem<br />
deutschen Markt im Jahr 2011 wurde<br />
demnach wieder von Alaska-Seelachs<br />
angeführt. Er stand mit 23,3 Prozent<br />
weiterhin an der Spitze der fünf<br />
am häufi gsten konsumierten <strong>Fisch</strong>arten.<br />
Auf dem zweiten und dritten Platz<br />
folgten der Hering mit einem Marktanteil<br />
von 18,5 Prozent und der Lachs<br />
mit 12,5 Prozent. Thunfi sch belegte<br />
mit 11,2 Prozent den vierten Platz und<br />
Pangasius blieb mit 4,8 Prozent vor<br />
der Forelle auf Platz fünf.<br />
Laut Daten der Gesellschaft für Konsumforschung<br />
(GfK) wurde die größte<br />
Menge an <strong>Fisch</strong> und <strong>Meer</strong>esfrüchten<br />
in den bevölkerungsreichsten Bundesländern<br />
eingekauft: Nordrhein-<br />
Westfalen steht somit an erster Stelle,<br />
gefolgt von Bayern, Niedersachsen und<br />
Baden-Württemberg. Spitzenreiter im<br />
<strong>Fisch</strong>einkauf dagegen ist mit 5,7 kg<br />
die Hansestadt Hamburg, gefolgt von<br />
Schleswig-Holstein und Sachsen.<br />
Im Einzelhandel stellte die <strong>Fisch</strong>branche<br />
für 2011 im Vergleich zum<br />
Vorjahr keine großen Veränderungen<br />
fest: Die Discounter setzen nach wie<br />
vor die größte Menge an <strong>Fisch</strong> und<br />
<strong>Meer</strong>esfrüchten um, allerdings sank<br />
ihr Anteil 2011 von 53 auf 51 Prozent.<br />
Entsprechend sank auch ihr Anteil am<br />
Gesamtwert der eingekauften Menge<br />
von 43 auf 42 Prozent. Super- und Verbrauchermärkte<br />
mit Frischfi schtheken<br />
gewannen dafür an Bedeutung<br />
und steigerten ihren Umsatzanteil um<br />
einen Prozentpunkt auf 36 Prozent.<br />
Ihr Anteil am Wert der Einkäufe verzeichnete<br />
dementsprechend einen<br />
leichten Anstieg von 36,7 auf 37,3 Prozent.<br />
Mit unverändert fünf Prozent<br />
fallen die <strong>Fisch</strong>fachgeschäfte beim<br />
Umsatz nach wie vor kaum ins Gewicht.<br />
Dafür erhöhten sie ihren Anteil<br />
am Wert der Einkäufe von 7,6 auf<br />
8,6 Prozent. Der Fachhandel domi-<br />
| fi sch & meer konsum 5<br />
niert weiterhin gemeinsam mit dem<br />
mobilen <strong>Fisch</strong>handel und den Supermärkten<br />
den Frischfi sch-Sektor. Die<br />
Discounter hingegen stehen an erster<br />
Stelle, wenn es um den Einkauf haltbar<br />
gemachter <strong>Fisch</strong>erzeugnisse wie<br />
TK-<strong>Fisch</strong>, <strong>Fisch</strong>dauerkonserven und<br />
Räucherfi sch geht.<br />
Hinsichtlich der GfK-Angaben<br />
zum Außer-Haus-Verzehr merkte Thomas<br />
Lauenroth, Vorsitzender des FIZ,<br />
an: „Die vorliegenden Daten zum Gesamtverbrauch<br />
und zu den Haushaltseinkäufen<br />
lassen eine direkte Aussage<br />
zum Außer-Haus-Verzehr von <strong>Fisch</strong><br />
nicht zu, da diese in unterschiedlichen<br />
Bezugsgrößen, nämlich Fanggewicht<br />
und Produktgewicht, angegeben werden.<br />
Wir haben daher eine Abschätzung<br />
vorgenommen und berechnet,<br />
dass im Jahr 2011 ca. 2,9 kg an <strong>Fisch</strong><br />
und <strong>Meer</strong>esfrüchten, gerechnet in ‚Produktgewicht’,<br />
außer Haus verzehrt<br />
APPETITLICH<br />
wurden. Das entspricht einem Anteil<br />
von ca. 38 Prozent. Ca. 62 Prozent des<br />
<strong>Fisch</strong>verzehrs erfolgte somit zu Hause.“<br />
Die Perspektive ist optimistisch:<br />
Zwar blieben die Einkäufe privater<br />
Haushalte im ersten Halbjahr fünf Prozent<br />
unter dem Vorjahresniveau; aufgrund<br />
der guten Versorgungslage mit<br />
<strong>Fisch</strong> und <strong>Meer</strong>esfrüchten geht Lauenroth<br />
aber davon aus, „dass im zweiten<br />
Halbjahr 2012 die Nachfrage wieder<br />
ansteigt und an das Vorjahresergebnis<br />
anschließen kann.“ Der Verband<br />
rechnet außerdem damit, „dass<br />
aufgrund der positiven Grundeinstellung<br />
der Verbraucher zu <strong>Fisch</strong> und<br />
<strong>Meer</strong>esfrüchten in den nächsten Jahren<br />
ein Pro-Kopf-Verbrauch von 16 kg<br />
erreicht wird“. Wer dagegen hoch hinaus<br />
möchte, orientiere sich einfach<br />
am Süden: In Portugal liegt der jährliche<br />
<strong>Fisch</strong>verzehr im Schnitt bei 61 kg<br />
pro Person.<br />
Anteil der <strong>Fisch</strong>arten beim <strong>Fisch</strong>verzehr<br />
Angaben in Prozent<br />
<strong>Fisch</strong>einkauf in den Bundesländern<br />
Einkauf im Einzelhandel in kg pro Person<br />
Alaska-Seelachs Hamburg<br />
23,3<br />
5,7<br />
Schleswig-Holstein<br />
Hering<br />
5,6<br />
Lachs<br />
12,5<br />
18,5<br />
5,3<br />
5,2<br />
Sachsen<br />
Brandenburg<br />
Berlin<br />
Thunfisch, Boniten<br />
5,1<br />
11,2<br />
4,9<br />
Niedersachsen<br />
Pangasius<br />
4,8<br />
4,8<br />
Nordrhein-Westfalen<br />
4,8<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
4,8<br />
Bremen<br />
4,7<br />
Thüringen<br />
4,6<br />
Deutschland<br />
22,7<br />
Süßwasserfisch<br />
Seefisch<br />
64,9<br />
12,4<br />
Krebs- und<br />
Weichtiere<br />
4,5<br />
4,4<br />
4,4<br />
Rheinland-Pfalz<br />
Saarland<br />
Bayern<br />
4,4<br />
Sachsen-Anhalt<br />
Hessen<br />
4,0<br />
3,8<br />
Baden-Württemberg<br />
Quelle: <strong>Fisch</strong>-Informationszentrum e.V., 2011<br />
Genau hingeschaut haben die Konsumforscher in ihrem Ranking in Sachen<br />
<strong>Fisch</strong>. Vorlieben und Kaufgewohnheiten wurden umfassend durchleuchtet.<br />
FAVORITEN DER<br />
VERBRAUCHER<br />
Der Alaska-Seelachs ist absoluter<br />
Favorit und kommt meist als<br />
<strong>Fisch</strong> stäbchen oder Schlemmerfi let<br />
auf den Tisch.<br />
Eine der häufi gsten <strong>Fisch</strong>arten ist der<br />
Hering, der seit jeher auf dem<br />
menschlichen Speisezettel steht.<br />
Lachs ist besonders reich an<br />
Omega-3-Fettsäuren. Er wird<br />
roh, gekocht, gebraten oder<br />
geräuchert verzehrt.<br />
Als Sushi oder in der Dose –<br />
Thunfi sch ist begehrt und bedroht.<br />
Eine Alternative: Boniten<br />
Der Süßwasserfi sch Pangasius hat<br />
zartes, mild schmeckendes Fleisch und<br />
stammt häufi g aus Aquakulturen.
6<br />
DAS SIEGEL<br />
aquakultur fi sch & meer |<br />
Der ASC (Aquaculture Stewardship<br />
Council) wurde vom World Wide<br />
Fund for Nature (WWF) und der<br />
holländischen Initiative für nachhaltigen<br />
Handel (Sustainable Trade<br />
Initiative – IDH) als unabhängige<br />
internationale Initiative gegründet.<br />
Während der MSC (Marine Stewardship<br />
Council) verantwortungsvolle<br />
<strong>Fisch</strong>erei zertifi ziert, handelt<br />
es sich beim ASC gewissermaßen<br />
um das „Schwestersiegel“ für verantwortungsvolle<br />
Aquakultur.<br />
Es beinhaltet fünf Kernpunkte:<br />
• Umweltverträgliche Aquakultur<br />
• Artgerechte Tierhaltung<br />
• Vollständige Rückverfolgbarkeit<br />
• Qualitätssicherheit auf jeder<br />
Verarbeitungsstufe und die<br />
• Einhaltung sozialer Standards.<br />
Die ersten <strong>Fisch</strong>produkte mit ASC-<br />
Label sind bereits in Deutschland<br />
im Handel. In den kommenden<br />
Monaten sollen diverse Marketingaktionen<br />
den Bekanntheitsgrad<br />
des Siegels bei den Verbrauchern<br />
steigern.<br />
Angebotsvielfalt sichern<br />
UMWELTVERTRÄGLICH Moderne Aquakulturbetriebe legen höchsten Wert auf Qualitätssicherung<br />
– nur so können sie im Wettbewerb bestehen. Neue Entwicklungen helfen.<br />
Stabile bis steigende Nachfrage<br />
signalisiert: <strong>Fisch</strong> und<br />
<strong>Fisch</strong>produkte sind eine gern<br />
gewählte Ernährungsalternative.<br />
Das Konsumentenverhalten spiegelt<br />
sich auch in der Preisentwicklung<br />
wider: Laut einer Untersuchung des<br />
<strong>Fisch</strong>-Informationszentrums e.V. verteuerten<br />
sich <strong>Fisch</strong> und <strong>Fisch</strong>produkte<br />
im Jahre 2011 um 3,9 Prozent, die<br />
Preise für Frischfi sch stiegen innerhalb<br />
dieses Zeitraums sogar um 9,3<br />
Prozent. Eine Herausforderung für die<br />
<strong>Fisch</strong>wirtschaft.<br />
Aus dieser Situation heraus deckt<br />
die Aquakultur mit steigendem Anteil<br />
den Bedarf an <strong>Fisch</strong>- und <strong>Fisch</strong>erzeugnissen.<br />
Und: Diese Produkte<br />
werden in Teilen schon heute nach<br />
weltweit gültigen Standards zertifi ziert<br />
– für Top-Angebote ein absolutes Muss.<br />
Heiko Lenk, Geschäftsführer der Distributionsfi<br />
rma Lenk Seafood Services,<br />
bezeichnet die Zertifi zierung durch<br />
ASC oder Global G.A.P. als eine zwingende<br />
Voraussetzung für den Vertrieb<br />
von Ware unter seinem Premiumlabel<br />
„TopSea“. Produzenten müs sen sich<br />
dabei konsequent an nachhaltigen<br />
Produktionsprozessen ausrichten.<br />
Damit Verbraucher Produkte aus<br />
Aquakultur als qualitativ hochwertiges<br />
Angebot annehmen, ist es notwendig,<br />
die Produktionsbedingungen<br />
zu optimieren und sie auch verstärkt<br />
unter Umwelt- und Nachhal-<br />
tigkeitsaspekten zu betrachten. Bei<br />
diesem noch relativ jungen Pro duktions<br />
zweig besteht hier noch Innovationsbedarf<br />
aber auch -potential. Ein<br />
Ansatzpunkt und auch Anreiz für Unternehmen<br />
aus der Landwirtschaft<br />
besteht hierbei aus Förderprogrammen<br />
für Aquakultur. Diese bietet beispielsweise<br />
die Landwirtschaftliche<br />
Rentenbank an. Sie unterstützt die<br />
gesamte Wertschöpfungskette von der<br />
<strong>Fisch</strong>zucht bis hin zur Verarbeitung<br />
durch zinsgünstige Darlehen.<br />
Allgemein gesprochen erzeugt die<br />
Aquakultur aquatische, das heißt im<br />
Wasser lebende, Organismen unter<br />
kontrollierten Bedingungen. Charakteristisch<br />
ist, genau wie in der Tierzucht,<br />
die Zuordnung der aquatischen Organismen<br />
zu konkreten Besitzern. Die<br />
realen Produktionsbedingungen in der<br />
Aquakultur sind allerdings sehr differenziert:<br />
Neben der „klassischen“ Produktion<br />
in Erdteichen oder Betonbecken<br />
werden aquatische Organismen<br />
auch in Netzkäfi ganlagen produziert,<br />
und zwar in Binnenseen aber auch<br />
<strong>Meer</strong>esbuchten. Gemeinsames Merkmal<br />
ist, dass die <strong>Fisch</strong>e in abgegrenzten<br />
