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Die Jumelage mit dem RC Angers - Rotary Club Göttingen

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<strong>Die</strong> <strong>Jumelage</strong> <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> <strong>RC</strong> <strong>Angers</strong><br />

<strong>Die</strong>trich Sticherling<br />

Beitrag zur 50-Jahr-Feier des <strong>RC</strong> <strong>Göttingen</strong> im November 2001<br />

<strong>Die</strong> geschichtlichen Vorbedingungen<br />

<strong>Die</strong> Mächte Europas standen immer in Konkurrenz zueinander, im Wettstreit<br />

um Landbesitz, um strategisch wichtige Stützpunkte, um Quellen des Wohlstands.<br />

Frieden in Europa gab es und gibt es am ehesten, wenn starke und<br />

natürliche Allianzen ihn sichern. Eine solche Frieden stiftende und Frieden erhaltende<br />

Allianz besteht jetzt zwischen Frankreich und Deutschland, Ländern,<br />

deren Geschichte voll ist von kriegerischen Auseinandersetzungen untereinander.<br />

Wir waren uns ”Erbfeinde”. Ein Begriff, der erstmals im 15. Jahrhundert<br />

auf die Türken als Nachfahren des Teufels angewendet wurde, seit <strong>dem</strong><br />

16. Jahrhundert auf die Franzosen (Etymologisches Wörterbuch, DTV). Erbfeindschaft<br />

zwischen Franzosen und Deutschen bestand, weil es nötig zu sein<br />

schien, dass ein verlorener Krieg Revanche nach sich ziehen musste. Aus <strong>dem</strong><br />

Sieg 1870/71 entwickelte sich der 1. Weltkrieg. Der Friede von Versailles wurde<br />

zum Ausgangspunkt des 2. Weltkriegs.<br />

Das Leiden der Bevölkerung in den Kriegen hat einsichtige Menschen in beiden<br />

Nationen dazu gebracht, nach Möglichkeiten der Verständigung zu suchen, die<br />

<strong>dem</strong> mörderischen Automatismus ein Ende setzen sollten. BRIAND und STRE-<br />

SEMANN unterzeichneten am 27. Januar 1925 den Briand-Kellogg-Pakt, dessen<br />

1. Artikel lautet: „<strong>Die</strong> hohen vertragschließenden Parteien erklären feierlich im<br />

Namen ihrer Völker, dass sie den Krieg als Mittel zur Lösung internationaler<br />

Streitfälle verurteilen und auf ihn als Werkzeug nationaler Politik in ihren gegenseitigen<br />

Beziehungen verzichten.”<br />

Es war ein Vertrag zwischen Regierungen, vielleicht mehr noch zwischen Regierenden,<br />

denn <strong>mit</strong> STRESEMANNs Tod am 3. Oktober 1928 verlor er seine<br />

dämpfende Wirkung auf die nationalistisch aufputschende Propaganda. <strong>Die</strong><br />

Nationalsozialisten wurden gewählt und da<strong>mit</strong> der Krieg, der Grenzen und<br />

Macht der Länder Europas völlig veränderte und unnennbares Leid über die<br />

hier lebenden Menschen brachte. Unser Land blieb zerrissen zurück und für<br />

1


Jahre ohne völkerrechtlich anerkannte Regierung. Der Kampf um den Frieden<br />

in Europa musste von neuem beginnen.<br />

ROBER T SCHUMAN stellt im Mai 1950 einen Plan zur Einigung Europas vor, als<br />

dessen wichtigste Aufgabe er die Beseitigung des jahrhundertealten deutschfranzösischen<br />

Gegensatzes sieht, der bislang jeden Frieden in Europa unmöglich<br />

gemacht hat. <strong>Die</strong> Bundesrepublik tritt im April 1951 der Montanunion<br />

bei, wird am 26. Mai 1952 Mitglied der EVG und ist im März 1957 zusammen<br />

<strong>mit</strong> Frankreich und vier weiteren Staaten Gründungs<strong>mit</strong>glied der EWG. Ein<br />

deutsch-französisches Jugendwerk entsteht. Der Geist der Verträge wird <strong>mit</strong><br />

Jugendtreffen, Städtepartnerschaften, Kulturinstituten in die Bevölkerung getragen.<br />

Am 22.März 1963 unterzeichnen Charles de Gaulle und Konrad Adenauer<br />

den Vertrag über die deutsch-französische Zusammenarbeit.<br />

Wenn Franzosen und Deutsche, Deutsche und Polen, Deutsche und Russen,<br />

Tschechen und Serben sich in ihrem Alltag erleben und dabei ein hohes Maß<br />

an Übereinstimmung der Meinungen, in den Alltagsnöten, in ihrem kulturellen<br />

