Fallstudien "Demografischer Wandel" - Landkreis Oldenburg
Fallstudien "Demografischer Wandel" - Landkreis Oldenburg
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Fallstudie<br />
„DEMOGRAFISCHER WANDEL IN DER<br />
GEMEINDE GANDERKESEE“<br />
Endfassung<br />
Verfasser:<br />
FORUM GmbH, <strong>Oldenburg</strong><br />
Juli 2008
Gliederung<br />
1 Konzeption der Fallstudie ......................................................................................... 3<br />
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland................................................................. 4<br />
3 Die Gemeinde Ganderkesee im Überblick............................................................... 7<br />
4 Ausgangslage............................................................................................................. 8<br />
4.1 Einwohnerentwicklung.............................................................................................. 8<br />
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Ganderkesee und ihrer Ortsteile.............................. 12<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee..................................... 16<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Ganderkesee................................... 25<br />
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen Wandel<br />
................................................................................................................................... 28<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt........................................................................... 28<br />
5.2 Soziale Infrastruktur ............................................................................................... 33<br />
5.2.1 Kinderbetreuung.............................................................................................. 33<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen............................................................................ 37<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur...................................................................... 41<br />
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen ................................................................. 45<br />
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung.................................................. 46<br />
6.2 Handlungsoptionen für Zielgruppen ....................................................................... 46<br />
6.3 Siedlungsentwicklung............................................................................................. 50<br />
6.4 Anpassung sozialer Infrastruktur............................................................................ 50
1 Konzeption der Fallstudie<br />
Die Fallstudie „<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee“ ist Teil eines<br />
Auftrages des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> an die FORUM GmbH unter dem Titel „Masterplan<br />
Demografie für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>“.<br />
Die Fallstudie ist in sechs Kapitel gegliedert. Zunächst beschäftigt sich das zweite Kapitel<br />
als thematischer Einstieg und zur Erleichterung der weiteren Einordnung mit dem demografischen<br />
Wandel in Deutschland. Nach der Darstellung der räumlichen Strukturen der<br />
Gemeinde (Kap. 3) wird in Kapitel 4 auf die demografische Ausgangslage eingegangen,<br />
bevor Kapitel 5 die Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen thematisiert. Anschließend<br />
werden „Gute Ansätze“ herausgearbeitet sowie Handlungsoptionen in Bezug<br />
auf Wohnungsmarkt, Baulandentwicklung und soziale Infrastrukturplanung skizziert (Kapitel<br />
6). Um angesichts der Fülle des zugrunde liegenden Daten- und Informationsmaterials<br />
eine möglichst übersichtliche und anschauliche Darstellung zu erreichen, werden die<br />
wichtigsten Informationen zur besseren Lesbarkeit zu prägnanten Aussagen verdichtet<br />
und mit Grafiken hinterlegt.<br />
In die <strong>Fallstudien</strong> für die Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> sind neben ausführlichen<br />
Auftakt- und Koordinationsgesprächen mit Vertretern der kreisangehörigen Kommunen<br />
(„BürgermeisterInnengespräche“) und Auswertungen umfangreichen Datenmaterials<br />
(speziell Niedersächsisches Landesamt für Statistik sowie Daten der kommunalen<br />
Meldeämter) auch Gespräche mit Experten aus der Region eingeflossen, u.a. mit Vertretern<br />
der Bereiche Immobilien-/Wohnungsmarkt, Senioren (z.B. Seniorenbeiräte), Familie<br />
und Jugend.<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 3
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland<br />
Die demografische Struktur Deutschlands und seiner Teilräume war auch in der Geschichte<br />
niemals über längere Zeiträume konstant. Seit jeher haben sich markante historische<br />
Einschnitte wie Seuchen, Kriege oder aber soziale bzw. wirtschaftliche Innovationen<br />
auch in der Entwicklung und Zusammensetzung der Bevölkerung niedergeschlagen.<br />
Charakteristisch ist in den westlichen Staaten der starke Anstieg der Bevölkerungszahlen<br />
speziell seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, der in Deutschland bis in die<br />
1970er Jahre angehalten hat. Eine anhaltend hohe Geburtenrate bei langsam sinkender<br />
Sterberate war verantwortlich für diese Entwicklung. Vor etwa 35 Jahren jedoch hat sich<br />
das Verhältnis schlagartig umgekehrt und in Deutschland konnte sich eine zuvor ungekannte<br />
Entwicklung verfestigen: Im Gefolge der unter der Bezeichnung ‚Pillenknick’ subsumierten<br />
Umwälzungen ist die Geburtenrate innerhalb weniger Jahre signifikant um<br />
mehr als ein Drittel deutlich unter das sog. Bestandserhaltungsniveau gesunken und<br />
seither stabil geblieben. In der Konsequenz bedeutet dies, dass jede Elterngeneration im<br />
Vergleich zur vorherigen seither um ein Drittel abnimmt, sofern keine Zuwanderungsgewinne<br />
erfolgen! (vgl. Abb. 2 und 3)<br />
Die nachstehenden Grafiken bilden die Altersstruktur Deutschlands im Abstand von jeweils<br />
30 Jahren ab, zeigen also etwa drei Generationenschritte auf 1 . Besonders gut ist<br />
das ‚Durchwachsen’ der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge zu erkennen, die vor allem<br />
dem Immobilienmarkt im Umland der Ballungsräume in den vergangenen Jahren spürbaren<br />
Auftrieb verschafft haben.<br />
Abb. 1: Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 1975, 2005 und 2035 (Vorausberechnung)<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt 2006)<br />
Bereits seit Anfang der 1970er Jahre verzeichnet Deutschland einen negativen natürlichen<br />
Saldo mit weniger Geburten als Sterbefällen und ist daher auf internationale Zuwanderung<br />
angewiesen, um einen Bevölkerungsrückgang zu vermeiden (vgl. Abb. 2).<br />
1 Zahlen für 2035: auf Basis der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes,<br />
[Variante 1: positiver internationaler Wanderungssaldo von 100.000 Personen], 2006<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 4
1600000<br />
1400000<br />
1200000<br />
1000000<br />
800000<br />
600000<br />
400000<br />
200000<br />
0<br />
-200000<br />
-400000<br />
1946<br />
1948<br />
1950<br />
1952<br />
1954<br />
1956<br />
1964: 1357304<br />
Baby-Boomer<br />
der 1960er<br />
Echo in den<br />
1990ern<br />
1958<br />
1960<br />
1962<br />
1964<br />
1966<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Saldo<br />
2006:<br />
672724<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 2: Natürliche Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1946 – 2006<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Bedeutsam vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen der vergangenen<br />
fünfzehn Jahre ist die Feststellung, dass zwei Prozesse den Blick auf den sich längst<br />
vollziehenden demografischen Wandel verstellt haben:<br />
• In den 1990er-Jahren befand sich die o.g. ‚Babyboomer’-Generation in der Familiengründungsphase,<br />
mit der Folge, dass die Geburtenzahlen leicht anstiegen und<br />
sich kurzfristig Geburten und Sterbefälle in Deutschland sogar wieder im Gleichgewicht<br />
befanden (vgl. Abb. 2).<br />
• Bedingt durch den Zusammenbruch des Ostblocks und die Bürgerkriege in Südosteuropa<br />
realisierte Deutschland außerordentlich hohe internationale Wanderungsgewinne,<br />
die das Geburtendefizit weit überstiegen haben (vgl. Abb. 3).<br />
1.800.000<br />
1.600.000<br />
1.400.000<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
-200.000<br />
-400.000<br />
1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004<br />
Abb. 3: Entwicklung der Außenwanderungen Deutschlands<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 5<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo
Nachdem bereits die 1980er Jahre durch Stagnation und Alterung gekennzeichnet waren<br />
ist demnach die deutsche Bevölkerung in den 1990er Jahren und bis über die Jahrtausendwende<br />
hinaus durch singuläre Impulse nochmals stark gewachsen; gleichzeitig stiegen<br />
auch die Geburtenzahlen spürbar an. Aufgrund der zuletzt stark rückläufigen Zuwanderungen<br />
aus dem Ausland und der ebenfalls wieder deutlich sinkenden Geburtenzahlen<br />
wird jedoch in den meisten deutschen Regionen klar erkennbar, dass die vergangenen<br />
fünfzehn Jahre lediglich eine kurze ‚Atempause’ im demografischen Wandel bedeutet<br />
haben und nun wieder in stetig steigendem Maße mit ‚Unterjüngung’ und absolutem Einwohnerrückgang<br />
gerechnet werden muss.<br />
Zusammengefasst schlägt sich der demografische Wandel in folgenden Tendenzen nieder:<br />
• Bevölkerungsrückgang: Etwa seit der Jahrtausendwende reicht die stagnierende<br />
internationale Zuwanderung nach Deutschland nicht mehr aus, um die wachsende<br />
Lücke zwischen Geburten und Sterbefällen auszufüllen. Es ist anzunehmen, dass<br />
2002 ein historisches Bevölkerungsmaximum erreicht wurde.<br />
• Alterung: Der Anteil der älteren und hochbetagten Menschen an der Gesamtbevölkerung<br />
nimmt kontinuierlich zu und wird erst nach 2050 seinen Höhepunkt erreichen.<br />
Der Anteil der Kinder nimmt sukzessive ab.<br />
• Internationalisierung: Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund steigt<br />
aufgrund der wachsenden Bedeutung der Zuwanderung für die Bevölkerungsentwicklung.<br />
• Veränderte Haushaltsstrukturen: Der bis in die 1970er Jahre hinein klassische<br />
Familienhaushalt mit vier bis fünf Personen verliert immer mehr an Bedeutung,<br />
während die 1- und 2-Personen-Haushalte sowohl prozentual wie auch absolut<br />
zunehmen.<br />
Diese übergeordneten Tendenzen schlagen sich auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> nieder. Je<br />
kleinräumiger der betrachtete Raum ist, desto stärker wirken sich jedoch zusätzlich spezielle<br />
Sonderentwicklungen wie beispielsweise Baulandausweisungen, Unternehmensansiedlungen<br />
bzw. -aufgaben usw. aus. Durch das Fortschreiben bisheriger Trends können<br />
diese Entwicklungen im kommunalen Maßstab daher nur sehr bedingt erfasst und<br />
vorhergesehen werden. Diese Fallstudie hat das Ziel, die Entscheidungsträger der Gemeinde<br />
dabei zu unterstützen, entsprechende Trends in wesentlichen Feldern kommunalen<br />
Handelns frühzeitig zu erkennen und die bisherigen Entwicklungsstrategien kritisch<br />
auf ihre Zukunftsfähigkeit zu überprüfen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 6
3 Die Gemeinde Ganderkesee im Überblick<br />
Die Gemeinde Ganderkesee hat rund 31.000 Einwohner und liegt im Osten des <strong>Landkreis</strong>es<br />
<strong>Oldenburg</strong>. Sie erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 138 km² und hat infolgedessen<br />
eine Siedlungsdichte von etwa 224 Einwohnern je km². Ganderkesee ist somit im<br />
Vergleich zu den übrigen Mitgliedsgemeinden des <strong>Landkreis</strong>es noch vor Wildeshausen<br />
die am dichtesten besiedelte Kommune.<br />
Naturräumlich befindet sich Ganderkesee am Rande des Naturparks Wildeshauser<br />
Geest. Der nördlichste Teil der Gemeinde liegt im Urstromtal der Weser und ist flache<br />
Marsch. Im Süden schließt sich das sandige, etwas höher gelegene und leicht hügelige<br />
Gelände der Geest an.<br />
Die Bevölkerung der Gemeinde konzentriert sich zum einen auf den Ort Ganderkesee<br />
selbst, zum anderen auf die Ortsteile Bookholzberg, Rethorn und Schierbrok, die entlang<br />
der Bahnlinie <strong>Oldenburg</strong> - Bremen liegen. Die Ortsteile Heide und Elmeloh bilden mit den<br />
jeweils benachbarten Stadtteilen der Stadt Delmenhorst ein Siedlungsgebiet und sind<br />
daher ebenfalls dicht bevölkert. Die übrigen Teilräume der Gemeinde sind eher dünn<br />
besiedelt und stärker landwirtschaftlich geprägt. Weitere zur Gemeinde gehörende<br />
Ortsteile sind: Almsloh, Bergedorf, Bookhorn, Bürstel, Falkenburg, Grüppenbühren,<br />
Habbrügge, Havekost, Hengsterholz, Hohenböken, Holzkamp, Hoyerswege, Hoykenkamp,<br />
Immer, Neuenlande, Schlutter, Schönemoor, Steinkimmen und Stenum (vgl. Abb.<br />
4).<br />
Aufgrund der unmittelbaren Nähe zur Stadt Delmenhorst ist Ganderkesee in den vergangenen<br />
Jahrzehnten in erheblichem Maße durch typische Suburbanisierungsprozesse<br />
beeinflusst worden. Vor allem in den 1990er Jahren hat die Gemeinde hohe Wanderungsgewinne<br />
aus dem Mittelzentrum erfahren, so dass das heutige Gemeindegebiet in<br />
seiner Siedlungsstruktur z.T. stark beeinflusst wurde.<br />
Neben den Regionalbussen ist die Gemeinde über den Bahnhof im Ortskern von Ganderkesee<br />
durch regelmäßig verkehrende Züge der Nordwestbahn an die Stadt Delmenhorst<br />
(und Bremen) sowie an das Oberzentrum Osnabrück (über Vechta und Bramsche)<br />
angebunden. In den Ortsteilen Bookholzberg, Schierbrok und Hoykenkamp befinden sich<br />
zudem gleichnamige Haltepunkte auf der Regionalbahn-Strecke Bremen – <strong>Oldenburg</strong>.<br />
Mit zwei eigenen Anschlussstellen (Ganderkesee West und Ganderkesee Ost) ist die<br />
Gemeinde darüber hinaus direkt an die Bundesautobahn 28 angebunden. In Bookholzberg<br />
beginnt die Bundesstraße 212 nach Nordenham, die Bundesstraße 213 führt südlich<br />
durch die Gemeinde. Des Weiteren verfügt Ganderkesee über einen Flugplatz (Ganderkesee<br />
Atlas Airfield).<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 7
Ortsteile unter 500 Einwohner<br />
15,0%<br />
Habbrügge (einschl.<br />
Falkenburg)<br />
2,8%<br />
Hoykenkamp<br />
3,6%<br />
Bookhorn<br />
3,6%<br />
Stenum<br />
3,6%<br />
Rethorn<br />
4,2%<br />
Elmeloh I+II<br />
5,0%<br />
Schierbrok<br />
5,2%<br />
Heide I+II<br />
11,5%<br />
Ganderkesee I+II<br />
29,5%<br />
Bookholzberg I+II<br />
15,9%<br />
Abb. 4: Einwohner der Gemeinde Ganderkesee nach Ortsteilen 2007 2<br />
(Quelle: Eigene Darstellung nach Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
4 Ausgangslage<br />
4.1 Einwohnerentwicklung<br />
Die erste dynamische Wachstumsphase Ganderkesees verlief von Anfang der<br />
1970er Jahre bis Mitte der 1980er Jahre. Eine zweite Wachstumsphase begann<br />
dann Ende der 1980er Jahre und endete kurz nach der Jahrtausendwende. Ausschlaggebend<br />
waren in beiden Wachstumsphasen Wanderungsgewinne, die das<br />
Geburtendefizit mehr als ausgleichen konnten.<br />
In den vergangenen Jahren ist das Zuzugsplus jedoch stetig zurückgegangen, mit<br />
der Folge, dass die Einwohnerzahl seit etwa drei Jahren stagniert bzw. jüngst zurückgegangen<br />
ist.<br />
Die Gemeinde Ganderkesee kann im Grunde als klassische „Suburbanisierungsgemeinde“<br />
bezeichnet werden – sie ist aber im Vergleich zu anderen Umlandgemeinden des<br />
<strong>Landkreis</strong>es überdurchschnittlich dicht besiedelt. Zuzüge von Familien verzeichnete die<br />
Gemeinde in besonders großem Umfang aus der Stadt Delmenhorst, aber auch aus dem<br />
Oberzentrum Bremen. Insgesamt lassen sich drei Phasen der Bevölkerungsentwicklung<br />
erkennen:<br />
• Der starke Bevölkerungsanstieg in den 1970er Jahren resultierte nahezu ausschließlich<br />
aus enorm hohen Wanderungsgewinnen.<br />
• Mitte der 1980er Jahre stagnierte die Bevölkerungszahl jedoch für kurze Zeit weitestgehend<br />
aufgrund eines negativen Saldos der natürlichen Bevölkerungsentwicklung<br />
und vergleichsweise sehr niedrigen Wanderungsgewinnen.<br />
• Die dynamische Wachstumsphase der 1990er Jahre führte anschließend dazu,<br />
dass die Gemeinde Ganderkesee ihre Bevölkerungszahl seit 1968 um ca. 51% erhöhen<br />
konnte. Erneut spielen Zuzüge eine bedeutende Rolle.<br />
2 Zur besseren Übersicht wurden die Ortsteile mit weniger als 500 Einwohnern zusammengefasst. Es handelt<br />
sich hierbei um: Almsloh, Bergedorf, Bürstel, Grüppenbühren I+II, Havekost, Hengsterholz, Hohenböken, Holzkamp,<br />
Hoyerswege, Immer, Neuenlande, Schlutter, Schönemoor und Steinkimmen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 8
Kurz nach der Jahrtausendwende hat aber nach knapp 20 Jahren eine Stagnationsphase<br />
eingesetzt. Die höchste Bevölkerungszahl wurde am Jahresende 2003 (30.971 Personen)<br />
erreicht.<br />
35.000<br />
33.000<br />
31.000<br />
29.000<br />
27.000<br />
25.000<br />
23.000<br />
21.000<br />
19.000<br />
17.000<br />
15.000<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
Abb. 5 Einwohnerentwicklung der Gemeinde Ganderkesee seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Die zwei Phasen mit ausgeprägtem Bevölkerungswachstum waren nahezu ausschließlich<br />
durch erzielte z.T erhebliche Wanderungsgewinne möglich, denn Ganderkesee hat in<br />
den vergangenen 34 Jahren fast kontinuierlich ein Geburtendefizit zu verzeichnen gehabt,<br />
d.h. die Geburtenzahlen lagen unter den Sterbefällen (Ausnahmen: 1993,1999 und<br />
2000) (vgl. Abb. 6).<br />
Seit der Jahrtausendwende hat sich das Geburten-/Sterbefälle-Verhältnis zunehmend<br />
verschlechtert. Vor allem im Vergleich zu den 1990er Jahren, in denen die natürliche<br />
Bevölkerungsentwicklung im Beobachtungszeitraum am positivsten verlaufen ist, wird der<br />
negative Entwicklungstrend deutlich: Die Zahl der jährlichen Geburten lag in den 1990er<br />
Jahren kontinuierlich etwa um 300. Seit dem Jahr 2000 sinkt die Anzahl der Geborenen<br />
jedoch fast fortlaufend - aktuell sind es nur noch 229. Aufgrund der zugleich steigenden<br />
Zahl der Sterbefälle liegt der Saldo der natürlichen Bevölkerungsentwicklung zur Zeit bei<br />
-144 Personen, was der niedrigste Wert im gesamten Beobachtungszeitraum ist.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 9<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
-150<br />
Geborene Gestorbene Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 6: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Ganderkesee<br />
seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen<br />
Landesamts für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Spitzenwerte der Zuzüge wurden vor allem in den 1970er Jahren erreicht; zwischen 1971<br />
und 1979 lag der Wanderungssaldo daher kontinuierlich über 300 Personen. Zuzugszahlen<br />
von über 2000 Personen - wie sie in diesem Zeitraum auftraten - wurden jedoch bisher<br />
nicht wieder erreicht. Vielmehr haben sich die ausgeprägten Wanderungsgewinne,<br />
wie sie zuletzt auch in den 1990er Jahren auftraten, in den vergangenen Jahren in erster<br />
Linie bedingt durch abnehmende Zuzüge zunehmend abgeschwächt (vgl. Abb. 7). Ausgehend<br />
vom Höhepunkt im Jahr 1997 (1.943 Zuzüge) sind sie sukzessive auf zuletzt<br />
1.382 Zuzüge zurückgegangen. Das Wanderungsplus (bis 2003 noch meist um 300 Personen<br />
pro Jahr) wurde im Jahr 2006 bereits zu einem Wanderungsverlust von -30 Personen!<br />
2300<br />
1800<br />
1300<br />
800<br />
300<br />
-200<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 10<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 7: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Ganderkesee seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen<br />
Landesamts für Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)
Die Ortsteile Ganderkesees haben sich in den vergangenen Jahren unterschiedlich<br />
entwickelt. Schierbrok, Heide und Ganderkesee sind besonders stark gewachsen.<br />
Vor allem seit der Jahrtausendwende sind jedoch in nahezu allen Ortsteilen nur<br />
leicht positive bis teilweise sogar negative Entwicklungen der Einwohnerzahlen zu<br />
beobachten.<br />
Wird die Betrachtungsebene von der Gemeinde insgesamt auf die Ortsteile Ganderkesees<br />
gelenkt (vgl. Abb. 8 und 9), so fällt auf, dass sich die Entwicklungen sehr unterschiedlich<br />
vollzogen haben. Die höchste Anzahl von Einwohnern wurde jedoch in nahezu<br />
allen Ortsteilen voraussichtlich bereits erreicht. Dabei sind Schierbrok (+34 %) und Heide<br />
(+33%) seit 1990 am stärksten gewachsen. Die Ortsteile Ganderkesee (+22 %), Bookholzberg<br />
(+16 %), Habbrügge (+16%) und Hoykenkamp (+15%) haben sich im gleichen<br />
Zeitraum ähnlich positiv entwickelt. Weniger ausgeprägte Einwohnerzuwächse verzeichneten<br />
die Ortsteile Rethorn (+11%), Stenum (+9%), Bookhorn (+7%) und Elmeloh (+5%)<br />
sowie die Ortsteile unter 500 Einwohner (+11%). Ein Rückgang der Bevölkerung im Vergleich<br />
zu 1990 ist in keinem Ortsteil zu erkennen.<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Ganderkesee I+II Habbrügge (einschl. Falkenburg) Bookhorn<br />
Bookholzberg I+II Rethorn Stenum<br />
Schierbrok Elmeloh I+II Hoykenkamp<br />
Heide I+II Ortsteile unter 500 Einwohner<br />
Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung 3 in den Ortsteilen der Gemeinde Ganderkesee<br />
Index: 1990 = 100<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
Besonders von Interesse ist zudem die Entwicklung der Einwohnerzahlen in der jüngsten<br />
Vergangenheit, da so aktuelle Trends erkennbar werden (vgl. Abb. 9). Zwischen 2001<br />
und 2007 haben die meisten Ortsteile bereits Einwohner verloren. Besonders Elmeloh<br />
(-6%), Schierbrok (-4%) und Stenum (-3%) sind von Bevölkerungsrückgängen betroffen -<br />
wobei die Entwicklung in Schierbrok kontinuierlich negativ verlaufen ist. Heide (+10%),<br />
Bookholzberg (+5%) sowie Bookhorn (+4%) konnten hingegen im gleichen Zeitraum<br />
noch Einwohner hinzugewinnen; in Heide nimmt die Zahl der Bewohner jedoch seit einem<br />
Jahr ebenfalls bereits ab.<br />
3 Anzumerken ist an dieser Stelle, dass seit dem Jahr 2001 Personen sowohl mit 1. als auch mit 2. Wohnsitz in<br />
Ganderkesee bei der Erhebung der Einwohnerzahlen berücksichtigt werden. Bis 2001 waren es ausschließlich<br />
Personen mit 1. Wohnsitz in der Gemeinde.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 11
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Ganderkesee I+II Habbrügge (einschl. Falkenburg) Bookhorn<br />
Bookholzberg I+II Rethorn Stenum<br />
Schierbrok Elmeloh I+II Hoykenkamp<br />
Heide I+II Ortsteile unter 500 Einwohner<br />
Abb. 9: Bevölkerungsentwicklung in den Ortsteilen der Gemeinde Ganderkesee<br />
Index: 2001 = 100<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Ganderkesee und ihrer Ortsteile<br />
Seit 1990 hat sich die Altersstruktur der Gemeinde Ganderkesee deutlich verändert:<br />
vor allem die Bevölkerungsgruppen der älteren Menschen und Senioren über<br />
60 Jahre sowie die 40- bis 49-Jährigen sind deutlich gewachsen. Stark zurückgegangen<br />
gegenüber 1990 ist hingegen die Gruppe der jungen Erwachsenen zwischen<br />
20 und 29 Jahren.<br />
Der altersstrukturelle Aufbau der Bevölkerung und die zu erwartenden Entwicklungen der<br />
Altersstruktur stellen wesentliche Einflussgrößen im Hinblick auf die Betroffenheit einer<br />
Kommune vom demografischen Wandel dar. Daher sollen hier die Altersstrukturen der<br />
Gemeinde Ganderkesee und ihrer Ortsteile näher betrachtet werden. Um den Einfluss<br />
der Wanderungsverflechtungen der vergangenen Jahre zu beleuchten, werden neben<br />
den aktuellen Strukturen auch die Veränderungen seit 1990 dargestellt.<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-3000 -2500 -2000 -1500 -1000 -500 0 500 1000 1500 2000 2500 3000<br />
-2500 -2000 -1500 -1000 -500 0 500 1000 1500 2000 2500<br />
Abb. 10: Altersstruktur der Gemeinde Ganderkesee 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 12<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre
Der Altersaufbau der Gemeinde Ganderkesee weist die aktuell deutschlandweit auftretenden<br />
charakteristischen Strukturen auf: Besonders stark ist die ‚40er-Altersgruppe’ (40<br />
- 49 Jahre) vertreten, die mehr als doppelt so stark besetzt ist, wie die Bevölkerungsgruppe<br />
der Frauen und Männer zwischen 20 und 29 Jahren. Noch 1990 waren die jungen<br />
Erwachsenen sogar etwas stärker vertreten. Verglichen mit den Strukturen von 1990 fällt<br />
zudem der immense Zuwachs an älteren Menschen und Senioren ab 60 Jahren auf – mit<br />
4.204 Personen sind 2006 fast doppelt so viele Menschen dieser Altersstufe in Ganderkesee<br />
vertreten wie noch 1990. Auch die Altersgruppe der über 70-Jährigen ist im betrachteten<br />
Zeitraum um mehr als 60% gewachsen.<br />
Die beschriebenen Strukturen liegen teilweise in den übergeordneten demografischen<br />
Mustern begründet, denn deutschlandweit sind die vor dem ‚Pillenknick’ geborenen ‚Babyboomer’<br />
der 1960er-Altersjahrgänge heute besonders stark vertreten. Hinzu kommt,<br />
dass diese Menschen in ihrer Familiengründungsphase (in einem Alter von etwa 25 bis<br />
35 Jahren) den letzten starken Suburbanisierungsschub in den Stadtregionen getragen<br />
haben, demnach also überall im Umland überdurchschnittlich stark vertreten sind.<br />
Eine ähnliche Struktur zeigen die Alterspyramiden der ausgewählten Ortsteile 4<br />
bezüglich der Menschen mittleren Alters (40-49-Jahre): sie sind überall sehr stark<br />
vertreten. Aber auch die Jugendlichen zwischen 10 und 19 Jahren sind in allen<br />
Ortsteilen den Kindern zahlenmäßig überlegen.<br />
Der beschriebene charakteristisch hohe Besatz an der Bevölkerungsgruppe der 40- bis<br />
49-Jährigen, kombiniert mit recht vielen Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 19<br />
Jahren ist speziell in den Ortsteilen vorzufinden, die in den 1990er Jahren (z.B. Ganderkesee<br />
und Schierbrok) sowie z.T. bis heute (Heide und Bookholzberg) hohe Zuzüge verzeichneten.<br />
In den Ortsteilen, die in jüngster Vergangenheit noch gewachsen sind, ist<br />
auch der Anteil der Kinder an der Gesamtbevölkerung vergleichsweise etwas höher. In<br />
anderen Ortsteilen (z.B. Hoykenkamp, Rethorn und Stenum) ist der Anteil an Kindern und<br />
Jugendlichen, der bereits in den 1990er Jahren sehr gering war, weiter zurückgegangen,<br />
so dass die Alterspyramiden heute quasi auf den Kopf gestellt sind. Hier ist der Anteil der<br />
ab 60-Jährigen an der jeweiligen Gesamtbevölkerung in den letzten Jahren stark angestiegen<br />
bzw. im Jahr 2006 überdurchschnittlich hoch (vgl. Abb. 19). Sprunghafte und<br />
extrem hohe Zunahmen von Bewohnern ab dem „Senioren-Alter“ zeigen aber auch in<br />
besonderer Weise die Ortsteile mit vielen Zuzügen von Familien in den 1970er Jahren<br />
und 1990er Jahren (Bookholzberg, Bookhorn und Ganderkesee).<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-900 -800 -700 -600 -500 -400 -300 -200 -100 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900<br />
-700 -600 -500 -400 -300 -200 -100 0 100 200 300 400 500 600 700<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 13<br />
70 und mehr<br />
Abb. 11: Altersstruktur der Ortsteile Ganderkesee I+II 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
4<br />
Eine Darstellung der Altersstruktur in Form von Alterspyramiden ist erst für Ortsteile ab etwa 1.000 Einwohnern<br />
grafisch sinnvoll.<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100<br />
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 14<br />
70 und mehr<br />
Abb. 12: Altersstruktur des Ortsteils Bookhorn 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-450 -400 -350 -300 -250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-400 -350 -300 -250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300 350 400<br />
Abb. 13: Altersstruktur der Ortsteile Bookholzberg I+II 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-150 -125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125 150<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-150 -125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125 150<br />
Abb. 14: Altersstruktur des Ortsteils Rethorn 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-150 -125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125 150<br />
Abb. 15: Altersstruktur des Ortsteils Stenum 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-160 -140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120 140 160<br />
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 15<br />
70 und mehr<br />
Abb. 16: Altersstruktur des Ortsteils Schierbrok 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100<br />
Abb. 17: Altersstruktur des Ortsteils Hoykenkamp 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-350 -300 -250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300 350<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250<br />
Abb. 18: Altersstruktur der Ortsteile Heide I+II 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
10,3%<br />
HeideI+II 1990 2006<br />
10,1%<br />
Hoykenkamp<br />
Schierbrok<br />
Stenum<br />
Rethorn<br />
Bookholzberg I+II<br />
Bookhorn<br />
GanderkeseeI+II<br />
6,7%<br />
7,8%<br />
9,6%<br />
8,6%<br />
9,5%<br />
8,7%<br />
9,4%<br />
8,9%<br />
10,4%<br />
9,8%<br />
10,0%<br />
0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16% 18%<br />
11,1%<br />
11,0%<br />
15,8%
HeideI+II<br />
Hoykenkamp<br />
Schierbrok<br />
Stenum<br />
Rethorn<br />
Bookholzberg I+II<br />
Bookhorn<br />
GanderkeseeI+II<br />
Heide I+II<br />
Hoykenkamp<br />
Schierbrok<br />
Stenum<br />
Rethorn<br />
Bookholzberg I+II<br />
Bookhorn<br />
Ganderkesee I+II<br />
8,2%<br />
8,6%<br />
8,3%<br />
8,7%<br />
8,7%<br />
9,7%<br />
0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16% 18% 20%<br />
12,9%<br />
13,9%<br />
14,0%<br />
15,0%<br />
14,4%<br />
10,3%<br />
11,0%<br />
17,4%<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />
17,7%<br />
19,4%<br />
12,9%<br />
21,6%<br />
22,1%<br />
15,1%<br />
24,2%<br />
24,1%<br />
16,1%<br />
16,0%<br />
15,6%<br />
24,6%<br />
16,2%<br />
16,7%<br />
26,6%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 16<br />
17,3%<br />
29,2%<br />
2006<br />
1990<br />
29,9%<br />
1990 2006<br />
Abb. 19: Anteil der 0-9-Jährigen, 20-29-Jährigen und über 60-Jährigen in den ausgewählten<br />
Ortsteilen der Gemeinde Ganderkesee 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
Die herausragende Bedeutung des Wanderungsgeschehens für die Bevölkerungsentwicklung<br />
Ganderkesees ist bereits mehrfach angesprochen worden. Im Folgenden sollen<br />
die Strukturen und Entwicklungen der Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit ausgewählten Kommunen weitergehend untersucht werden. Dabei werden<br />
eigene Auswertungen der Meldeamtsdaten der Gemeinde herangezogen.<br />
Der überwiegende Teil der Wanderungsgewinne Ganderkesees ist auf Suburbanisierungstendenzen<br />
der Stadt Delmenhorst zurückzuführen: Mit dem Mittelzentrum<br />
verzeichnet die Gemeinde alleine im Zeitraum von 1989 bis 2006 ein Plus von über<br />
4000 Personen.<br />
Die Rangliste der Zu- und Fortzüge im Zeitraum zwischen 1989 und 2006 zeigt sehr<br />
deutlich auf, dass Wanderungsverflechtungen in erster Linie mit dem Mittelzentrum Delmenhorst<br />
bestehen. Das Wanderungsplus von 3968 Personen zwischen 1989 und 2006<br />
kommt dabei fast ausschließlich mit Delmenhorst zustande (+4446 Personen). Einen<br />
weiteren positiven Wanderungssaldo (+857 Personen) verzeichnete Ganderkesee im<br />
Beobachtungszeitraum nur noch mit dem Oberzentrum Bremen. An alle übrigen Kommunen<br />
hat die Gemeinde hingegen Einwohner verloren, so dass sie ohne die Zuzüge aus<br />
Delmenhorst im betrachteten Zeitraum fast 500 Einwohner verloren hätte.
Die Wanderungsverflechtungen Ganderkesees bilden insgesamt auf der einen Seite ein<br />
sehr deutliches Suburbanisierungsmuster ab: Mit dem Mittelzentrum Delmenhorst und<br />
dem Oberzentren Bremen hat die Gemeinde Wanderungsgewinne erzielt, gleichzeitig<br />
aber negative Wanderungsbilanzen mit der benachbarten und eher ländlich geprägten<br />
Gemeinde Dötlingen sowie der Samtgemeinde Harpstedt verzeichnet. Auf der anderen<br />
Seite hat Ganderkesee jedoch auch zahlreiche Einwohner an die Kreisstadt Wildeshausen<br />
und das Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> sowie die Umlandgemeinden <strong>Oldenburg</strong>s Hatten<br />
und Hude verloren.<br />
14.000<br />
12.000<br />
10.000<br />
8.000<br />
6.000<br />
4.000<br />
2.000<br />
0<br />
-2.000<br />
Delmenhorst<br />
4446<br />
Bremen<br />
857<br />
Hude (Oldb)<br />
-645<br />
Dötlingen<br />
-254 -161 -91 -69 -58 -57<br />
Wildeshausen<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 17<br />
Hatten<br />
SG Harpstedt<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
<strong>Oldenburg</strong> (Oldb)<br />
Großenkneten<br />
Abb. 20: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
Dass sich die beschriebenen Verflechtungsmuster in den vergangenen Jahren nicht stabil<br />
und gleichmäßig entwickelt haben und sich daher nicht ohne weiteres in die Zukunft<br />
fortschreiben lassen, wird deutlich, wenn die Zu- und Fortzüge im Zeitverlauf betrachtet<br />
werden.<br />
Delmenhorst<br />
Das Wanderungsplus mit dem wichtigsten Zuzugsort Delmenhorst war in den<br />
1990er Jahre besonders ausgeprägt. Seitdem gehen die Zuzüge deutlich zurück.<br />
Bei den Wanderungsbeziehungen mit dem wichtigsten Zuzugsort Delmenhorst fällt auf,<br />
dass die Fortzüge in das Mittelzentrum seit den 1990er Jahren ein relativ konstantes<br />
Niveau von etwa 1500 Personen jährlich aufweisen. Die Zuzüge haben dagegen ihre<br />
bisher höchsten Werte im Zeitraum von 1998 bis 2000 erreicht (2546 Zuzüge � Wanderungsplus:<br />
999 Personen); bis zum Zeitraum 2004-2006 sind die Zuzüge dann kontinuierlich<br />
zurückgegangen, so dass das Wanderungsplus in dieser Zeitspanne nur noch bei<br />
+326 Personen lag, was einen Rückgang von fast 70% bedeutet.
3.000<br />
2.500<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 21: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee mit<br />
Delmenhorst 1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee, eigene Berechnungen)<br />
Bremen<br />
Die Fortzüge nach Bremen nehmen kontinuierlich zu. Gleichzeitig sinken die Zuzüge<br />
aus dem Oberzentrum, so dass die Wanderungsgewinne zunehmend schrumpfen.<br />
Die höchsten Zuzugszahlen verzeichnete Ganderkesee mit Bremen im Zeitraum von<br />
1998-2000. Auch wenn der Rückgang der Zuzüge mit etwa 20% nicht ganz so drastisch<br />
ausfällt wie bei der Wanderungsverflechtung mit Delmenhorst, so haben sich die Fortzüge<br />
für die Gemeinde Ganderkesee vergleichsweise negativ entwickelt. Ihre Zahl hat sich<br />
zwischen 1989 und 2006 mehr als verdoppelt, so dass der Wanderungssaldo in diesem<br />
Zeitraum um über 70% geschrumpft ist.<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 22: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit Bremen 1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee, eigene Berechnungen)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 18
Hude und Dötlingen<br />
An die Gemeinden Hude und Dötlingen hat Ganderkesee kontinuierlich Einwohner<br />
verloren. Nach einem Hoch zwischen 1995 und 2000 gingen die Fortzüge zunächst<br />
zurück – steigen jedoch aktuell bereits wieder an.<br />
Ende der 1980er und Anfang der 1990er war das Wanderungsverhältnis zwischen Ganderkesee<br />
und Hude weitestgehend ausgeglichen (vgl. Abb. 23). Seitdem hat sich die Zahl<br />
der Zuzüge nur geringfügig verändert. Die Fortzüge sind hingegen besonders in den<br />
1990ern deutlich angestiegen und zeigen auch aktuell eine steigende Tendenz, so dass<br />
sich der negative Saldo weiterhin bei etwa -140 Personen befindet.<br />
Ein ähnliches Bild zeigt die Wanderungsverflechtung Ganderkesees mit Dötlingen (vgl.<br />
Abb. 24). Die Vorgänge laufen jedoch auf einem zahlenmäßig deutlich niedrigeren Niveau<br />
ab.<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
-100<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
-200<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 23: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit Hude 1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee, eigene Berechnungen)<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 24: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit Dötlingen 1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee, eigene Berechnungen)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 19
Wildeshausen<br />
Der Verlust von Einwohnern an die Kreisstadt Wildeshausen hat seit Ende der<br />
1980er Jahre bis etwa zur Jahrtausendwende deutlich zugenommen. Aktuell leicht<br />
zurückgehende Fortzüge bei gleichzeitig ansteigenden Zuzügen schmälern jedoch<br />
den Wanderungsverlust etwas.<br />
Zwischen 1989 und 2000 hat sich die Zahl der Fortzüge in die Kreisstadt verfünffacht und<br />
erreichte ihr Hoch mit -104 Personen zwischen 1998 und 2000. Seitdem sinkt die Zahl<br />
jedoch wieder. Die Zuzüge hingegen befinden sich kontinuierlich auf einem Niveau von<br />
etwa +50 Personen. Somit geht auch der Wanderungsverlust leicht zurück. Die zukünftige<br />
Tendenz hängt voraussichtlich im Wesentlichen von der Entwicklung der Fortzüge in<br />
die Kreisstadt ab, da sie sich im Beobachtungszeitraum am variabelsten gezeigt haben.<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
-60<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
-80<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 25: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit Wildeshausen 1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee, eigene Berechnungen)<br />
Alle anderen Wanderungsverflechtungen spielen sich auf einem wesentlich niedrigeren<br />
Niveau ab und werden daher an dieser Stelle nicht dargestellt.<br />
Weitergehende Hinweise auf Wanderungstendenzen, -motive und -perspektiven liefern<br />
die altersbezogenen Auswertungen der vorliegenden Daten. Hierzu werden die altersspezifischen<br />
Wanderungsbeziehungen der fünf wichtigsten Wanderungsverflechtungen<br />
spezifiziert nach Altersgruppen in zwei 3-Jahres-Zeiträumen beispielhaft betrachtet: mit<br />
Delmenhorst (Mittelzentrum), Bremen (Oberzentrum), der Gemeinde Hude (direkte Umlandgemeinde<br />
des Oberzentrums <strong>Oldenburg</strong>), der Gemeinde Dötlingen (Umlandgemeinde<br />
im „zweiten Ring“ des Oberzentrums <strong>Oldenburg</strong>) und Wildeshausen (Kreisstadt und<br />
Mittelzentrum). Der erste betrachtete Zeitraum 1998 – 2000 lag in der letzten dynamischen<br />
Wachstumsphase der Gemeinde; im zweiten Zeitraum (2004 bis 2006) setzte bereits<br />
eine Stagnation der Bevölkerungsentwicklung sowie am Ende ein leichter Rückgang<br />
der Einwohnerzahl ein. Die aktivsten Bevölkerungsgruppen, die das Wanderungsgeschehen<br />
in der Gemeinde Ganderkesee am stärksten prägen, sind die Familien und die<br />
jungen Erwachsenen, die meist aufgrund von Ausbildungsplatzsuche oder Studium umziehen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 20
Delmenhorst<br />
Die Zuzüge von Delmenhorster Familien in die Gemeinde Ganderkesee sind deutlich<br />
zurückgegangen und haben somit das Wanderungsplus dieser Bevölkerungsgruppe<br />
stark verkleinert. Junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren ziehen in der<br />
jüngsten Vergangenheit sogar vermehrt in das Mittelzentrum, so dass Ganderkesee<br />
in dieser Altersgruppe eine negative Wanderungsbilanz mit Delmenhorst aufweist.<br />
Die Struktur der altersspezifischen Wanderungsverflechtungen mit der Stadt Delmenhorst<br />
hat sich beim Vergleich der beiden Zeiträume deutlich verändert: Während Ganderkesee<br />
zwischen 1998 und 2000 noch enorme Wanderungsgewinne in allen Altersgruppen erzielen<br />
konnte, sind diese im zweiten Zeitraum stark zusammengeschmolzen. In der Altersklasse<br />
18-29 Jahre verlor Ganderkesee zuletzt sogar Einwohner an das Mittelzentrum:<br />
der Wanderungsgewinn junger Menschen lag 1998-2000 noch bei +55 Personen, im<br />
Zeitraum 2004-2006 kehrte sich das Plus in einen Verlust von -27 Personen um. Auffällig<br />
sind auch die Einbußen bei den Zuzügen von Familien (Altersklassen 0-17 Jahre und 30-<br />
49 Jahre): das Wanderungsplus ging um etwa 65% zurück und sank von +690 Personen<br />
(1998-2000) auf +241Personen (2004-2006). Ausgelöst wurden diese tief greifenden<br />
Verschiebungen in erster Line durch deutlich rückläufige Zuzüge, während die Fortzüge<br />
nur leicht zurückgingen.<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
21<br />
13<br />
95<br />
148<br />
86<br />
116<br />
62<br />
142<br />
104<br />
112<br />
88<br />
127<br />
251<br />
289<br />
341<br />
484<br />
492<br />
465<br />
520<br />
545<br />
575<br />
0 200 400 600 800 1000 1200<br />
635<br />
630<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 21<br />
954<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 26: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit der Stadt Delmenhorst nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
Bremen<br />
Auch die Zuzüge von Bremer Familien haben deutlich abgenommen und das Wanderungsplus<br />
in den entsprechenden Altersgruppen geschmälert. Gleichzeitig ziehen<br />
immer mehr junge Erwachsene in das Oberzentrum.<br />
Das Wanderungsplus der Gemeinde durch den Zuzug von Familien aus Bremen hat sich<br />
zwischen den beiden Zeiträumen halbiert. Dies liegt zum einen an den sinkenden Zuzügen,<br />
aber auch an den steigenden Fortzügen in das Oberzentrum in den entsprechenden<br />
Altersgruppen. Auch in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen (18-29 Jahre) haben
die Zuzüge deutlich abgenommen, so dass sich der Wanderungssaldo bei etwa gleich<br />
bleibenden Fortzügen negativ entwickelt hat.<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
4<br />
6<br />
16<br />
22<br />
21<br />
20<br />
25<br />
28<br />
30<br />
35<br />
35<br />
40<br />
45<br />
51<br />
69<br />
81<br />
99<br />
122<br />
126<br />
144<br />
135<br />
0 50 100 150 200 250<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 22<br />
148<br />
165<br />
195<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 27: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit der Stadt Bremen nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
Hude<br />
Die rückläufigen Fortzüge von jungen Erwachsenen in die Gemeinde Hude konnten<br />
den negativen Wanderungssaldo in der Altersklasse der 18-29-Jährigen leicht abschwächen.<br />
Das Wanderungsdefizit bezüglich der Familien hat sich hingegen weiter<br />
verstärkt.<br />
Die Anzahl der Fortzüge von Familien aus Ganderkesee nach Hude hat sich zwischen<br />
den beiden Zeiträumen kaum verändert. Die Zuzüge in den entsprechenden Altersgruppen<br />
haben jedoch abgenommen, so dass weiterhin ein Wanderungsverlust von Familien<br />
an die Gemeinde Hude besteht, der sich zunehmend verstärkt. Auch die Zuzüge von<br />
jungen Erwachsenen aus Hude sind deutlich zurückgegangen und der Wanderungsverlust<br />
wurde auch in dieser Altersklasse verstärkt. Positiv für Ganderkesee haben sich hingegen<br />
die Fortzüge der älteren Menschen (60-79 Jahre) in die <strong>Oldenburg</strong>er Umlandgemeinde<br />
entwickelt: sie sind von -23 auf -3 Personen zurückgegangen.