Wasservolumen (Teichen, Netzkäfi<br />
gen) leben und gefüttert werden.<br />
Dieses Wasser ist dabei natürlichen<br />
Einfl üssen ausgesetzt, wie etwa<br />
Temperaturverlauf, Sauerstoffgehalt,<br />
Wasserverschmutzung usw., welche<br />
das Wachstum und die Überle-<br />
bensrate der <strong>Fisch</strong>e wesentlich beeinfl<br />
ussen. Im Gegenzug beeinfl usst<br />
der <strong>Fisch</strong>produktionsprozess selbst<br />
auch das genutzte Wasser, indem dieses<br />
mit den Stoffwechselendprodukten<br />
und Futterresten belastet wird.<br />
In der Vergangenheit gelang es den<br />
<strong>Fisch</strong>produzenten nicht immer, ein<br />
nachhaltiges Verhältnis der Produktionsmenge<br />
zu den Produktionsvoraussetzungen<br />
zu fi nden, so dass teilweise<br />
schwerwiegende Umweltschäden<br />
die Folge waren. Seit einigen Jahren<br />
werden daher zunehmend geschlossene<br />
Wasserkreisläufe (gWK)<br />
für die <strong>Fisch</strong>produktion genutzt,<br />
manchmal sogar in Verbindung mit<br />
Pfl anzenproduktion (Hydroponik).<br />
Charakteristische Merkmale<br />
Das Funktionsprinzip der gWK<br />
ist die Kreis laufführung des Wassers,<br />
welches die Nutzung für die <strong>Fisch</strong>produktion,<br />
aber auch die Wasserreinigung<br />
mit einschließt. Wir sprechen<br />
von einem solchen System, wenn ca.<br />
15 Prozent des Wasservolumens der<br />
Anlage innerhalb von 24 Stunden ausgetauscht<br />
werden. Diese Rate kann<br />
geringer sein, wenn z.B. Denitrifi kationsfi<br />
lter vorhanden sind. Genutzt<br />
werden gWK sowohl im Süß- als auch<br />
im Salzwasser. Der technische Aufwand,<br />
der Stromverbrauch und das<br />
erforderliche Qualifi kationsniveau<br />
Bildquelle: © Malena und Philipp K - Fotolia.com
sind größer als in herkömmlichen Varianten<br />
der Aquakultur. Das hat in<br />
der Vergangenheit häufi g dazu geführt,<br />
dass diese Anlagen nicht erfolgreich,<br />
d.h. profi tabel, betrieben<br />
wurden. Mittlerweile sind aber technisch<br />
bzw. ökonomisch bewährte und<br />
nachhaltige Lösungen verfügbar. Ein<br />
allgemeiner Kritikpunkt an der Aquakultur<br />
ist die Verwendung von Mischfuttermitteln<br />
mit einem hohen Anteil<br />
an <strong>Fisch</strong>mehl. Im Prinzip werden<br />
also minderwertige <strong>Fisch</strong>e in<br />
Form von <strong>Fisch</strong>mehl eingesetzt – um<br />
höherwertige <strong>Fisch</strong>e zu füttern, bei<br />
einem Wirkungsgrad von ca. 5:1 Anlass<br />
genug für vielfältige Anstrengungen<br />
in Forschung und Futtermittelindustrie,<br />
gleichwertige, besser verfügbare<br />
Substitutionen zu entwickeln<br />
und einzusetzen.<br />
Die Technologie des gWK<br />
In gWK wird der Wasserverbrauch<br />
für die <strong>Fisch</strong>produktion im Vergleich<br />
zur herkömmlichen Aquakultur um<br />
den Faktor 100 verringert. Damit ist<br />
| fi sch & meer aquakultur 7<br />
Die Belange der Agrarwirtschaft und<br />
ihre Unterstützung sind sein Metier. Dr.<br />
Horst Reinhardt ist Mitglied des Vorstandes<br />
der Landwirtschaftlichen Rentenbank<br />
und als solcher unter anderem<br />
zuständig für den Bereich Fördergeschäft.<br />
Im Gespräch erläutert er, wie<br />
hilfreich diese speziellen Programme für<br />
neue Geschäftbereiche wie beispielsweise<br />
Aquakultur sein können.<br />
Die Landwirtschaftliche Rentenbank<br />
bietet auch Förderprogramme<br />
für Unternehmen der <strong>Fisch</strong>wirtschaft<br />
und Aquakultur an. Warum<br />
engagieren Sie sich dafür?<br />
Die Rentenbank ist die Förderbank für<br />
die Agrarwirtschaft in Deutschland.<br />
Hierzu gehören die Unternehmen der<br />
<strong>Fisch</strong>wirtschaft und Aquakultur. Letztere<br />
ist zusätzlich noch ein vergleichsweise<br />
neuer und innovativer Bereich. Hieraus<br />
ergeben sich zahlreiche Ansatzpunkte<br />
für Förderangebote. Wie bei unseren<br />
anderen Förderprogrammen auch, unterstützen<br />
wir dabei die gesamte Wertschöpfungskette<br />
von der <strong>Fisch</strong>zucht bis<br />
zur Verarbeitung.<br />
TOP TEN<br />
<strong>Fisch</strong>arten Aquakultur<br />
1. Silberkarpfen (Hypophthalmichthys molitrix) – Der meistproduzierte <strong>Fisch</strong> der Welt<br />
2. Grasfisch (Ctenopharyngodon idella) – China erbringt 98,5 Prozent der Weltproduktion<br />
3. Gemeiner Karpfen (Cyprinus carpio) – Aquakulturproduktion in mehr als 100 Ländern<br />
4. Catla (Catla catla) – Besatzfischversorgung hat sich gravierend verbessert<br />
5. Marmorkarpfen (Hypophthalmichthys nobilis) – Naturnahrung spielt auch in<br />
Aquakultur eine wichtige Rolle<br />
6. Niltilapia (Oreochromis niloticus) – Aquakulturproduktion hat sich in zehn Jahren verdreifacht<br />
7. Karausche (Carassius carassius) – 99,9 Prozent der Aquakulturproduktion kommen aus China<br />
8. Atlantischer Lachs (Salmo salar) – Kommerzielle Lachszucht begann erst vor vierzig Jahren<br />
9. Pangasius (Pangasius spp.) – Über 91 Prozent der Weltproduktion kommen aus Vietnam<br />
10. Rohu (Labeo rohita) – Zuchtprogramme sollen Wachstum des <strong>Fisch</strong>es verbessern<br />
<strong>Fisch</strong> liegt zunehmend im Trend – bei sinkenden Fangerträgen. Die ansteigende<br />
Nachfrage macht die Zucht in Aquakulturen weltweit rentabel.<br />
es möglich, praktisch an beliebigen<br />
– aber geeigneten – Standorten eine<br />
<strong>Fisch</strong>farm zu bauen und dort die unterschiedlichsten<br />
<strong>Fisch</strong>arten zu produzieren.<br />
Für die Wasserversorgung<br />
des gWK reichen ein Brunnen, ein<br />
öffentliches Trinkwassernetz oder ein<br />
Oberfl ächengewässer mit geeigneter<br />
Wasserqualität aus. Dieses Wasser<br />
kann für die jeweils zu produzieren-<br />
de <strong>Fisch</strong>art temperiert werden. Damit<br />
ist die Vegetationsperiode bzw.<br />
das Wachstum der <strong>Fisch</strong>e nicht mehr<br />
vom Klima und der Wasserqualität<br />
abhängig, sondern jeden Tag des Jahres<br />
gegeben. Das verkürzt die Produktionszeit,<br />
in der die <strong>Fisch</strong>e ihr Verkaufsgewicht<br />
erreichen, ganz enorm<br />
– insbesondere bei wärmeliebenden<br />
<strong>Fisch</strong>arten, die mehr als 22 Grad Was-<br />
Welche Angebote machen Sie den<br />
Unternehmen denn?<br />
Wir fördern die Unternehmen mittels<br />
zinsgünstiger Darlehen. Diese vergeben<br />
wir aber nicht direkt an die Betriebe,<br />
sondern wählen den Weg über deren<br />
Hausbanken. Besonders günstige Zinssätze<br />
bieten wir beispielsweise für Vorhaben<br />
der ökologischen Aquakultur, der<br />
Direktvermarktung, zur Verbesserung<br />
des Wasserverbrauchs oder für energetische<br />
Sanierungen an.<br />
Wie sind Ihre bisherigen Erfahrungen<br />
mit der Aquakultur?<br />
Die Aquakultur in Deutschland ist immer<br />
noch eine Nische – allerdings eine sehr<br />
innovative mit einem hohen Potenzial.<br />
Dies gilt insbesondere für die Kombination<br />
von <strong>Fisch</strong>zucht und Erzeugung von<br />
Bioenergie. Denn gerade bei der Biogasproduktion<br />
fällt Wärme an, die gut von<br />
Aquakulturbetrieben genutzt werden<br />
kann. <strong>Fisch</strong>zucht ist aber alles andere als<br />
einfach, nicht zuletzt aufgrund des hohen<br />
Innovationsgrades. Daher ist die<br />
Umsetzung der geplanten Projekte für<br />
die Investoren nicht immer ganz leicht.<br />
Auch bei den begleitenden Banken ist<br />
sertemperatur benötigen. In geschlossenen<br />
Wasserkreisläufen können die<br />
<strong>Fisch</strong>e optimal mit Wärme, Futter und<br />
Sauerstoff versorgt werden, die Reinigungsanlage<br />
sorgt für eine gleichbleibend<br />
höchste Wasserqualität in<br />
den <strong>Fisch</strong>becken – Voraussetzung für<br />
eine sehr hohe Zuwachsleistung bzw.<br />
Jahresproduktion je Flächeneinheit<br />
der <strong>Fisch</strong>farm. Diese Jahres-Zuwachsleistung<br />
fällt im Vergleich zu herkömmlichen,<br />
vom Klima abhängigen<br />
Verfahren zehn Mal so hoch aus.<br />
Ein weiterer wesentlicher Vorteil<br />
von gWK ist die Möglichkeit, umweltrelevante<br />
Emissionen stark zu reduzieren.<br />
Auf Grund des vergleichsweise<br />
geringen Wasserverbrauches fällt<br />
auch entsprechend wenig Ablaufwasser<br />
an, welches zudem umfassend<br />
gereinigt und desinfi ziert werden<br />
kann. Insbesondere feste Schmutzstoffe<br />
und Phosphor können dabei<br />
weitgehend eliminiert werden. Damit<br />
steigen die Chancen, an unterschiedlichsten<br />
Standorten die vorgegebenen<br />
Grenzwerte einzuhalten und<br />
somit eine Wasserableitgenehmigung<br />
INNOVATIONSHILFE<br />
POTENZIAL VON NISCHENPRODUKTEN ERKENNEN<br />
Die Landwirtschaftliche Rentenbank<br />
mit Sitz in Frankfurt/Main unterstützt<br />
unbürokratisch und schnell u.a.<br />
Unternehmen der Aquakultur, der<br />
<strong>Fisch</strong>erei und der Vermarktung von<br />
<strong>Fisch</strong>ereierzeugnissen in Deutschland.<br />
Aktuell bietet sie dazu drei<br />
unterschied liche Förderprogramme:<br />
Wachstum, Nachhaltigkeit und Betriebsmittel.<br />
Das Programm Wachstum soll Investitionen<br />
erleichtern, die die Einrichtung<br />
einer Aquakulturanlage oder<br />
Teichwirtschaft zum Ziel haben – z.B.<br />
Errichtung von Gebäuden oder Erwerb<br />
von Grundstücken. Im Bereich<br />
Nachhaltigkeit werden Maßnahmen<br />
unterstützt, die dem Umwelt- und<br />
Verbraucherschutz dienen. Hier seien<br />
beispielsweise Verbesserung der Wasserqualität,<br />
Senkung des Verbrauchs<br />
oder energetische Sanierung genannt.<br />
Im Förderprogramm Betriebsmittel<br />
schließlich kann Hilfe bei der<br />
Finanzierung von notwendigen Produkten<br />
wie Futter geleistet werden.<br />
Quelle: Jahrbuch Aquakultur 2010 / 2011, Dr. Manfred Klinkhardt<br />
ein hohes Maß an Fachwissen und Erfahrung<br />
notwendig, das jedoch teilweise<br />
erst noch aufgebaut werden muss. Weitere<br />
Informationen unter:<br />
www.rentenbank.de<br />
Förderung: „Mit zinsgünstigen Darlehen<br />
unterstützt die Landwirtschaftliche<br />
Rentenbank neue und innovative<br />
Bereiche“, so Dr. Horst Reinhardt.
