Wie überlebe ich die Examensvorbereitung? - akj-berlin - HU Berlin
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ehauptet, du könntest viel besser arbeiten, wenn<br />
du erst noch einen Tee tränkst. Und noch einen.<br />
Hier nun macht Selbstdisziplin wieder Sinn:<br />
Hier bedeutet Disziplin n<strong>ich</strong>t, dass du d<strong>ich</strong> zu etwas<br />
zwingst, was du n<strong>ich</strong>t machen willst, sondern<br />
dass du d<strong>ich</strong> zwingst, das zu tun, was du wirkl<strong>ich</strong><br />
machen willst.5 Unser Kopf produziert pausenlos<br />
Vorschläge, <strong>die</strong> manchmal sinnvoll, oft aber völlig<br />
kontraproduktiv sind. Mensch darf sie n<strong>ich</strong>t zu<br />
ernst nehmen. Mit anderen Worten: Lass d<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t<br />
zu Dingen ablenken, <strong>die</strong> du eigentl<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t machen<br />
willst. Disziplin soll d<strong>ich</strong> auf keinen Fall quälen –<br />
sondern kann d<strong>ich</strong> an Punkte führen, an denen du<br />
noch nie gewesen bist.<br />
»Ich schaffe nur so viel, wie <strong>ich</strong> schaffe«<br />
Jeder Mensch hat seine Leistungsgrenzen. Diese lassen<br />
s<strong>ich</strong> auch n<strong>ich</strong>t sonderl<strong>ich</strong> erweitern. Auch du<br />
bist als Mensch n<strong>ich</strong>t »grenzenlos optimierbar«.<br />
Wenn du n<strong>ich</strong>t mehr kannst, kannst du einfach<br />
n<strong>ich</strong>t mehr, egal wie viel noch auf dem Lernplan<br />
steht. Egal wie viel du dir für <strong>die</strong> Woche vorgenommen<br />
hast. Da brauchst du dir gar keine Vorwürfe<br />
machen. Manchmal schafft mensch einen ganzen<br />
Tag lang einfach n<strong>ich</strong>ts. Manchmal eine ganze Woche<br />
lang. Dann ist das eben so. Völlig zwecklos, s<strong>ich</strong><br />
darüber zu ärgern.<br />
Auf den Energiehaushalt achten<br />
Da unsere Energien n<strong>ich</strong>t unendl<strong>ich</strong> sind, ist es<br />
w<strong>ich</strong>tig, sorgsam mit ihnen umzugehen. Die <strong>Examensvorbereitung</strong><br />
ist anders als das Lernen für Semesterklausuren,<br />
weil sie über einen längeren Zeitraum<br />
läuft. Ich habe am Anfang so viel gelernt, dass<br />
<strong>ich</strong> nach zwei Monaten n<strong>ich</strong>t mehr konnte. Wenn<br />
<strong>ich</strong> das ganze Jahr lernfähig bleiben wollte, konnte<br />
<strong>ich</strong> am Tag n<strong>ich</strong>t mehr als vielle<strong>ich</strong>t vier Stunden<br />
konzentriert lernen. Neue Materie aufzunehmen<br />
ist unglaubl<strong>ich</strong> anstrengend. Viel weniger anstrengend<br />
fand <strong>ich</strong> es bei Probeklausuren mein Wissen<br />
auszuspucken.<br />
Andererseits kann es auch unbefriedigend sein,<br />
an einem Tag weniger getan zu haben, als mensch<br />
eigentl<strong>ich</strong> <strong>die</strong> Kraft dazu gehabt hätte. Idealerweise<br />
überlegt mensch s<strong>ich</strong> morgens, wofür heute genau<br />
<strong>die</strong> Kräfte re<strong>ich</strong>en: dafür, s<strong>ich</strong> ans Baurecht zu setzen<br />
und abends noch zur Diskussionsveranstaltung<br />
zu gehen oder nur für eines von beiden? Beobachte<br />
deine Energiereserven genau, auch lernen ist anstrengend.<br />
Finde heraus, wo deine Grenzen langfristig<br />
liegen, wie viel du tägl<strong>ich</strong> machen kannst, ohne<br />
Ausgabe 18 | 2010/11<br />
bereits <strong>die</strong> Energie des nächsten Tages anzuzapfen.<br />
Enorm w<strong>ich</strong>tig ist dabei <strong>die</strong> Erholung. Sieh zu, dass<br />
du jeden Abend wirkl<strong>ich</strong> etwas für deine Entspannung<br />
tust, n<strong>ich</strong>t erst am Wochenende oder irgendwann<br />