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
1<br />
3<br />
3<br />
3<br />
5<br />
7<br />
9<br />
6<br />
9<br />
11<br />
14<br />
16<br />
21<br />
23<br />
31<br />
39<br />
55<br />
56<br />
58<br />
0 20 40 60 80 100 120<br />
61<br />
64<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 23<br />
98<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 28: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit der Gemeinde Hude nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
Dötlingen<br />
Der Wanderungsverlust von Familien an die Gemeinde Dötlingen konnte in jüngster<br />
Vergangenheit eingedämmt werden.<br />
Bei der Betrachtung der Wanderungsverflechtungen mit der Gemeinde Dötlingen in den<br />
beiden Zeiträumen fällt besonders der Rückgang der Fortzüge von Familien auf: der<br />
Wanderungsverlust der entsprechenden Altersgruppen ging von -65 auf -16 Personen<br />
zurück. Zum anderen sind auch die Fortzüge junger Erwachsener nach Dötlingen zurückgegangen,<br />
was sich dementsprechend auf den Wanderungssaldo in dieser Altersklasse<br />
positiv ausgewirkt hat. Es fällt zudem auf, dass sich die Wanderungsaktivität zwischen<br />
den beiden Gemeinden insgesamt verringert hat.<br />
1<br />
80-100<br />
0<br />
0<br />
2<br />
1<br />
60-79<br />
2<br />
0<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
1<br />
3<br />
4<br />
5<br />
6<br />
6<br />
9<br />
10<br />
10<br />
11<br />
11<br />
16<br />
20<br />
22<br />
23<br />
28<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
107<br />
108<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 29: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit der Gemeinde Dötlingen nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
63
Wildeshausen<br />
Die Wanderungsverflechtung mit der Stadt Wildeshausen hat sich bezüglich der altersspezifischen<br />
Wanderungen kaum verändert. Der größte Unterschied zwischen den beiden<br />
Zeiträumen besteht in der Abnahme der Fortzüge junger Erwachsener in die Kreisstadt.<br />
Der Wanderungsverlust von Familien verbleibt hingegen auf ähnlichem Niveau.<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
1<br />
1<br />
2<br />
2<br />
1<br />
5<br />
6<br />
7<br />
8<br />
9<br />
9<br />
10<br />
10<br />
14<br />
14<br />
15<br />
19<br />
20<br />
19<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 24<br />
23<br />
23<br />
26<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 30: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Ganderkesee<br />
mit der Stadt Wildeshausen nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
Insgesamt 5 ist der Wanderungssaldo bezüglich der Familienaltersgruppen um etwa<br />
75% geschrumpft – und lag zuletzt nur noch bei etwa +150 Personen. Der Wanderungsverlust<br />
der jungen Erwachsenen hat sich ebenfalls deutlich negativ entwickelt.<br />
Bezüglich der Gruppe der älteren Menschen ab 60 Jahren kann im Rahmen der analysierten<br />
Wanderungsverflechtungen mit den fünf Kommunen festgehalten werden, dass<br />
insgesamt ein Wanderungsplus in dieser Altersgruppe besteht, dieses jedoch deutlich<br />
geschrumpft ist. Bei den Zuziehenden handelt es sich überwiegend um Senioren aus den<br />
Städten Delmenhorst und Bremen. Vor dem Hintergrund entsprechender zielgruppenspezifischer<br />
Wohnangebote und des Einflusses, den diese Bevölkerungsgruppe zukünftig<br />
auf dem Wohnungsmarkt vermutlich haben wird, könnte dieses Wanderungsplus durchaus<br />
eine Bedeutung für die zukünftige Gemeindeentwicklung besitzen.<br />
5 In Bezug auf die analysierten Wanderungsverflechtungen mit den fünf Kommunen: Delmenhorst, Bremen,<br />
Hude, Dötlingen und Wildeshausen. Diese besitzen quantitativ die größte Relevanz beim Wanderungsgeschehen<br />
der Gemeinde Ganderkesee.<br />
35<br />
38
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Ganderkesee<br />
Wie lassen sich die beschriebenen Prozesse und Strukturen bei den demografischen<br />
Prozessen der Gemeinde Ganderkesee im Hinblick auf die künftig zu erwartenden Entwicklungen<br />
interpretieren?<br />
An dieser Stelle wird bewusst auf den (alleinigen) Verweis auf existierende Prognosen<br />
verzichtet, denn die jüngsten Entwicklungstendenzen zeigen sehr deutlich die Grenzen<br />
und Unsicherheiten prognostischer Modelle auf, wenn sie in einer sehr kleinen räumlichen<br />
Auflösung angewendet werden. Speziell Veränderungen bei den Wanderungsverflechtungen<br />
– die gerade für die Stadt-Umland-Verflechtungen zentrale Bedeutung besitzen<br />
– sind aufgrund ihrer äußerst vielschichtigen und komplexen Ursachen und Wirkungszusammenhänge<br />
kaum zu operationalisieren.<br />
Im Folgenden sollen daher aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen vielmehr die wichtigsten<br />
qualitativen Trends am Beispiel der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> im Nordwesten<br />
herausgestellt werden. Diese Darstellung ermöglicht eine regionale Einordnung<br />
der Prozesse in der Gemeinde Ganderkesee.<br />
Vieles deutet darauf hin, dass die vor allem in den 1990er Jahren zu beobachtende Abwanderung<br />
besonders der jungen Familien aus den (Groß)Städten 6 derzeit zu Ende geht<br />
und sich stattdessen eine Entwicklung fortsetzen wird, die nach der Jahrtausendwende<br />
eingesetzt hat:<br />
► Orientierung der Familien auf gut ausgestattete Standorte, z.B. Stadtrandlagen<br />
► Zunehmender Fortzug/Rückzug der jungen Erwachsenen in die (Nähe der) Arbeitsplatzzentren<br />
► Tendenzen bei den Senioren zum Umzug in zentrale Ortslagen (teilweise auch in die<br />
Städte)<br />
Das Wachstum der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> ist nach 20 Jahren zum Stillstand<br />
gekommen. Ein gleichzeitig ausreichendes Angebot an günstigen Immobilien<br />
und Baugrundstücken in allen Lagequalitäten hat den Suburbanisierungsdruck<br />
deutlich abgeschwächt.<br />
Mit der Abschaffung der Eigenheimzulage, der Kürzung der Entfernungspauschale und<br />
dem Konjunktureinbruch nach der Jahrtausendwende sind wesentliche Push-Faktoren<br />
der in die Region hineinreichenden Suburbanisierungswelle der letzten fünfzehn Jahre<br />
fortgefallen. Zudem haben sich die Impulse der Wohnungs- und Immobilienmärkte deutlich<br />
verändert. In den 1990er Jahren konnte die Nachfrage vor allem nach Wohnungen<br />
wie auch nach Bauland in zentraleren Lagen kaum befriedigt werden: Einerseits drängten<br />
zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge und Aussiedler nach Deutschland, es befand sich<br />
aber auch die im Altersaufbau Deutschlands deutlich herausstechende letzte „Babyboomer-Generation“<br />
der in den 1960ern Gebürtigen in der Familiengründungsphase, wodurch<br />
die Nachfrage nach Einfamilienhäusern einen zusätzlichen Impuls erhielt. Viele<br />
Bewohner der Städte sind in dieser Phase mangels Alternativen in das Stadtumland hinausgezogen.<br />
6<br />
Für die Gemeinde Ganderkesee spielen die Städte Delmenhorst und Bremen die größte Rolle bei Suburbanisierungsprozessen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 25
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
-0,5<br />
-1,0<br />
1969<br />
1970<br />
1971<br />
1972<br />
1973<br />
1974<br />
1975<br />
1976<br />
1977<br />
1978<br />
1979<br />
1980<br />
1981<br />
1982<br />
1983<br />
1984<br />
1985<br />
1986<br />
1987<br />
1988<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
Abb. 31: Bevölkerungsentwicklung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong><br />
im Nordwesten seit 1968 (jährliche %-Entwicklung)<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Ein Blick auf die gesamtregionale Entwicklung veranschaulicht die veränderten Rahmenbedingungen:<br />
Die Bevölkerung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<br />
<strong>Oldenburg</strong> ist aus den genannten Gründen in den 1990ern dynamisch gewachsen – in<br />
Spitzen mit Raten von bis zu 1,4 % jährlich. Seit etwa zehn bis zwölf Jahren ist dieses<br />
Wachstum aber deutlich rückläufig, im Jahr 2006 sind die Einwohnerzahlen im Gebiet der<br />
heutigen Metropolregion sogar erstmals seit zwanzig Jahren wieder leicht zurückgegangen.<br />
Angesichts der bestehenden demografischen Strukturen und nur geringer Aussicht<br />
auf einen deutlich anziehenden Zuzug in die Region ist nicht zu erwarten, dass sich dieser<br />
Trend in absehbarer Zeit wieder verändern könnte. Da zudem fast alle Kommunen,<br />
insbesondere aber auch die Städte Delmenhorst und Bremen, inzwischen ein respektables<br />
Wohnungs-, Immobilien- und Baulandangebot bereithalten, fällt ein wesentliches<br />
Suburbanisierungsmotiv fort.<br />
Sämtliche ehemals relevante Faktoren für die Wanderung in das Umland der Städte<br />
Delmenhorst und Bremen sind heute demnach nicht mehr in dieser Form gegeben<br />
und werden aller Voraussicht nach auch in absehbarer Zeit nicht wieder eintreten.<br />
Daher erscheint es plausibel, dass die jüngsten Veränderungen im Hinblick auf die<br />
Bevölkerungsentwicklungen und Wanderungsverflechtungen charakteristisch für<br />
die zu erwartenden Entwicklungen sein können.<br />
Ganderkesee ist vergleichsweise stark von den demografischen Entwicklungen betroffen.<br />
Die wesentlichen demografischen Prozesse der Alterung und des Bevölkerungsrückgangs<br />
sind besonders seit der Jahrtausendwende erkennbar. Aber auch ausgeprägte<br />
Veränderungen im Wanderungsgeschehen sind in jüngster Vergangenheit aufgetreten:<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 26
Wanderungen:<br />
► Immer weniger Familien sind in den vergangenen Jahren in die Gemeinde Ganderkesee<br />
gezogen; v.a. die fehlenden Zuzüge aus der Stadt Delmenhorst und dem<br />
Oberzentrum Bremen machen sich in der stagnierenden bzw. leicht rückläufigen Bevölkerungsentwicklung<br />
bemerkbar. Verstärkt wird dieser Trend durch die zunehmenden<br />
Fortzüge junger Erwachsener in die umliegenden Städte. Diese Veränderungen<br />
in den Wanderungsverflechtungen dürften sich zukünftig weiter fortsetzen oder sogar<br />
verstärken, so dass sie wahrscheinlich das Bevölkerungswachstum weiter einschränken<br />
werden.<br />
Bevölkerungsentwicklung:<br />
► Das zuvor dynamische Bevölkerungswachstum stagniert bereits seit etwa vier Jahren<br />
- aufgrund sinkender Zuzugszahlen und deutlich abnehmender Geburtenzahlen. Die<br />
bisher starke Bedeutung der Wanderungen für die Bevölkerungsentwicklung Ganderkesees<br />
dürfte auch in Zukunft gegeben sein, denn der Rückgang der Geburtenzahlen<br />
setzt sich höchstwahrscheinlich bei abnehmenden Familien-Zuzügen und Abwanderung<br />
der jungen Erwachsenen sowie der allgemeinen demografischen Entwicklung<br />
(zunächst immer schwächere Besetzung der potenziellen Elterngeneration) weiter<br />
fort. Aufgrund der beschriebenen Strukturverschiebungen ist nicht davon auszugehen,<br />
dass sich zukünftig an die Stagnation erneut eine ausgeprägte Wachstumsphase<br />
anschließen wird.<br />
► Die Ortsteile werden sich vermutlich je nach Attraktivität unterschiedlich stark weiterentwickeln.<br />
Profitieren dürften v.a. die verdichteten Ortsteile mit gut ausgebauter Infrastruktur<br />
wie Ganderkesee oder Bookholzberg. Aber auch Heide dürfte sich vermutlich<br />
aufgrund der Nähe zur Stadt Delmenhorst im Vergleich zu den ländlich geprägten<br />
Ortsteilen etwas positiver entwickeln.<br />
Altersstrukturen:<br />
► Bereits in den vergangenen Jahren hat sich die Anzahl der Senioren in der Gemeinde<br />
Ganderkesee stark erhöht. Die „Alterung“ der verdichteteren Ortsteile wie Bookholzberg<br />
und Ganderkesee dürfte sich zukünftig weiter verstärken, da hier die in ähnlichem<br />
Alter zugezogenen Suburbanisierer der 1990er Jahre erst noch in das Seniorenalter<br />
hineinwachsen werden und somit das Durchschnittsalter der Gemeinde zukünftig<br />
noch weiter erhöhen. Ebenso dürften sich zudem in allen Ortsteilen die fehlenden<br />
Zuzüge junger Erwachsener verstärkt auf die Altersstruktur auswirken, denn<br />
die Anzahl junger Erwachsener nimmt in allen Ortsteilen ab. Besonders die Fortzüge<br />
in die Städte Delmenhorst und Bremen haben in den vergangenen Jahren zugenommen<br />
und dürften sich aufgrund der beschriebenen Strukturverschiebungen weiter<br />
fortsetzen. Zudem spielen die älteren Menschen zukünftig vermutlich eine immer<br />
größere Rolle beim Wanderungsgeschehen (schon heute verzeichnet die Gemeinde<br />
Ganderkesee ein leichtes Wanderungsplus in der Senioren-Altersklasse), so dass<br />
sich die „Schieflage“ der Altersstruktur zukünftig weiter verstärken dürfte.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 27
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen<br />
Wandel<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
Der Wohnungs- und Immobilienmarkt der Gemeinde Ganderkesee ist z.T. deutlich von<br />
der unmittelbaren Stadtrandlage zur Stadt Delmenhorst und den hohen Wanderungsgewinnen<br />
vor allem in den vergangenen drei Jahrzehnten geprägt. Das Einfamilienhaus<br />
stellt mit 77% die dominierende Wohnform dar. Etwa jede sechste Wohnung (16%) befand<br />
sich jedoch immerhin am 31.12.2006 in Mehrfamilienhäusern mit mehr als zwei<br />
Wohnungen (Quelle: Niedersächsisches Landesamt für Statistik, Gebäude- und Wohnungsfortschreibung).<br />
Im Vergleich zu den übrigen Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> ist Wohnbauland<br />
laut dem aktuellen Grundstücksmarktbericht 2007 in der Gemeinde Ganderkesee am<br />
teuersten. Selbst in den direkten Umlandgemeinden der Stadt <strong>Oldenburg</strong> ist Wohnbauland<br />
etwas günstiger. Der Bodenrichtwert für Wohnbauflächen liegt in Ganderkesee für<br />
mittlere Lagen bei 110€/ m²; Wohnbauflächen gleicher Lage sind nur in Wardenburg mit<br />
100€/ m² ähnlich teuer. In allen übrigen Mitgliedsgemeinden liegt der Preis pro m² Wohnbauland<br />
etwa 20-70 € unter dem der Gemeinde Ganderkesee. Selbst in der Stadt Delmenhorst<br />
können Grundstücke in mittleren Lagen zu ähnlichen Preisen erworben werden.<br />
Hier liegt der Bodenrichtwert für Wohnbauflächen bei 120€/ m². Nach Aussage der<br />
Immobilienexperten liegt der vergleichsweise hohe durchschnittliche Grundstückspreis<br />
zum einen im Einfluss der Metropole Bremen und zum anderen in den steigenden Kosten<br />
für Nebenleistungen (wie z.B. Infrastrukturabgaben), die der Investor tragen muss, begründet.<br />
Die Möglichkeit günstiges Bauland erwerben zu können, war daher vermutlich<br />
nur ein Teilfaktor für den Fortzug der Familien aus Delmenhorst in die Gemeinde Ganderkesee.<br />
Ausschlaggebend dürfte zudem die Aussicht auf ein Wohnen im Grünen in<br />
ruhiger Lage sowie auf größeren Grundstücken gewesen sein.<br />
Die durchschnittliche Haushaltsgröße von 2,3 Personen ist in Ganderkesee recht klein.<br />
Sie verdeutlicht die städtische Prägung der Gemeinde und die räumliche Nähe zum Mittelzentrum<br />
Delmenhorst sowie zum Oberzentrum Bremen. Zusammen mit der Gemeinde<br />
Hude weist Ganderkesee die kleinste Haushaltsgröße im <strong>Landkreis</strong> auf (vgl. Abb. 32).<br />
3,2<br />
3,0<br />
2,8<br />
2,6<br />
2,4<br />
2,2<br />
2,0<br />
Ganderkesee Großenkneten SG Harpstedt Hatten<br />
Hude Wildeshausen Dötlingen Wardenburg<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 32: Durchschnittliche Haushaltsgröße (Einwohner je Wohnung) in den<br />
Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong><br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten des Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Bevölkerungsfortschreibung; Wohnungs- und Gebäudefortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 28
Die Wohnfläche pro Kopf ist mit 48m² in Ganderkesee hingegen im regionalen Vergleich<br />
recht hoch und wird im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> nur von der Gemeinde Dötlingen übertroffen.<br />
Der Zuwachs an Wohnfläche in Ganderkesee hat sich vor allem in den vergangenen<br />
etwa 15 Jahren von der Einwohnerentwicklung abgekoppelt (vgl. Abb. 33). Die rechnerisch<br />
jedem Einwohner zur Verfügung stehende Wohnfläche ist seit 1992 um rund 17 %<br />
gestiegen und liegt damit aktuell deutlich über dem niedersächsischen Durchschnittswert<br />
(43,7m² je Einwohner, 31.12.2006).<br />
Index: 1986 = 100<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
Index Wohnfläche<br />
Index Einwohner<br />
Wohnraum/Einwohner<br />
90<br />
36,0<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 33: Wohnflächenentwicklung in der Gemeinde Ganderkesee 1986-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
Betrachtet man die Fertigstellung neuer Wohngebäude in der Gemeinde Ganderkesee im<br />
Zeitraum von 1991 bis 2006, so fällt auf, dass sich die Anzahl von neu gebauten Ein- und<br />
Zweifamilienhäusern bis zur Jahrtausendwende kontinuierlich auf relativ hohem Niveau<br />
von etwa 100 pro Jahr befand. Auch die Anzahl neuer Wohngebäude mit mehr als drei<br />
Wohnungen war in diesem Zeitraum vergleichsweise hoch. Im Jahr 2000 wurde der bisherige<br />
Spitzenwert von 195 neuen Ein- und Zweifamilienhäusern erreicht. Seitdem geht<br />
die Zahl der Baufertigstellungen jedoch kontinuierlich zurück und lag im Jahr 2006 mit 56<br />
Neubauten insgesamt über 70% unter dem Wert von 2000 und war immerhin nur noch<br />
halb so groß wie der Durchschnittswert der Baufertigstellungen von 1991-1999 (Abb. 34).<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
114<br />
1991<br />
mit 1 und 2 Wohnungen<br />
mit 3 und mehr Wohnungen<br />
97<br />
121<br />
111<br />
87<br />
8 10 8 9 12<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
129<br />
1996<br />
15<br />
112<br />
1997<br />
104<br />
135<br />
195<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 29<br />
120<br />
108<br />
9 7 5 5 2 4 3 5<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
Abb. 34: Neue Wohngebäude in Ganderkesee 1991 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
2001<br />
2002<br />
73<br />
2003<br />
90<br />
2004<br />
60<br />
2005<br />
1<br />
50,0<br />
48,0<br />
46,0<br />
44,0<br />
42,0<br />
40,0<br />
38,0<br />
51<br />
2006<br />
Wohnfläche/Einwohner [qm]<br />
5
Wie im ersten Teil der vorliegenden Fallstudie deutlich wurde, ist Ganderkesee auch von<br />
der zweiten um 1990 einsetzenden Suburbanisierungswelle voll erfasst worden. Bis Anfang<br />
des neuen Jahrtausends ist die Einwohnerzahl daher, trotz des Geburtendefizits,<br />
kontinuierlich vor allem durch Zuzüge aus Delmenhorst und Bremen angestiegen. Die<br />
Gemeinde Ganderkesee hat sich der starken Nachfrage nach Wohnbauland nicht verschlossen<br />
und eine Reihe von Bebauungsplänen (vgl. Abb. 35) aufgestellt. Dabei haben<br />
die einzelnen Ortsteile in unterschiedlichem Ausmaß von den Zuzügen profitiert. Deutlich<br />
wird zum einen, dass sich die Siedlungsentwicklung der vergangenen zehn Jahre auf die<br />
Ortsteile Ganderkesee und Bookholzberg konzentriert hat. Zum anderen ist erkennbar,<br />
dass die Baugebiete, die seit dem Jahr 2005 ausgewiesen wurden, noch vergleichsweise<br />
viele unbebaute und zur Verfügung stehende Baugrundstücke aufweisen. Dies verdeutlicht<br />
noch einmal den Rückgang der Bauaktivität in jüngster Vergangenheit. Der aktuell<br />
zurückgehende Verkauf von Grundstücken liegt regionsweit in der sinkenden Nachfrage<br />
begründet. Aufgrund des Angebotsüberhangs sind bestimmte Standorte weniger begehrt.<br />
Noch vor wenigen Jahren hat aufgrund sehr großer Nachfrage eine weniger optimale<br />
Lage und verkehrliche Anbindung eines Grundstückes die Verkaufschancen in geringerem<br />
Maße beeinflusst.<br />
Ortsteil Gelände Rechtsverbindlichkeit<br />
Anzahl der<br />
Grundstücke<br />
Leerstand/<br />
unbebaute<br />
Grundstücke<br />
Almsloh Östlich Urneburger Straße 1999 92 0<br />
Bookholzberg nördlich der Stenumer Straße 1998 90 3<br />
Ohlenbuschweg 2002 71 3<br />
Östlich Harmenhauser Straße 2003 19 1<br />
Lührkenweg/ Am Wiesenrand 2003 13 1<br />
Südlich Hutfilterstraße 2005 15 10<br />
Östlich Vollersweg 2006 13 12<br />
Kreyenhoop 2007 19 19<br />
Elmeloh Gelände östlich der Neuen Straße 2004 7 2<br />
Ganderkesee Fahrener Weg/ Wittekindstraße 1999 53 0<br />
Dürerstraße (Sportplätze) 2004 32 7<br />
Am Steinacker/ Nordweg/ Am Schürbusch 2006 13 11<br />
Urneburger Straße Anfang 2008 69 mind. 20<br />
Heide Schulweg/ Schönemoorer Straße 2000 135 0<br />
Schierbrok Gelände Bahnhofstraße/ Bahnlinie 1999 19 3<br />
Stenum Dorfring 1997 5<br />
Abb. 35: Auslastung der Baugebiete (1997-2007) in der Gemeinde Ganderkesee<br />
4<br />
7<br />
(Quelle: Gemeinde Ganderkesee; Stand: 17.12.2007)<br />
Die Vermarktung von Grundstücken ist nach Aussage der auf dem Immobilienmarkt tätigen<br />
Akteure in den letzten Jahren deutlich schwieriger geworden. Die Käufer heute sind<br />
in der Regel etwas älter als die der 1990er Jahre und auch verunsicherter, da die finanziellen<br />
Spielräume – nicht zuletzt aufgrund der fehlenden Eigenheimzulage – kleiner sind.<br />
Zu den Nachfragern zählen sowohl Familien als auch zunehmend Menschen der Generation<br />
50+, die dementsprechend z.T. kleinere und ebenerdige Immobilien nachfragen.<br />
Rein quantitativ ist die Nachfrage jedoch zurückgegangen, so dass besonders im Ortsteil<br />
Bookholzberg die Baugebiete noch nicht ausgelastet sind. Noch vor zehn Jahren konnte<br />
ein Baugebiet mit etwa 100 Bauplätzen innerhalb von drei Jahren komplett besiedelt werden.<br />
Zu den Zuziehenden zählten überwiegend junge Menschen um 30 Jahre. Trotz der<br />
veränderten und zurückgehenden Nachfrage sehen die Immobilienexperten aufgrund der<br />
guten Infrastrukturangebote noch Entwicklungschancen für den Immobilienmarkt in Ganderkesee.<br />
Profitieren dürfte v.a. der zentrale Ortsteil Ganderkesee. Hier ist die Nachfrage<br />
7 Die Angaben der Gemeinde und des Bauträgers zu den verkauften Grundstücken im Baugebiet „Urneburger<br />
Straße“ (Ganderkesee) variieren, daher können keine genauen Angaben gemacht werden.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 30
nach Baugrundstücken nach Einschätzung der Immobilienexperten bereits heute größer<br />
als in Bookholzberg.<br />
Abb. 36: Neubaugebiete in Bookholzberg und Heide<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Dezember 2007)<br />
Nach Einschätzung der Immobilienexperten wird das Angebot im Bereich der Bestandsimmobilien<br />
der Nachfrage zwar quantitativ nicht jedoch qualitativ gerecht. Ein Kauf scheitert<br />
in den meisten Fällen an den Vorstellungen der Kunden, die ein qualitativ hochwertiges<br />
Eigenheim nach neusten Energieeffizienzstandards kaufen möchten. Eine Sanierung<br />
erfordert daher eine dem Neubaupreis vergleichbare Investitionssumme. Diese Tatsache<br />
ist nach Aussage der Experten u.a. ein Grund dafür, dass viele Bestandsimmobilien nicht<br />
verkauft werden können und jahrelang auf dem Markt bleiben. Vermehrter Leerstand ist<br />
laut Vertretern der Gemeinde in Ganderkesee jedoch aktuell noch nicht zu verzeichnen.<br />
Steigende Nachfrage wird von den Immobilienmaklern bei kleinen Miet- und Eigentumswohnungen<br />
registriert, da vermehrt auch Singles auf dem Wohnungsmarkt agieren. Eine<br />
interessante Möglichkeit, das Segment des Mehrfamilienhausbaus zu entwickeln, liegt in<br />
der Bebauung von Hintergrundstücken oder von Baulücken (vgl. Abb. 37). Von Bedeutung<br />
ist jedoch nach Einschätzung der Immobilienexperten, dass eine Eigentumswohnung<br />
preislich attraktiver sein sollte als der Neubau eines Einfamilienhauses, da ansonsten<br />
von Familien oder Paaren der Bau eines Eigenheims bevorzugt würde. Darüber hinaus<br />
ist eine Nachverdichtung sehr aufwändig und oft wird wenig Interesse seitens der<br />
Grundstücksbesitzer gezeigt, so dass derartige Vorhaben bislang selten verfolgt wurden.<br />
Abb. 37: „Lückenbebauung“ mit Eigentumswohnungen in Ganderkesee<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Dezember 2007)<br />
In einigen Bereichen des Gemeindegebietes, wie beispielsweise an stark befahrenen<br />
Ausfallstraßen (Gruppenbührener Str. und Urneburger Str.), ist der Immobilienbestand<br />
durch einen hohen Anteil an Gebäuden mit z.T. Sanierungsstau an den Fassaden sowie<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 31
Problemen beim Generationswechsel geprägt. Hier ist zukünftig höchstwahrscheinlich mit<br />
städtebaulichen und stadtentwicklungspolitischen Herausforderungen zu rechnen.<br />
Die beschriebenen Ausgangsbedingungen auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
lassen im Hinblick auf die beschriebenen Prozesse des demografischen Wandels in<br />
Ganderkesee folgende Schlussfolgerungen zu:<br />
Die stark zurückgehenden Zuzüge von Familien haben zu Vermarktungsschwierigkeiten<br />
und weniger ausgelasteten Baugebieten geführt. Das Angebot an Baugrundstücken<br />
ist zur Zeit in allen Ortsteilen größer als die Nachfrage.<br />
Ganderkesee liegt in unmittelbarer Nähe zur Stadtgrenze von Delmenhorst und somit<br />
auch im weiteren Verflechtungsraum des Oberzentrums Bremen. Aufgrund des nachlassenden<br />
Suburbanisierungsdruckes, demografisch bedingt weniger Personen in den entsprechenden<br />
Altersgruppen der Familiengründer und des z.T. adäquaten (z.B. bezüglich<br />
der Baulandpreise) Grundstücks- und Immobilienangebotes in den Städten, sind die Zuzüge<br />
von Familien in die Gemeinde Ganderkesee drastisch zurückgegangen. Da der<br />
Immobilien- und Grundstücksmarkt noch nicht auf diese „Trendumkehr“ reagieren konnte,<br />
ist das Angebot an Baugrundstücken zur Zeit erheblich größer als die Nachfrage. Vor<br />
allem die günstige verkehrliche Anbindung sowohl für den MIV als auch den ÖPNV ist<br />
jedoch ein wesentlicher Vorteil Ganderkesees bei der Wohnortwahl. Zudem ist aufgrund<br />
der Größe der Gemeinde eine umfassende Versorgung mit Dingen des alltäglichen Bedarfs<br />
gegeben. Diese Standortbedingungen sind gerade auch für die wachsende Generation<br />
50+ als günstig zu bezeichnen und könnten bei zukünftigen Planungen Berücksichtigung<br />
finden.<br />
Gute Entwicklungschancen haben besonders die zentralen Ortsteile mit hoher<br />
Siedlungsdichte. Infrastrukturdefizite in den peripheren Lagen werden zunehmend<br />
zum Standortnachteil.<br />
Gute Infrastrukturausstattung sowie optimale verkehrliche Anbindung sind nahezu ausschließlich<br />
in den zentralen Siedlungsbereichen Ganderkesees gegeben (v.a. Ganderkesee<br />
und Bookholzberg). Andere Ortsteile zeigen bspw. fehlende Möglichkeiten der Kinderbetreuung<br />
oder Schwierigkeiten bei der Nahversorgung. Aus diesen Gründen wurden<br />
bisher – selbst in den Hochphasen der Suburbanisierung – in den peripher gelegenen<br />
Ortsteilen vergleichsweise wenig bis gar keine Baugrundstücke ausgewiesen. Gerade<br />
auch diese Ortsteile stehen vor der Herausforderung einer alternden Bevölkerung und<br />
eines notwendigen Generationswechsels.<br />
Nachfrageschwächen sind bei älteren Bestandsimmobilien zu erkennen. Besonders<br />
die Ausfallstraßen könnten u.a. aufgrund hoher verkehrlicher Belastung diesbezüglich<br />
problematische Entwicklungen aufzeigen.<br />
Laut dem Grundstücksmarktbericht 2007 ist die Zahl der verkauften Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
im <strong>Landkreis</strong> im Vergleich zum Vorjahr um rund 7% zurückgegangen. In den<br />
kommenden Jahren und Jahrzehnten werden jedoch aufgrund des anstehenden Generationenwechsels<br />
immer mehr Eigenheime auf den Markt kommen. Diese Entwicklung<br />
kann durchaus als problematisch angesehen werden, da die Nachfrage von Familiengründern<br />
durch die schrumpfenden Elterngenerationen kontinuierlich zurückgehen wird.<br />
Zudem ist ein Neubau aufgrund von z.T. aufwändigen Sanierungsarbeiten an der Bestandsimmobilie<br />
(Energiepass, etc.) oft im Endeffekt preisgünstiger und kann einfacher<br />
an die persönlichen Wünsche angepasst werden. Gebrauchte Immobilien dürften somit<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 32
zukünftig immer schwieriger zu vermarkten sein. Besonders betroffen werden vermutlich<br />
die Bestandsimmobilien sein, die sich zudem in eher unattraktiven Lagen wie bspw. an<br />
größeren Ausfallstraßen befinden.<br />
5.2 Soziale Infrastruktur<br />
5.2.1 Kinderbetreuung<br />
In der Gemeinde Ganderkesee gibt es 16 Kinderbetreuungseinrichtungen – sieben im<br />
Ortsteil Ganderkesee, zwei in Bookholzberg sowie jeweils eine in Bergedorf, Hoykenkamp,<br />
Schierbrok, Schönemoor, Elmeloh, Habbrügge und Grüppenbüren. Bei den Einrichtungen<br />
in den kleineren Ortsteilen handelt es sich meist um Spielkreise mit einer geringen<br />
Platzzahl von 20. Der Kindergarten „Spatzennest“ in Schierbrok betreibt zudem<br />
eine Gruppe in Rethorn. Hierdurch wird eine wohnortnahe Möglichkeit der Kinderbetreuung<br />
gewährleistet. Die Einrichtungen in Bookholzberg und Ganderkesee bieten ein vielfältiges<br />
Betreuungsangebot an: neben Vormittags-, Nachmittags- und Integrationsplätzen<br />
gibt es einen Hort und zwei Krippengruppen.<br />
Kindergärten/ -tagesstätten<br />
Anzahl<br />
Plätze<br />
(am 01.09.2007) Ortsteil Trägerschaft Art der Plätze<br />
KiGa Habbrügger Weg 167 Ganderkesee (PB 13)* Gemeinde 50 Vormittags-; 72 Integrations- und 45 Nachmittagsplätze<br />
KiGa "Kleine Wolke"; Lindenstraße 85 Ganderkesee Gemeinde<br />
50 Vormittags- und<br />
35 Nachmittagsplätze<br />
"Jona-Kindergarten" 128 Ganderkesee Ev. Kirche<br />
75 Vormittags-; 25 Ganztags-;<br />
18 Integrations- und 10 Nachmittagsplätze<br />
KiTa "Lummerland"; Lange Straße 25 Ganderkesee Gemeinde 25 Vormittagsplätze<br />
KiGa "Birkenhof" e.V. 20 Ganderkesee privat 20 Vormittagsplätze<br />
Kinderhaus Ganderkesee e.V. 20 Ganderkesee privat 20 Vormittagsplätze<br />
KiGa Bergedorf 25 Bergedorf (PB 13) Gemeinde 25 Vormittagsplätze<br />
KiGa "Sonneninsel" 86 Bookholzberg (PB 14) Lebenshilfe 50 Vormittags- und 36 Integrationsplätze<br />
KiGA "St. Bernhard" 110 Bookholzberg Kath. Kirchengemeinde 75 Vormittags- und 35 Nachmittagsplätze<br />
KiGa "Schatzinsel" 96 Hoykenkamp (PB 15) Gemeinde 60 Vormittags- und 36 Integrationsplätze<br />
KiGa "Spatzennnest" 100 Schierbrok (PB 15) Gemeinde 100 Vormittagsplätze<br />
KiGa "Flohkiste"<br />
Spielkreise<br />
60 Schönemoor (PB 15) Gemeinde 60 Vormittagsplätze<br />
Kinderspielkreis Elmeloh 20 Elmeloh (PB 15) Gemeinde<br />
Kinderspielkreis Falkenburg 20 Habbrügge (PB 13) Gemeinde<br />
Kinderspielkreis "Hummelburg"<br />
Krippen<br />
20 Grüppenbühren (PB 14) Gemeinde<br />
Kinderkrippe "Sonnenblume" 30 Ganderkesee privat vormittags<br />
KiGa "Schatzinsel"<br />
Hort<br />
15 Hoykenkamp Gemeinde vormittags<br />
KiTa "Lummerland"; Lange Str. 30 Ganderkesee Gemeinde nachmittags<br />
* PB: Die jeweiligen Standorte der Kinderbetreuungseinrichtungen sind sog. Planbereichen zugeteilt: PB 13= Ganderkesee; PB 14= Bookholzberg; PB 15= Schierbrok<br />
Abb. 38: Kinderbetreuungseinrichtungen in der Gemeinde Ganderkesee<br />
(Quelle: Eigene Darstellung nach Angaben der Gemeinde Ganderkesee)<br />
Die Vormittagsplätze aller Einrichtungen sind sehr gut ausgelastet. Die Gemeinde<br />
plant zukünftig auftretende Unterauslastungen mit einer Angebotserweiterung entgegenzuwirken.<br />
Nach der Tagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> waren zum<br />
01.08.2007 1059 Plätze in Betreuungseinrichtungen in der Gemeinde Ganderkesee vor-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 33
handen. Der Betreuungsbedarf 8 liegt bei 892 Plätzen, so dass eine Versorgungsquote<br />
von 119% bestand. Freie Kapazitäten bestanden fast ausschließlich bei Nachmittagsplätzen<br />
sowie bei den Vormittagsplätzen der Kindertagesstätte „Schatzinsel“ in Hoykenkamp.<br />
Auch nach Aussage der Gemeinde besteht besonders große Nachfrage bei den Vormittagsplätzen.<br />
Hier konnte bisher die Nachfrage mit dem bestehenden Angebot nicht gedeckt<br />
werden. In der Vergangenheit wurden daher überwiegend Erweiterungen der Einrichtungen<br />
in den beiden Siedlungsschwerpunkten Ganderkesee und Bookholzberg bezüglich<br />
der Gruppenzahlen vorgenommen. Andere Anpassungen erfolgten bspw. bezüglich<br />
der Platzzahl beim Nachmittagsangebot, durch das Einrichten von Kleingruppen oder<br />
durch das Umwandeln von Spielkreisen in Kindergärten.<br />
Aktuelle Anpassungen an die große Nachfrage erfolgten über die Einrichtung zusätzlicher<br />
Vormittagsgruppen sowie die Neueröffnung eines Montessori-Kinderhauses im Ort Ganderkesee.<br />
Die zukünftig sinkenden Kinderzahlen plant die Gemeinde durch Qualitätsverbesserungen<br />
in der Betreuung auszugleichen. Die Kinderbetreuung spielt eine große<br />
Rolle in der kommunalen Politik, da der Wohnort immer häufiger nach vorhandenen Möglichkeiten<br />
der Betreuung ausgewählt wird – nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Berufstätigkeit<br />
beider Elternteile.<br />
Für die 764 gemeldeten Kinder unter drei Jahren stehen bisher 45 Plätze in 2 Krippengruppen<br />
zur Verfügung. Dieses Angebot stellt eine sinnvolle Erweiterung der Betreuungsangebote<br />
dar. Erfahrungen zeigen, dass eine Betreuung unter Dreijähriger immer<br />
gefragter wird, in den meisten Gemeinden jedoch ein Unterangebot an Betreuungsmöglichkeiten<br />
besteht. Auch in Ganderkesee liegt die Betreuungsquote der Kleinkinder bei<br />
nur etwa 6%. Entsprechend den Vorgaben aus dem Tagesbetreuungsausbaugesetz<br />
(TAG; Vorgabe: ‚bedarfsgerechtes’ Angebot bis 2010) und den jüngsten bundes- und<br />
landespolitischen Beschlüssen, wonach bis 2013 für 35 % aller Kinder unter drei Jahren<br />
Betreuungsplätze (in Betreuungseinrichtungen oder durch Tagesmütter) zur Verfügung<br />
stehen sollen und ab 2013 sogar ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz besteht,<br />
könnten auf die Gemeinde Ganderkesee möglicherweise zusätzliche Anstrengungen<br />
zukommen, um die Betreuungsangebote für Kinder unter drei Jahren zu erhöhen.<br />
Die Prognosen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> für die nächsten drei Kindergartenjahre zeigen,<br />
dass die Anzahl der Kinder mit Anspruch auf einen Kindergartenplatz deutlich und<br />
kontinuierlich abnehmen wird. Das Hoch der Kinder im Alter von 3-6 Jahren und des<br />
Betreuungsbedarfs lag um das Jahr 2004 (vgl. Abb. 39). Dabei sind alle Planbereiche<br />
von den Rückgängen betroffen; besonders Ganderkesee und Schierbrok (vgl. Abb. 40).<br />
8<br />
Platzbedarf für: 75 % der dreijährigen Kinder, 90 % der vierjährigen Kinder, 90 % der fünfjährigen Kinder und<br />
50 % der sechsjährigen Kinder<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 34
1.400<br />
1.300<br />
1.200<br />
1.100<br />
1.000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
3- bis < 7-Jährige<br />
Platz-Bedarf in Betreuungseinrichtungen<br />
1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11<br />
Abb. 39 : Zahl der 3- 6-Jährigen und Platzbedarf 9 in Betreuungseinrichtungen<br />
1995/96 – 2007/08 und Prognose bis 2010/11<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es<br />
<strong>Oldenburg</strong>, 2007)<br />
Aufgrund des drastischen Rückgangs der Zahl der Geburten muss mit deutlich<br />
rückläufigen Auslastungszahlen gerechnet werden. Dabei gilt es zu berücksichtigen,<br />
dass gerade auch die Einrichtungen in den kleineren Ortsteilen eine wesentliche<br />
Bedeutung für deren künftige Entwicklung besitzen.<br />
Bereits in den kommenden Jahren ist mit einem weiteren Rückgang der Nachfrage nach<br />
Kindergartenplätzen zu rechnen. Die aktuellen Kindergarten-Jahrgänge sind noch vergleichsweise<br />
groß und lassen sich näherungsweise über die Geburtsjahrgänge 2002 –<br />
2004 erfassen. In diesem Zeitraum sind in Ganderkesee noch 771 Kinder geboren worden.<br />
Im Vergleich zu den stärksten Geburtsjahrgängen in den vergangenen 20 Jahren<br />
(962; 1992 - 1994) entspricht dies jedoch bereits einem Rückgang um fast 20%. Die Geburten<br />
nehmen darüber hinaus seit 2004 jährlich weiter ab und diese Entwicklung dürfte<br />
sich fortsetzen. Gerade die nachrückenden potenziellen Elternjahrgänge 10 fallen in Ganderkesee<br />
außerordentlich schwach aus.<br />
9<br />
Der Bedarf errechnet sich aus: 75% der 3-Jährigen, 90% der 4-5-Jährigen und 50% der 6-Jährigen.<br />
10<br />
Etwa 50 % aller Kinder sind in Niedersachsen im Jahr 2006 von Frauen im Alter von 26 bis 33 Jahren geboren<br />
worden (Quelle: NLS 2006, Natürliche Bevölkerungsbewegung).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 35
1.000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
2007/2008 2008/2009 2009/2010 2010/2011<br />
437<br />
419<br />
411<br />
370<br />
178<br />
170<br />
158<br />
161<br />
Ganderkesee Boookholzberg Schierbrok Ganderkesee gesamt<br />
Abb. 40: Voraussichtlicher Bedarf an Plätzen in Kinderbetreuungseinrichtungen 11<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Oldenburg</strong>; 2007)<br />
Zu beachten ist nach Aussage der Gemeinde jedoch, dass bei den Prognosen der Kinderzahlen<br />
nur die Geburten, nicht jedoch die Zuzüge berücksichtigt werden. Somit könnte<br />
sich der Bedarf leicht erhöhen. Der Umfang der Zuzüge von Familien dürfte jedoch immer<br />
geringer werden und somit auch der Einfluss von zuziehenden Kindern auf die Auslastung<br />
der Kindergärten und Schulen.<br />
Anpassungspotenziale bezüglich der sozialen Infrastruktur für Familien bestehen<br />
beispielsweise bei flexiblen Betreuungsmöglichkeiten sowie Möglichkeiten zur<br />
gemeinsamen Freizeitgestaltung, da diese Angebote die Attraktivität einer Gemeinde<br />
für Familien zusätzlich erhöhen können.<br />
Die „klassischen“ Angebote der Kinderbetreuung sind in Ganderkesee sehr vielfältig.<br />
Aufgrund des fortschreitenden demografischen Wandels und verschiedenster Familienstrukturen<br />
sind flexible und neue Möglichkeiten der Betreuung in vielen Kommunen entstanden.<br />
Potenziale liegen beispielsweise in der flexiblen Betreuung von Kindern durch<br />
ältere Menschen. Zudem erhalten „Familienzentren“, in denen verschiedenste Angebote<br />
für Eltern und Kinder kombiniert werden, eine immer größere Nachfrage (vgl. Kap. 6.4).<br />
Ganderkesee steht somit vor der Herausforderung einerseits nach Jahren stabiler bzw.<br />
sogar stark steigender Kinderzahlen vor allem in den 1990er Jahren eine langfristig tragfähige<br />
Standortplanung unter (demografisch bedingten) Stagnations- bis Schrumpfungsbedingungen<br />
zu leisten und andererseits eine bisher kaum abschätzbare Nachfrage nach<br />
Betreuungsplätzen für unter 3-Jährige abzudecken. Die gegenläufigen Entwicklungen –<br />
sinkende Nachfrage nach Kindergartenplätzen bei steigendem Bedarf an Kleinstkinderbetreuung<br />
– eröffnen aber zum einen die Möglichkeit, die bestehenden Standorte durch<br />
Angebotsausweitungen zu stabilisieren (z.B. zusätzliche Krippenplätze, Ganztagsangebote,<br />
Projekte und/oder Kooperationen mit anderen kinderaffinen Einrichtungen). Zum<br />
anderen lassen sich die Betreuungswünsche der Familien noch stärker berücksichtigen,<br />
ohne in größerem Umfang bauliche Maßnahmen vornehmen zu müssen.<br />
11 Dargestellt sind die möglichen Entwicklungen für die entsprechenden Planbereiche (vgl. auch Abb. 37).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 36<br />
278<br />
253<br />
241<br />
231<br />
892<br />
842<br />
809<br />
762
5.2.2 Allgemein bildende Schulen<br />
In der Gemeinde Ganderkesee umfasst das schulisches Angebot sowohl den Primar- als<br />
auch den Sekundarbereich. Die sechs Grundschulstandorte verteilen sich auf die Ortsteile<br />
Ganderkesee (2 Einrichtungen), Habbrügge, Bookholzberg, Schierbrok und Heide.<br />
Haupt- und Realschulstandorte sind in Ganderkesee und Bookholzberg. Der Ort Ganderkesee<br />
verfügt darüber hinaus über ein Gymnasium, welches die Sekundarstufen I und II<br />
umfasst. Insgesamt wurden im letzten Schuljahr in den genannten Schulen der Gemeinde<br />
Ganderkesee 3.630 Schüler unterrichtet.<br />
Schule<br />
GS Lange Straße<br />
Schülerzahl<br />
(2007/2008) Zügigkeit<br />
(Ganderkesee)<br />
GS Dürerstraße<br />
293 3-4-zügig<br />
(Ganderkesee) 251 3-zügig<br />
GS Habbrügge 39 0,5-zügig<br />
GS Bookholzberg 283 3-zügig<br />
GS Schierbrok 240 2-3-zügig<br />
GS Heide 205 2-3-zügig<br />
HS Ganderkesee 166 1-2-zügig<br />
HS Bookholzberg 220 1-3-zügig<br />
RS Ganderkesee 492 3-zügig<br />
RS Bookholzberg 423 2-3-zügig<br />
Gymnasium Ganderkesee 1.018 3-6-zügig<br />
Abb. 41: Schulen in der Gemeinde Ganderkesee<br />
(Quelle: Angaben der Gemeinde Ganderkesee, Dezember 2007)<br />
Ein Blick auf die Entwicklung der Schülerzahlen in den letzten acht Jahren zeigt, dass die<br />
Anzahl an Schülern nach einem deutlichen Hoch um das Jahr 2004, seit dem Schuljahr<br />
2004/2005 kontinuierlich zurückgeht.<br />
3.800<br />
3.750<br />
3.700<br />
3.650<br />
3.600<br />
3.550<br />
3.500<br />
1999/2000 2000/2001 2001/2002 2002/2003 2003/2004 2004/2005 2005/2006 2006/2007 2007/2008<br />
Abb. 42: Entwicklung der Schülerzahl an den allgemein bildenden Schulen Ganderkesees<br />
1999/00 – 2007/08<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten der Gemeinde Ganderkesee; Dezember 2007)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 37
Grundschulen<br />
Nach Aussage der Gemeinde Ganderkesee zeigen alle Grundschulen zur Zeit noch eine<br />
sehr gute Auslastung ihrer Kapazitäten. In Heide wurde kürzlich sogar eine Gebäudeerweiterung<br />
vorgenommen. Zudem wird das Angebot der Grundschulen Lange Straße und<br />
Schierbrok noch durch einen Schulkindergarten erweitert.<br />
Aller Voraussicht nach wird jedoch mittel- bis langfristig mit einem Rückgang der Schülerzahlen<br />
an den Grundschulen zu rechnen sein. Darauf deuten die aktuellen Meldeamtsdaten<br />
und die Geburtenentwicklungen hin. Die letzten geburtenstarken Jahrgänge<br />
1999 und 2000 (seitdem sinken die Geburtenzahlen nahezu kontinuierlich) wachsen bis<br />
etwa 2010 aus dem Grundschulalter heraus. Rückläufige Schülerzahlen dürften zudem<br />
aus den nachlassenden Zuzügen junger Familien resultieren. Auch die Modellrechnungen<br />
der Gemeindeverwaltung deuten auf eine deutliche Abnahme der zukünftigen Einschulungen<br />
hin (vgl. Abb. 44).<br />
Das ausgeprägte Wachstum der Anzahl an Grundschülern in der Gemeinde Ganderkesee<br />
hat sich in jüngster Vergangenheit leicht abgeschwächt; mittelfristig dürfte<br />
bei weiterhin geringen Familien-Zuzügen und abnehmenden Geburtenzahlen ein<br />
deutlich spürbarer Rückgang der Grundschülerzahl eintreten.<br />
An einigen Schulen geht bereits seit dem Schuljahr 1999/2000 die Schülerzahl zurück<br />
(GS Lange Straße und GS Dürerstraße) an den anderen Standorten ist die Schülerzahl<br />
zwischen 2002 und 2005 nochmals z.T. enorm angestiegen. Jedoch geht auch an diesen<br />
Standorten die Schülerzahl seitdem zurück und wird nach den Prognosen der Gemeinde<br />
auch weiterhin kontinuierlich sinken, so dass alle Grundschulstandorte im Schuljahr<br />
2012/2013 voraussichtlich etwa 35% weniger Schüler haben werden (vgl. Abb. 43).<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
GS Bookholzberg GS Dürerstraße<br />
GS Habbrügge GS Heide<br />
GS Lange Straße GS Schierbrok<br />
1999/2000 2000/2001 2001/2002 2002/2003 2003/2004 2004/2005 2005/2006 2006/2007 2007/2008 2008/2009 2009/2010 2010/2011 2011/2012 2012/2013<br />
Abb. 43: Entwicklung der Schülerzahlen nach Grundschulstandorten 1999/2000 –<br />
2007/2008 und Prognose bis 2012/2013<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Ganderkesee, Dezember 2007)<br />
Eine exakte Prognose der Entwicklung ist jedoch schwierig. Zum einen lässt sich das<br />
künftige Fertilitätsverhalten – auch wegen der sich ändernden politischen Rahmenbedingungen<br />
– schwer einschätzen. Zum anderen sind auch die künftigen Wanderungsverflechtungen<br />
und sowie die Wirkung künftiger Neubaugebiete schwer zu prognostizieren.<br />
Die Vermarktung der bestehenden Neubaugebiete erfolgt jedoch nicht mehr so schnell<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 38
wie noch in der jüngsten Vergangenheit. Zudem dürfte die Bevölkerungsgruppe der potenziellen<br />
Elterngeneration zukünftig demografisch bedingt zunächst weiterhin schrumpfen.<br />
Anpassungen an die zukünftig vermutlich deutlich sinkenden Schülerzahlen müssen<br />
höchstwahrscheinlich an allen Standorten erfolgen. An den größeren Standorten<br />
(also ausgenommen GS Habbrügge), könnten Anpassungen über die Klassenzahl<br />
erfolgen oder generell über die Veränderung der Einzugsgebiete.<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
GS Lange Str GS Dürerstraße GS Habbrügge<br />
GS Bookholzberg GS Schierbrok GS Heide<br />
0<br />
1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07<br />
Abb. 44: Geburtenjahrgänge nach Einzugsbereichen der Grundschulen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Bedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>;<br />
2007)<br />
Der Rückgang der Geburten in den einzelnen Jahrgängen fällt besonders deutlich auf<br />
(vgl. Abb. 45). Überträgt man diese Zahlen auf die jeweiligen Schuljahre der (voraussichtlichen)<br />
Einschulungen, so waren es 2003/2004 noch 354 Einschulungen. 2012/ 2013<br />
könnte die Anzahl der Erstklässler nach der Prognose und ohne Berücksichtigung von<br />
Zuzügen nur noch bei 213 liegen, was einen Rückgang von 40% bedeuten würde. Überdurchschnittliche<br />
Rückgänge werden für die GS Lange Straße und die GS Habbrügge<br />
prognostiziert. Aufgrund ohnehin vergleichsweise niedriger Schülerzahlen (in den letzten<br />
6 Jahren durchschnittlich 40 Schüler), könnte die GS Habbrügge in besonderer Weise<br />
vom Rückgang der Kinderzahlen betroffen sein. Anpassungen über die Reduzierung der<br />
Zügigkeit sind somit kaum möglich und eine jahrgangsübergreifende Beschulung wird<br />
bereits durchgeführt, so dass hier bspw. eine Angebotserweiterung oder eine Veränderung<br />
der Einzugsbereiche in Frage kommen könnten.<br />
Möglichkeiten die Auslastungsrückgänge der Grundschulen sinnvoll zu nutzen<br />
liegen beispielsweise in qualitativen Angebotserweiterungen (z.B. Projekte, Hortbetreuung,<br />
etc.) oder Kooperationen mit anderen kinderaffinen oder sozialen Einrichtungen<br />
und Anbietern.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 39
Weiterführende Schulen<br />
Insgesamt befinden sich sechs weiterführende Schulen in der Gemeinde Ganderkesee:<br />
eine Hauptschule, eine Realschule und ein Gymnasium in Ganderkesee sowie eine<br />
Hauptschule und eine Realschule in Bookholzberg.<br />
Von demografisch bedingten Auslastungsrückgängen werden die weiterführenden Schulen<br />
vermutlich erst mit dem entsprechenden zeitlichen Verzug betroffen sein; zunächst<br />
macht sich der Rückgang der Kinderzahlen in der Auslastung der Kindertagesstätten und<br />
Grundschulen bemerkbar. Somit profitieren die weiterführenden Schulen noch von den<br />
geburtenstarken Jahrgängen um die Jahrtausendwende. Das Wachstum war in der<br />
jüngsten Vergangenheit jedoch bereits leicht rückläufig.<br />
2.400<br />
2.300<br />
2.200<br />
2.100<br />
2.000<br />
1.900<br />
1.800<br />
1.700<br />
1.600<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 45: Entwicklung der Schülerzahl an den weiterführenden Schulen 1990-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Bei den weiterführenden Schulen ist zunächst kein drastischer Rückgang der<br />
Schülerzahl zu erwarten. Das bereits abgeschwächte Wachstum der Zahl der<br />
Grundschüler wird sich jedoch zeitversetzt auch auf die weiterführenden Schulen<br />
auswirken.<br />
Die Entwicklung der Schülerzahlen an den weiterführenden Schulen insgesamt zeigt,<br />
dass die Anzahl der Schüler seit Beginn der 1990er Jahre kontinuierlich gestiegen ist<br />
(von 1990 bis 2006 um 25%) (vgl. Abb. 45). Das letzte Maximum der Geburtenzahlen lag<br />
jedoch zwischen 1999 und 2000 und lässt vermuten, dass aktuell und evtl. in den nächsten<br />
Jahren voraussichtlich die höchsten Schülerzahlen erreicht wurden/werden.<br />
Auffallend ist auch das aktuell immer stärkere Auseinanderlaufen der verschiedenen<br />
Schulzweige (vgl. Abb. 46). Seit Beginn der 1990er Jahre und bis zum Schuljahr<br />
2004/2005 (Abschaffung der Orientierungsstufe) sind alle Schulzweige mehr oder weniger<br />
ausgeprägt gewachsen. Nach Abschaffung der Orientierungsstufe änderte sich das<br />
Bild jedoch grundlegend. Die Schülerzahl an den beiden Hauptschulen hat seit 2004<br />
abgenommen; wohingegen sie an den Realschulen und besonders am Gymnasium deutlich<br />
angestiegen ist.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 40
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
HS Ganderkesee HS Bookholzberg<br />
RS Ganderkesee RS Bookholzberg<br />
Gymnasium Ganderkesee<br />
1999/2000 2000/2001 2001/2002 2002/2003 2003/2004 2004/2005 2005/2006 2006/2007 2007/2008<br />
Abb. 46: Entwicklung der Schülerzahlen an den weiterführenden Schulen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
Besonders die Hauptschulen sind von sinkenden Schülerzahlen betroffen. Aber<br />
auch an den Realschulen stagniert die Zahl der Schüler weitestgehend.<br />
Wie sich die Schülerzahlen in Zukunft an den einzelnen Schulstandorten entwickeln werden,<br />
ist aufgrund der schwer vorhersehbaren Entwicklung der Kinderzahl und des Einflusses<br />
der Elternentscheidungen nicht ohne weiteres präzise einzuschätzen. Bei den<br />
derzeitig absehbaren Veränderungen der gesellschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen<br />
kann man jedoch vermutlich von einem weiteren Bedeutungsverlust<br />
der Hauptschule ausgehen. Diese Entwicklung ist in ganz Niedersachsen zu beobachten.<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur<br />
Die älteren und alten Menschen gehören zur den Bevölkerungsgruppen, die in den letzten<br />
Jahren deutlich gewachsen sind und auch zukünftig weiter wachsen werden. Für die<br />
Gemeindeentwicklung ist es daher von besonderer Bedeutung sich auf die Veränderung<br />
der Zusammensetzung der Altersstruktur einzustellen. Ein Blick auf die Entwicklung der<br />
Anteile über 60-Jähriger zwischen 1990 und 2006 an der Bevölkerung der einzelnen<br />
Ortsteile Ganderkesees zeigt, dass sich die Altersstrukturen kleinräumig unterscheiden.<br />
In den Ortsteilen, in denen in der Vergangenheit ein besonders großer Zuzug der frühen<br />
Suburbanisierer (1970er Jahre) stattgefunden hat, hat sich der Anteil an Senioren überdurchschnittlich<br />
stark erhöht. Vergleichweise niedrige Anteile an Senioren haben aktuell<br />
die Ortsteile, in denen in jüngster Vergangenheit durch Ausweisung von Neubaugebieten<br />
und Zuzüge junger Familien der Altersdurchschnitt gesunken ist (Heide und Bookholzberg)<br />
(vgl. Abb. 47).<br />
Die Anteile von Senioren an der Bevölkerung der Ortsteile sind deutlich gewachsen.<br />
Somit steigen auch die Anforderungen an eine altengerechte Infrastruktur<br />
deutlich an.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 41
17,7%<br />
Heide I+II<br />
13,9%<br />
1990 2006<br />
Hoykenkamp<br />
Schierbrok<br />
Stenum<br />
Rethorn<br />
Bookholzberg I+II<br />
Bookhorn<br />
Ganderkesee I+II<br />
12,9%<br />
14,4%<br />
14,0%<br />
15,0%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 42<br />
17,4%<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />
Abb. 47: Anteil der über 60-Jährigen in den Ortsteilen 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Ganderkesee)<br />
Die beschriebenen Entwicklungen der Altersstruktur der Gemeinde und ihrer Ortsteile<br />
machen deutlich, dass die Anforderungen an eine seniorengerechte Infrastruktur in den<br />
kommenden Jahrzehnten ständig steigen werden.<br />
Ganderkesee verfügt derzeit über vier Altenwohn- und Pflegeheime (drei weitere sind in<br />
Planung) und mit 49 Pflegeheim-Plätzen pro 1000 ab 60-Jährige weist die Gemeinde im<br />
Vergleich mit den übrigen Mitgliedsgemeinden des <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> eine relativ gute<br />
Versorgung auf (vgl. Abb. 48).<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
79<br />
70<br />
49<br />
39<br />
19,4%<br />
25 24<br />
21,6%<br />
22,1%<br />
24,2%<br />
24,1%<br />
24,6%<br />
26,6%<br />
29,9%<br />
29,2%<br />
18 17<br />
SG Harpstedt Wildeshausen Ganderkesee Hatten Wardenburg Hude Dötlingen Großenkneten<br />
Abb. 48: Anzahl der Plätze in Altenwohn- und Pflegeheimen<br />
pro 1000 ab 60-Jährige 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>, 2007)<br />
Der Versorgung älterer Menschen in ihren Eigenheimen wird eine immer größere<br />
Bedeutung zukommen. Eine Vernetzung der Angebote und eine zentrale Anlaufstelle<br />
können hierbei wichtige Ansatzpunkte sein.
