Die Sehnsucht nach dem Neuanfang
Die Sehnsucht nach dem Neuanfang
Die Sehnsucht nach dem Neuanfang
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<strong>Die</strong> <strong>Sehnsucht</strong> <strong>nach</strong> <strong>dem</strong><br />
<strong>Neuanfang</strong><br />
Eine Kündigung, ein nörgelnder Chef, zu wenig Herausforderungen –<br />
irgendwann kommt fast jeder im Beruf mal an den Punkt, wo er sich fragt:<br />
Wie will ich eigentlich arbeiten? Was ist aus meinen Träumen geworden?<br />
Dann geht der Gedanke an den Jobwechsel nicht mehr aus <strong>dem</strong> Kopf. Der stern<br />
sprach mit Menschen, die das Wagnis eingingen – und ihr Glück fanden<br />
Text Silke GrONWalD, rOmaN Heflik Fotos bärbel ScHmiDT<br />
Vorher: Diakon<br />
Nachher: Outdoortrainer<br />
Viele Freunde von Oliver Birükof waren skeptisch,<br />
als der angehende Diakon seine Ausbildung<br />
einfach hinschmiss und ein Praktikum bei einem<br />
Verein für Erlebnispädagogik begann. Outdoortrainer,<br />
ist das überhaupt ein richtiger Beruf?<br />
Und kann man damit Geld verdienen? „Ich habe<br />
mir ihre Zweifel angehört, war mir aber sicher,<br />
dass ich es schaffe.“ Heute wird der 26-Jährige<br />
von vielen um seinen abwechslungsreichen<br />
Job im Wald und auf den Bergen beneidet.<br />
„Selbst wenn es drei Tage am Stück in Strömen<br />
regnet, liebe ich meinen Beruf“, sagt Birükof.<br />
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Vorher: industriekauffrau<br />
Nachher: möbeldesignerin<br />
<strong>Die</strong> gelernte Industriekauffrau Christine<br />
Bohnsack verlor <strong>nach</strong> 17 Jahren ihren Job beim<br />
Elektronikkonzern Philips. Nach <strong>dem</strong> ersten Frust<br />
verwirklichte die heute 38-Jährige ihren Traum<br />
und wurde Möbeldesignerin. Seit einem Jahr<br />
gestaltet sie liebevoll Kinderstühle, Betten und<br />
Schränke. „Auch wenn es nicht klappt, zurück in<br />
meinen alten Job kann ich immer. Aber dann<br />
habe ich meinen Traum wenigstens gelebt. Das<br />
kann mir keiner mehr nehmen“, sagt Bohnsack.<br />
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Vorher: eDV-Unternehmer<br />
Nachher: Pferde-Seminare<br />
Das Ehepaar Karin und Gerhard Krebs, 53 und 60,<br />
das früher ein eigenes EDV-Unternehmen leitete,<br />
bietet heute Managementtraining mit Pferden an.<br />
Dabei werden die Tiere schon mal in den Seminarraum<br />
geholt. „Wir arbeiten genauso viel wie<br />
früher“, sagen die beiden, „aber es ist anders. Wir<br />
empfinden es nicht mehr als Belastung.“ Als die<br />
beiden damit begannen, wurden sie von ihren<br />
Bankberatern ausgelacht. Mittlerweile hat sich ihr<br />
Konzept weltweit verbreitet. „Gerade in der derzeitigen<br />
Wirtschafts- und Finanzkrise besinnen sich<br />
viele Manager auf alte Werte und kommen zu uns.“<br />
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Vorher: Vertriebsmanager<br />
Nachher: Weinhändler<br />
Fast 20 Jahre lang arbeitete Guido Keller bei Daimler.<br />
Dann wollte der Autokonzern Personal abbauen und<br />
stellte Keller vor die Wahl: Abfindung oder Altersteilzeit.<br />
Weinliebhaber und Genussmensch Keller nahm das<br />
Geld und gründete seinen eigenen Weinladen in<br />
Stuttgart-Degerloch. „Es war riskant, aber es war die<br />
beste Entscheidung meines Lebens“, sagt der 56-Jährige<br />
heute. „Wein und Kultur“ lautet sein Geschäftsmodell:<br />
Mal lädt Keller zu Lieder- und Gedichtabenden, mal zu<br />
Weinproben oder After-Work-Partys.<br />
Immer abends kamen die Tränen. Milla<br />
Stroh fuhr mit <strong>dem</strong> Zug <strong>nach</strong> Hause.<br />
Draußen war es längst dunkel; das Abteil<br />
beinahe menschenleer. Wie so oft hatte<br />
sie gerade einen elfstündigen Arbeitstag<br />
hinter sich, hatte endlose Zahlenkolonnen<br />
aneinandergereiht und mal eben schnell<br />
eine Präsentation fertiggestellt. Sie hatte<br />
sich beherrscht, als sich ihr Chef alle fünf<br />
Minuten <strong>nach</strong> „<strong>dem</strong> Stand der Dinge“ erkundigte<br />
und sie ihm am liebsten entgegengeschleudert<br />
hätte: „Mensch, lass mich<br />
doch einfach mal in Ruhe arbeiten.“ Und<br />
mal wieder hatte sie, als am Ende des Tages<br />