8<br />
ASC-PIONIERE<br />
aquakultur fi sch & meer |<br />
Im August 2012 wurde erstmals<br />
ein Produkt mit dem unabhängigen<br />
ASC-Siegel für verantwortungsvolle<br />
Aquakultur ausgezeichnet:<br />
Der zertifi zierte Tilapia<br />
stammt aus Indonesien, wo das<br />
US-amerikanische Unternehmen<br />
Regal Springs eine der größten<br />
<strong>Fisch</strong>farmen weltweit betreibt. Die<br />
dort eingesetzten schwimmenden<br />
Käfi ge wirken sich nachweislich<br />
kaum auf ihre Umwelt aus. Damit<br />
hebt sich die Farm positiv von<br />
anderen Regionen in Asien ab, wo<br />
Aquakulturen zur Abholzung wertvoller<br />
Mangrovenwälder und damit<br />
zur Gefährdung des Ökosystems<br />
geführt haben.<br />
Mit der kontinuierlichen Überwachung<br />
der Wasserqualität und der<br />
Gewährleistung guter Arbeitsbedingungen<br />
erfüllt Regal Springs<br />
weitere ASC-Kriterien.<br />
Immer mehr Produkte – wie Lachs,<br />
Shrimps oder Pangasius – sollen<br />
ASC-zertifi ziert werden, bis<br />
verantwortungsvolle Aquakultur<br />
nicht mehr die Ausnahme bildet,<br />
sondern die Regel. Im deutschen<br />
Handel sind die ASC-zertifi zierten<br />
Tilapia-Produkte (z. B. „TopSea“ von<br />
Lenk Seafood) erhältlich - z.B. bei<br />
Kaufl and.<br />
zu bekommen. Die festen Schmutzstoffe<br />
– also Kot- und Futterreste –<br />
werden separat zwischengespeichert.<br />
Sie können dann als Dünger auf landwirtschaftlichen<br />
Flächen ausgebracht,<br />
als Energielieferant in Biogasanlagen<br />
zugesetzt oder für die Produktion von<br />
Kompost verwendet werden.<br />
Aus Gründen der Wärmeisolierung<br />
und der allgemeinen Abkopplung<br />
von Umwelteinfl üssen jeder Art<br />
werden gWK in Gebäude integriert.<br />
Damit können weitere kosten- und<br />
umweltrelevante Faktoren kontrolliert<br />
werden: Der Elektroenergieverbrauch<br />
eines solchen Betriebes er-<br />
Der geschlossene Wasserkreislauf<br />
funktioniert nur in Gebäuden.<br />
ZUKUNFTSCHANCEN<br />
GEPRÜFTE QUALITÄT ÜBERZEUGT<br />
Heiko Lenk, Geschäftsführer von Lenk<br />
Seafood Services, gibt im VISAVIS-Interview<br />
einen kurzen Ausblick auf die Entwicklung<br />
der <strong>Fisch</strong>wirtschaft.<br />
Wie wird sich der asiatische Markt<br />
in Zukunft entwickeln? Mit welchen<br />
Produkten?<br />
Wir unterscheiden zwischen zwei Klassen:<br />
<strong>Fisch</strong> und Seafood. <strong>Fisch</strong> sind die<br />
herkömmlichen <strong>Fisch</strong>fi lets und ganze <strong>Fisch</strong>e,<br />
die aus Wildfang oder Aquakultur<br />
kommen; der Seafoodbereich dagegen<br />
umfasst vornehmlich Garnelen. In Asien<br />
wird der Fokus auf Aquakultur liegen,<br />
um den stetig steigenden Bedarf an<br />
<strong>Fisch</strong> und Seafood decken zu können.<br />
Zuchtfi sche wie Tilapia und Pangasius<br />
sind ebenso im Kommen wie die Garnelenaquakultur<br />
und Convenience-Produkte<br />
daraus.<br />
Können Sie uns die ASC-Zertifi zierung<br />
erklären?<br />
ASC ist das neue Siegel für verantwortungsvolle<br />
Aquakultur. Charakteristisch<br />
ist die besondere Transparenz: Alle Zertifi<br />
zierungen und Audits werden von unabhängigen<br />
Fachleuten vorgenommen<br />
und veröffentlicht. Dadurch unterwerfen<br />
sich die Farmer und Produktionsbetriebe<br />
diesen Regularien. Wir können uns so<br />
besser auf unsere eigentliche Aufgabe<br />
konzentrieren, nämlich die Vermarktung<br />
dieser Produkte in Partnerschaft mit den<br />
Betrieben. Außerdem führt uns der ASC<br />
neue verlässliche Partner für die jeweiligen<br />
Produktgruppen zu – ein weiterer<br />
Grund, weshalb wir gern mit ihm zusammenarbeiten.<br />
Was macht Ihre Marke „TopSea“<br />
aus und wie positioniert sich diese<br />
am Markt?<br />
Unser generelles Ziel lautet „From<br />
Source to Consumer“, d.h., die fertig<br />
verpackte Ware vom Ursprung direkt zum<br />
Verbraucher zu bringen, ohne weitere<br />
Veredelung in Europa. Unsere Aufgaben<br />
in Deutschland beschränken sich auf die<br />
Distribution, Disposition und Kundenbetreuung.<br />
Uns ist sehr wichtig, dass wir mit<br />
Heiko Lenk (rechts) stellt sich den Fragen<br />
von Florian Blum, VISAVIS-Redaktion.<br />
gibt sich überwiegend aus dem Betrieb<br />
von Pumpen und Kompressoren,<br />
die kontinuierlich arbeiten. Der<br />
thermische Energiebedarf für das Austauschwasser<br />
ist ebenfalls weitgehend<br />
konstant. Die Temperierung der Gebäude<br />
folgt dem Klimaverlauf. All<br />
dies macht es möglich, Sekundärwärmequellen<br />
ganzjährig zu nutzen bzw.<br />
Blockheizkraftwerke geeigneter Kapazität<br />
einzusetzen, welche sowohl<br />
elektro- als auch thermische Energie<br />
liefern und zum Beispiel mit Erd- oder<br />
Biogas betrieben werden. Die zu- und<br />
abfl ießenden Wasser- und Luftströme<br />
im Gebäude der <strong>Fisch</strong>farm sind<br />
unserer Hauptniederlassung in Bangkok<br />
direkt am Ort der Rohware sind. Dort<br />
befi ndet sich auch unsere Abteilung für<br />
Qualitätssicherheit: Wir sind für jegliche<br />
„TopSea“-Ware vor Ort in den Fabriken,<br />
um die Standards – von den hygienischen<br />
Bedingungen bis zu den Produktionsabläufen<br />
– zu gewährleisten und zu<br />
erhalten. Als Marke im oberen Premiumsegment<br />
unterliegt „TopSea“ strengen<br />
Kriterien. Sämtliche Ware muss aus verantwortungsvoller<br />
und zertifi zierter<br />
Aquakultur stammen, wobei wir nur Ware<br />
aus ASC oder Global GAP akzeptieren.<br />
Letztere ist eine Zertifi zierung aus<br />
dem Agrarbereich, die heute noch bei<br />
Garnelen vorgenommen wird, weil die<br />
endgültigen Parameter für die Garnelenzertifi<br />
zierung für den ASC noch ausstehen.<br />
„TopSea“-Produkte enthalten übrigens<br />
keinerlei chemische Zusätze, sie<br />
sind zu 100 Prozent natürlich. Bei bearbeiteter<br />
Ware arbeiten wir mit keiner der<br />
sog. E-Nummern, also Geschmacksverstärkern<br />
oder Bindungsmitteln. Wir verwenden<br />
auch keine künstlichen Aromen.<br />
Welche Neuerungen planen Sie für<br />
das kommende Jahr?<br />
Zunächst wird bereits Ende Oktober das<br />
„TopSea“-Programm um die ersten Garnelenprodukte<br />
erweitert. Dieses Programm<br />
wird nächstes Jahr zügig ausgeweitet.<br />
ASC-Garnelen sollen in 2013 folgen,<br />
sobald eine Zertifi zierung von Garnelenprodukten<br />
unter diesem Siegel<br />
möglich ist. Wir sind der festen Überzeugung,<br />
dass ASC in den nächsten fünf<br />
Jahren zum täglichen Bedarf und der<br />
Verfügbarkeit in den Märkten fest dazu<br />
gehören wird. Infos: www.sea-scout.com<br />
Bildquelle: Dr. Gerd-Uwe Meylahn
defi niert, so dass bei Bedarf über Wärmetauscher<br />
Energie zurückgewonnen<br />
werden kann.<br />
Ein gWK, in welchem eine Satzfi<br />
scherzeugung integriert ist, bekommt<br />
als Input lediglich Austauschwasser<br />
aus gesicherter Herkunft, Energie,<br />
Reinsauerstoff und Futter. Das sind<br />
gute Voraussetzungen für eine Zertifi<br />
zierung der Produktion nach gängigen,<br />
weltweit gültigen Standards. Dabei<br />
muss selbstverständlich sowohl<br />
das Futter selbst als auch der nach<br />
außen abgeschirmte Produktionsprozess<br />
die Bedingungen erfüllen. Die<br />
Zertifi zierung des <strong>Fisch</strong>verarbeitungsprozesses,<br />
wenn vorhanden, ist eine<br />
zusätzliche wichtige Prämisse für<br />
den Verkauf der Produkte im oberen<br />
Premium-Segment. Der geschlossene<br />
Wasserkreislauf erfüllt alle Forderungen,<br />
um Produkte in höchster Qualität<br />
zur erzeugen und erreicht damit<br />
auch die ökonomische Zielstellung.<br />
Ganz konkret bietet der gWK die Möglichkeit,<br />
den Tendenzen in Preisentwicklung<br />
und Produktangeboten zu<br />
folgen. Ist Frischfi sch ständig verfügbar,<br />
wird er auch zunehmend und zu<br />
steigenden Preisen nachgefragt.<br />
Ökonomisch stellt sich die Frage,<br />
wie profi tabel die <strong>Fisch</strong>erzeugung<br />
in gWK tatsächlich gestaltet werden<br />
kann. Dazu ist es notwendig, zwei<br />
wesentliche Fragen zu klären: Wie<br />
effektiv lässt sich der Produktionsprozess<br />
der <strong>Fisch</strong>e gestalten, d.h. welche<br />
Kosten fallen an? Und: Wie sehen<br />
die Verkaufsbedingungen aus,<br />
bzw. wie hoch sind die Erlöse? Bezieht<br />
man die genannten Vorteile und<br />
| fi sch & meer aquakultur 9<br />
SCHEMA<br />
Futtersystem<br />
<strong>Fisch</strong>becken<br />
Produkte<br />
Möglichkeiten mit ein, so ist eine profi<br />
table <strong>Fisch</strong>produktion, welche zudem<br />
als nachhaltig bezeichnet werden<br />
kann, möglich – ein Anreiz auch<br />
für Finanzinvestoren.<br />
Praktische Nutzung der gWK<br />
Mechanischer Filter<br />
Überlauf Wasser Schlamm<br />
Ein hoher technischer Aufwand ist erforderlich, um <strong>Fisch</strong>e in geschlossenen<br />
Wasserkreisläufen zu züchten. Dennoch ist das Prinzip mittlerweile ausgereift.<br />