Die meisten älteren und alten Menschen wohnen in der Gemeinde Ganderkesee in ihren<br />
(ehemaligen) Familieneigenheimen und möchten dort auch so lange wie möglich selbstbestimmt<br />
wohnen bleiben. Haben die Kinder das Haus verlassen und treten erste gesundheitliche<br />
Probleme auf, sind viele ältere und alte Menschen auf die verschiedensten<br />
Unterstützungsangebote angewiesen. In der Gemeinde Ganderkesee existieren z.B. mit<br />
der AWO und den Landdiensten zwei Pflege- und Servicedienste, die ihre Unterstützung<br />
vom Einkaufen bis zur Pflege anbieten. Für die älteren Bewohner und auch ältere Neubürger<br />
wäre es darüber hinaus hilfreich, einen zentralen Ansprechpartner zu haben, der<br />
ihnen bspw. bei der Wohnungssuche, beim barrierefreien Umbau des Eigenheims oder<br />
bei der Auswahl des geeigneten Unterstützungsangebotes hilft. Der Seniorenbeauftragte<br />
der Gemeinde nimmt heute bereits in Ansätzen derartige Aufgaben war, jedoch könnte<br />
das Angebot nach Ansicht des Seniorenbeirats noch mehr publik gemacht werden. Von<br />
Vorteil könnte evtl. auch ein mit den Sozialverbänden und Handwerksbetrieben gemeinsam<br />
betriebenes „Beratungszentrum“ sein.<br />
Für die Bevölkerungsgruppe der Senioren bestehen zahlreiche Wohnangebote in<br />
Ganderkesee. Weitere Wohnangebote für die Zielgruppe 50+ könnten die Attraktivität<br />
für den Wohnstandort erhöhen.<br />
Besonders der Ort Ganderkesee bietet eine umfassend ausgebaute Infrastruktur sowohl<br />
im Bereich der Versorgung als auch im Bereich des ÖPNV. Aber auch Bookholzberg<br />
(u.a. aufgrund des Bahnhofs) und Heide (direkte räumliche Nähe zu Delmenhorst mit<br />
Stadtbushalt) bieten günstige Bedingungen als Wohnstandorte für ältere Menschen. Bereits<br />
heute werden die vorhandenen Altenwohnungen und das Betreute Wohnen in der<br />
Gemeinde gut nachgefragt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Nachfrage, aufgrund<br />
der zunehmend wachsenden Zahl älterer Menschen, künftig ansteigen wird. Zwar<br />
lagen die Wohn- und Pflegeheime bisher eher in dezentraleren Ortsteilen, jedoch werden<br />
aktuell neue Wohnangebote im Zentrum von Ganderkesee und Bookholzberg gebaut.<br />
Handlungsbedarf besteht nach Aussage der Experten im Bereich kleiner (Alten)Wohnungen.<br />
Derartige Wohnungen müssten altengerecht und v.a. bezahlbar sein<br />
sowie sich in Zentrumsnähe befinden. Eine direkte Betreuung und Pflege müsste nicht<br />
notwendigerweise vorhanden sein. Ähnliche Wohnformen kämen auch für die Altersgruppe<br />
50+ infrage. Diese Zielgruppe interessiert sich meist für einfach zu pflegende<br />
Wohnformen ohne zusätzliche Betreuungsangebote. Eine Möglichkeit das Angebot für<br />
diese Zielgruppe passgenau zu entwickeln besteht darin, die Nachfrageentwicklung gerade<br />
fertig gestellter Objekte, die u.a. für die Altersgruppe 50+ geeignet sind, zu verfolgen.<br />
Ehrenamtliches Engagement und aktive Freizeitgestaltung tragen dazu bei, die<br />
älteren Menschen zu integrieren und einer Isolation vorzubeugen.<br />
Wie die meisten Mitgliedsgemeinden des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> verfügt auch Ganderkesee<br />
seit vielen Jahren über einen Seniorenbeirat, dessen Vertreter sich ehrenamtlich<br />
und in Zusammenarbeit mit der Verwaltung den unterschiedlichsten Belangen älterer<br />
Menschen annehmen. Zudem nehmen Vertreter des Beirates auch an Arbeitskreisen des<br />
Seniorenverbandes <strong>Oldenburg</strong>er Land teil, so dass auch ein regionaler Austausch über<br />
Gute Beispiele und Probleme stattfindet sowie gemeinsame Veranstaltungen organisiert<br />
werden. Eine wesentliche Bedeutung kommt im Rahmen der Arbeit des Beirates u.a. der<br />
Freizeitgestaltung der Senioren zu. Um einer Isolation vorzubeugen und die geistigen<br />
und sensorischen Fähigkeiten zu trainieren werden bspw. Bastel-, Handwerks- oder Nähgruppen<br />
angeboten, die jeder Interessierte kostenfrei besuchen kann. Eine gute Zusammenarbeit<br />
besteht hier mit dem Wiechernstift. Eine Möglichkeit dieses Angebot weiter<br />
auszubauen wären bspw. generationenübergreifende Gruppen, in denen Menschen aller<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 43
Altersgruppen zusammen tätig sind, oder aber das Angebot von Betreuungsdiensten für<br />
Eltern.<br />
Ein weiteres Gutes Beispiel, welches die Mobilität z.B. älterer Menschen erhöht und somit<br />
auch die Freizeitgestaltung erleichtert, ist der Bürgerbus in Ganderkesee. Mit Weser-<br />
Ems-Bus als Verkehrsunternehmen und ehrenamtlichen Fahrern werden Strecken ehemaliger<br />
Linienbusse zwischen Delmenhorst und Schierbrok (über Heide) sowie Delmenhorst<br />
und Rethorn (über Elmeloh und Stenum) bedient. Das Angebot wird sehr gut angenommen<br />
(vgl. Abb. 49). Zudem werden derzeit zusätzliche Fahrer für eine neue Strecke<br />
zwischen Bookholzberg und Falkenburg (über Rethorn, Ganderkesee, Steinkimmen und<br />
Bergedorf) gesucht.<br />
Abb. 49: Fahrgastzahlen des BürgerBus Ganderkesee 2007<br />
(Quelle: Gemeinde Ganderkesee)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 44
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen<br />
Die Gemeinde Ganderkesee war in den vergangenen Jahrzehnten Ziel zahlreicher Familienwanderungen<br />
aus der Stadt Delmenhorst. Das enorme Bevölkerungswachstum durch<br />
Prozesse der Suburbanisierung führte beispielsweise dazu, dass bis kurz nach der Jahrtausendwende<br />
Höchstwerte bei den Kinderzahlen und somit auch hohe Auslastungsraten<br />
der Betreuungseinrichtungen erreicht wurden. Die Zahl der Kinder nimmt jedoch seit einigen<br />
Jahren ab. Gleichzeitig steigen die Anteile älterer und alter Menschen an der Gesamtbevölkerung.<br />
Und in vielen ehemaligen Familienwohngebieten steht kurz- oder mittelfristig<br />
ein Generationenwechsel an.<br />
Folgende wesentliche Herausforderungen ergeben sich daher aus dem demografischen<br />
Wandel für die Entwicklung Ganderkesees:<br />
► Die Erarbeitung eines künftigen Leitbilds ermöglicht es, die Gemeinde gezielt<br />
weiter zu entwickeln. Hierbei könnte ein querschnittsorientierter Prozess unter Beteiligung<br />
von Bürgern, Politik und Verwaltung für den demografischen Wandel und seine<br />
Herausforderungen sensibilisieren und Potenziale entwickeln helfen. Gemeinsam<br />
formulierte Ziele dienen dann als Orientierungshilfe bei zukünftigen Entscheidungen.<br />
► Der zunehmende Anteil älterer und alter Menschen an der Gesamtbevölkerung und<br />
die gleichzeitig sinkende Zahl von (zuziehenden) Familien machen deutlich, dass<br />
Anpassungen des Wohnungs- und Immobilienmarktes an sich verändernde<br />
Wohnanforderungen wichtig sind. Bereits heute sind deutliche Nachfrageverschiebungen<br />
spürbar.<br />
► Der qualitativen Weiterentwicklung des Bestandes kommt eine besondere Bedeutung<br />
zu (sowohl im Hinblick auf die Bevölkerung, als auch auf den Grundstücks- und<br />
Immobilienmarkt). Es wird zunehmend darauf ankommen, die derzeitige Bevölkerung<br />
zu binden und eine Abwärtsspirale bei Gebrauchtimmobilien zu verhindern.<br />
► Aufgrund des in den kommenden Jahrzehnten kontinuierlich wachsenden Anteils<br />
der Senioren und Hochbetagten an der Gesamtbevölkerung, ergeben sich in den<br />
verschiedensten Bereichen (z.B. Wohnen, Versorgung, Mobilität, Pflege) steigende<br />
Anforderungen und Anpassungsbedarfe.<br />
► Die Mobilität ist gerade bei Senioren oft eingeschränkt, wenn die Nutzung des Pkws<br />
nicht mehr möglich ist. Aber auch junge Menschen müssen oft weitere Strecken zurücklegen,<br />
um z.B. die Schule oder Freizeitstätten zu erreichen. Der Stärkung und<br />
dem Ausbau des ÖPNV wird somit zukünftig eine immer größere Bedeutung zukommen.<br />
► Erforderlich ist darüber hinaus eine realistische und nachhaltige Organisations- und<br />
Standortstruktur der sozialen Infrastruktur. Die disperse Siedlungsstruktur der<br />
Gemeinde stellt dabei eine große Herausforderung dar, wenn eine zunehmende Benachteiligung<br />
der Bevölkerung vermieden werden soll.<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 45
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung<br />
Die vorliegende Fallstudie hat anhand verschiedenster Aspekte (z.B. Bevölkerungs- und<br />
Neubauentwicklung) verdeutlicht, dass Ganderkesee von den gesamtregionalen demografischen<br />
Prozessen in der Vergangenheit in erheblichem Umfang profitiert hat. Diese<br />
regionalen Rahmenbedingungen haben sich jedoch in den vergangenen Jahren maßgeblich<br />
verändert. Immer weniger Familien(gründer) aus Delmenhorst zieht es bspw. in die<br />
Gemeinde Ganderkesee, so dass u.a. veränderte Marktbedingungen auf dem Grundstücks-<br />
und Immobilienmarkt (z.T. Nachfragerückgang bei Angebotsüberhang) aber z.B.<br />
auch im Bereich der sozialen Infrastruktur entstehen. In den 1990er Jahren scheinbar<br />
erfolgreiche Konzepte und Strategien sind daher nicht ohne weiteres dazu geeignet, als<br />
Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung der Gemeinde im 21. Jahrhundert zu dienen.<br />
Diese Strukturverschiebungen machen deutlich, dass es zukünftig darauf ankommen<br />
wird, alle Gemeindeplanungen und -entwicklungen auf ihre Demografieverträglichkeit<br />
zu überprüfen. Zur Entwicklung des Bewusstseins für die Herausforderungen und<br />
Chancen Ganderkesees im demografischen Wandel in der Verwaltung, aber auch in der<br />
lokalen Wirtschaft, in der Politik und in der Bevölkerung, können Leitprojekte unterstützend<br />
wirken.<br />
Dabei kommt es darauf an, eine qualitative Entwicklung der Gemeinde zu fokussieren.<br />
Qualitäten können beispielsweise im Bereich der Bildungslandschaft, aber auch in der<br />
(Nah)Erholung und in der Entwicklung des Wohnstandortes liegen („Aufenthaltsqualität“).<br />
Dabei gilt es nach Ansicht der Gemeindevertreter eine einseitige Profilbildung zu vermeiden.<br />
Vielmehr ist es von Bedeutung die Bedürfnisse verschiedener Zielgruppen zu<br />
eruieren, damit eine stabile und ausgewogene Bevölkerungsstruktur erreicht wird. Um die<br />
Gemeinde beispielsweise für Familien attraktiv zu gestalten, spielen sowohl die Interessen<br />
der Kinder und der Eltern als auch der Großeltern eine Rolle.<br />
Durch die Entwicklung eines Leitbildes und die Ansprache verschiedener Zielgruppen<br />
können auch die Identifikation mit der Gemeinde gestärkt sowie Potenziale aufgedeckt<br />
und gefördert werden. Der Vorschlag zur Entwicklung eines Leitbildes für die<br />
Gemeinde Ganderkesee in Zusammenarbeit mit der Regio-VHS besteht in der Gemeinde<br />
bereits. Eine Beschlussfassung ist jedoch noch nicht erfolgt (so sollen bspw. der finanzielle<br />
Aufwand und mögliche Folgekosten noch näher eruiert werden).<br />
6.2 Handlungsoptionen für Zielgruppen<br />
Den Jugendlichen und jungen Erwachsenen kommt eine besondere Bedeutung zu.<br />
Der Anteil der Jugendlichen an der Gesamtbevölkerung Ganderkesees ist noch relativ<br />
hoch. Somit ist das Potenzial zur Steigerung der Anzahl junger Erwachsener durchaus<br />
vorhanden. Ursache für die aktuell hohe Anzahl an Jugendlichen sind die Wanderungsgewinne<br />
der letzten Jahrzehnte. Da die Jugendlichen die jungen Erwachsenen von morgen<br />
sind, bilden sie eine Bevölkerungsgruppe, der besondere Aufmerksamkeit geschenkt<br />
werden sollte. In diesem Zusammenhang ist es wichtig, die Jugendlichen frühzeitig an die<br />
Gemeinde zu binden und eine Identifikation mit dieser zu fördern. Hierbei spielen beispielsweise<br />
ausreichende und ansprechende Freizeitangebote (Diskothek, Kino, Treffpunkte,<br />
etc.) ein bedeutende Rolle. In diesem Bereich besteht in Ganderkesee z.T. Handlungsbedarf.<br />
So könnte durch interkommunale Kooperationen oder durch die Verbesserung<br />
der verkehrlichen Anbindung die Nutzung auch von weiter entfernt gelegenen Angeboten<br />
ermöglicht werden. Darüber hinaus ist eine verstärkte Einbindung der Jugendlichen<br />
in die Gemeindearbeit und in örtliche Netzwerke hilfreich. Das Jugendparlament der<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 46
Gemeinde Ganderkesee stellt in diesem Zusammenhang ein Gutes Beispiel dar, um die<br />
Jugendlichen am kommunalen Geschehen zu beteiligen.<br />
Die Aktivitäten der Zukunftswerkstatt Ausbildungsplatzinitiative Ganderkesee (ZWAIG)<br />
sind ebenfalls als beispielhaft zu bezeichnen. Besonders die von ZWAIG organisierten<br />
Ausbildungsplatzbörsen (in Ganderkesee, Wildeshausen und Delmenhorst) unterstützen<br />
die Jugendlichen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> dabei, einen Ausbildungsplatz in „ihrer“<br />
Region zu finden. Ausgebaut werden könnte dieses Angebot bspw. dadurch, dass lokale<br />
Betriebe zusätzlich zu ihrer Präsentation auf den Internetseiten von ZWAIG z.B. noch in<br />
den Schulen über Berufsbilder und Ausbildungsmöglichkeiten informieren oder kleinere<br />
kooperative (Forschungs)Projekte mit den Schulen starten. Hierdurch könnten die Jugendlichen<br />
noch stärker an die Region gebunden werden.<br />
Oft ist jedoch der Fortzug aus der Gemeinde, um andernorts einen Ausbildungs- oder<br />
Studienplatz anzutreten, Bestandteil eines natürlichen Prozesses der Abnabelung. In<br />
diesen Fällen könnte nach Möglichkeiten gesucht werden, den Kontakt zu den Abwanderern<br />
zu halten und auf diese Weise die Chance für eine spätere Rückkehr (in der Familienbildungsphase)<br />
zu erhöhen. Denkbar wären z.B. Unterstützungsangebote bei der Organisation<br />
von Klassentreffen oder der regelmäßige Versand von geeigneten Medien<br />
(E-Mail-Newsletter, sonstige Publikationen) mit interessanten Informationen für diese<br />
Altersgruppe. Voraussetzung hierfür wäre die systematische Sammlung bzw. Aufbereitung<br />
von Anschriften und E-Mail-Adressen. Auch eignen sich besondere lokale oder jährliche<br />
Ereignisse/Festivitäten, die üblicherweise viele fortgezogene junge Menschen mit<br />
ihren Familien und/oder Freunden in der Heimat verleben (Feiertage, Schützenfest, Fasching<br />
um den Ring) für besondere Werbeaktionen (z.B. Haushalts-Wurfsendungen,<br />
Infostände, -veranstaltungen usw.).<br />
Die Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen ist in zweierlei Hinsicht besonders wichtig für<br />
die Entwicklung der Gemeinde Ganderkesee. Sie erzeugt auf der einen Seite Impulse für<br />
den lokalen Arbeitsmarkt, auf der anderen Seite ist sie die kommende potenzielle Familiengründergeneration.<br />
Aktuell sind die jungen Erwachsenen jedoch besonders gering<br />
vertreten; zudem ist ihr Anteil an der Gesamtbevölkerung in den letzten zehn Jahren als<br />
einziger deutlich zurückgegangen (vgl. Abb. 50): Trotz des Einwohnerwachstums um<br />
über 14 % seit 1990 lag die Zahl der jungen Erwachsenen Ende 2006 um fast 40 % unter<br />
der Zahl von 1990. Positiv zu bewerten ist die Nähe der Gemeinde zum Oberzentrum<br />
Bremen und zur Stadt Delmenhorst und somit zu Arbeits- und Ausbildungsplätzen sowie<br />
zu Hochschulen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 47
0-9-Jährige<br />
10-19-Jährige<br />
20-29-Jährige<br />
40-49-Jährige<br />
über 70-Jährige<br />
-38%<br />
5%<br />
-60% -40% -20% 0% 20% 40% 60% 80%<br />
Abb. 50: Prozentuale Entwicklung der Altersgruppen Ganderkesees 1990 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Die Aktivität der jungen Familien auf dem Immobilienmarkt hat sich in den letzten Jahren<br />
gewandelt. Gründe hierfür ist zum einen der deutliche Rückgang der Zuzüge in den<br />
entsprechenden Alterklassen; zum anderen nehmen die Familien auch allgemein quantitativ<br />
aufgrund der sich verändernden Altersstrukturen ab. Ganderkesee sollte daher nach<br />
Möglichkeiten suchen, Familien mit Bereitschaft zur Eigentumsbildung bei der Realisierung<br />
ihrer Wünsche zu unterstützen. Denkbar wären beispielsweise regelmäßige Informationsveranstaltungen<br />
in Kooperation mit der Immobilienwirtschaft, wobei ausdrücklich<br />
auch Bestandsimmobilien und Konzepte des kostengünstigen Wohnungsbaus einen besonderen<br />
Schwerpunkt bilden sollten. Die Aktivierung größerer Baulandreserven in den<br />
Randlagen sollte generell mit Blick auf die entspannte Nachfragesituation differenziert<br />
betrachtet werden; künftig wird es vielmehr darauf ankommen, die Ortsentwicklung durch<br />
geeignete Impulse zu stabilisieren. Neben dem Immobilienmarkt stellt aber auch das<br />
Angebot an sozialer Infrastruktur einen wesentlichen Faktor bei der Werbung von Familien<br />
dar. In diesem Zusammenhang gilt es z.B. nachfragegerechte Angebote bzgl. der<br />
Kinderbetreuung oder der Unterstützung bei der Pflege von Familienangehörigen zu<br />
schaffen (im Sinne der Vereinbarkeit von Familie und Beruf).<br />
Die derzeitige Altersstruktur der Gemeinde lässt erkennen, dass zusätzliche Nachfrageimpulse<br />
künftig besonders von der Altersgruppe 50+ ausgehen werden. Die Nachfrage<br />
dürfte sich dabei auch auf den Immobilienmarkt erstrecken, da zunehmend eine Wohnmobilität<br />
in der zweiten Lebenshälfte beobachtet wird. Die 40- bis 49-Jährigen sind aktuell<br />
in Ganderkesee besonders stark vertreten und werden somit kurz- bis mittelfristig den<br />
Anteil der Altersgruppe 50+ deutlich erhöhen. Gerade in der zweiten Lebenshälfte ist die<br />
Wahrscheinlichkeit groß, dass bedingt durch den Auszug der Kinder aus dem „Familieneigenheim“<br />
ein Umzug oder ein Umbau diskutiert wird. Bei der Entwicklung entsprechender<br />
Wohnangebote sollte beachtet werden, dass auch ältere Menschen zukünftig<br />
häufig über geringere finanzielle Mittel verfügen. Gründe hierfür können (Langzeit-) Arbeitslosigkeit,<br />
Scheidung oder unerwartet geringe Erlöse aus dem Verkauf der Altimmobilie<br />
sein.<br />
Die Anteile der Senioren an der Bevölkerung Ganderkesees sind bereits in den vergangenen<br />
Jahren deutlich gewachsen und werden in den nächsten Jahrzehnten noch weiter<br />
zunehmen. Um diese Bevölkerungsgruppe in der Gemeinde zu halten und Lebensqualität<br />
für sie zu schaffen, gilt es lokale Gruppen und Vereine bei der Entwicklung attraktiver<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 48<br />
15%<br />
28%<br />
64%
seniorenspezifischer Angebote (wie bspw. Kleingärten) zu unterstützen. Zudem ist eine<br />
Steigerung der Aktivität und Mobilität wichtig, um Vereinsamung und den Ausschluss von<br />
gesellschaftlicher Teilhabe zu verhindern. Hier sollten Voraussetzungen für eine aktive<br />
Selbstbetätigung geschaffen werden. Ein Gutes Beispiel stellt hier die Arbeit des Seniorenbeirates<br />
dar, der verschiedenste Betätigungsmöglichkeiten für Senioren geschaffen<br />
hat. Die Wohnmöglichkeiten für ältere und alte Menschen sind durch die aktuelle Errichtung<br />
drei weiterer Wohnparks recht vielfältig. Beim Angebot auf dem Immobilienmarkt<br />
sollten jedoch auch Menschen mit geringerem Einkommen berücksichtigt und bezahlbarer<br />
Wohnraum geschaffen werden.<br />
Aufgrund sich verändernder Nachfragestrukturen auf dem Immobilienmarkt, erscheint es<br />
sinnvoll zielgruppenspezifische ‚Testballons’ anzubieten. Der Immobilienmarkt in<br />
Ganderkesee, speziell der Neubau der vergangenen zehn Jahre wird von Einfamilienhäusern<br />
und Zweifamilienhäusern bestimmt – Wohnprodukte, die ursprünglich vornehmlich<br />
für Familien mit Kindern konzipiert sind. Generell wird künftig jedoch eine deutlich<br />
abnehmende Bedeutung des Eigenheims erwartet. Die Zahl der Haushalte mit drei und<br />
mehr Personen wird weiter sinken – im <strong>Landkreis</strong> liegt ihr Anteil schon heute bei nur noch<br />
etwa 35 % - bei mittelfristig noch weiter zunehmenden Ein- und Zwei-Personen-<br />
Haushalten (vgl. Abb. 51).<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
-5%<br />
-10%<br />
-15%<br />
-20%<br />
5%<br />
23%<br />
8%<br />
20%<br />
Niedersachsen LK <strong>Oldenburg</strong><br />
-7%<br />
-2%<br />
-13%<br />
-14%<br />
-13%<br />
-15%<br />
1-P-HH 2-P-HH 3-P-HH 4-P-HH 5+-P-HH Haushalte<br />
gesamt<br />
Abb. 51: Haushaltsentwicklung 2005 bis 2020 in %<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Prognosedaten der Wohnungsmarktbeobachtung<br />
2006 der Niedersächsischen Landestreuhandstelle)<br />
Die Platzierung von ‚Testballons’ neuer Produkte in Ganderkesee für spezielle Zielgruppen<br />
könnte hilfreich sein, um das Angebot passgenau zu entwickeln. Dabei ist durchaus<br />
nicht (nur) an Seniorenheime oder altersgerechtes, barrierefreies Wohnen zu denken,<br />
auch die bereits angesprochenen Angebote für die Generation 50+, für junge Erwachsene<br />
sowie Alleinstehende dürften erheblichen Nachholbedarf aufweisen. Auch in den klassischen<br />
Einfamilienhaus- und Neubaugebieten sollte versucht werden, stärkere soziale<br />
und altersstrukturelle Mischungen zu erreichen, um die Nachteile demografisch monostrukturierter<br />
Quartiere zu vermeiden. Die Gemeinde hat hier nicht nur über die Bauleitplanung<br />
Steuerungsmöglichkeiten, sie wird künftig auch ihre Rolle als Moderatorin und<br />
Initiatorin von Entwicklungen und Prozessen im Immobilienbereich verstärkt nutzen müssen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 49<br />
1%<br />
10%
6.3 Siedlungsentwicklung<br />
Angesichts der rückläufigen Nachfrage nach Baugrundstücken und dem fortgesetzten<br />
Bevölkerungsrückgang, sollte zukünftig die Siedlungsentwicklung noch mehr auf die bereits<br />
bestehenden Kerne konzentriert werden; Der Stellenwert der Innenentwicklung<br />
steigt. Dabei besteht die Notwendigkeit Schwerpunkte zu setzen und gleichzeitig eine<br />
differenzierte Profilbildung der Ortsteile zu fördern. Es ist daher ratsam, die kommenden<br />
Jahre zu nutzen, um über die noch notwendigen Wohnbauentwicklungen Arrondierungen<br />
vorzunehmen und nachhaltig tragfähige Siedlungsstrukturen zu schaffen. Auch vor<br />
dem Hintergrund, dass eine regionsweit festzustellende Konzentration der Nachfrager auf<br />
gut angebundene Standorte mit überdurchschnittlicher Infrastrukturausstattung stattfindet.<br />
Dieser Trend ist einerseits mit veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen zu<br />
erklären (Kürzung Pendlerpauschale, Abschaffung Eigenheimzulage, gestiegene Kraftstoffpreise,<br />
Arbeitsplatzunsicherheit), er steht aber auch mit einer veränderten demografischen<br />
Zusammensetzung der Wohnraum nachfragenden Menschen (Zunahme Senioren,<br />
Generation 50+, Alleinstehende; deutlicher Rückgang von Familien) im Zusammenhang.<br />
Auch die Baugebiete an sich gilt es über die Differenzierung der Bauleitpläne für die<br />
verschiedensten Zielgruppen attraktiv zu gestalten. Dabei könnte ein Mix aus barrierefreien<br />
Bungalows, Familieneigenheimen, und altengerechten Wohnungen entstehen.<br />
Zukünftig wird es darauf ankommen, die Qualität und Zukunftsfähigkeit im Neubau zu<br />
sichern. Die Gemeinde sollte angesichts des langfristig zu erwartenden markanten Nachfragerückgangs<br />
und veränderter Bedarfe auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt generell<br />
die Zukunftsfähigkeit aller Projekte der Siedlungsentwicklung kritisch prüfen (‚Demografiecheck’).<br />
Dabei sollte auch die Alterung der Bewohner und damit bspw. Fragen<br />
der verkehrlichen Anbindung und der Entwicklungsperspektiven der Versorgungsinfrastruktur<br />
eine Rolle spielen.<br />
Neben dem Neubau spielen auch Bestandsimmobilien eine immer größere Rolle auf dem<br />
Immobilienmarkt der Gemeinde Ganderkesee. Problematische Entwicklungen könnten<br />
hier zukünftig bezüglich des Leerstands und Verfalls bei Altimmobilien auftreten.<br />
Künftig wird es immer mehr von älteren, alleinstehenden Personen bewohnte Immobilien<br />
geben – mit der Folge, dass Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsrückstände, angesichts<br />
der rückläufigen Nachfrage nach älteren Bestandsimmobilien, zunehmend auftreten<br />
werden. Auch Leerstände dürften daher zunehmen. Diese Gebäude sind aktuell in<br />
Ganderkesee vor allem an den Durchgangsstraßen gelegen, dürften zukünftig aber auch<br />
in Wohngebieten zu finden sein. Es ist daher zu empfehlen, systematisch und möglichst<br />
frühzeitig zu reagieren, um eine Abwärtsspirale der betroffenen Siedlungsbereiche zu<br />
verhindern.<br />
6.4 Anpassung sozialer Infrastruktur<br />
Von den Prozessen des demografischen Wandels wie Bevölkerungsrückgang und Zunahme<br />
der Anteile älterer und alter Menschen ist in besonderem Maße auch die soziale<br />
Infrastruktur der Gemeinde Ganderkesee betroffen; einerseits können Unterauslastungen<br />
auftreten, andererseits gewinnen „neue“ Nachfrager an Bedeutung. Anpassungsleistungen<br />
müssen insofern sowohl bei Infrastruktureinrichtungen für Kinder und Jugendliche als<br />
auch bei solchen für Senioren und Hochbetagte erfolgen.<br />
Im Kinderbetreuungsbereich hat Ganderkesee ein quantitativ und qualitativ recht gutes<br />
Angebot aufgebaut. Künftig dürften jedoch aufgrund rückläufiger Kinderzahlen Anpassungsleistungen<br />
notwendig werden. Optimierungsmöglichkeiten könnten zum einen über<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 50
die Variation der Gruppengröße erfolgen, wobei die Anzahl der Gruppen innerhalb eines<br />
Kindergartens durch Zusammenlegung reduziert wird und frei werdende Räume Angebotserweiterungen<br />
dienen. Eine weitere Möglichkeit ist die Einrichtung von Mischgruppen,<br />
in denen Kindergarten- und Krippenkinder gemeinsam betreut werden. Gerade in<br />
einer Gemeinde wie Ganderkesee mit weitläufiger Siedlungsstruktur sind mehrere räumlich<br />
verteilte Standorte mit Betreuungsmöglichkeiten für die Daseinsvorsorge wichtig.<br />
Darüber hinaus sind zukünftig eine Flexibilisierung der Betreuungsangebote bezüglich<br />
der Öffnungszeiten und ausreichende Betreuungsplätze für Kleinkinder wichtig - gerade<br />
auch vor dem Hintergrund der Vereinbarung von Beruf und Familie. Eine weitergehende<br />
Angebotserweiterung könnte der Ausbau von Kindertagesstätten zu Familienzentren<br />
darstellen, in denen Angebote im Bildungs- und Betreuungsbereich vernetzt werden. In<br />
solchen Familienzentren könnten zudem nicht-institutionelle Formen der Kinderbetreuung<br />
(z.B. Tagesmütter) koordiniert werden. Möglich wäre beispielsweise auch der Aufbau<br />
eines „Leih-Oma/Opa-Services“, durch den auch das Miteinander der Generationen gestärkt<br />
würde. Neben den qualitativen Angebotserweiterungen ist es jedoch zusätzlich<br />
wichtig, bauliche und räumliche Flexibilität zu schaffen, so dass die Einrichtungen zu<br />
verschiedenen Zwecken und von diversen Zielgruppen (zukünftig) genutzt werden können.<br />
Die Auslastungsrückgänge der Grundschulen, die z.T. bereits aufgrund sinkender Geburten-<br />
und Zuzugszahlen stattgefunden haben, können durchaus auch Entwicklungschancen<br />
mit sich bringen. Neben Anpassungen über die Klassenzahlen und Veränderung<br />
der Einzugsbereiche stellt auch die qualitative Angebotserweiterung - bes. für Grundschulen<br />
mit niedriger Schülerzahl wie der GS Habbrügge - einen effizienten Weg der<br />
Anpassung dar. Die Schullandschaft Ganderkesees könnte zudem durch die Einrichtung<br />
weiterer Hortangebote ausgebaut werden. Gerade in diesem Bereich besteht eine wachsende<br />
Nachfrage seitens der (berufstätigen) Eltern. Kooperationsmöglichkeiten bestehen<br />
hier auch mit anderen kinderaffinen Einrichtungen, wie Tagesmüttern oder Sportvereinen.<br />
Aktuelle Aktionen einzelner Grundschulen zeigen bereits den Weg einer Qualifizierung<br />
sowohl des schulischen als auch des außerschulischen Angebots auf: „Spieletag“ mit<br />
Schülern und Familien in der GS Dürerstraße sowie Teilnahme am Projekt SINUS-<br />
Transfer (optimierte Unterrichtsmethoden und -materialien) der Grundschulen Dürerstraße,<br />
Habbrügge und Lange Straße.<br />
Im Bereich der Jugendarbeit sollte stets ein ständiger Austausch mit den Jugendlichen<br />
der Gemeinde Ganderkesee über ihre Bedürfnisse und Wünsche erfolgen. Dies geschieht<br />
beispielsweise z.T. bereits über das Jugendparlament. Gerade im ländlichen<br />
Raum fällt das Freizeitangebot für Jugendliche - mit Ausnahme des Vereinssports - eher<br />
gering aus. Vor diesem Hintergrund ist es wichtig, auf der einen Seite die Mobilität der<br />
Jugendlichen und auf der anderen Seite die Zusammenarbeit benachbarter Gemeinden<br />
beim Freizeitangebot für Jugendliche zu fördern. So würde den Jugendlichen ein breiteres<br />
Angebot zur Freizeitgestaltung zur Verfügung stehen.<br />
Im Hinblick auf die stetig wachsende Personengruppe der älteren Bürgerinnen und<br />
Bürger Ganderkesees und die bestehenden Wohn- und Siedlungsstrukturen ist die Herausforderung<br />
nicht ernst genug zu nehmen, alten, vielfach alleinstehenden Menschen in<br />
Zukunft zu ermöglichen, möglichst lange in ihren Eigenheimen bleiben zu können – oder<br />
ihnen adäquate alternative Wohnmöglichkeiten an geeigneten integrierten Standorten<br />
anzubieten. Eine Möglichkeit die Selbstständigkeit zu fördern ist ein koordiniertes Netzwerk<br />
aus professionellen und ehrenamtlichen Hilfskräften, welches einen Überblick über<br />
vorhandene Service- und Hilfsdienstleistungen ermöglicht. Wichtig wäre eine zentrale<br />
Anlaufstelle, die koordinierend und vermittelnd tätig ist. Eine derartige Einrichtung könnte<br />
den älteren und alten Menschen dabei helfen, das passende Angebot für ihre spezifischen<br />
Bedürfnisse zu finden.<br />
Auf dem Ehrenamt bzw. den bestehenden Netzwerken (Dorfgemeinschaften, Vereine,<br />
Kirchen usw.) aufbauende Angebote, die gerade auch den Senioren in den peripheren<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 51
Ortsteilen den Alltag erleichtern und bereichern (Seniorentreffpunkte, eigenes ehrenamtliches<br />
Engagement, Besuchsdienste) sollten ebenfalls weiter unterstützt und gefördert<br />
werden.<br />
Um das ehrenamtliche Engagement in Ganderkesee zu<br />
fördern hat die Gemeinde bereits das Freiwilligen-Forum<br />
„Mach mit“ gegründet, in dem Organisationen, Verbände<br />
und Vereine ehrenamtliche Mithilfe suchen und<br />
interessierte Bürger ehrenamtliche Dienste anbieten können.<br />
Gerade vor dem Hintergrund der weiter zunehmenden Zahl von Menschen, die zuhause<br />
von Angehörigen gepflegt werden, existiert in der Gemeinde Ganderkesee ein weiterer<br />
guter Ansatz im Bereich der Unterstützung und Stärkung der häuslichen Pflege. Durch<br />
die Regio-VHS speziell qualifizierte „Pflegebegleiter“ werden ehrenamtlich tätig, indem<br />
sie pflegende Angehörige durch Ratschläge und Kontaktvermittlung unterstützen und<br />
entlasten. Die Ausbildung ist Teil eines bundesweiten Modellprogramms zur Weiterentwicklung<br />
der Pflegeversicherung und wird von den Spitzenverbänden der Pflegekassen<br />
von 2004-2008 gefördert.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Ganderkesee’ 52
Fallstudie<br />
„DEMOGRAFISCHER WANDEL IN DER<br />
GEMEINDE GROSSENKNETEN“<br />
Endfassung<br />
Verfasser:<br />
FORUM GmbH, <strong>Oldenburg</strong><br />
Juli 2008
Gliederung<br />
1 Konzeption der Fallstudie ......................................................................................... 3<br />
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland................................................................. 4<br />
3 Die Gemeinde Großenkneten im Überblick............................................................. 7<br />
4 Ausgangslage............................................................................................................. 8<br />
4.1 Einwohnerentwicklung.............................................................................................. 8<br />
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Großenkneten und ihrer Ortsteile ............................ 11<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten ................................... 15<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Großenkneten ................................. 25<br />
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen Wandel<br />
................................................................................................................................... 29<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt........................................................................... 29<br />
5.2 Soziale Infrastruktur ............................................................................................... 34<br />
5.2.1 Kinderbetreuung.............................................................................................. 34<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen............................................................................ 38<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur...................................................................... 42<br />
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen ................................................................. 46<br />
6.1 Verbesserung der Informationsgrundlagen............................................................ 47<br />
6.2 Handlungsoptionen für Zielgruppen ....................................................................... 48<br />
6.3 Siedlungsentwicklung............................................................................................. 50<br />
6.4 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung.................................................. 52<br />
6.5 Anpassung sozialer Infrastruktur............................................................................ 52
1 Konzeption der Fallstudie<br />
Die Fallstudie „<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten“ ist Teil eines<br />
Auftrages des <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> an die FORUM GmbH unter dem Titel „Masterplan<br />
Demografie für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>“.<br />
Die Fallstudie ist in sechs Kapitel gegliedert. Zunächst beschäftigt sich das zweite Kapitel<br />
als thematischer Einstieg und zur Erleichterung der weiteren Einordnung mit dem demografischen<br />
Wandel in Deutschland. Nach der Darstellung der räumlichen Strukturen der<br />
Gemeinde (Kap. 3) wird in Kapitel 4 auf die demografische Ausgangslage eingegangen,<br />
bevor Kapitel 5 die Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen thematisiert. Anschließend<br />
werden ‚Gute Beispiele’ herausgearbeitet sowie Handlungsoptionen in Bezug<br />
auf Wohnungsmarkt, Baulandentwicklung und soziale Infrastrukturplanung skizziert (Kapitel<br />
6). Um angesichts der Fülle des zugrunde liegenden Daten- und Informationsmaterials<br />
eine möglichst übersichtliche und anschauliche Darstellung zu erreichen, werden die<br />
wichtigsten Informationen zur besseren Lesbarkeit zu prägnanten Aussagen verdichtet<br />
und mit Grafiken hinterlegt.<br />
In die <strong>Fallstudien</strong> für die Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> sind neben ausführlichen<br />
Auftakt- und Koordinationsgesprächen mit Vertretern der kreisangehörigen Kommunen<br />
(‚BürgermeisterInnengespräche’) und Auswertungen umfangreichen Datenmaterials<br />
(speziell Niedersächsisches Landesamt für Statistik sowie Daten der kommunalen<br />
Meldeämter) auch Gespräche mit Experten aus der Region eingeflossen, u.a. mit Vertretern<br />
der Bereiche Immobilien-/Wohnungsmarkt, Senioren (z.B. Seniorenbeiräte), Familie<br />
und Jugend.<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 3
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland<br />
Die demografische Struktur Deutschlands und seiner Teilräume war auch in der Geschichte<br />
niemals über längere Zeiträume konstant. Seit jeher haben sich markante historische<br />
Einschnitte wie Seuchen, Kriege oder aber soziale bzw. wirtschaftliche Innovationen<br />
auch in der Entwicklung und Zusammensetzung der Bevölkerung niedergeschlagen.<br />
Charakteristisch ist in den westlichen Staaten der starke Anstieg der Bevölkerungszahlen<br />
speziell seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, der in Deutschland bis in die<br />
1970er Jahre angehalten hat. Eine anhaltend hohe Geburtenrate bei langsam steigender<br />
Lebenserwartung war verantwortlich für diese Entwicklung. Vor etwa 35 Jahren jedoch<br />
hat sich das Verhältnis schlagartig umgekehrt und in Deutschland konnte sich eine zuvor<br />
ungekannte Entwicklung verfestigen: Im Gefolge der unter der Bezeichnung ‚Pillenknick’<br />
subsumierten Umwälzungen ist die Geburtenrate innerhalb weniger Jahre signifikant um<br />
mehr als ein Drittel deutlich unter das sog. Bestandserhaltungsniveau gesunken und<br />
seither stabil geblieben. In der Konsequenz bedeutet dies, dass jede Elterngeneration im<br />
Vergleich zur vorherigen seither um ein Drittel abnimmt, sofern keine Zuwanderungsgewinne<br />
erfolgen! (vgl. Abb. 2)<br />
Die nachstehenden Grafiken bilden die Altersstruktur Deutschlands im Abstand von jeweils<br />
30 Jahren ab, zeigen also etwa drei Generationenschritte auf 1 . Besonders gut ist<br />
das ‚Durchwachsen’ der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge zu erkennen, die vor allem<br />
dem Immobilienmarkt im Umland der Ballungsräume in den vergangenen Jahren spürbaren<br />
Auftrieb verschafft haben.<br />
Abb. 1: Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 1975, 2005 und 2035 (Vorausberechnung)<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt 2006)<br />
Bereits seit Anfang der 1970er Jahre verzeichnet Deutschland einen negativen natürlichen<br />
Saldo mit weniger Geburten als Sterbefällen und ist daher auf internationale Zuwanderung<br />
angewiesen, um Bevölkerungsrückgang zu vermeiden (vgl. Abb. 2).<br />
1 Zahlen für 2040: auf Basis der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes,<br />
[Variante 1: positiver internationaler Wanderungssaldo von 100.000 Personen], 2006<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 4
1600000<br />
1400000<br />
1200000<br />
1000000<br />
800000<br />
600000<br />
400000<br />
200000<br />
0<br />
-200000<br />
-400000<br />
1946<br />
1948<br />
1950<br />
1952<br />
1954<br />
1956<br />
1964: 1357304<br />
Baby-Boomer<br />
der 1960er<br />
Echo in den<br />
1990ern<br />
1958<br />
1960<br />
1962<br />
1964<br />
1966<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
2006:<br />
672724<br />
Abb. 2: Natürliche Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1946 – 2006<br />
(Quelle Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Bedeutsam vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen der vergangenen<br />
fünfzehn Jahre ist die Feststellung, dass zwei Prozesse den Blick auf den sich längst<br />
vollziehenden demografischen Wandel verstellt haben:<br />
► In den 1990er-Jahren befand sich die o.g. ‚Babyboomer’-Generation in der Familiengründungsphase,<br />
mit der Folge, dass die Geburtenzahlen leicht anstiegen<br />
und sich kurzfristig Geburten und Sterbefälle in Deutschland sogar wieder im<br />
Gleichgewicht befanden (vgl. Abb. 2).<br />
► Bedingt durch den Zusammenbruch des Ostblocks und die Bürgerkriege in Südosteuropa<br />
realisierte Deutschland außerordentlich hohe internationale Wanderungsgewinne,<br />
die das Geburtendefizit weit überstiegen haben.<br />
1.800.000<br />
1.600.000<br />
1.400.000<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
-200.000<br />
-400.000<br />
1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004<br />
Abb. 3: Entwicklung der Außenwanderungen Deutschlands<br />
(Quelle Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 5<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
Saldo
Nachdem bereits die 1980er Jahre durch Stagnation gekennzeichnet waren ist demnach<br />
die deutsche Bevölkerung in den 1990er Jahren und bis über die Jahrtausendwende<br />
hinaus durch singuläre Impulse nochmals stark gewachsen; gleichzeitig stiegen auch die<br />
Geburtenzahlen spürbar an. Aufgrund der zuletzt stark rückläufigen Zuwanderungen aus<br />
dem Ausland und der ebenfalls wieder deutlich sinkenden Geburtenzahlen wird jedoch in<br />
den meisten deutschen Regionen klar erkennbar, dass die vergangenen fünfzehn Jahre<br />
lediglich eine kurze ‚Atempause’ im demografischen Wandel bedeutet haben und nun<br />
wieder in stetig steigendem Maße mit ‚Unterjüngung’ und absolutem Einwohnerrückgang<br />
gerechnet werden muss.<br />
Zusammengefasst schlägt sich der demografische Wandel in folgenden Tendenzen nieder:<br />
► Bevölkerungsrückgang: etwa seit der Jahrtausendwende reicht die stagnierende<br />
internationale Zuwanderung nach Deutschland nicht mehr aus, um die wachsende<br />
Lücke zwischen Geburten und Sterbefällen auszufüllen. Es ist anzunehmen,<br />
dass 2002 ein historisches Bevölkerungsmaximum erreicht wurde.<br />
► Alterung: Der Anteil der älteren und hochbetagten Menschen an der Gesamtbevölkerung<br />
nimmt kontinuierlich zu und wird erst nach 2050 seinen Höhepunkt erreichen.<br />
Der Anteil der Kinder nimmt sukzessive ab.<br />
► Internationalisierung: Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund steigt<br />
aufgrund der wachsenden Bedeutung der Zuwanderung für die Bevölkerungsentwicklung.<br />
► Veränderte Haushaltsstrukturen: Der bis in die 1970er Jahre hinein klassische<br />
Familienhaushalt mit vier bis fünf Personen verliert immer mehr an Bedeutung,<br />
während die 1- und 2-Personen-Haushalte sowohl prozentual wie auch absolut<br />
zulegen.<br />
Diese übergeordneten Tendenzen schlagen sich auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> nieder. Je<br />
kleinräumiger der betrachtete Raum ist, desto stärker wirken sich jedoch zusätzlich spezielle<br />
Sonderentwicklungen wie beispielsweise Baulandausweisungen, Unternehmensansiedlungen<br />
bzw. -aufgaben usw. aus. Durch das Fortschreiben bisheriger Trends können<br />
diese Entwicklungen im kommunalen Maßstab daher nur sehr bedingt erfasst und<br />
vorhergesehen werden. Diese Fallstudie hat das Ziel, die Entscheidungsträger der Gemeinde<br />
dabei zu unterstützen, entsprechende Trends in wesentlichen Feldern kommunalen<br />
Handelns frühzeitig zu erkennen und die bisherigen Entwicklungsstrategien kritisch<br />
auf ihre Zukunftsfähigkeit zu überprüfen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 6
3 Die Gemeinde Großenkneten im Überblick<br />
Die Gemeinde Großenkneten hat rund 14.000 Einwohner und liegt im Südwesten des<br />
<strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>. Sie erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 176 km² und hat<br />
somit eine Siedlungsdichte von etwa 79 Einwohnern je km²; was im Vergleich zu den<br />
übrigen Gemeinden des <strong>Landkreis</strong>es ein niedriger Wert ist. Die bedeutendsten Siedlungsschwerpunkte<br />
bilden die drei Ortsteile Huntlosen (nördliches Gemeindegebiet),<br />
Großenkneten (etwa in der Mitte des Gemeindegebietes) und Ahlhorn (südliches Gemeindegebiet).<br />
Naturräumlich gehört die Gemeinde zur Wildeshauser Geest.<br />
Wichtigste Verkehrsachsen sind neben den Kreisstraßen, die durch Großenkneten führen,<br />
die Autobahn A29, die über die Anschlussstellen Ahlhorn und Großenkneten zu erreichen<br />
ist sowie die A1 (Anschlussstelle Wildeshausen West). Darüber hinaus befinden<br />
sich in allen drei Siedlungsschwerpunkten Bahnhöfe der NordwestBahn (Strecke Osnabrück-<strong>Oldenburg</strong>).<br />
Somit verfügt die Gemeinde über eine relativ gute verkehrliche Anbindung<br />
an die Oberzentren <strong>Oldenburg</strong>, Bremen und Osnabrück.<br />
Die Gemeinde Großenkneten besteht neben Huntlosen, Großenkneten und Ahlhorn aus<br />
16 weiteren Ortsteilen: Amelhausen, Bakenhus, Bissel, Döhlen, Hagel, Halenhorst,<br />
Hengstlage, Hespenbusch-Pallast, Hosüne, Husum, Sage, Sage-Haast, Sannum, Steinloge,<br />
Westrittrum und Haschenbrok. Diese Ortsteile verteilen sich über das gesamte Gemeindegebiet<br />
und umfassen meist die Besiedlung von Straßenzügen oder einzelne Hofstellen<br />
und sind vorwiegend landwirtschaftlich geprägt.<br />
Großenkneten hat in den 1990er Jahren zwar vermehrt Wanderungsgewinne verzeichnen<br />
können, aufgrund der Lage der Gemeinde im „zweiten Ring“ um das Oberzentrum<br />
<strong>Oldenburg</strong> jedoch in geringerem Umfang als die direkten Umlandgemeinden. Die Zuzüge<br />
haben sich vornehmlich auf die bestehenden Siedlungsschwerpunkte konzentriert und<br />
das heutige Gemeindegebiet in seiner Siedlungsstruktur z.T. stark beeinflusst.<br />
Ahlhorn<br />
42,4%<br />
Sannum<br />
1,7%<br />
Halenhorst<br />
1,7%<br />
Sage-Haast<br />
2,2%<br />
Bissel<br />
2,3%<br />
Großenkneten<br />
18,8%<br />
Döhlen<br />
3,3%<br />
Sage<br />
4,5%<br />
Huntlosen<br />
17,3%<br />
Ortsteile unter 200 Einwohnern<br />
5,9%<br />
Abb. 4: Einwohner der Gemeinde Großenkneten nach Ortsteilen 2 2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung nach Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
2 Zur besseren Übersichtlichkeit wurden die Ortsteile mit weniger als 200 Einwohnern zusammengefasst. Es<br />
handelt sich dabei um folgende Ortsteile: Amelhausen, Bakenhus, Hagel, Haschenbrok, Hengstlage, Hespenbusch-Pallast,<br />
Husum, Steinloge und Westrittum.<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 7
4 Ausgangslage<br />
4.1 Einwohnerentwicklung<br />
Die dynamische und kontinuierliche Wachstumsphase der Gemeinde Großenkneten<br />
begann Ende der 1980er Jahre und endete kurz nach der Jahrtausendwende.<br />
Ausschlaggebend waren in dieser Zeit sowohl Wanderungsgewinne als auch eine<br />
meist positive natürliche Bevölkerungsentwicklung.<br />
Großenkneten gehört aufgrund der Lage im „zweiten Ring“ um das Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong><br />
eher zu den Gemeinden mit vergleichsweise weniger ausgeprägten Wanderungsgewinnen<br />
aus der Stadt <strong>Oldenburg</strong>. Insgesamt lassen sich vier Phasen der Bevölkerungsentwicklung<br />
erkennen:<br />
• Die Einwohnerzahl Großenknetens ist von Anfang der 1970er Jahre bis Anfang der<br />
1980er Jahre zunächst verhalten gestiegen.<br />
• Mitte bis Ende der 1980er Jahre ging die Bevölkerungszahl leicht zurück. Die Salden<br />
der natürlichen Bevölkerungsentwicklung und der Wanderungen schwankten<br />
in beiden Phasen, blieben jedoch meist im positiven Bereich.<br />
• Die dynamische Wachstumsphase der 1990er Jahre führte anschließend dazu,<br />
dass die Gemeinde Großenkneten ihre Bevölkerungszahl seit 1968 um ca. 22%<br />
erhöhen konnte. Sowohl hohe Wanderungsgewinne als auch ein dauerhafter Geburtenüberschuss<br />
trugen zum Wachstum bei.<br />
• Kurz nach der Jahrtausendwende hat sich aber nach etwa 17 Jahren das dynamische<br />
Wachstum deutlich abgeschwächt. Im Jahr 2006 ist die Anzahl der Einwohner<br />
sogar leicht zurück gegangen. Die höchste Einwohnerzahl wurde am<br />
30.06.2005 mit 13.842 erreicht.<br />
15.000<br />
14.000<br />
13.000<br />
12.000<br />
11.000<br />
10.000<br />
9.000<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
Abb. 5 Einwohnerentwicklung der Gemeinde Großenkneten seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 8<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006
Auffällig bei der Entwicklung Großenknetens ist die Tatsache, dass in der ausgeprägten<br />
Wachstumsphase der Gemeinde neben den Wanderungsgewinnen auch Geburtenüberschüsse<br />
zum Anstieg der Bevölkerungszahl beigetragen haben (vgl. Abb. 6).<br />
Seit dem Jahr 1987 ist die natürliche Bevölkerungsentwicklung in Großenkneten positiv<br />
verlaufen. Die Zahl der Geburten liegt bis heute über der Zahl der Sterbefälle und trägt<br />
somit zum Bevölkerungswachstum bei. Die höchsten Geburtenzahlen wurden jedoch<br />
zwischen 1997 und 2002 erreicht (im Durchschnitt etwa 165 Geburten pro Jahr). Seitdem<br />
geht die Zahl der jährlich Neugeborenen leicht zurück und liegt aktuell bei 134. Aufgrund<br />
der eher stabilen Zahl der Sterbefälle verbleibt noch eine positive natürliche Einwohnerbilanz<br />
von zuletzt 26 Personen.<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 9<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Abb. 6: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Großenkneten<br />
seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Bereits in den späten 1970er Jahren führten hohe Zuzüge, die meist über 1.000 Personen<br />
jährlich lagen, zu einem zwischenzeitlichen Bevölkerungsanstieg. Drastisch sinkende<br />
Zuzugszahlen führten indessen Mitte der 1980er Jahre zu einem Einwohnerverlust. In<br />
den 1990ern stieg die Zahl der Zuzüge wieder an. Werte über 1.000 Personen wurden<br />
noch einmal 2000 und 2002 erreicht. In den vergangenen Jahren haben sich die erheblichen<br />
Wanderungsgewinne der 1990er, die meist um +200 Personen lagen, zunehmend<br />
abgeschwächt (vgl. Abb. 7), v.a. bedingt durch abnehmende Zuzüge aber auch steigende<br />
Fortzüge. Ausgehend vom Höhepunkt im Jahr 2002 (1.097 Personen) sind sie sukzessive<br />
auf zuletzt 753 Zuzüge zurückgegangen. Das Wanderungsplus hat sich daher im Jahr<br />
2006 sogar in einen Wanderungsverlust von -98 Einwohnern umgekehrt.<br />
Saldo<br />
2002<br />
2004<br />
2006
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
-500<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 10<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Abb. 7: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Großenkneten seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Die Ortsteile 3 Großenknetens haben sich in den vergangenen Jahren unterschiedlich<br />
entwickelt. Huntlosen und Großenkneten sind besonders stark gewachsen.<br />
Alle übrigen Ortsteile bis auf Halenhorst konnten aber ebenfalls von 1990 bis 2007<br />
leichte Bevölkerungszunahmen verzeichnen.<br />
Wird die Betrachtungsebene von der Gemeinde insgesamt auf die sieben ausgewählten<br />
Ortsteile Großenknetens gelenkt (vgl. Abb. 8), so fällt auf, dass sich die Entwicklungen<br />
sehr unterschiedlich vollzogen haben. Huntlosen ist seit 1990 am stärksten gewachsen<br />
(+60 %); den höchsten Bevölkerungsstand des Beobachtungszeitraums verzeichnete der<br />
Ortsteil jedoch bereits 2004 (2.419 EW) und seitdem stagniert die Einwohnerzahl nahezu<br />
(+ / - 10 Einwohner). Der Ortsteil Großenkneten (+37%) hat sich im gleichen Zeitraum<br />
ebenfalls überdurchschnittlich positiv entwickelt, wobei seine Bevölkerungszahl 2005 mit<br />
2.639 EW den bisherigen Höchststand erreicht hat und seitdem zurückgeht. Sage-Haast,<br />
Ahlhorn, Döhlen und Sage sind ebenfalls gewachsen. Aber auch sie haben ihre vorerst<br />
höchsten Einwohnerzahlen bereits zwischen 2004 und 2006 erreicht und zeigen seitdem<br />
eine eher ausgeglichene Entwicklung. Alleine Ahlhorn erreichte im Jahr 2007 die seit<br />
1990 höchste Einwohnerzahl. Ein Rückgang der Bevölkerung im Vergleich zu 1990 ist<br />
nur in Halenhorst zu erkennen. Dabei traten die größten Einwohnerrückgänge zwischen<br />
1990 und 1996 auf. An dieser Stelle wird deutlich, dass die Siedlungsschwerpunkte wie<br />
Großenkneten und Huntlosen die dynamischsten Entwicklungen zeigten und die kleineren<br />
Ortsteile eine schwächere Entwicklung durchlaufen haben.<br />
3 Gemeinsam mit den Verantwortlichen der Gemeinde Großenkneten wurden für den Analyseteil der vorliegenden<br />
Studie 15 Ortschaften ausgewählt, die wiederum zu sieben Ortsteilen zusammengefasst wurden. Diese<br />
werden im Folgenden bezüglich der Entwicklung der Einwohnerzahl und der Altersstruktur beispielhaft analysiert.<br />
Eine Analyse aller Ortsteile war aufgrund der Vielzahl und der z.T. sehr geringen Einwohnerzahlen nicht<br />
möglich. Zu den untersuchten Ortsteilen gehören: Ahlhorn (Ahlhorn-Lemsen, -Ost, -Postkamp, -Sandhörn, -Süd<br />
und -West), Huntlosen (Huntlosen-Ost, -West, Hosüne), Großenkneten (Großenkneten-Nord, -Süd), Döhlen,<br />
Halenhorst, Sage und Sage-Haast.<br />
Saldo<br />
2004<br />
2006
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
Ahlhorn Großenkneten<br />
Huntlosen Sage<br />
Sage-Haast Döhlen<br />
Halenhorst<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung in ausgewählten Ortsteilen der Gemeinde<br />
Großenkneten Index: 1990 = 100<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Großenkneten und ihrer Ortsteile<br />
Seit 1990 hat sich die Spitze der Bevölkerungspyramide Großenknetens weiter<br />
verbreitert: vor allem die älteren Menschen und Senioren über 60 sowie die 40- bis<br />
49-Jährigen haben deutlich zugenommen. Aber auch die Basis hat sich aufgrund<br />
steigender Geburtenzahlen verbreitert. Stark zurückgegangen gegenüber 1990 ist<br />
hingegen die Gruppe der jungen Erwachsenen zwischen 20 und 29 Jahren.<br />
Der altersstrukturelle Aufbau der Bevölkerung und die zu erwartenden Entwicklungen der<br />
Altersstruktur stellen wesentliche Einflussgrößen im Hinblick auf die Betroffenheit einer<br />
Kommune vom demografischen Wandel dar. Daher sollen hier die Altersstrukturen der<br />
Gemeinde Großenkneten und ihrer Ortsteile näher betrachtet werden. Um den Einfluss<br />
der Wanderungsverflechtungen der vergangenen Jahren zu beleuchten, werden neben<br />
den aktuellen Strukturen auch die Veränderungen seit 1990 dargestellt.<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-1.500 -1.000 -500 0 500 1.000 1.500<br />
-1.500 -1.000 -500 0 500 1.000 1.500<br />
Abb. 9: Altersstruktur der Gemeinde Großenkneten 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 11<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre
Beim Altersaufbau der Gemeinde Großenkneten fallen drei Ausprägungen besonders<br />
deutlich auf. Diese Strukturen sind jedoch auch für ganz Deutschland charakteristisch:<br />
• Besonders stark ist die Altergruppe der 40-49-Jährigen vertreten.<br />
• Die Bevölkerungsgruppe der Frauen und Männer zwischen 20 und 29 Jahren hingegen<br />
ist deutlich geschrumpft. Noch 1990 waren die jungen Erwachsenen zahlenmäßig<br />
stärker vertreten als die „40er-Altersgruppe“.<br />
• Verglichen mit den Strukturen von 1990 fällt zudem der immense Zuwachs an Senioren<br />
(70+ Jahre) und älteren Menschen ab 60 Jahren auf. Jedoch ist die Zunahme<br />
mit +44% bzw. +47% noch vergleichsweise moderat.<br />
Die beschriebenen Strukturen liegen teilweise in den übergeordneten demografischen<br />
Mustern begründet, denn deutschlandweit sind die vor dem ‚Pillenknick’ geborenen ‚Babyboomer’<br />
der 1960er-Altersjahrgänge heute besonders stark vertreten. Hinzu kommt,<br />
dass diese Menschen in ihrer Familiengründungsphase von Mitte 20 bis Mitte 30 den<br />
letzten starken Suburbanisierungsschub in den Stadtregionen getragen haben, demnach<br />
also überall im Umland überdurchschnittlich stark vertreten sind.<br />
Die Altersstrukturen der Ortsteile gleichen sich bezüglich der Zunahme der 40-49-<br />
Jährigen und der Abnahme der jungen Erwachsenen. In Bezug auf die jungen und<br />
alten Menschen treten unterschiedliche Entwicklungen auf.<br />
In den Ortsteilen Großenknetens sind trotz einiger übereinstimmender Entwicklungen<br />
durchaus sehr unterschiedliche Altersstrukturen vorzufinden. Der beschriebene charakteristisch<br />
hohe Besatz an der Bevölkerungsgruppe der 40- bis 49-Jährigen, kombiniert mit<br />
recht vielen Kindern und Jugendlichen zwischen 10 und 19 Jahren ist überall (Ausnahme<br />
Halenhorst: hier gibt es nur eine geringe Zahl an Jugendlichen) vorzufinden. Unterschiede<br />
liegen bezüglich der Entwicklung der Zahl der Kinder von 0-9 Jahre vor. Während sich<br />
v.a. in den Siedlungsschwerpunkten Ahlhorn, Großenkneten und Huntlosen die Anzahl<br />
der Kinder deutlich erhöht hat, ist sie in den kleineren Ortsteilen wie Döhlen oder Sage-<br />
Haast zurückgegangen. Ebenso ist die Zahl der älteren und alten Menschen nicht in allen<br />
Ortsteilen dem allgemeinen Trend folgend deutlich angestiegen.<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-600 -500 -400 -300 -200 -100 0 100 200 300 400 500 600<br />
70 und mehr<br />
-600 -500 -400 -300 -200 -100 0 100 200 300 400 500 600<br />
Abb. 10: Altersstruktur des Ortsteils Ahlhorn 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 12<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250<br />
-200 -175 -150 -125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125 150 175 200<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 13<br />
70 und mehr<br />
Abb. 11: Altersstruktur des Ortsteils Großenkneten 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-280 -240 -200 -160 -120 -80 -40 0 40 80 120 160 200 240 280<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-150 -125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125 150<br />
Abb. 12: Altersstruktur des Ortsteils Huntlosen 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40<br />
Abb. 13: Altersstruktur des Ortsteils Döhlen 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-30 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-30 -25 -20 -15 -10 -5 0 5 10 15 20 25 30<br />
Abb. 14: Altersstruktur des Ortsteils Halenhorst 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-60 -40 -20 0 20 40 60<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-60 -40 -20 0 20 40 60<br />
Abb. 15: Altersstruktur des Ortsteils Sage 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40<br />
Abb. 16: Altersstruktur des Ortsteils Sage-Haast 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
Die Darstellung der Entwicklung der Anteile bestimmter Altersgruppen an der Gesamtbevölkerung<br />
der jeweiligen Ortsteile verdeutlicht die Unterschiede und Gemeinsamkeiten<br />
der Altersstrukturen noch einmal. In den Ortsteilen Sage-Haast und Halenhorst ist beispielsweise<br />
der Anteil der älteren und alten Menschen in letzten Jahren enorm gestiegen<br />
und sie wiesen daher 2006 deutlich überdurchschnittliche Anteile an diesen Bevölkerungsgruppen<br />
auf. Die relativ hohen Kinderzahlen in den Siedlungsschwerpunkten lassen<br />
den Anteil der ab 60-Jährigen in Huntlosen zwar sinken, in Großenkneten und Ahlhorn ist<br />
er aber dennoch deutlich angestiegen.<br />
Sage-Haast<br />
Sage<br />
Huntlosen<br />
Hallenhorst<br />
Großenkneten<br />
Döhlen<br />
Ahlhorn<br />
7,6%<br />
8,2%<br />
11,3%<br />
10,7%<br />
11,8%<br />
12,6%<br />
12,1%<br />
13,1%<br />
11,6%<br />
12,3%<br />
11,6%<br />
0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16%<br />
13,2%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 14<br />
2006<br />
1990<br />
14,4%<br />
14,9%
Sage-Haast<br />
Sage<br />
Huntlosen<br />
Hallenhorst<br />
Großenkneten<br />
Döhlen<br />
Ahlhorn<br />
Sage-Haast<br />
Huntlosen<br />
Hallenhorst<br />
Großenkneten<br />
Döhlen<br />
Ahlhorn<br />
Sage-Haast<br />
Sage<br />
Sage<br />
Huntlosen<br />
Halenhorst<br />
Großenkneten<br />
Döhlen<br />
Ahlhorn<br />
4,1%<br />
7,6%<br />
8,5%<br />
9,2%<br />
11,2%<br />
10,9%<br />
11,3%<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25%<br />
9,4%<br />
12,3%<br />
12,4%<br />
12,3%<br />
13,5%<br />
13,4%<br />
12,9%<br />
15,1%<br />
14,9%<br />
15,8%<br />
16,7%<br />
16,5%<br />
16,5%<br />
16,4%<br />
16,2%<br />
17,4%<br />
17,5%<br />
18,6%<br />
19,3%<br />
20,9%<br />
1990 2006<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25%<br />
16,1%<br />
17,5%<br />
15,4%<br />
16,6%<br />
17,4%<br />
20,6%<br />
21,2%<br />
20,2%<br />
19,8%<br />
22,0%<br />
20,2%<br />
22,3%<br />
20,4%<br />
26,7%<br />
1990 2006<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 15<br />
31,4%<br />
1990 2006<br />
Abb. 17: Anteil der 0-9-Jährigen, 40-49-Jährigen und über 60-Jährigen in den ausgewählten<br />
Ortsteilen 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten<br />
Die herausragende Bedeutung des Wanderungsgeschehens für die Bevölkerungsentwicklung<br />
Großenknetens ist bereits mehrfach angesprochen worden. Im Folgenden sollen<br />
die Strukturen und Entwicklungen der Wanderungsverflechtungen der Gemeinde<br />
Großenkneten weitergehend untersucht werden. Dabei werden eigene Auswertungen der<br />
Meldeamtsdaten der Gemeinde sowie Daten des Statistischen Landesamtes herangezogen.