alles gut gelaufen war, kein einziges Wort<br />
des Lobes gehört.<br />
„Im Zug war es dann vorbei mit der Beherrschung.<br />
Ich konnte nur noch heulen –<br />
vor Frust, vor Enttäuschung, vor Stress“,<br />
erzählt die 33-Jährige über ihre Zeit als<br />
Controllerin bei der Allianz-Versicherung<br />
in Stuttgart: „Ich war todunglücklich. Aber<br />
alle um mich herum haben gesagt, du hast<br />
doch einen tollen Job, bei einer großen<br />
Firma mit einem guten Namen. Du hast<br />
eine sichere Perspektive. Also habe ich den<br />
Fehler bei mir gesucht. Willst du zu viel<br />
vom Leben? Bist du vielleicht zu anspruchsvoll?“<br />
Dreieinhalb Jahre führte sie<br />
den Kampf mit sich selbst. Im Sommer<br />
2008 siegte der Mut über die Verzweiflung.<br />
Milla Stroh kündigte bei der Allianz.<br />
NOcH mal VON VOrN aNfaNGeN.<br />
Alles auf null stellen. Irgendwann kommt<br />
fast jeder einmal an den Punkt, an <strong>dem</strong> er<br />
sich fragt: „Was ist eigentlich aus meinen<br />
Träumen geworden? Soll es das jetzt schon<br />
gewesen sein?“ Spätestens an Silvester,<br />
wenn die Sektkorken knallen, fängt das<br />
Grübeln an: „Was wäre, wenn ich alles<br />
hinschmeiße? Mein Leben noch mal<br />
umkrempel?“ Nichts erscheint in einem<br />
solchen Moment so verheißungsvoll wie<br />
ein <strong>Neuanfang</strong>, und kaum etwas macht<br />
gleichzeitig so viel Angst wie dieser Sprung<br />
ins Ungewisse.<br />
Milla Stroh träumte von der Welt der<br />
Mode, von silbernen Pumps und glitzernden<br />
Tops, von Moskau und Paris, von<br />
Gucci und Prada, nicht von Policen und<br />
Krediten, von grauen Anzügen, Excel-Tabellen<br />
und Power-Point-Präsentationen.<br />
Doch Jobangebote bekam die Stuttgarte-<br />
rin, die vier Sprachen fließend spricht und<br />
schon während ihres MBA-Studiums ein<br />
Faible für Marketing und Konsum entwickelte,<br />
nur wieder als Zahlendreherin.<br />
Im Herbst 2008 hatte Milla Stroh gut 50<br />
Bewerbungen geschrieben. <strong>Die</strong> sechs Wochen<br />
Kündigungsfrist neigten sich <strong>dem</strong><br />
Ende, aber noch immer war kein Job in der<br />
Modebranche in Sicht. <strong>Die</strong> Lage wurde<br />
brenzlig. Also setzte sich Milla Stroh kurzerhand<br />
in den Flieger <strong>nach</strong> Moskau. Ihr<br />
Ziel: die internationale Mo<strong>dem</strong>esse CPM.<br />
„Am Anfang kostete es eine wahnsinnige<br />
Überwindung, die Leute einfach so anzusprechen.<br />
Um manche Stände bin ich<br />
dreimal herumgelaufen, bevor ich mich<br />
getraut habe.“ Viele der Messehostessen<br />
wollten die junge Frau erst mal abwimmeln.<br />
Milla Stroh kämpfte sich zu den Verantwortlichen<br />
durch. Mit Erfolg. Ihr<br />
Charme und ihr professionelles Auftreten<br />
überzeugten die Geschäftsführerin der<br />
Textilfirma Steilmann. Seit 1. Januar baut<br />
sie für den Konzern das Russlandgeschäft<br />
für die Premiummarken auf.<br />
Neue Arbeit – neues Glück. Rund acht<br />
Millionen Menschen fangen in Deutschland<br />
pro Jahr einen neuen Job an. <strong>Die</strong><br />
meisten wechseln schlicht den Arbeitgeber,<br />
manche kämpfen sich aus der Arbeitslosigkeit<br />
heraus, und ein paar gründen ihre<br />
eigene Firma. Der ¬ hat Menschen<br />
getroffen, die den Sprung gewagt haben.<br />
Da wird aus <strong>dem</strong> Diakon ein Bergführer,<br />
aus der Headhunterin eine Totengräberin<br />
oder aus <strong>dem</strong> Chirurgen ein Trucker.<br />
<strong>Die</strong> Kündigung, ein ständig nörgelnder<br />
Chef, eine Depression – oft sind Krisen<br />
Auslöser für Veränderungen. Situationen,<br />
die einen innehalten lassen, die einen zwingen,<br />
das eigene Leben noch mal zu überdenken.<br />
<strong>Die</strong> berühmten „jetzt oder nie“-<br />
Momente, die zeigen, dass die Chance gekommen<br />
ist, das Leben anders anzugehen.<br />
Gerade in Zeiten wie diesen, in denen<br />
Unternehmen wie Nokia über Nacht ganze<br />
Werke in Billiglohnländer verlagern, wo ➔<br />
Vorher: controllerin<br />
Nachher: mo<strong>dem</strong>anagerin<br />
Milla Stroh kündigte im Sommer 2008 ihre Stelle<br />
als Controllerin bei der Allianz, ohne einen neuen<br />