Umfeld feststellen, sind sie am ehesten in der Lage, in ihrem Gegenüber den<br />

Mitmenschen zu erkennen. Dann können sie am ehesten der Gewaltpsychose<br />

widerstehen, die uns in der Masse überwältigen kann.<br />

Zeitzeugen berichten<br />

Lassen wir zwei Zeitzeugen zu Worte kommen, die die Empfindungen vieler<br />

Menschen in ihren Nationen wiedergeben: Aus <strong>dem</strong> Lebensbericht unseres<br />

Freundes HYACINTHE SIMON:<br />

“La guerre finie, les souffrances endurées ne minvitaient pas a faire<br />

ami avec les allemands. Mon beau-père déporté, mon beau-frère Felix<br />

tué à Gennes avec les Cadets de Saumur, ma tragique capture à<br />

Gérardmer et ma captivité restaient de trop sombres souvenirs.<br />

Puis devenu rotarien, le président de mon club, Maître Pecquereau<br />

en 1959, nous expliqua que lun de buts du <strong>Rotary</strong> étant de contribuer<br />

à létablissement dans le monde de la Paix. Nos hautes autorités dirigeantes<br />

nous <strong>dem</strong>andaient de nous lier da<strong>mit</strong>ié avec un club<br />

étrangers .. que pour des français, il était très souhaitable de choisir<br />

un club allemand.<br />

Cette annonce ne provoqua pas dans notre assemblée un enthousiasme<br />

délirant, loin de là. Cependant notre président persuadé quil<br />

fallait enterrer la hache de guerre et chercher une paix définitive avec<br />

nos voisins par une meilleure connaissance des uns des autres, et par<br />

échanges de toute nature. Bien que le bon sens me poussait à dire oui,<br />

mes trop sombres souvenirs me poussaient toujours ä dire non.<br />

2


Avais-je raison? Indécis, je <strong>dem</strong>andai conseil a ma femme. Après<br />

réflexion elle me dit: il faut en parler à mon père qui a encore plus souffert<br />

que nous. Sa réponse fut magnifique: « mes enfants il ne faut rien<br />

oublier, pourtant si vous ne voulez pas que vos enfants connaissent<br />

à nouveau les horreurs le la guerre, il faut essayer de vous entendre<br />

avec les Allemands.“<br />

(Der Krieg war zu Ende, aber die fortdauernden Leiden luden uns<br />

nicht dazu ein, Freundschaft <strong>mit</strong> Deutschen zu suchen. - Mein Schwiegervater<br />

verschleppt, mein Schwager zu Gennes zusammen <strong>mit</strong> den<br />

Cadetten von Saumur umgekommen, meine tragische Gefangennahme<br />

zu Gérardmer und dann meine Gefangenschaft blieben düstere Erinnerungen.<br />

Dann war ich Rotarier, als unser Präsident, der Maître Pecquereau,<br />

uns 1959 erklärte, dass eines der Ziele Rotaries sei, zum Frieden in<br />

der Welt beizutragen. Unsere rotarischen Oberen forderten von uns,<br />

eine freundschaftliche Beziehung zu einem ausländischen <strong>Club</strong> herzustellen,<br />

dass von den Franzosen dringlich gewünscht würde, dafür<br />

einen deutschen <strong>Club</strong> auszuwählen.<br />

<strong>Die</strong>se Ankündigung war weit davon entfernt in unserem <strong>Club</strong> dafür<br />

eine überschwängliche Begeisterung zu wecken. Jedoch unser dazu<br />

überzeugter Präsident sagte, dass man die Axt des Krieges vergraben<br />

und einen dauerhaften Frieden <strong>mit</strong> unseren Nachbarn suchen müsse<br />

durch ein besseres gegenseitiges Kennenlernen. Obwohl die gute Absicht<br />

mich drängte dazu Ja zu sagen, klang es aus meinen düsteren<br />

Erinnerungen immer und immer Nein.)<br />

Aber hatte ich recht? Noch unschlüssig, fragte ich meine Frau um<br />

Rat. Nach einigem Überlegen sagte sie mir: Lass uns darüber <strong>mit</strong> meinem<br />

Vater sprechen, der noch mehr als wir zu leiden hatte. Seine Antwort<br />

war großartig: Meine Kinder, man soll nichts vergessen, dennoch,<br />

wenn ihr nicht wollt, dass eure Kinder wiederum die Schrecken des<br />

Krieges kennen lernen, dann muß man versuchen. sich <strong>mit</strong> den Deutschen<br />

zu verstehen.<br />

Anläßlich des Fest-Meetings der beiden <strong>Club</strong>s am Samstag, <strong>dem</strong> 25.5.79, im<br />