Im Prinzip könnten die meisten<br />
<strong>Fisch</strong>arten in geschlossenen Wasserkreisläufen<br />
gehalten werden. Letztlich<br />
kommt es aber darauf an, <strong>Fisch</strong>futter<br />
effektiv zu <strong>Fisch</strong>fl eisch zu „veredeln“.<br />
Dazu sind besonders <strong>Fisch</strong>arten<br />
geeignet, die in warmem Wasser<br />
bei ca. 20 bis 26° Celsius leben können,<br />
das Futter aktiv aufnehmen und<br />
sich möglichst einfach vermehren lassen.<br />
Für die Entscheidung, welche<br />
<strong>Fisch</strong>e im gWK produziert werden<br />
sollen, ist auch wichtig, dass für diese<br />
Arten eine große Nachfrage besteht<br />
und sie bei Verkauf einen ho-<br />
Reinsauerstoffüberträger<br />
Messung<br />
Steuerung<br />
Alarmierung<br />
Datenverarbeitung<br />
Biofilter<br />
Desinfektion<br />
Wärmegruppenträger<br />
Pumpengruppe<br />
Wasser<br />
Futter<br />
Sauerstoff<br />
Energie<br />
Quelle: Dr. Gerd-Uwe Meylahn<br />
hen Ertrag erbringen. Nicht immer<br />
gelingt es, alle diese Kriterien gemeinsam<br />
zu realisieren.<br />
Süßwasserbetriebene gWK produzieren<br />
derzeit in größeren Mengen<br />
<strong>Fisch</strong>e wie Welsartige, Aale, Störe<br />
(Fleisch und Kaviar), Zander, Barsche,<br />
Tilapia, Baramundi, Satzfi sche allgemein.<br />
Salzwasserbetriebene gWK konzentrieren<br />
sich auf Plattfi sche wie Steinbutt<br />
und Scholle, Dorsch, Doraden,<br />
Wolfsbarsch, Grouper oder Snapper,<br />
um einige zu nennen.<br />
Insbesondere die Erzeugung von<br />
Setzlingen für die verschiedenen<br />
<strong>Fisch</strong>arten erfordert spezielles Knowhow,<br />
da sich die Vermehrungsbesonderheiten<br />
und die speziellen Ansprüche<br />
der kleinen <strong>Fisch</strong>e sehr voneinander<br />
unterscheiden. In dieser Phase<br />
der <strong>Fisch</strong>produktion kommt es auf<br />
bestimmte Details an, die schon bei<br />
der technischen Ausstattung der <strong>Fisch</strong>-<br />
farm, aber auch bei der Betreuung<br />
beachtet werden müssen.<br />
Sehr wichtig ist die konsequente<br />
Einhaltung der seuchenhygienischen<br />
Bestimmungen, um die Einschleppung<br />
von <strong>Fisch</strong>krankheiten zu vermeiden.<br />
Wenn dies trotz aller Vorsicht<br />
misslingt, gibt es jedoch ein großes<br />
Spektrum von therapeutischen<br />
und prophylaktischen Möglichkeiten<br />
zur Behandlung der <strong>Fisch</strong>e. Antibiotika,<br />
immer wieder als „Nachteil“ dieser<br />
Produktionstechnologie angeführt,<br />
sind in diesem Zusammenhang nicht<br />
erforderlich bzw. gar nicht einsetzbar,<br />
da sie den lebenswichtigen Biofi<br />
lter schädigen würden.<br />
Fazit<br />
Die Aquakultur – sowohl die<br />
„klassische“ als auch in Form des geschlossenen<br />
Wasserkreislaufs – bietet<br />
eine reelle Chance, den steigenden<br />
Bedarf an <strong>Fisch</strong> und <strong>Fisch</strong>produkten<br />
zu decken und die natürlichen<br />
<strong>Fisch</strong>bestände in den Gewässern<br />
zu entlasten. Wirklich nachhaltig<br />
wird die Aquakultur, wenn auch die<br />
sozialen Komponenten vor Ort berücksichtigt<br />
werden und die Produzenten<br />
auf einen verantwortungsvollen<br />
Umgang mit den natürlichen Ressourcen<br />
achten (siehe Wanderspalte<br />
links). Dem gWK wird ebenfalls eine<br />
beträchtliche Rolle zukommen,<br />
gilt er doch als Erfolg versprechendes<br />
Konzept. Wenn die Förderbedingungen<br />
stimmen, hat Aquakultur eine<br />
große Zukunft.<br />
Dr. Gerd-Uwe Meylahn<br />
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10<br />
titelreportage fi sch & meer |<br />
HERAUSFORDERUNG Die <strong>Fisch</strong>wirtschaft muss auf geändertes<br />
Verbraucherverhalten reagieren – und tut dies auch. Sie garantiert<br />
durch weltweite Importe größtmögliche Vielfalt und setzt zunehmend<br />
auf Nachhaltigkeit. Dabei wird sie von der Politik unterstützt.<br />
„<br />
Grenzenlos<br />
Die Welt ist nicht genug!“ So könnte<br />
man die Lieferfähigkeit der<br />
Unternehmen der <strong>Fisch</strong> industrie,<br />
des <strong>Fisch</strong>imports und<br />
des <strong>Fisch</strong>großhandels in Deutschland beschreiben.<br />
Ausge klü gelte Logistikkonzepte<br />
bringen per Schiff, Flugzeug und LKW die<br />
gewünschten <strong>Fisch</strong>e und <strong>Meer</strong>esfrüchte aus<br />
aller Welt schnell zum „Point of Sale“ und erfüllen<br />
somit jeden Verbraucherwunsch. Die<br />
Entwicklung der <strong>Fisch</strong>bestände in den EU-<br />
Gewässern auf der einen <strong>Seite</strong> und die stetige<br />
Nachfrage nach <strong>Fisch</strong> und <strong>Meer</strong>esfrüchten<br />
auf der anderen <strong>Seite</strong> haben zu einer<br />
enormen Steigerung der Einfuhren aus Drittländern<br />
in den letzten Jahrzehnten geführt.<br />
Der Markt für <strong>Fisch</strong>e, Krebs- und Weichtiere<br />
in Deutschland übertrifft mit einer Importabhängigkeit<br />
von über 80 Prozent noch die<br />
<strong>Fisch</strong>-Abhängigkeit der Europäischen Uni-<br />
Bildquelle: Petra Bork - www.pixelio.de
Bildquelle: © European Union, 2012; Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
Bildquelle: www.fotolia.com - il-fede<br />
on, die bei rund 50 Prozent liegt. Ohne<br />
die Möglichkeit, <strong>Fisch</strong>e, Krebs- und<br />
Weichtiere aus allen Weltmeeren einführen<br />
zu können, wären die große<br />
Vielfalt auf dem <strong>Fisch</strong>markt und das<br />
außerordentliche Genuss- und Geschmacks<br />
er leb nis nicht möglich. In der<br />
letzten Dekade vor dem Jahrtausendwechsel<br />
ist auch das Interesse der Verbrau<br />
cher an Informationen über die<br />
Herkunft der angebotenen <strong>Fisch</strong>e und<br />
<strong>Fisch</strong>produkte gewachsen.<br />
Meldungen der Welternährungsorganisation<br />
(FAO) über die kritische<br />
Entwicklung zahlreicher <strong>Fisch</strong>bestände<br />
fanden großen Niederschlag in der<br />
Öffentlichkeit. Verbraucher- und Umwelt<br />
schutzverbände forderten von der<br />
<strong>Fisch</strong>wirtschaft mehr Informationen<br />
über die Herkunft und die Produktionsmethoden<br />
der angebotenen <strong>Fisch</strong>e.<br />
Heute erhält der Verbraucher sowohl<br />
auf Basis freiwilliger Initiativen als<br />
auch durch gesetzliche Regelungen<br />
eine Vielzahl an Her kunfts- und Transparenzinformationen<br />
entlang der gesamten<br />
Wertschöpfungskette. Das Wissen<br />
darüber, wie und wo <strong>Fisch</strong>e gefangen<br />
werden und welche Maßnahmen<br />
zur Sicherheit und Qua li täts erhal<br />
tung der „Lebensmittel aus dem<br />
<strong>Meer</strong>“ beitragen, ermöglicht es dem<br />
interessierten Verbraucher, <strong>Fisch</strong>e aus<br />
nachhaltig bewirtschafteten <strong>Fisch</strong>beständen<br />
und umweltverträglich geführten<br />
Aqua kulturen einzukaufen.<br />
Am bekanntesten ist das blaue Siegel<br />
des Marine Stewardship Council<br />
(MSC), das für umweltbewussten und<br />
nachhaltigen <strong>Fisch</strong>fang steht. Da viele<br />
verarbeitende Unternehmen und<br />
Händler in Deutschland eine MSC-<br />
Zertifi zierung zunehmend zur Voraussetzung<br />
ihrer Beschaffung machen,<br />
hat sich das Siegel rasch verbreitet:<br />
Mittlerweile gibt es auf dem deutschen<br />
Markt über 4.577 MSC-gekennzeichnete<br />
Artikel. Weltweit sind es über<br />
15.000. Als eine Art „Schwestersiegel“<br />
für Aquakulturen wurde der ASC<br />
(Aquaculture Stewardship Council) gegründet.<br />
Erste mit dem Siegel des ASC<br />
gekennzeichnete Produkte sind dieses<br />
Jahr auf den Markt gekommen.<br />
Die Geschichte der <strong>Fisch</strong>wirtschaft<br />
in Deutschland<br />
In den Küstenregionen der Nord-<br />
und Ostsee gehört der <strong>Fisch</strong> seit jeher<br />
zum Speisezettel der Bevölkerung. Obwohl<br />
die Traditionen des Herings- und<br />
Stockfi schhandels bis in das Mittelalter<br />
zurückreichten, hemmte die<br />
schnelle Verderblichkeit des <strong>Fisch</strong>fl eisches<br />
lange Zeit die Entwicklung eines<br />
umfangreicheren überregionalen<br />
| fi sch & meer titelreportage 11<br />
<strong>Fisch</strong>handels. Als dann ab 1885 eine<br />
Dampfhochseefi schereifl otte unter<br />
deutscher Flagge aufgebaut wurde, war<br />
der Weg zur in dustriellen <strong>Fisch</strong>verarbeitung<br />
frei. Der Ausbau des Eisenbahnnetzes<br />
ermöglichte zusätzlich erstmals<br />
einen Handel mit frischen Seefi<br />
schen im gesamten Gebiet zwischen<br />
Nord- und Ost seeküste sowie den Alpen.<br />
Voraussetzung für all diese Entwicklungen,<br />
aus denen die mo derne<br />
<strong>Fisch</strong>industrie und der <strong>Fisch</strong>großhandel<br />
entstanden, waren die ausreichende<br />
Roh wa renversorgung und eine<br />
schnelle Distribution. Aus kleinsten<br />