Job zu haben. „Angst kann einen auch beflügeln“,<br />
sagt die 33-Jährige. Seit <strong>dem</strong> 1. Januar baut sie für<br />
den Modekonzern Steilmann das Premiummarken-<br />
Geschäft in Russland auf. „In Deutschland gibt<br />
es so viel Sicherheit. Wir sind es gar nicht mehr<br />
gewohnt, mit <strong>dem</strong> Risiko umzugehen.“<br />
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Traditionshäuser wie Hertie Insolvenz anmelden<br />
und komplette Branchen ums<br />
Überleben kämpfen, wo die Euphorie des<br />
Aufschwungs der Furcht vor der Rezession<br />
weicht, fragen sich viele: Was passiert eigentlich,<br />
wenn es meinen Job mal nicht<br />
mehr gibt? Wie sieht mein Plan B aus?<br />
Das Leben selbst in die Hand nehmen.<br />
Sich nicht als Opfer der Umstände zu fühlen<br />
kostet Kraft. Aber es ist auch gesund.<br />
Denn kaum etwas ist schlimmer als die<br />
ewige Trauer über verpasste Chancen, das<br />
Verharren in einer misslichen Situation.<br />
Was ist mir wichtig? Wofür springe ich<br />
freiwillig morgens aus <strong>dem</strong> Bett? Was fasziniert<br />
mich so, dass ich dafür die Nacht<br />
durcharbeiten würde? Berufsberaterin Uta<br />
Glaubitz, die seit zwölf Jahren Menschen<br />
bei der Wahl des richtigen Jobs hilft, sagt:<br />
„Zu entdecken, was einen wirklich antreibt,<br />
ist oft ein besserer Ratgeber als die<br />
nackte Statistik des Arbeitsamtes, die nur<br />
zeigt, wo es wie viele offene Stellen gibt.“<br />
Bei Guido Keller war es die Leidenschaft<br />
für Wein. Vor allem für Bordeaux. Nach<br />
Feierabend tüftelte der Daimler-Angestellte<br />
in seinem Gewölbekeller die richtige<br />
Zirkulation und Luftfeuchtigkeit für die<br />
Lagerung seiner edlen Flaschen aus. Der<br />
Schwabe fachsimpelte mit Freunden und<br />
entdeckte, dass es mehr gibt als Trollinger<br />
und Lemberger. Ein schönes Hobby für<br />
einen erfolgreichen Auto-Mann, mehr<br />
nicht. Bis zu <strong>dem</strong> Tag, an <strong>dem</strong> er vor die<br />
Wahl gestellt wurde: Entweder du gehst in<br />
die Altersteilzeit oder kassierst eine Abfin-<br />
dung. Der damals 53-Jährige kam ins Grübeln.<br />
Wie wäre es wohl, einen kleinen<br />
Weinladen aufzumachen? Zwei Tage vor<br />
Heiligabend unterschrieb er seinen Aufhebungsvertrag<br />
und startete seine neue<br />
Karriere als Weinhändler in Stuttgart.<br />
Obwohl er wusste: „Das Unternehmen ist<br />
finanziell ein großes Risiko für mich.<br />
Gerade in meinem Alter.“<br />
eS iST <strong>Die</strong> GrOSSe fUrcHT: Was passiert,<br />
wenn ich scheitere? Sich der Traum als<br />
Albtraum entpuppt? „<strong>Die</strong> Angst ist ein<br />
ganz natürlicher, guter Reflex. Wir werden<br />
uns der Gefahren bewusst und sehen genauer<br />
hin“, sagt die Münchner Karriereberaterin<br />
Madeleine Leitner. Denn natürlich<br />
muss man sich fragen: Nehme ich mir<br />
nicht zu viel vor? Für den Psychologie-<br />
professor Heinrich Wottawa von der Uni<br />
Bochum steht an erster Stelle eine ehrliche<br />
Selbsteinschätzung. Exklusiv für den ¬<br />
hat er einen Leitfaden mit den wichtigsten<br />
Fragen für den neuen Lebensentwurf entwickelt<br />
(siehe Seite 45). Angefangen von<br />
der Stärke des Veränderungswunschs bis<br />
hin zur Nutzen-Risiko-Abwägung: Wie<br />
schlimm ist es, wenn es nicht klappt?<br />
Christine Bohnsack, die seit einem Jahr<br />
Möbel restauriert und neu gestaltet, sagt:<br />
„Dann habe ich es wenigstens versucht.“<br />
17 Jahre lang hat die gelernte Industriekauffrau<br />
zuvor beim Hamburger Elektronikkonzerns<br />
Philips gearbeitet. Einige ihrer<br />
Kollegen kannte sie besser als manches<br />
Familienmitglied. „Bis uns im März 2006<br />
Vorher: Herzchirurg<br />
Nachher: Trucker<br />
Vor sechs Jahren operierte Markus Studer zum<br />
letzten Mal am offenen Herzen, dann kaufte<br />
sich der Schweizer Chirurg seinen eigenen Truck.<br />
„Man muss auch mal loslassen und was Neues<br />
riskieren.“ Inzwischen transportiert der<br />
62-Jährige mit seinem Tanklaster Speiseöl<br />
oder Kakaobutter quer durch Europa. Er bereut<br />
keinen einzigen Tag auf der Straße: „Ich durfte<br />
eine ganz neue Welt kennenlernen.“<br />
