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Do-25-Alexandra Reidl: Kunsttherapeutische Arbeit - 19 ...

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<strong>Kunsttherapeutische</strong> <strong>Arbeit</strong> im<br />

heilpädagogischen Kontext<br />

Bildervortrag, Seminar<br />

Heilpädagogischen Kongress 2012,<br />

Kufstein<br />

Mag. <strong>Alexandra</strong> <strong>Reidl</strong><br />

www.begegnungskunst.at<br />

17.05.2012


VORBEMERKUNG: Aus organisatorischen Gründen (Kosten der Farbkopien) sind die im Seminar<br />

gezeigten Bilder nicht im Skriptum vorhanden.<br />

SEMINARAUSSCHREIBUNG<br />

In diesem Workshop haben Sie die Möglichkeit, anhand von Falldarstellungen (mit<br />

Beamervortrag) den kunsttherapeutischen Gestaltungsprozess von Kindern in der<br />

heilpädagogischen Ambulanz mitzuverfolgen. Die Trias Heilpädagogik, Kunsttherapie<br />

und Beratung der Eltern (bzw. bilden meinen beruflichen Bezugsrahmen.<br />

In den Praxisbeispielen sind Theorien zum Menschenbild und Methodik der<br />

multimedialen Kunsttherapie eingeflochten.<br />

Im Rahmen ambulanter, heilpädagogischer <strong>Arbeit</strong>, die Muße, Ganzheitlichkeit,<br />

kreatives Schöpferisch – sein und Sinnfindung in den zentralen Blickpunkt nimmt,<br />

kann Wahrnehmung – Verstehen und Handeln umgesetzt werden.<br />

I. Grundlagen, Ausgangspunkte:<br />

HEILPÄDAGOGIK:<br />

Sonderkindergartenpädagogik: viele methodisch – didaktische Möglichkeiten bei<br />

Vorhandensein unterschiedlichster Beeinträchtigungen – Schwerpunktsetzung:<br />

emotionale Beeinträchtigungen, VHA.<br />

Studium Univ. Wien: Menschenbilder: Psychoanalytische Pädagogik – Axiomatik:<br />

Annahme des Unbewussten als Grundlage: Einerseits beobachtbares Verhalten,<br />

andererseits inneres Erleben des Kindes, psychodynamische Aspekte geraten in den<br />

Blickpunkt der heilpädagogischen Begleitung (W. Datler, H. Figdor, H. G. Trescher).<br />

Entwicklungspsychologische Überlegungen bilden immer auch die Ausgangsbasis<br />

(Lebensentwicklungskrisen, Life Events).<br />

K.H. Bach: Unterstützung, die über das übliche Maß hinausgeht. Begleiten,<br />

Wahrnehmen, zur Sprache bringen, Weiterentwicklung ermöglichen, nach Maßgabe<br />

der vorhandenen Möglichkeiten (kognitiv, emotional, sprachlich, altersbezogen,<br />

kontextuelles Umfeld miteinbezogen).<br />

O. Speck: Umfassender Blick auf das System Heilpädagogik. Die <strong>Arbeit</strong> mit dem<br />

Kind benötigt immer den umfassenden Blick auf das Gesamtsystem in dem das Kind<br />

eingebunden ist.<br />

Haltung: E. Kobi: „Heilpädagogik kann es sich nicht leisten, bloß eine Wissenschaft<br />

zu sein. Sie hat nicht nur einen Forschungsgegenstand, sondern auch ein Mandat.<br />

Dieses Mandat ist – in Praxis und Theorie – die Frage nach dem Sein des<br />

Menschen.“<br />

1


SETTING:<br />

Ambulanz für HP eines großen Therapiezentrums, freie Praxis – Zuweisungen über<br />

JW, private KlientInnen. Abrechnung: über JW Träger, Privat, Spenden. Mindestens<br />

1mal wöchentliche Hp Stunde, eingeflochten Beratungsgespräche.<br />

MATERIAL:<br />

Ausgestatteter 30m2 großer Raum mit: Projektivem Material (Handpuppen, Tiere,<br />