Anfängen, die als Nebenerwerb von<br />
<strong>Fisch</strong>ern an der Ostseeküste entstanden<br />
waren, entwickelte sich ein Wirtschaftszweig<br />
innerhalb der Ernährungsbranche,<br />
der es erst mals schaffen sollte,<br />
das negative Image des „toten Seefi<br />
sches“ aufzubrechen und <strong>Fisch</strong> bis<br />
weit ins Binnenland zu einem beliebten<br />
Nahrungsmittel werden zu lassen.<br />
Die Nordsee und der Nord-Atlantik<br />
waren in der gesamten Geschichte<br />
der deutschen <strong>Fisch</strong> industrie und<br />
des <strong>Fisch</strong>großhandels die unumstritten<br />
wichtigsten Fanggebiete für die<br />
zur Ver arbeitung oder in den Handel<br />
kommenden <strong>Fisch</strong>arten. Sowohl die<br />
Ansprüche der Uferstaa ten auf einen<br />
immer größeren Teil der Fanggebiete,<br />
die letztlich zur Neuregelung des Seerechts<br />
in seinen 200-Seemeilen-Wirtschaftszonen<br />
führten, als auch die<br />
Übernutzung einzel ner Bestände zwangen<br />
die deutsche <strong>Fisch</strong>wirtschaft, neue<br />
Wege der Rohwarenbeschaffung zu<br />
beschreiten. So nahm die Bedeutung<br />
der Rohwarenimporte von <strong>Fisch</strong> zu.<br />
Andererseits wurde versucht, neue<br />
<strong>Fisch</strong>arten in den deutschen Markt<br />
einzuführen. Die Anpassung an die<br />
sich verändernden Umstände kann<br />
als eine entscheidende Qualität der<br />
deutschen <strong>Fisch</strong> wirtschaft gesehen<br />
werden. Diese Flexibilität war allerdings<br />
auch nicht nur aufgrund der sich<br />
verändernden Rohwarensituation notwendig,<br />
sondern ebenso sehr wegen<br />
der zunehmenden Eu ropäisierung der<br />
<strong>Fisch</strong>wirtschaft, die schließlich in der<br />
Gemein samen <strong>Fisch</strong>ereipolitik mündete.<br />
Während für den Verbraucher<br />
die Vielzahl neuer Arten vor allem eine<br />
Bereicherung des Angebots bedeutete,<br />
hieß es für die <strong>Fisch</strong>industrie, dass<br />
sie sich immer weiter von der Rohwarenversorgung<br />
durch die eigene<br />
Flotte lösen musste. Aus der deutschen<br />
<strong>Fisch</strong> in dustrie und dem <strong>Fisch</strong>großhandel<br />
war endgültig ein Wirtschaftszweig<br />
geworden, der aufs engste mit dem<br />
europäischen und dem Welthandel<br />
verfl ochten war. Aus den am Ende<br />
des 19. Jahrhunderts gegründeten Un-<br />
Staatssekretär Peter Bleser<br />
befürwortet die verbesserte<br />
Förderung der nachhaltigen<br />
<strong>Fisch</strong>erei durch die Europäische<br />
Kommission.<br />
EU-Kommissarin Mara Damanaki<br />
betont, dass Haushaltsmittel<br />
verstärkt auf den Umweltschutz<br />
ausgerichtet werden sollen.<br />
ternehmen, für die die <strong>Fisch</strong>verarbeitung<br />
oft nicht mehr war als eine Verbesserung<br />
der Möglichkeit, die Fänge<br />
ihrer eigenen <strong>Fisch</strong>e rei fahrzeuge in<br />
den Markt zu bringen, waren spezialisierte<br />
Unternehmen der Lebensmittelwirtschaft<br />
ge wor den. Sie hatten mit<br />
der eigentlichen <strong>Fisch</strong>erei immer weniger<br />
zu tun und trennten sich nach<br />
und nach endgültig von ihren eigenen<br />
Fangfl otten.<br />
Der Weg der EU zur Gemeinsamen<br />
<strong>Fisch</strong>ereipolitik<br />
1976 etablierte die Europäische<br />
Gemeinschaft eine gemeinsame 200-<br />
Seemeilen-<strong>Fisch</strong>erei zone aller Mitgliedstaaten<br />
und beschritt damit einen Weg,<br />
an dessen Ende die Ge meinsa me <strong>Fisch</strong>ereipolitik<br />
(GFP) stand. Der Fokus<br />
lag zunächst im Wesentlichen auf dem<br />
notwendigen Strukturwandel der Fangfl<br />
otten, das heißt der An passung der<br />
Fangkapazitäten an die vor han denen<br />
Fangmöglichkeiten. Seit 1977 wurden<br />
hierzu ergänzende Beihilfeprogramme<br />
für den <strong>Fisch</strong>verarbeitungsbereich<br />
innerhalb der Ge meinschaft eingeführt.<br />
Die Förderung neuer Technologien<br />
und die Verbesserung der Hygienebedingungen<br />
waren wesentliche<br />
Elemente der politischen Bemühungen,<br />
überalterte Betriebe an die Bedingungen<br />
eines gemeinsamen Marktes<br />
anzupassen. Der fortschreitende<br />
Abbau innereuropäischer Zollschranken<br />
und die Vereinheitlichung von<br />
z.B. Qualitäts- und Größenklassen,<br />
Verpackungen oder Eti kettie run gen<br />
von <strong>Fisch</strong>produkten wurden für die<br />
Be triebe der deutschen <strong>Fisch</strong>wirtschaft<br />
zu weiteren Chancen und Herausforderungen.<br />
Als Ziel galt es, einen wirklichen<br />
gemeinsamen Markt für Fi-<br />
Vom Nebenerwerb zum Wirtschaftsfaktor – moderne Logistikkonzepte<br />
erfüllen Verbraucherwünsche.
12<br />
titelreportage fi sch & meer |<br />
KLIMAWANDEL<br />
BALD KLEINERE FISCHE IN DEN OZEANEN<br />
Kanadische Forscher sagen für den Fall<br />
einer globalen Klimaerwärmung ein<br />
verlangsamtes Wachstum der <strong>Fisch</strong>e<br />
voraus. Bis zum Jahr 2050 könnten<br />
die <strong>Meer</strong>esbewohner bis zu einem<br />
Viertel ihrer Körpergrösse einbüssen.<br />
Erwärmt sich ein Gewässer und sinkt<br />
der Sauerstoffgehalt, dann verändern<br />
sich die Verteilung und der Stoffwechsel<br />
der <strong>Fisch</strong>e, und ihr Wachstum<br />
ist beeinträchtigt. So viel ist aus<br />
älteren Studien bereits bekannt.<br />
Nun hat ein Team der Universität<br />
von British Columbia in Vancouver<br />
diese Veränderungen für die kommenden<br />
Jahrzehnte extrapoliert – unter<br />
Berücksichtigung verschiedener<br />
Klimamodelle des Intergovernmental<br />
Panel on Climate Change (IPCC).<br />
Die Resultate sind beachtlich: Für den<br />
schlimmsten Fall – ein Szenario mit<br />
hohen Emissionen und einer Klimaerwärmung<br />
von rund drei Grad bis Ende<br />
dieses Jahrhunderts – prognostizieren<br />
die Forscher, dass die Körpergrösse<br />
von <strong>Fisch</strong>en durchschnittlich zwi-<br />
Solch große <strong>Fisch</strong>e könnten<br />
schon bald der Vergangenheit<br />
angehören – geschuldet dem<br />
Klimawandel.<br />
schen 14 und 24 Prozent abnimmt.<br />
Die Resultate wurden in der neusten<br />
Ausgabe der Fachzeitschrift «Nature<br />
Climate Change» veröffentlicht.<br />
Tropen besonders betroffen<br />
Gemäss William Cheung und seinem<br />
Forscherteam dürften besonders im<br />
Indischen Ozean in Zukunft kleinere<br />
<strong>Fisch</strong>e geangelt werden. Generell<br />
sind die tropischen und mittleren<br />
Breitengrade besonders betroffen:<br />
In diesen Regionen soll der Verlust<br />
an Körpergrösse bei <strong>Fisch</strong>en durchschnittlich<br />
über 20 Prozent betragen.<br />
Relevant für die Berechnungen waren<br />
die durchschnittlichen Temperaturen<br />
am kühlen <strong>Meer</strong>esgrund, die für das<br />
Laichen und das Wachstum der <strong>Fisch</strong>e<br />
am meisten Aussagekraft haben.<br />
Zwar werden sich diese Temperaturen<br />
im Indischen Ozean nur minimal<br />
verändern – die Forscher rechnen mit<br />
einer Erwärmung von 0,017 Grad<br />
Celsius pro Jahrzehnt und einem leicht<br />
sinkenden Sauerstoffgehalt. Doch auch<br />
solche kleinen Veränderungen behindern<br />
die <strong>Fisch</strong>e in ihrem Wachstum.<br />
Die neuen Lebensbedingungen bringen<br />
<strong>Fisch</strong>e aber auch dazu, sich neue<br />
Laichplätze zu suchen. Diese Migration<br />
grösserer <strong>Fisch</strong>e in gemässigtere Gebiete<br />
spielte bei den Berechnungen bezüglich<br />
der durchschnittlichen Körpergrösse der<br />
<strong>Fisch</strong>e ebenfalls eine wesentliche Rolle.<br />
Neue Dynamik in der<br />
Nahrungskette<br />
Die Forscher verglichen ihre Berechnungen<br />
mit historischen Daten und stellten<br />
fest, dass die bisherige Entwicklung der<br />
Körpergrösse der <strong>Fisch</strong>e mit den berechneten<br />
Szenarien einhergeht. Das spricht<br />
für die Zuverlässigkeit der Resultate.<br />
Prognosen beruhen aber immer auf<br />
einer Vielzahl an Vereinfachungen. So<br />
haben die Wissenschafter in ihrer Studie<br />
beispielsweise nicht berücksichtigt, ob<br />
und wie stark sich die verschiedenen<br />
<strong>Fisch</strong>arten an veränderte Lebensbedingungen<br />
anpassen können. Eine<br />
veränderte Grössenverteilung der <strong>Fisch</strong>e<br />
Erschienen in der „Neuen Zürcher<br />
Zeitung“ am 02. Oktober 2012;<br />
mit freundlicher Genehmigung<br />
der „Neuen Zürcher Zeitung“<br />
könnte ausserdem zu einer neuen Dynamik<br />
in der Nahrungskette führen, da das<br />
Verhältnis zwischen Raub- und Beutefi -<br />
schen stark von deren Grösse abhängt.<br />
Einigkeit herrscht aber in einem wichtigen<br />
Punkt: Die <strong>Fisch</strong>bestände werden<br />
durch eine immer stärkere Nutzung der<br />
<strong>Meer</strong>e durch die Menschen in Mitleidenschaft<br />
gezogen – sei es durch die<br />
Zerstörung und Verschmutzung von<br />