Kasino der KWS in Einbeck berichtete unser damaliger Präsident ACHIM BLOCK<br />

vom Erleben seines Vaters:<br />

“Nach<strong>dem</strong> mein Vater als junger Unteroffizier 1916 bei einem Spähtruppunternehmen<br />

in der Nähe von Verdun durch französischen Soldaten<br />

gefangen genommen und in ein provisorisches Gefangenenlager<br />

gekommen war, auf offenes Feld unter Gottes freien Himmel, da hörte<br />

er in der ersten Nacht dieses neuen Zustandes den französischen<br />

3


Posten, der die Runde ums Lager machte, ein Lied pfeifen: Es war<br />

Wolframs Lied “Du mein holder Abendstern” aus der Oper “Tannhäuser”<br />

von Richard Wagner. Mein Vater hat später erzählt, dass bei diesen<br />

Tönen sein Kummer über die unglückliche, auch als <strong>dem</strong>ütigend<br />

empfundene Lage sogleich viel geringer geworden sei; er merkte unerwarteterweise,<br />

dass er Menschen in die Hände geraten war, die bei<br />

aller Gegnerschaft aus derselben Kultur lebten. Nach vier Jahren Gefangenschaft,<br />

1920, durfte mein Vater in seine deutsche Heimat zurückkehren.<br />

Und er begann, merkwürdig genug, hier an der Göttinger<br />

Universität französische Sprache und Literatur zu studieren, während<br />

er sich vor <strong>dem</strong> Krieg eigentlich zum Studium des Altgriechischen entschlossen<br />

hatte. In einer Art Hassliebe war ihm Frankreich interessant<br />

geworden, dass er sich nun auch wissenschaftlich da<strong>mit</strong> beschäftigen<br />

wollte. Und er wurde ein kundiger Liebhaber der französischen Sprache,<br />

ein begeisterter Freund der französischen Literatur und genoss<br />

auf mehreren Reisen die Schönheit des französischen Landes. Eine<br />

Reserve aber gegenüber <strong>dem</strong> alten und dann 1939 wieder neuen Gegner,<br />

gegenüber den Menschen in Frankreich blieb.<br />

Unsere Großväter und Väter waren, von einzelnen souverän denkenden Persönlichkeiten<br />

abgesehen, durchweg belastet durch die kriegerischen Auseinandersetzungen<br />

zwischen Frankreich und Deutschland. Eine oft ungeklärte,<br />

manchmal ganz unbewusste Gegeneinstellung behinderte darum auch in Friedenszeiten<br />

den vorurteilslosen Umgang zwischen den Nationen.<br />

Zwischen unseren beiden Nationen hat sich viel verändert. Es hat sich eine<br />

solche nahezu spannungsfreie Normalität herausgebildet, dass immer häufiger<br />

zu hören ist: wir sollten endlich Vergangenes vergangen sein lassen und,<br />

wie etwa in der Wirtschaft üblich, viel selbstverständlicher, weniger skrupulös<br />

<strong>mit</strong>einander umgehen. Der jetzt lebenden und handelnden Generation sei<br />

unsere tastende Vorsicht im Miteinander nicht mehr verständlich. Zwischen<br />

Franzosen und Deutschen bedürfe es keines Sonderverhältnisses mehr. Es gäbe<br />

in Europa nicht mehr die Gefahr der feindlichen Aufspaltung und schon<br />

gar keine Kriegsgefahr mehr zwischen Frankreich und Deutschland. Das mag<br />

stimmen. Wir hoffen das alle. Aber wenn auch die das Verhalten prägenden, tief<br />

im Gefühlsleben der Völker verwurzelten Erfahrungen zurückliegen, dürfen wir<br />

doch diese Eindrücke nicht als ausgelöscht ansehen. Ihre trennende Virulenz<br />

könnte noch immer geweckt werden von Menschen und Mächten, die an Zwietracht<br />

zwischen unseren beiden Ländern und am Scheitern einer Einigung der<br />

Staaten Europas ein Interesse haben.<br />

Für den Frieden in ganz Europa ist der Gleichklang, ist die Harmonie zwischen<br />

Frankreich und Deutschland, zwischen Franzosen und Deutschen die notwendige<br />

Voraussetzung. Den Frieden zu festigen, dienen die vielfältigen Begegnun-<br />

4


gen von Deutschen und Franzosen. Sie bringen Einblicke in die Normalität des<br />