Sandkiste, Puppenhaus,…), motorische Geräte (gr. Schaumstoffbausteine,<br />

Rollbretter,…), did. Spiele, kreative Materialien, Verkleidungsmaterial, Instrumente,…<br />

MULTIMEDIALE KUNSTTHERAPIE:<br />

ÖAGG, mindestens 3jährige Ausbildung in „multimedialer Kunsttherapie“, die alle<br />

Medien verwendet (Tanz, Bewegung, Malen, Gestalten, Rollenspiele, Poesie,<br />

Fotografie) um den Menschen in seiner ureigenen Ausdrucksfähigkeit zu<br />

unterstützen. Ziel ist es, „das Werk – als Dritter im Bund“ zu nutzen, um Aufschlüsse<br />

über inneres Erleben zu eröffnen, Themen herauszuarbeiten um<br />

Handlungsspielräume zu erweitern. Menschenbild: Psychoanalyse, Gestaltarbeit.<br />

Zielgruppe: Menschen aller Altersstufen.<br />

NOTWENDIGE ABGRENZUNG:<br />

Kenntnisse über psychopathologische Verläufe sind wesentlich, um KlientInnen<br />

notwendigenfalls an PT, FA weiterzuvermitteln. KT ist keine anerkannte PT und darf<br />

keine „Behandlung psychiatrisch erkrankter Menschen“ durchführen. MMKT arbeitet<br />

ressourcen – lösungsorientiert, soll Freude und Sinn vermitteln, der „Mensch als<br />

Schöpfer“.<br />

PSYCHOSOZIALE BERATUNG:<br />

<strong>Do</strong>nau Universität Krems, mindestens 3 jährige Ausbildung nach „Integrativem<br />

Modell“ – Hilarion Petzold. Individuelle Gegebenheiten kommen ebenso zum tragen<br />

wie Kontext, Umwelt, Vergangenheit, Gegenwart, Zukunft. Diese Säule der HP <strong>Arbeit</strong><br />

betrifft vor allem die begleitende Elternberatung. Literatur: Anton Leitner, Rene‘<br />

Reichel.<br />

HALTUNG:<br />

Neben den Fachausbildungen ist persönliche Selbsterfahrung (Reflexion und<br />

Integration der eigenen biografischen Verletzungen mit professioneller Begleitung)<br />

eine unbedingte Voraussetzung für diese <strong>Arbeit</strong>.<br />

Psychoanalytische Grundannahmen, die die vorliegende Problemlage meist im<br />

Individuum sehen (das Kind hat ein Symptom entwickelt) werden erweitert durch den<br />

Blick auf das Gesamtsystem (Umwelterfahrungen, Beziehungserfahrungen,<br />

Bindungserfahrungen, vergangene Erfahrungen, Lernmöglichkeiten,…).<br />

2


Einerseits kann das Individuum (das vorgestellte Kind) durch die HP Begleitung aus<br />

„erstarrten Entwicklungen“ gelöst werden und individuelle Lösungen und Ressourcen<br />

aktivieren (Copingstrategie, Integration traumatischer Erfahrungen, Aufbau von<br />

Selbstwert, Integrität, Sinnstiftung, Freude, Glück, weitere Entwicklungsschritte<br />

erleben – zBsp. Verbesserung der kognitiven Lernfähigkeit, bessere Konzentration,<br />

Erweitern des Freundeskreises, Artikulieren eigener Gefühle und Bedürfnisse,…),<br />

andererseits können Schwierigkeiten im System thematisiert werden (primäre<br />

Bezugspersonen, PädagogInnen,…). Diese notwendige Miteinbeziehung soll eine<br />

„isolierte Begleitung“ des „Symptomträgers“ verhindern und nachhaltige Erfolge<br />

ermöglichen.<br />

MEINE ROLLE/ AUFGABENBESCHREIBUNG:<br />

• Möglichst konkrete Erarbeitung von Zielperspektiven: wer hat welchen Bedarf?<br />