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
-150<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
Abb. 18: Wanderungssaldo insgesamt der Gemeinde Großenkneten von 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Im Zeitraum von 1989 bis 2006 gab es in der Gemeinde Großenkneten zwei Phasen<br />
mit besonders großen Wanderungsgewinnen: 1989-1995 und 1997-2000.<br />
Ein Blick auf die Verteilung der Herkunft der Zugezogenen nach Großenkneten im Zeitraum<br />
von 1989 bis 2006 zeigt, dass sich diese durchaus gewandelt hat (vgl. Abb. 19). In<br />
den Zeiträumen 1989 bis 1995 und 1997 bis 2000 war der Wanderungssaldo im Beobachtungszeitraum<br />
besonders hoch (vgl. Abb. 18). Im ersten Zeitraum überwogen dabei<br />
überregionale Zuzüge: mehr als zwei Drittel der Neubürger kamen aus dem Ausland oder<br />
anderen Bundesländern Deutschlands. Im aktuelleren Zeitraum von 1997 bis 2000 waren<br />
jedoch die regionalen Wanderungen von größerer Bedeutung. Drei Viertel der Zugezogenen<br />
kamen aus dem <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> und anderen niedersächsischen <strong>Landkreis</strong>en.<br />
Etwas mehr als 30% der Zuzüge aus anderen <strong>Landkreis</strong>en stammen dabei aus der<br />
kreisfreien Stadt <strong>Oldenburg</strong>.<br />
aus dem <strong>Landkreis</strong> OL 8%<br />
aus anderen <strong>Landkreis</strong>en<br />
25%<br />
aus anderen Bundesländern<br />
33%<br />
aus dem Ausland<br />
34%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 16<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
aus dem <strong>Landkreis</strong> OL<br />
26%<br />
2006<br />
aus dem Ausland 5%<br />
aus anderen <strong>Landkreis</strong>en<br />
47%<br />
aus anderen Bundesländern<br />
22%<br />
Abb. 19: Herkunft der Zugezogenen in den Zeiträumen 1989-1995<br />
und 1997-2000<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)
Aufgrund der enormen Zuzüge aus dem Ausland (v.a. von Spätaussiedlern) besonders in<br />
den 1990er Jahren ist der Anteil von Bürgern mit Migrationshintergrund heute in Großenkneten<br />
recht hoch, so dass diese Bevölkerungsgruppe z.B. auch für die Gemeindearbeit<br />
in einigen Bereichen eine große Bedeutung hatte und immer noch hat (z.B. Integrationsleistungen,<br />
Baulandvergabe, etc.).<br />
Im Zeitraum von 1989 bis etwa 1995 prägten Zuzüge aus anderen Regionen<br />
Deutschlands sowie Zuzüge über die Bundesgrenze das Wanderungsgeschehen<br />
Großenknetens. Zwischen 1997 und 2000 spielten hingegen regionale Wanderungen<br />
eine größere Rolle.<br />
Im Folgenden werden die regionalen Wanderungen näher analysiert, denn sie spielten in<br />
jüngster Vergangenheit eine bedeutendere Rolle als die überregionalen Zuzüge.<br />
Die Rangliste der regionalen Zu- und Fortzüge im Zeitraum zwischen 1989 und 2006<br />
zeigt sehr deutlich auf, dass positive Wanderungsverflechtungen in erster Linie mit dem<br />
Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> sowie den Gemeinden Hatten und Wardenburg bestanden. Zu<br />
den weiteren fünf wichtigsten Wanderungsverflechtungen gehörten zudem die Kreisstadt<br />
Wildeshausen und die Stadt Cloppenburg. Hierhin hat Großenkneten jedoch Einwohner<br />
verloren. Die regionalen Wanderungsverflechtungen Großenknetens Ende der 1990er<br />
Jahre bilden somit insgesamt ein Suburbanisierungs- bzw. Sub-Suburbanisierungsmuster<br />
ab: Mit dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> wie auch mit den direkten Umlandkommunen <strong>Oldenburg</strong>s<br />
Hatten und Wardenburg hat Großenkneten Wanderungsgewinne erzielt.<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
-500<br />
200<br />
-158<br />
174<br />
131<br />
-189<br />
<strong>Oldenburg</strong> Wildeshausen Hatten Wardenburg Cloppenburg Dötlingen Bremen Emstek Visbek Bad<br />
Zwischenahn<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 17<br />
91<br />
19<br />
-10<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
Abb. 20: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
Dass sich die beschriebenen regionalen Verflechtungsmuster in den vergangenen Jahren<br />
nicht stabil und gleichmäßig entwickelt haben und sich daher nicht ohne weiteres in die<br />
Zukunft fortschreiben lassen, wird deutlich, wenn die Zu- und Fortzüge im Zeitverlauf<br />
betrachtet werden.<br />
-43<br />
-29
<strong>Oldenburg</strong><br />
Das Wanderungsplus mit dem wichtigsten Zuzugsort <strong>Oldenburg</strong> war lediglich von<br />
1995-2003 besonders ausgeprägt. Aktuell ist bereits aufgrund sinkender Zuzüge<br />
und steigender Fortzüge ein Wanderungsverlust zu verzeichnen.<br />
Bei den Wanderungsbeziehungen mit dem wichtigsten Zuzugsort <strong>Oldenburg</strong> fällt auf,<br />
dass die Fortzüge in das Oberzentrum nahezu kontinuierlich angestiegen sind. Die Zuzüge<br />
sind ebenfalls bis Ende der 1990er Jahre angestiegen. Sie haben jedoch ihre bisher<br />
höchsten Werte im Zeitraum von 1995 bis 2003 erreicht (Höchstwerte 1998-2000: 424<br />
Zuzüge � Wanderungsplus: 135 Personen); bis zum Zeitraum 2004-2006 sind die Zuzüge<br />
dann zurückgegangen, so dass bei gleichzeitig ansteigenden Fortzügen in dieser<br />
Zeitspanne ein Wanderungsdefizit von -41 Personen aufgetreten ist.<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
-100<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 21: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten mit <strong>Oldenburg</strong><br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten, eigene Berechnungen)<br />
Wildeshausen<br />
An die Kreisstadt Wildeshausen hat die Gemeinde Großenkneten nahezu kontinuierlich<br />
Einwohner verloren. Nach einem Hoch der Fortzüge Anfang 2000, gehen sie<br />
jedoch aktuell zurück und die Zuzüge steigen an.<br />
Bis etwa zum Jahr 2000 haben sich die Zuzugszahlen aus Wildeshausen kaum verändert.<br />
Nach einem zwischenzeitlichen Rückgang steigen sie jedoch seit kurzem an und<br />
erreichten im Zeitraum von 2004-2006 mit 168 Zuzügen ihren bisher höchsten Wert im<br />
Beobachtungszeitraum. Gleichzeitig gehen die bis zum Jahr 2003 kontinuierlich angestiegenen<br />
Fortzüge in die Kreisstadt leicht zurück, so dass der negative Wanderungssaldo<br />
geschmälert werden konnte. Minimale Wanderungsgewinne aus der Kreisstadt konnten<br />
jedoch lediglich im Zeitraum von 1998-2000 erzielt werden, so dass Phasen mit Wanderungsverlusten<br />
überwiegen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 18
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
-150<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 22: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten mit Wildeshausen<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten, eigene Berechnungen)<br />
Hatten<br />
Wanderungsgewinne aus der Gemeinde Hatten konnte Großenkneten durch stark<br />
ansteigende Zuzüge v.a. in den 1990ern erzielen. Seit etwa der Jahrtausendwende<br />
befinden sich Zu- und Fortzüge auf einem ähnlich hohen Niveau, so dass kaum<br />
Wanderungsgewinne mehr bestehen.<br />
Seit dem Ende der 1980er Jahre und bis etwa zum Jahr 2000 sind die Zuzüge aus Hatten<br />
nach Großenkneten enorm angestiegen. Das Wanderungsplus erhöhte sich daher<br />
schlagartig von +70 (1992-1994) auf +142 Personen (1995-1997). Die Wanderungsgewinne<br />
nehmen seitdem jedoch bereits wieder ab, da auch die Fortzüge zunehmen. Die<br />
Wanderungsbilanz pendelt sich vielmehr auf einem fast ausgeglichenen Niveau um Null<br />
ein, wie zu Beginn des Beobachtungszeitraums. Es wird deutlich, dass die enormen Zuzüge<br />
aus der Gemeinde Hatten in den 1990er Jahren aufgrund des erhöhten Suburbanisierungsdruckes<br />
zu dieser Zeit eher eine „Ausnahme“ darstellten.<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
0<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 23: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten mit Hatten<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten, eigene Berechnungen)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 19
Wardenburg<br />
Die „Zuzugswelle“ aus der Gemeinde Wardenburg erreichte Großenkneten erst<br />
Ende der 1990er Jahre. Aufgrund stagnierender Fortzugszahlen wurden daher von<br />
1998-2003 die höchsten Wanderungsgewinne erzielt. Aktuell nehmen die Zuzüge<br />
jedoch deutlich ab.<br />
Die Wanderungsgewinne der 1990er Jahre aus der Gemeinde Wardenburg waren eher -<br />
wie bei der Gemeinde Hatten - eine „Sondersituation“ und konnten lediglich durch enorm<br />
ansteigende Zuzüge bis zum Jahr 2000 erzielt werden. Genauso schnell sind die Zuzugszahlen<br />
jedoch auch wieder gesunken, so dass das Wanderungsplus aktuell nur noch<br />
bei +14 Personen liegt, da die Fortzüge auf hohem Niveau stagnieren.<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
-20<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 24: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten mit Wardenburg<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten, eigene Berechnungen)<br />
Cloppenburg<br />
Der Wanderungssaldo mit der Stadt Cloppenburg ist im Zeitraum von 1989 bis 2006<br />
kontinuierlich negativ verlaufen. Aufgrund steigender Fortzüge wurde die negative<br />
Wanderungsbilanz in jüngster Vergangenheit sogar weiter verstärkt.<br />
Die Zuzüge aus der Stadt Cloppenburg in die Gemeinde Großenkneten liegen im Beobachtungszeitraum<br />
überwiegend bei etwa 40-60 Personen jährlich. Stark angestiegene<br />
Fortzugszahlen in das Mittelzentrum seit Anfang der 1990er Jahre haben jedoch seitdem<br />
zu einem Wanderungsverlust geführt, der sich in jüngster Vergangenheit noch verstärkt<br />
hat, da die Fortzüge im Zeitraum 2004-2006 ihren bisherigen Höchstwert von 122 Personen<br />
erreicht haben.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 20
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
Zuzüge<br />
Fortzüg<br />
e<br />
Saldo<br />
-100<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 25: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten mit Cloppenburg<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten, eigene Berechnungen)<br />
Alle anderen regionalen Wanderungsverflechtungen spielen sich auf einem wesentlich<br />
niedrigeren Niveau ab und werden daher an dieser Stelle nicht beispielhaft analysiert.<br />
Weitergehende Hinweise auf Wanderungstendenzen, -motive und -perspektiven liefern<br />
die altersbezogenen Auswertungen der vorliegenden Daten. Hierzu werden die altersspezifischen<br />
Wanderungsbeziehungen der fünf wichtigsten regionalen Wanderungsverflechtungen<br />
spezifiziert nach Altersgruppen in zwei 3-Jahres-Zeiträumen beispielhaft<br />
betrachtet: mit <strong>Oldenburg</strong> (Oberzentrum), Wildeshausen (Mittelzentrum und Kreisstadt),<br />
den Gemeinden Hatten und Wardenburg (direkt an <strong>Oldenburg</strong> angrenzende Umlandgemeinden)<br />
sowie dem Mittelzentrum Cloppenburg. Im ersten betrachteten Zeitraum 1998 –<br />
2000 verzeichnete Großenkneten besonders viele regionale Wanderungsgewinne.<br />
Gleichzeitig war es die letzte dynamische Wachstumsphase der Gemeinde. Gegen Ende<br />
des zweiten Zeitraumes (2004 bis 2006) setzte eine kurzzeitig stagnierende sowie später<br />
eine leicht negative Bevölkerungsentwicklung ein. Die aktivsten Bevölkerungsgruppen,<br />
die das Wanderungsgeschehen in der Gemeinde Großenkneten am stärksten prägen,<br />
sind die Familien (30-49-Jährige und 0-17-Jährige) und die jungen Erwachsenen (18-29-<br />
Jährige), die meist aufgrund von Ausbildungsplatzsuche oder Studium umziehen.<br />
<strong>Oldenburg</strong><br />
Die Zuzüge von <strong>Oldenburg</strong>er Familien in die Gemeinde Großenkneten sind deutlich<br />
zurückgegangen und haben somit das Wanderungsplus dieser Bevölkerungsgruppe<br />
stark verkleinert. Junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren ziehen in der<br />
jüngsten Vergangenheit darüber hinaus vermehrt in das Oberzentrum, so dass sich<br />
die negative Wanderungsbilanz in dieser Altersgruppe deutlich verstärkt hat.<br />
Die Struktur der altersspezifischen Wanderungsverflechtungen mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong><br />
hat sich beim Vergleich der beiden Zeiträume deutlich verändert: Während Großenkneten<br />
zwischen 1998 und 2000 noch große Wanderungsgewinne besonders in den Familienaltersgruppen<br />
erzielen konnte, sind diese im zweiten Zeitraum stark zurückgegangen. Zudem<br />
verliert Großenkneten immer mehr junge Erwachsene an das Oberzentrum: der<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 21
Wanderungsverlust 18-29-Jähriger lag 1998-2000 bei -2 Personen, im Zeitraum 2004-<br />
2006 erhöhte er sich auf -50 Personen. Die Einbußen bei den Zuzügen von Familien sind<br />
jedoch noch deutlicher: das Wanderungsplus halbierte sich nahezu von +261 Personen<br />
(1998-2000) auf +150 Personen (2004-2006). Ausgelöst wurden diese tief greifenden<br />
Verschiebungen in erster Line durch deutlich rückläufige Zuzüge sowie gleichzeitig leicht<br />
ansteigende Fortzüge.<br />
0<br />
5<br />
über 80<br />
4<br />
5<br />
60-70<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
22<br />
16<br />
14<br />
14<br />
21<br />
17<br />
20<br />
13<br />
52<br />
55<br />
56<br />
78<br />
87<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 22<br />
95<br />
90<br />
103<br />
125<br />
127<br />
0 20 40 60 80 100 120 140 160 180<br />
137<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 26: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten<br />
mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong> nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
Wildeshausen<br />
Die Wanderungsaktivität zwischen Großenkneten und Wildeshausen hat zwar insgesamt<br />
zugenommen, jedoch sind die Fortzüge stärker angestiegen als die Zuzüge,<br />
so dass der Wanderungsverlust insgesamt größer geworden ist. Dies wird besonders<br />
bei den Familien und jungen Erwachsenen deutlich.<br />
Die positiven Wanderungsbilanzen von Familien aus Wildeshausen sind deutlich zurückgegangen,<br />
was in erster Linie an den angestiegenen Fortzügen liegt. Jedoch waren die<br />
Wanderungsgewinne durch Familien in der Vergangenheit ohnehin nicht derart ausgeprägt,<br />
wie zwischen Großenkneten und der Stadt <strong>Oldenburg</strong>. Auffällig ist zudem, dass in<br />
jüngster Vergangenheit auch die Fortzüge junger Erwachsener stark zugenommen haben,<br />
so dass sich der Wanderungsverlust in dieser Altersklasse noch verstärkt hat.<br />
158
0<br />
2<br />
über 80<br />
60-70<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
4<br />
8<br />
8<br />
8<br />
7<br />
7<br />
8<br />
11<br />
17<br />
17<br />
18<br />
26<br />
37<br />
34<br />
40<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 23<br />
47<br />
48<br />
51<br />
52<br />
52<br />
59<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 27: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten<br />
mit der Stadt Wildeshausen nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
Hatten<br />
Der Wanderungsgewinn durch zuziehende Familien aus der Gemeinde Hatten ist<br />
stark gesunken. Gleichzeitig besteht aktuell eine negative Wanderungsbilanz bezüglich<br />
der jungen Erwachsenen, da diese Altersgruppe immer seltener in die Gemeinde<br />
Großenkneten zieht.<br />
Die noch im ersten Zeitraum ausgeprägten Zuzüge von Familien aus der Gemeinde Hatten<br />
nach Großenkneten sind erheblich zurückgegangen – sie übersteigen heute zahlenmäßig<br />
kaum noch die Fortzüge in den entsprechenden Altersklassen. Zudem hat sich<br />
auch die Wanderungsbilanz in der Altersgruppe der jungen Erwachsenen verschlechtert:<br />
war früher noch ein minimaler Wanderungsgewinn vorzufinden, so verliert Großenkneten<br />
heute 18-29-Jährige an die Gemeinde Hatten.<br />
über 80<br />
0<br />
0<br />
2<br />
1<br />
60-70<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
4<br />
4<br />
4<br />
8<br />
8<br />
9<br />
10<br />
14<br />
14<br />
22<br />
27<br />
27<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
33<br />
35<br />
36<br />
37<br />
42<br />
46<br />
47<br />
77<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 28: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten<br />
mit der Gemeinde Hatten nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
52
Wardenburg<br />
Die Wanderungsaktivität zwischen Großenkneten und Wardenburg hat erheblich<br />
abgenommen. Die Zahl der zuziehenden Familien hat sich bspw. mehr als halbiert.<br />
Und auch der Wanderungsgewinn bei den jungen Erwachsenen ist nur noch halb<br />
so groß.<br />
Nicht nur die Zuzüge der Familienaltersgruppen aus Wardenburg, sondern auch die Fortzüge<br />
in die Stadtrandgemeinde haben abgenommen, so dass weiterhin eine positive<br />
Wanderungsbilanz besteht. Diese ist jedoch deutlich kleiner geworden. Bei der Altersgruppe<br />
der jungen Erwachsenen sind vor allem die Zuzüge zurückgegangen. Insgesamt<br />
scheint somit die Intensität der Wanderungsverflechtung zwischen den Gemeinden Großenkneten<br />
und Wardenburg nachzulassen.<br />
2<br />
2<br />
über 80<br />
3<br />
0<br />
60-70<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
3<br />
3<br />
2<br />
5<br />
5<br />
8<br />
9<br />
13<br />
15<br />
21<br />
22<br />
25<br />
26<br />
26<br />
29<br />
31<br />
38<br />
39<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 24<br />
41<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 29: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten<br />
mit der Gemeinde Wardenburg nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
Cloppenburg<br />
Die negative Wanderungsbilanz mit der Stadt Cloppenburg hat sich weiter verstärkt.<br />
Wanderungsverluste bestehen dabei in allen Altersklassen.<br />
Bei der Betrachtung der Wanderungsverflechtungen mit der Stadt Cloppenburg in den<br />
beiden Zeiträumen fällt zunächst die insgesamt gesteigerte Wanderungsaktivität auf.<br />
Zugenommen haben dabei besonders die Fortzüge der jungen Erwachsenen sowie der<br />
Familien. Die Zuzugszahlen sind hingegen nur marginal angestiegen. Diese intensive<br />
Wanderungsbeziehung mit der Stadt Cloppenburg ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen,<br />
dass in beiden Kommunen große Anteile von Spätaussiedlern leben, die sich oft in Neubaugebieten<br />
konzentrieren.<br />
74
0<br />
0<br />
über 80<br />
0<br />
60-70<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
0<br />
1<br />
3<br />
3<br />
5<br />
4<br />
4<br />
6<br />
7<br />
8<br />
13<br />
13<br />
15<br />
16<br />
16<br />
19<br />
24<br />
0 5 10 15 20 25 30 35 40 45 50<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 25<br />
25<br />
33<br />
33<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 30: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Großenkneten<br />
mit der Stadt Cloppenburg nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
Insgesamt 4 ist der Wanderungsgewinn Großenknetens bezüglich der Familien<br />
stark zurückgegangen, so dass zuletzt sogar ein geringer Wanderungsverlust in<br />
den entsprechenden Altersklassen bestand (1998-2000 +228 Personen; 2004-2006<br />
-4 Personen). Auch bei den jungen Erwachsenen konnte Großenkneten zuletzt keinen<br />
Wanderungsgewinn mehr verzeichnen.<br />
Bezüglich der Gruppe der älteren Menschen ab 60 Jahre kann im Rahmen der analysierten<br />
Wanderungsverflechtungen mit den fünf wichtigsten Kommunen festgehalten werden,<br />
dass insgesamt ein leichter Wanderungsverlust in dieser Altersgruppe besteht – wobei<br />
die Wanderungsaktivität dieser Altersgruppe aktuell zwar zugenommen hat, aber vergleichsweise<br />
eher gering ist.<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Großenkneten<br />
Wie lassen sich die beschriebenen Prozesse und Strukturen bei den demografischen<br />
Prozessen der Gemeinde Großenkneten im Hinblick auf die künftig zu erwartenden Entwicklungen<br />
interpretieren?<br />
An dieser Stelle wird bewusst auf den (alleinigen) Verweis auf existierende Prognosen<br />
verzichtet, denn die jüngsten Entwicklungstendenzen zeigen sehr deutlich die Grenzen<br />
und Unsicherheiten prognostischer Modelle auf, wenn sie in einer sehr kleinen räumlichen<br />
Auflösung angewendet werden. Speziell Veränderungen bei den Wanderungsverflechtungen<br />
sind aufgrund ihrer äußerst vielschichtigen und komplexen Ursachen und<br />
Wirkungszusammenhänge kaum zu operationalisieren.<br />
Neben den ausgeprägten überregionalen Wanderungsgewinnen in den frühen 1990er<br />
Jahren, war Großenkneten in jüngster Vergangenheit (Ende der 1990er Jahre und An-<br />
4 In Bezug auf die analysierten Wanderungsverflechtungen mit den fünf Kommunen: <strong>Oldenburg</strong>, Wildeshausen,<br />
Hatten, Wardenburg und Cloppenburg. Diese besitzen quantitativ die größte Relevanz beim regionalen Wanderungsgeschehen<br />
der Gemeinde Großenkneten.<br />
45
fang des neuen Jahrtausends) wie bereits erläutert Ziel zahlreicher Familien, die aus der<br />
Stadt <strong>Oldenburg</strong> und ihrer Stadtrandgemeinden ins weitere Umland gezogen sind.<br />
Im Folgenden sollen daher aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen vielmehr die wichtigsten<br />
qualitativen Trends der regionalen Wanderungen am Beispiel der Metropolregion<br />
Bremen-<strong>Oldenburg</strong> im Nordwesten herausgestellt werden. Diese Darstellung ermöglicht<br />
eine regionale Einordnung der demografischen Prozesse in der Gemeinde.<br />
Vieles deutet darauf hin, dass der besonders in den 1990er Jahren zu beobachtende<br />
Fortzug besonders der jungen Familien aus den (Groß)Städten 5 derzeit zu Ende geht und<br />
sich stattdessen eine Entwicklung fortsetzen wird, die nach der Jahrtausendwende eingesetzt<br />
hat.<br />
• Orientierung der Familien auf gut ausgestattete Standorte, z.B. Stadtrandlagen<br />
• Zunehmender Fortzug/Rückzug der jungen Erwachsenen in die (Nähe der) Arbeitsplatzzentren<br />
• Tendenzen bei den Senioren zum Umzug in zentrale Ortslagen (teilweise auch in die<br />
Städte)<br />
Mit der Abschaffung der Eigenheimzulage, der Kürzung der Entfernungspauschale und<br />
dem Konjunktureinbruch nach der Jahrtausendwende sind wesentliche Faktoren, die vor<br />
allem Familien zum Eigenheimbau im ländlichen Raum in den letzten Jahren animiert<br />
hatten, fortgefallen. Zudem haben sich die Impulse der Wohnungs- und Immobilienmärkte<br />
deutlich verändert. In den 1990er Jahren konnte die Nachfrage nach Wohnungen wie<br />
auch nach Bauland in zentraleren Lagen kaum befriedigt werden: Einerseits drängten<br />
zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge und Aussiedler nach Deutschland (deren Ziel auch<br />
die Gemeinde Großenkneten war), andererseits befand sich die im Altersaufbau<br />
Deutschlands deutlich herausstechende letzte Babyboomer-Generation der in den<br />
1960ern Gebürtigen in der Familiengründungsphase, wodurch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern<br />
einen zusätzlichen Impuls erhielt.<br />
5<br />
Für die Gemeinde Großenkneten hat die Stadt <strong>Oldenburg</strong> die größte Bedeutung in Bezug auf Suburbanisierungsvorgänge.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 26
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
-0,5<br />
-1,0<br />
1969<br />
1970<br />
1971<br />
1972<br />
1973<br />
1974<br />
1975<br />
1976<br />
1977<br />
1978<br />
1979<br />
1980<br />
1981<br />
1982<br />
1983<br />
1984<br />
1985<br />
1986<br />
1987<br />
1988<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
Abb. 31: Bevölkerungsentwicklung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong><br />
im Nordwesten seit 1968 (jährliche %-Entwicklung)<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Ein Blick auf die gesamtregionale Entwicklung veranschaulicht die veränderten Rahmenbedingungen:<br />
Die Bevölkerung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<br />
<strong>Oldenburg</strong> ist aus den genannten Gründen in den 1990ern dynamisch gewachsen – in<br />
Spitzen mit Raten von bis zu 1,4 % jährlich. Seit etwa zehn bis zwölf Jahren ist dieses<br />
Wachstum aber deutlich rückläufig, im Jahr 2006 sind die Einwohnerzahlen im Gebiet der<br />
heutigen Metropolregion sogar erstmals seit zwanzig Jahren wieder leicht zurückgegangen.<br />
Angesichts der bestehenden demografischen Strukturen und nur geringer Aussicht<br />
auf einen deutlich anziehenden Zuzug in die Region ist nicht zu erwarten, dass sich dieser<br />
Trend in absehbarer Zeit wieder verändern könnte. Auch wenn die Gemeinde Großenkneten<br />
nicht in dem Maße Ziel von Suburbanisierern war, wie bspw. die direkten<br />
Stadtumlandgemeinden Hatten und Wardenburg, so schlagen sich die veränderten Rahmenbedingungen<br />
auch auf das Wanderungsgeschehen Großenknetens nieder. Nachlassender<br />
Fortzug aus den Städten aufgrund der genannten Veränderungen bedeutet<br />
zugleich auch, dass weniger Zuzüge in die ländlich geprägten Kommunen im weiteren<br />
Umland der Städte erfolgen.<br />
Die einzelnen Faktoren des demografischen Wandels sind in der Gemeinde Großenkneten<br />
unterschiedlich stark ausgeprägt:<br />
Wanderungen:<br />
• Aufgrund der Lage im weiteren Umland um die Stadt <strong>Oldenburg</strong>, erhielt die Gemeinde<br />
Großenkneten in der Vergangenheit vergleichsweise wenig Zuzüge aus der Stadt<br />
<strong>Oldenburg</strong>. Erst in den späten 1990er Jahren (Zeit mit ausgeprägtem Suburbanisierungsdruck)<br />
nahm die Zahl der regionalen Wanderungen deutlich zu und Großenkneten<br />
verzeichnete zahlreiche Zuzüge aus der Stadt <strong>Oldenburg</strong> und aus den direkten<br />
Umlandgemeinden Hatten und Wardenburg sowie aus benachbarten <strong>Landkreis</strong>en.<br />
Die in jüngster Vergangenheit fehlenden Impulse durch überregionale Zuzüge sowie<br />
die bereits zurückgegangene Intensität der regionalen Familienwanderungen und der<br />
nachlassende Trend zum Fortzug immer weiter ins Umland der Stadtregionen, führ-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 27
ten dazu, dass das Bevölkerungswachstum Großenknetens zum Erliegen gekommen<br />
ist. Hinzu kommen die zunehmenden Fortzüge junger Erwachsener nach <strong>Oldenburg</strong>.<br />
Unter anderem aufgrund dieser Veränderungen in den Wanderungsverflechtungen<br />
dürften dem Bevölkerungswachstum Großenknetens zukünftig wichtige Impulse fehlen.<br />
Bevölkerungsentwicklung:<br />
• Auch die Geburtenzahlen gehen in der Gemeinde Großenkneten kontinuierlich zurück,<br />
so dass der Geburtenüberschuss zunehmend schrumpft. Der Rückgang der<br />
Geburtenzahlen setzt sich höchstwahrscheinlich bei abnehmenden Familien-<br />
Zuzügen und Abwanderung der jungen Erwachsenen beschleunigt fort. Aber auch<br />
bei unverändertem Bevölkerungsaufbau dürften die Geburtenzahlen aufgrund der<br />
demografisch bedingt schwach besetzten Altersgruppe der potenziellen Elterngeneration<br />
zurückgehen. Die beschriebenen Strukturverschiebungen (v.a. die der Wanderungsverflechtungen)<br />
werden somit voraussichtlich dazu führen, dass die Bevölkerungsentwicklung<br />
der Gemeinde Großenkneten keine oder kaum neue positive Impulse<br />
durch Wanderungsgewinne und überdurchschnittlich hohe Geburtenzahlen erfahren<br />
dürfte.<br />
• Die Entwicklungstendenzen werden sich vermutlich auf die Siedlungskerne Ahlhorn,<br />
Großenkneten und Huntlosen konzentrieren, da diese eine adäquate Infrastruktur<br />
vorhalten.<br />
Altersstrukturen:<br />
• Die Zahl der Senioren ist in den letzten Jahren in Großenkneten vergleichsweise<br />
gering angestiegen. Der derzeit hohe Anteil an 40-49-Jährigen zeigt jedoch, dass zukünftig<br />
voraussichtlich mit einer außerordentlichen Zunahme an älteren Menschen zu<br />
rechnen ist. Die „Alterung“ der Ortsteile dürfte sich zudem zukünftig weiter verstärken,<br />
da die zugezogenen Suburbanisierer der späten 1990er Jahre erst noch in das<br />
Seniorenalter hineinwachsen werden und somit das Durchschnittsalter der Gemeinde<br />
zukünftig weiter erhöhen. Zudem dürften sich die fehlenden Zuzüge junger Erwachsener<br />
verstärkt auf die Altersstruktur auswirken.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 28
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen<br />
Wandel<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
Die Gemeinde Großenkneten war in der Vergangenheit Ziel zahlreicher überregionaler<br />
und zuletzt regionaler Wanderungen. Aufgrund der Lage Großenknetens im „zweiten<br />
Ring“ um die Stadt <strong>Oldenburg</strong>, hat die Gemeinde zwar insgesamt weniger Zuzüge aus<br />
der Stadt <strong>Oldenburg</strong> als bspw. die Stadtrandgemeinden erhalten. Andererseits ist die<br />
Großenkneten aber sowohl Ziel von Suburbanisierern aus dem Oberzentrum, als auch<br />
von „Sub-Suburbanisierern“ aus den direkten Umlandgemeinden <strong>Oldenburg</strong>s (gewesen).<br />
Ein weiteres Charakteristikum der Lage ist die weniger städtisch geprägte Struktur der<br />
Gemeinde. Der lokale Wohnungs- und Immobilienmarkt ist daher deutlich vom Einfamilienhaus<br />
geprägt, das mit 82% die dominierende Wohnform darstellt. Aber auch Wohnungen<br />
in Mehrfamilienhäusern sind durchhaus auf dem Markt vorhanden: am 31.12.2006<br />
befand sich immerhin etwa jede sechste Wohnung in Mehrfamilienhäusern mit mehr als<br />
zwei Wohnungen (Quelle: Niedersächsisches Landesamt f. Statistik, Gebäude- und<br />
Wohnungsfortschreibung in Niedersachsen).<br />
Wohnbauland ist laut dem aktuellen Grundstücksmarktbericht (2007) in der Gemeinde<br />
Großenkneten sehr günstig. Der Bodenrichtwert für Wohnbauflächen liegt hier für mittlere<br />
Lagen bei 40€ / m²; Wohnbauflächen gleicher Lage sind in den übrigen Kommunen des<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> etwa 30-70€ / m² teurer. Die Möglichkeit günstiges Bauland erwerben<br />
zu können, hat v.a. in den späten 1990er Jahren zu einem erheblichen Bauboom in<br />
Großenkneten und zum Zuzug vieler Familien aus dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> und<br />
seinen Umlandgemeinden geführt.<br />
Die vergleichsweise hohe durchschnittliche Haushaltsgröße Großenknetens von 2,6 Personen<br />
verdeutlicht noch einmal die eher ländliche Prägung der Gemeinde. Alle übrigen<br />
Kommunen im <strong>Landkreis</strong> weisen im Schnitt kleinere Haushaltsgrößen auf (vgl. Abb. 32).<br />
3,2<br />
3,0<br />
2,8<br />
2,6<br />
2,4<br />
2,2<br />
2,0<br />
Ganderkesee Großenkneten SG Harpstedt Hatten<br />
Hude Wildeshausen Dötlingen Wardenburg<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 32: Durchschnittliche Haushaltsgröße (Einwohner je Wohnung) in den<br />
Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong><br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten des Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Bevölkerungsfortschreibung; Wohnungs- und Gebäudefortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 29
Neben der im regionalen Vergleich höchsten durchschnittlichen Haushaltsgröße weist<br />
Großenkneten eine recht kleine Wohnfläche pro Kopf auf. Diese ist in der Gemeinde mit<br />
45,3m² nach der Kreisstadt Wildeshausen die niedrigste im <strong>Landkreis</strong>. Einen besonders<br />
ausgeprägten Zuwachs der Wohnfläche je Einwohner erkennt man im Zeitraum von<br />
1995-1999; zwischen 2000 und 2002 stagnierte sie beinahe. Seitdem steigt die Pro-Kopf-<br />
Wohnfläche jedoch wieder kontinuierlich an. Deutlich wird auch, dass der Zuwachs an<br />
Wohnfläche besonders seit Mitte der 1990er Jahre deutlich stärker angestiegen ist als die<br />
Zahl der Einwohner.<br />
Index: 1986 = 100<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
Index Wohnfläche<br />
Index Einwohner<br />
Wohnfläche/Einwohner<br />
90<br />
36,0<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 33: Wohnflächenentwicklung in der Gemeinde Großenkneten 1986-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
Dass die Höhe der Zuzüge in den 1990er Jahren eine „Sondersituation“ darstellte zeigt<br />
auch die Auflistung der Baufertigstellungen zwischen 1991 und 2006. In den Jahren zwischen<br />
1995 und 2000 lag die Zahl der jährlichen Neubauten besonders hoch. Ihren Spitzenwert<br />
erreichten sie im Jahr 1999 mit 135; 132 Gebäude waren davon Ein- und Zweifamilienhäuser.<br />
Nach diesem Hoch sind die Zahlen der jährlich fertig gestellten Wohngebäude<br />
drastisch zurückgegangen und lagen im Jahr 2006 nur noch bei 29. Mehrfamilienhäuser<br />
wurden im neuen Jahrtausend quasi gar nicht mehr gebaut. Im Zeitraum von<br />
1995-2000 wurden jährlich durchschnittlich etwa 96 Wohnhäuser gebaut, zwischen 2001<br />
und 2006 waren es im Schnitt nur noch 41; was einen Rückgang von fast 60% bedeutet –<br />
mit sinkender Tendenz.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 30<br />
48,0<br />
46,0<br />
44,0<br />
42,0<br />
40,0<br />
38,0<br />
Wohnfläche/Einwohner [qm]
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
23<br />
1991<br />
0<br />
mit 1 und 2 Wohnungen<br />
mit 3 und mehr Wohnungen<br />
27<br />
1992<br />
36<br />
66<br />
93<br />
3 4 3 4<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
84<br />
1996<br />
75<br />
89<br />
6 6 6<br />
1997<br />
1998<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 31<br />
132<br />
80<br />
43 42<br />
2 1 1 0 0 1 2<br />
Abb. 34: Neue Wohngebäude in Großenkneten 1991 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
Die Wohnbauaktivität der 1990er Jahre hat sich größtenteils auf die Ortsteile Huntlosen<br />
und Großenkneten konzentriert. Die starke Nachfrage nach günstigem Bauland in dieser<br />
Zeit zeigt auch die folgende Tabelle. Vor allem nach der Jahrtausendwende wurden sowohl<br />
in Großenkneten als auch in Huntlosen noch vermehrt Baugebiete ausgewiesen<br />
(vgl. Abb. 35). Ende der 1990er Jahre entstanden besonders in Ahlhorn sehr große<br />
Wohngebiete mit mehr als 100 Baugrundstücken.<br />
Die Tabelle zeigt jedoch auch, dass Angebot und Nachfrage bisher gut aufeinander abgestimmt<br />
waren und die meisten Baugebiete voll ausgelastet sind. Lediglich in den neueren<br />
Baugebieten im Ortsteil Huntlosen sind aktuell noch eine Reihe von Bauplätzen verfügbar.<br />
Nach Einschätzung der örtlichen Immobilienexperten, ist dies jedoch nicht nur auf<br />
die Lage (eingeschränkteres Infrastrukturangebot in Huntlosen) zurückzuführen, sondern<br />
vielmehr auf die allgemein deutlich rückläufige Nachfrage. Eine erneute ausgeprägte<br />
Steigerung der Nachfrage – und somit auch der Preise - wird nicht erwartet.<br />
Ortsteil Gebiet Erschließung<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
Anzahl Grundstücke<br />
gesamt<br />
46<br />
2003<br />
43<br />
2004<br />
39<br />
2005<br />
29<br />
2006<br />
Anzahl Grundstücke,<br />
die noch zur Verfügung stehen<br />
Ahlhorn Hemannshausen 1997 137 0<br />
Am Lemsen 1998 105 1<br />
Wilhelm-Roleder-Weg 10 0<br />
Großenkneten Großenkneten-Nord 1997 82 0<br />
Westlich Am Rieskamp 1998 75 0<br />
Am Kirchholz 2002 4 0<br />
Ahlhorner Straße 2005 8 0<br />
Hauptstraße 2007 6 1<br />
Halenhorst Jückenweg 2003 6 0<br />
Huntlosen Ziegelhof 1997 42 0<br />
Huntlosen-Ost 2002 6 0<br />
Heisterweg 23 0<br />
Kreienweg 24 0<br />
Fladderskamp 24 4<br />
Mühlenhof 22 13<br />
Sage Im Sande 1997 23 0<br />
An den Fuhren 2004 13 2<br />
Abb. 35: Auslastung der Baugebiete in der Gemeinde Großenkneten<br />
(Quelle: Gemeinde Großenkneten; Stand: 09.11.2007)<br />
0
Die Neubautätigkeit in der Gemeinde Großenkneten findet zur Zeit nahezu ausschließlich<br />
in Neubaugebieten statt. Nach Aussage der Immobilienexperten besteht keine Nachfrage<br />
nach einer Lückenbebauung oder einer Bebauung in zweiter Zeile. Bezüglich der Wohnform<br />
konzentrieren sich Nachfrage und Angebot weiterhin auf das Einfamilienhaus, daher<br />
gibt es bisher in der Gemeinde nur wenig alternative Wohnformen und keine Ausrichtung<br />
des Immobilienmarktes auf neue Zielgruppen. Auch ein erneuter Bau von Mehrfamilienhäusern<br />
erfolgt aktuell nicht, da zum einen das Angebot nach Einschätzung der auf dem<br />
Immobilienmarkt aktiven Akteure die Nachfrage (v.a. nach Mietwohnungen) deckt, zum<br />
anderen ist die Rendite für Investoren heute nicht mehr hoch genug.<br />
Betrachtet man die bisherigen Entwicklungen sowie die Entwicklungschancen der einzelnen<br />
Ortsteile mit der bisher höchsten Bauaktivität (Ahlhorn, Großenkneten, Huntlosen),<br />
so haben nach Einschätzung der Experten die Siedlungsschwerpunkte Großenkneten<br />
und Huntlosen die positivsten Entwicklungen durchlaufen. In Ahlhorn hingegen hat die<br />
Aufgabe des Bundeswehr-Standortes zu einem Bevölkerungsrückgang und Problemen<br />
auf dem Wohnungsmarkt geführt. Die größte zukünftige Nachfrage wird für Baugrundstücke<br />
im Ortsteil Großenkneten gesehen. Da hier zur Zeit keine Baugrundstücke mehr verfügbar<br />
sind, wird die (Teilabschnitt-)Erschließung eines neuen Baugebietes ab etwa 2009<br />
geplant. Die Lage des Gebietes ist in dem folgenden Luftbild zu erkennen. Eine Anbindung<br />
an das „Zentrum“ Großenknetens und die bestehende Siedlungsstruktur ist durchaus<br />
gegeben. Darüber hinaus ist die Vermarktung eines kleinen Baugebietes (8 Bauplätze;<br />
Gebiet Ahlhorner Straße / Ulmenweg) in räumlicher Nähe im Jahr 2005 sehr gut verlaufen.<br />
Nach Einschätzung der Immobilienexperten ist jedoch eine Auslastung von Baugebieten<br />
mit 40 oder 50 Grundstücken zukünftig nicht mehr ohne Weiteres möglich.<br />
Vielmehr sollten Baugebiete eine Größe von sieben bis acht Bauplätzen nicht überschreiten.<br />
Abb. 36: Geplantes (rot) und bestehendes (blau) Neubaugebiet in Großenkneten<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Luftbild: Google Earth 2008)<br />
Eine gesteigerte Nachfrage nach Bestandsimmobilien ist in jüngster Vergangenheit nach<br />
Aussage der Experten durchaus spürbar. Aufgrund gestiegener Baukosten ist die Sanierung<br />
oder Renovierung einer Bestandsimmobilie in vielen Fällen günstiger. Dennoch<br />
könnte es zukünftig bei einem deutlich zunehmenden Angebot in diesem Marktsegment<br />
(vermehrt ehemalige Suburbanisierer, die aus Altersgründen, oder weil die Kinder ausgezogen<br />
sind, eine neue Wohnform suchen) zu Angebotsüberhängen und evtl. Leerständen<br />
kommen. Die oft überhöhten Preisvorstellungen der Besitzer erschweren einen Verkauf<br />
in einigen Fällen bereits heute.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 32
Abb. 37: Neubaugebiet in Huntlosen und zum Verkauf stehende Bestandsimmobilie<br />
in Großenkneten<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Oktober 2007)<br />
Nach Einschätzung der Gemeinde sind aktuell keine größeren Problemlagen auf dem<br />
Immobilienmarkt auszumachen. Lediglich die Mehrfamilienhäuser an der Mozartstraße in<br />
Ahlhorn sind durch eine schwierige Bewohnerstruktur geprägt. Hierzu hat u.a. auch der<br />
Rückzug der Bundeswehr aus den Kasernen beigetragen.<br />
Seit kurzem beginnt sich jedoch der Immobilienmarkt der Gemeinde Großenkneten an<br />
die Folgen des demografischen Wandels anzupassen, denn eine steigende Nachfrage<br />
nach Immobilien für ältere und alte Menschen ist erkennbar. Entsprechende Wohnformen<br />
werden somit zukünftig einen größeren Stellenwert auf dem Markt einnehmen. In Großenkneten<br />
besteht hier noch Entwicklungsbedarf.<br />
Die beschriebenen Ausgangsbedingungen auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
lassen im Hinblick auf die beschriebenen Prozesse des demografischen Wandels in Großenkneten<br />
folgende Schlussfolgerungen zu:<br />
Die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt in Großenkneten ist deutlich zurückgegangen.<br />
Die zügige Vermarktung großer Baugebiete ist in Zukunft höchstwahrscheinlich<br />
nicht mehr möglich.<br />
In den 1990er Jahren wurden besonders viele Ein- und Zweifamilienhäuser errichtet.<br />
Nach der Jahrtausendwende ist die Aktivität auf dem Immobilienmarkt jedoch deutlich<br />
zurückgegangen. Dies liegt besonders am beschriebenen Wandel der veränderten Rahmenbedingungen<br />
(weniger Zuzug in die Region, weniger Familiengründer, zunehmend<br />
adäquates Wohnangebot in den Städten, Wegfall Eigenheimzulage, etc.). Standortvorteile<br />
dürfte die Gemeinde Großenkneten jedoch auch zukünftig aufgrund der günstigen<br />
verkehrliche Anbindung sowohl für den MIV als auch an den Schienenverkehr besitzen.<br />
Die Versorgung mit Dingen des alltäglichen Bedarfs ist besonders in den Ortsteilen Ahlhorn<br />
und Großenkneten gegeben, so dass hier ebenfalls Anziehungspunkte liegen dürften.<br />
Die Ortsteile Großenkneten und Ahlhorn dürften aufgrund ihrer Zentralität und vergleichsweise<br />
guter Infrastrukturausstattung die größten Entwicklungschancen<br />
haben.<br />
Gute Infrastrukturausstattung sowie optimale verkehrliche Anbindung sind besonders in<br />
den Siedlungsschwerpunkten der Gemeinde gegeben (v.a. Großenkneten und Ahlhorn).<br />
Die kleineren und oft eher ländlich geprägten Ortsteile im Gemeindegebiet zeigen z.T.<br />
eine weniger gut ausgebaute Infrastruktur (wie bspw. fehlende Möglichkeiten der Kinderbetreuung<br />
oder der Nahversorgung). Aus diesen Gründen wurden bisher – selbst in den<br />
Hochphasen des Einwohnerwachstums – in den peripher gelegenen Ortsteilen ver-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 33
gleichsweise wenig bis gar keine Baugrundstücke ausgewiesen und verkauft. Speziell im<br />
Hinblick auf die rasch wachsende Zahl hochbetagter Menschen und die zunehmende<br />
Aktivität der Generation 50+ auf dem Immobilienmarkt wird deutlich, dass vornehmlich<br />
die Siedlungsschwerpunkte zukünftig noch Entwicklungspotenzial besitzen.<br />
Eine Ausrichtung auf neue Zielgruppen hat noch nicht stattgefunden, so das das<br />
klassische Einfamilienhaus den Immobilienmarkt der Gemeinde - trotz des Rückganges<br />
der Zuzüge von Familien - weiter beherrscht.<br />
Laut Grundstücksmarktbericht ist die Zahl der verkauften Ein- und Zweifamilienhäuser im<br />
<strong>Landkreis</strong> im Vergleich zum Vorjahr um rund 7% zurückgegangen. In den kommenden<br />
Jahren und Jahrzehnten werden jedoch aufgrund des anstehenden Generationenwechsels<br />
immer mehr Eigenheime auf den Markt kommen. Diese Entwicklung kann durchaus<br />
als problematisch angesehen werden, da die Nachfrage von Familiengründern durch die<br />
schrumpfenden Elterngenerationen kontinuierlich zurückgehen wird. Zudem wird wahrscheinlich<br />
zukünftig ein Neubau aufgrund von z.T. aufwändigen Sanierungsarbeiten an<br />
der Bestandsimmobilie (Energiepass, etc.) oft preisgünstiger und aufgrund der Realisierung<br />
persönlicher Wünsche auch bevorzugt umzusetzen sein. Gebrauchte Immobilien<br />
dürften somit zukünftig immer schwieriger zu vermarkten sein. Um ein einseitig auf Familien<br />
ausgerichtetes Angebot zu vermeiden, dürfte es zukünftig zudem von Vorteil sein<br />
flexible und auf verschiedene Zielgruppen ausgerichtete Wohnformen auf dem Markt<br />
anzubieten, die sich der Nachfrage anpassen können.<br />
5.2 Soziale Infrastruktur<br />
5.2.1 Kinderbetreuung<br />
In der Gemeinde Großenkneten gibt es sieben Kinderbetreuungseinrichtungen – je zwei<br />
in den Siedlungsschwerpunkten Großenkneten, Huntlosen und Ahlhorn sowie eine im<br />
Ortsteil Sage. Eine Kinderbetreuung von Kindern unter 3 Jahren ist im evangelischen<br />
Kindergarten in Großenkneten und beim Naturkindergarten in Huntlosen möglich. Die<br />
Gemeinde verfügt über keine eigenen Betreuungseinrichtungen – sie liegen alle in kirchlicher<br />
oder freier Trägerschaft.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 34
genemigte belegte<br />
Einrichtung<br />
Plätze<br />
Plätze Art der Plätze<br />
ev. Kindergarten Ahlhorn 125 114<br />
Vormittags-, Nachmittagsund<br />
Ganztagsplätze<br />
kath. Kindergarten Ahlhorn 86 82 Vormittags- und Integrationsplätze<br />
Ahlhorn insg. 211 196<br />
ev. Kindergarten Großenkneten 136 121<br />
Großenkneten insg. 136 121<br />
ev.Kindergarten Huntlosen 93 75<br />
Naturkindergarten 55 52<br />
Huntlosen insg. 148 127<br />
Vormittagsplätze + Krippengruppe<br />
(ab dem KiGa-Jahr 2008/2009 auch<br />
Ganztagsplätze in einer Kleingruppe mit 10<br />
Kindern)<br />
Vormittags-, Nachmittags-<br />
und Integrationsplätze<br />
Vormittags- und Krippenplätze<br />
(ab dem KiGa-Jahr 2008/2009 auch<br />
Ganztagsplätze mit Hortangebot in der<br />
Regelgruppe)<br />
Ev. Kindergarten Sage 68 63 Vormittags- und Integrationsplätze<br />
Sage insg. 68 63<br />
insgesamt 563 507<br />
Abb. 38: Auslastung der Kinderbetreuungseinrichtungen zum 01.08.2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung nach Angaben der Gemeinde Großenkneten)<br />
Nach der Tagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> waren zum 01.08.2007<br />
563 Plätze in Betreuungseinrichtungen in der Gemeinde Großenkneten vorhanden. Der<br />
Betreuungsbedarf 6 liegt bei 503 Plätzen, so dass eine Versorgungsquote von 112% bestand.<br />
Freie Kapazitäten bestanden sowohl bei Vormittags- als auch bei Nachmittagsplätzen.<br />
Darüber hinaus sind in allen Einrichtungen der vier Ortsteile noch freie Plätze<br />
verfügbar – die Kapazitäten der evangelischen Kindergärten in Großenkneten und Huntlosen<br />
sind dabei am geringsten ausgelastet.<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
125<br />
114<br />
86<br />
82<br />
136<br />
121<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 35<br />
93<br />
75<br />
55<br />
52<br />
vorhandene Plätze<br />
davon belegt<br />
ev. KiGa Ahlhorn kath. KiGa Ahlhorn ev. KiGa Großenkneten ev.KiGa Huntlosen Naturkindergarten Ev. KiGa Sage<br />
Abb. 39: Auslastung der Kinderbetreuungseinrichtungen im Jahr 2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten der Gemeinde Großenkneten)<br />
6<br />
Platzbedarf für: 75 % der dreijährigen Kinder, 90 % der vierjährigen Kinder, 90 % der fünfjährigen Kinder und<br />
50 % der sechsjährigen Kinder<br />
68<br />
63
Aufgrund der großen Nachfrage nach Kindergartenplätzen in den 1990er Jahren wurden<br />
einige der bestehenden Einrichtungen um diverse Plätze erweitert. Neuerrichtungen haben<br />
nur in Sage und Huntlosen (Naturkindergarten) im Jahr 2002 stattgefunden.<br />
Der Kindergartenstandort in Sage ist von besonderer Bedeutung, da für viele Eltern eine<br />
wohnortnahe Betreuung wichtig ist. Auch die Krippengruppe in Großenkneten ist voll<br />
ausgelastet. Hier werden Kinder ab einem Jahr betreut. Aufgrund der großen Nachfrage<br />
ist auch ein Platz-Sharing möglich, sollte z.B. nur eine Betreuung an bestimmten Wochentagen<br />
gewünscht werden. Die Kinderkrippe in Großenkneten existiert seit September<br />
2006. Ein weiteres Krippenangebot soll es zukünftig evtl. in Ahlhorn geben - z. Zt.<br />
fragt die Gemeinde den Bedarf bei allen Ahlhorner Eltern mit Kleinkindern ab.<br />
Für die 446 gemeldeten Kinder unter drei Jahren stehen demnach bisher 20 Plätze in<br />
einer Krippengruppe bzw. altersübergreifenden Gruppe zur Verfügung. Erfahrungen zeigen,<br />
dass eine Betreuung unter Dreijähriger immer gefragter wird, in den meisten Gemeinden<br />
jedoch ein Unterangebot an Betreuungsmöglichkeiten besteht. Auch in Großenkneten<br />
liegt die Betreuungsquote der Kleinkinder bei nur etwa 4%. Entsprechend den<br />
Vorgaben aus dem Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG; Vorgabe: ‚bedarfsgerechtes’<br />
Angebot bis 2010) und den jüngsten bundes- und landespolitischen Beschlüssen, wonach<br />
bis 2013 für 35 % aller Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze (in Betreuungseinrichtungen<br />
oder durch Tagesmütter) zur Verfügung stehen sollen und ab 2013 sogar<br />
ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz besteht, existiert auch in der Gemeinde Großenkneten<br />
erheblicher Anpassungsbedarf.<br />
Die Betreuung von Schulkindern in einem Hort ist in Großenkneten bisher nicht möglich.<br />
Aufgrund wahrscheinlich steigender Nachfrage auch nach dieser Betreuungsform, könnten<br />
hier Ausbaupotenziale bestehen (vgl. Kap. 5.2.2). Besonders, da die Zusammenarbeit<br />
zwischen Schulen und Kindergärten in der Gemeinde sehr gut funktioniert.<br />
Die Prognosen des <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> für die nächsten drei Kindergartenjahre zeigen<br />
darüber hinaus, dass die Anzahl der Kinder mit Anspruch auf einen Kindergartenplatz<br />
deutlich und kontinuierlich abnehmen wird. Das Hoch der Kinderzahlen und des Betreuungsbedarfs<br />
lag um das Jahr 2004 (vgl. Abb. 40). Dabei sind alle Siedlungsbereiche von<br />