Lebens im anderen Land und lassen die gemeinsamen Wurzeln unserer Kultur<br />

deutlich werden. <strong>Die</strong>ser Aufgabe haben sich auch die jährlichen Treffen<br />

unserer beiden <strong>Rotary</strong>-<strong>Club</strong>s verschrieben.<br />

Wie kam es zu der <strong>Jumelage</strong> zwischen den <strong>Club</strong>s?<br />

Hören wir dazu noch den Bericht von M.MASSIGOUX, nach<strong>dem</strong> wir HYACINTHE<br />

SIMON weiter oben schon erwähnt haben. M.MASSIGOUX:<br />

“...Cest au cours de la réunion du Co<strong>mit</strong>e du 5 avril 1960 que notre<br />

ami PECQUERAUX, Président cette année-là, en son nom et au nom de<br />

ROBER T COINTREAU, Président dAction Internationale, proposa la candidature<br />

du <strong>Club</strong> de <strong>Göttingen</strong> comme <strong>Club</strong> contact. Elle fut acceptée à<br />

lunani<strong>mit</strong>é et une lettre partit aussitôt a ladresse du Président du <strong>Club</strong><br />

de <strong>Göttingen</strong>, le Professeur Docteur WERNER WEBER, lui annonçant<br />

notre souhait et invitant le <strong>Club</strong> à venir à <strong>Angers</strong>.<br />

Lannée rotarienne prenant fin Je 1 juin à <strong>Göttingen</strong> (?) et le 1. juillet<br />

à <strong>Angers</strong>, ce furent les Présidents suivants, le Präsident HORST<br />

SAR TORIUS et moi qui réalisâmes le <strong>Jumelage</strong>.... Mais, et ce fut bien<br />

sympathique, les premiers contacts personnels entre nos deux clubs<br />

furent pris par des enfants de Rotariens: ULFER T DENEKE devait venir<br />

le premier, mais un contretemps len empêcha. EIKE EBERHARDT<br />

et DETLEV NAR TEN vinrent dans nos familles en juillet et août. Les<br />

enfants de notre ami PECHA furent reçus a <strong>Göttingen</strong> au cours dun<br />

voyage en Allemagne.”<br />

(Es war während einer Vorstandssitzung am 5. April 1960, dass<br />

unser Freund PECQUEREAU, Präsident jenes Jahres, auch im Namen<br />

von ROBER T COINTREAU, zuständig für internationale Angelegenheiten,<br />

vorschlug, den <strong>RC</strong> <strong>Göttingen</strong> als Kontakt-<strong>Club</strong>-Kandidaten anzusehen.<br />

Dem wurde einstimmig zugestimmt und sogleich ein Brief an<br />

den Präsidenten des Göttinger <strong>Club</strong>s, Herrn Prof. Dr. WERNER WE-<br />

BER, geschickt, der ihm unseren Wunsch ankündigte und den Göttinger<br />

<strong>Club</strong> einlud, nach <strong>Angers</strong> zu kommen.<br />

Das rotarische Jahr nahm sein Ende in <strong>Göttingen</strong> am 1. Juni (?) und<br />

in <strong>Angers</strong> am 1. Juli, deshalb waren es die nachfolgenden Präsidenten<br />

HORST SAR TORIUS und ich (M. Massigoux), die die <strong>Jumelage</strong> verwirklichten.<br />

Besonders sympathisch war, dass die ersten Kontakte zwischen<br />

unseren <strong>Club</strong>s durch Kinder von Rotariern hergestellt wurden.<br />

ULFER T DENEKE sollte als erster kommen, aber widrige Umstände hinderten<br />

ihn daran. Es kamen EIKE EBERHARDT und DETLEV NAR TEN<br />

5


im Juli und August in unsere Familien. <strong>Die</strong> Kinder unseres Freundes<br />

PECHA wurden im Verlaufe ihrer Deutschlandtour in <strong>Göttingen</strong> empfangen.)<br />

Auf <strong>dem</strong> deutsch-französisches Rotariertreffen in Bad Kreuznach, 6./7. Mai<br />

1960, wurde festgestellt: “<strong>Die</strong> Zeit für die Kontaktaufnahme zwischen französischen<br />

und deutschen <strong>Club</strong>s ist reif...” Teilgenommen hatte das Ehepaar EBER-<br />

HARDT: „Der Anstoß zur ersten Begegnung kam von drüben <strong>mit</strong> einer herzlichen<br />

und großzügigen Einladung. Ein sorgfältiges Programm über zwei Tage verhieß<br />

viel. <strong>Die</strong> Gastgeber luden in ihre Familien ein <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> sicher richtigen Instinkt,<br />

daß die Familie die Zelle der Freundschaft ist.” (Aus <strong>dem</strong> Reisebericht des Sekretärs<br />