(JW, PädagogInnen, Eltern, das Kind selbst?). Was ist der AUFTRAG?<br />

Langfristige Ziele (für wen?), mittelfristige Ziele (woran erkennen wir, dass die<br />

Ziele erreicht wurden/ nicht erreicht wurden?, kurzfristige Entlastungen, auch<br />

Kriseninterventionen)<br />

• Prozessdiagnose aus HP Sicht, Einholen anamnestischer Daten, Aufbau von<br />

Beziehung zum Kind, zu den Eltern.<br />

• Begleite, stelle Methoden zur Verfügung, bilde Hypothesen ( durch<br />

vorgebrachte Problemschilderungen, durch Übertragungs –<br />

Gegenübertragungsprozessen), bleibe an hypothetischen Überlegungen,<br />

verwerfe diese wieder….entwerfe neue Thesen….Kreislauf.<br />

• Stehe dem Kind emotional zur Verfügung, biete Methoden (oftmals<br />

kunsttherapeutische Methoden) an – Ziel ist aber, das Kind dabei zu<br />

begleiten, seine Wahrnehmungen, seine Bedürfnisse, seine Vorlieben zu<br />

entdecken, zu erfassen, zu schärfen: „Ich nehme Gestalt an“. Dieser<br />

Prozess stützt das Selbstbild, den Selbstwert, den individuellen Ausdruck, die<br />

individuelle Sinnfindung. Neue Erlebens- und Verhaltensweisen können<br />

etabliert werden – die zu erweiterten Handlungsspielräumen führen können.<br />

Gestalten, entscheiden und handeln zu können sind Königswege zu Glück<br />

und Wohlbefinden. (Scobel).<br />

• Prozessbegleitende Gespräche, oftmals habe ich hier auch die<br />

„Übersetzungsfunktion“ zwischen Eltern – Kindern. (GFK).<br />

• Evaluierung und Rückbindung an genannte Ziele und den Auftrag. Abschluss<br />

und Abschied.<br />

• Laufende WB, SV.<br />

3


II. Fallvignetten<br />

SABINE<br />

Über den HP-KT Prozess einer Bewältigung schwerer Lebenserfahrungen eines<br />

7jährigen Mädchens unter dem Aspekt der individuellen Ich Entwicklung/ Stärkung.<br />

Sabine – ein Mädchen berührt mich tief, auch über unsere<br />

gemeinsame <strong>Arbeit</strong> hinaus<br />

Zusammenfassung:<br />

Ein traumatisiertes Mädchen wird durch ihren Stiefvater im Therapiezentrum vorgestellt.<br />

Nach der ärztlichen und psychologischen Diagnostik besucht sie über Monate die<br />

heilpädagogisch – kunsttherapeutischen Stunden bei mir.<br />

Ihre Aggressivität lässt nach, die Eltern erleben den Alltag mit weniger Druck und Stress. Die Symptomatik<br />

verschiebt sich innerhalb der Familie auf die Schwester und auf die Mutter. Die Mutter wird nun auch<br />

medikamentös behandelt, die Eltern besuchen ein paar Stunden die Beratung durch unsere<br />

Sozialarbeiterin.<br />

Durch meine Schwangerschaft und die notwendige Frühkarenz muss ich die gemeinsame <strong>Arbeit</strong> mit<br />

Sabine leider „abbrechen“, als Abschluss erlebe ich es nicht. Entsprechend enttäuscht reagiert Sabine, bis<br />

heute bleibt in mir ein unbehagliches Gefühl zurück.<br />

Eigentlich haben wir gerade begonnen, Türen zu öffnen, die Beziehung ist tragfähig<br />

geworden, das Mädchen konnte sich gut einlassen, die Stunden gut nützen.<br />

Sie bekam Zugänge zu ihrer Kreativität, zum Erzählen. Sie begann vielleicht schon, zu „verdauen“ was ihr<br />

zugestoßen war, womit sie im Alltag zu kämpfen hatte.<br />

Wir hatten Gespräche, arbeiteten künstlerisch und mit dem Körper, sie inszenierte<br />

