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Was Kirche für morgen heute bewegt

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Die Gegenwart ist am aufregendsten<br />

Eva und Günther Kreis sind in Sonneberg/Thüringen aktiv – mitten im Gemeindeauf-<br />

bau und gesellschaftlichen Umbrüchen. Durch die über fünf Jahrzehnte ihrer Biogra-<br />

phie zieht sich das Thema Reform und Reformation. Reinhold Krebs kam mit ihnen<br />

ins Gespräch.<br />

Reformatorisches<br />

Zuerst Jugendarbeit, dann Mission, dann<br />

die Ausbildung von Hauptamtlichen und jetzt<br />

Gemeindeaufbau im Osten – viele biographische<br />

Veränderungen. Welcher Übergang war<br />

der spannendste?<br />

Je älter man wird, desto spannender werden<br />

die Übergänge, weil wir differenzierter<br />

und vielschichtiger das Leben wahrnehmen.<br />

Trotzdem war jeder Übergang zu seiner Zeit<br />

der Spannendste, denn das Leben ist im<br />

Jetzt, in der Gegenwart am aufregendsten.<br />

Nur im Bestehenden einfach weiterzumachen<br />

– das war nie euer Ding. Wo wird die<br />

„reformatorische Ader” in eurer Biographie<br />

sichtbar?<br />

Schon während der Ausbildung knisterte<br />

es und dann erst recht in der Jugendarbeit<br />

suchten wir nach dem Geheimnis<br />

der Gemeinde Jesu. Unsere Neubesinnung<br />

kreuzte sich mit der starken Unruhe unter<br />

den Jugendlichen damals (1977) und ihrer<br />

Sehnsucht nach verbindlichem Leben. In<br />

New Guinea beschäftigte uns unentwegt die<br />

Inkulturation der Jesusbotschaft in die archaisch-steinzeitliche<br />

Welt der Papuas. Und<br />

wir brachten die brennende Frage mit nach<br />

Deutschland: Wie kann eine tiefe Identität<br />

im Glauben gleichzeitig höchst relevant <strong>für</strong><br />

unsere Mitmenschen werden?<br />

„Change-Management” – muss man das<br />

nur klug anpacken oder hat das auch eine<br />

geistliche Dimension?<br />

Wenn wir uns im Raum der Gemeinde bewegen,<br />

kann Change-Management immer nur<br />

ein geistliches Management sein. Beter sind<br />

gefragt, denn alle Veränderungen greifen ein<br />

in Gewachsenes und Liebgewordenes. Wer<br />

verlässt freiwillig eine vertraute Tradition,<br />

wenn es nicht von Gott her geboten ist? Das<br />

gelingt nur mit Menschen, die geistlich wachsam<br />

und veränderungsbereit sind und viel<br />

von Gott erwarten.<br />

Ihr leitet eine Gemeindepflanzung in einer<br />

Plattenbau-Siedlung. <strong>Was</strong> könnten die Gemeinden<br />

in Württemberg von euch lernen?<br />

Ich weiß es nicht. Wir haben da keine<br />

Illusionen – oder sie sind uns vergangen.<br />

Vielleicht sind es die Chancen einer Beteiligungskirche.<br />

Im atheistischen Umfeld unseres<br />

Stadtteils ist Glaube und Christsein nicht<br />

leicht plausibel zu machen. Es leuchtet niemand<br />

ein, warum man zur <strong>Kirche</strong> gehen sollte.<br />

Es sei denn, die Menschen sehen nicht<br />

nur erlöst aus, sondern sind es auch und<br />

leben als Gemeinschaft in einer Herzlichkeit<br />

und Freude, die strahlt und leuchtet.<br />

Und so einfach kommen wir nicht an sie<br />

heran. Wir kämpfen immer noch mühsam um<br />

Vertrauen.<br />

Aber das ist in Württemberg auch nicht<br />

anders.<br />

Ecclesia semper reformanda – wo ist<br />

<strong>heute</strong> die <strong>Kirche</strong> zum Umdenken und Umkehren<br />

gerufen?<br />

Wir sollten die Umbrüche in der Gesellschaft<br />

und auch z. B. die Mobilmachung des<br />

Islam als eine Provokation Gottes begreifen,<br />

Veränderungen anzugehen. Aber wir bringen<br />

oft nur zu Wege, was vor 20 Jahren nötig gewesen<br />

wäre. Luther war wie elektrisiert von<br />

den Missständen seiner Zeit. Unsere Trägheit<br />

ist ein Missstand. Aber elektrisiert das<br />

uns? Zu viel Geld macht die <strong>Kirche</strong> träge und<br />

lahm. Gott kann auch durch rückläufige Steuereinnahmen<br />

solche Lähmungen heilen.<br />

Eva und Günter Kreis setzen sich in Thüringen<br />

<strong>für</strong> Gemeindeaufbau ein.<br />

Wieder wirklich „Volks-<strong>Kirche</strong>“ werden!<br />

Matthias Böhler, 29 Jahre, Familienvater und Orgelbauer, ehrenamtlich als Orga-<br />

nist, Posaunenchorleiter und in der Jugendarbeit tätig, kandidiert <strong>für</strong> kfm im Bezirk<br />