ACHIM EBERHARDT).<br />

Im September des gleichen Jahres reisten erstmals die Ehepaare EBERHARDT,<br />

SAR TORIUS (Präsident) und Schröder zusammen <strong>mit</strong> den Herren FLAMMERS-<br />

FELD, HAR TMANN UND LEZIUS nach <strong>Angers</strong>. Dort gab es folgendes Programm:<br />

Mo. 26.9.1960 Ankunft; Begrüßung im Hotel d’Anjou, Unterbringung in den<br />

Wohnungen französischer Rotarier.<br />

Di. 27.9. Empfang in der Mairie durch M.Marchais, Vertreter des Maire JAC-<br />

QUES MILLOT, Député der Assemblée Nationale, der von dort nicht rechtzeitig<br />

zurücksein konnte, und Freunden des <strong>Rotary</strong> <strong>Club</strong>s <strong>Angers</strong> - Ansprache<br />

und Gegenrede der Päsidenten in gutem Französisch, Überreichung<br />

eines Bildes des Göttinger Rathauses <strong>mit</strong> Begleitbrief, unterschrieben<br />

vom Oberbürgermeister und Oberstadtdirektor -<br />

<strong>Club</strong>-Meeting im Vert d’Eau, hier nach gegenseitiger Vorstellung unter<br />

Nennung des Namens und der Klassifikation, Begrüßung durch le Président<br />

Massigoux auf deutsch und französisch; Präsident Sartorius dankt<br />

herzlich und elegant auf französisch für die Einladung. Unterdes sind die<br />

Damen Gäste von Madame MASSIGOUX.<br />

Nach<strong>mit</strong>tags Besichtigung des Obstgutes von Docteur PLESSIS in Chalonnes,<br />

z.Zt. Präsident des Verbandes der französischen Obstzüchter. Besuch<br />

der Fabrik von ROBER T COINTREAU und Aperitif in deren Landhaus „Froide<br />

Fontaine”, in<strong>mit</strong>ten von Weinbergen gelegen.<br />

Nach <strong>dem</strong> Diner gegen 21.30 im Chateau d’<strong>Angers</strong> <strong>mit</strong> Besichtigung des<br />

Teppichs der Apocalypse und „Son et Lumière spécialement pour nos invites”<br />

(d.h. unter Auslassung der Darstellungen der Besatzungszeit!).<br />

Mi. 28.9. Führungen durch M.Bizouiller: Chateau Montgeoffroy, im Besitz der<br />

Nachfahren eines Marschalls Louis XV – Sektkellerei Gratien-Meyer in<br />

Saumur. Déjeuner in der Prieuré de Chène-Hutte-Les-Tuffeaux <strong>mit</strong> Rotariern<br />

aus <strong>Angers</strong>. Cholet und Saumur – Kirche von Cunault – Weinlese<br />

in Saint Maur <strong>mit</strong> Besichtigung des Maison de M.Cocard (im Stile Louis<br />

XIII). – Diner in rotarischen Familien.<br />

6


Do. 29.9. Rückfahrt.<br />

Der Gegenbesuch der Rotarier aus <strong>Angers</strong> geschah 1961 und hatte folgenden<br />

Verlauf:<br />

Fr. 12.5.61 Ankunft französischer Rotarier aus <strong>Angers</strong>. Sie sind Himmelfahrt<br />

losgefahren.<br />

Fr. 12.5. kamen die Ehepaare MASSIGOUX (Président), JOUSSEAUME, MAUDUIT,<br />

DAVID, SIMON (Sécretaire), PECHA, TESSIER, AZEMA-BILLA, MERK, MOR-<br />

NET, die Herren PERRIER UND GRONGE und zwei Töchter Pecha. Empfang<br />

durch den Vorstand und die Gastgeber. Unterbringung in den Wohnungen<br />

rotarischer Familien. - ROGER MASSIGOUX und OSCAR UND MATTHIAS<br />

RABBETHGE hatten sich schon vor 1939 kennen gelernt und begrüßten<br />

sich <strong>mit</strong> großer Herzlichkeit und Wiedersehensfreude.<br />

Sa. 13.5. Teilnahme an der Rektoratsübergabe von Prof. PLESSNER an unseren<br />

Freund FLAMMERSFELD, der seinen Festvortrag über „Neuere Probleme<br />

der Atomphysik” hielt. Meeting in Gebhards-Hotel. <strong>Die</strong> Damen sind<br />