Rollenspiele.<br />

FALLSPLITTER:<br />

Aspekt: Ich in meinem Bezugssystem<br />

Positionen schärfen, Bedürfnisse formulieren, Verhandlungen führen, Lebensqualität<br />

erhöhen.<br />

Figuren werden geformt und platziert. Ton, Papiermachee, Karton, Spanbretter. Wo<br />

stehe ich? Wo möchte ich hin? Wie könnte es verändert werden? Variabel und<br />

veränderbar.<br />

Aspekt: Copingstrategie beim Umgang mit Angst<br />

Maskenarbeit ermöglicht Distanzierung von Angst (ich schrecke die anderen –<br />

Umkehrung ist möglich); Traumabox<br />

Aspekt: Kreative Ausdrucksformen zwischen Schöpfung und Zerstörung<br />

Destruktion im „Werk“ und deren Sublimierung in konstruktive Entwicklungskräfte<br />

Aspekt: Bilder, Geschenke die die HP-KT Beziehung thematisieren<br />

4


III. Fragen, Diskurs<br />

EINDRÜCKE aus der Gruppe, Gedanken, Fragen<br />

Ein Thema, welches immer als Spannungsfeld im Raum ist: Abgrenzung/ Übergänge<br />

zwischen Heilpädagogik – Kunsttherapie – notwendige Psychotherapie<br />

IV. Literaturauszüge<br />

BACH Heinz: Grundlagen der Sonderpädagogik. UTB, <strong>19</strong>99<br />

ERIKSON E.: Kindheit und Gesellschaft. Klett Cotta. 10. Aufl. <strong>19</strong>91<br />

HOLM – HADULLA R.M.: Kreativität zwischen Schöpfung und Zerstörung.<br />

Vandenhoeck & Ruprecht. 2011<br />

KRAUSE K. (hrsg.): Spielort: Heilpädagogische Praxis. Ein Werkstattbuch. Verlag<br />

modernes lernen –<strong>Do</strong>rtmund. 2. Aufl. 2002<br />

LEINTER Anton: Handbuch der integrativen Therapie. Springer Verlag New York.<br />

2011<br />

LÖFFEL H., MANSKE C.: Ein Dino zeigt Gefühle. Fühlen – empfinden –<br />

wahrnehmen. Verlag mebes & noack. <strong>19</strong>96<br />

MANTEUFEL E., SEEGER N.: Selbsterfahrung mit Kindern und Jugendlichen. Ein<br />

Praxisbuch. Kösel. 4. Aufl. 2002<br />

MUCK M., TRESCHER H.G. (Hrsg.): Grundlagen der psychoanalytischen<br />

Pädagogik. Matthias Grünewald Verlag – Mainz. <strong>19</strong>93<br />

MENZEN Karl Heinz: Kunsttherapie. Grundlagen der Kunsttherapie. UTB, 2004<br />

REICHEL R., RABENSTEIN R.: Kreativ beraten. Methoden, Modelle, Strategien für<br />

Beratung, Coaching, Supervision. Ökotopia Verlag. 2001<br />

RICKERT Regula: Lehrbuch der Kunsttherapie. Param.2009<br />

ROSENBERG M.B.: Gewaltfreie Kommunikation. Eine Sprache des Lebens.<br />

Junfermann. 9. Aufl. 2010<br />

SCOBEL Gert: Weisheit. Über das, was uns fehlt. Dumont, 2011<br />

SPECK Otto: System Heilpädagogik. Eine ökologisch reflexive Grundlegung.<br />

Reinhardt, 2008<br />

SPRETI v. F., MARTIUS P., FÖRSTL H. (Hrsg.): Kunsttherapie bei psychischen<br />

Störungen. Urban & Fischer. 2005<br />

5

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