Heinz-Rudolf Kunze
Heinz-Rudolf Kunze
Heinz-Rudolf Kunze
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Das einflussreichste Klavier-Trio des Modern Jazz existierte nur gut zwei Jahre: Es war das Bill Evans Trio der Jahre<br />
1959-61, mit der Rhythmusgruppe Scott LaFaro und Paul Motian. Sie entwickelten ein völlig neues, egalitäres<br />
Verständnis vom Zusammenspiel mit großer Nachhaltigkeit, das bis heute Gültigkeit besitzt. Es befreite Klavier,<br />
Bass und Schlagzeug von den tradierten Rollen. Das Originalmitglied, der im vergangenen November verstorbene<br />
Schlagzeuger Paul Motion, erinnert an die Errungenschaft seines ehemaligen Kollegen, diesmal im Trio mit Pianist<br />
Chick Corea und Bassist Eddie Gomez.<br />
Chick Corea<br />
Tribut an das Bill Evans Trio<br />
FURTHER EXPLORARTIONS im New Yorker<br />
Club Blue Note im Jahr 2010, war Motion der letzte<br />
Überlebende jenes Bill Evans Trios, das 50 Jahre zuvor<br />
in derselben Stadt eine Reihe historischer Alben einspielte.<br />
Zwar tourte er mit seinen 80 Jahren zuletzt nicht<br />
mehr, war aber Auftritten vor Ort in seiner Heimatstadt<br />
New York nicht abgeneigt. So wurden diese<br />
Aufnahmen vom Versprechen eines herausragend<br />
besetzten Trios zum Vermächtnis<br />
eines Schlagzeugers, den die New<br />
York Times immerhin zu den 50<br />
einflussreichsten Jazzmusikern<br />
aller Zeiten rechnet. Mit seinem<br />
reduzierten, fast ätherisch<br />
schwebenden Spiel<br />
avancierte Motian zum<br />
häufig kopierten Gegenentwurf<br />
des „klassischtrainiertenRhythmusknechtes“.<br />
Kontrabassist Eddie Gomez,<br />
der neben Ron Carter in<br />
der Szene zu den am häufigsten<br />
gebuchten Gastmusikern<br />
seines Instruments zählt, spielte<br />
selbst 11 Jahre lang im Bill<br />
Evans Trio der mittleren Phase.<br />
In seinem kontrapunktisch angelegten<br />
Spiel ist er hörbar von<br />
Scott LaFaro beeinflusst.<br />
Chick Corea schließlich<br />
hat in vielen anderen Genres<br />
Bleibendes hinterlassen: vom<br />
Latin- bis zum Kammerjazz (s.u.<br />
auch die zweite Neuveröffentlichung<br />
THE CONTINENTS im<br />
CD-Tipp). In diesem Jahr sind<br />
© Foto: C. Taylor Crothers Zu Zeiten der Aufnahmen für die Doppel-CD<br />
CD-Tipp | Jazz<br />
Corea – Gomez – Motian<br />
Further Exploration<br />
Concord Jazz CJA-33364/in-akustik<br />
Chick Corea<br />
The Continents<br />
Setzt seinem Vorbild<br />
Bill Evans ein<br />
Denkmal - Pianist<br />
Chick Corea<br />
Dt. Grammophon 477 9952/Universal Music<br />
aktuell | jazz 16<br />
zu seinen bislang 15 Grammy-Auszeichnungen zwei<br />
weitere hinzugekommen. Womit er in 2012 immerhin<br />
die Hälfte der vergebenen Jazz-Awards mit nach Hause<br />
nahm.<br />
Karrieresprung durch Miles Davis<br />
Als Corea 1968, mit Mitte 20, Herbie<br />
Hancock im Ensemble von Miles Davis<br />
ersetzte, fiel ihm das musikhistorische<br />
Glück zu, an so wegweisenden Alben<br />
wie ‘Bitches Brew‘ mitzuwirken, bevor<br />
er 1971 mit Return To Forever eine,<br />
mit Unterbrechungen, bis heute aktive<br />
Keimzelle des Fusion-Jazz schuf.<br />