unterdes Gäste bei Frau RABBETHGE auf Schloß Rotenkirchen – Fahrt an<br />

die Grenze bei Duderstadt. Souper in Reyershausen (dans une auberge de<br />

campagne).<br />

So. 14.5. Empfang im Rathaus durch den Oberstadtdirektor, Freund BIEDER-<br />

BECK, <strong>mit</strong> einer Antwortrede auf Deutsch durch M.MASSIGOUX (La chaude<br />

a<strong>mit</strong>ié, née du <strong>Rotary</strong>, reproche les peuples et fait oublier le passé). Nach<strong>mit</strong>tag<br />

zur freien Verfügung. Abends Diner bei Hardenbergs auf Schloß<br />

Hardenberg. Vortrag des Freundes Graf HARDENBERG: „Skizzen aus <strong>dem</strong><br />

Leben des Novalis”.<br />

Mo. 15.5. Rückreise.<br />

Nach <strong>dem</strong> eben vorgestelltem Muster organisierten sich die Treffen der beiden<br />

<strong>Club</strong>s. In den geraden Jahren fuhren die Göttinger nach <strong>Angers</strong> (Entfernung<br />

etwa 1200 km), in den ungeraden hatten die Angevins diese Distanz zu überwinden.<br />

Es gab Ausnahmen: 1965: Auf Vorschlag von M.MERK, Président 64/65 des<br />

<strong>RC</strong> <strong>Angers</strong> gab es 1965 aus Anlaß eines Regionaltreffens im Oktober in Amsterdam<br />

kein Himmelfahrtstreffen, sondern eine gemeinsame Schiffsreise auf<br />

<strong>dem</strong> Rhein von deutschen und französischen Rotariern. <strong>Die</strong> Göttinger fuhren<br />

nicht <strong>mit</strong> auf den Rheindampfern. Sie nahmen aber eine Einladung der <strong>RC</strong><br />

Wiesbaden und Wiesbaden-Kochbrunnen nach Wiesbaden an und erwarteten<br />

die Freunde aus <strong>Angers</strong> dort. Es waren die Ehepaare WINDAUS (Präsident),<br />

7


SCHRÖDER, KOLL, EBERHARDT, WEBER, LEZIUS, SAMWER und LEVIN und Frau<br />

RABBETHGE jun., die freundlicherweise gedolmetscht hat. Aus <strong>Angers</strong> kamen<br />

die Ehepaare BRISSET (Président), TESSIER, AZEMA-BILLA, MASSACRIER, BRE-<br />

NOT, TU<strong>RC</strong> UND STIP.<br />

Am Montag, <strong>dem</strong> 4. 10., kamen wegen Nebels auf <strong>dem</strong> Rhein die 4 Schiffe auf<br />

der Fahrt von Straßburg nach Amsterdam <strong>mit</strong> den 400 französisch und 150<br />

deutschen Rotariern erst gegen 17.00 in Wiesbaden an. Unsere Freunde aus<br />

<strong>Angers</strong> wurden von den Göttingern zum Diner empfangen - Ansprachen der<br />

beiden Präsidenten - gemeinsamer Opernbesuch („Figaros Hochzeit”) - Ausklang<br />

des festlichen Tages in einer Bar. (Am 28.2.66 zeigte uns M.TESSIER, der<br />

zusammen <strong>mit</strong> seiner Frau nach <strong>Göttingen</strong> gekommen war, um seine Tochter<br />

Nicole nach Semesterende hier abzuholen, einen Film über die vorjährige<br />

Rheinfahrt <strong>mit</strong> <strong>dem</strong> Treffen beider <strong>Club</strong>s in Wiesbaden.)<br />

1968 war vom <strong>RC</strong> <strong>Angers</strong> zu Himmelfahrt ein gemeinsames Treffen „auf halbem<br />

Wege in Orbey geplant, etwa 20 km vor Colmar gelegen (<strong>Göttingen</strong> - Colmar<br />

etwa 540 km und <strong>Angers</strong> - Colmar etwa 740 km). Es kam aber wegen der 68er<br />

Revolution nicht zustande. Spätere Terminabsprachen für September - Vorschlag<br />

aus <strong>Angers</strong> - oder Oktober - von den Göttingern vorgeschlagen führten<br />

auch zu keiner Übereinkunft. <strong>Die</strong> Treffen “auf halbem Wege” haben dann 1969<br />

in Orbey, von den Franzosen organisiert und finanziert, und 1970 im Schwarzwald,<br />

vorbereitet durch unseren Freund Windaus stattgefunden. Danach sind<br />

beide <strong>Club</strong>s erneut dazu übergegangen, sich wieder in ihren Heimatorten zu<br />

besuchen.<br />

Im Archiv unserer französischen Freunde fand sich ein Brief unseres damaligen<br />