unser Chef mitteilte, dass wir zu teuer sind<br />
und die Abteilung <strong>nach</strong> Budapest verlagert<br />
wird.“ Mit einem Schlag war Christine<br />
nicht mehr „Business Fulfillment Driver in<br />
Customer Partnership“, wie sich ihr Job<br />
nannte, sondern ein „Nix“.<br />
„Ein berufliches ‚Nix‘ zu sein ist wohl<br />
das Schlimmste, was uns in unserem Arbeitsleben<br />
passieren kann“, sagt Professor<br />
Johannes Siegrist, Leiter des Instituts für<br />
Medizinische Soziologie am Universitätsklinikum<br />
Düsseldorf. „Der Job definiert<br />
große Teile unserer Identität.“ Und die lässt<br />
sich nicht mal eben so neu erfinden – auch<br />
wenn so mancher locker-flockig geschriebene<br />
Ratgeber etwas anderes suggeriert.<br />
Christine Bohnsack etwa stand zunächst<br />
vor einem Loch. Etwas Kreatives,<br />
gern auch Handwerkliches sollte der neue<br />
Job mit sich bringen. Auch selbstbestimmter<br />
wollte sie arbeiten. In den ersten Monaten<br />
kam es ihr allerdings vor, als ob es<br />
keinen Meter vorwärtsginge. Sie verbrachte<br />
mehrere Monate als Praktikantin in einer<br />
Tischlerei, lernte die Fassmalerei und<br />
arbeitete nebenbei für Freunde ein paar<br />
Möbel auf. Aber erst, als sie eine alte Kinderschulbank<br />
in ein kleines Schmuckstück<br />
verwandelte, wusste sie: „Das ist es.“<br />
Zunächst half noch das Geld vom Arbeitsamt<br />
über die Runden. Doch der Existenzgründerzuschuss<br />
läuft in den nächsten<br />
Monaten aus. Und was kommt dann?<br />
Sicherheitshalber hat sich Christina Bohnsack<br />
um einen Halbtagsjob beim Hamburger<br />
Forschungszentrum Desy bemüht. „So<br />
kann ich weiter mein Geschäft aufbauen<br />
und trotz<strong>dem</strong> ohne Existenzängste ins Bett<br />
gehen. Das freut auch meinen Mann.“ Zu<br />
Hause musste die 38-Jährige nämlich erst<br />
einmal Überzeugungsarbeit leisten, bis ihr<br />
Ehemann an ihre Geschäftsidee glaubte.<br />
Auch Oliver Birükof sagt: „Mein Neustart<br />
war eine Belastung für die Partnerschaft.“<br />
Der Nürnberger schmiss seine<br />
sechsjährige Ausbildung zum Diakon und<br />
begann ein Praktikum als Outdoortrainer<br />
in der Nähe von Neustrelitz in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Gut 500 Kilometer<br />
trennten ihn und seine Freundin über viele<br />
Monate. Aber die beiden waren sich einig,<br />
„eine Beziehung darf kein Gefängnis sein“.<br />
Heute leben die zwei wieder zusammen in<br />
Tübingen, wo sich Oliver Birükof eine eigene<br />
Existenz aufbaut.<br />
alleS aUf NUll –
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ich spannend“, sagt sie, „und Angst vor Toten<br />
hatte ich auch noch nie.“ Selbstbewusst<br />
marschierte die Frau in das Beerdigungsinstitut<br />
Aetas neben <strong>dem</strong> Münchner Westfriedhof.<br />
„Ihr braucht jemanden wie mich,<br />
jemanden mit Lebenserfahrung.“<br />
Christine Petermichls erster Todesfall<br />
war ein 17-Jähriger, der sich selbst umgebracht<br />
hatte. „Das war natürlich hart. Aber<br />
wenn die Angehörigen einen an etwas so<br />
Intimem wie ihrer Trauer teilhaben lassen,<br />
ist das wie ein Geschenk.“<br />
NeUaNfäNGe SiND aNSTreNGeND, für<br />
den Körper und für die Seele. Aber sie befreien<br />
auch. Karin Krebs bringt es auf den<br />
Punkt. „Der Traum, der nie beginnt,<br />
schmerzt am längsten“, sagt sie. Auch wenn<br />
der Weg dahin manchmal „durch die Hölle<br />
führt“ und sich wie „der blanke Horror“<br />
anfühlt. Solche Worte fallen, wenn Krebs<br />
ihre Geschichte erzählt.<br />
<strong>Die</strong> gelernte Bankkauffrau führte zusammen<br />
mit ihrem Mann Gerhard ein<br />
kleines EDV-Unternehmen mit sechs Angestellten.<br />
Parallel dazu hatte Gerhard Krebs<br />
einen Beratervertrag bei der Telekom. Den<br />
kümmerlichen Rest ihrer Zeit fraß die Erziehung<br />
der beiden kleinen Kinder auf.<br />
„Eines Tages habe ich dann zu meinem<br />
Mann gesagt, wenn wir so weitermachen,<br />
haben wir beide in spätestens einem Jahr ei-<br />
nen Herzinfarkt.“ Eine Pause musste her.<br />
Zunächst war es nur ein „Päuschen“. Ein<br />
zweiwöchiger Reiterurlaub in Tirol. Gerhard<br />
Krebs stieg mit seinen 40 Jahren zum<br />
ersten Mal auf ein Pferd. „Und seit<strong>dem</strong> bin<br />