Lebensräumen oder durch Überfi schung.<br />
schereiprodukte zu erreichen, in dem<br />
im Inte resse von Produzenten und Verbrauchern<br />
Angebot und Nachfrage<br />
aufeinander abgestimmt werden. 1983<br />
mündeten alle diese Be stimmungen<br />
erstmals in der Gemeinsamen Fi scherei<br />
politik, die fortan be stimmend für<br />
die gesamte europäische <strong>Fisch</strong>wirtschaft<br />
und somit auch für die deutschen<br />
Unternehmen wurde. Überprüfungen<br />
der GFP in den Jahren 1992,<br />
2002 und aktuell im Jahr 2012 haben<br />
zu ihrer Aktualisie rung und Moderni<br />
sie rung beigetragen. Der jüngste Reformvorschlag<br />
wird allerdings noch<br />
im Europäischen Parlament und im<br />
Rat diskutiert und voraussichtlich im<br />
Jahr 2014 in Kraft treten.<br />
Umsatz der <strong>Fisch</strong>branche in<br />
Deutschland<br />
Im Zeitalter der Überschussgesellschaft<br />
hat es die deutsche <strong>Fisch</strong>industrie<br />
verstanden, im harten Wettbewerb<br />
ihren Produkten einen Platz<br />
im Nahrungskorb des Verbrauchers<br />
im In - und Ausland zu sichern. <strong>Fisch</strong><br />
ist eine wichtige Eiweißquelle des Menschen<br />
und damit ein wichtiger Bestandteil<br />
der gesunden Ernährung.<br />
Zum bedeutendsten und stärksten<br />
Wachstumsbereich in der deutschen<br />
<strong>Fisch</strong>industrie zählt die Herstellung<br />
von tiefgefrorenen <strong>Fisch</strong>erzeugnissen.<br />
Der deutlich wachsende Zuspruch<br />
auf <strong>Seite</strong>n des Verbrauchers<br />
beweist deutlich, dass Weiterentwicklungen<br />
bei Fertiggerichten auf <strong>Fisch</strong>basis<br />
mit hohem Convenience-Charakter<br />
honoriert werden.<br />
Insgesamt stellten die Unternehmen<br />
der deutschen <strong>Fisch</strong>verarbeitungsindustrie<br />
im Jahre 2011 <strong>Fisch</strong>waren<br />
in einer Menge von 492.231 Tonnen<br />
zu einem Verkaufswert ab Werk in<br />
Höhe von 1,8 Milliarden Euro her.<br />
Damit nimmt Deutschland nach Spanien,<br />
dem Vereinigten Königreich und<br />
Frankreich den vierten Platz in der<br />
Rangfolge der bedeutendsten <strong>Fisch</strong>verarbeitungsländer<br />
in der Europäischen<br />
Union ein. Der wichtigste Standort<br />
der <strong>Fisch</strong>industrie in Deutschland<br />
ist Bremerhaven: Hier sind fast 5.000<br />
Beschäftigte im <strong>Fisch</strong>ereihafen, in der<br />
<strong>Fisch</strong>wirtschaft oder bei ihren Zulieferern<br />
tätig. Cuxhaven folgt auf dem<br />
zweiten Platz. Mit der Kutterfi sch-Zentrale<br />
und der Deutschen <strong>Fisch</strong>fang<br />
Union ist die Stadt Sitz der größten<br />
deutschen <strong>Fisch</strong>fangkapazitäten. Der<br />
Import erfolgt heute auch durch die<br />
Luft: Im Perishable Center Frankfurt<br />
(PCF) des Frankfurter Flughafens werden<br />
jährlich rund 20.000 Tonnen <strong>Fisch</strong><br />
und <strong>Meer</strong>esfrüchte umgeschlagen.
Rückgrat der <strong>Fisch</strong>wirtschaft<br />
Das Gesamtaufkommen an <strong>Fisch</strong><br />
und <strong>Fisch</strong>ereierzeugnissen in Deutschland<br />
betrug im Jahr 2011 2,24 Millionen<br />
Tonnen (Fanggewicht). Die Eigenproduktion,<br />
die sich aus den Eigenanlandungen<br />
deutscher <strong>Fisch</strong>er und der<br />
Pro duktion der Binnenfi scherei sowie<br />
aus Aquakultur zusammensetzt, steuert<br />
hierzu etwa 278.000 Tonnen bei.<br />
Damit stellt sie etwa zwölf Prozent<br />
des Basisaufkommens dar.<br />
Importe beliefen sich im Jahr 2011<br />
auf rund 1,96 Millionen Tonnen und<br />
haben mit 88 Prozent den größten Anteil<br />
an der Versorgung des deutschen<br />
Marktes, der im Jahr auf einen Nahrungs<br />
verbrauch von 1,28 Millionen<br />
Tonnen (Fangge wicht) kommt. Dies<br />
ergibt einen Pro-Kopf-Ver brauch von<br />
15,6 kg pro Jahr. Erwartet wird, dass<br />
in den nächsten zehn Jahren der <strong>Fisch</strong>verbrauch<br />
pro Kopf die Marke von 18<br />
bis 20 kg erreicht.<br />
Rund 65 Prozent der in Deutschland<br />
vermarkteten <strong>Fisch</strong>e sind Seefi -<br />
sche, die heute überwiegend im Nordostatlantik<br />
und im Nord- und Südpa-<br />
| fi sch & meer titelreportage 13<br />
<strong>Fisch</strong> ist lecker, gesund und spielt für die<br />
Ernährung einer wachsenden Weltbevölkerung<br />
eine entscheidende Rolle. Um<br />
das Nahrungsmittel <strong>Fisch</strong> für heutige<br />
und nachfolgende Generationen zu sichern,<br />
ist ein verantwortungsbewusster<br />
Umgang mit dieser wertvollen Ressource<br />
notwendig. Genau das hat sich der<br />
MSC (Marine Stewardship Council) zum<br />
BEWERTUNGSHILFE<br />
ONLINE-ANSICHT DER FISCHBESTÄNDE WELTWEIT<br />
In der Debatte zur Überfi schung stehen<br />
sich die Aussagen der <strong>Fisch</strong>branche und<br />
diverser Naturschutzorganisationen und<br />
Umweltverbände allzu oft unvereinbar<br />
gegenüber. Dr. Matthias Keller, Geschäftsführer<br />
des Bundesverbands der deutschen<br />
<strong>Fisch</strong>industrie und des <strong>Fisch</strong>großhandels<br />
e. V., kritisiert den „Hinweis auf<br />
die ‚über mäßige’ Befi schung einzelner<br />
<strong>Fisch</strong>bestände ohne die jeweilige Nennung<br />
des Bewer tungsschemas“ als „unlauter“.<br />
Dieser führe „zu unvollständigen<br />
Veröffentlichungen durch die Medien<br />
und somit zu einer Verunsicherung der<br />
Verbraucher“. Die Gegenseite wiederum<br />
warnt vor der Störung des Gleichgewichts<br />
im Ökosystem Wasser.<br />
Im Internet können sich Interessierte ein<br />
eigenes Bild vom Zustand der <strong>Fisch</strong>bestände<br />
machen, die für den deutschen<br />
Markt von Bedeutung sind: Bis Ende<br />
2012 wird die Datenbank der Website<br />
„<strong>Fisch</strong>bestände online“ Informationen<br />
zu rund 130 für den deutschen Markt<br />
relevanten <strong>Fisch</strong>beständen aus weltweit<br />
über 30 <strong>Fisch</strong>arten umfassen. Außerdem<br />
fi nden Nutzer eine Übersicht der FAO-<br />
Fanggebiete sowie eine kurze Darstellung<br />
der <strong>Fisch</strong>arten und ein Glossar.<br />
Ziel gesetzt und gemeinsam mit Wissenschaftlern,<br />
<strong>Fisch</strong>ereiexperten und Umweltorganisationen<br />
einen Umweltstandard<br />
entwickelt, der die Prinzipien für eine<br />
nachhaltige <strong>Fisch</strong>erei defi niert und als<br />
Grundlage für die Beurteilung von <strong>Fisch</strong>ereien<br />
dient. Fangbetriebe, die im<br />
Rahmen eines komplexen, wissenschaftsbasierten<br />
Bewertungsverfahrens<br />
beweisen können, dass sie diesem Standard<br />
gerecht werden, dürfen ihren Fang<br />
mit dem MSC-Siegel kennzeichnen.<br />
Änderungen vorantreiben<br />
Die zertifi zierten <strong>Fisch</strong>ereien haben gezielt<br />
darauf hingearbeitet, die Anforderungen<br />
und Kriterien des MSC-Standards<br />
zu erfüllen. Auch nach erfolgter Zertifi -<br />
zierung müssen die <strong>Fisch</strong>ereien weiterhin<br />
an sich arbeiten und kontinuierlich<br />
ihre gute Leistung unter Beweis stellen.<br />
Dadurch treibt das MSC-Programm notwendige<br />
Änderungen im Management<br />
von <strong>Fisch</strong>ereien voran. Dass dieser Anspruch<br />
nicht nur in der Theorie, sondern<br />
auch in der Praxis funktioniert, bestätigen<br />
jüngste Ergebnisse wissenschaftlicher<br />
Studien. Sie belegen, dass die MSC-<br />
Die Website ist eine Initiative des Handels<br />
zur Förderung einer nachhaltigen<br />
<strong>Fisch</strong>erei. Die Idee dazu entstand in der<br />
Arbeitsgruppe „Herkunftsangaben für<br />
<strong>Fisch</strong>ereierzeugnisse“ im Rahmen des<br />
Runden Tisches „Nachhaltige <strong>Fisch</strong>erei“,<br />
der vom Bundesministerium für Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
(BMELV) initiiert wurde.<br />
Die FAO teilt die Welt in 19 Fanggebiete auf – ergänzende Infos<br />
bietet eine neue Website „www.fi schbestaende-online.de“.<br />
Zertifi zierung von <strong>Fisch</strong>ereien zu messbaren<br />
ökologischen Verbesserungen in<br />
unseren Weltmeeren führt. So hat etwa<br />
die Hokifi scherei in Neuseeland ihre Bestände<br />
vollständig wieder aufgebaut, die<br />
Seehechtfi scherei in Südafrika hat den<br />
Beifang an Seevögeln drastisch reduziert<br />
und die Schollenfi scherei in Holland hat<br />
freiwillig Gebiete für ihre <strong>Fisch</strong>erei gesperrt.<br />
Dies sind nur einige Beispiele, die<br />
den positiven Beitrag des MSC-Programms<br />
unterstreichen und zeigen, dass<br />
Handel und Verbraucher beim Kauf von<br />
<strong>Fisch</strong> mit MSC-Siegel den <strong>Fisch</strong>beständen<br />
und der <strong>Meer</strong>esumwelt helfen.<br />
Globale Abnehmer von <strong>Fisch</strong> und<br />
<strong>Meer</strong>esfrüchten als Motor für einen<br />
positiven Wandel<br />
Nachhaltigkeitsaspekte spielen in der Beschaff<br />