Sie machte zwei damalige Teenager<br />
über Nacht zu Weltstars: den Gitarristen<br />
Al Di Meola und Bassist<br />
Stanley Clarke.<br />
In Deutschland sorgte seine<br />
Mitgliedschaft in der Scientology<br />
Church jedoch für einen handfesten<br />
Skandal: Der Veranstalter der<br />
Leichtathletik-WM 1993 in Stuttgart<br />
lud den bereits gebuchten Chick Corea<br />
auf Druck der Landesregierung seinerzeit<br />
wieder aus. Corea erhob Klage vor<br />
dem Verwaltungsgerichtshof, die jedoch<br />
abgewiesen wurde. In der Folge wurden<br />
Auftritte des neben Joe Zawinul und Herbie<br />
Hancock wichtigsten Keyboarders<br />
der Fusion-Epoche hierzulande ein seltenes<br />
Ereignis. Betrachtet man die beiden<br />
Neuveröffentlichungen, so tat dies seiner<br />
Kreativität keinen Abbruch. Es ist ein<br />
Glücksfall, dass sich drei derart profilierte<br />
Musiker dem Erbe des Bill Evans Trios<br />
widmen und dessen Klangsprache weiterhin<br />
hochhalten. Volker Doberstein II<br />
1 | 2012<br />
17 jazz | aktuell<br />
© Foto: Jazz Village<br />
Der Pianist Ahmad<br />
Jamal ist ein Phänomen:<br />
Seit 60 Jahren<br />
macht er Musik und<br />
noch immer streiten<br />
sich die Gelehrten,<br />
wo sein Platz in der<br />
Jazzgeschichte ist.<br />
Ahmad Jamal<br />
Juwelensammler<br />
Jamal wurde 1930 als Fritz Jones geboren. Bereits 1951 gründete er sein erstes<br />
Trio mit dem er die von Kennern geschätzte LP ‘Live At The Pershing Lounge‘ einspielte.<br />
Miles Davis nannte ihn gar „seine größte Inspiration“. In der Folge wuchs<br />
Jamals Reputation unter Musikern rasant.<br />
Dass die Musikkritik hingegen skeptisch blieb, liegt an einem Missverständnis. Jamal,<br />
der sich technisch hinter Referenzgrößen wie Oscar Peterson keineswegs<br />
verstecken muss, setzte nie auf plakative Artistik, sondern auf musikalisches Understatement.<br />
Gerade dieses gefälligen Stils wegen wurde er oft kopiert. Dass<br />
diese Kopien zumeist auch dürftig waren, hat Jamal mitunter geschadet. Ein tragisches<br />
Paradox.<br />
Würdiger Elder Statesman<br />
Sein neues Album BLUE MOON aber zeigt wiederum sein hohes Niveau.<br />
Allein für den Anschlag dieses Mannes würden Heerscharen von Pianisten ihre<br />
Seele verkaufen. Jamal selbst sagt über seine Musik: „Ich habe tausend Melodien<br />
im Kopf, aber ich notiere mir nur die Juwelen.“ So klingt sie, die Gelassenheit eines<br />
würdigen Elder Statesman des Jazz, in Musik und Sprache. Volker Doberstein II<br />
www.tonartmagazin.de<br />
CD-Tipp | Jazz<br />
Ahmad Jamal<br />
Blue Moon - The New York Session<br />
Jazz Village/Harmonia Mundi SP9570001<br />
Wurde einst mit<br />
seiner Version des<br />
Standards ‘Poinciana’<br />
weltberühmt<br />
– Jazzlegende<br />
Ahmad Jamal<br />
ANZEIGE<br />
Vent nocturne<br />
The Hilliard Ensemble<br />
Garth Knox<br />
Agnès Vesterman<br />
Sylvain Lemêtre<br />
Carolin Widmann<br />
Alexander Lonquich<br />
<br />
<br />
ECM 2175 CD 476 4755<br />
<br />
<br />
ECM 2157 CD 476 4501<br />
<br />
<br />
ECM 2223 CD 476 4546<br />
<br />
Im Universal Vertrieb<br />
www.ecmrecords.com www.ecm-sounds.de