Besigheim/Brackenheim. Marc Stippich befragte ihn, wie er sich in seiner <strong>Kirche</strong><br />

einbringen möchte.<br />

Matthias, dein Engagement verrät eine<br />

große Liebe zur Musik. Wo schlägt hier dein<br />

Herz?<br />

Ich habe da ein recht großes Herz. Überall,<br />

wo Musik Glauben ausdrückt, tröstet,<br />

dankt und lobt, da geschieht <strong>Kirche</strong>nmusik.<br />

Das erlebe ich bei Bachs H-Moll-Messe<br />

genauso wie bei einer mir nahe gehenden<br />

Worship-Zeit oder einem groovigen Bläser-Arrangement<br />

im Posaunenchor. Diese Offenheit<br />

wünsche ich mir noch viel mehr in unserer<br />

<strong>Kirche</strong>.<br />

Du arbeitest im CVJM und im Bezirksjugendwerk<br />

mit. Wie bringst du dich dort ein?<br />

Auch hier hat’s mir vor allem die Musik<br />

angetan. Ich habe acht Jahre lang den Jugendchor<br />

unseres Bezirksjugendwerks geleitet.<br />

Im CVJM bin ich Posaunenchorleiter.<br />

Außerdem war ich schon auf vielen Freizeiten<br />

als Mitarbeiter dabei – vom Jungscharlager<br />

über Jungbläserfreizeiten bis zur Jungen-Erwachsenen-Skifreizeit.<br />

Wie wichtig findest du die Jugendarbeit <strong>für</strong><br />

unsere <strong>Kirche</strong>?<br />

Jugendarbeit heißt: die Zukunft unserer<br />

<strong>Kirche</strong> sichern! Wenn wir es nicht schaffen,<br />

die Jugendlichen unserer Zeit mitten in ihrem<br />

Leben abzuholen, dann wird <strong>Kirche</strong> auf sie<br />

immer fremd, alt und verstaubt wirken. Wir<br />

haben als <strong>Kirche</strong> aber eine aktuelle und eine<br />

befreiende Botschaft weiterzugeben und<br />

stehen besonders bei jungen Menschen in<br />

der Verantwortung, ihnen ein Fundament<br />

anzubieten, auf das sie ihr Leben aufbauen<br />

können.<br />

Der CVJM ist ein freies Werk innerhalb unserer<br />

<strong>Kirche</strong>. <strong>Was</strong> <strong>für</strong> Impulse können solche<br />

freien Werke unserer <strong>Kirche</strong> geben?<br />

Freiheit schafft Raum um Neues zu wagen<br />

und gibt Menschen die Möglichkeit, sich<br />

selbst auszuprobieren und ihre Begabungen<br />

zu entdecken. Beides finde ich <strong>für</strong> unsere<br />

<strong>Kirche</strong> ungeheuer wichtig. In einer schnelllebigen<br />

Zeit müssen sich auch die Strukturen<br />

unserer <strong>Kirche</strong> ändern und neuen Situationen<br />

angepasst werden. Freie Werke können<br />

flexibel und schnell reagieren und sind nah<br />

bei den Menschen – der Weg von der Basis<br />

zu den Entscheidungsträgern ist meist nicht<br />

so weit.<br />

Welche Projekte findest du <strong>für</strong> unsere <strong>Kirche</strong><br />

vordringlich notwendig, wenn du an die<br />

Matthias Böhler − kfm-Kandidat in Besigheim /<br />

Brackenheim − mit seiner Familie.<br />

Reformatorisches<br />

kommenden Jahre denkst?<br />

Wir müssen uns als <strong>Kirche</strong> wieder mehr<br />

auf die Menschen unserer Zeit einlassen. Wir<br />

müssen lernen, ihre Sprache zu sprechen,<br />

ihre Musik zu spielen und ihre Bedürfnisse<br />

und Fragen ernst zu nehmen. In der Synode<br />

möchte ich mich da<strong>für</strong> einsetzen, dass wir<br />

wieder zu einer wirklichen „Volks-<strong>Kirche</strong>“<br />

werden. Dazu müssen wir Bedingungen<br />

schaffen, die die <strong>Kirche</strong> von unten nach oben<br />

bauen. Ehrenamtliche wollen mehr Verantwortung,<br />

sie wollen aktiv in Entscheidungsprozesse<br />

eingebunden werden. In Zukunft<br />

darf nicht mehr vom „Haupt“- und vom<br />

„Zweit“-Gottesdienst die Rede sein. Wir brauchen<br />

eine Vielzahl an Gottesdienst- und Gemeindeformen,<br />

um im Alltag der Menschen<br />

einen Platz zu finden ...<br />

Reformation <strong>heute</strong><br />

Reformatorisches Denken und Handeln<br />

in unseren Tagen am Beispiel von vier<br />

Kfm-Mitgliedern. Zwei von ihnen bringen<br />

sich als Synodalkandidatin und Synodalkandidat<br />

in die <strong>Kirche</strong>nwahl ein. Über ihre<br />

Motivation und ihren Antrieb schreiben sie<br />

auf S. 6-9 und ermutigen uns, liebe Leserin,<br />

lieber Leser, <strong>heute</strong> reformatorisch an<br />

und in unserer <strong>Kirche</strong> zu arbeiten und zu<br />

leben. Davon lebt <strong>Kirche</strong> <strong>für</strong> <strong>morgen</strong> schon<br />

<strong>heute</strong>.<br />

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