ich nicht mehr abgestiegen“, scherzt er.<br />
Sechs Wochen <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Urlaub kaufte er<br />
das erste Pferd, dann das zweite, das dritte.<br />
Heute haben die beiden ehemaligen<br />
Computerunternehmer sechs schwarze<br />
Friesenwallache und verdienen ihr Geld<br />
mit Managementtrainings. Bei Karin und<br />
Gerhard Krebs lernen Chefs mithilfe der<br />
Pferde ihr eigenes Führungsverhalten kennen.<br />
Schritt für Schritt entwickelte das<br />
Paar ein Konzept, das mittlerweile weltweit<br />
Nachahmer gefunden hat. „Aber als<br />
wir 1996 bei der Bank <strong>nach</strong> einem Kredit<br />
über 450 000 Mark fragten, wurden wir<br />
nur ausgelacht. Gerade mal 30 000 Mark<br />
haben wir bekommen“, sagt Gerhard<br />
Krebs. Entsprechend lange zog sich der<br />
Neustart hin – über zwölf Jahre.<br />
Jetzt haben sie den vorläufig letzten<br />
Schritt getan. Weil der alte Hof im Odenwald<br />
nicht mehr passte, sind die beiden<br />
mit ihren Pferden an die Ostseeküste <strong>nach</strong><br />
Mecklenburg-Vorpommern gezogen. „Ein<br />
Umzug in unserem Alter ist die Hölle“, sagt<br />
Karin Krebs. „Ein Teil unserer Möbel steht<br />
noch immer in der Kutscherstube, ein paar<br />
Kartons im Stall. Wir mussten alles Ver-<br />
traute hinter uns lassen. <strong>Die</strong> Freunde, die<br />
Arztpraxen, die Geschäfte. Aber jetzt sind<br />
wir am Ziel.“<br />
Ein geglückter Neustart ist meist kein<br />
Geniestreich, sondern ein langer Prozess.<br />
Er ist das Ergebnis aus intensivem Nachdenken,<br />
viel harter Arbeit und oft auch<br />
<strong>dem</strong> einen oder anderen Kompromiss.<br />
Belastbare Zahlen darüber, wie viele Umsteiger<br />
Erfolg haben, gibt es nicht. „Aber<br />
die Zufriedenheit bei denjenigen, die ihr<br />
Leben selbst in die Hand genommen haben,<br />
ist sehr groß“, weiß der Düsseldorfer<br />
Medizinprofessor Johannes Siegrist, der<br />
den psychischen Gesundheitszustand von<br />
Berufstätigen erforscht.<br />
Vielleicht handeln deswegen so viele<br />
Mythen, Sagen und Klassiker der Weltliteratur<br />
von Aufbrüchen in eine neue Welt.<br />
Für Karin Krebs ist auf jeden Fall ihr<br />
Märchen wahr geworden. „Als Mädchen<br />
dachte ich immer, du wirst nie ein Pferd<br />
haben, nie einen Prinzen heiraten und nie<br />
auf einem Schloss wohnen. Und heute<br />
habe ich sechs Rappen, einen Ehemann,<br />
dessen Herz so groß ist wie ein Königreich,<br />
und lebe auf einem prächtigen Gutshof.“<br />
Karin Krebs denkt kurz <strong>nach</strong>, dann ergänzt<br />
sie: „Auf die gute Fee hoffen, die alle Wünsche<br />
erfüllt, darf man allerdings nicht.“<br />
Denn wer sich nicht selbst auf den Weg<br />
macht, wird niemals ankommen. 2<br />
Vorher: Personalberaterin<br />
Nachher: bestatterin<br />
Als die ehemalige Headhunterin Christine<br />
Petermichl sich zum Jobwechsel entschied,<br />
war sie schon Ende vierzig – und damit auf <strong>dem</strong><br />
Arbeitsmarkt eigentlich chancenlos. „Aber in<br />
der Lebensmitte lässt einen die Frage <strong>nach</strong> <strong>dem</strong><br />
Sinn der eigenen Arbeit nicht mehr los.“ Heute<br />
arbeitet die 53-Jährige als Trauerbegleiterin:<br />
„Ich habe das Gefühl, dass ich den Angehörigen<br />
helfe. Das ist mir wichtiger als Geld.“<br />
meHr iNfOS …<br />
… bei stern.de<br />
www.stern.de/neustart<br />
Tipps für Umsteiger: <strong>Die</strong> besten<br />
Ratgeberbücher und ein Interview mit<br />
Berufsfindungsexpertin Uta Glaubitz.<br />
An Eltern und Schüler<br />
richtet sich der neue stern-<br />
Ratgeber: „Erfolgreich zum<br />
Traumjob – Coaching zur<br />
Berufswahl“, Linde Verlag,<br />
160 Seiten, 9,90 Euro.<br />
Der check für den Neustart<br />
Warum bin ich so unzufrieden? Bin ich reif für einen Jobwechsel?<br />
Will ich beruflich noch einmal ganz neu anfangen? Der Fragebogen des stern hilft<br />
bei der Selbstprüfung und entscheidung. Entwickelt hat ihn der renommierte<br />
Berufstest-Experte Professor Heinrich Wottawa von der Ruhr-Universität Bochum<br />
Psychologe Wottawa<br />
von der Uni Bochum<br />
1. Veränderungswunsch<br />
wegen arbeitslosigkeit<br />