ung von <strong>Fisch</strong> und <strong>Meer</strong>esfrüchten<br />
eine immer größere Rolle. Weltweit machen<br />
verarbeitende Unternehmen und<br />
Händler eine MSC-Zertifizierung zunehmend<br />
zur Voraussetzung ihrer Beschaffung.<br />
So ist die Anzahl MSC-gekennzeichneter<br />
Artikel in Deutschland inzwischen<br />
auf über 4.000, weltweit auf über<br />
Zusammengestellt werden die Informationen<br />
vom Johann Heinrich von<br />
Thünen-Institut, Bundesforschungsinstitut<br />
für Ländliche Räume, Wald und <strong>Fisch</strong>erei.<br />
Die Aktualisierung erfolgt in der Regel<br />
jährlich, vor allem auf der Basis der veröffentlichten<br />
Berichte zwischenstaatlicher<br />
wissenschaftlicher Organisationen.<br />
www.fi schbestaende-online.de<br />
NACHHALTIGKEIT<br />
MSC-SIEGEL FÜR UMWELTBEWUSSTEN FISCHGENUSS<br />
Marnie Bammert<br />
15.000 gestiegen. Die Abnehmer von<br />
MSC-zertifi ziertem <strong>Fisch</strong> und <strong>Meer</strong>esfrüchten<br />
sind der Motor, der einen positiven<br />
Wandel der weltweiten <strong>Fisch</strong>ereiindustrie<br />
vorantreiben kann.<br />
MSC-Zertifi zierung: Nicht nur ein<br />
Gewinn für die Umwelt<br />
Der MSC nutzt die Macht der Verbraucher,<br />
des Handels und der Industrie, um <strong>Fisch</strong>ereien<br />
Anreize zu verantwortungsbewusstem<br />
Verhalten zu geben. Dabei bringt<br />
eine MSC-Zertifi zierung nicht nur Gewinne<br />
für die Umwelt: Produzenten, Händlern<br />
und Verkäufern gibt das MSC-Siegel<br />
Sicherheit über die nachhaltige Herkunft<br />
der Ware, bietet positive Kommunikationsanlässe<br />
und verhilft zu einem besseren<br />
Image. Auch zertifizierte <strong>Fisch</strong>e reien<br />
bestätigen, dass ihnen das MSC-Logo<br />
dabei geholfen hat, sich auf existierenden<br />
Märkten zu behaupten und neue Märkte<br />
zu erschließen. Einige <strong>Fisch</strong>er berichten<br />
sogar über höhere Erzeugerpreise.<br />
Marnie Bammert<br />
Country Manager DACH<br />
Marine Stewardship Council
14<br />
TRENDS<br />
titelreportage fi sch & meer |<br />
Vergessene Arten<br />
Überfi schung ist ein weltweites<br />
Problem, dass viele <strong>Fisch</strong>arten<br />
existenziell bedroht – unter ihnen<br />
so beliebte Arten wie Sardinen<br />
oder Makrelen. Doch es gibt zu<br />
Unrecht in Vergessenheit geratene<br />
Alternativen, die italienische<br />
<strong>Fisch</strong>er nun aufzeigen. Sardinelle,<br />
Strumpfbandfi sch, Unechter<br />
Bonito oder Mittelmeersandaal<br />
könnten die bedrohten Populationen<br />
entlasten – und schmecken<br />
auch verwöhnten Gaumen.<br />
Frisch vom iPhone<br />
Frisch muss er<br />
sein, der <strong>Fisch</strong>.<br />
Doch nicht jeder<br />
Konsument ist<br />
ein geborener<br />
Experte. Hilfreich ist hier die neueste<br />
Version der iPhone-App<br />
„Wie frisch ist mein <strong>Fisch</strong>?“, die sich<br />
auf langjährige Forschung stützt.<br />
Sie hilft dem Nutzer mit Fotos und<br />
Beschreibungen, den Status der<br />
gekauften Ware einzuschätzen<br />
und gibt Prognosen über die<br />
Haltbarkeitsdauer.<br />
Regionale Aufzucht<br />
Die Rückbesinnung auf regionale<br />
Produkte schließt auch deutschen<br />
<strong>Fisch</strong> mit ein. Er stammt zum<br />
Beispiel aus sächsischen Zuchtbetrieben,<br />
dem Müritzgebiet oder<br />
Brandenburg und die Auswahl ist<br />
groß: Im Angebot sind Karpfen,<br />
Forellen, Hechte und Welse aber<br />
auch Maränen, Saiblinge und<br />
Zander.<br />
zifi k gefangen werden. Auf Süßwasserfi<br />
sche ent fallen rund 23 Prozent,<br />
wobei hier mit einem Marktanteil von<br />
zwölf Prozent Lachs den Löwenanteil<br />
aus macht. Krebs- und Weichtiere spielen<br />
in Deutschland mit einem Anteil<br />
von zwölf Prozent im in ter na tionalen<br />
Vergleich noch eine geringe Rolle.<br />
Woher stammen unsere <strong>Fisch</strong>e?<br />
Die Hauptlieferländer für <strong>Fisch</strong><br />
und <strong>Fisch</strong>ereierzeugnisse waren im<br />
Jahr 2011, bezogen auf den Wert der<br />
Einfuhren, mit 59 Prozent Länder au-<br />
<strong>Fisch</strong>, Strand, Wattenmeer – das alles<br />
bietet Cuxhaven, eines der ältesten<br />
deutschen Seebäder, seinen zahlreichen<br />
Besuchern. Doch wer dabei nur an Urlaub<br />
und Erholung denkt, greift viel zu<br />
kurz. Denn die touristisch interessante<br />
Lage am <strong>Meer</strong> macht auch ihre Wertigkeit<br />
als Wirtschaftsstandort aus:<br />
Gelegen an der Mündung des Weltschifffahrtsweges<br />
Elbe und in unmittelbarer<br />
Nähe zum Nord-Ostseekanal bietet<br />
die Stadt mit dem Tiefwasserhafen<br />
Cuxport ideale Bedingungen als Stand-<br />
ßerhalb der EU. Norwegen ist weiterhin<br />
vor China der größte Handelspartner<br />
auf der Importseite. Nach China<br />
sind die USA und Viet nam die bedeutendsten<br />
Herkunftsländer.<br />
Innerhalb der EU war Polen vor<br />
den Niederlanden und Dänemark der<br />
wichtigste EU-Handelspartner für <strong>Fisch</strong>ereierzeugnisse:<br />
Bezogen auf den<br />
Wert der Einfuhren führte Polen im<br />
Jahr 2011 mit Einfuhren im Wert von<br />
493 Millionen Euro die Rangliste der<br />
bedeutendsten <strong>Fisch</strong>herkunftsländer<br />
an. Der Wert der Einfuhren aus Norwegen<br />
betrug 490 Millionen Euro. Ins-<br />
ort für Umschlag-, Lager-, Verarbeitungs-<br />
und Logistikunternehmen.<br />
<strong>Fisch</strong>fang und -verarbeitung gehören bis<br />
heute zu den wichtigsten Wirtschaftsfaktoren.<br />
Rund 40 Unternehmen mit etwa<br />
1.600 Mitarbeitern sind hier ansässig<br />
und prägen den <strong>Fisch</strong>ereistandort Cuxhaven<br />
– den größten in Niedersachsen.<br />
Er ist Anlaufstelle für Frischfi sch der Kleinen<br />
Hochsee- und Kutterfi scherei. Deren<br />
Fang wird – fi letiert und gekühlt – ortsnah<br />
angelandet und mit ausgefeilter<br />
Technik gelagert, kommissioniert und<br />
dann zeitnah umgeschlagen. Für die <strong>Fisch</strong>erei<br />
ist Nachhaltigkeit oberstes Gebot.<br />
Engmaschige Netze minimieren unerwünschten<br />
Beifang, MSC-Zertifi zierung<br />
garantiert bedenkenlosen Genuss, die<br />
Einhaltung des „International Food-<br />
Standards“ und Hygienevorschriften gewährleistet<br />
größte Sorgfalt beim Umgang<br />
mit der Ware <strong>Fisch</strong>.<br />
Cuxhaven ist aber zudem auch Anlaufpunkt<br />
der Großen Hochseefi scherei, bei<br />
der frisch gefangener <strong>Fisch</strong> noch an<br />
Bord fi letiert und tiefgefroren wird. So<br />
ist die Deutsche <strong>Fisch</strong>fang Union bis<br />
hoch in den Nordatlantik aktiv und Tiefkühlfi<br />
sch das wichtigste Standbein der<br />
<strong>Fisch</strong>wirtschaft. Angeliefert wird nicht<br />
nur übers Wasser, auch LKW bringen die<br />
begehrte Ware, die in modernsten Kühlhäusern<br />
vor Ort eingelagert und dann<br />
weltweit ausgeliefert wird.<br />
Umschlag, Logistik und Transport – das<br />
ist nur die eine <strong>Seite</strong> der <strong>Fisch</strong>wirtschaft.<br />
Ein wichtiges Standbein für Cuxhaven<br />
als Wirtschaftsstandort ist die Veredelung.<br />
Ob Räucherfi sch, <strong>Fisch</strong>salate und<br />
Marinaden, Antipasti oder Kaviar – hier<br />
gesamt wurden <strong>Fisch</strong> und <strong>Meer</strong>esfrüchte<br />
im Wert von 3,5 Milliarden<br />
Euro eingeführt. Dem standen Ausfuhren<br />
von <strong>Fisch</strong> und <strong>Meer</strong>esfrüchten<br />
im Wert von 1,6 Milliarden Euro<br />
im Jahr 2011 gegenüber.<br />
Nachhaltigkeit und <strong>Fisch</strong>fang in<br />
Einklang bringen<br />
Die Gemeinsame <strong>Fisch</strong>ereipolitik<br />
zu reformieren, ist eine notwendige<br />
und ehrgeizige Heraus forderung,<br />
die gelingen muss, wenn die <strong>Fisch</strong>branche<br />
auch in Zukunft <strong>Fisch</strong> und<br />
KOMPETENZ<br />
CUXHAVEN – STANDORT MIT ZUKUNFT<br />
Cuxhaven ist zweitgrößter Umschlagplatz<br />
für Nordseekrabben. Zukunftssichernd<br />
wurde nun die erste deutsche<br />
Erzeugergemeinschaft der Krabbenfi<br />
scher gegründet.<br />
entstehen Delikatessen. In großen Teilen<br />
noch in Handarbeit, unterstützt durch<br />
moderne Technik, wird <strong>Fisch</strong> kulinarisch<br />
verwertet. Der Großteil der Beschäftigten<br />
ist in der Verarbeitung tätig. Hohe<br />
Stückzahlen bei höchster Qualität – das<br />
ist der Anspruch. Etabliert hat sich Cuxhaven<br />
inzwischen zudem als zweitgrößter<br />
Umschlagplatz für Nordseekrabben.<br />
Innovative Entwicklungen erlauben nunmehr<br />
neben der manuellen auch die maschinelle<br />
Pulung – und holen so Arbeitsplätze<br />
nach Deutschland zurück. Zudem<br />
haben sich jetzt 120 Krabbenfi scher zu<br />
einer Erzeugergemeinschaft zusammengeschlossen.<br />
Ihr Ziel: Stärkung ihrer Position<br />
bei Großhändlern und Qualitätssteigerung<br />
beim Krabbenfang – für eine zukunftssichere<br />
Branche.<br />