den Rückgängen betroffen; besonders jedoch der Ortsteil Huntlosen (vgl. Abb. 41).<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
3-6-Jährige<br />
Platzbedarf in Betreuungseinrichtungen<br />
1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11<br />
Abb. 40: Zahl der 3- 6-Jährigen und Platzbedarf 7 in Betreuungseinrichtungen<br />
1995/96 – 2007/08 und Prognose bis 2010/11<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Oldenburg</strong>; 2007)<br />
7 Der Bedarf errechnet sich aus: 75% der 3-Jährigen, 90% der 4-5-Jährigen und 50% der 6-Jährigen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 36
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
2007/2008 2008/2009 2009/2010 2010/2011<br />
178<br />
174<br />
174<br />
166<br />
223<br />
216<br />
213<br />
206<br />
Großenkneten Ahlhorn Huntlosen Großenkneten gesamt<br />
Abb. 41: Voraussichtlicher Bedarf an Plätzen in Kinderbetreuungseinrichtungen 8<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Oldenburg</strong>; 2007)<br />
Aufgrund der dispersen Siedlungsstruktur Großenknetens besitzen die Einrichtungen<br />
in den jeweiligen Ortsteilen eine wesentliche Bedeutung für deren künftige<br />
Entwicklung. Es muss aber weiterhin - aufgrund des altersstruktur-bedingten Geburtenrückgangs<br />
und der rückläufigen Zuzüge von Familien - mit nachlassenden<br />
Auslastungszahlen gerechnet werden.<br />
Bereits in den kommenden Jahren ist mit einem Rückgang der Nachfrage nach Kindergartenplätzen<br />
zu rechnen. Die aktuellen Kindergarten-Jahrgänge sind noch vergleichsweise<br />
stark besetzt und lassen sich näherungsweise über die Geburtsjahrgänge 2002 –<br />
2004 erfassen. In diesem Zeitraum sind in Großenkneten noch 479 Kinder geboren worden.<br />
Das Jahr 2002 und die zwei Jahre zuvor waren die stärksten Geburtenjahrgänge in<br />
den letzten 20 Jahren. Seit etwa 2002 nimmt die Zahl der jährlichen Geburten leicht ab<br />
und diese Entwicklung dürfte sich weiter fortsetzen. Gerade die nachrückenden potenziellen<br />
Elternjahrgänge 9 fallen in Großenkneten außerordentlich schwach aus. Zudem<br />
gehen die Zuzüge von Familien zurück, so dass sich die Zahl der Kinder auch in immer<br />
geringer werdendem Umfang durch Wanderungsgewinne erhöht.<br />
Neben Kinderbetreuungseinrichtungen sind auch flexible Betreuungsmöglichkeiten<br />
sowie Möglichkeiten zur gemeinsamen Freizeitgestaltung wichtige Angebote,<br />
die die Attraktivität einer Gemeinde für Familien erhöhen.<br />
Die „klassischen“ Angebote der Kinderbetreuung sind in Großenkneten ausreichend vorhanden.<br />
Aufgrund des fortschreitenden demografischen Wandels und verschiedenster<br />
Familienstrukturen sind flexible und neue Möglichkeiten der Betreuung in vielen Kommunen<br />
entstanden. Potenziale liegen beispielsweise in der flexiblen Betreuung von Kindern<br />
durch ältere Menschen. Zudem erhalten „Familienzentren“, in denen verschiedenste Angebote<br />
für Eltern und Kinder kombiniert werden, eine immer größere Nachfrage (vgl. Kap.<br />
6.5).<br />
8<br />
Dargestellt sind die möglichen Entwicklungen für die entsprechenden Planbereiche.<br />
9<br />
Etwa 50 % aller Kinder sind in Niedersachsen im Jahr 2006 von Frauen im Alter von 26 bis 33 Jahren geboren<br />
worden (Quelle: NLS 2006, Natürliche Bevölkerungsbewegung).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 37<br />
101<br />
96<br />
88<br />
80<br />
503<br />
486<br />
475<br />
451
Großenkneten steht somit vor der Herausforderung einerseits nach Jahren stabiler bzw.<br />
sogar stark steigender Kinderzahlen eine langfristig tragfähige Standortplanung unter<br />
(demografisch bedingten) Stagnations- bis Schrumpfungsbedingungen zu leisten, und<br />
andererseits eine bisher kaum abschätzbare Nachfrage nach Betreuungsplätzen für unter<br />
3-Jährige abzudecken. Die gegenläufigen Entwicklungen – sinkende Nachfrage nach<br />
Kindergartenplätzen bei steigendem Bedarf an Kleinstkinderbetreuung – eröffnen aber<br />
andererseits zum einen die Möglichkeit die bestehenden Standorte durch Angebotsausweitungen<br />
(z.B. zusätzliche Krippenplätze, Ganztagsangebote, Projekte) und/oder Kooperationen<br />
mit anderen kinderaffinen Einrichtungen zu stabilisieren, zum anderen lassen<br />
sich die Betreuungswünsche der Familien noch stärker berücksichtigen, ohne in größerem<br />
Umfang bauliche Maßnahmen vornehmen zu müssen.<br />
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass mittelfristig auf Grundlage der aktuell vorliegenden<br />
Zahlen keine Standorte von Kinderbetreuungseinrichtungen akut gefährdet<br />
sind, da die Rückgänge bei den Kindern im Kindergartenalter zunächst vermutlich noch<br />
nicht so drastisch ausgeprägt sein werden und sich wahrscheinlich noch durch Angebotserweiterungen<br />
kompensieren lassen.<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen<br />
Die verschiedenen Schulstandorte verteilen sich auf die Ortsteile Ahlhorn (eine Grundschule,<br />
eine Hauptschule, eine Realschule und ein Gymnasium Sekundarstufe I) sowie<br />
Großenkneten, Huntlosen und Sage (jeweils eine Grundschule).<br />
Schule Schülerzahl (2007/2008) Zügigkeit<br />
Grundschule Ahlhorn<br />
mit Schulkindergarten<br />
345 vierzügig<br />
Grundschule Großenkneten 168 zweizügig<br />
Grundschule Huntlosen 153 zweizügig<br />
Peter-Lehmann-Schule<br />
Grundschule Sage<br />
77 einzügig<br />
Graf-von-Zeppelin-Schule<br />
Hauptschule<br />
233<br />
ein- bis dreizügig<br />
Graf-von-Zeppelin-Schule<br />
Realschule<br />
406<br />
zwei- bis dreizügig<br />
Dietrich-Bonhoeffer-Gymnasium<br />
Sekundarbereich I<br />
369 zwei- bis vierzügig<br />
Abb. 42: Schulen in der Gemeinde Großenkneten<br />
(Quelle: Angaben der Gemeinde Großenkneten)<br />
Insgesamt wurden im letzten Schuljahr 1745 Schüler in den allgemein bildenden Schulen<br />
der Gemeinde Großenkneten unterrichtet. Die Schülerzahl stieg in den 1990er Jahren<br />
besonders stark an und erreichte nach der Jahrtausendwende ihren Höhepunkt - seitdem<br />
stagniert sie.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 38
1.900<br />
1.800<br />
1.700<br />
1.600<br />
1.500<br />
1.400<br />
1.300<br />
1.200<br />
1.100<br />
1.000<br />
1982 1983 1984 1985 1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 43: Entwicklung der Schülerzahl insgesamt in der Gemeinde Großenkneten<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Grundschulen<br />
Ein Blick auf die Entwicklung der Grundschülerzahlen in den letzten Jahren zeigt, dass<br />
ein enormer Anstieg besonders von 1992 bis 2001 stattgefunden hat. Hier stieg die Anzahl<br />
der Großenknetener Grundschüler um etwa 34%. In diese Zeit fiel auch das Hoch<br />
der Bevölkerungsentwicklung durch besonders viele Zuzüge. Zudem haben die Kinder<br />
der „Babyboomer“ etwa in diesem Zeitraum das Schulalter erreicht. Nach einem Rückgang<br />
der Schülerzahlen kurz nach der Jahrtausendwende, steigen die Zahlen seit 2002<br />
wieder leicht an. Trotz des enormen Wachstums der Schülerzahl sind Anpassungen<br />
und Erweiterungen nur in der Grundschule Sage erfolgt. Anfang 2007 wurden hier neue<br />
Fachunterrichtsräume sowie ein Multifunktionsraum (Aula) eingerichtet.<br />
850<br />
800<br />
750<br />
700<br />
650<br />
600<br />
550<br />
500<br />
450<br />
400<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 44: Entwicklung der Zahl der Grundschüler in der Gemeinde Großenkneten<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 39
Das ausgeprägte Wachstum der Anzahl an Grundschülern in der Gemeinde Großenkneten<br />
hat sich in jüngster Vergangenheit leicht abgeschwächt; mittelfristig<br />
dürfte bei weiterhin geringen Familien-Zuzügen und abnehmenden Geburtenzahlen<br />
ein spürbarer Rückgang der Grundschüler eintreten.<br />
Der Rückgang der Einschulungen insgesamt fällt besonders deutlich auf. Waren es 2005<br />
noch 210 Einschulungen, so könnte die Anzahl der Erstklässler 2012 - nach der Prognose<br />
und ohne Berücksichtigung von Zuzügen - nur noch bei 130 liegen, was einen Rückgang<br />
von 38% bedeuten würde. Überdurchschnittliche Rückgänge werden für die Grundschule<br />
Ahlhorn prognostiziert. Eine Möglichkeit der Anpassung an den Auslastungsrückgang<br />
ist neben der Reduzierung der Klassenzahl und der Veränderung der Einzugsgebiete<br />
bspw. eine qualitative Angebotserweiterung.<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
GS Ahlhorn GS Großenkneten<br />
GS Huntlosen GS Sage<br />
1997/98 1998/99 1999/2000 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07<br />
Abb. 45: Geburtenjahrgänge nach Grundschulstandorten<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Großenkneten)<br />
Möglichkeiten, die Auslastungsrückgänge der Grundschulen sinnvoll zu nutzen<br />
liegen beispielsweise in qualitativen Angebotserweiterungen (z.B. Projekte, Hortbetreuung,<br />
etc.) oder Kooperationen mit anderen kinderaffinen oder sozialen Einrichtungen<br />
und Anbietern.<br />
Aller Voraussicht nach wird sich ein deutliches Wachstum der Schülerzahlen an den<br />
Grundschulen nicht weiter fortsetzen, kurz- bis mittelfristig ist vielmehr wieder mit einer<br />
Stagnation oder einem Rückgang der Schülerzahlen zu rechnen. Darauf deuten die aktuellen<br />
Meldeamtsdaten und die Geburtenentwicklungen hin. Die geburtenstärksten Jahrgänge<br />
bis ca. 2002 (seitdem gehen die Geburtenzahlen zurück) wachsen bis etwa 2012<br />
aus dem Grundschulalter heraus. Rückläufige Schülerzahlen dürften zudem aus den<br />
nachlassenden Zuzügen junger Familien resultieren. Auch die Modellrechnungen der<br />
Gemeindeverwaltung deuten auf eine Abnahme der zukünftigen Einschulungen hin (vgl.<br />
Abb. 45).<br />
Eine exakte Prognose der Entwicklung ist jedoch schwierig. Zum einen lässt sich das<br />
künftige Fertilitätsverhalten – auch wegen der sich ändernden politischen Rahmenbedingungen<br />
– schwer einschätzen. Zum anderen sind auch die künftigen Wanderungsverflechtungen<br />
sowie die Wirkung künftiger Neubaugebiete schwer zu prognostizieren. Die<br />
Vermarktung der bestehenden Neubaugebiete erfolgt jedoch nicht mehr so schnell wie<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 40
noch in der jüngsten Vergangenheit. Tatsache ist auch, dass die Bevölkerungsgruppe der<br />
Familiengründer in den 1990er Jahren außergewöhnlich groß war und zukünftig weiter<br />
schrumpfen dürfte, was wiederum erhebliche Auswirkungen z.B. auf die Geburtenzahlen<br />
und das Wanderungsverhalten haben dürfte.<br />
Weiterführende Schulen<br />
Als weiterführendes Schulangebot verfügt die Gemeinde Großenkneten über alle Schulformen<br />
(ausgenommen Sekundarstufe II des Gymnasiums). Es ist jedoch bereits ein<br />
politischer Beschluss zur Einrichtung einer Oberstufe gefasst und die Genehmigung angefordert<br />
worden. Alle weiterführenden Schulen befinden sich in Ahlhorn auf einem Gelände.<br />
Von demografisch bedingten Auslastungsrückgängen werden die weiterführenden<br />
Schulen vermutlich erst mit dem entsprechenden zeitlichen Verzug betroffen sein; zunächst<br />
macht sich der Rückgang der Kinderzahlen in der Auslastung der Kindertagesstätten<br />
und Grundschulen bemerkbar. Somit profitieren die weiterführenden Schulen noch<br />
von den geburtenstarken Jahrgängen um die Jahrtausendwende.<br />
Bei den weiterführenden Schulen ist zunächst noch ein Anstieg der Schülerzahl zu<br />
erwarten; mittel- und langfristig nehmen die Schülerzahlen jedoch auch hier vermutlich<br />
ab.<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Hauptschule Realschule Gymnasium<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 46: Entwicklung der Schülerzahl an den weiterführenden Schulen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Auffallend ist auch in Großenkneten das aktuell immer stärkere Auseinanderlaufen der<br />
drei Schulformen. Seit Beginn der 1990er Jahre und bis zum Jahr 2003 (und somit bis<br />
zur Abschaffung der Orientierungsstufe) sind alle drei Schulzweige ähnlich stark gewachsen.<br />
Nach Abschaffung der Orientierungsstufe änderte sich das Bild jedoch grundlegend.<br />
Die Schülerzahl im Hauptschulzweig hat seit 2004 um etwa 17% abgenommen; wohingegen<br />
sie im Realschulzweig um etwa 2% und im Gymnasialzweig sogar um 13% angestiegen<br />
ist. Im Schuljahr 2007/2008 sind auch Kinder aus den Gemeinden Hatten und<br />
Wardenburg beim Gymnasium angemeldet worden. Dies zeigt, welche Bedeutung das<br />
Gymnasium für den Schulstandort Großenkneten besitzt. Auch vor diesem Hintergrund<br />
wäre die Einrichtung einer Sekundarstufe II für die Entwicklung Großenknetens wichtig.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 41
Allein der Hauptschulzweig ist von sinkenden Schülerzahlen und einem immer<br />
größer werdenden Bedeutungsverlust betroffen.<br />
Wie sich die Schülerzahlen in Zukunft auf die einzelnen Schulformen verteilen werden, ist<br />
aufgrund der schwer vorhersehbaren Entwicklung der Kinderzahl und des Einflusses der<br />
Elternentscheidungen nicht ohne weiteres präzise einzuschätzen. Bei den derzeitig absehbaren<br />
Veränderungen der gesellschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen<br />
kann man jedoch vermutlich von einem weiteren Bedeutungsverlust der Hauptschule<br />
ausgehen. Diese Entwicklung ist in ganz Niedersachsen zu beobachten. In naher Zukunft<br />
dürfte es den weiterführenden Schulen jedoch auch insgesamt an Neuzugängen fehlen,<br />
da die Zahl der Einschulungen bereits leicht zurückgeht - auch wenn die Einschulungszahlen<br />
in einzelnen Schuljahren noch einmal leicht ansteigen können (vgl. Abb. 46).<br />
Ein großer Vorteil liegt darin, dass es sich bei der Haupt- und der Realschule in Ahlhorn<br />
um eine kooperative Schulform handelt („Graf-von-Zeppelin-Schule“): beide Schulformen<br />
teilen sich somit bspw. Gebäude und Lehrpersonal. Dies bedeutet gerade auch im Hinblick<br />
auf die rückläufigen Schülerzahlen - v.a. an der Hauptschule - , dass Auslastungsrückgänge<br />
besser aufgefangen werden und sinnvolle Synergieeffekte genutzt werden<br />
können. Gleichzeitig besteht eine direkte räumliche Nähe zum Gymnasium.<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur<br />
Die Gemeinde Großenkneten ist heute noch vergleichsweise jung, da die Anteile an Kindern<br />
und Jugendlichen noch relativ hoch sind. Der Anteil an Senioren und Hochbetagten<br />
wird in den kommenden Jahren jedoch deutlich ansteigen. Von Bedeutung ist auch die<br />
Tatsache, dass in den Ortsteilen, in denen in den 1990er Jahren ein besonders großer<br />
Zuzug von Familien stattgefunden hat, zukünftig die Zahl der Senioren besonders deutlich<br />
zunehmen wird. Auch aktuell zeigen diese Ortsteile (Ahlhorn und Großenkneten)<br />
bereits neben den kleineren und ländlich geprägten Ortsteilen wie Sage-Haast und Hahlenhorst<br />
den größten Anstieg der Anteile über 60-Jähriger zwischen 1990 und 2006 an<br />
der jeweiligen Gesamtbevölkerung (vgl. Abb. 47).<br />
Die Anteile der Senioren an der Bevölkerung der Ortsteile haben in den letzten Jahren<br />
unterschiedlich stark zugenommen. Sie verdeutlichen aber gerade auch in den<br />
Außenbereichen, dass die Anforderungen an eine altengerechte Infrastruktur steigen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 42
Sage-Haast<br />
Sage<br />
Huntlosen<br />
Halenhorst<br />
Großenkneten<br />
Döhlen<br />
Ahlhorn<br />
16,1%<br />
17,5%<br />
15,4%<br />
16,6%<br />
17,4%<br />
20,6%<br />
21,2%<br />
20,2%<br />
19,8%<br />
22,0%<br />
20,2%<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 43<br />
22,3%<br />
26,7%<br />
31,4%<br />
1990 2006<br />
Abb. 47: Anteile über 60-Jähriger in den Ortsteilen 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Großenkneten)<br />
Betreuungs- und Pflegeplätze für Senioren sind im Ortsteil Ahlhorn vorhanden. Hier befindet<br />
sich ein Pflegeheim der AWO. Mit 17 Pflegeheim-Plätzen pro 1000 ab 60-Jährige<br />
verfügt die Gemeinde im Vergleich zu den übrigen Gemeinden des <strong>Landkreis</strong>es über die<br />
wenigsten Plätze (vgl. Abb. 49). Im Ortsteil Großenkneten wurden jedoch kürzlich 16<br />
betreute Seniorenwohnungen errichtet, wodurch sich das Wohnangebot für ältere Menschen<br />
vergrößert hat.<br />
Abb. 48: Neue Seniorenwohnungen in Großenkneten und Pflegeheim der AWO in<br />
Ahlhorn<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Oktober 2007)<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
79<br />
70<br />
49<br />
39<br />
25 24<br />
18 17<br />
SG Harpstedt Wildeshausen Ganderkesee Hatten Wardenburg Hude Dötlingen Großenkneten<br />
Abb. 49: Anzahl der Plätze in Altenpflegeheimen pro 1000 ab 60-Jährige 2007<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>)
Der Versorgung älterer Menschen in ihren Eigenheimen wird eine immer größere<br />
Bedeutung zukommen. Besonders aufgrund der dispersen Siedlungsstruktur der<br />
Gemeinde Großenkneten und der unterschiedlichen Versorgungssituationen der<br />
Ortsteile ist eine Vernetzung der Angebote wichtig.<br />
Großenkneten war in jüngster Vergangenheit in großem Umfang Ziel zahlreicher Familien<br />
aus dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> sowie den Umlandgemeinden Hatten und Wardenburg.<br />
Die meisten Eltern werden im „Familieneigenheim“ z.B. aufgrund von Verwurzelung und<br />
ausgebauten sozialen Netzwerken auch nach dem Auszug der Kinder wohnen bleiben,<br />
so dass der Nahversorgung und mobilen Service-Leistungen zukünftig immer größere<br />
Bedeutung zukommen wird. Gerade aufgrund der sehr weitläufigen Siedlungsstruktur der<br />
Gemeinde und der z.T. durch Schließung von kleineren Läden nicht vorhandenen Versorgungsmöglichkeit,<br />
gilt es, Hilfs- und Pflegedienste zu vernetzen. Ein in der Gemeinde<br />
angesiedeltes „Servicezentrum“ könnte Anfragen und Dienstleistungsangebote koordinieren<br />
und bei der Vermittlung unterstützend tätig sein. Hilfsleistungen (wie Unterstützung<br />
beim Einkauf, Arztbesuch oder der Haushaltsbewältigung) sind beispielsweise neben der<br />
Pflege bereits auch in früheren Lebensphasen wichtig. Hier könnte auch der Seniorenbeirat<br />
eine wichtige Rolle spielen, da bereits in den größeren Ortsteilen sog. Ortsbetreuer<br />
aktiv sind. Auch ehrenamtliche und bürgerschaftliche Ansätze gewinnen zunehmend an<br />
Bedeutung (vgl. Kap. 6.5).<br />
Ein weiterer guter Ansatz in der Gemeinde Großenkneten ist der Einsatz eines mobilen<br />
Bürgerberaters, der es weniger mobilen Bürgern ermöglicht, Verwaltungsangelegenheiten<br />
zuhause zu erledigen.<br />
Alternative Wohnangebote für ältere Menschen sind in Großenkneten kaum vorhanden,<br />
könnten aber die Attraktivität des Wohnstandortes erhöhen.<br />
Die Ortseile Großenkneten und Ahlhorn verfügen über eine auf Gemeindeebene vergleichsweise<br />
gut ausgebaute Infrastruktur sowohl im Bereich der Versorgung als auch im<br />
Bereich des ÖPNV (Bahnhof mit Halt der NWB). Somit bieten diese Orte die günstigsten<br />
Bedingungen als Wohnstandort für ältere Menschen. Aufgrund der alterstrukturellen Veränderung<br />
der Bevölkerung ist davon auszugehen, dass die Nachfrage nach Wohnformen<br />
für ältere und alte Menschen künftig ansteigen wird (z.B. auch nach günstigen Mietwohnungen).<br />
Von Interesse sind je nach Alter der Nachfrager kleine, attraktive und leicht zu<br />
pflegende Wohnformen mit und ohne Betreuungsangebot. Eine Möglichkeit das Angebot<br />
für die verschiedenen Zielgruppen passgenau zu entwickeln besteht darin, die Nachfrageentwicklung<br />
gerade fertig gestellter Objekte (wie z.B. Am Rieskamp), zu verfolgen.<br />
Neben der Förderung der Mobilität ist auch die Unterstützung des ehrenamtlichen<br />
Engagements wichtig, um ältere Bewohner zu integrieren und einer Isolation vorzubeugen.<br />
Der Seniorenbeirat der Gemeinde Großenkneten leistet einen wichtigen Beitrag zur Steigerung<br />
der Aktivität älterer Menschen. Ausflugsfahrten und Feste bringen die Senioren<br />
zusammen und beugen der Isolation vor. Als eine wesentliche Aufgabe wird darüber<br />
hinaus die Sicherung der Grundversorgung gesehen. Hier spielt die Mobilität eine wesentliche<br />
Rolle. Da in der Gemeinde Großenkneten nur eine „Grundausstattung“ an ärztlicher<br />
Versorgung vorhanden ist, müssen viele ältere Menschen die Kreisstadt Wildehausen<br />
aufsuchen. Der von der Gemeinde eingerichtete Kreisstadt-Bus soll es Bürgern ermöglichen<br />
auch ohne eigenen Pkw nach Wildeshausen zu gelangen. Seit Anfang Dezember<br />
2007 fährt der Bus zweimal wöchentlich über die Ortschaften Großenknetens<br />
nach Wildeshausen und zurück. Dieses Angebot stellt eine attraktive Ergänzung des<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 44
vorhandenen ÖPNV dar und vergrößert die Mobilität gerade auch alter Menschen. Derzeit<br />
wird das Angebot aber nur unzureichend in Anspruch genommen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 45
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen<br />
Wie die Analysen und Darstellungen der vorliegenden Fallstudie gezeigt haben, sind<br />
auch in Großenkneten die Folgen des demografischen Wandels erkennbar: die Bevölkerungszahl<br />
stagniert bzw. nimmt leicht ab - aufgrund von sinkenden Geburtenzahlen und<br />
weniger werdenden Zuzügen. Gleichzeitig nehmen die Anteile älterer Menschen an der<br />
Bevölkerung zu. Dies stellt die Gemeinde auf der einen Seite vor eine Reihe von Herausforderungen,<br />
eröffnet aber auch zahlreiche Chancen und Potenziale:<br />
� Da die älteren Menschen zunehmend aktiver auf dem Großenknetener Immobilienmarkt<br />
agieren, gewinnt eine Anpassung des Wohnungs- und Immobilienmarkts<br />
an sich verändernde Wohnanforderungen an Bedeutung. Dabei gilt es auch die<br />
Wohnanforderungen junger Menschen zu berücksichtigen.<br />
� Auch im Bereich der „Altimmobilien“ dürfte der Handlungsbedarf zukünftig steigen.<br />
Das Augenmerk sollte daher auf die Weiterentwicklung des Bestandes gerichtet<br />
werden. Dabei gilt es eine einseitige Zielgruppenausrichtung zu vermeiden und ein<br />
vielfältiges Angebot auch für jüngere Menschen anzubieten.<br />
� Eine möglichst passgenaue Infrastrukturplanung kann durch eine kontinuierliche<br />
und systematische Beobachtung der Bevölkerungsentwicklung und des Grundstücks-<br />
und Immobilienmarktes erleichtert werden.<br />
� Angesichts sich verändernder Nachfragestrukturen gilt es, realistische und nachhaltige<br />
Organisations- und Standortstrukturen der sozialen Infrastruktur zu<br />
entwickeln.<br />
� Aufgrund der wachsenden Bevölkerungsgruppe der Senioren bestehen auch zunehmend<br />
Potenziale im Bereich ehrenamtlichen /bürgerschaftlichen Engagements,<br />
das durchaus auch ein generationenübergreifendes Miteinander fördern kann.<br />
� Hilfreich für die Gemeindeentwicklung Großenknetens ist auch die Klärung des künftigen<br />
Leitbilds: Wie soll sich Großenkneten in den kommenden Jahren entwickeln,<br />
welches Leitbild führt die Gemeinde durch den demografischen Wandel? Ein querschnittsorientierter<br />
Prozess unter Beteiligung von Bürgern, Politik und Verwaltung<br />
könnte für den demografischen Wandel und seine Herausforderungen sensibilisieren<br />
und Potenziale entwickeln helfen.<br />
Vor dem Hintergrund der dargestellten Chancen und Herausforderungen Großenknetens<br />
im demografischen Wandel hat im März 2008 ein Workshop mit Vertretern der Gemeinde<br />
und der Politik stattgefunden. Im Rahmen dieses Workshops wurden mögliche Handlungsoptionen<br />
erarbeitet sowie weitere Chancen und Risiken durch die Teilnehmer formuliert.<br />
Das folgende Kapitel benennt Handlungsoptionen für verschiedene Themenfelder,<br />
die sich zum einen aus der vorangegangenen Analyse ableiten sowie zum anderen<br />
im Workshop erarbeitet wurden. Es handelt sich dabei um folgende thematische Bereiche:<br />
� Verbesserung der Informationsgrundlagen<br />
� Handlungsoptionen für Zielgruppen<br />
� Siedlungsentwicklung<br />
� Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung sowie<br />
� Anpassung sozialer Infrastruktur<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 46
6.1 Verbesserung der Informationsgrundlagen<br />
Angesichts der Auswirkungen der demografischen Umbrüche erscheint es ratsam, ein<br />
systematisches Demografie-Monitoring für Großenkneten zu entwickeln und zu implementieren.<br />
Ziel dieses Monitoring-Systems sollte es sein, kontinuierlich die kleinräumigen<br />
Veränderungsprozesse der wesentlichen, demografisch relevanten Aspekte verfolgen zu<br />
können, um in der Lage zu sein, regelmäßig und rechtzeitig die kommunalen Entwicklungsstrategien<br />
und -planungen anpassen zu können. Einige Workshop-Teilnehmer<br />
merkten hierzu an, dass eine Auswahl der zusammengestellten Daten beispielsweise an<br />
die Ratsmitglieder versendet werden könnte.<br />
Viele der benötigten Daten liegen der Gemeinde bereits vor bzw. können mit vertretbarem<br />
Aufwand ermittelt werden und bedürfen lediglich einer systematischen Zusammenführung.<br />
Anlass könnte z.B. ein im jährlichen Turnus zu erstellender Demografiebericht<br />
sein. Einbezogen werden sollten insbesondere folgende Informationen im Idealfall auf<br />
Ebene der Ortsteile der Gemeinde:<br />
� Bevölkerungsentwicklung,<br />
� Zu- und Fortzüge nach Altersgruppen und Wanderungszielen bzw. -herkunft,<br />
� Schülerzahlen nach Schulzweigen,<br />
� Kindergarten- und Krippenkinder (incl. Quoten und Auslastungen),<br />
� hilfebedürftige Senioren,<br />
� Bauland- und Immobilienumsatz,<br />
� Alleinstehende ältere Menschen,<br />
� Leerstände bei Wohnimmobilien.<br />
Eine wichtige Datengrundlage bezüglich des Infrastrukturangebotes in den einzelnen<br />
Gemeinden des <strong>Landkreis</strong>es stellt - nach Aussage der Gleichstellungsbeauftragten der<br />
Gemeinde Großenkneten im Workshop - die Studie „Balance Familie – Beruf“ dar, die<br />
von den Gleichstellungsbeauftragten der Gemeinden gemeinsam mit dem <strong>Landkreis</strong> im<br />
Jahr 2007 erarbeitet wurde.<br />
Zur weiteren Informationsgewinnung ist es darüber hinaus empfehlenswert, regelmäßigen<br />
Kontakt auch zu den externen relevanten Akteuren (z.B. ambulante Pflegedienste,<br />
Immobilienfachleute) zu pflegen und beispielsweise einen ein- oder zweimal jährlich stattfindenden<br />
Erfahrungsaustausch mit Marktakteuren zu organisieren, um deren aktuelle<br />
Marktkenntnisse unmittelbar in die Weiterentwicklung kommunalpolitischer Strategien<br />
einfließen lassen zu können. Empfohlen wird auch ein regelmäßiger Austausch mit benachbarten<br />
Kommunen, z.B. auf Ebene des <strong>Landkreis</strong>es.<br />
Ergänzend zur Fortschreibung der oben genannten Daten ist nach Aussage der Workshop-Teilnehmer<br />
auch die Durchführung von Erhebungen bei verschiedenen Bevölkerungsgruppen<br />
(z.B. Senioren) sinnvoll, um die Bedarfe gezielt abzufragen. Hierdurch<br />
kann ermittelt werden, welche Angebote für die jeweilige Zielgruppe noch fehlen, bzw.<br />
nicht optimal ausgelegt sind. Vor einiger Zeit wurde beispielsweise bereits eine Erhebung<br />
der Bedarfe Jugendlicher in Großenkneten durchgeführt.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 47
6.2 Handlungsoptionen für Zielgruppen<br />
Die prozentuale Entwicklung der Altersgruppen in Großenkneten zwischen 1990 und<br />
2006 zeigt sehr deutlich, dass die Altersgruppen über 40 Jahre besonders stark zugenommen<br />
haben und die Zahl der jungen Erwachsenen erheblich zurückgegangen ist.<br />
Handlungsbedarf besteht somit zum einen darin, die derzeit in der Gemeinde wohnenden<br />
jungen Menschen zu halten (oder nach der Ausbildungsphase zurückzuholen) sowie für<br />
Neubürger in diesen Altersgruppen attraktiver zu werden. Zum anderen müssen für die<br />
älteren und alten Menschen passgenaue Angebote vorgehalten werden.<br />
0-9-Jährige<br />
10-19-Jährige<br />
20-29-Jährige<br />
40-49-Jährige<br />
über 70-Jährige<br />
-31%<br />
-40% -20% 0% 20% 40% 60% 80%<br />
Abb. 50: Prozentuale Entwicklung der Altersgruppen in Großenkneten<br />
1990 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Die Anzahl der Jungen Erwachsenen (zwischen 20 und 29 Jahren) ist zwischen 1990<br />
und 2006 mit etwa 30% besonders stark zurückgegangen. Dies ist zum einen im demografischen<br />
Aufbau der Bevölkerung in der Region und Deutschland begründet (die auf<br />
den Babyboom der 1960er Jahrgänge folgenden Altersgruppen fallen deutlich geringer<br />
aus), zusätzlich besitzt Großenkneten aber derzeit auch ein deutliches Wanderungsdefizit<br />
in dieser für die künftige Dynamik der Gemeindeentwicklung so bedeutenden Altersgruppe.<br />
Die Bedeutung dieser Altersgruppe resultiert u.a. aus ihrem Potenzial als Familiengründer<br />
sowie aus ihrer Impuls gebenden Wirkung auf dem Arbeitsmarkt. Aus diesen<br />
Gründen gilt es die Gemeinde für junge Erwachsene attraktiv zu gestalten, damit sie bleiben,<br />
wiederkommen oder die Gemeinde als Wohnstandort neu entdecken. Ein Ansatz<br />
könnte z.B. die Errichtung von modernen Wohnangeboten für kleinere Haushalte bzw.<br />
von neuen Wohnformen (z.B. Wohngemeinschaften in Einfamilienhausgebieten) sein.<br />
Da Großenkneten in der Vergangenheit einen vergleichsweise hohen Geburtenüberschuss<br />
zu verzeichnen hatte und in den 1990er Jahren zahlreiche Familien in die Gemeinde<br />
gezogen sind, ist auch der derzeitige Anteil der Jugendlichen (zwischen 10 und<br />
19 Jahren) an der Gesamtbevölkerung relativ hoch. Diese Altersgruppe besitzt als potenzielle<br />
Familiengründer sowie generell als Impulsgeber für eine zukunftsfähige, lebendige<br />
und lebenswerte Gemeinde ein bedeutendes Zukunftspotenzial. Daher sollten die Jugendlichen<br />
noch stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Ansätze könnten z.B.<br />
die Schaffung von zusätzlichen Treffpunkten oder Freizeitaktivitäten sein. Hilfreich wäre<br />
beispielsweise auch die weitere Einbindung der jungen Menschen in verantwortliche Po-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 48<br />
29%<br />
36%<br />
47%<br />
62%
sitionen der örtlichen Netzwerke (Vereine, Parteien usw.) oder in die Gemeindearbeit<br />
(über bspw. Bürgermeistersprechstunden oder eine Jugendversammlung). Ein Gutes<br />
Beispiel stellt in diesem Zusammenhang die Erhebung der Bedarfe Jugendlicher dar, die<br />
die Gemeinde durchgeführt hat, um z.B. die Möglichkeiten der Freizeitgestaltung zu optimieren.<br />
Darüber hinaus sollte auch bei Ausbildungsabwanderern, also den jungen Menschen,<br />
die Großenkneten verlassen haben, um andernorts einen Ausbildungs- oder Studienplatz<br />
anzutreten, nach Möglichkeiten gesucht werden, den Kontakt zur ‚alten Heimat’ zu halten<br />
und auf diese Weise die Chance für eine spätere Rückkehr zu erhöhen. Denkbar wären<br />
z.B. Unterstützungsangebote bei der Organisation von Klassentreffen oder der regelmäßige<br />
Versand von geeigneten Medien (E-Mail-Newsletter, sonstige Publikationen) mit<br />
interessanten Informationen für diese Altersgruppe. Voraussetzung hierfür wäre die systematische<br />
Sammlung bzw. Aufbereitung von Anschriften und E-Mail- Adressen. Auch<br />
eignen sich besondere lokale oder jährliche Ereignisse/Festivitäten, die üblicherweise<br />
viele fortgezogene junge Menschen mit ihren Familien und/oder Freunden in der Heimat<br />
verleben (Feiertage, Schützenfest) für besondere Werbeaktionen (z.B. Haushalts-<br />
Wurfsendungen, Infostände, -veranstaltungen usw.).<br />
Die in den 1990er Jahren besonders ausgeprägten Zuzüge in den Familienaltersgruppen<br />
(0-9 und 30-39 Jahre) sind in den letzten Jahren erheblich zurückgegangen. Die Betrachtung<br />
des regionalen Immobilienmarktes zeigt zudem, dass sich dieser für junge Familien<br />
zunehmend wandelt und die großflächige Ausweisung von günstigem Bauland kaum<br />
mehr Abnehmer findet. Einerseits nimmt der Zuzug aus den umliegenden Städten und<br />
Gemeinden deutlich ab, andererseits werden zunehmend auch Bestandsimmobilien von<br />
Familien nachgefragt. Großenkneten sollte daher nach Möglichkeiten suchen, Familien<br />
mit Bereitschaft zur Eigentumsbildung bei der Realisierung ihrer Wünsche zu unterstützen.<br />
Denkbar wären beispielsweise regelmäßige Informationsveranstaltungen in Kooperation<br />
mit der Immobilienwirtschaft, wobei ausdrücklich auch Bestandsimmobilien einen<br />
besonderen Schwerpunkt bilden sollten. Aber auch Konzepte des kostengünstigen Wohnungsbaus<br />
könnten ein Thema darstellen, da in vielen Fällen nach Auffassung der Immobilienexperten<br />
auch fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit durch restriktivere Kreditvergabe<br />
und den Wegfall der Eigenheimzulage zu einer Abkehr vom Neubau führen.<br />
Angesichts mittel- bis langfristig deutlich sinkender Nachfrage nach Wohnflächen in<br />
Deutschland sollten jedoch gleichzeitig qualitativ hochwertige Ansätze, möglichst auch<br />
flexible, an sich verändernde Wohnanforderungen anpassbare Immobilien beim Neubau<br />
im Mittelpunkt stehen. Die Ausweisung weiteren Baulands sollte angesichts der äußerst<br />
entspannten Nachfragesituation auf absehbare Zeit nur sehr zurückhaltend, d.h. an geeigneten<br />
Standorten und in verträglichen Dimensionen vorgenommen werden.<br />
Hinzu kommt, dass die Haushaltsgrößen zukünftig höchstwahrscheinlich immer weiter<br />
abnehmen werden (schon heute beträgt der Anteil der 1- und 2-Personen-Haushalte im<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> fast 65%), so dass sich auch die nachgefragten Wohnformen dem<br />
Trend entsprechend ändern dürften.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 49
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
-5%<br />
-10%<br />
-15%<br />
-20%<br />
5%<br />
23%<br />
8%<br />
20%<br />
Niedersachsen LK <strong>Oldenburg</strong><br />
-7%<br />
-2%<br />
-13%<br />
-14%<br />
-13%<br />
-15%<br />
1-P-HH 2-P-HH 3-P-HH 4-P-HH 5+-P-HH Haushalte<br />
gesamt<br />
Abb. 51: Prozentuale Entwicklung der Haushaltsgrößen 2005 – 2020<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Prognosedaten der Wohnungsmarktbeobachtung<br />
2006 der Niedersächsischen Landestreuhandstelle )<br />
Gewachsen sind in Großenkneten in den letzten Jahren insbesondere die Altersgruppen<br />
ab 40 Jahre. Einen besonders großen Zuwachs verzeichneten dabei die 40-49-Jährigen.<br />
Zukünftige Nachfrageimpulse dürften somit in erster Linie von der Altersgruppe 50+<br />
ausgehen, zumal eine wachsende Wohnmobilität auch im fortgeschrittenen Lebensalter<br />
zu beobachten ist. Bezüglich der Wohnformen bieten sich für diese Zielgruppe sowohl<br />
attraktive, kleinere Bestandsimmobilien in bevorzugter Lage, als auch besondere Neubaustandorte<br />
an. Generell ist es wichtig, dass die Wohnformen einfach zu pflegen und<br />
barrierefrei sind sowie eine gute Nahversorgung und Anbindung an den ÖPNV aufweisen,<br />
damit die Menschen möglichst lange und selbstbestimmt in ihren Immobilien wohnen<br />
können.<br />
6.3 Siedlungsentwicklung<br />
In der Gemeinde Großenkneten werden der benötigte Wohnraum und die Zahl der Wohnungen<br />
zunächst durch den steigenden Anteil kleiner Haushalte noch wachsen; langfristig<br />
wird aber auch die Haushaltszahl wieder zurückgehen. Es ist daher ratsam, die kommenden<br />
Jahre zu nutzen, um über die noch notwendigen Wohnbauentwicklungen Arrondierungen<br />
vorzunehmen und nachhaltig tragfähige Siedlungsstrukturen zu schaffen.<br />
Die regionsweit verhaltene Nachfrage nach Baugrundstücken - besonders in Randbereichen<br />
und ländlichen Gemeinden - macht deutlich, dass eine Konzentration der Nachfrager<br />
auf gut angebundene Standorte mit sehr guter Infrastrukturausstattung stattfindet.<br />
Dieser Trend ist einerseits mit veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen zu erklären<br />
(Kürzung Pendlerpauschale, Abschaffung Eigenheimzulage, gestiegene Kraftstoffpreise,<br />
Arbeitsplatzunsicherheit), er steht aber auch mit einer veränderten demografischen<br />
Zusammensetzung der Wohnraum nachfragenden Menschen im Zusammenhang<br />
(Zunahme Senioren, Generation 50+, Alleinstehende; deutlicher Rückgang von Familien).<br />
Der Innenentwicklung sollte daher weiter Vorrang gegeben werden.<br />
Leerstand und Verfall bei Altimmobilien begegnen: Durch die Teilnehmer des<br />
Workshops wurde bestätigt, dass es künftig immer mehr von älteren, allein stehenden<br />
Personen bewohnte Immobilien in Großenkneten geben wird – mit der Folge, dass Mo-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 50<br />
1%<br />
10%
dernisierungs- bzw. Instandhaltungsrückstände drohen, bei nicht marktfähigen Wohnhäusern<br />
im weiteren Verlauf auch Leerstand. Diese Gebäude entfalten vielfach erhebliche<br />
negative Ausstrahlungseffekte. Daher ist zu empfehlen, systematisch und möglichst<br />
frühzeitig zu reagieren, um eine Abwärtsspirale der betroffenen Siedlungsbereiche zu<br />
verhindern.<br />
Eine mehrphasige Vorgehensweise könnte wie folgt aussehen:<br />
1. Analysephase – Gefährdungsabschätzung: Systematische Erfassung aller aktuellen<br />
‚Problem-Immobilien’. Zudem Analyse der Meldedaten bzgl. allein stehender<br />
Menschen höheren Alters, um Aufschluss zu erhalten, bei welchen Gebäuden<br />
möglicherweise in absehbarer Zeit ein Nutzerwechsel bevorsteht.<br />
2. Vorbereitungsphase: Für den Fall, dass in bestimmten Zentren eine Konzentration<br />
von jetzigen und/oder künftigen Problemgebäuden erkennbar ist, könnte ein<br />
lokales Bündnis aus Eigentümern, Kommune, Bau-, Kredit- und Immobilienwirtschaft<br />
über Lösungsansätze für Aufwertungsstrategien beraten. Mögliche Instrumente<br />
wären u.a. kommunale Förderprogramme, spezifische Beratungsangebote<br />
für Fördermittel oder zinsgünstige Kredite und spezifische Angebote für Modernisierungsstrategien<br />
durch die Bauwirtschaft.<br />
3. Umsetzungsphase: Schrittweise Umsetzung der erarbeiteten Instrumente.<br />
Eine weitere Handlungsoption, die in diesem Zusammenhang im Rahmen des<br />
Workshops vorgeschlagen wurde, wäre die Einrichtung einer zielgruppenspezifischen<br />
„Immobilienbörse“. Mit relevanten externen Akteuren könnte der Bestand ermittelt und<br />
zielgruppenspezifisch vermarktet werden.<br />
Neben den Handlungsmöglichkeiten im Bereich der Bestandsimmobilien gilt es, die Qualität<br />
und Zukunftsfähigkeit im Neubau zu sichern. Nach Aussage der Workshop-<br />
Teilnehmer könnte die eher schwierige Vermarktung der Baugrundstücke in Huntlosen<br />
ein Indiz dafür sein, dass gerade die verkehrliche Anbindung sowie die Möglichkeiten zur<br />
Grundversorgung eine immer größer werdende Rolle spielen – bei Familien wie bei älteren<br />
Menschen. Weniger integrierte Standorte sind somit als erste von Nachfragerückgang<br />
betroffen. Die Gemeinde sollte daher angesichts des langfristig zu erwartenden<br />
weiteren Nachfragerückgangs und veränderter Bedarfe auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
generell die Zukunftsfähigkeit aller Projekte der Siedlungsentwicklung kritisch<br />
prüfen (‚Demografiecheck’). Dabei spielt auch die Alterung der Bewohner und damit<br />
bspw. Fragen der verkehrlichen Anbindung und der Entwicklungsperspektiven der Versorgungsinfrastruktur<br />
eine Rolle. Zu empfehlen ist daher, die Siedlungsentwicklung künftig<br />
kleinteiliger voranzutreiben, z.B. durch die gezielte (Weiter-)Entwicklung in Baulücken<br />
bzw. Brachflächen in zentraler Ortslage oder die Durchmischung und Aufwertung bestehender<br />
Wohngebiete. Bezüglich der Durchmischung der Siedlungen (verschiedene Altersgruppen<br />
und Nationalitäten) bestand im Rahmen des Workshops Diskussionsbedarf.<br />
Grundsätzlich ist jedoch eine sozial stabile Mischung der Wohnbevölkerung anzustreben<br />
– gerade auch vor dem Hintergrund zunehmender Unterstützungsbedarfe (vgl. Kap. 6.5).<br />
Ein weiteres Ergebnis des Workshops in diesem Themenbereich ist die Feststellung,<br />
dass sowohl die nachgefragten Grundtücke als auch die Wohneinheiten künftig kleiner<br />
werden dürften. Dies gilt es ebenfalls bei zukünftigen kommunalen Entscheidungen zu<br />
berücksichtigen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 51
6.4 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung<br />
Die aktuellen Rahmenbedingungen (v.a. Rückgang der Familienzuzüge) und die heutige<br />
Bevölkerungsstruktur (v.a. größere Anteile älterer und alter Menschen) sind nicht mehr<br />
mit den Strukturen und Gegebenheiten des letzten Jahrzehnts vergleichbar. Daher sind<br />
neue Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung notwendig, um beispielsweise die Gemeinde<br />
für alle Ziel- und Altersgruppen attraktiv zu gestalten.<br />
Alle künftigen Gemeindeplanungen und -entwicklungen sollten auf ihre Demografieverträglichkeit<br />
überprüft werden. Leitprojekte könnten dabei unterstützen, in der Verwaltung,<br />
aber auch in der lokalen Wirtschaft, in der Politik und in der Bevölkerung ein Bewusstsein<br />
für die Herausforderungen und Chancen Großenknetens im demografischen<br />
Wandel zu entwickeln. Aufgrund der Tatsache, dass sich bspw. eine der weltgrößten<br />
Erdgasaufbereitungsanlagen sowie eine Vielzahl an Windkraftanlagen und ein Wasserwerk<br />
in Großenkneten befinden, wurde von den Workshop-Teilnehmern ein Leitbild unter<br />
dem Oberthema "Energie" vorgeschlagen.<br />
Der durch die Teilnehmer des Workshops beschriebene intensive Dialog mit den verschiedenen<br />
Bevölkerungsgruppen und ihre zunehmende Einbindung in die Gemeindeentwicklung<br />
(z.B. über den Seniorenbeirat), aber beispielsweise auch die Befragung von<br />
Eltern zum Bedarf an Krippenplätzen sind darüber hinaus als wichtige und richtige Schritte<br />
im Umgang der Gemeinde mit den Folgen des demografischen Wandels zu werten.<br />
6.5 Anpassung sozialer Infrastruktur<br />
Die Tatsache, dass das dynamische Wachstum der Einwohnerzahl zum Erliegen gekommen<br />
ist sowie Verschiebungen in der altersstrukturellen Zusammensetzung der Bevölkerung<br />
haben die Gemeindeentwicklung Großenknetens in den vergangenen Jahren<br />
geprägt. Diese Prozesse dürften sich in der Zukunft weiter fortsetzen. Aus diesen Veränderungen<br />
ergeben sich daher auch im Bereich der sozialen Infrastruktur verschiedene<br />
Anpassungsbedarfe.<br />
Im Kinderbetreuungsbereich hat Großenkneten ein recht gutes Angebot aufgebaut, das<br />
künftig noch qualifiziert werden soll. Im Rahmen des Workshops wurde deutlich, dass die<br />
Gemeinde Eltern-Wünschen nach flexibleren und längeren Betreuungszeiten nachkommen<br />
möchte. Optimierungsmöglichkeiten des Angebotes liegen auch in kleineren und/<br />
oder altersgemischten Gruppen und einem Ausbau der Krippenplätze. Zu erwartende<br />
Auslastungsrückgänge durch eine rückläufige Entwicklung der Kinder im Kindergartenalter<br />
eröffnen vermutlich Freiräume, die bestehenden Einrichtungen durch Angebotsausweitungen<br />
zu stärken. Eine Anpassungsstrategie ist beispielsweise der Ausbau<br />
von Kindertagesstätten zu Familienzentren, in denen Angebote im Bereich der Bildung<br />
und Betreuung vernetzt und für die ganze Familie angeboten werden können. Interessant<br />
wäre in diesem Zusammenhang auch die Einrichtung eines „Leih-Oma-Opa-Service“, bei<br />
dem Senioren Babysitter-Funktionen übernehmen. Generell machten die Teilnehmer des<br />
Workshops jedoch deutlich, dass Anpassungen stets nach den Bedarfen erfolgen sollen,<br />
die über Bedarfsanalysen (z.B. Befragungen) ermittelt werden können.<br />
Insgesamt ist ein weitgehend flächendeckendes Betreuungsangebot und eine wohnortnahe<br />
Versorgung für Familien nach Aussage der Teilnehmer des Workshops besonders<br />
wichtig und trägt zur Attraktivitätssteigerung der Gemeinde bei. Gerade für eine Flächengemeinde<br />
wie Großenkneten ist daher eine Beibehaltung der aktuellen Standorte wichtig.<br />
Bei den Grundschulen ist ebenfalls aktuell keine Standortgefährdung erkennbar; aber es<br />
ist davon auszugehen, dass sich mittelfristig die Auslastung der Einrichtungen entspannen<br />
wird. Diese Entwicklungen eröffnen Handlungsoptionen, die zu einer qualitativen<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 52
zw. effizienzorientierten Weiterentwicklung der derzeitigen Strukturen beitragen<br />
können: Auslastungsrückgänge der Schulgebäude bieten nicht nur die Möglichkeit für<br />
Angebotserweiterungen (z.B. Projekt- oder Rückzugsräume), auch die teilweise schon<br />
vollzogene Einbindung externer Nutzer (z.B. Hortangebote) kann Standortsynergien ermöglichen.<br />
Angesichts der besonderen Bedeutung der jüngeren Generationen für die Zukunft der<br />
Gemeinde sollte großer Wert auf die Weiterentwicklung der Angebote im Bereich der<br />
Jugendarbeit gelegt werden. Ein Gutes Beispiel ist hier die durchgeführte Ermittlung von<br />
Wünschen und Bedarfen durch die Befragung Jugendlicher in Großenkneten. Den jungen<br />
Menschen in Großenkneten sollten aber auch gezielt Gelegenheiten geboten werden,<br />
sich selbst zu engagieren – bei der Gemeindearbeit, im Ehrenamt, etc. Ein Problem ist in<br />
diesem Zusammenhang jedoch oft die Motivation der Jugendlichen. Hier könnten (finanzielle)<br />
Anreize hilfreich sein – z.B. über eine „Ehrenamtscard“, mit der die Jugendlichen<br />
Vergünstigungen oder freien Eintritt in diverse Einrichtungen erhalten.<br />
Darüber hinaus wurde durch die Diskussionen im Rahmen des Workshops deutlich, dass<br />
das Angebot an Ausbildungsplätzen ein wesentlicher Faktor ist, um junge Menschen in<br />
der Gemeinde zu halten. Hier stellen die Kooperationen zwischen Unternehmen und den<br />
weiterführenden Schulen (sowie der Gemeinde) Ansatzpunkte dar, um das vorhandene<br />
Ausbildungsangebot bekannt zu machen oder evtl. zu erweitern. Hervorzuheben ist an<br />
dieser Stelle, dass in der Gemeinde Großenkneten bereits ein enger Kontakt der Grafvon-Zeppelin-Schule<br />
mit der lokalen Wirtschaft sowie hierzu der Arbeitskreis „Runder<br />
Tisch Schule und Wirtschaft“ existiert.<br />
Im Hinblick auf die stetig wachsende Personengruppe der älteren Bürgerinnen und<br />
Bürger Großenknetens und die bestehenden Wohn- und Siedlungsstrukturen insbesondere<br />
in den Randlagen ist die Herausforderung nicht ernst genug zu nehmen, alten, vielfach<br />
alleinstehenden Menschen in Zukunft zu ermöglichen, möglichst lange in ihren Eigenheimen<br />
bleiben zu können – oder ihnen adäquate alternative Wohnmöglichkeiten an<br />
geeigneten integrierten Standorten anzubieten. Dem Ausbau eines Pflegenetzwerkes<br />
kommt hier eine besondere Bedeutung zu. Eckpunkte eines derartigen Netzwerkes könnten<br />
Kooperationen zwischen den unterschiedlichen Trägern sein, aber auch zwischen<br />
Professionellen und ehrenamtlich Tätigen sowie die Einrichtung einer „Servicestelle“, die<br />
sämtliche Angebote koordiniert und Nachfrager bei der Suche nach Dienstleistungen<br />
unterstützt. Auch die häusliche Pflege, beispielsweise dementer Menschen im familiären<br />
Umfeld, könnte hierdurch erleichtert und die Angehörigen z.B. durch Tagespflegeeinrichtungen<br />
entlastet werden.<br />
Auf dem Ehrenamt bzw. den bestehenden Netzwerken (Dorfgemeinschaften, Vereine,<br />
Kirchen, Seniorenbeirat usw.) aufbauende Angebote und Initiativen, die zur Integration<br />
der Generationen beitragen und gerade auch den Senioren in den randlichen Ortsteilen<br />
den Alltag erleichtern und bereichern (Seniorentreffpunkte, eigenes ehrenamtliches Engagement,<br />
Besuchsdienste) sollten ebenfalls weiter unterstützt und gefördert werden.<br />
Ebenso kann der mobile Bürgerberater der Gemeinde als Gutes Beispiel bezeichnet<br />
werden, da hierdurch in ihrer Mobilität eingeschränkte Menschen unterstützt werden.<br />
Darüber hinaus wurde auch im Rahmen des Workshops angeführt, dass durch Initiative<br />
der Gemeinde Großenkneten ein Kreisstadtbus eingereichtet wurde. Dieser bietet den<br />
Bewohnern Großenknetens regelmäßige Fahrten nach Wildeshausen an. Neben der<br />
Möglichkeit Einkaufen zu gehen, spielt aber besonders die Möglichkeit des Krankenhaus-<br />
/Arztbesuches eine bedeutende Rolle. Somit wird versucht, das geringe medizinische<br />
Angebot in der Gemeinde zu kompensieren (vgl. Kap. 5.2.3).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Großenkneten’ 53
Fallstudie<br />
Endfassung<br />
„DEMOGRAFISCHER WANDEL IN DER<br />
SAMTGEMEINDE HARPSTEDT“<br />
Verfasser:<br />
FORUM GmbH, <strong>Oldenburg</strong><br />
Juli 2008
Gliederung<br />
1 Konzeption der Fallstudie ......................................................................................... 3<br />
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland................................................................. 4<br />