Akute Arbeitslosigkeit ist für viele<br />
Menschen ein Grund, Ihren Lebens-<br />
entwurf zu überdenken. Leider neigen<br />
manche aus dieser Frustration heraus<br />
dazu, alles Bisherige infrage zu stellen,<br />
anstatt sich auf das zu besinnen,<br />
was sie gelernt haben und können,<br />
und auf der Grundlage dessen einen<br />
<strong>dem</strong> bisherigen Lebensweg ähnlichen<br />
einzuschlagen, nur vielleicht ein wenig<br />
anders. Eine prinzipielle Veränderung<br />
sollten Sie in je<strong>dem</strong> Fall nur <strong>nach</strong><br />
einer sorgfältigen Beratung durch<br />
Fachleute, etwa der Bundesagentur<br />
für Arbeit, in Angriff nehmen.<br />
Nur wenn Sie eigentlich schon länger<br />
mit <strong>dem</strong> Gedanken gespielt haben,<br />
Ihren Lebensentwurf prinzipiell zu<br />
ändern, ist es für Sie vielleicht sinnvoll,<br />
mit „4“ weiterzumachen. Bedenken<br />
Sie aber, dass ein Neustart nur aus<br />
einer Negativsituation heraus ohne<br />
fundierte Passung zur eigenen Person<br />
oft scheitert, und nehmen Sie unbedingt<br />
Beratungsangebote dazu wahr.<br />
2. <strong>Die</strong> flucht aus <strong>dem</strong> Unglück<br />
Beantworten Sie die folgende Leitfrage:<br />
Was genau stört mich so sehr an meiner<br />
aktuellen beruflichen Situation?<br />
beantworten Sie zuerst die einführungsfragen und entscheiden Sie:<br />
Was trifft auf mich am ehesten zu?<br />
● Ich habe keine Arbeit und möchte deswegen von vorn anfangen und alles ändern – weIter mIt „1.“<br />
● Ich bin unzufrieden mit meiner beruflichen Situation, das kann so nicht weitergehen, da gefällt mir zu vieles nicht,<br />
ich muss da weg! – weIter mIt „2.“<br />
● Ich glaube, ich kann im Leben noch viel glücklicher werden, wenn ich einiges ändere; natürlich kann ich auch so<br />
weitermachen wie bisher, aber es muss doch noch „mehr“ und „Schöneres“ für mich geben! – weIter mIt „3.“<br />
● Ich habe eine klare Vision, was ich aus meinem Leben machen möchte, und die will ich jetzt unbedingt realisieren;<br />
dieser Drang ist so stark, dass mir alle Probleme dabei eigentlich egal sind! – weIter mIt „4.“<br />
2.1 <strong>Die</strong> Hauptgründe meiner Unzufriedenheit<br />
(die „Unzufrieden-macher“)<br />
● Mich stört die geringe Sicherheit meines<br />
Arbeitsplatzes<br />
● Es kommt durch die Arbeit zu wenig<br />
für mich heraus (etwa zu wenig Einkommen,<br />
zu geringes Ansehen …)<br />
Notieren Sie hier die (bis zu) drei wichtigsten<br />
Punkte, die Sie in diesem Bereich stören:<br />
● <strong>Die</strong> Arbeit an sich befriedigt mich ganz<br />
einfach zu wenig (etwa zu monoton,<br />
zu wenig Gestaltungsmöglichkeit, zu wenig<br />
Kontakte mit anderen)<br />
Notieren Sie hier die (bis zu) drei wichtigsten<br />
Punkte, die Sie in diesem Bereich stören:<br />
● Ich fühle mich bei der Arbeit überfordert<br />
(etwa bezüglich des Fachwissens,<br />
Termindruck, Angst vor Fehlern, Stress<br />
allgemein)<br />
Notieren Sie hier die (bis zu) drei wichtigsten<br />
Punkte, die Sie in diesem Bereich stören:<br />
● Meine Unzufriedenheit hat vor allem<br />
mit <strong>dem</strong> Vorgesetzten zu tun (kein Lob,<br />
unsympathisch, lässt keine andere Meinung<br />
gelten etc.)<br />
Notieren Sie hier die (bis zu) drei wichtigsten<br />
Punkte, die Sie in diesem Bereich stören:<br />
● Meine Unzufriedenheit hat vor allem<br />
mit den Kollegen zu tun (unsympathisch,<br />
Intrigen, Mobbing etc.)<br />
Notieren Sie hier die (bis zu) drei wichtigsten<br />
Punkte, die Sie in diesem Bereich stören:<br />
● Meine Unzufriedenheit hat viel mit<br />
meiner sozialen Umgebung außerhalb des<br />
Jobs (Partner, Kinder, Freundeskreis) zu<br />
tun (etwa der Unzufriedenheit des Partners<br />
mit meinem Einkommen, meinen Arbeitszeiten,<br />
häufigen Reisen, <strong>dem</strong> Ansehen meiner<br />
Arbeit im Freundeskreis …)<br />
Notieren Sie hier die (bis zu) drei wichtigsten<br />
Punkte, die Sie in diesem Bereich stören:<br />
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2.2 Der änderungsbedarf<br />
Betrachten Sie alle von Ihnen bei der Frage 2.1 eingetragenen „Unzufrieden-Macher“. Wählen Sie davon die (höchstens) fünf wichtigsten<br />