im Urlaub. Das kann heißen, nach dem Nachhausekommen<br />
z. B. Entspannungsübungen6 oder<br />
auch Sport zu machen, anstatt gewohnheitsmäßig<br />
nach Emails zu gucken.<br />
Eine Methode um den eigenen Energiehaushalt<br />
besser kennen zu lernen, sind Achtsamkeitsübungen.7<br />
Diese können ganz einfach praktiziert werden,<br />
indem mensch s<strong>ich</strong> hinsetzt oder hinlegt und s<strong>ich</strong><br />
ausschließl<strong>ich</strong> auf den eigenen Atem oder <strong>die</strong> umgebenden<br />
Geräusche konzentriert. Zweck der Übung<br />
ist, bewusst n<strong>ich</strong>ts zu tun sondern nur zu sein, im<br />
Hier und Jetzt. Wenn sonst immer nur zählt, was<br />
mensch tut und leistet, kann das sehr ungewohnt<br />
aber wohltuend sein: n<strong>ich</strong>ts tun, n<strong>ich</strong>ts erre<strong>ich</strong>en<br />
wollen. Die andere Übung besteht darin, alles, was<br />
mensch tut, ganz bewusst zu tun und wahrzunehmen:<br />
Gerüche, Gefühle, Farben, Geräusche, Kartoffelschälen,<br />
das kalte Metall der Türklinke, Bewegungen,<br />
egal, ob <strong>die</strong>se angenehm oder unangenehm sind,<br />
und egal, was mensch gerade tut.<br />
Mit s<strong>ich</strong> selbst reden<br />
Auch wenn es komisch klingt: Einer der zentralsten<br />
Faktoren für unser psychisches Wohlbefinden<br />
ist s<strong>ich</strong>erl<strong>ich</strong>, wie wir innerl<strong>ich</strong> mit uns selbst reden.8<br />
Machen wir uns selbst nieder, indem wir uns<br />
Faulheit und Versagen vorwerfen, oder bauen wir<br />
uns selbst auf, indem wir wertschätzen, wie wir sind<br />
und was wir tun? Auch hier geht es darum, hinderl<strong>ich</strong>e<br />
Denkmuster aufzubrechen. Zum einen ist es<br />
w<strong>ich</strong>tig, Abstand zu inneren Gedanken zu gewinnen.<br />
Gedanken lassen s<strong>ich</strong> n<strong>ich</strong>t unterdrücken. Etwas<br />
wie: »Das schaffe <strong>ich</strong> nie! Ich bin einE VersagerIn«,<br />
werden wir immer wieder innerl<strong>ich</strong> zu hören<br />
bekommen. Wir können aber lernen, <strong>die</strong>se Gedanken,<br />
<strong>die</strong> unser Hirn uns zum Fraß vorwirft, n<strong>ich</strong>t<br />
ernstzunehmen und n<strong>ich</strong>t weiter zu beachten.9 Wir<br />
können negativen oder pessimistischen Gedanken<br />
auch entschieden entgegentreten und zu ihnen etwas<br />
sagen, wie: »Hör doch auf mit dem Quatsch!«10<br />
oder Ähnl<strong>ich</strong>es. Das Ziel ist, mit s<strong>ich</strong> selbst verständnisvoll<br />
umzugehen, statt s<strong>ich</strong> über s<strong>ich</strong> selbst<br />
zu ärgern. Eine weitere Mögl<strong>ich</strong>keit ist, s<strong>ich</strong> regelmäßig<br />
zu fragen, wie es einem gerade geht. Dadurch<br />
zeige <strong>ich</strong> Anerkennung für <strong>die</strong> Erschöpfung, Enttäuschung,<br />
etc., <strong>die</strong> <strong>ich</strong> spüre, und für das, was <strong>ich</strong><br />
geleistet habe.<br />
Recht und Universität<br />
5 Wengenroth, Kap. 4<br />
und 8.<br />
6 Z. B. autogenes Training,<br />
Yoga, ProgressiveMuskelentspannung,<br />
Meditation, Qi<br />
Gong etc. Kostenlose<br />
Anleitung (mp3) für<br />
<strong>die</strong> Muskelentspannung<br />
z. B. bei: www.<br />
schmerzakademie.de/<br />
patienten-service/<br />
services/ (16. 02. 2011).<br />
7 Wengenroth, Kap. 5,<br />
besser aber im (westl<strong>ich</strong>en)<br />
»Original«:<br />
Jon Kabat-Zinn, Im<br />
Alltag Ruhe finden,<br />
Meditationen für<br />
ein gelasseneres Leben,<br />
Frankfurt a. M.<br />
(Fischer) 2007.<br />
8 Arnold und Clifford<br />
Lazarus: Der kleine<br />
Taschentherapeut,<br />
München (dtv) 2006,<br />
15–17.<br />
9 Wengenroth, Kap. 4.<br />
10 Lazarus, 21.<br />
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