3 Mitgliedsgemeinden in der Übersicht...................................................................... 7<br />
4 Ausgangslage............................................................................................................. 8<br />
4.1 Einwohnerentwicklung.............................................................................................. 8<br />
4.2 Altersstruktur der SG Harpstedt und ihrer Mitgliedsgemeinden............................. 19<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Samtgemeinde Harpstedt ................................... 22<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Samtgemeinde Harpstedt ................................. 35<br />
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen Wandel<br />
................................................................................................................................... 38<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt........................................................................... 38<br />
5.2 Soziale Infrastruktur ............................................................................................... 42<br />
5.2.1 Kindertagesstätten .......................................................................................... 42<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen............................................................................ 45<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur...................................................................... 48<br />
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen ................................................................. 51<br />
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung.................................................. 52<br />
6.2 Verbesserung der Informationsgrundlagen............................................................ 52<br />
6.3 Handlungsoptionen für Zielgruppen ....................................................................... 53<br />
6.4 Siedlungsentwicklung............................................................................................. 56<br />
6.5 Anpassung sozialer Infrastruktur............................................................................ 56
1 Konzeption der Fallstudie<br />
Die Fallstudie „<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Samtgemeinde Harpstedt“ ist Teil eines<br />
Auftrages des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> an die FORUM GmbH unter dem Titel „Masterplan<br />
Demografie für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>“.<br />
Die Fallstudie ist in sechs Kapitel gegliedert. Zunächst beschäftigt sich das zweite Kapitel<br />
als thematischer Einstieg und zur Erleichterung der weiteren Einordnung mit dem demografischen<br />
Wandel in Deutschland. Nach der Darstellung der räumlichen Strukturen der<br />
Samtgemeinde (Kap. 3) wird in Kapitel 4 auf die demografische Ausgangslage eingegangen,<br />
bevor Kapitel 5 die Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen thematisiert.<br />
Anschließend werden „Gute Ansätze“ herausgearbeitet sowie Handlungsoptionen in Bezug<br />
auf Wohnungsmarkt, Baulandentwicklung und soziale Infrastrukturplanung skizziert<br />
(Kapitel 6). Um angesichts der Fülle des zugrunde liegenden Daten- und Informationsmaterials<br />
eine möglichst übersichtliche und anschauliche Darstellung zu erreichen, werden<br />
die wichtigsten Informationen zur besseren Lesbarkeit zu prägnanten Aussagen verdichtet<br />
und mit Grafiken hinterlegt.<br />
In die <strong>Fallstudien</strong> für die Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> sind neben ausführlichen<br />
Auftakt- und Koordinationsgesprächen mit Vertretern der kreisangehörigen Kommunen<br />
(„BürgermeisterInnengespräche“) und Auswertungen umfangreichen Datenmaterials<br />
(speziell Niedersächsisches Landesamt für Statistik sowie Daten der kommunalen<br />
Meldeämter) auch Gespräche mit Experten aus der Region eingeflossen, u.a. mit Vertretern<br />
der Bereiche Immobilien-/Wohnungsmarkt, Senioren (z.B. Seniorenbeiräte), Familie<br />
und Jugend.<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 3
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland<br />
Die demografische Struktur Deutschlands und seiner Teilräume war auch in der Geschichte<br />
niemals über längere Zeiträume konstant. Seit jeher haben sich markante historische<br />
Einschnitte wie Seuchen, Kriege oder aber soziale bzw. wirtschaftliche Innovationen<br />
auch in der Entwicklung und Zusammensetzung der Bevölkerung niedergeschlagen.<br />
Charakteristisch ist in den westlichen Staaten der starke Anstieg der Bevölkerungszahlen<br />
speziell seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, der in Deutschland bis in die<br />
1970er Jahre angehalten hat. Eine anhaltend hohe Geburtenrate bei langsam sinkender<br />
Sterberate war verantwortlich für diese Entwicklung. Vor etwa 35 Jahren jedoch hat sich<br />
das Verhältnis schlagartig umgekehrt und in Deutschland konnte sich eine zuvor ungekannte<br />
Entwicklung verfestigen: Im Gefolge der unter der Bezeichnung ‚Pillenknick’ subsumierten<br />
Umwälzungen ist die Geburtenrate innerhalb weniger Jahre signifikant um<br />
mehr als ein Drittel deutlich unter das sog. Bestandserhaltungsniveau gesunken und<br />
seither stabil geblieben. In der Konsequenz bedeutet dies, dass jede Elterngeneration im<br />
Vergleich zur vorherigen seither um ein Drittel abnimmt, sofern keine Zuwanderungsgewinne<br />
erfolgen! (vgl. Abb. 2 und 3)<br />
Die nachstehenden Grafiken bilden die Altersstruktur Deutschlands im Abstand von jeweils<br />
30 Jahren ab, zeigen also etwa drei Generationenschritte auf 1 . Besonders gut ist<br />
das ‚Durchwachsen’ der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge zu erkennen, die vor allem<br />
dem Immobilienmarkt im Umland der Ballungsräume in den vergangenen Jahren spürbaren<br />
Auftrieb verschafft haben.<br />
Abb. 1: Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 1975, 2005 und 2035 (Vorausberechnung)<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt 2006)<br />
Bereits seit Anfang der 1970er Jahre verzeichnet Deutschland einen negativen natürlichen<br />
Saldo mit weniger Geburten als Sterbefällen und ist daher auf internationale Zuwanderung<br />
angewiesen, um einen Bevölkerungsrückgang zu vermeiden (vgl. Abb. 2).<br />
1 Zahlen für 2035: auf Basis der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen<br />
Bundesamtes, [Variante 1: positiver internationaler Wanderungssaldo von 100.000 Personen],<br />
2006<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 4
1600000<br />
1400000<br />
1200000<br />
1000000<br />
800000<br />
600000<br />
400000<br />
200000<br />
0<br />
-200000<br />
-400000<br />
1946<br />
1948<br />
1950<br />
1952<br />
1954<br />
1956<br />
1958<br />
1960<br />
1962<br />
1964: 1357304<br />
Baby-Boomer<br />
der 1960er<br />
Echo in den<br />
1990ern<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Saldo<br />
2006:<br />
672724<br />
1964<br />
1966<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
Abb. 2: Natürliche Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1946 – 2006<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Bedeutsam vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen der vergangenen<br />
fünfzehn Jahre ist die Feststellung, dass zwei Prozesse den Blick auf den sich längst<br />
vollziehenden demografischen Wandel verstellt haben:<br />
► In den 1990er-Jahren befand sich die o.g. ‚Babyboomer’-Generation in der Familiengründungsphase,<br />
mit der Folge, dass die Geburtenzahlen leicht anstiegen<br />
und sich kurzfristig Geburten und Sterbefälle in Deutschland sogar wieder im<br />
Gleichgewicht befanden (vgl. Abb. 2).<br />
► Bedingt durch den Zusammenbruch des Ostblocks und die Bürgerkriege in Südosteuropa<br />
realisierte Deutschland außerordentlich hohe internationale Wanderungsgewinne,<br />
die das Geburtendefizit weit überstiegen haben (vgl. Abb. 3).<br />
1.800.000<br />
1.600.000<br />
1.400.000<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
-200.000<br />
-400.000<br />
1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004<br />
Abb. 3: Entwicklung der Außenwanderungen Deutschlands<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 5<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
2006
Nachdem bereits die 1980er Jahre durch Stagnation und Alterung gekennzeichnet waren<br />
ist demnach die deutsche Bevölkerung in den 1990er Jahren und bis über die Jahrtausendwende<br />
hinaus durch singuläre Impulse nochmals stark gewachsen; gleichzeitig stiegen<br />
auch die Geburtenzahlen spürbar an. Aufgrund der zuletzt stark rückläufigen Zuwanderungen<br />
aus dem Ausland und der ebenfalls wieder deutlich sinkenden Geburtenzahlen<br />
wird jedoch in den meisten deutschen Regionen klar erkennbar, dass die vergangenen<br />
fünfzehn Jahre lediglich eine kurze ‚Atempause’ im demografischen Wandel bedeutet<br />
haben und nun wieder in stetig steigendem Maße mit ‚Unterjüngung’ und absolutem Einwohnerrückgang<br />
gerechnet werden muss.<br />
Zusammengefasst schlägt sich der demografische Wandel in folgenden Tendenzen nieder:<br />
► Bevölkerungsrückgang: Etwa seit der Jahrtausendwende reicht die stagnierende<br />
internationale Zuwanderung nach Deutschland nicht mehr aus, um die wachsende<br />
Lücke zwischen Geburten und Sterbefällen auszufüllen. Es ist anzunehmen,<br />
dass 2002 ein historisches Bevölkerungsmaximum erreicht wurde.<br />
► Alterung: Der Anteil der älteren und hochbetagten Menschen an der Gesamtbevölkerung<br />
nimmt kontinuierlich zu und wird erst nach 2050 seinen Höhepunkt erreichen.<br />
Der Anteil der Kinder nimmt sukzessive ab.<br />
► Internationalisierung: Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund steigt<br />
aufgrund der wachsenden Bedeutung der Zuwanderung für die Bevölkerungsentwicklung.<br />
► Veränderte Haushaltsstrukturen: Der bis in die 1970er Jahre hinein klassische<br />
Familienhaushalt mit vier bis fünf Personen verliert immer mehr an Bedeutung,<br />
während die 1- und 2-Personen-Haushalte sowohl prozentual wie auch absolut<br />
zunehmen.<br />
Diese übergeordneten Tendenzen schlagen sich auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> nieder. Je<br />
kleinräumiger der betrachtete Raum ist, desto stärker wirken sich jedoch zusätzlich spezielle<br />
Sonderentwicklungen wie beispielsweise Baulandausweisungen, Unternehmensansiedlungen<br />
bzw. -aufgaben usw. aus. Durch das Fortschreiben bisheriger Trends können<br />
diese Entwicklungen im kommunalen Maßstab daher nur sehr bedingt erfasst und<br />
vorhergesehen werden. Diese Fallstudie hat das Ziel, die Entscheidungsträger der Samtgemeinde<br />
dabei zu unterstützen, entsprechende Trends in wesentlichen Feldern kommunalen<br />
Handelns frühzeitig zu erkennen und die bisherigen Entwicklungsstrategien<br />
kritisch auf ihre Zukunftsfähigkeit zu überprüfen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 6
3 Mitgliedsgemeinden in der Übersicht<br />
Die Samtgemeinde Harpstedt liegt im Südosten des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> und erstreckt<br />
sich über ein Gebiet von 210 km². Damit ist sie flächenmäßig die größte Kommune im<br />
<strong>Landkreis</strong>. Mit 11.295 Einwohnern insgesamt (Stand 31.12.2006; NLS) und 54 Einwohnern<br />
je km² weist die Samtgemeinde darüber hinaus die mit Abstand niedrigste Siedlungsdichte<br />
auf. Etwa 66% der Samtgemeinde-Fläche werden für landwirtschaftliche<br />
Zwecke genutzt und 23% sind Waldfläche. Der Flecken Harpstedt bildet den Siedlungsschwerpunkt<br />
und liegt in der Mitte des Samtgemeindegebietes.<br />
Neben diversen Landes- und Kreisstraßen, führt die Autobahn A1 in die Richtungen Osnabrück-Dortmund<br />
und Bremen-Hamburg als wichtigste Verkehrsachse durch die Samtgemeinde<br />
und verbindet sie nahräumig mit der Kreisstadt Wildeshausen und dem Oberzentrum<br />
Bremen. Anschluss an die A 1 besteht über die Anschlussstellen Wildeshausen<br />
und Groß Ippener.<br />
Die heutige Samtgemeinde entstand in den Jahren 1965 bis 1974. Aus ehemals 14 Gemeinden<br />
bildeten sich die acht Mitgliedsgemeinden Harpstedt, Beckeln, Colnrade, Dünsen,<br />
Groß Ippener, Kirchseelte, Prinzhöfte und Winkelsett, die sich wiederum zur Samtgemeinde<br />
Harpstedt zusammenschlossen. Im Zuge der Kreis- und Gebietsreform wurde<br />
die Samtgemeinde 1977 aus dem <strong>Landkreis</strong> Grafschaft Hoya ausgegliedert und gehört<br />
seitdem zum <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>.<br />
Mit etwa 4.500 Einwohnern ist der Flecken Harpstedt die einwohnerstärkste Mitgliedsgemeinde.<br />
Hier leben 44% der Samtgemeinde-Einwohner. Das Grundzentrum Harpstedt ist<br />
somit sowohl Zentrum als auch Namensgeber der Samtgemeinde. Die Gemeinden Dünsen<br />
(11%), Kirchseelte (10%) und Groß Ippener (10%) weisen die nächst größten Anteile<br />
an der Gesamtbevölkerung auf (vgl. Abb. 4).<br />
Kirchseelte<br />
10%<br />
Prinzhöfte<br />
6%<br />
Harpstedt<br />
44%<br />
Winkelsett<br />
5%<br />
Beckeln<br />
7%<br />
Colnrade<br />
7%<br />
Dünsen<br />
11%<br />
Groß Ippener<br />
10%<br />
Abb. 4: Einwohner der SG Harpstedt nach Mitgliedsgemeinden 2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung nach Meldeamtsdaten der SG Harpstedt)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 7
4 Ausgangslage<br />
4.1 Einwohnerentwicklung<br />
Nach einem verhaltenen Bevölkerungswachstum bis in die späten 1980er Jahre ist<br />
die Bevölkerung der SG Harpstedt in den 1990er Jahren dynamisch gewachsen.<br />
Ausschlaggebend waren überdurchschnittliche Wanderungsgewinne. In jüngster<br />
Vergangenheit ist die Einwohnerzahl jedoch leicht zurückgegangen.<br />
Bis in die späten 1980er Jahre fand ein vergleichsweise geringes Bevölkerungswachstum<br />
in der Samtgemeinde statt - die Einwohnerzahl ist zwischen 1968 und 1988 um 4,8%<br />
gewachsen. In den folgenden Jahren setzte jedoch sprunghaft ein äußerst dynamisches<br />
Wachstum ein, so dass in den folgenden 16 Jahren bis zum Jahr 2004 die Bevölkerung<br />
der Samtgemeinde um mehr als 18% angestiegen ist. Seitdem geht die Einwohnerzahl<br />
der Samtgemeinde jedoch leicht zurück.<br />
11.500<br />
11.000<br />
10.500<br />
10.000<br />
9.500<br />
9.000<br />
8.500<br />
8.000<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
Abb. 5: Einwohnerentwicklung der SG Harpstedt seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Die dynamische Bevölkerungsentwicklung in der 1990er Jahren ist nahezu ausschließlich<br />
durch Jahr für Jahr erzielte Wanderungsgewinne möglich gewesen (vgl. Abb. 6). So<br />
konnten die auftretenden Geburtendefizite (d.h. die Geburtenzahlen lagen unter den<br />
Sterbefällen) durch hohe Wanderungsgewinne mehr als ausgeglichen werden.<br />
Die Zeitreihe der Wanderungsstatistik aus den vergangenen 38 Jahren zeigt sehr prägnant<br />
die drei unterschiedlichen Phasen der Bevölkerungsentwicklung auf:<br />
► Bis Anfang der 1990er Jahre lag die Zahl der Zuzüge vorwiegend leicht über der<br />
Zahl der Fortzüge, so dass der Wanderungssaldo meist positiv, jedoch schwankend,<br />
verlief.<br />
► Sehr stark und sprunghaft ansteigende Zuzüge und gleichzeitig leicht ansteigende<br />
Fortzüge Anfang der 1990er Jahre führten zu einer ausgeprägten und stabilen<br />
Wachstumsphase.<br />
► In den vergangenen Jahren sind die Zuzugsgewinne jedoch immer mehr zusammengeschmolzen,<br />
und in den Jahren 2005 und 2006 verzeichnete die SG<br />
Harpstedt sogar erstmals nach 15 Jahren wieder einen Wanderungsgewinn, der<br />
unter 50 Personen lag.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 8<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006
Besonders auffällig am Wanderungsgeschehen der Samtgemeinde sind die Anfang<br />
der 1990er sprunghaft angestiegenen Zuzüge, die zu ausgeprägten Wanderungsgewinnen<br />
geführt haben –seit einigen Jahren aber wieder deutlich abnehmen.<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
-200<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 6: Wanderungsgeschehen der SG Harpstedt seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Die Zahl der Gestorbenen lag nahezu im gesamten Beobachtungszeitraum über der Zahl<br />
der Geburten, so dass die natürliche Bevölkerungsentwicklung meist negativ verlief. Lediglich<br />
die besonders hohe Zahl an Geburten im Jahr 1997 führte in diesem Jahr zu einem<br />
Einwohnerzuwachs durch die natürliche Bevölkerungsentwicklung. Ein wesentlicher<br />
Grund für die hohe Sterberate in der Samtgemeinde ist die vergleichsweise hohe Zahl an<br />
Alten- und Pflegeheimen im Samtgemeindegebiet (vgl. Kap. 5.2.3).<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
Geborene Gestorbene Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 7: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der SG Harpstedt seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 9
In den letzten Jahrzehnten resultierte das Bevölkerungswachstum der Mitgliedsgemeinden<br />
der SG Harpstedt größtenteils aus Wanderungsgewinnen und nur selten<br />
aus natürlichem Wachstum – die Höhe der jeweiligen Einflüsse war dabei unterschiedlich.<br />
In den meisten Mitgliedsgemeinden setzte in den 1990er Jahren ein überdurchschnittliches<br />
Bevölkerungswachstum ein (ausgenommen Prinzhöfte), das aus einem positiven<br />
Wanderungssaldo bzw. einzelnen Spitzen hoher Zuzugszahlen resultierte. Am stärksten<br />
sind die Gemeinden Dünsen, Kirchseelte, Harpstedt und Groß Ippener gewachsen. Eine<br />
längere Phase mit Geburtenüberschüssen ist jedoch lediglich in der Gemeinde Dünsen<br />
aufgetreten - alle übrigen Gemeinden zeigten stark schwankende Werte bei der natürlichen<br />
Bevölkerungsentwicklung (vgl. Abb. 9 bis Abb. 32). Betrachtet man die Entwicklung<br />
der Einwohnerzahl in der jüngsten Vergangenheit, so fällt auf, dass die Einwohnerzahlen<br />
in Dünsen jedoch seit einigen Jahren kontinuierlich abnehmen (2002-2004: -4%) und die<br />
Bevölkerung in Kirchseelte und dem Flecken Harpstedt seit etwa der Jahrtausendwende<br />
nahezu stagniert. Ausschlaggebend sind hier Rückgänge der Geburtenzahlen sowie der<br />
Zuzüge. In allen übrigen Gemeinden zeigen die Einwohnerzahlen z.T. erhebliche<br />
Schwankungen (vgl. Abb. 8).<br />
130<br />
125<br />
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
Beckeln Colnrade<br />
Dünsen Groß Ippener<br />
Harpstedt, Flecken Kirchseelte<br />
Prinzhöfte Winkelsett<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung der Mitgliedsgemeinden 1990-2006 –<br />
Index 1990 =100<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 10
900<br />
880<br />
860<br />
840<br />
820<br />
800<br />
780<br />
760<br />
740<br />
720<br />
700<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
Abb. 9: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Beckeln 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
30<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
-20<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Saldo<br />
Abb. 10: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Beckeln 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 11<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
1968<br />
2000<br />
1970<br />
2002<br />
1972<br />
2004<br />
1974<br />
2006<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 11: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Beckeln 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
2006
900<br />
880<br />
860<br />
840<br />
820<br />
800<br />
780<br />
760<br />
740<br />
720<br />
700<br />
Abb. 12: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Colnrade 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 12<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Abb. 13: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Colnrade 1986-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
-60<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1968<br />
1998<br />
1970<br />
2000<br />
1972<br />
2002<br />
1974<br />
2004<br />
1976<br />
2006<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1968<br />
1998<br />
1970<br />
2000<br />
1972<br />
2002<br />
1974<br />
2004<br />
1976<br />
2006<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 14: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Colnrade 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)
1.300<br />
1.250<br />
1.200<br />
1.150<br />
1.100<br />
1.050<br />
1.000<br />
950<br />
900<br />
Abb. 15: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Dünsen 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
25<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
Geborene Gestorbene Saldo<br />
Abb. 16: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Dünsen 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1968<br />
1998<br />
1970<br />
2000<br />
1972<br />
2002<br />
1974<br />
2004<br />
1976<br />
2006<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1968<br />
1998<br />
1970<br />
2000<br />
1972<br />
2002<br />
1974<br />
2004<br />
1976<br />
2006<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 17: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Dünsen 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 13
1.300<br />
1.250<br />
1.200<br />
1.150<br />
1.100<br />
1.050<br />
1.000<br />
950<br />
900<br />
850<br />
800<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 18: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Groß Ippener 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
-10<br />
-20<br />
-30<br />
-40<br />
Geborene Gestorbene Saldo<br />
Abb. 19: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Groß Ippener<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1968<br />
1998<br />
1970<br />
2000<br />
1972<br />
2002<br />
1974<br />
2004<br />
1976<br />
2006<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 20: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Groß Ippener 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 14
5.000<br />
4.500<br />
4.000<br />
3.500<br />
3.000<br />
2.500<br />
2.000<br />
Abb. 21: Bevölkerungsentwicklung des Flecken Harpstedt 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
Geborene Gestorbene Saldo<br />
Abb. 22: Natürliche Bevölkerungsentwicklung des Flecken Harpstedt<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
-100<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
1968<br />
2000<br />
1970<br />
2002<br />
1972<br />
2004<br />
1974<br />
2006<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
1968<br />
2000<br />
1970<br />
2002<br />
1972<br />
2004<br />
1974<br />
2006<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 23: Wanderungsgeschehen des Flecken Harpstedt 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 15
1.400<br />
1.300<br />
1.200<br />
1.100<br />
1.000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
Abb. 24: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Kirchseelte 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
35<br />
25<br />
15<br />
5<br />
-5<br />
-15<br />
-25<br />
Geborene Gestorbene Saldo<br />
Abb. 25: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Kirchseelte<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
1968<br />
2000<br />
1970<br />
2002<br />
1972<br />
2004<br />
1974<br />
2006<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
1968<br />
2000<br />
1970<br />
2002<br />
1972<br />
2004<br />
1974<br />
2006<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 26: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Kirchseelte 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 16
900<br />
850<br />
800<br />
750<br />
700<br />
650<br />
600<br />
Abb. 27: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Prinzhöfte 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
Geborene Gestorbene Saldo<br />
Abb. 28: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Prinzhöfte<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
-60<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
1968<br />
2000<br />
1970<br />
2002<br />
1972<br />
2004<br />
1974<br />
2006<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
1968<br />
2000<br />
1970<br />
2002<br />
1972<br />
2004<br />
1974<br />
2006<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 29: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Prinzhöfte 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 17
800<br />
750<br />
700<br />
650<br />
600<br />
550<br />
500<br />
Abb. 30: Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Winkelsett 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
20<br />
15<br />
10<br />
5<br />
0<br />
-5<br />
-10<br />
-15<br />
Geborene Gestorbene Saldo<br />
Abb. 31: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Winkelsett<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
1968<br />
2000<br />
1970<br />
2002<br />
1972<br />
2004<br />
1974<br />
2006<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
1968<br />
2000<br />
1970<br />
2002<br />
1972<br />
2004<br />
1974<br />
2006<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 32: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Winkelsett 1968-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 18
4.2 Altersstruktur der SG Harpstedt und ihrer Mitgliedsgemeinden<br />
In den vergangenen Jahren hat sich die Altersstruktur der Samtgemeinde grundlegend<br />
gewandelt. Besonders auffallend ist der Rückgang der Zahl der 20-29-<br />
Jährigen sowie die erhebliche Zunahme an Personen in den Altersgruppen 40-49<br />
und ab 60 Jahre.<br />
Der altersstrukturelle Aufbau der Bevölkerung und die zu erwartenden Entwicklungen der<br />
Altersstruktur stellen wesentliche Einflussgrößen im Hinblick auf die Betroffenheit einer<br />
Kommune vom demografischen Wandel dar. Daher sollen hier die Altersstrukturen der<br />
Samtgemeinde und ihrer Mitgliedsgemeinden näher betrachtet werden. Um den Einfluss<br />
der Wanderungsverflechtungen der vergangenen Jahre und den deutlichen Wandel des<br />
Altersaufbaus zu beleuchten, werden neben den aktuellen Strukturen auch die Veränderungen<br />
seit 1990 dargestellt.<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-1200 -1000 -800 -600 -400 -200 0 200 400 600 800 1000 1200<br />
-1200 -1000 -800 -600 -400 -200 0 200 400 600 800 1000 1200<br />
Abb. 33: Altersstruktur der SG Harpstedt 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])<br />
Die Entwicklungen der letzten Jahre, speziell die stark angestiegenen Zu- und Fortzüge<br />
haben der Bevölkerungspyramide der Samtgemeinde einen markanten Stempel aufgedrückt:<br />
Insbesondere der Zuzug der ‚Familiengründer-Generation’ (Alter etwa 30 Jahre)<br />
seit den 1990er Jahren drückt sich zusammen mit den allgemeinen demografischen Entwicklungen<br />
in einem äußerst hohen Anteil der heute 40- bis 49-Jährigen aus. Diese<br />
Gruppe ist gegenwärtig mehr als doppelt so stark vertreten wie die der jungen Erwachsenen<br />
zwischen 20 und 29 Jahren – noch 1990 waren die beiden Altersgruppen annähernd<br />
gleichstark, die jungen Erwachsenen stellten dabei die größte Altersgruppe überhaupt<br />
dar! Die Zahl der Kinder und Jugendlichen (Alter bis 20 Jahre) hat zwar zugenommen, ihr<br />
Anteil an der Gesamtbevölkerung ist aber mit 11% bzw. 12% nahezu unverändert.<br />
Dass sich diese Verschiebungen aller Voraussicht nach auch künftig weiter fortsetzen<br />
werden, verdeutlicht die aktuelle Bevölkerungspyramide der Samtgemeinde recht anschaulich.<br />
Die derzeit stärksten Altersgruppen werden in den kommenden 20 Jahren erst<br />
in das Senioren-Alter hineinwachsen und den Altersdurchschnitt weiter anheben. Auf der<br />
anderen Seite drohen in den kommenden Jahren weiter rückläufige Geburten, weil die<br />
potenzielle Elterngeneration (20- bis 29-Jährige) in der Altersstruktur der SG Harpstedt<br />
außerordentlich schwach besetzt ist.<br />
In ähnlicher Form findet sich das beschriebene Strukturmuster in fast allen Mitgliedsgemeinden<br />
wieder. Besonders in den Gemeinden, die in den 1990er Jahren vergleichsweise<br />
viele Zuzüge von Familien zu verzeichnen hatten, ist die Anzahl der heute 40-49-<br />
Jährigen sowie der 10-19-Jährigen besonders hoch (z.B. in Dünsen und im Flecken<br />
Harpstedt). Die Bevölkerungspyramiden der Gemeinden Kirchseelte und Groß Ippener<br />
zeigen eine besonders auffällige altersstrukturelle Verschiebung, da hier die Altersgruppen<br />
ab 40 Jahren sehr stark gewachsen sind und die „Pyramide“ nun eine wesentlich<br />
breitere Spitze als Basis aufweist (vgl. Abb. 37 u. 39).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 19<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre
Die Altersstrukturen der Mitgliedsgemeinden haben sich größtenteils recht ähnlich<br />
entwickelt: Zunahme der Anzahl der 40-49-Jährigen sowie Abnahme der 20-29-<br />
Jährigen. In den einwohnerstärkeren Gemeinden mit ausgeprägter Wohnbauentwicklung<br />
in den vergangenen Jahrzehnten sind Menschen mittleren Alters (40-49-<br />
Jahre) sowie Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren (z.B. Dünsen und Harpstedt)<br />
jedoch besonders stark vertreten.<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100<br />
-100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100<br />
Abb. 34: Altersstruktur der Gemeinde Beckeln 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 20<br />
70+ Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100<br />
Abb. 35: Altersstruktur der Gemeinde Colnrade 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120<br />
Abb. 36: Altersstruktur der Gemeinde Dünsen 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120 140<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
-140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120 140<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 21<br />
0-9 Jahre<br />
Abb. 37: Altersstruktur der Gemeinde Groß Ippener 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-450 -400 -350 -300 -250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300 350 400 450<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-350 -300 -250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300 350<br />
Abb. 38: Altersstruktur des Flecken Harpstedt 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-160 -140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120 140 160<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-160 -140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120 140 160<br />
Abb. 39: Altersstruktur der Gemeinde Kirchseelte 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100<br />
Abb. 40: Altersstruktur der Gemeinde Prinzhöfte 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
-80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 22<br />
0-9 Jahre<br />
Abb. 41: Altersstruktur der Gemeinde Winkelsett 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])<br />
Bedingt durch die beschriebenen Altersstrukturverschiebungen sind die Mitgliedsgemeinden<br />
zwischen den beiden Zeiträumen deutlich „gealtert“. Der Anteil der Altersgruppen der<br />
über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung hat überall (Ausnahme Colnrade) zugenommen.<br />
Hier wird besonders die Lage der Alten- und Pflegeheime widergespiegelt, die<br />
in den entsprechenden Gemeinden 2 den Altersdurchschnitt heben bzw. auch den Sterbeüberschuss<br />
beeinflussen.<br />
SG Harpstedt<br />
Beckeln<br />
Colnrade<br />
Dünsen<br />
Groß Ippener<br />
Flecken Harpstedt<br />
Kirchseelte<br />
Prinzhöfte<br />
Winkelsett<br />
14,7%<br />
16,0%<br />
18,7%<br />
20,4%<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />
Abb. 42: Anteil der ab 60-Jährigen in den Mitgliedsgemeinden 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf der Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS])<br />
18,7%<br />
20,3%<br />
19,8%<br />
19,7%<br />
20,7%<br />
22,0%<br />
22,0%<br />
23,6%<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Samtgemeinde Harpstedt<br />
Die Bedeutung des Wanderungsgeschehens für die Bevölkerungsentwicklung der Samtgemeinde<br />
Harpstedt ist bereits mehrfach angesprochen geworden. Im Folgenden werden<br />
die Strukturen und Entwicklungen der Wanderungsverflechtungen der Samtgemeinde<br />
weitergehend untersucht. Dabei werden eigene Auswertungen der Meldeamtsdaten der<br />
Samtgemeinde (die durch das Niedersächsische Landesamt für Statistik aufbereitet wurden)<br />
sowie freizugängliche Daten des NLS herangezogen.<br />
2 In Kirchseelte, Groß Ippener, Harpstedt und Beckeln befinden sich Altenwohn- und Pflegeeinrichtungen.<br />
In diesen Gemeinden liegt der Anteil über 60-Jähriger aktuell bei über 25%.<br />
25,5%<br />
25,6%<br />
26,2%<br />
26,5%<br />
29,5%<br />
30,3%<br />
2006<br />
1990
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
Abb. 43: Wanderungssaldo insgesamt der SG Harpstedt von 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Im Zeitraum von 1989 bis 2000 verzeichnete die Samtgemeinde besonders große<br />
Wanderungsgewinne.<br />
Ein Blick auf die Verteilung der Herkunft der in die Samtgemeinde Zugezogenen im Zeitraum<br />
von 1989 bis 2000 zeigt, dass regionale Wanderungsgewinne eine besonders große<br />
Bedeutung in diesem Zeitraum besaßen: Den größten Anteil am Gesamtsaldo hat das<br />
Wanderungsplus aus anderen <strong>Landkreis</strong>en – welches zu 86% aus Wanderungsgewinnen<br />
mit der Stadt Delmenhorst und der Gemeinde Stuhr besteht. Den zweitgrößten Anteil<br />
bilden Wanderungsgewinne aus anderen Bundesländern – mehr als zwei Drittel des<br />
Wanderungsgewinns stammt hierbei aus Bremen. Der Wanderungsverlust mit dem<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> kommt hauptsächlich durch Fortzüge nach Wildeshausen zustande.<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
-200<br />
-400<br />
378<br />
752<br />
66%<br />
aus Bremen<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 23<br />
1999<br />
2000<br />
1099<br />
86%<br />
aus<br />
Delmenhorst<br />
und Stuhr<br />
aus dem Ausland aus anderen Bundesländern aus anderen <strong>Landkreis</strong>en aus dem <strong>Landkreis</strong> OL<br />
Abb. 44: Herkunft der Zugezogenen im Zeitraum 1989-2000<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
-229<br />
2005<br />
2006
Regionale Wanderungsgewinne erhöhten den Wanderungssaldo der Samtgemeinde<br />
zwischen 1989 und 2000 erheblich.<br />
Im Folgenden werden die regionalen Wanderungen näher analysiert, denn sie spielten in<br />
jüngster Vergangenheit eine bedeutende Rolle beim Wanderungsgeschehen der Samtgemeinde<br />
Harpstedt.<br />
2.000<br />
1.500<br />
1.000<br />
500<br />
0<br />
-500<br />
-1.000<br />
569<br />
820<br />
400<br />
-463<br />
93 97<br />
Bremen Delmenhorst Stuhr Wildeshausen Ganderkesee <strong>Oldenburg</strong><br />
(Oldb)<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 24<br />
-38<br />
-73<br />
Bassum Twistringen<br />
Abb. 45: Die wichtigsten Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Das Gros der Wanderungsgewinne der SG Harpstedt im betrachteten Zeitraum<br />
(1989-2006) ist auf „Suburbanisierungstendenzen“ zurückzuführen. Hierbei handelt<br />
es sich sowohl um Zuzüge aus dem Oberzentrum Bremen, als auch aus der benachbarten<br />
Stadt Delmenhorst.<br />
Ein Blick auf die Ranglisten der Zu- und Fortzüge im Zeitraum zwischen 1989 und 2006<br />
zeigt sehr deutlich auf, dass starke Wanderungsverflechtungen in erster Linie mit dem<br />
Oberzentrum Bremen sowie dem Mittelzentrum Delmenhorst bestehen. Darüber hinaus<br />
hat die Samtgemeinde im Beobachtungszeitraum auch Einwohner aus der benachbarten<br />
Bremer Umlandgemeinde Stuhr gewonnen. Mit diesen drei Kommunen verzeichnete die<br />
SG Harpstedt von 1989 bis 2006 eine positive Wanderungsbilanz von nahezu 1.800 Personen.<br />
Auffällig ist jedoch auch die negative Wanderungsbilanz mit der südwestlich angrenzenden<br />
Kreisstadt Wildeshausen. Der Wanderungssaldo betrug immerhin -463 Personen.<br />
Positive Bilanzen bei den wichtigsten Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt überwogen<br />
in der Summe jedoch in den letzten 17 Jahren deutlich, so dass sie zum Wachstum<br />
der Samtgemeinde beigetragen haben.<br />
Um Rückschlüsse auf die Wanderungsaktivitäten der einzelnen Mitgliedsgemeinden der<br />
SG Harpstedt ziehen zu können, sind im Folgenden noch einmal die wichtigsten Wanderungsverflechtungen<br />
der acht Gemeinden mit Zuzügen, Fortzügen und Wanderungssaldo<br />
für den Zeitraum von 1989 bis 2006 grafisch dargestellt. Bei ihrer Betrachtung fallen besonders<br />
folgende Punkte auf:<br />
- Die intensivsten Wanderungsaktivitäten zeigten die Gemeinden Dünsen, Groß<br />
Ippener, Harpstedt sowie Kirchseelte. Diese sind zugleich auch die Mitgliedsgemeinden<br />
mit der größten Einwohnerzahl (Harpstedt: 4.542, Kirchseelte: 1.260,<br />
Dünsen: 1.207, Groß Ippener: 1.167; zum 31.12.2006, NLS)
- Für alle Gemeinden zählen die Städte Bremen, Delmenhorst und Wildeshausen<br />
sowie die Gemeinde Stuhr zu den wichtigsten Zu- bzw. Fortzugsorten - wobei ihre<br />
Bedeutung leicht variiert.<br />
- Die Gemeinde Groß Ippener hat auffallend hohe Wanderungsgewinne aus der<br />
Stadt Delmenhorst erfahren.<br />
- Je nach Lage im Samtgemeindegebiet variieren zudem die zusätzlichen Wanderungsverflechtungen<br />
(z.B. weisen Beckeln und Colnrade zusätzlich eine Verflechtung<br />
mit Twistringen auf und Winkelsett mit Dötlingen).<br />
Bezüglich der Altersstrukturen der Wanderungen kann festgehalten werden, dass in die<br />
Gemeinde Groß Ippener sowie auch nach Kirchseelte und in den Flecken Harpstedt aufgrund<br />
der dort ansässigen Alten- und Pflegeeinrichtungen 3 besonders viele alte Menschen<br />
ab 80 Jahren aus Delmenhorst und Bremen (bzw. bzgl. Kirchseelte auch aus<br />
Stuhr) gezogen sind: Etwa 47% des Wanderungsplus, das Groß Ippener aus Delmenhorst<br />
zwischen 1989 und 2006 erzielt hat, sind Wanderungsgewinne in der Altersgruppe<br />
80+. Ähnlich hoch sind im untersuchten Zeitraum mit ca. 31% beispielsweise auch die<br />
Anteile der Hochbetagten an den Wanderungsgewinnen bei der Wanderungsbeziehung<br />
Kichseeltes mit Bremen.<br />
Neben diesen Wanderungen spielen jedoch in allen Mitgliedsgemeinden die Zuzüge von<br />
Familien eine bedeutende Rolle.<br />
Besonders die Wanderungsaktivitäten der Gemeinden Groß Ippener und Kirchseelte<br />
sind durch hohe Anteile von Hochbetagten an den Zuzügen aus Delmenhorst<br />
und Bremen geprägt.<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
30<br />
39<br />
Bremen Delmenhorst,<br />
Stadt<br />
-22<br />
Wildeshausen,<br />
Stadt<br />
7<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 25<br />
11<br />
15<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Twistringen Bassum Stuhr Syke, Stadt<br />
Abb. 46: Die wichtigsten Wanderungsverflechtungen der Mitgliedsgemeinde<br />
Beckeln 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
3 Das Hildegard-Stift in Groß Ippener verfügt über die meisten Plätze (85) in der Samtgemeinde.<br />
Das DRK-Seniorenzentrum in Harpstedt bietet 66 Plätze an und die Klosterseelter Altenpension<br />
GmbH 54 Plätze. In der Gemeinde Beckeln befindet sich das Seniorenpflegeheim „Haus Beckeln“<br />
mit 22 Plätzen (Heimaufsicht <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>, 2007).<br />
Saldo<br />
-10
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
5<br />
Wildeshausen,<br />
Stadt<br />
-26<br />
36<br />
1 0<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 26<br />
-5<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Twistringen <strong>Oldenburg</strong>,Stadt Bremen Dötlingen Goldenstedt Delmenhorst,<br />
Stadt<br />
Abb. 47: Die wichtigsten Wanderungsverflechtungen der Mitgliedsgemeinde<br />
Colnrade 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
90<br />
Bremen Stuhr Delmenhorst,<br />
Stadt<br />
46<br />
71<br />
-76<br />
Wildeshausen,<br />
Stadt<br />
-28<br />
Saldo<br />
12<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
9 9<br />
Bassum Syke, Stadt Ganderkesee<br />
Abb. 48: Die wichtigsten Wanderungsverflechtungen der Mitgliedsgemeinde<br />
Dünsen 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
-100<br />
437<br />
Delmenhorst,<br />
Stadt<br />
95<br />
61<br />
30<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 27<br />
17<br />
1<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Bremen Stuhr Ganderkesee Hude (Oldenb) <strong>Oldenburg</strong>,Stadt Wildeshausen,<br />
Stadt<br />
Abb. 49: Die wichtigsten Wanderungsverflechtungen der Mitgliedsgemeinde<br />
Groß Ippener 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
-100<br />
-200<br />
-300<br />
148<br />
152<br />
Bremen Delmenhorst,<br />
Stadt<br />
-235<br />
Wildeshausen,<br />
Stadt<br />
108<br />
13<br />
39<br />
Saldo<br />
-40<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Stuhr Bassum Ganderkesee Twistringen<br />
Abb. 50: Die wichtigsten Wanderungsverflechtungen der Mitgliedsgemeinde<br />
Harpstedt 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Saldo<br />
-35
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
137<br />
130<br />
Bremen Stuhr Delmenhorst,<br />
Stadt<br />
66 62<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 28<br />
7<br />
<strong>Oldenburg</strong>,Stadt Syke, Stadt Ganderkesee Bassum Wildeshausen,<br />
Stadt<br />
Abb. 51: Die wichtigsten Wanderungsverflechtungen der Mitgliedsgemeinde<br />
Kirchseelte 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
-60<br />
-80<br />
36<br />
30<br />
Delmenhorst, Stadt Bremen <strong>Oldenburg</strong>,Stadt Ganderkesee Wildeshausen,<br />
Stadt<br />
34<br />
21<br />
-58<br />
-6<br />
-7<br />
-13<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
Dötlingen Stuhr<br />
Abb. 52: Die wichtigsten Wanderungsverflechtungen der Mitgliedsgemeinde<br />
Prinzhöfte 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
-32<br />
14
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-5<br />
Wildeshausen,<br />
Stadt<br />
28<br />
-4<br />
7<br />
Bremen Dötlingen Delmenhorst, Stadt Stuhr <strong>Oldenburg</strong>,Stadt Großenkneten<br />
Abb. 53: Die wichtigsten Wanderungsverflechtungen der Mitgliedsgemeinde<br />
Winkelsett 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Die folgenden Abbildungen 54 - 57 geben zur Detailanalyse die Wanderungsverflechtungen<br />
der Samtgemeinde seit 1989 wider: beispielhaft mit Bremen, Delmenhorst und der<br />
Gemeinde Stuhr, als Kommunen, mit denen die SG Harpstedt eine positive Wanderungsbilanz<br />
aufwies, sowie der Stadt Wildeshausen, an die die Samtgemeinde kontinuierlich<br />
Einwohner verloren hat.<br />
Bremen<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 29<br />
16<br />
-4<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 54: Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt mit der Stadt Bremen von<br />
1989 bis 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Bei den Wanderungsbeziehungen mit der Stadt Bremen - neben Delmenhorst der wichtigste<br />
Zuzugsort - fällt auf, dass die Zuzugszahlen drastisch von über 370 im Zeitraum<br />
von 1995-1997 auf aktuell (2004-2006) 235 gesunken sind. Die Fortzüge in das Oberzentrum<br />
stagnieren etwa seit 1992 bei einem Wert um 200 (pro drei Jahre), so dass sich<br />
der positive Wanderungssaldo stark verkleinert hat und sowohl im Zeitraum 2001-2003<br />
als auch von 2004-2006 bereits unter 50 Personen lag!<br />
Saldo<br />
10
Delmenhorst<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 55: Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt mit der Stadt Delmenhorst<br />
von 1989 bis 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Ein ähnliches Bild ergibt sich im Hinblick auf die Stadt Delmenhorst – die Zuzugszahlen<br />
sind seit ihrem bisherigen Höchstwert im Zeitraum 1992-1994 (342 Zuzüge) auf ein aktuelles<br />
Niveau (Zeitraum 2004-2006) von 230 Personen nahezu kontinuierlich um über 100<br />
zurückgegangen. Im Gegenzug stagnierten die Fortzüge in das Mittelzentrum, so dass<br />
auch der Wanderungssaldo mit der Stadt Delmenhorst seit Mitte der 1990er Jahre sukzessive<br />
abnimmt und von 2001-2003 sowie von 2004-2006 bereits unter 100 Personen<br />
lag – was jedoch im Vergleich zu den anderen Wanderungsverflechtungen immer noch<br />
ein bedeutendes Wanderungsplus ist.<br />
Stuhr<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 56: Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt mit der Gemeinde Stuhr<br />
von 1989 bis 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 30
Die Zuzüge aus der Gemeinde Stuhr nehmen hingegen nur leicht ab. Hier sind es vielmehr<br />
die seit Ende der 1990er Jahre steigenden Fortzüge in die Bremer Umlandgemeinde,<br />
die den Wanderungssaldo in den letzten zehn Jahren etwa halbiert haben – 1995-<br />
1997 betrug er noch +97 Personen, aktuell (2004-2006) sind es nur noch +45 Personen.<br />
Wildeshausen<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
-150<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 57: Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt mit der Stadt Wildeshausen<br />
von 1989 bis 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Besonders auffällig ist auch die kontinuierlich negative Wanderungsbilanz mit der Stadt<br />
Wildeshausen. Während des gesamten Beobachtungszeitraums konnte die Zahl der<br />
Zuzüge die der Fortzüge nicht übersteigen. In jedem dargestellten Zeitraum verlor die<br />
Samtgemeinde Harpstedt Einwohner an die benachbarte Kreisstadt. Dabei steigen die<br />
Fortzüge seit den 1990er Jahren sogar kontinuierlich leicht an, so dass der Wanderungsverlust<br />
im Zeitraum von 2004-2006 mehr als 100 Personen betrug.<br />
Die Samtgemeinde Harpstedt hat in jüngster Vergangenheit deutlich weniger Einwohner<br />
aus den beiden wichtigsten Zuzugskommunen (Bremen und Delmenhorst)<br />
hinzugewinnen können. Gleichzeitig steigen die Fortzüge in die Kreisstadt Wildeshausen<br />
und die Bremer Umlandgemeinde Stuhr.<br />
Weitergehende Hinweise auf Wanderungstendenzen und -motive liefern die altersbezogenen<br />
Auswertungen der vorliegenden Daten. Hierzu werden die altersspezifischen<br />
Wanderungsbeziehungen mit Bremen, Delmenhorst und Stuhr (als bisher wichtigste Zuzugsorte)<br />
sowie der Stadt Wildeshausen in zwei 3-Jahres-Zeiträumen beispielhaft betrachtet.<br />
Der erste Zeitraum 1998 bis 2000 lag noch in der letzten dynamischen Wachstumsphase<br />
der Samtgemeinde, zwischen 2004 und 2006 war die Bevölkerungsentwicklung<br />
schon etwas verhaltener bzw. stagnierte bereits.<br />
Während die Samtgemeinde im früheren Beobachtungszeitraum speziell in den klassischen<br />
Familien-Altersgruppen (0-17 Jahre, 30-49 Jahre) aus den Städten Bremen und<br />
Delmenhorst deutliche Netto-Wanderungsgewinne erzielte, sind diese in den letzten Jahren<br />
bis 2006 drastisch zusammengeschmolzen. Ausgelöst wurden diese Verschiebungen<br />
überwiegend durch äußerst rückläufige Zuzüge.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 31
Insgesamt sind die Wanderungsgewinne durch Zuzüge von Familien in der SG Harpstedt<br />
um etwa 90% (!) zurückgegangen 4 .<br />
Die hohen Wanderungsgewinne der SG Harpstedt bei den Familien sind in der<br />
jüngsten Vergangenheit eingebrochen.<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
1<br />
2<br />
6<br />
8<br />
10<br />
12<br />
19<br />
18<br />
18<br />
14<br />
26<br />
28<br />
28<br />
39<br />
39<br />
64<br />
61<br />
68<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 32<br />
69<br />
0 20 40 60 80 100 120 140<br />
71<br />
75<br />
79<br />
84<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 58: Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt mit der Stadt Bremen<br />
nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
1<br />
1<br />
6<br />
7<br />
8<br />
11<br />
18<br />
17<br />
22<br />
23<br />
27<br />
28<br />
28<br />
35<br />
41<br />
43<br />
44<br />
51<br />
51<br />
52<br />
55<br />
58<br />
58<br />
0 20 40 60 80 100 120<br />
96<br />
130<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 59: Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt mit der Stadt Delmenhorst<br />
nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
4 Sämtliche Angaben von zusammengefassten Wanderungszahlen beziehen sich bei der altersspezifischen<br />
Analyse der Wanderungsverflechtungen auf die vier quantitativ bedeutendsten Zu-<br />
bzw. Fortzugsorte (vgl. Abb. 36).