aus und tragen Sie diese in der ersten Zeile der folgenden Tabelle ein:<br />
Meine wichtigsten<br />
„Unzufrieden-Macher“<br />
<strong>Die</strong> Quellen dafür:<br />
Vorgesetzte<br />
Team, Kollegen<br />
Job an sich<br />
Mein Beruf<br />
Mein Partner/meine soziale Umgebung<br />
Eigentlich ich selbst<br />
(etwa mein hohes Anspruchsniveau,<br />
besondere Persönlichkeitsmerkmale etc.)<br />
Was genau müsste sich ändern?<br />
Tragen Sie für jeden „Unzufrieden-Macher“ in der Tabelle ein, wer was genau anders tun müsste, damit Ihre Unzufriedenheit mit der<br />
aktuellen Situation deutlich <strong>nach</strong>lässt.<br />
2.3 mein aktionsplan<br />
Betrachten Sie die von Ihnen bei der Frage 2.2 eingetragenen Veränderungsbedarfe. Überlegen Sie jetzt, welche Änderungsbedarfe bei<br />
den einzelnen Quellen der „Unzufrieden-Macher“ Sie erreichen können, wenn Sie sich wirklich Mühe dabei geben:<br />
was ich durch eigene Anstrengung verbessern kann – und zwar dadurch, dass ich Folgendes mache:<br />
Beim Vorgesetzten (etwa klärendes Gespräch führen, mit <strong>dem</strong> Betriebsrat<br />
sprechen, Hilfe in der Personalabteilung suchen …)<br />
Beim Team, Kollegen (etwa klärendes Gespräch mit den Kollegen führen,<br />
mit <strong>dem</strong> Vorgesetzten sprechen, Hilfe in der Personalabteilung suchen …)<br />
Beim Job an sich (unsicherer Arbeitsplatz, Arbeitsinhalte ändern …)<br />
Bei meinem Beruf (etwa die Arbeit mit Kollegen anders verteilen, einen<br />
Job mit anderen Schwerpunkten suchen …)<br />
Bei meinem Partner/meiner sozialen Umgebung (etwa Gespräch zur<br />
Abklärung der wechselseitigen Erwartungen, mit <strong>dem</strong> Partner Alternativen<br />
durchsprechen, evtl. auch Freundeskreis ändern …)<br />
Bei mir selbst (Einstellungen überprüfen, meine Motive überdenken,<br />
Weiterbildungen machen, Beratungen oder Coaching aufsuchen …)<br />
Verändern kann man da nichts, aber ich kann mir eine neue Umgebung<br />
suchen (etwa Versetzung in eine andere Arbeitsgruppe in derselben Firma,<br />
Wechsel der Firma etc.), ohne gleich ein „Second Life“ starten zu müssen<br />
Wenn Sie den Eindruck haben, dass sich durch die möglichen Aktionen in dieser Tabelle eine spürbare Verbesserung Ihrer Situation<br />
ergeben kann, MACHEN SIE DAS!<br />
Nur wenn Sie trotz aller Bemühungen damit keinen Erfolg haben oder Sie auch bei ehrlicher Prüfung dieser Möglichkeiten zu <strong>dem</strong><br />
Schluss kommen, dass sich solche Veränderungsversuche nicht lohnen, machen Sie weiter mit „4“. Bedenken Sie dabei aber, dass durch<br />
„Flucht vor Unzufriedenheit“ erzwungene Wechsel des eigenen Lebensentwurfes oft keine guten Erfolgschancen haben.<br />
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3. Das Streben <strong>nach</strong> Glück<br />
Beantworten Sie die folgende Leitfrage: Was genau will ich mit einem Neustart erreichen?<br />
3.1 meine wichtigsten Ziele (die „Zufrieden-macher“)<br />
● Ich möchte durch meine neue Arbeit etwas erreichen<br />
(etwa Sicherheit, hohes Einkommen, hohes Ansehen …)<br />
Notieren Sie hier die (bis zu) drei wichtigsten Punkte, die Sie in<br />
Ihrem neuen Leben durch Ihre Arbeit erreichen wollen:<br />
● In meinem neuen Berufsleben soll mich vor allem die Arbeit an<br />
sich befriedigen (passende Abwechslung, viele Freiräume, hohe<br />
Gestaltungsmöglichkeit, Selbstverwirklichung, angenehme Kontakte<br />
zu anderen, Unabhängigkeit von Vorgesetzten etc.)<br />
Notieren Sie hier die (bis zu) drei wichtigsten Punkte, die Sie bei<br />
Ihrer neuen Arbeit erleben wollen:<br />
3.2 <strong>Die</strong> änderungsmöglichkeiten<br />
● Ich möchte in meinem neuen Berufsleben vor allem Vorteile in und<br />
mit meiner sozialen Umgebung außerhalb des Jobs (Partner, Kinder,<br />
Freundeskreis) haben, etwa Anerkennung meines Partners für meinen<br />
tollen Job, Zufriedenheit des Partners mit meinem Einkommen, zu<br />
meinem Privatleben passende Arbeitszeiten, hohes Ansehen meiner<br />
Arbeit im Freundeskreis …)<br />
Notieren Sie hier die (bis zu) drei wichtigsten Punkte, die Sie in<br />
diesem Bereich erreichen wollen:<br />
Betrachten Sie alle von Ihnen bei der Frage 3.1 eingetragenen „Zufrieden-Macher“. Wählen Sie davon die (höchstens) fünf wichtigsten<br />