Präsidenten Prof JANKUHN:<br />

,,Cher Monsieur le Président, .(ich übersetze) nach der glücklichen<br />

Rückkehr nach <strong>Göttingen</strong>, möchte ich Ihnen selbst und <strong>dem</strong> <strong>Club</strong> in<br />

<strong>Angers</strong> sowie den Damen herzlich danken für die Einladung nach <strong>Angers</strong><br />

und den in allen Punkten herzlichen Empfang. Nach einer Reihe<br />

von Treffen auf halbem Wege war das Wiedererleben des <strong>Club</strong>s in<br />

seiner Heimat und der Kontakt <strong>mit</strong> seinen Mitgliedern in ihren Häusern<br />

und in ihren Aktivitäten für uns von besonderer Faszination und<br />

wir sind außerordentlich beeindruckt. <strong>Die</strong> Herzlichkeit des Empfangs,<br />

die wunderbare Landschaft der Loire, die Ausstrahlung der Geschichte<br />

Frankreichs und die Faszination der französischen Kultur haben<br />

bei allen Teilnehmern einen tiefen Eindruck hinterlassen. Ich bitte Sie<br />

sehr, unseren herzlichen Dank allen Damen und Herren Ihres <strong>Club</strong>s<br />

über<strong>mit</strong>teln zu wollen und seien Sie selbst <strong>mit</strong> Ihrer Frau besonders<br />

bedankt für die Sorgfalt, <strong>mit</strong> der Sie unseren Besuch vorbereitet und<br />

organisiert haben. Wir hoffen im nächsten Jahr bei uns in <strong>Göttingen</strong>,<br />

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eine möglichst große Anzahl von Freunden aus <strong>Angers</strong> begrüßen zu<br />

können. Den Vorschlag diesen Besuch in der zweiten Hälfte September<br />

oder in den ersten Oktobertagen durchzuführen, werde ich <strong>mit</strong> meinen<br />

Göttinger Freunden beraten...” (H.Jankuhn.)<br />

Der durch die 68iger Unruhen zunächst gestörte Besuchsrhythmus - die Franzosen<br />

besuchten uns jetzt in den geraden Jahren und wir sie in den ungeraden<br />

(1969 wir auf Einladung des <strong>RC</strong> <strong>Angers</strong> in Orbey, die Franzosen 1970 bei uns<br />

im Schwarzwald) -, normalisierte sich ab 1974 wieder, da auch 1973 kein Treffen<br />

zustande kam. Jedenfalls lässt sich in den Protokollen jenes Jahres kein<br />

Hinweis darauf finden.<br />

<strong>Die</strong> Normalität und das Besondere der <strong>Jumelage</strong><br />

<strong>Die</strong> Besuchstermine haben sich erst in den siebziger Jahren auf die Himmelfahrtstage<br />

fixiert. Für viele unserer Freunde sind gerade diese Tage auch<br />

durch Sitzungen ihrer Fachgesellschaften belegt, so dass sie zumeist auf eine<br />

Teilnahme an den Treffen verzichten müssen.<br />

Natürlich gibt es auch Schwierigkeiten für junge Familien, die ihre Kinder noch<br />

nicht allein zu Hause lassen können. <strong>Die</strong> Franzosen haben sich da unkomplizierter<br />

verhalten. Sie haben ihre Kinder <strong>mit</strong>gebracht - z.B. PERDREAUs 1972,<br />

ALLARDs 1975, GUENYs 1980, DEAUs 1993..., und laden uns immer wieder<br />

ein, es auch so zu halten.<br />

In beiden <strong>Club</strong>s gab man sich Mühe, die Besuchsprogramme interessant für<br />

die Besuchenden zu gestalten. Das Ziel war, ihnen Einblick in die Kultur, in die<br />

vorhandene Lebensumwelt zu geben. Unsere französischen Freunde haben uns<br />

im Laufe der Jahre bekannt gemacht <strong>mit</strong> den Chateaus in ihrer Umgebung, <strong>mit</strong><br />

der Wein-, Sekt- und Likörproduktion. Sie haben uns die Loire, die Mayenne<br />

und Landschaften in Anjou gezeigt.<br />

Wir haben vor allem die Universität, einzelne Institute und Betriebe in unserem<br />

Umfeld vorgestellt. Zusammen <strong>mit</strong> unseren Französischen Freunden haben<br />

wir geschichts- und kulturträchtige Städte Südniedersachsens, aber auch<br />

des Harzes und Thüringens besucht.<br />

Als das wichtigste Element zur Festigung unserer langjährigen Verbundenheit<br />

hat sich jedoch die Unterbringung in den Wohnungen der rotarischen<br />

Freunde und die Aufnahme in deren Familien erwiesen. Gespräche in kleineren<br />