Vor Ort haben sich in der Stadt Firmen<br />
angesiedelt, die das nötige Verpackungsmaterial<br />
für die Ware <strong>Fisch</strong> herstellen.<br />
Hauchdünne Dosen beispielsweise,<br />
abgestimmt auf die speziellen Anforderungen<br />
der hochsensiblen Produkte,<br />
werden vor Ort benötigt und bereitgestellt<br />
und fi nden später ihren Weg von<br />
Cuxhaven in die Welt.<br />
Cuxhaven punktet mit seinen Kompetenzen<br />
in <strong>Fisch</strong>fang und <strong>Fisch</strong>verarbeitung,<br />
verfügt über ein hohes Know-how<br />
in der Frischfi sch-Logistik, über modernste<br />
Produktionsanlagen. Zunehmend hat<br />
sich die Stadt zudem als Frisch- und<br />
Frostfi sch-Distributionsstandort positioniert.<br />
In dieser Stadt am <strong>Meer</strong> treffen<br />
sich Tradition und Moderne aufs Schönste,<br />
gehen Industrie und Handwerk eine<br />
zukunftsträchtige Verbindung ein. Infos<br />
unter: www.afw-cuxhaven.de
Mee res früchte fangen, verarbeiten und<br />
handeln will. Die EU-Kommission hat<br />
ihre Hausaufgaben gemacht und einen<br />
anspruchsvollen Katalog mit Vorschlägen<br />
zur nachhaltigen Reform der<br />
<strong>Fisch</strong>ereipolitik erarbeitet.<br />
Wie der Parlamentarische Staatssekretär<br />
des Bundesministeriums für<br />
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz,<br />
Peter Bleser, berichtet,<br />
war der deutschen <strong>Seite</strong> vor allem<br />
wichtig, dass das Nachhaltigkeitsprinzip<br />
bei der Reform oberste Priorität<br />
erhält. Denn, so Bleser, die nachhaltige<br />
Bewirtschaftung der <strong>Fisch</strong>bestände<br />
sei nicht nur die Grundlage für eine<br />
erfolgreiche wirtschaftliche Zukunft<br />
der deutschen <strong>Fisch</strong>ereibetriebe, sondern<br />
sichere zugleich die bestmögliche<br />
Versorgung der Verbraucher mit<br />
frischem <strong>Fisch</strong> und <strong>Fisch</strong>produkten.<br />
„Diese Forderung wurde voll erfüllt“,<br />
bilanzierte der Staatssekretär bei der<br />
Eröffnung des Deutschen <strong>Fisch</strong>ereitags<br />
2012 in Papenburg. „Die europäischen<br />
<strong>Fisch</strong>ereien müssen bis 2015,<br />
soweit möglich, spätestens aber bis<br />
2020 nach dem Prinzip des maximalen<br />
Dauerertrages (MSY) bewirtschaftet<br />
werden.“<br />
Doch diese Reform justiert nicht<br />
nur die Stellschrauben für die nachhal<br />
ti ge Bestandsbewirtschaf tung neu.<br />
Weitere Kernpunkte sind die Regionalisierung<br />
des <strong>Fisch</strong>ereimanagements,<br />
die Been di gung der Vergeudung von<br />
lebenden Ressourcen (Beifänge und<br />
Discard), die Förderung der Aquakultur<br />
und die verant wortungsvolle Zusammenarbeit<br />
mit Drittländern hinsichtlich<br />
der Fangmöglichkeiten in EU-<br />
Drittländern sowie die geplante Erweiterung<br />
der Verbrau cher information.<br />
| fi sch & meer titelreportage 15<br />
Da es sich dabei um sehr ambitionierte<br />
Ziele handelt, werden zur Überprüfung<br />
dieser Vorschläge sehr intensive<br />
Beratungen nötig sein, um am Ende<br />
durchdachte und brauchbare Regeln<br />
– insbesondere für die praktische<br />
Durchführbarkeit – zu erlassen. Unabhängig<br />
davon zeigen die beschlossenen<br />
Erhöhun gen der Fangquoten<br />
für das Jahr 2012, beispielsweise in<br />
der Nord- und Ost see sowie vor Norwegen,<br />
dass sich bei konsequenter<br />
Umsetzung der bereits jetzt be stehenden<br />
Vorschriften und effi zienten<br />
Kontrollen <strong>Fisch</strong>bestände durchaus<br />
positiv entwickeln können.<br />
Die <strong>Fisch</strong>wirtschaft teilt die vom<br />
Bundesministerium für Ernährung,<br />
Land wirt schaft und Verbraucherschutz<br />
als deutschen Beitrag für die europäische<br />
Diskussion heraus gestellten Kernpunkte<br />
und Positionen zu den 14 vorgeschlagenen<br />
Reformelementen. Nur<br />
durch gezielte Reformen lässt sich die<br />
Gemeinsame <strong>Fisch</strong>ereipolitik weiterentwickeln<br />
und den neuen Herausforderungen<br />
anpassen.<br />
Dies sollte zum einen durch die<br />
Ausweitung von mehrjährigen Bewirtschaftungs-<br />
und Wiederauffüllungsplänen<br />
sowie die Stärkung der regionalen<br />
Beratungsgremien im Rahmen<br />
der GFP geschehen. Hinzu kommt die<br />
Durchsetzung der Maßnahmen zur<br />
Bekämpfung der illegalen <strong>Fisch</strong>erei<br />
(IUU-Ver ordnung) auf europäischer<br />
und internationaler Ebene, die Etablierung<br />
des Prinzips des maximalen<br />
Dauerertrags (MSY) und die Defi nition<br />
und Einführung weiterer, ökosystembasierterManagementkomponenten<br />
im <strong>Fisch</strong>ereimanagement. Schließlich<br />
gilt es noch, den verantwortungs-<br />
bewussten Verbraucher durch Verbesserung<br />
von Markt trans parenz und Produktinformationen<br />
zu stärken und<br />
das Nachhaltigkeits prin zip im Rahmen<br />
internationaler <strong>Fisch</strong>erei abkommen<br />
unter Berück sichtigung der<br />
Interessen der Partnerländer zu verankern.<br />
Finanzielle Unterstützung soll<br />
zukünftig der neue Europäische <strong>Meer</strong>es-<br />
und <strong>Fisch</strong>ereifonds (EMFF) leisten,<br />
der den derzeitigen Europäischen<br />
<strong>Fisch</strong>ereifonds (EFF) und diverse andere<br />
Instrumente ersetzt. Für den Zeitraum<br />
von 2014 bis 2020 hat die Europäische<br />
Kommission eine Mittelausstattung<br />
in Höhe von 6,5 Milliarden<br />
Euro vorgeschlagen. Die Ausrichtung<br />
scheint dabei klar zu sein: „Für den<br />
Bau großer Schiffe wird kein Geld bereitgestellt“,<br />
betont Maria Damanaki,<br />
EU-Kommissarin für maritime Angelegen<br />
heiten und <strong>Fisch</strong>erei. „Dagegen<br />
werden die kleine Küstenfi scherei und<br />
die Aquakultur davon profi tieren, dass<br />
die Haushaltsmittel der Gemeinsamen<br />
<strong>Fisch</strong>ereipolitik stärker auf den Umweltschutz<br />
ausgerichtet werden.“ Beim<br />
deutschen Bundesministerium für Ernährung,<br />
Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
ist der neue Fonds auf Zustimmung<br />
gestoßen. „Für richtig und<br />
zukunftsweisend halten wir die verbesserte<br />
Förderung einer nachhaltigen<br />
<strong>Fisch</strong>erei sowie die Berücksichtigung<br />
der Aquakultur als neuen Förderschwerpunkt“,<br />
so Staatssekretär<br />
Peter Bleser. „Die Förderung der bestehenden<br />
Aquakulturbetriebe muss<br />
weiterhin möglich sein.“<br />
Probleme müssen länderübergreifend<br />
gelöst werden<br />
Für die deutsche <strong>Fisch</strong>wirtschaft<br />
haben die neuen Maßnahmen der Gemeinsamen<br />
<strong>Fisch</strong>ereipolitik und der<br />
Gemeinsamen <strong>Fisch</strong>marktorganisation<br />
einen außer ordentlichen Anteil an<br />
der Sicherung der Existenz ihres wirtschaftlichen<br />
Handelns. Intakte <strong>Fisch</strong>bestände<br />
sind allerdings nicht nur ein<br />
europäisches Thema. Denn <strong>Fisch</strong>e kennen<br />
keine Grenzen.<br />
Die Weltmeere sind durch Probleme<br />
bedroht, die kein Land allein lösen<br />
kann: Die Verschmutzung der Küstengewässer<br />
und der Ozeane, Klimawandel,<br />
Ölkatastrophen und Überfi -<br />
schung sind Bedrohungen, denen sich<br />
langfristig nur durch internationalen<br />
Konsens begegnen lässt. Daher werden<br />
auch in Zukunft intensive Kommunikation<br />
und größtmögliche Transparenz<br />
gefragt sein. Der Weg zu einer<br />
nachhaltigen <strong>Fisch</strong>erei ist der erste<br />
Schritt in diese Richtung.<br />
AUTOR<br />
Dr. Matthias Keller ist Geschäftsführer<br />
des Bundesverbands<br />
der deutschen <strong>Fisch</strong>industrie und<br />
des <strong>Fisch</strong>großhandels e.V. mit Sitz<br />
in Hamburg. Er beschreibt die<br />
großen Herausforderungen und<br />
Chancen der deutschen<br />
<strong>Fisch</strong>wirtschaft.<br />
TERMINE<br />
Slow<strong>Fisch</strong><br />
Die Messe für<br />
nachhaltigen Genuss<br />
Messe Bremen<br />
09.-11. November 2012<br />
www.slowfi sch-bremen.de<br />
Magdeburger<br />
<strong>Meer</strong>esangeltage<br />
Messe Magdeburg<br />
10.-11. November 2012<br />
www.magdeburgermeeresangeltage.de<br />
Internationale<br />
Grüne Woche<br />
Große <strong>Fisch</strong>präsentation<br />
des <strong>Fisch</strong>-Informations-<br />
zentrums in Halle 14.1<br />
18.-27. Januar 2013<br />
www.gruenewoche.de<br />
Jagen & <strong>Fisch</strong>en 2013<br />
Messe Augsburg<br />
17.-20. Januar 2013<br />
www.jagenundfi schen.de<br />
AQUA-FISCH<br />
Messe Friedrichshafen<br />
08.-10. März 2013<br />
www.aqua-fi sch.de
Achten Sie beim <strong>Fisch</strong>einkauf auf das MSC-Logo,<br />
damit <strong>Fisch</strong> und unsere <strong>Meer</strong>e erhalten bleiben.<br />
Das MSC-Logo kennzeichnet Produkte aus <strong>Fisch</strong>ereien, die vorbildlich geführt<br />
sind und <strong>Fisch</strong> auf nachhaltige Weise fangen.