aus und tragen Sie diese in der ersten Zeile der folgenden Tabelle ein:<br />
Meine wichtigsten<br />
„Zufrieden-Macher“<br />
was ich durch eigene Anstrengung schon in<br />
meinem jetzigen Leben verbessern kann<br />
Beim Vorgesetzten (etwa klärendes Gespräch<br />
führen, andere Aufgaben übernehmen, mir<br />
mehr Verantwortung delegieren lassen …)<br />
Mit der Personalabteilung sprechen (etwa<br />
Versetzungen, Aufstiegsmöglichkeiten klären,<br />
Weiterbildungsmaßnahmen etc.)<br />
Bei meinem Partner/meiner sozialen Umgebung<br />
(etwa Vermitteln der Bedeutung meiner Arbeit<br />
und meiner Erfolge dabei, mehr Informationen<br />
über meine Stellung in der Firma geben ...)<br />
Bei mir selbst (Einstellungen überprüfen, meine<br />
Motive überdenken, Weiterbildungen machen,<br />
Beratungen oder Coaching aufsuchen …)<br />
Verändern kann man da nichts, aber ich kann<br />
mir eine neue Umgebung suchen, ohne gleich<br />
ein neues Leben beginnen zu müssen (etwa<br />
Versetzung in eine andere Arbeitsgruppe in<br />
derselben Firma, Wechsel der Firma etc.)<br />
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3.3 mein aktionsplan<br />
Wenn Sie den Eindruck haben, dass sich durch die möglichen Aktionen in dieser Tabelle Ihre Situation noch deutlich weiter in die von<br />
Ihnen gewünschte Richtung verändern lässt, MACHEN SIE DAS!<br />
Nur wenn Sie trotz aller Bemühungen damit keinen Erfolg haben oder Sie auch bei ehrlicher Prüfung dieser Möglichkeiten zu <strong>dem</strong><br />
Schluss kommen, dass Ihnen das doch nicht reichen würde, machen Sie weiter mit „4“.<br />
4. chancen und risiken abwägen<br />
Beantworten Sie die folgende Leitfrage:<br />
Werde ich die Ziele meines neuen Berufslebens erreichen?<br />
Wenn man sich entschlossen hat, einen beruflichen <strong>Neuanfang</strong> zu starten, ist man oft voller Optimismus und Tatendrang. Man denkt<br />
vor allem an „Erfolgsbeispiele“, also Menschen, deren Neustart ein voller Erfolg war. Schließlich haben die alle einmal diese mutige Entscheidung<br />
gefasst und hatten damit Erfolg. Warum nicht auch ich?<br />
Was man dabei gern übersieht, sind jene Menschen, die mit ihrem beruflichen <strong>Neuanfang</strong> nicht so ganz den gewünschten Erfolg<br />
hatten oder die sogar völlig gescheitert sind. Damit Ihnen das nicht passiert und Sie Ihre Chancen auf den Erfolg optimieren, beantworten<br />
Sie möglichst ehrlich die folgenden Fragen:<br />
Ich bin ganz sicher, dass ich als Neustart etwas plane,<br />
was wirklich meine eigenen Bedürfnisse (und nicht<br />
etwa die Erwartungen meiner Eltern, des Partners<br />
etc.) erfüllt<br />
Ich habe verschiedene Varianten für meinen<br />
<strong>Neuanfang</strong> sorgfältig durchdacht und bin nicht schon<br />
bei der ersten oder zweiten Idee stecken geblieben<br />
Ich habe mich fundiert sachkundig gemacht, ob mein<br />
Neustart wirklich die Befriedigungspotenziale<br />
bietet, die ich mir davon erhoffe<br />
Ich habe mir genau überlegt, welche Nebenfolgen<br />
mein neuer Lebensentwurf für Menschen haben kann,<br />
die mir nahestehen<br />
Ich habe eine genaue und objektive Anforderungsanalyse<br />
an meine neuen Aufgaben gemacht<br />
Ich bin sicher, dass ich den neuen Anforderungen<br />
schon jetzt oder <strong>nach</strong> kurzer einarbeitung bzw.<br />
Schulung gewachsen bin<br />
Ich habe einen realistischen Plan, wie ich die<br />
vielleicht längere Zeit bis zum wirtschaftlichen<br />
erfolg in meinem zweiten Anlauf finanziell<br />
überbrücken kann<br />
Ich habe einen reserveplan für den Fall, dass es mit<br />
<strong>dem</strong> Neustart vielleicht doch nicht klappt<br />
Auch wenn ich bedenke, dass ich vielleicht alles zu<br />
optimistisch sehe, kann ich mir ehrlich sagen,<br />
dass ich für mich und andere das risiko tragen kann<br />
Nein, eigentlich nicht etwas schon, aber nicht so ganz eIN GANZ KLAreS JA!<br />
Wenn Sie nicht neunmal mit „Klares Ja“ antworten, sollten Sie zunächst die noch nicht so ganz erfüllten Bedingungen erfüllen,<br />
bevor Sie nur noch schwer rückgängig zu machende Schritte zu Ihrem persönlichen Neustart gehen! Allen anderen: VIEL ERFOLG!<br />
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