Kreisen, beim Essen in Gruppen <strong>mit</strong> anderen rot.Familien oder allein <strong>mit</strong> den<br />

Gastgebern haben nachhaltige Eindrücke hinterlassen. Es sind Freundschaften<br />

entstanden, die weit über einen freundlich entgegenkommenden Umgang<br />

<strong>mit</strong>einander hinausgehen.<br />

9


Es kann der Eindruck entstehen, als ob es sich bei den <strong>Angers</strong>- bzw. <strong>Göttingen</strong>-<br />

Reisenden um immer den gleichen Personenkreis handelt. Das läßt sich widerlegen.<br />

Beim Rückblick auf die bis jetzt protokollierten Reisen Göttinger Rotarier<br />

nach <strong>Angers</strong> und der ebenso dokumentierten Reisen unserer französischen<br />

Freunde zu uns kann man feststellen, dass die Kerngruppe der Freunde,<br />

die mehrfach hintereinander in das Nachbarland fährt, einer ständigen langsamen<br />

Fluktuation unterworfen ist. Neue Freunde kommen hinzu, ältere scheiden<br />

aus. Daß immer Freunde dabei sind, die von den empfangenden Rotariern<br />

<strong>mit</strong> Wiedersehensfreude begrüßt werden, kommt immer auch der ganzen<br />

Gruppe zugute. Das verschafft jeder Begegnung die Wärme eines Treffens von<br />

wirklich befreundeten Menschen. Und das bezieht immer auch die Erstreisenden<br />

<strong>mit</strong> ein.<br />

Das Problem <strong>mit</strong> der französischen Sprache<br />

Natürlich ist die Sprache ein Problem. Verständigung setzt Verstehen voraus.<br />

Aus den Protokollen der ersten Begegnungen kann man herauslesen, dass unsere<br />

rotarischen Altvorderen eine gediegenere Schulbildung, zumindest im Hinblick<br />

aufs Französische, gehabt haben. Immer aber hat es in den Gruppen, vor<br />

allem unter den <strong>mit</strong>reisenden Damen, Teilnehmer gegeben, die sich in Französisch<br />

verständlich machen konnten. Es haben sich bei uns Französischkurse<br />

gebildet, bei den Angevins Deutschkurse. Hier wie dort waren es vor allem<br />

die Damen, die Sprachkenntnisse aufbessern bzw. erst erwerben wollten. Sie<br />

haben aber auch dadurch einen überragenden Anteil am Gelingen jedes einzelnen<br />

Treffens, weil sie unermüdlich bereit waren, durch warme Gastlichkeit<br />

eine freundschaftliche Atmosphäre herzustellen. Das gilt in gleicher Weise für<br />

die französischen wie für die deutschen Damen.<br />

Unsere Sprechbemühungen sind von unseren Freunden immer anerkannt worden.<br />

Sie helfen, verbessern, bieten besser passende Worte an, wobei dann deutlich<br />

wird, dass es auch unter den Franzosen recht gute Deutschkenntnisse gibt<br />

bis hin zu perfekt Deutsch Sprechenden. Falscher Gebrauch von Worten wurde<br />

nie übel genommen. Im Gegenteil. Aus herzlichem Lachen entstand oft eine besondere<br />

freundschaftliche Nähe. Im übrigen kann man sich natürlich auch auf<br />

Englisch verständigen. Keine oder nur geringe Sprachkenntnisse sollten nicht<br />

vom Besuch unserer Partner abhalten, sie sollten aber das Bemühen fördern,<br />

die Sprache und da<strong>mit</strong> Land, Leute und Kultur besser kennen zu lernen.<br />

Als Fazit möchte ich wiedergeben, was ACHIM EBERHARDT nach <strong>dem</strong> Obrey-<br />

Treffen in sein Tagebuch geschrieben hat:<br />

“Sinn dieser Treffen: freundschaftliches Kennenlernen auf geselliger<br />

Basis ohne Problembearbeitungen, woraus auch Freundschaften<br />

10


entstehen können bei mehrmaligem Treffen. Es ist wie im örtlichen<br />

<strong>Club</strong>leben: auch hier ist selbstverständlich der Kontakt nicht gleichmäßig,<br />

aber wer Freunde sucht, kann sie finden. Das besondere Erlebnis<br />

kommt nur aus <strong>dem</strong> persönlichen Engagement. Auch sprachlich: ohne<br />

Französisch geht’s nicht.”<br />

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