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
0<br />
2<br />
4<br />
7<br />
6<br />
6<br />
9<br />
10<br />
10<br />
11<br />
11<br />
12<br />
14<br />
17<br />
19<br />
25<br />
26<br />
31<br />
32<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 33<br />
36<br />
43<br />
48<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 60: Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt mit der Gemeinde Stuhr<br />
nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
0<br />
6<br />
4<br />
4<br />
3<br />
2<br />
4<br />
8<br />
6<br />
6<br />
11<br />
18<br />
35<br />
37<br />
44<br />
44<br />
46<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100<br />
54<br />
59<br />
68<br />
68<br />
77<br />
80<br />
61<br />
62<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 61: Wanderungsverflechtungen der SG Harpstedt mit der Stadt<br />
Wildeshausen nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Die Grafiken verdeutlichen, dass besonders die Zuzüge von Familien aus Bremen und<br />
Delmenhorst drastisch zurückgegangen sind. Der ausgeprägte positive Wanderungssaldo<br />
der SG Harpstedt mit diesen beiden Städten in den 1990er Jahren wurde überwiegend<br />
durch diese zuziehenden Bevölkerungsgruppen geprägt. Aufgrund der Veränderungen<br />
in den Wanderungsstrukturen, verzeichnet die Samtgemeinde heute interessanter<br />
Weise die meisten Netto-Wanderungsgewinne in den Familien-Altersklassen aus der<br />
Gemeinde Stuhr. Obwohl diese Gewinne quantitativ nicht mit denen der 1990er Jahre zu<br />
vergleichen sind, war das Wanderungsplus in den Familienaltersklassen aus Stuhr dennoch<br />
zuletzt genauso hoch wie das aus Delmenhorst und Bremen zusammen.<br />
89
Die zweite wanderungsfreudige Altersgruppe stellen bekanntlich die jungen Erwachsenen<br />
dar, hier abgebildet durch die Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen. Da in diesem<br />
Alter die Ausbildung, das Studium bzw. die Arbeitsplatzsuche besonders häufig einen<br />
Umzug in ein größeres Wirtschaftszentrum notwendig machen, sind gerade ländlich<br />
strukturierte Kommunen üblicherweise besonders stark vom Fortzug der jungen Erwachsenen<br />
betroffen. Erwartungsgemäß vollzieht sich in der Samtgemeinde auch bei dieser<br />
Altersgruppe eine negative Entwicklung: Die von 1998 bis 2000 aufgetretene leicht positive<br />
Wanderungsbilanz (+25 Personen) bei den regionalen Wanderungsverflechtungen<br />
(vgl. Fußnote 4, S. 29) ist deutlich ins Minus gefallen (-28 Personen von 2004-2006),<br />
auch hier überwiegend verursacht durch abnehmende Zu- und steigende Fortzüge. Dabei<br />
fallen besonders die steigenden Fortzüge junger Erwachsener in die Bremer Umlandgemeinde<br />
Stuhr auf. Die steigenden Fortzugszahlen in dieser Altersgruppe verringern<br />
den positiven Gesamt-Wanderungssaldo zwischen der SG Harpstedt und Stuhr deutlich.<br />
Interessant ist jedoch auch die Tatsache, dass die Samtgemeinde einen Wanderungsgewinn<br />
von jungen Erwachsenen aus der Stadt Delmenhorst verzeichnet.<br />
Die Zuzüge von Familien v.a. aus Bremen und Delmenhorst sind in den letzten Jahren<br />
stark zurückgegangen. Gleichzeitig sind vermehrt junge Erwachsene aus der<br />
SG Harpstedt in die beiden Städte, aber auch in die Gemeinde Stuhr abgewandert.<br />
Vergleichsweise viele Umzüge fallen bisher auch auf die Altersgruppen der älteren Menschen<br />
zwischen 50 und 59 Jahren sowie die über 60-Jährigen. Der leicht positive Wanderungssaldo<br />
in der Altersgruppe der „50er“ mit den vier ausgewählten Kommunen hat<br />
weitestgehend stagniert. Nur mit der Stadt Wildeshausen besteht in dieser Altersgruppe<br />
eine leicht negative Wanderungsbilanz, die sich etwas verstärkt hat. Besonders auffallend<br />
ist der Wanderungsgewinn der über 60-Jährigen v.a. aus Delmenhorst, Bremen und<br />
Stuhr, was aus der großen Zahl an Pflegeeinrichtungen in der SG Harpstedt resultieren<br />
dürfte. Besonders die Zuzüge aus Bremen und Stuhr sind jedoch rückläufig.<br />
Betrachtet man den Zeitraum von 2004 bis 2006, so hätte die Samtgemeinde ohne die<br />
Zuzüge von Menschen der Altersgruppe 60+ bereits einen Wanderungsverlust verzeichnet.<br />
Entsprechende zielgruppenspezifische Infrastrukturangebote sowie hinreichende<br />
Angebote auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt gewinnen durch den großen Anteil<br />
älterer und alter Menschen mehr und mehr an Bedeutung.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 34
4.4 Demografische Perspektiven der Samtgemeinde Harpstedt<br />
Wie lassen sich die beschriebenen Prozesse und Strukturen bei den demografischen<br />
Prozessen der SG Harpstedt im Hinblick auf die künftig zu erwartenden Entwicklungen<br />
interpretieren?<br />
An dieser Stelle wird bewusst auf den (alleinigen) Verweis auf existierende Prognosen<br />
verzichtet, denn die jüngsten Entwicklungstendenzen zeigen sehr deutlich die Grenzen<br />
und Unsicherheiten prognostischer Modelle auf, wenn sie in einer sehr kleinräumigen<br />
Auflösung angewendet werden. Speziell Veränderungen bei den Wanderungsverflechtungen<br />
sind aufgrund ihrer äußerst vielschichtigen und komplexen Ursachen und Wirkungszusammenhänge<br />
kaum zu operationalisieren.<br />
Im Zeitraum, in dem die Samtgemeinde Harpstedt die größten Wanderungsgewinne erzielt<br />
hat (ca. 1989 bis 2000) spielten regionale Wanderungen eine große Rolle – auch<br />
wenn die Samtgemeinde weniger von Familienwanderungen aus den umliegenden Städten<br />
profitiert hat als die direkten Stadtrandgemeinden des <strong>Landkreis</strong>es.<br />
Am Beispiel der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> im Nordwesten werden im Folgenden<br />
aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen die wichtigsten qualitativen Trends herausgestellt.<br />
Diese Darstellung ermöglicht eine regionale Einordnung der demografischen Prozesse<br />
in der Samtgemeinde.<br />
Vieles deutet darauf hin, dass die vor allem in den 1990er Jahren zu beobachtende Abwanderung<br />
besonders der jungen Familien aus den (Groß)Städten 5 derzeit zu Ende geht<br />
und sich stattdessen eine Entwicklung fortsetzen wird, die nach der Jahrtausendwende<br />
eingesetzt hat:<br />
• Orientierung der Familien auf gut ausgestattete Standorte, z.B. Stadtrandlagen,<br />
• Zunehmender Fortzug/Rückzug der jungen Erwachsenen in die (Nähe der) Arbeitsplatzzentren,<br />
• Tendenzen bei den Senioren zum Umzug in zentrale Ortslagen.<br />
Das Wachstum der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> ist nach 20 Jahren zum Stillstand<br />
gekommen. Ein gleichzeitig ausreichendes Angebot an günstigen Immobilien<br />
und Baugrundstücken in allen Lagequalitäten hat den Suburbanisierungsdruck<br />
deutlich abgeschwächt.<br />
Mit der Abschaffung der Eigenheimzulage, der Kürzung der Entfernungspauschale und<br />
dem Konjunktureinbruch nach der Jahrtausendwende sind wesentliche Push-Faktoren<br />
der weit in die Region hineinreichenden Suburbanisierungswelle der letzten fünfzehn<br />
Jahre fortgefallen. Zudem haben sich die Impulse der Wohnungs- und Immobilienmärkte<br />
deutlich verändert. In den 1990er Jahren konnte die Nachfrage vor allem nach Wohnungen<br />
wie auch nach Bauland in zentraleren Lagen kaum befriedigt werden: Einerseits<br />
drängten zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge und Aussiedler nach Deutschland, es<br />
befand sich aber auch die im Altersaufbau Deutschlands deutlich herausstechende letzte<br />
Babyboomer-Generation der in den 1960ern Gebürtigen in der Familiengründungsphase,<br />
wodurch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern einen zusätzlichen Impuls erhielt. Viele<br />
Bewohner der Städte (und später z.T. der Stadtrandgemeinden) sind in dieser Phase<br />
mangels Alternativen weit in das Stadtumland hinausgezogen.<br />
5 Für die Samtgemeinde Harpstedt besitzen die Städte Delmenhorst und Bremen die größte Bedeutung<br />
in Bezug auf Suburbanisierungsvorgänge.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 35
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
-0,5<br />
-1,0<br />
1969<br />
1970<br />
1971<br />
1972<br />
1973<br />
1974<br />
1975<br />
1976<br />
1977<br />
1978<br />
1979<br />
1980<br />
1981<br />
1982<br />
1983<br />
1984<br />
1985<br />
1986<br />
1987<br />
1988<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
Abb. 62: Bevölkerungsentwicklung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong><br />
im Nordwesten seit 1968 (jährliche %-Entwicklung)<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Ein Blick auf die gesamtregionale Entwicklung veranschaulicht die veränderten Rahmenbedingungen:<br />
Die Bevölkerung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<br />
<strong>Oldenburg</strong> ist aus den genannten Gründen in den 1990ern dynamisch gewachsen – in<br />
Spitzen mit Raten von bis zu 1,4 % jährlich. Seit etwa zehn bis zwölf Jahren ist dieses<br />
Wachstum aber deutlich rückläufig, im Jahr 2006 sind die Einwohnerzahlen im Gebiet der<br />
heutigen Metropolregion sogar erstmals seit zwanzig Jahren wieder leicht zurückgegangen.<br />
Angesichts der bestehenden demografischen Strukturen und nur geringer Aussicht<br />
auf einen deutlich anziehenden Zuzug in die Region ist nicht zu erwarten, dass sich dieser<br />
Trend in absehbarer Zeit wieder verändern könnte. Da zudem fast alle Kommunen,<br />
insbesondere aber auch (Groß)Städte wie Bremen oder Delmenhorst, inzwischen ein<br />
respektables Wohnungs-, Immobilien- und Baulandangebot bereithalten, fällt ein wesentliches<br />
Suburbanisierungsmotiv fort.<br />
Sämtliche ehemals relevanten Faktoren für die Wanderung aus den Städten (z.B.<br />
Delmenhorst und Bremen) in das Umland sind heute demnach nicht mehr in dieser<br />
Form gegeben und werden aller Voraussicht nach auch in absehbarer Zeit nicht<br />
wieder eintreten. Daher erscheint es plausibel, dass die jüngsten Veränderungen<br />
im Hinblick auf die Bevölkerungsentwicklungen und Wanderungsverflechtungen<br />
charakteristisch für die zu erwartenden Entwicklungen sein können.<br />
Die SG Harpstedt muss aufgrund dieser Entwicklungen im regionalen Vergleich durchaus<br />
mit einer markant veränderten Entwicklung rechnen, denn ein demografischer Umbruch<br />
hat sich in Ansätzen bereits vollzogen:<br />
Wanderungen:<br />
• Die Wanderungsgewinne (v.a. von Familien) aus den benachbarten Mittel- und Oberzentren<br />
dürften aufgrund der beschriebenen sich verändernden demografischen und<br />
strukturellen Rahmenbedingungen weiter zurückgehen. Zudem verlassen immer<br />
mehr junge Menschen die Samtgemeinde. Auch dieser Trend dürfte sich weiter fortsetzen.<br />
Diese Veränderungen im Wanderungsgeschehen und ihre Folgen werden<br />
voraussichtlich besonders die Mitgliedsgemeinden, die in der Vergangenheit große<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 36
Wanderungsaktivitäten zeigten, spüren (z.B. der Flecken Harpstedt und die Gemeinden<br />
Kirchseelte und Groß Ippener).<br />
Bevölkerungsentwicklung:<br />
• Aufgrund der Veränderung der Wanderungsstrukturen ist das dynamische Wachstum<br />
der Samtgemeinde inzwischen von einem leichten Bevölkerungsrückgang abgelöst<br />
worden: In der jüngsten Vergangenheit ist die Bevölkerungszahl bereits leicht geschrumpft.<br />
Ein Übergang zu dauerhaften Einwohnerverlusten könnte bei gleich bleibenden<br />
Rahmenbedingungen (negativer Trend der natürlichen Bevölkerungsentwicklung,<br />
Rückgang der Zuzüge) stattfinden.<br />
• Angesichts der jüngsten Entwicklungen besitzen die zentralen und gut angebundenen<br />
Ortslagen die besten Entwicklungspotenziale. Grundsätzlich dürfte vor allem der<br />
Flecken Harpstedt aufgrund seiner Infrastrukturausstattung gegenüber den ländlich<br />
strukturierten Gemeinden im Vorteil sein. Er dürfte am ehesten von den - zukünftig<br />
deutlich geringeren - Zuzügen profitieren. Auch für ältere Menschen aus den anderen<br />
Mitgliedsgemeinden ist Harpstedt ein attraktiver Wohnort.<br />
Altersstrukturen:<br />
• Der Anstieg des Durchschnittsalters der Samtgemeinde wird voraussichtlich aufgrund<br />
verschiedener Faktoren beschleunigt: ausbleibender Zuzug junger Menschen, ansteigender<br />
Fortzug junger Menschen sowie rückläufige Geburtenzahlen. Eine generell<br />
ältere Bevölkerung haben die Mitgliedsgemeinden, die aufgrund der ansässigen<br />
Alten- und Pflegeeinrichtungen in besonderer Weise von Zuzügen alter Menschen<br />
profitiert haben. Aber auch die Gemeinden, die viele Familienzuzüge verzeichnet haben,<br />
dürften zukünftig einen deutlichen Wandel der Altersstruktur erfahren, da die<br />
ehemaligen Suburbanisierer nahezu zeitgleich das Seniorenalter erreichen werden.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 37
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen<br />
Wandel<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
Die ländliche Struktur der Samtgemeinde und die in den Hochphasen der Suburbanisierung<br />
zugezogenen Familien, die aufgrund des günstigen Baulandes in der Samtgemeinde<br />
gebaut haben, begründen die hohe Einfamilienhausquote von 78%. Wohngebäude mit<br />
mehr als zwei Wohnungen wurden nur ganz vereinzelt fertig gestellt. Lediglich im Zeitraum<br />
von 1994-1996 wurden vermehrt Häuser mit drei und mehr Wohnungen gebaut;<br />
seit ca. acht Jahren jedoch fast gar nicht mehr (vgl. Abb. 63).<br />
Bauland ist laut dem aktuellen Grundstücksmarktbericht in der SG Harpstedt im Vergleich<br />
zu den übrigen Mitgliedsgemeinden des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> verhältnismäßig günstig.<br />
Der Bodenrichtwert für Wohnbauflächen liegt in der Samtgemeinde bei 70€ / m²; lediglich<br />
Wohnbauflächen in mittlerer Lage in den Gemeinden Großenkneten und Dötlingen sind<br />
mit 40-55 € / m² günstiger. Die Möglichkeit günstiges Bauland erwerben zu können, hat in<br />
der Vergangenheit zu einem Bauboom in der Samtgemeinde geführt.<br />
Betrachtet man die Fertigstellung neuer Wohngebäude im Zeitraum von 1991 bis 2006,<br />
so fällt auf, dass Mitte und Ende der 1990er Jahre besonders viele Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
gebaut wurden. Mit insgesamt 74 liegt die Zahl neuer Wohngebäude im Jahr<br />
1995 besonders hoch. Nach einem erneuten leichten Anstieg kurz nach der Jahrtausendwende<br />
nimmt die Neubauaktivität jedoch deutlich nach: mit 12 Neubauten im Jahr<br />
2006 ist sie sogar nahezu zum Erliegen gekommen.<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
45<br />
1991<br />
1<br />
mit 1 und 2 Wohnungen<br />
mit 3 und mehr Wohnungen<br />
39<br />
1992<br />
3<br />
49<br />
1993<br />
5<br />
61 61<br />
1994<br />
12<br />
1995<br />
13<br />
45<br />
1996<br />
9<br />
26<br />
1997<br />
5<br />
63<br />
1998<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 38<br />
68<br />
2 1<br />
1999<br />
44<br />
2000<br />
3<br />
27<br />
2001<br />
0<br />
31<br />
2002<br />
1<br />
45<br />
2003<br />
39<br />
31<br />
0 0 0<br />
Abb. 63: Neue Wohngebäude in der SG Harpstedt 1991 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
Auch der Vergleich der Haushaltsgrößen der Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong><br />
unterstreicht die eher ländliche Siedlungsstruktur der SG Harpstedt: mit aktuell 2,5 Personen<br />
weist die Samtgemeinde eine relativ hohe durchschnittliche Haushaltsgröße auf<br />
(vgl. Abb. 64).<br />
2004<br />
2005<br />
11<br />
2006<br />
1
3,2<br />
3,0<br />
2,8<br />
2,6<br />
2,4<br />
2,2<br />
2,0<br />
Ganderkesee Großenkneten SG Harpstedt Hatten<br />
Hude Wildeshausen Dötlingen Wardenburg<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 64: Durchschnittliche Haushaltsgröße (Einwohner je Wohnung) in den<br />
Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong><br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten des Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Bevölkerungsfortschreibung; Wohnungs- und Gebäudefortschreibung)<br />
Neben der hohen durchschnittlichen Haushaltsgröße weist die SG Harpstedt auch eine<br />
recht hohe Wohnfläche pro Kopf auf. Der Zuwachs an Wohnfläche in der Samtgemeinde<br />
hat sich vor allem in den vergangenen 13 Jahren von der Einwohnerentwicklung der<br />
Samtgemeinde abgekoppelt (vgl. Abb. 65). Nachdem die rechnerisch jedem Einwohner<br />
zur Verfügung stehende Wohnfläche zunächst leicht zurückging und dann stagnierte, ist<br />
sie seit 1992 deutlich um etwa 18 % auf über 47 m² gestiegen und übertrifft damit den<br />
niedersächsischen Durchschnittswert um etwa 3 m².<br />
Index: 1986 = 100<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
Index Wohnfläche<br />
Index Einwohner<br />
Wohnfläche/Einwohner<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 65: Wohnflächenentwicklung 1986 – 2006 in der SG Harpstedt<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 39<br />
48,0<br />
46,0<br />
44,0<br />
42,0<br />
40,0<br />
38,0<br />
36,0<br />
Wohnfläche/Einwohner [qm]
Der Neubau von Wohngebäuden wird eindeutig vom Einfamilienhaus dominiert.<br />
Nach einem kräftigen Schub zum Ende der 1990er Jahre und kurz nach der Jahrtausendwende<br />
ist jedoch zuletzt ein deutlicher Rückgang bei der Bautätigkeit eingetreten.<br />
Abb. 66: Neubaugebiet mit eingeschossigem Bungalow in Harpstedt und Wohngebiet<br />
in Kirchseelte<br />
(Foto: FORUM GmbH, November 2007)<br />
Der Rückgang beim Neubau wird auch deutlich, wenn die Auslastungen der Baugebiete<br />
mit Bebauungsplan analysiert werden. Von den 315 in den letzten 10 Jahren ausgewiesenen<br />
Grundstücken, für die B-Pläne aufgestellt wurden, sind derzeit (Stand: 28.01.2008)<br />
noch 90 verfügbar. Der Vergleich der Anzahl der ausgewiesenen Grundstücke mit der<br />
Zahl der noch verfügbaren zeigt, dass sich die Bauaktivität im Beobachtungszeitraum auf<br />
die Gemeinden Harpstedt und Groß Ippener konzentriert hat.<br />
Anzahl Anzahl noch<br />
ausgewiesener verfügbarer<br />
Mitgliedsgemeinde Bezeichnung des B-Plans Rechtskraft Grundstücke Grundstücke Anmerkung<br />
"Beckeln-Ort" 1997 13 11 Dorfgebiet überplant<br />
Beckeln<br />
"Dornbusch" 1997 12 0 Überplanung<br />
"Klein Köhren" 1997 5 4 Dorfgebiet überplant<br />
"Drohnfeld I" 2005 14 14 Neuausweisung<br />
Colnrade<br />
"Holboldsweg"<br />
"Kieselhorster Weg"<br />
1998<br />
1998<br />
15<br />
12<br />
0<br />
2<br />
Dünsen<br />
"Klosterseelter Straße"<br />
"Baßmerhoop-Nord"<br />
2003<br />
1997<br />
6<br />
35<br />
3<br />
12<br />
Groß Ippener "Waldsiedlung" 1997 59 3 Neuausweisung<br />
"Bürsteler Straße-Süd" 2003 2 2 Bestand überplant<br />
"Ahornweg" 2004 6 3<br />
Kirchseelte<br />
"Eschenweg" 1998 17 1<br />
"Kirchseelte-West" Realisierung ?<br />
"Ördekenbrück" 2002 6 6 Überplanung<br />
Harpstedt<br />
"Am kleinen Wege"<br />
"Schulstraße-West"<br />
1999<br />
2002<br />
12<br />
101<br />
4 Musterhäuser<br />
16<br />
Abb. 67: Aufstellung der Bebauungspläne in der SG Harpstedt 1997-2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Angaben der Samtgemeinde Harpstedt; 26.06.2008)<br />
Die z.T. niedrigen Auslastungen der Neubaugebiete resultieren überwiegend aus der<br />
Tatsache, dass die Nachfrage von Familien mit Kindern, die vielfach aus Bremen und<br />
Delmenhorst zugezogen sind und die die Träger des Einwohnerbooms der Gemeinde<br />
waren, rückläufig ist. Immobilienexperten sehen zudem die steigenden Benzinpreise, die<br />
gekürzte Pendlerpauschale und das Wegfallen der Eigenheimzulage als weitere Gründe<br />
für die nachlassende Bauaktivität. Das Bauen eines Eigenheims wird somit indirekt zunehmend<br />
teuerer. Dies und die schrumpfende Zahl an Familien führt dazu, dass immer<br />
weniger Familien bereit sind „aufs Land zu ziehen“. Nach Einschätzung der Immobilienexperten<br />
dürfte die Samtgemeinde zudem auch für Zuzüge der Generation 50+ eher<br />
weniger attraktiv sein, da die SG Harpstedt kaum kulturelle Angebote und beispielsweise<br />
keinen Anschluss an den Schienenverkehr vorweisen kann. Vielmehr gibt es durchaus<br />
ältere Menschen, die gerne ihr Eigenheim verkaufen würden, um in die Stadt zu ziehen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 40
Meist fehlt jedoch die Nachfrage nach derartigen Bestandsimmobilien, so dass diese<br />
Menschen in ihren Häusern wohnen bleiben. Leerstand tritt aus diesem Grund in der<br />
Samtgemeinde kaum auf.<br />
Die dargestellten Ausgangsbedingungen auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt lassen<br />
im Hinblick auf die beschriebenen Prozesse des demografischen Wandels in der<br />
Samtgemeinde Harpstedt folgende Schlussfolgerungen zu:<br />
Für das bisher erfolgreiche Konzept des Einfamilienhausbaus und die Ausweisung<br />
entsprechender Neubauflächen fehlen mehr und mehr die Zielgruppen.<br />
Die Samtgemeinde Harpstedt hat in den vergangenen Jahren in erheblichem Umfang<br />
von der regionsweit hohen Nachfrage (junger) Familien nach günstigen Baugrundstücken<br />
profitiert. Inzwischen übersteigt das Baulandangebot in der Region jedoch die Nachfrage,<br />
in nahezu allen Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> treten Vermarktungsprobleme<br />
bei Baugrundstücken auf. Ein wichtiger Einflussfaktor ist das demografisch bedingte<br />
Wegbrechen der aktuellen und künftigen Bevölkerungsgruppe der Elterngeneration. Die<br />
Zahl der Neubürger der Samtgemeinde Harpstedt, die aus den bisher wichtigsten „Familien-Zuzugskommunen“<br />
Bremen und Delmenhorst kommen, sinkt drastisch, so dass<br />
Nachfragerückgänge bei Grundstücken in Neubaugebieten in der gesamten Samtgemeinde<br />
auftreten<br />
Aufgrund der zunehmenden Zahl älterer und alter Menschen dürften auch im Bereich<br />
des Wohnungs- und Immobilienmarktes Anpassungsleistungen wie barrierefreier<br />
Umbau, Neubau oder zusätzliche Hilfsleistungen zur Instandhaltung der Immobilie<br />
notwendig werden. Infrastrukturdefizite außerhalb der Gemeinde Harpstedt<br />
werden zunehmend zum Standortnachteil.<br />
Die Eigenheimbauer der späten 1990er Jahre zählen heute mit einem Alter von etwa 40<br />
bis 49 Jahren zu der mit Abstand größten Altersgruppe der Samtgemeinde Harpstedt.<br />
Zudem sind sie zukünftig potenzielle Nachfrager auf dem Immobilienmarkt. Spätestens<br />
mit dem nahenden oder bereits vollzogenen Auszug der Kinder aus dem elterlichen Haus<br />
erfüllt die bisherige Immobilie die veränderten Anforderungen der Bewohner zumeist nur<br />
noch suboptimal, sowohl im Hinblick auf die Lage wie auch auf den Zuschnitt und die<br />
Größe von Haus und Grundstück. Immer mehr Menschen in der zweiten Lebenshälfte,<br />
vor allem aus der Generation 50+, sind daher bereit zu einem Wohnortwechsel oder einem<br />
Umbau des Eigenheims. Bei einem neuerlichen Immobilienerwerb steht erfahrungsgemäß<br />
nicht das altengerechte Wohnen im Mittelpunkt. Vielmehr wird eine passende<br />
Immobilie für die neuen Vorstellungen von einem aktiven Leben und neuen Freizeitmöglichkeiten,<br />
aber weniger Lasten beispielsweise durch die Pflege eines überdimensionierten<br />
Gartens, gesucht. Die immer schwerer zu veräußernden Eigenheime schränken die<br />
finanziellen Spielräume bei einem Wohnungswechsel in der zweiten Lebenshälfte jedoch<br />
oftmals ein, so dass viele ältere Menschen in ihrem ehemaligen Familieneigenheim wohnen<br />
bleiben.<br />
Im Hinblick auf die rasch wachsende Zahl älterer und alter Menschen, die in besonderer<br />
Weise auf ein infrastrukturell gut ausgestattetes Wohnumfeld angewiesen sind, ist zudem<br />
zu befürchten, dass die Siedlungen der kleineren Gemeinden aufgrund ihrer Infrastrukturdefizite<br />
an Attraktivität verlieren könnten.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 41
5.2 Soziale Infrastruktur<br />
5.2.1 Kindertagesstätten<br />
Auslastungsrückgänge sind bei gleich bleibender Platzzahl in sämtlichen Betreuungseinrichtungen<br />
der Samtgemeinde wahrscheinlich. Dennoch ist kein Standort<br />
aktuell gefährdet.<br />
In der Samtgemeinde Harpstedt existieren derzeit acht Kindergarten-Standorte. Eine<br />
Krippengruppe gibt es in der Samtgemeinde nicht. Jedoch soll entsprechend politischer<br />
Beschlüsse im Kindergartenjahr 2009/2010 im Flecken Harpstedt eine Gruppe eingerichtet<br />
werden (Stand: Juni 2007). Entsprechend den Vorgaben aus dem Tagesbetreuungsausbaugesetz<br />
(TAG; Vorgabe: ‚bedarfsgerechtes’ Angebot bis 2010) und den jüngsten<br />
bundes- und landespolitischen Beschlüssen, wonach bis 2013 für 35 % aller Kinder unter<br />
drei Jahren Betreuungsplätze (in Betreuungseinrichtungen oder durch Tagesmütter) zur<br />
Verfügung stehen sollen und ab 2013 sogar ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz<br />
besteht, existiert in der Samtgemeinde somit Anpassungsbedarf.<br />
Der größte Kindergarten befindet sich in Harpstedt. Der Einzugsbereich des DRK-<br />
Kindergartens umfasst neben Harpstedt auch die Gemeinden Prinzhöfte und Winkelsett.<br />
Da sich in Prinzhöfte zudem die Freinet Kindertagesstätte befindet, ist Winkelsett die<br />
einzige Mitgliedsgemeinde ohne einen eigenen Kindergartenstandort. Die meisten Einrichtungen<br />
bieten neben Vormittagsplätzen auch Betreuungsmöglichkeiten am Nachmittag<br />
an. Dieses Angebot wird jedoch nach Aussage der Samtgemeinde weniger in Anspruch<br />
genommen. Die Nachfrage nach einer Ganztagsbetreuung ist hingegen in der<br />
letzten Zeit massiv gestiegen und wird vermutlich auch weiter zunehmen, so dass für das<br />
nächste Jahr die Einrichtung einer Ganztagsgruppe in der Samtgemeinde geplant ist.<br />
Einrichtung Gemeinde<br />
genehmigte Plätze<br />
(01.08.2007)<br />
belegte Plätze<br />
(zum 01.08.2007) Art der Plätze<br />
KiGa "Rappelkiste" Beckeln 25 21 Vormittagsplätze<br />
KiGa "Lummerland" Colnrade<br />
KiGa "Spielinsel" Dünsen<br />
25 / 15<br />
vorm. / nachm.<br />
25 / 15<br />
vorm. / nachm.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 42<br />
37<br />
38<br />
Vormittagsplätze und<br />
Spielgruppe am Nachmittag<br />
(2x 3 Std. wöchentl.)<br />
Vormittagsplätze und<br />
Spielgruppe am Nachmittag<br />
(2x 3 Std. wöchentl.)<br />
KiGa "Luftikus" Groß Ippener 25 25 Vormittagsplätze<br />
KiGa "Kasperburg" Kirchseelte<br />
18 / 15<br />
vorm. / nachm.<br />
DRK-KiGa Harpstedt 173 162<br />
32<br />
Vormittagsplätze, Integrationsplätze und<br />
Spielgruppe am Nachmittag<br />
(2x 3 Std. wöchentl.)<br />
Vormittags-, Integrations-<br />
und Nachmittagsplätze<br />
Freinet Kindertagesstätte (Zentrum) Prinzhöfte 23 23 Vormittagsplätze<br />
Wald-KiGa des BUND Harpstedt 30 30 Vormittagsplätze<br />
Abb. 68: Kindergärten und -tagesstätten in der SG Harpstedt<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es<br />
<strong>Oldenburg</strong> 2007und der SG Harpstedt)<br />
Nach der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> waren zum<br />
01.08.2007 389 Plätze in Betreuungseinrichtungen der SG Harpstedt vorhanden. Der<br />
Betreuungsbedarf 6 lag bei 350 Plätzen, so dass eine Versorgungsquote von 111% bestand.<br />
Freie Kapazitäten bestanden sowohl bei Vormittags- als auch bei Nachmittagsplätzen.<br />
Nach Aussage der Vertreter der Samtgemeinde ist der Rückgang der Geburten<br />
6<br />
Platzbedarf für: 75 % der dreijährigen Kinder, 90 % der vierjährigen Kinder, 90 % der fünfjährigen<br />
Kinder und 50 % der sechsjährigen Kinder
und somit der Kinderzahlen besonders im Flecken Harpstedt spürbar. Trotz des Rückgangs<br />
seien jedoch aktuell keine Kindergartenstandorte gefährdet. Die Auslastungsrückgänge<br />
in Beckeln könnten beispielsweise, nach Einschätzung der Samtgemeindevertreter,<br />
durch Verlagerung von Integrationsgruppen aus Harpstedt in die Gemeinde zunächst<br />
kompensiert werden.<br />
Die Prognosen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> für die nächsten drei Kindergartenjahre zeigen,<br />
dass die Anzahl der Kinder mit Anspruch auf einen Kindergartenplatz deutlich und<br />
kontinuierlich abnehmen wird (vgl. Abb. 69). Darüber hinaus zeigt die Abbildung, dass<br />
das Hoch der Kinderzahlen um das Jahr 2003 lag, der höchste Bedarf an Betreuungsplätzen<br />
dagegen bereits Ende der 1990er Jahre verzeichnet wurde.<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
3-6-Jährige<br />
Platzbedarf in Betreuungseinrichtungen<br />
1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11<br />
Abb. 69: Entwicklung der Kinderzahlen (3-6 Jahre) sowie des Bedarfs an Betreuungsplätzen<br />
in der SG Harpstedt 1995/96-2007/08 mit Prognose bis 2011<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Oldenburg</strong> 2007)<br />
Schon in den kommenden Jahren ist v.a. aufgrund der stark rückläufigen Geburtenzahlen<br />
mit einem weiteren deutlichen Rückgang der Nachfrage nach Kindergartenplätzen zu<br />
rechnen. Die aktuellen Kindergarten-Jahrgänge lassen sich näherungsweise über die<br />
Geburtsjahrgänge 2002 – 2004 erfassen. In diesem Zeitraum sind in der SG Harpstedt<br />
noch 314 Kinder geboren worden. Die jüngsten drei Geburtsjahrgänge fallen bereits um<br />
etwa 13% niedriger aus, und diese Entwicklung dürfte sich weiter fortsetzen. Gerade die<br />
nachrückenden potenziellen Elternjahrgänge 7 fallen in der SG Harpstedt außerordentlich<br />
schwach aus, zudem verliert die Samtgemeinde zunehmend Menschen aus der betreffenden<br />
Altersklasse v.a. an die benachbarten Städte.<br />
Um Aussagen darüber zu treffen, welche Standorte möglicherweise besonders von Überkapazitäten<br />
betroffen sein werden, ist in den folgenden beiden Grafiken zum einen aufgeführt,<br />
wie sich die Geburten nach Einzugsbereichen der Kindergärten in den letzten fünf<br />
Jahren entwickelt haben (vgl. Abb. 70) und zum anderen wie sich der Bedarf an Betreuungsplätzen<br />
an den einzelnen Standorten zukünftig entwickeln dürfte (vgl. Abb. 71).<br />
7 Etwa 50 % aller Kinder sind im Jahr 2006 in Niedersachsen von Frauen im Alter von 26 bis 33<br />
Jahren geboren worden (Quelle: NLS 2006, Natürliche Bevölkerungsbewegung).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 43
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Beckeln Colnrade Dünsen Groß Ippener DRK KiGa (Harpstedt, Prinzhöfte, Winkelsett) Kirchseelte<br />
2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 70: Entwicklung der Geburtenzahlen nach Einzugsbereichen der Kindergärten<br />
der SG Harpstedt 2002-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Samtgemeinde Harpstedt, November 2007)<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Bedarf 2008/2009<br />
Bedarf 2009/2010<br />
Bedarf 2010/2001<br />
18<br />
23<br />
23<br />
33<br />
26<br />
30<br />
28<br />
33<br />
25<br />
Beckeln Colnrade Dünsen Gr. Ippener Kirchseelte DRK<br />
Abb. 71: Kindergartenbedarfsplanung 8 der SG Harpstedt bis 2010/2011<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Samtgemeinde Harpstedt, November 2007)<br />
Anhand der Abb. 70 wird - neben dem Geburtenrückgang insgesamt - deutlich, dass die<br />
Einrichtungen in den Mitgliedsgemeinden Harpstedt und Groß Ippener bisher am deutlichsten<br />
vom Rückgang der Geburten betroffen sind. Aber auch in den übrigen Einzugsbereichen<br />
ist ein leicht negativer Trend erkennbar. Auch Abb. 71 zeigt, dass in den<br />
Betreuungseinrichtungen in Groß Ippener und Kirchseelte sowie im DRK-Kindergarten in<br />
Harpstedt in den nächsten drei Kindergartenjahren der Bedarf an Betreuungsplätzen<br />
kontinuierlich zurückgehen dürfte.<br />
Die Nachfrage nach Plätzen in Kinderbetreuungseinrichtungen hängt neben der Zahl der<br />
Geburten bspw. auch von der Zahl der zuziehenden Kinder ab. Das größte Wanderungsplus<br />
von Kindern bis sechs Jahren verzeichnete die Samtgemeinde jedoch in den 1990er<br />
Jahren. In der jüngsten Vergangenheit stieg der Wanderungssaldo dann noch einmal<br />
kurzzeitig leicht an (Datenbasis NLS, Bevölkerungsfortschreibung). Zukünftig dürften die<br />
8 Berücksichtigt wurden alle 3-5-jährigen Kinder. Für die Einrichtungen Zentrum Prinzhöfte und<br />
Waldkindergarten sind keine Prognosen durchgeführt worden.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 44<br />
24<br />
20<br />
13<br />
31<br />
27<br />
21<br />
182<br />
170<br />
138
Zuzüge aber aufgrund der allgemeinen Strukturveränderungen (weniger Familien und<br />
weniger Kinder; zudem weniger Zuzüge in ländliche suburbane Gemeinden) auf niedrigem<br />
Niveau verharren.<br />
Auslastungsrückgänge können zukünftig zunächst qualitativ genutzt werden. Die hohen<br />
Anpassungsbedarfe im Bereich der Krippenplätze eröffnen bspw. Handlungsspielräume<br />
in diesem Bereich (1 Krippenplatz entspricht u.a. aufgrund des höheren Betreuungsschlüssels<br />
in der Bedarfsplanung 2 Kindergartenplätzen, daraus resultieren geringere<br />
Gruppenstärken). Aber auch das zusätzliche Angebot an Betreuungsmöglichkeiten bspw.<br />
für Schulkinder spielt eine große Rolle und wird im Flecken Harpstedt bereits als „Betreuung<br />
nach der Schule“ angeboten. Der DRK-Kindergarten bietet z.B. einen Feriendienst<br />
an und über den <strong>Landkreis</strong> können Tagesmütter vermittelt werden. Ein vielfältiges und<br />
flexibles Betreuungsangebot wird zukünftig an Bedeutung gewinnen – auch vor dem Hintergrund<br />
der Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Daher dürfte auch der Stellenwert der<br />
Zusammenarbeit von Schulen und Kindergärten wachsen.<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen<br />
Die Samtgemeinde Harpstedt verfügt über zwei Grundschulen (Harpstedt und Dünsen)<br />
sowie eine Haupt- und Realschule (Harpstedt).<br />
Einrichtung<br />
Schülerzahl<br />
(Sep. 2007) Zügigkeit<br />
GS Dünsen 58 einzügig<br />
GS Harpstedt 370 vierzügig<br />
Schulkindergarten/ Förderklasse 13<br />
Hauptschule Harpstedt 138 ein- und zweizügig<br />
Realschule Harpstedt 332 zwei- und dreizügig<br />
Abb. 72: Schulen in der SG Harpstedt<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Angaben der SG Harpstedt, November 2007)<br />
Die Schülerzahlen insgesamt nehmen seit etwa sechs Jahren deutlich und kontinuierlich<br />
ab. In den Jahren 2001 und 2002 ist ein Hoch der Schülerzahl erkennbar. Im Vergleich<br />
zu diesen bisherigen Höchstwerten, ist die Zahl der Harpstedter Schüler bis zum Jahr<br />
2007 um etwa 23% zurückgegangen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 45
1.200<br />
1.150<br />
1.100<br />
1.050<br />
1.000<br />
950<br />
900<br />
850<br />
800<br />
750<br />
700<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 73: Entwicklung der Schülerzahl insgesamt 1997-2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Samtgemeinde Harpstedt, November 2007)<br />
Grundschulen<br />
Aufgrund der zukünftig vermutlich deutlich zurückgehenden Schülerzahlen dürften<br />
beide Grundschulstandorte mittelfristig Anpassungen leisten müssen.<br />
Ein Blick auf die Entwicklung der Schülerzahlen der Grundschulen (Abb. 74) zeigt, dass<br />
seit dem Jahr 2001 immer weniger Schüler die Grundschule in Harpstedt besuchen. Im<br />
Vergleich zwischen dem Jahr 1997 und 2007 beträgt der Rückgang bereits 16%. An der<br />
wesentlich kleineren Grundschule Dünsen ist die Entwicklung aufgrund der niedrigeren<br />
Schülerzahl sehr „sprunghaft“ verlaufen, der Rückgang der Schülerzahl zwischen 1997<br />
und 2007 ist jedoch ähnlich stark (vgl. Abb. 74).<br />
Die rückläufige Auslastung hat sich in Harpstedt bereits in der Reduzierung der Zügigkeit<br />
niedergeschlagen und auch in Dünsen deuten sich Anpassungsnotwendigkeiten an. Hier<br />
könnten jahrgangsübergreifende Beschulungen zum Tragen kommen. Auch die Nutzung<br />
freier Klassenräume als Projekträume ist nach Aussage der Samtgemeinde möglich.<br />
Neben der Grundschule Harpstedt ist der Standort der Grundschule Dünsen politisch<br />
ausdrücklich gewollt.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 46
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
75<br />
70<br />
GS Dünsen GS Harpstedt<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 74: Entwicklung der Zahl der Grundschüler in der SG Harpstedt 1997-2006<br />
Index: 1997=100<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Samtgemeinde Harpstedt; Dezember 2007)<br />
Auch die aktuellen Meldeamtsdaten und die Geburtenentwicklungen deuten auf einen<br />
mittel- bis langfristig weiterhin deutlichen Rückgang der Schülerzahlen hin. Geburtenstarke<br />
Jahrgänge reichen etwa bis zum Jahr 2004, danach nimmt die Zahl der Geburten<br />
kontinuierlich ab. Daher könnten nach den Prognosen der Samtgemeinde auch die Einschulungen<br />
besonders ab dem Jahr 2012/2013 um bis zu 60% gegenüber den aktuellen<br />
Zahlen zurückgehen (vgl. Abb. 75).<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
GS Harpstedt und GS Dünsen<br />
2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />
Abb. 75: Prognose der Einschulungen an den Grundschulen der SG Harpstedt<br />
2008 bis 2013<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Samtgemeinde Harpstedt; Juni 2008)<br />
Möglichkeiten die Auslastungsrückgänge der Grundschulen sinnvoll zu nutzen,<br />
liegen beispielsweise in qualitativen Angebotserweiterungen (z.B. Projekte, Hortbetreuung,<br />
etc.) oder Kooperationen mit anderen kinderaffinen oder sozialen Einrichtungen<br />
und Anbietern.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 47
Weiterführende Schulen<br />
Die mit Abstand höchsten Schülerzahlen an den weiterführenden Schulen wurden insgesamt<br />
in den Jahren 2002/2003 erreicht. Seitdem geht die Zahl der Schüler kontinuierlich<br />
zurück. Nach der Abschaffung der Orientierungsstufe verzeichneten die beiden Schulzweige<br />
zwar größere Schülerzahlen, sie nehmen jedoch sowohl an der Haupt- als auch<br />
an der Realschule seit dem Jahr 2005 bzw. 2006 leicht ab.<br />
Aufgrund der bis etwa 2004 noch verhältnismäßig hohen Anzahl an Geburten dürfte der<br />
ausgeprägteste Rückgang nachrückender Schüler die weiterführenden Schulen jedoch<br />
erst zeitversetzt gegenüber den Grundschulen etwa ab dem Jahr 2015 treffen.<br />
Ein großer Vorteil der Haupt- und Realschule Harpstedt liegt darin, dass sich beide<br />
Schulformen bspw. das Gebäude teilen und bezüglich des Lehrpersonals kooperieren.<br />
Dies bedeutet gerade auch im Hinblick auf die rückläufigen Schülerzahlen, dass Auslastungsrückgänge<br />
besser aufgefangen und sinnvolle Synergieeffekte genutzt werden können.<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Hauptschule Realschule Orientierungsstufe<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 76: Entwicklung der Schülerzahlen am Schulzentrum Harpstedt nach<br />
Schulzweigen 1997-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Datenbasis Samtgemeinde Harpstedt, Dezember 2007)<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur<br />
Die Samtgemeinde Harpstedt verfügt im regionalen Vergleich über überdurchschnittlich<br />
viele Plätze in Alten- und Pflegeheimen, was sich u.a. auch in besonders hohen Bevölkerungsanteilen<br />
hochbetagter Menschen widerspiegelt. Die Anzahl wie auch der Anteil an<br />
Senioren und Hochbetagten wird in den kommenden Jahren zudem weiter ansteigen,<br />
denn es rücken stark vertretene Geburtsjahrgänge in das Seniorenalter vor. Somit dürften<br />
auch die Anforderungen an eine seniorengerechte Infrastruktur größer werden.<br />
Künftige Senioren und Hochbetagte in der Samtgemeinde Harpstedt werden vermehrt<br />
ehemals aus Delmenhorst und Bremen Zugezogene sein – mit potenziell<br />
höheren Anforderungen an eine seniorengerechte Infrastruktur und einer größeren<br />
Wahrscheinlichkeit, im fortgeschrittenen Alter in die Stadt zurückzukehren.<br />
Die Anteile an Senioren haben in den letzten Jahren in fast allen Mitgliedsgemeinden<br />
zugenommen – wenn auch unterschiedlich stark (Ausnahme: Colnrade). Besonders aus-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 48
geprägt ist die Zunahme in den Gemeinden Kirchseelte und Winkelsett. Aber auch im<br />
Flecken Harpstedt und der Gemeinde Beckeln haben die Anteile deutlich zugenommen<br />
(vgl. Abb. 77).<br />
SG Harpstedt<br />
Beckeln<br />
Colnrade<br />
Dünsen<br />
Groß Ippener<br />
Flecken Harpstedt<br />
Kirchseelte<br />
Prinzhöfte<br />
Winkelsett<br />
14,7%<br />
16,0%<br />
18,7%<br />
20,4%<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30% 35%<br />
Abb. 77: Anteil der Senioren ab dem 60. Lebensjahr in den Mitgliedsgemeinden<br />
1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Samtgemeinde Harpstedt, 2007)<br />
Die Bevölkerungsgruppen der älteren und alten Menschen nehmen in der Samtgemeinde<br />
immer größere Anteile an der Gesamtbevölkerung ein. Auch die Nachfrage<br />
nach Wohn- und Pflegeheimen sowie alternativen Wohnformen dürfte somit zukünftig<br />
in der SG Harpstedt ansteigen.<br />
In der Samtgemeinde Harpstedt befinden sich vier Altenwohn- und Pflegeheime mit insgesamt<br />
227 Plätzen. Die Samtgemeinde ist im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> daher die Kommune<br />
mit den meisten Plätzen pro 1000 ab 60-Jährige – noch vor der Kreisstadt Wildeshausen.<br />
Auch alternative Wohnmöglichkeiten für ältere und alte Menschen wie beispielsweise<br />
Betreutes Wohnen oder Altenwohnungen existieren in der Samtgemeinde.<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
79<br />
70<br />
49<br />
39<br />
18,7%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 49<br />
20,3%<br />
19,8%<br />
19,7%<br />
20,7%<br />
22,0%<br />
22,0%<br />
25 24<br />
23,6%<br />
25,5%<br />
25,6%<br />
26,2%<br />
26,5%<br />
29,5%<br />
30,3%<br />
2006<br />
1990<br />
18 17<br />
SG Harpstedt Wildeshausen Ganderkesee Hatten Wardenburg Hude Dötlingen Großenkneten<br />
Abb. 78: Anzahl der Plätze in Altenwohn- und Pflegeheimen<br />
pro 1000 ab 60-Jährige im Jahr 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>, 2007)
Abb. 79: Pflegeheim und Betreutes Wohnen in Harpstedt<br />
(Quelle: FORUM GmbH, November 2007)<br />
Viele ältere und alte Menschen bleiben in ihren angestammten Eigenheimen wohnen,<br />
so dass die Nachfrage nach mobilen Pflege- und Hilfsdiensten stark zunehmen<br />
dürfte.<br />
Aufgrund der ländlichen Strukturen der SG Harpstedt, war und ist es in vielen Fällen die<br />
Familie, die sich um die Versorgung und Pflege der älteren und alten Menschen kümmert.<br />
Zudem bleiben viele Senioren in ihren angestammten Immobilien wohnen. Dies<br />
führt dazu, dass mobile Pflege- und Hilfsdienste an Bedeutung gewinnen, um die Familie<br />
zu unterstützen oder zu ersetzen. Die steigende Zahl der älteren Bewohner der Samtgemeinde<br />
verdeutlicht die Bedeutung derartiger Einrichtungen und Organisationen. Da auch<br />
die „Hilfe zur Selbsthilfe“ eine bedeutende Rolle spielt, kann die Einrichtung eines Netzwerkes<br />
zwischen verschiedenen Hilfsdiensten den Senioren die Organisation ihres Alltags<br />
erleichtern. So könnte ein „Pflegestützpunkt“ oder ein Anlaufstelle in der Samtgemeinde<br />
bei der Vermittlung von Pflegepersonal, Haushaltshilfen, etc. unterstützend und<br />
beratend tätig sein.<br />
Seniorenbezogene Initiativen und Aktionen sind wichtig, um das tägliche Leben<br />
der älteren und alten Menschen einfacher und attraktiver zu gestalten. Besonders<br />
im Bereich der Mobilität existiert in der SG Harpstedt Optimierungsbedarf.<br />
Seit einigen Jahren existiert in der Samtgemeinde ein Seniorenbeirat, der quasi einen<br />
Zusammenschluss der ansässigen seniorenbezogenen Vereine darstellt. Bei speziellen<br />
Anliegen nimmt der Beirat auch Kontakt mit der Verwaltung/ Politik auf. Die durchgeführten<br />
Tätigkeiten beschränken sich auf die Vereine. Kürzlich wurde bspw. ein Seminar für<br />
ältere Pkw-Fahrer organisiert (Verkehrsunterricht, Fahrpraxis, etc.), da viele Menschen<br />
auf den Pkw angewiesen sind. Gerade im Bereich der Mobilität besteht in der Samtgemeinde<br />
Handlungsbedarf, da das ÖPNV-Angebot und die Versorgungssituation nach<br />
Aussage des Seniorenbeirates nur noch im Flecken Harpstedt ausreichend sind. Einen<br />
guten Ansatz stellt daher die Möglichkeit dar, den Schulbus aus den übrigen Mitgliedsgemeinden<br />
als Verbindung nach Harpstedt nutzen zu können. Problematisch ist hierbei<br />
jedoch, dass das Angebot nicht an Wochenenden und in den Schulferien zur Verfügung<br />
steht.<br />
Bezüglich des Umzugsverhaltens älterer Menschen ist nach Einschätzung des Seniorenbeirates<br />
ein Trend spürbar, dass immer mehr Senioren aus dem übrigen Samtgemeindegebiet<br />
in den Flecken Harpstedt ziehen – weniger in die benachbarten Städte. Ausreichend<br />
Wohnangebot sei in Harpstedt für diese Bevölkerungsgruppe vorhanden.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 50
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen<br />
Die Samtgemeinde Harpstedt befindet sich bereits im demografischen Umbruch – diese<br />
Folgerung lässt sich aus den vorangegangenen Analysen dieser Fallstudie ziehen. Schon<br />
heute lassen die Bevölkerungsstruktur und -entwicklung in der SG Harpstedt weit reichende<br />
Herausforderungen erkennen, eröffnen aber auch neue Potenziale für die zukünftige<br />
Entwicklung der Samtgemeinde:<br />
� Klärung des künftigen Leitbilds der Samtgemeinde Harpstedt: Wie soll sich die<br />
Samtgemeinde in den kommenden Jahren entwickeln, welches Leitbild führt die SG<br />
Harpstedt durch den demografischen Wandel? Ein querschnittsorientierter Prozess<br />
unter Beteiligung von Bürgern, Politik und Verwaltung könnte für den demografischen<br />
Wandel und seine Herausforderungen sensibilisieren und helfen Potenziale zu entwickeln;<br />
� Systematische und kontinuierliche Beobachtung der Bevölkerungsentwicklung<br />
sowie des Grundstücks- und Immobilienmarktes, um möglichst passgenaue Infrastrukturplanungen<br />
zu ermöglichen.<br />
� Daraus resultiert: Anpassung des Wohnungs- und Immobilienmarkts an sich<br />
verändernde Wohnanforderungen der (alternden) Gesellschaft. Bereits heute sind<br />
deutliche Nachfrageverschiebungen spürbar.<br />
� Die landschaftlich attraktive Lage in der Wildeshauser Geest und die Bedeutung als<br />
staatlich anerkannter Erholungsort als weiche Standortvorteile nutzen: zur strategischen<br />
aber behutsamen Weiterentwicklung des Wohnstandortes.<br />
� Qualitative Weiterentwicklung des Bestandes (sowohl im Hinblick auf die Bevölkerung,<br />
als auch auf den Grundstücks- und Immobilienmarkt): Es wird zunehmend darauf<br />
ankommen, sowohl die junge als auch die ältere Bevölkerung in der Samtgemeinde<br />
zu halten. Bezüglich der Immobilien sollte eine mögliche Abwärtsspirale bei<br />
den Altimmobilien verhindert werden – auch wenn diese Problematik derzeit noch<br />
nicht akut ist, sollte die Entwicklung des Bestandsimmobilienmarktes beobachtet werden.<br />
� Realistische und nachhaltige Organisations- und Standortstrukturen der sozialen<br />
Infrastruktur entwickeln; so werden v.a. die sinkenden Kinderzahlen vermutlich Anpassungsleistungen<br />
der Kindergärten und Schulen erfordern.<br />
� Einstellung auf das sich in den kommenden Jahrzehnten kontinuierlich fortsetzende<br />
Wachstum der Bevölkerungsgruppe der Senioren und Hochbetagte: Mit dieser Entwicklung<br />
gehen veränderte Anforderungen (Wohnen, Versorgung, Mobilität, Pflege)<br />
einher.<br />
� Nutzung der Potenziale der Samtgemeinde vor allem in der Bevölkerungsgruppe der<br />
Senioren - beispielsweise im Bereich des ehrenamtlichen /bürgerschaftlichen Engagements.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 51
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung<br />
Die Fallstudie hat deutlich aufgezeigt, dass sich die demografische Ausgangslage für die<br />
Entwicklung der Samtgemeinde Harpstedt in den vergangenen Jahren eindeutig verändert<br />
hat. Besonders bei den Wanderungsverflechtungen hat ein stark ausgeprägter Strukturbruch<br />
stattgefunden, immer weniger Familien(-gründer) aus Bremen und Delmenhorst<br />
zieht es in die Samtgemeinde Harpstedt. Die seit den 1990er Jahren und bis in die jüngste<br />
Vergangenheit scheinbar erfolgreichen Konzepte und Strategien sind daher nicht ohne<br />
weiteres dazu geeignet, als Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung der Samtgemeinde<br />
im 21. Jahrhundert zu dienen.<br />
Die Relevanz dieses Befunds sollte zum Anlass genommen werden, alle künftigen<br />
(Samt-)Gemeindeplanungen und -entwicklungen auf ihre Demografieverträglichkeit<br />
zu überprüfen. Durch Leitprojekte könnte in der Verwaltung, aber auch in der lokalen<br />
Wirtschaft und in der Bevölkerung ein Bewusstsein für die Herausforderungen und Chancen<br />
der SG Harpstedt im demografischen Wandel entwickelt werden. Als hilfreich könnte<br />
sich dabei die beteiligungsorientierte Entwicklung eines neuen, angepassten und stimmigen<br />
kommunalen Leitbildes der Samtgemeinde im demografischen Wandel erweisen.<br />
Durch aktuelle Beschlüsse für einen Leitbildprozess im Flecken Harpstedt sind bereits<br />
erste Schritte in diese Richtung unternommen worden.<br />
Da die Mitgliedsgemeinden der Samtgemeinde größtenteils sehr unterschiedliche Strukturen<br />
aufweisen, gilt es die einzelnen Profilanforderungen der Mitgliedsgemeinden herauszuarbeiten<br />
und unter einem gemeinsamen Oberthema zu bündeln. Aufgrund der<br />
landschaftlichen Reize der Samtgemeinde bietet sich beispielsweise das Oberthema<br />
„Landschaft – Natur – Naherholung“ für einen Leitbildprozess an. Unter dem Schwerpunkt<br />
„Tourismus“ können dann z.B. einzelne Standortfaktoren der Mitgliedsgemeinden<br />
hervorgehoben werden (z.B. Flusstourismus an der Hunte in Colnrade).<br />
6.2 Verbesserung der Informationsgrundlagen<br />
Angesichts der markanten Auswirkungen der demografischen Umbrüche erscheint es<br />
ratsam, ein systematisches Demografie-Monitoring für die Samtgemeinde Harpstedt zu<br />
entwickeln und zu implementieren. Ziel dieses Monitoring-Systems sollte es sein, kontinuierlich<br />
die kleinräumigen Veränderungsprozesse der wesentlichen, demografisch relevanten<br />
Aspekte verfolgen zu können, um in der Lage zu sein, regelmäßig und rechtzeitig<br />
die kommunalen Entwicklungsstrategien und -planungen anpassen zu können. Hierzu<br />
wäre es sinnvoll die gesammelten Daten z.B. bei den einzelnen Gemeindebürgermeistern<br />
zu bündeln, die diese dann wiederum an ihre Ratsmitglieder weiterleiten. Viele der<br />
benötigten Daten liegen der Samtgemeinde ohnehin vor bzw. können mit vertretbarem<br />
Aufwand ermittelt werden und bedürfen lediglich einer systematischen Zusammenführung.<br />
In diesem Zusammenhang ist es jedoch von Bedeutung bei den Auswertungen<br />
gezielt und bedarfsgerecht vorzugehen. Anlass könnte z.B. ein im jährlichen Turnus zu<br />
erstellender Demografiebericht sein. Einbezogen werden sollten insbesondere folgende<br />
Informationen im Idealfall auf Ortsteilebene, zumindest aber auf Ebene der Mitgliedsgemeinden:<br />
� Bevölkerungsentwicklung,<br />
� Zu- und Fortzüge nach Altersgruppen und Wanderungszielen bzw. -herkunft,<br />
� Schülerzahlen nach Schulzweigen,<br />
� Kindergarten- und Krippenkinder (inkl. Quoten, Auslastungen und Nachfrage),<br />
� hilfebedürftige Senioren,<br />
� Bauland- und Immobilienumsatz,<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 52
� Alleinstehende ältere Menschen,<br />
� Leerstände bei Wohnimmobilien.<br />
Zur Informationsgewinnung ist es empfehlenswert, regelmäßigen Kontakt auch zu den<br />
externen relevanten Akteuren (z.B. ambulante Pflegedienste, Immobilienfachleute) zu<br />
pflegen und beispielsweise einen ein- oder zweimal jährlich stattfindenden Erfahrungsaustausch<br />
mit Marktakteuren zu organisieren, um deren aktuelle Marktkenntnisse unmittelbar<br />
in die Weiterentwicklung kommunalpolitischer Strategien einfließen lassen zu<br />
können. Empfohlen wird auch ein regelmäßiger Austausch mit benachbarten Kommunen,<br />
z.B. auf Ebene des <strong>Landkreis</strong>es, des Kommunalverbundes oder der Metropolregion.<br />
6.3 Handlungsoptionen für Zielgruppen<br />
Junge Erwachsene in der Samtgemeinde Harpstedt halten: Die Altersgruppe der 20- bis<br />
29-Jährigen ist zwischen 1990 (Boomphase der Bevölkerungsentwicklung) und 2006<br />
erheblich geschrumpft: und zwar um über ein Drittel! Dies ist zum einen im demografischen<br />
Aufbau der Bevölkerung in der Region und Deutschland begründet (die auf den<br />
Babyboom der 1960er Jahrgänge folgenden Altersgruppen fallen deutlich geringer aus).<br />
Zum anderen besitzt die Samtgemeinde aber derzeit auch durch steigende Fortzüge und<br />
sinkende Zuzüge ein deutliches Wanderungsdefizit in dieser Altersgruppe. Dies ist umso<br />
problematischer, als dass die jungen Erwachsenen für die künftige Dynamik der Samtgemeindeentwicklung<br />
eine große Bedeutung besitzen.<br />
0-9-Jährige<br />
10-19-Jährige<br />
20-29-Jährige<br />
40-49-Jährige<br />
über 70-Jährige<br />
-39%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 53<br />
7%<br />
-60% -40% -20% 0% 20% 40% 60% 80%<br />
Abb. 80: Prozentuale Entwicklung der Altersgruppen in der SG Harpstedt<br />
1990 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Junge Erwachsene stellen potenzielle Familiengründer dar und fungieren zudem generell<br />
als Impulsgeber für den lokalen Arbeitsmarkt sowie für eine zukunftsfähige, lebendige<br />
und lebenswerte Gemeinde. Aus diesen Gründen sollten die Jugendlichen und jungen<br />
Erwachsenen noch stärker in den Fokus der Aufmerksamkeit rücken. Ansätze könnten<br />
z.B. auf der einen Seite in der Schaffung von zusätzlichen Treffpunkten oder Möglichkeiten<br />
der Freizeitgestaltung liegen. Auf der anderen Seiten gilt es jedoch auch, die jungen<br />
Erwachsenen durch Ausbildungs- und später Arbeitsplätze in der Samtgemeinde bzw. im<br />
27%<br />
52%<br />
71%
<strong>Landkreis</strong> zu halten. Ein Gutes Beispiel stellt in diesem Zusammenhang die „Ausbildungsplatz-Datenbank“<br />
für die Samtgemeinde Harpstedt dar, die in die Homepage der<br />
Kommune integriert ist. Eine weitere Möglichkeit, das lokale Ausbildungsplatzangebot zu<br />
verbessern oder den Jugendlichen „näher zu bringen“, ist die Zusammenarbeit zwischen<br />
Schulen und Unternehmen (Informationen über Berufsbilder und Ausbildungsplätze oder<br />
Durchführung kleinerer kooperativer (Forschungs-)Projekte). Eine derartige Zusammenarbeit<br />
wird an der Haupt- und Realschule Harpstedt bereits seit einigen Jahren über berufsorientierende<br />
Maßnahmen praktiziert. So wird beispielsweise ein Bewerbungstraining<br />
in Kooperation mit lokalen Unternehmen angeboten. Des Weiteren bestehen Kooperationen<br />
zur Durchführung von Praxistagen, Praktika und Projekten. Der Bereich des Übergangs<br />
von der Schule zum Beruf wird zudem über die Hauptschulprofilierung verstärkt<br />
wahrgenommen und weiter ausgebaut. Ein wesentliches Ziel ist hierbei, eine tragfähige<br />
berufliche Orientierung der Schüler zu erreichen (z.B. durch Bewerbungstrainings, das<br />
Herstellen von Kontakten zu Ausbildungsbetrieben oder das Vorstellen verschiedener<br />
Berufe durch Einladung von Firmen in die Schule). Neben den Lehrern ist v.a. eine Sozialpädagogin<br />
für die Profilierung der Hauptschule in diesem Bereich zuständig.<br />
Die Jugendpflege in der Samtgemeinde funktioniert bereits sehr gut. Für die Zukunft gilt<br />
es, die Jugendarbeit vor Ort zu sichern (z.B. durch Vereine oder die Feuerwehr). Die<br />
Jugendlichen werden hier z.T. bereits ehrenamtlich tätig und zudem durch ihre Tätigkeit<br />
an die (Samt)Gemeinde gebunden. Hilfreich wäre beispielsweise auch die weitere Einbindung<br />
der jungen Menschen in verantwortliche Positionen der örtlichen Netzwerke. Ein<br />
Jugendparlament mit und für junge Erwachsene könnte beispielsweise zusätzlich die<br />
aktive Mitgestaltung dieser Bevölkerungsgruppe in der Samtgemeinde stärken.<br />
Darüber hinaus sollte auch bei Ausbildungsabwanderern, also den jungen Menschen,<br />
die die SG Harpstedt verlassen, um andernorts einen Ausbildungs- oder Studienplatz<br />
anzutreten, nach Möglichkeiten gesucht werden, den Kontakt zur ‚alten Heimat’ zu halten<br />
und auf diese Weise die Chance für eine spätere Rückkehr zu erhöhen. Denkbar wären<br />
z.B. Unterstützungsangebote bei der Organisation von Klassentreffen oder der regelmäßige<br />
Versand von geeigneten Medien (E-Mail-Newsletter, sonstige Publikationen) mit<br />
interessanten Informationen für diese Altersgruppe. Voraussetzung hierfür wäre die systematische<br />
Sammlung bzw. Aufbereitung von Anschriften und E-Mail- Adressen. Auch<br />
eignen sich besondere lokale oder jährliche Ereignisse/Festivitäten, die üblicherweise<br />
viele fortgezogene junge Menschen mit ihren Familien und/oder Freunden in der Heimat<br />
verleben (Feiertage, Schützenfest) für besondere Werbeaktionen (z.B. Haushalts-<br />
Wurfsendungen, Infostände, -veranstaltungen usw.).<br />
Ein Blick auf die derzeitigen Altersstrukturen der Samtgemeinde verdeutlicht, dass zusätzliche<br />
Nachfrageimpulse künftig auch von der Altersgruppe 50+ ausgehen werden.<br />
Schon heute werden im Flecken Harpstedt Zuzüge von älteren Menschen aus den übrigen<br />
Mitgliedsgemeinden registriert. Sowohl attraktive, kleinere (und günstige) Bestandsimmobilien<br />
in bevorzugter Lage, aber auch besondere Neubaustandorte sowie Betreutes<br />
Wohnen bieten sich für diese Zielgruppe an. Umfangreiche Zuzüge der Altersgruppe 50+<br />
aus den umliegenden Städten zu generieren dürfte zwar schwierig sein, da sowohl die<br />
Anbindung an den ÖPNV als auch eine umfassende ärztliche Versorgung und kulturelle<br />
Angebote in der Samtgemeinde kaum vorhanden sind. Jedoch könnte man gezielt diejenigen<br />
ansprechen, für die der Wohnstandort Harpstedt attraktiv ist. Möglich wäre es z.B.<br />
bei Sehenswürdigkeiten und Ausflugszielen im Samtgemeindegebiet für den Wohnstandort<br />
Harpstedt zu werben. Wichtig ist hierbei jedoch eine dezente und nicht aufdringliche<br />
Ansprache der Besucher, da diese die Orte meist zur Erholung und Entspannung aufsuchen.<br />
Die Konzentration auf die Bedürfnisse der bereits in der Samtgemeinde lebenden<br />
Menschen dürfte daher eine bedeutendere Rolle spielen, als die Generierung neuer Zuzüge.<br />
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen darüber hinaus, dass sich der Immobilienmarkt<br />
für junge Familien stark gewandelt hat: Der Zuzug aus den Zentren Delmenhorst und<br />
Bremen nimmt deutlich ab zudem lässt die Nachfrage auch aus der Samtgemeinde<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 54
selbst v.a. im Bereich des Neubaus deutlich nach. Die Samtgemeinde Harpstedt sollte<br />
daher nach Möglichkeiten suchen, Familien mit Bereitschaft zur Eigentumsbildung bei der<br />
Realisierung ihrer Wünsche zu unterstützen. Denkbar wären beispielsweise regelmäßige<br />
Informationsveranstaltungen in Kooperation mit der Immobilienwirtschaft, wobei auch<br />
Bestandsimmobilien einen Schwerpunkt bilden könnten. Auch Konzepte des kostengünstigen<br />
Wohnungsbaus könnten ein Thema darstellen, da in vielen Fällen nach Auffassung<br />
der Immobilienexperten auch fehlende finanzielle Leistungsfähigkeit durch restriktivere<br />
Kreditvergabe und den Wegfall der Eigenheimzulage zu einer Abkehr vom Neubau führt.<br />
Angesichts mittel- bis langfristig deutlich sinkender Nachfrage nach Wohnflächen in<br />
Deutschland sollten jedoch gleichzeitig qualitativ hochwertige Ansätze, möglichst auch<br />
flexible, an sich verändernde Wohnanforderungen anpassbare Immobilien beim Neubau<br />
im Mittelpunkt stehen. Die Ausweisung weiteren Baulands sollten angesichts der äußerst<br />
entspannten Nachfragesituation auf absehbare Zeit nur sehr zurückhaltend, d.h. an geeigneten<br />
Standorten und in verträglichen Dimensionen vorgenommen werden; Potenzial<br />
für große Baugebiete für junge Familien ist auf längere Sicht derzeit nicht erkennbar.<br />
Zielgruppenspezifische Wohnangebote entwickeln: Der Immobilienmarkt der Samtgemeinde<br />
Harpstedt, speziell der Neubau der vergangenen zehn Jahre wird von Einfamilienhäusern<br />
und Zweifamilienhäusern bestimmt – Wohnprodukte, die sich vornehmlich an<br />
Familien mit Kindern richten. Die Zahl der Haushalte mit drei und mehr Personen wird<br />
jedoch sinken, bei mittelfristig zunächst noch zunehmenden Ein- und Zwei-Personen-<br />
Haushalten (vgl. Abb. 81). Zur Zeit sind bereits zwei Drittel der Haushalte im <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Oldenburg</strong> 1- und 2-Personenhaushalte.<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
-5%<br />
-10%<br />
-15%<br />
-20%<br />
5%<br />
23%<br />
8%<br />
20%<br />
Niedersachsen LK <strong>Oldenburg</strong><br />
-7%<br />
-2%<br />
-13%<br />
-14%<br />
-13%<br />
-15%<br />
1-P-HH 2-P-HH 3-P-HH 4-P-HH 5+-P-HH Haushalte<br />
gesamt<br />
Abb. 81: Haushaltsentwicklung 2005 bis 2020 in %<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Prognosedaten der Wohnungsmarktbeobachtung<br />
2006 der Niedersächsischen Landestreuhandstelle )<br />
Es erscheint daher angebracht, zunächst eventuell testweise neue Wohnprodukte für<br />
spezielle Zielgruppen in der SG Harpstedt zu platzieren: für die bereits angesprochene<br />
Generation 50+, für junge Erwachsene sowie Alleinstehende, beispielsweise kleinere,<br />
eingeschossige Häuser und attraktive Wohnungen in zentraler Lage. In den klassischen<br />
Einfamilienhaus- und Neubaugebieten könnte die derzeitige Nachfrageschwäche möglicherweise<br />
auch dazu genutzt werden, bewusst eine stärkere soziale und altersstrukturelle<br />
Mischung der Gebiete durch spezielle Nischenprodukte zu erreichen. Die (Samt)Gemeinde<br />
hat hier nicht nur über die Bauleitplanung Steuerungsmöglichkeiten, sie wird<br />
künftig auch ihre Rolle als Moderatorin und Initiatorin von Entwicklungen und Prozessen<br />
im Immobilienbereich verstärkt nutzen müssen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 55<br />
1%<br />
10%
6.4 Siedlungsentwicklung<br />
Durch den steigenden Anteil kleiner Haushalte dürften auch in der SG Harpstedt der benötigte<br />
Wohnraum und die Zahl der Wohnungen zunächst noch leicht ansteigen; langfristig<br />
wird die Haushaltszahl aber zurückgehen. Es ist daher ratsam, die kommenden Jahre<br />
zu nutzen, um über die noch notwendigen Wohnbauentwicklungen Arrondierungen vorzunehmen<br />
und nachhaltig tragfähige Siedlungsstrukturen zu schaffen. Die Nachfrage<br />
nach Baugrundstücken konzentriert sich nahezu überall in der Region auf gut angebundene<br />
Standorte mit guter Infrastrukturausstattung. Dieser Trend ist einerseits mit veränderten<br />
ökonomischen Rahmenbedingungen zu erklären (Kürzung Pendlerpauschale,<br />
Abschaffung Eigenheimzulage, gestiegene Kraftstoffpreise, Arbeitsplatzunsicherheit), er<br />
steht aber auch mit einer veränderten demografischen Zusammensetzung der Wohnraum<br />
nachfragenden Menschen (Zunahme Senioren, Generation 50+, Alleinstehende;<br />
deutlicher Rückgang von Familien) im Zusammenhang. Der Innenentwicklung sollte<br />
daher weiter Vorrang gegeben werden.<br />
Auch die Vertreter der SG Harpstedt und ihrer Mitgliedsgemeinden haben weitestgehend<br />
erkannt, dass eine weitere Ausbreitung in die Fläche vermieden werden sollte, um die<br />
vorhandene Infrastruktur besser nutzen zu können. Eine Problematik stellt jedoch die<br />
Tatsache dar, dass die Siedlungsentwicklung Aufgabe der jeweiligen Mitgliedsgemeinde<br />
ist (Planungshoheit) und somit z.T. unterschiedliche Ansätze verfolgt werden. Hier wäre<br />
die Möglichkeit zu prüfen, eine gemeinsame Basis der Siedlungsentwicklung zu finden<br />
(z.B. über ein gemeinsam abgestimmtes Leitbild).<br />
Qualität und Zukunftsfähigkeit im Neubau sichern: Die Samtgemeinde sollte jetzt angesichts<br />
des langfristig zu erwartenden markanten Nachfragerückgangs und veränderter<br />
Bedarfe auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt generell die Zukunftsfähigkeit aller<br />
Projekte der Siedlungsentwicklung kritisch prüfen (‚Demografiecheck’). Dabei sollten<br />
auch die Alterung der Bewohner und damit bspw. die Entwicklungsperspektiven der Versorgungsinfrastruktur<br />
eine Rolle spielen. Zu empfehlen ist darüber hinaus, die Siedlungsentwicklung<br />
künftig kleinteiliger voranzutreiben, z.B. durch die gezielte (Weiter-) Entwicklung<br />
in Baulücken bzw. Brachflächen in zentraler Ortslage oder die Durchmischung und<br />
Aufwertung bestehender Wohngebiete.<br />
Leerstand und Verfall bei Altimmobilien begegnen: Künftig wird es immer mehr von<br />
älteren, alleinstehenden Personen bewohnte Immobilien geben – mit der Folge, dass<br />
Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsrückstände drohen, bei nicht marktfähigen Wohnhäusern<br />
im weiteren Verlauf auch Leerstand. Bisher sind derartige problematische Entwicklungen<br />
zwar erst ganz vereinzelt im Bereich der Wohnimmobilien - vermehrt hingegen<br />
im gewerblichen Immobilienbereich - zu erkennen. Es ist jedoch zu empfehlen, systematisch<br />
und möglichst frühzeitig zu reagieren, um eine Abwärtsspirale der betroffenen<br />
Siedlungsbereiche zu verhindern.<br />
6.5 Anpassung sozialer Infrastruktur<br />
Aufgrund der Veränderung der altersstrukturellen Zusammensetzung der Samtgemeinde<br />
sowie der in den letzten Jahren auftretenden Stagnation der Bevölkerungszahl, ist eine<br />
Anpassung der sozialen Infrastruktur in einigen Bereichen notwendig.<br />
Im Bereich der Kinderbetreuung liegen Optimierungsmöglichkeiten bspw. in der Schaffung<br />
von Krippenplätzen, da es hier zur Zeit noch kein Angebot in der Samtgemeinde<br />
gibt. Zum nächsten Kindergartenjahr (2008/2009) wird jedoch eine Krippengruppe im<br />
Flecken Harpstedt eingerichtet werden. Eine Möglichkeit die Auslastung einer Einrichtung<br />
zu erhöhen besteht in der Einrichtung von Mischgruppen, in denen Kindergarten- und<br />
Krippenkinder gemeinsam betreut werden. Gerade aufgrund der dispersen Siedlungsstruktur<br />
der Samtgemeinde sind mehrere räumlich verteilte Standorte mit Betreuungsmöglichkeiten<br />
(auch für Kleinkinder) für die Daseinsvorsorge wichtig. Eine weitergehende<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 56
mögliche Angebotserweiterung könnte der Ausbau von Kindertagesstätten zu Familienzentren<br />
darstellen, in denen Angebote im Bildungs- und Betreuungsbereich vernetzt werden<br />
können. Ein Gutes Beispiel für die erweiterte Nutzung von Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
existiert bereits im DRK-Kindergarten Harpstedt: Hier wurden z.B. die Räumlichkeiten<br />
abends für einen VHS-Kurs genutzt.<br />
Weiterhin positiv hervorgehoben werden kann der Arbeitskreis „Brückenjahr“, der sich als<br />
Ergänzung zu dem Modellprojekt „Gemeinsam Kinder stärken“ 9 gegründet hat. Die<br />
Grundschulen und Kindertagesstätten der Samtgemeinde arbeiten in diesem Arbeitskreis<br />
zusammen. Handlungsschwerpunkte bestehen darin, die Lernausgangslage für jedes<br />
Vorschulkind zu ermitteln sowie die Förderung der Kinder über gemeinsame Projekte zu<br />
verbessern (Besuche der Vorschüler bei Erstklässlern, gemeinsame Elternabende, etc.).<br />
Im Bereich der Grundschulen werden schon heute markante Einschulungsrückgänge<br />
prognostiziert, die vermutlich bald zu freiwerdenden Kapazitäten führen dürften. Die skizzierten<br />
Entwicklungen eröffnen jedoch Handlungsoptionen, die zu einer qualitativen bzw.<br />
effizienzorientierten Weiterentwicklung der derzeitigen Strukturen beitragen können: Auslastungsrückgänge<br />
der Schulgebäude bieten nicht nur die Möglichkeit für Angebotserweiterungen<br />
(z.B. auch Projekt- oder Rückzugsräume), es könnte auch über die Einbindung<br />
externer Nutzer nachgedacht werden, mit denen sich im Idealfall noch Standortsynergien<br />
erreichen lassen. Synergieeffekte nutzen heute beispielsweise bereits die Jugendpflege<br />
und die Delmeschule sowie die Haupt- und Realschule durch räumliche und zeitliche<br />
Nähe. So besteht sowohl eine Betreuung der Schüler in den Vormittagsstunden (z.B.<br />
Möglichkeit zum Frühstück) als auch nach der Schule. Dieses Angebot ist u.a. aufgrund<br />
der großen Anzahl an Fahrschülern, die weiter entfernt von der Schule wohnen und von<br />
den Busfahrzeiten abhängig sind, besonders wichtig.<br />
Angesichts der besonderen Bedeutung der jüngeren Generationen für die Zukunft der<br />
Samtgemeinde Harpstedt sollte weiterhin großer Wert auf die Weiterentwicklung der Angebote<br />
im Bereich der Jugendarbeit gelegt werden. Den jungen Menschen sollte deutlich<br />
werden, dass ihnen gerade auch in einer alternden Gemeinde eine gewichtige Rolle<br />
bei der zukünftigen Entwicklung zukommen kann – wenn sie selber bereit sind, sich zu<br />
engagieren. Die bereits in der SG Harpstedt eingeleiteten bzw. bestehenden Aktivitäten<br />
stellen gute Voraussetzungen für diesen Ansatz dar.<br />
Im Hinblick auf die stetig wachsende Personengruppe der älteren Bürgerinnen und<br />
Bürger in der SG Harpstedt wird vor allem langfristig eine besondere Herausforderung in<br />
zwei Punkten bestehen: Zum einen gilt es häusliche Pflege, beispielsweise auch dementer<br />
Menschen, im familiären Umfeld zu fördern. Zum anderen wird es zukünftig immer<br />
mehr alleinstehende und auch allein wohnende ältere Menschen geben, denen es möglichst<br />
lange ermöglicht werden sollte, selbstbestimmt in ihrem Eigenheim zu leben. Die<br />
Vernetzung der vorhandenen Angebote ist in diesem Zusammenhang besonders wichtig.<br />
Eine zentrale Anlaufstelle in der Samtgemeinde könnte den älteren Menschen bei der<br />
Strukturierung der Angebote helfen. Zudem könnte diese Stelle auch die Vermittlung<br />
bestehender Dienstleistungsangebote übernehmen. Ebenso könnten seniorenaffine privatwirtschaftliche<br />
Initiativen, wie z.B. Bringdienste, Teil dieses „Senioren-Hilfs-<br />
Netzwerkes“ werden. Es gilt derartige Dienste zu befördern, gerade wenn sie Infrastrukturdefizite<br />
in Teilbereichen der Mitgliedsgemeinden auszugleichen helfen.<br />
Auf dem Ehrenamt bzw. den bestehenden Netzwerken (Dorfgemeinschaften, Vereine,<br />
Kirchen usw.) aufbauende Angebote (z.B. auch der Seniorenbeirat), die gerade auch den<br />
Senioren den Alltag erleichtern und bereichern (Seniorentreffpunkte, eigenes ehrenamtliches<br />
Engagement, Besuchsdienste) sollten zudem weiter unterstützt und gefördert werden.<br />
Der Freizeitgestaltung kommt insofern eine besondere Bedeutung zu, als sie der<br />
Isolation vorbeugt und die Aktivität fördert. Da die Samtgemeinde selber über eher wenige<br />
kulturelle Angebote verfügt, wäre es wünschenswert, die Nutzung von Einrichtungen<br />
und den Besuch von Veranstaltungen in den umliegenden Städten und Gemeinden zu<br />
9<br />
Das Projekt wird über das Programm „Das letzte Kindergartenjahr als Brückenjahr“ des Niedersächsischen<br />
Kultusministeriums gefördert.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 57
fördern. Darüber hinaus stellt natürlich auch die Ausweitung des eigenen (kulturellen)<br />
Freizeitangebotes eine Möglichkeit dar, die Samtgemeinde für (ältere) Menschen attraktiver<br />
zu gestalten. Besonders die Anbindung durch den ÖPNV könnte beispielsweise verbessert<br />
werden, da z.B. abends kaum Möglichkeiten bestehen aus den umliegenden<br />
Städten zurück in die Samtgemeinde zu gelangen. Hier wären beispielsweise Kooperationen<br />
zwischen der Samtgemeinde, Bus- und Bahnunternehmen sowie evtl. Veranstaltungsorten<br />
denkbar.<br />
Die Identifikation der Bürger - aller Alterklassen - mit ihrer Kommune und die Motivation,<br />
sich u.a. ehrenamtlich und bürgerschaftlich zu engagieren wird angesichts sinkender<br />
finanzieller Spielräume der öffentlichen Hand in zunehmendem Maße eine wichtige Stütze<br />
der Gemeindeentwicklung darstellen. Das Ehrenamt sollte daher weiter gefördert werden.<br />
Ein möglicher Ansatz wäre die Aufwertung des Ehrenamtes durch (finanzielle) Anreize<br />
wie beispielsweise eine Ehrenamtskarte, mit der der Besitzer Vergünstigungen in<br />
verschiedenen Einrichtungen (z.B. Schwimmbad) oder bei der Nutzung des ÖPNV erhält.<br />
Hier wäre auch eine landkreisübergreifende Strategie denkbar. Darüber hinaus sollten<br />
den Bürgern Möglichkeiten aufgezeigt werden, wo ein Engagement in welchem Umfang<br />
möglich ist (z.B. über die Homepage der Samtgemeinde oder über eine Koordinierungsstelle).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der SG Harpstedt’ 58
Fallstudie<br />
„DEMOGRAFISCHER WANDEL IN DER<br />
GEMEINDE HATTEN“<br />
Endfassung<br />
Verfasser:<br />
FORUM GmbH, <strong>Oldenburg</strong><br />
Juli 2008
Gliederung<br />
1 Konzeption der Fallstudie ......................................................................................... 3<br />
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland................................................................. 4<br />
3 Die Gemeinde Hatten im Überblick .......................................................................... 7<br />
4 Ausgangslage............................................................................................................. 8<br />
4.1 Einwohnerentwicklung.............................................................................................. 8<br />
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Hatten und ihrer Ortsteile......................................... 11<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hatten................................................ 15<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Hatten.............................................. 21<br />
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen Wandel<br />
................................................................................................................................... 25<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt........................................................................... 25<br />
5.2 Soziale Infrastruktur ............................................................................................... 29<br />
5.2.1 Kinderbetreuung.............................................................................................. 29<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen............................................................................ 32<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur...................................................................... 36<br />
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen ................................................................. 40<br />
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung.................................................. 41<br />
6.2 Handlungsoptionen für Zielgruppen ....................................................................... 41<br />
6.3 Siedlungsentwicklung............................................................................................. 44<br />
6.4 Anpassung sozialer Infrastruktur............................................................................ 45
1 Konzeption der Fallstudie<br />
Die Fallstudie „<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten“ ist Teil eines Auftrages<br />
des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> an die FORUM GmbH unter dem Titel „Masterplan Demografie<br />
für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>“.<br />
Die Fallstudie ist in sechs Kapitel gegliedert. Zunächst beschäftigt sich das zweite Kapitel<br />
als thematischer Einstieg und zur Erleichterung der weiteren Einordnung mit dem demografischen<br />
Wandel in Deutschland. Nach der Darstellung der räumlichen Strukturen der<br />
Gemeinde (Kap. 3) wird in Kapitel 4 auf die demografische Ausgangslage eingegangen,<br />
bevor Kapitel 5 die Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen thematisiert. Anschließend<br />
werden „Gute Ansätze“ herausgearbeitet sowie Handlungsoptionen in Bezug<br />
auf Wohnungsmarkt, Baulandentwicklung und soziale Infrastrukturplanung skizziert (Kapitel<br />
6). Um angesichts der Fülle des zugrunde liegenden Daten- und Informationsmaterials<br />
eine möglichst übersichtliche und anschauliche Darstellung zu erreichen, werden die<br />
wichtigsten Informationen zu prägnanten Aussagen verdichtet und mit Grafiken hinterlegt.<br />
In die <strong>Fallstudien</strong> für die Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> sind neben ausführlichen<br />
Auftakt- und Koordinationsgesprächen mit Vertretern der kreisangehörigen Kommunen<br />
(„BürgermeisterInnengespräche“) und Auswertungen umfangreichen Datenmaterials<br />
(speziell Niedersächsisches Landesamt für Statistik sowie Daten der kommunalen<br />
Meldeämter) auch Gespräche mit Experten aus der Region eingeflossen, u.a. mit Vertretern<br />
der Bereiche Immobilien-/Wohnungsmarkt, Senioren (z.B. Seniorenbeiräte), Familie<br />
und Jugend.<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 3
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland<br />
Die demografische Struktur Deutschlands und seiner Teilräume war auch in der Geschichte<br />
niemals über längere Zeiträume konstant. Seit jeher haben sich markante historische<br />
Einschnitte wie Seuchen, Kriege oder aber soziale bzw. wirtschaftliche Innovationen<br />
auch in der Entwicklung und Zusammensetzung der Bevölkerung niedergeschlagen.<br />
Charakteristisch ist in den westlichen Staaten der starke Anstieg der Bevölkerungszahlen<br />
speziell seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, der in Deutschland bis in die<br />
1970er Jahre angehalten hat. Eine anhaltend hohe Geburtenrate bei langsam sinkender<br />
Sterberate war verantwortlich für diese Entwicklung. Vor etwa 35 Jahren jedoch hat sich<br />
das Verhältnis schlagartig umgekehrt und in Deutschland konnte sich eine zuvor ungekannte<br />
Entwicklung verfestigen: Im Gefolge der unter der Bezeichnung ‚Pillenknick’ subsumierten<br />
Umwälzungen ist die Geburtenrate innerhalb weniger Jahre signifikant um<br />
mehr als ein Drittel deutlich unter das sog. Bestandserhaltungsniveau gesunken und<br />
seither stabil geblieben. In der Konsequenz bedeutet dies, dass jede Elterngeneration im<br />
Vergleich zur vorherigen seither um ein Drittel abnimmt, sofern keine Zuwanderungsgewinne<br />
erfolgen! (vgl. Abb. 2 und 3)<br />
Die nachstehenden Grafiken bilden die Altersstruktur Deutschlands im Abstand von jeweils<br />
30 Jahren ab, zeigen also etwa drei Generationenschritte auf 1 . Besonders gut ist<br />
das ‚Durchwachsen’ der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge zu erkennen, die vor allem<br />
dem Immobilienmarkt im Umland der Ballungsräume in den vergangenen Jahren spürbaren<br />
Auftrieb verschafft haben.<br />
Abb. 1: Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 1975, 2005 und 2035 (Vorausberechnung)<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt 2006)<br />
Bereits seit Anfang der 1970er Jahre verzeichnet Deutschland einen negativen natürlichen<br />
Saldo mit weniger Geburten als Sterbefällen und ist daher auf internationale Zuwanderung<br />
angewiesen, um einen Bevölkerungsrückgang zu vermeiden (vgl. Abb. 2).<br />
1 Zahlen für 2035: auf Basis der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes,<br />
[Variante 1: positiver internationaler Wanderungssaldo von 100.000 Personen], 2006<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 4
1600000<br />
1400000<br />
1200000<br />
1000000<br />
800000<br />
600000<br />
400000<br />
200000<br />
0<br />
-200000<br />
-400000<br />
1946<br />
1948<br />
1950<br />
1952<br />
1954<br />
1956<br />
1964: 1357304<br />
Baby-Boomer<br />
der 1960er<br />
Echo in den<br />
1990ern<br />
1958<br />
1960<br />
1962<br />
1964<br />
1966<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
2006:<br />
672724<br />
Abb. 2: Natürliche Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1946 – 2006<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Bedeutsam vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen der vergangenen<br />
fünfzehn Jahre ist die Feststellung, dass zwei Prozesse den Blick auf den sich längst<br />
vollziehenden demografischen Wandel verstellt haben:<br />
► In den 1990er-Jahren befand sich die o.g. ‚Babyboomer’-Generation in der Familiengründungsphase,<br />
mit der Folge, dass die Geburtenzahlen leicht anstiegen<br />
und sich kurzfristig Geburten und Sterbefälle in Deutschland sogar wieder im<br />
Gleichgewicht befanden (vgl. Abb. 2).<br />
► Bedingt durch den Zusammenbruch des Ostblocks und die Bürgerkriege in Südosteuropa<br />
realisierte Deutschland außerordentlich hohe internationale Wanderungsgewinne,<br />
die das Geburtendefizit weit überstiegen haben (vgl. Abb. 3).<br />
1.800.000<br />
1.600.000<br />
1.400.000<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
-200.000<br />
-400.000<br />
1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004<br />
Abb. 3: Entwicklung der Außenwanderungen Deutschlands<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 5<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
Saldo
Nachdem bereits die 1980er Jahre durch Stagnation und Alterung gekennzeichnet waren<br />
ist demnach die deutsche Bevölkerung in den 1990er Jahren und bis über die Jahrtausendwende<br />
hinaus durch singuläre Impulse nochmals stark gewachsen; gleichzeitig stiegen<br />
auch die Geburtenzahlen spürbar an. Aufgrund der zuletzt stark rückläufigen Zuwanderungen<br />
aus dem Ausland und der ebenfalls wieder deutlich sinkenden Geburtenzahlen<br />
wird jedoch in den meisten deutschen Regionen klar erkennbar, dass die vergangenen<br />
fünfzehn Jahre lediglich eine kurze ‚Atempause’ im demografischen Wandel bedeutet<br />
haben und nun wieder in stetig steigendem Maße mit ‚Unterjüngung’ und absolutem Einwohnerrückgang<br />
gerechnet werden muss.<br />
Zusammengefasst schlägt sich der demografische Wandel in folgenden Tendenzen nieder:<br />
► Bevölkerungsrückgang: Etwa seit der Jahrtausendwende reicht die stagnierende<br />
internationale Zuwanderung nach Deutschland nicht mehr aus, um die wachsende<br />
Lücke zwischen Geburten und Sterbefällen auszufüllen. Es ist anzunehmen,<br />
dass 2002 ein historisches Bevölkerungsmaximum erreicht wurde.<br />
► Alterung: Der Anteil der älteren und hochbetagten Menschen an der Gesamtbevölkerung<br />
nimmt kontinuierlich zu und wird erst nach 2050 seinen Höhepunkt erreichen.<br />
Der Anteil der Kinder nimmt sukzessive ab.<br />
► Internationalisierung: Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund steigt<br />
aufgrund der wachsenden Bedeutung der Zuwanderung für die Bevölkerungsentwicklung.<br />
► Veränderte Haushaltsstrukturen: Der bis in die 1970er Jahre hinein klassische<br />
Familienhaushalt mit vier bis fünf Personen verliert immer mehr an Bedeutung,<br />
während die 1- und 2-Personen-Haushalte sowohl prozentual wie auch absolut<br />
zunehmen.<br />
Diese übergeordneten Tendenzen schlagen sich auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> nieder. Je<br />
kleinräumiger der betrachtete Raum ist, desto stärker wirken sich jedoch zusätzlich spezielle<br />
Sonderentwicklungen wie beispielsweise Baulandausweisungen, Unternehmensansiedlungen<br />
bzw. -aufgaben usw. aus. Durch das Fortschreiben bisheriger Trends können<br />
diese Entwicklungen im kommunalen Maßstab daher nur sehr bedingt erfasst und<br />
vorhergesehen werden. Diese Fallstudie hat das Ziel, die Entscheidungsträger der Gemeinde<br />
dabei zu unterstützen, entsprechende Trends in wesentlichen Feldern kommunalen<br />
Handelns frühzeitig zu erkennen und die bisherigen Entwicklungsstrategien kritisch<br />
auf ihre Zukunftsfähigkeit zu überprüfen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 6
3 Die Gemeinde Hatten im Überblick<br />
Die Gemeinde Hatten ist eine direkte Umlandgemeinde des Oberzentrums <strong>Oldenburg</strong>.<br />
Ihre Gebietsfläche beträgt etwa 104 km² - somit ist sie flächenmäßig die drittkleinste Gemeinde<br />
des <strong>Landkreis</strong>es. Die Einwohnerdichte liegt mit knapp 14.500 Einwohnern insgesamt<br />
(Gemeinde Hatten, 30.06.2007) bei über 130 Einwohnern je km², was über dem<br />
Durchschnitt des <strong>Landkreis</strong>es liegt. Aufgrund der unmittelbaren Nähe zum Oberzentrum<br />
<strong>Oldenburg</strong> hat die Gemeinde viele ehemalige Stadtbewohner durch ausgeprägte Suburbanisierungsvorgänge<br />
als neue Einwohner gewinnen können, wodurch die Siedlungsdichte<br />
zunehmend gestiegen ist. Schwerpunkte der Siedlungsentwicklung sind dabei die<br />
Ortsteile Sandkrug (I-III), Streekermoor (I-III) sowie Kirchhatten (I-III). Naturräumlich befindet<br />
sich die Gemeinde Hatten am Nordwestrand der Wildeshauser Geest. Teil dieses<br />
Naturparks sind auch die Osenberge, die einen großen landschaftlichen Reiz sowie Erholungswert<br />
aufweisen.<br />
Wichtigste Verkehrsachsen sind neben den Kreisstraßen, die durch die Gemeinde Hatten<br />
führen, die Autobahnen A28 und A29, die über die Anschlussstellen Sandkrug und Hatten<br />
zu erreichen sind. Darüber hinaus befindet sich im Ortsteil Sandkrug ein Bahnhof mit<br />
stündlichem Halt der NordWestBahn (Strecke Osnabrück-Wilhelmshaven). Das regionale<br />
Busangebot mit direkten Verbindungen z.B. nach <strong>Oldenburg</strong> erweitert das Angebot. Somit<br />
verfügt die Gemeinde über eine relativ gute verkehrliche Anbindung – besonders an<br />
das benachbarte Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong>.<br />
Die Gemeinde Hatten besteht aus den 17 Ortsteilen Bümmerstede, Dingstede, Hatterwüsting<br />
(I und II), Kirchhatten (I, II, III), Munderloh, Sandhatten, Sandtange, Schmede,<br />
Sandkrug (I, II, III), Streekermoor (I und II) sowie Tweelbäke-Ost. Abgesehen von den<br />
Siedlungsschwerpunkten sind viele Ortsteile landwirtschaftlich geprägt und umfassen<br />
aufgrund ihrer geringen Einwohnerzahl oft nur die Besiedlung von Straßenzügen oder<br />
einzelne Hofstellen.<br />
Streekermoor I bis III<br />
23,1%<br />
Sandkrug I bis III<br />
28,7%<br />
Tweelbäke-Ost<br />
2,1%<br />
Bümmerstede<br />
0,2%<br />
Schmede<br />
0,4%<br />
Dingstede<br />
2,3%<br />
Sandhatten<br />
6,5%<br />
Sandtange<br />
0,4%<br />
Hatterwüsting I und II<br />
13,8%<br />
Munderloh<br />
5,3%<br />
Kirchhatten I bis III<br />
17,3%<br />
Abb. 4: Einwohner der Gemeinde Hatten nach Ortsteilen 2 2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung nach Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
2 Um die Siedlungsschwerpunkte besser in ihrer Struktur und Entwicklung darstellen zu können, wurden in<br />
Absprache mit der Gemeinde die Ortsteile Kirchhatten I bis III, Sandkrug I bis III, Streekermoor I und II sowie<br />
Hatterwüsting I und II jeweils zusammengefasst.<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 7
4 Ausgangslage<br />
4.1 Einwohnerentwicklung<br />
Seit Ende der 1960er Jahre steigt die Bevölkerung der Gemeinde Hatten stetig an.<br />
Besonders dynamisch entwickelt sich das Bevölkerungswachstum dabei seit den<br />
1990er Jahren. Ausschlaggebend sind sowohl Wanderungsgewinne als auch Geburtenüberschüsse.<br />
Da die Gemeinde Hatten zu den direkten Umlandgemeinden der Stadt <strong>Oldenburg</strong> gehört,<br />
hat sie auch in besonderem Maße von den Familien-Zuzügen aus der Stadt profitiert. Die<br />
Bevölkerungsentwicklung ist daher seit den späten 1960er Jahren durchweg positiv verlaufen.<br />
Besonders seit den 1990er Jahren konnte Hatten enorme Einwohnerzuwächse<br />
verzeichnen, da in dieser Zeit sowohl die Wanderungsgewinne als auch die Geburtenüberschüsse<br />
ihre vorläufigen Spitzenwerte erreicht haben. Seit 1968 konnte daher die<br />
Gemeinde Hatten ihre Bevölkerungszahl nahezu verdoppeln (+79%)!<br />
Detaillierte Betrachtungen zeigen jedoch, dass in den letzten Jahren die jährliche Zuwachsrate<br />
deutlich zurückgegangen ist. Waren es zwischen 1998 und 1999 noch +4%,<br />
so waren es zwischen dem 31.12. 2006 und dem 30.06.2007 nur noch 0,3% (Daten der<br />
Gemeinde Hatten).<br />
15.000<br />
14.000<br />
13.000<br />
12.000<br />
11.000<br />
10.000<br />
9.000<br />
8.000<br />
7.000<br />
6.000<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
Abb. 5 Einwohnerentwicklung der Gemeinde Hatten seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Wie bereits erwähnt, resultierten die Bevölkerungszuwächse der Gemeinde Hatten sowohl<br />
aus einem positiven Wanderungssaldo als auch aus einer positiven natürlichen<br />
Bevölkerungsentwicklung – wobei die Wanderungsgewinne bis heute eine weitaus größere<br />
quantitative Bedeutung besitzen (vgl. Abb. 6 und Abb. 7).<br />
Die mit Abstand höchsten Geburtenzahlen seit den 1970er Jahren traten in der Gemeinde<br />
Hatten im Zeitraum von 1995-2001 auf. Bei nahezu gleich bleibender Zahl der Sterbefälle<br />
fiel auch der Geburtenüberschuss in dieser Zeitspanne besonders hoch aus. Seit<br />
der Jahrtausendwende geht die Zahl der Geburten jedoch deutlich zurück. Lag die Zahl<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 8<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006
der jährlichen Geburten zwischen 1997 und 2001 durchschnittlich noch bei rund 144, so<br />
lag sie zwischen 2002 und 2006 nur noch bei etwa 116. Zeitgleich leicht ansteigende<br />
Sterbefallzahlen führten in der jüngsten Vergangenheit dazu, dass die natürliche Bevölkerungsentwicklung<br />
beinahe negativ verlief (2002 sogar bereits -7 Einwohner).<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
-20<br />
-40<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 6: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Hatten seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Besonders hohe Zahlen von Zuzügen wurden in den Jahren 1999 und 2003 erreicht. Hier<br />
sind jeweils mehr als 1000 Personen in die Gemeinde Hatten gezogen. Im Jahr 1999<br />
wurde daher auch der höchste Wanderungssaldo im Beobachtungszeitraum erreicht<br />
(+370 Personen). Auch wenn die Zuzüge in die Gemeinde in jüngster Vergangenheit<br />
leicht zurückgegangen sind, ist ein erheblicher Einbruch der Wanderungsgewinne - wie in<br />
anderen (Umland)Gemeinden im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> - derzeit nicht erkennbar.<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
-200<br />
1968<br />
1970<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
Abb. 7: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Hatten seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 9<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006
Die Bevölkerungsentwicklung der Ortsteile Hattens ist in den vergangenen Jahren<br />
sehr differenziert verlaufen. Die Siedlungsschwerpunkte sind grundsätzlich gewachsen,<br />
wobei sich das Wachstum in jüngster Vergangenheit in einigen Ortsteilen<br />
abgeschwächt hat. Die Ortsteile mit weniger als 500 Einwohnern haben - im<br />
Vergleich zu 1990 - weitestgehend bereits Bevölkerungsrückgänge zu verzeichnen<br />
gehabt.<br />
Wird die Betrachtungsebene von der Gemeinde insgesamt auf die Ortsteile Hattens gelenkt<br />
(vgl. Abb. 8 und Abb. 9), so fällt auf, dass sich die Entwicklungen sehr unterschiedlich<br />
vollzogen haben. Seit 1990 haben besonders die Siedlungsschwerpunkte Streekermoor<br />
(+53%) Kirchhatten (+44%) und Sandkrug (+39%) von den Zuzügen profitiert. Aber<br />
auch die Ortsteile Hatterwüsting (+26%) , Sandhatten (+22%) und Mundeloh (+22%)<br />
konnten im Beobachtungszeitraum ihre Einwohnerzahl erhöhen. Weniger positiv hat sich<br />
die Entwicklung der Ortsteile unter 500 Einwohner vollzogen. Sie haben in der Regel im<br />
Vergleich zur Bevölkerungszahl von 1990 Einwohner verloren: aufgrund der z.T. sehr<br />
niedrigen Bevölkerungszahl kommen hier Schwankungen jedoch auch eher zum Tragen<br />
(z.B. in Bümmerstede mit durchschnittlich etwa 20 Einwohnern, vgl. Abb. 9).<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
Kirchhatten I bis III<br />
Sandkrug I bis III<br />
Streekermoor I und II<br />
Hatterwüsting I und II<br />
Sandhatten<br />
Mundeloh<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung in den Ortsteilen der Gemeinde Hatten mit<br />
mehr als 500 Einwohnern 1990-2007 Index: 1990 = 100<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 10
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
85<br />
80<br />
75<br />
70<br />
Dingstede Bümmerstede<br />
Sandtange Schmede<br />
Tweelbäke-Ost<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 9: Bevölkerungsentwicklung in den Ortsteilen der Gemeinde Hatten mit<br />
weniger als 500 Einwohnern 1990-2007 Index: 1990 = 100<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Hatten und ihrer Ortsteile<br />
Seit 1990 hat sich besonders der obere Teil der Bevölkerungspyramide der Gemeinde<br />
Hatten verbreitert: die Altersgruppen ab 40 Jahren sind heute sehr viel<br />
stärker vertreten als in den 1990ern. Deutlich zurückgegangen gegenüber 1990 ist<br />
hingegen die Gruppe der jungen Erwachsenen zwischen 20 und 29 Jahren.<br />
Der altersstrukturelle Aufbau der Bevölkerung und die zu erwartenden Entwicklungen der<br />
Altersstruktur stellen wesentliche Einflussgrößen im Hinblick auf die Betroffenheit einer<br />
Kommune vom demografischen Wandel dar. Daher sollen hier die Altersstrukturen der<br />
Gemeinde Hatten und ihrer Ortsteile 3 näher betrachtet werden. Um den Einfluss der<br />
Wanderungsverflechtungen der vergangenen Jahre zu beleuchten, werden neben den<br />
aktuellen Strukturen auch die Veränderungen seit 1990 dargestellt.<br />
3 Es konnten aus Darstellungsgründen nur Alterspyramiden für Ortsteile ab 300 Einwohnern erstellt werden. In<br />
Ortsteilen mit weniger Einwohnern kann die Veränderung der Altersstruktur in dieser Form nicht abgebildet<br />
werden.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 11
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-1.400 -1.200 -1.000 -800 -600 -400 -200 0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400<br />
-1.400 -1.200 -1.000 -800 -600 -400 -200 0 200 400 600 800 1.000 1.200 1.400<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 12<br />
70 und mehr<br />
Abb. 10: Altersstruktur der Gemeinde Hatten 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Der Altersaufbau der Gemeinde Hatten weist Strukturen auf, die für ganz Deutschland<br />
charakteristisch sind: die Altersgruppe der 40-49-Jährigen ist besonders stark vertreten.<br />
Sie ist mehr als doppelt so stark besetzt, wie die Bevölkerungsgruppe der Frauen und<br />
Männer zwischen 20 und 29 Jahren. Noch 1990 waren beide Altersgruppen etwa gleich<br />
stark. Verglichen mit den Strukturen von 1990 fällt zudem die Verdickung der Bevölkerungspyramide<br />
ab der Mitte auf: mit etwa 7400 Personen (2006) hat sich der Anteil von<br />
Menschen ab 40 Jahren an der Gesamtbevölkerung um etwa 10%-Punkte erhöht.<br />
Die beschriebenen Strukturen liegen teilweise in den übergeordneten demografischen<br />
Mustern begründet, denn deutschlandweit sind die vor dem ‚Pillenknick’ geborenen ‚Babyboomer’<br />
der 1960er-Altersjahrgänge heute besonders stark vertreten. Hinzu kommt,<br />
dass diese Menschen in ihrer Familiengründungsphase von Mitte 20 bis Mitte 30 den<br />
letzten starken Suburbanisierungsschub in den Stadtregionen getragen haben, demnach<br />
also überall im Umland überdurchschnittlich stark vertreten sind.<br />
Einwohnerstärkere Ortsteile mit ausgeprägter Baulandentwicklung in den vergangenen<br />
Jahrzehnten und heute abgeschwächter Entwicklung weisen eine ähnliche<br />
Struktur auf: stark vertreten sind hier Menschen mittleren Alters (40-49-Jahre) und<br />
z.T. Ältere (50-59 Jahre) sowie meist Jugendliche zwischen 10 und 19 Jahren.<br />
In den Ortsteilen der Gemeinde Hatten sind durchaus sehr unterschiedliche Altersstrukturen<br />
vorzufinden. Der beschriebene charakteristisch hohe Besatz an der Bevölkerungsgruppe<br />
der 40-49-Jährigen, kombiniert mit recht vielen Jugendlichen zwischen 10 und 19<br />
Jahren ist speziell in den Wachstumsbereichen vorzufinden, die früh Einwohner durch<br />
Zuzüge hinzugewonnen haben, heute aber eine verhaltenere Entwicklung zeigen (z.B.<br />
Hatterwüsting). Die frühen Suburbanisierer gehören heute meist zur Bevölkerungsgruppe<br />
der so genannten „Best-Ager“ (50+). Auch diese Altersgruppe ist in diesen Ortsteilen<br />
stärker ausgeprägt. Die Ortsteile, die auch heute noch ein leichtes Wachstum verzeichnen,<br />
erkennt man u.a. - neben den stark vertretenen 40-49-Jährigen sowie 30-39-<br />
Jährigen - an der breiteren Basis der Bevölkerungspyramiden und somit einer vergleichsweise<br />
hohen Kinder- und Jugendlichenzahl (z.B. Streekermoor). Hier ist daher<br />
auch der Anteil an Einwohnern ab 60 Jahren noch verhältnismäßig gering (vgl. Abb. 11).<br />
In allen Ortsteilen ist jedoch die Zahl der 20-29-Jährigen deutlich zurückgegangen.<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre
Streekermoor I+II<br />
Hatterwüsting I+II<br />
Sandkrug I-III<br />
Kirchhatten I-III<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 13<br />
14,0%<br />
16,9%<br />
16,5%<br />
18,3%<br />
19,0%<br />
21,8%<br />
21,3%<br />
22,3%<br />
1990 2006<br />
Abb. 11: Anteil ab 60-Jähriger in den ausgewählten Ortsteilen 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40<br />
Abb. 12: Altersstruktur des Ortsteils Dingstede 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-150 -120 -90 -60 -30 0 30 60 90 120 150<br />
Abb. 13: Altersstruktur des Ortsteils Hatterwüsting I+II 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-300 -250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200<br />
Abb. 14: Altersstruktur des Ortsteils Kirchhatten I-III 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
-100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100<br />
Abb. 15: Altersstruktur des Ortsteils Munderloh 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 14<br />
0-9 Jahre<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100<br />
Abb. 16: Altersstruktur des Ortsteils Sandhatten 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-450 -350 -250 -150 -50 50 150 250 350 450<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-300 -250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300<br />
Abb. 17: Altersstruktur des Ortsteils Sandkrug I-III 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-350 -300 -250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250 300 350<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
-250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250<br />
Abb. 18: Altersstruktur des Ortsteils Streekermoor I+II 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-30 -20 -10 0 10 20 30<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 15<br />
0-9 Jahre<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-30 -20 -10 0 10 20 30<br />
Abb. 19: Altersstruktur des Ortsteils Tweelbäke-Ost 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hatten<br />
Das Wanderungsgeschehen hat eine herausragende Bedeutung für die Bevölkerungsentwicklung<br />
der Gemeinde Hatten und ist daher bereits mehrfach in der vorliegenden<br />
Studie angesprochen worden. Im Folgenden sollen die Strukturen und Entwicklungen der<br />
Wanderungsverflechtungen der Gemeinde weitergehend untersucht werden. Dabei werden<br />
eigene Auswertungen der Meldeamtsdaten der Gemeinde herangezogen.<br />
Das Gros der Wanderungsgewinne Hattens ist auf Suburbanisierungstendenzen<br />
der Stadt <strong>Oldenburg</strong> zurückzuführen: Mit dem Oberzentrum verzeichnet die Gemeinde<br />
alleine im Zeitraum von 1989 bis 2006 ein Plus von über 2000 Personen.<br />
Die Rangliste der Zu- und Fortzüge im Zeitraum zwischen 1989 und 2006 zeigt sehr<br />
deutlich auf, dass Wanderungsverflechtungen in erster Linie mit dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong><br />
bestehen. Das Wanderungsplus von 2.367 Personen zwischen 1989 und 2006<br />
kommt dabei fast ausschließlich mit <strong>Oldenburg</strong> zustande (+2.080 Personen). Weitere<br />
Kommunen mit ausgeprägten Wanderungsbeziehungen zu Hatten sind die Gemeinden<br />
Wardenburg und Großenkneten. Dabei hat die Gemeinde Hatten im Beobachtungszeitraum<br />
lediglich an Großenkneten und Wildeshausen Einwohner verloren.<br />
Die Wanderungsverflechtungen Hattens bilden insgesamt ein sehr deutliches Suburbanisierungsmuster<br />
ab: Mit dem Oberzentren <strong>Oldenburg</strong> hat die Gemeinde Hatten Wanderungsgewinne<br />
erzielt, andererseits aber negative Wanderungsbilanzen mit der benachbarten<br />
und eher ländlich geprägten Gemeinde Großenkneten verzeichnet.
6.000<br />
5.000<br />
4.000<br />
3.000<br />
2.000<br />
1.000<br />
0<br />
-1.000<br />
2.080<br />
<strong>Oldenburg</strong><br />
(Oldb)<br />
181<br />
-132<br />
96 83 73<br />
Wardenburg Großenkneten Delmenhorst Ganderkesee Bremen Wildeshausen Hude (Oldb)<br />
Abb. 20: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hatten 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 16<br />
-59<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Dass sich die beschriebenen Verflechtungsmuster in den vergangenen Jahren nicht stabil<br />
und gleichmäßig entwickelt haben und sich daher nicht ohne weiteres in die Zukunft<br />
fortschreiben lassen, wird deutlich, wenn die Zu- und Fortzüge im Zeitverlauf betrachtet<br />
werden. 4<br />
<strong>Oldenburg</strong><br />
Das Wanderungsplus mit dem wichtigsten Zuzugsort <strong>Oldenburg</strong> war Mitte bis Ende<br />
der 1990er Jahre besonders ausgeprägt. Seitdem gehen die Zuzüge leicht zurück.<br />
Bei den Wanderungsbeziehungen mit dem wichtigsten Zuzugsort <strong>Oldenburg</strong> fällt auf,<br />
dass die Fortzüge in das Oberzentrum nach einem Anstieg bis zur Mitte der 1990er Jahre<br />
derzeit ein relativ konstantes Niveau von etwa 650 Personen jährlich aufweisen. Die Zuzüge<br />
haben dagegen ihre bisher höchsten Werte im Zeitraum von 1995 bis 2000 erreicht<br />
(Höchstwert 1998-2000: 1163 Zuzüge � Wanderungsplus: 517 Personen); bis zum Zeitraum<br />
2004-2006 sind die Zuzüge dann kontinuierlich zurückgegangen, so dass das<br />
Wanderungsplus zuletzt nur noch bei +220 Personen lag, was einen Rückgang von etwa<br />
57% zwischen den beiden Zeiträumen bedeutet.<br />
4 Im Folgenden werden ausschließlich die Wanderungsverflechtungen mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong> sowie den<br />
Gemeinden Wardenburg und Großenkneten näher analysiert, da sie quantitativ die größte Relevanz besitzen.<br />
Saldo<br />
45
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
Zuzug<br />
Fortzug<br />
Saldo<br />
0<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 21: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hatten mit <strong>Oldenburg</strong><br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten, eigene Berechnungen)<br />
Wardenburg<br />
Die Zuzüge aus der Gemeinde Wardenburg steigen seit Anfang der 1990er Jahre<br />
leicht aber stetig an. Aber auch die Fortzüge verharren nach einem Hoch Ende der<br />
1990er Jahre auf hohem Niveau.<br />
Lediglich Ende der 1990er Jahre verzeichnete Hatten einen Wanderungsverlust mit der<br />
Gemeinde Wardenburg. Dieser resultierte aus einem deutlichen Anstieg der Fortzüge<br />
zwischen 1998 und 2000 (-189 Personen). Danach gingen die Fortzugszahlen wieder<br />
leicht zurück; stagnieren aber seitdem auf hohem Niveau. Aufgrund stetig ansteigender<br />
Zuzüge verblieb jedoch in den letzten Jahren ein positiver Wanderungssaldo – mit leicht<br />
steigender Tendenz.<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
Zuzug<br />
Fortzug<br />
Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 22: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hatten mit Wardenburg<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten, eigene Berechnungen)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 17
Großenkneten<br />
An Großenkneten hat die Gemeinde Hatten nahezu kontinuierlich Einwohner verloren.<br />
Die Fortzüge gehen jedoch nach einem Hoch zwischen 1995 und 2000 leicht<br />
zurück.<br />
Die Fortzüge in die Gemeinde Großenkneten sind seit Beginn der 1990er Jahre deutlich<br />
angestiegen. Ihre bisherigen Höchstwerte erreichten sie mit fast 200 fortziehenden Personen<br />
im Zeitraum von 1998 bis 2000. Danach gingen sie leicht zurück und stagnierten in<br />
jüngster Vergangenheit bei etwa 150 Fortziehenden (über einen Zeitraum von drei Jahren).<br />
Auch die Zuzüge aus Großenkneten stiegen im Beobachtungszeitraum kontinuierlich<br />
an, so dass sie in jüngster Vergangenheit die Zahl der Fortzüge erreichten. Der zuvor<br />
negative Wanderungssaldo schwächt sich somit seit einiger Zeit ab und lag zuletzt bei<br />
Null. Die Zeiten in denen Bewohner stadtnaher Gemeinden noch weiter ins Umland gezogen<br />
sind, scheinen vorbei zu sein.<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
Zuzug<br />
Fortzug<br />
Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 23: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hatten mit Großenkneten<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten, eigene Berechnungen)<br />
Weitergehende Hinweise auf Wanderungstendenzen, -motive und -perspektiven liefern<br />
die altersbezogenen Auswertungen der vorliegenden Daten. Hierzu werden die altersspezifischen<br />
Wanderungsbeziehungen der drei wichtigsten Wanderungsverflechtungen<br />
spezifiziert nach Altersgruppen in zwei 3-Jahres-Zeiträumen beispielhaft betrachtet: mit<br />
<strong>Oldenburg</strong> (Oberzentrum), Wardenburg (direkte Umlandgemeinde der Stadt <strong>Oldenburg</strong>)<br />
sowie der Gemeinde Großenkneten (ländlichere Kommune im „zweiten Ring“ um das<br />
Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong>). Im ersten betrachteten Zeitraum 1998 – 2000 ist die Gemeinde<br />
Hatten besonders dynamisch gewachsen; gegen Ende des zweiten Zeitraumes (2004 bis<br />
2006) war bereits eine leichte Abschwächung der Dynamik erkennbar. Die aktivsten Bevölkerungsgruppen,<br />
die das Wanderungsgeschehen in der Gemeinde Hatten am stärksten<br />
prägen, sind die Familien sowie die jungen Erwachsenen, die meist aufgrund von<br />
Ausbildungsplatzsuche oder Studium umziehen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 18
<strong>Oldenburg</strong><br />
Die Zuzüge von <strong>Oldenburg</strong>er Familien in die Gemeinde Hatten sind deutlich zurückgegangen.<br />
Und auch junge Menschen zwischen 18 und 29 Jahren sind in der<br />
jüngsten Vergangenheit immer seltener nach Hatten gezogen, so dass Hatten in<br />
dieser Altersgruppe eine negative Wanderungsbilanz mit <strong>Oldenburg</strong> aufweist.<br />
Die Struktur der altersspezifischen Wanderungsverflechtungen mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong><br />
hat sich beim Vergleich der beiden Zeiträume deutlich verändert: Während Hatten zwischen<br />
1998 und 2000 enorme Wanderungsgewinne in nahezu allen Altersgruppen (Ausnahme<br />
80-100-Jährige) erzielen konnte, sind diese im zweiten Zeitraum insgesamt zusammengeschmolzen.<br />
In der Altersklasse 18-29 Jahre verliert Hatten sogar Einwohner<br />
an das Oberzentrum. Der Wanderungsgewinn junger Menschen lag 1998-2000 noch bei<br />
+60 Personen, im Zeitraum 2004-2006 kehrte sich das Plus in einen Verlust von -10 Personen<br />
um. Auffällig sind auch die Einbußen bei den Zuzügen von Familien (Altersklassen<br />
0-17 Jahre und 30-49 Jahre): das Wanderungsplus verringerte sich um 32%. Ausgelöst<br />
wurden diese Verschiebungen in erster Line durch deutlich rückläufige Zuzüge, während<br />
die Fortzüge nur leicht zurückgingen.<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
17<br />
10<br />
13<br />
23<br />
37<br />
39<br />
35<br />
21<br />
50<br />
37<br />
57<br />
31<br />
99<br />
106<br />
167<br />
208<br />
213<br />
239<br />
249<br />
252<br />
264<br />
0 100 200 300 400 500 600<br />
312<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 19<br />
352<br />
482<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 24: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hatten mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong><br />
nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
Wardenburg<br />
Die Fortzüge von Familien nach Wardenburg haben abgenommen. Gleichzeitig<br />
sind die Zuzüge leicht angestiegen, so dass ein Wanderungsplus in den entsprechenden<br />
Altersgruppen besteht. Auch der positive Saldo bezüglich der jungen<br />
Erwachsenen hat sich erhöht.<br />
Während die Zuzüge von Familien aus <strong>Oldenburg</strong> (wie oben beschrieben) deutlich abgenommen<br />
haben, sind sie aus Wardenburg beim Vergleich der beiden Zeiträume leicht<br />
angestiegen. Der gleichzeitig ausgeprägte Rückgang der Fortzüge von Personen in den<br />
entsprechenden Altersklassen, hat dazu geführt, dass der Wanderungsverlust von Hattener<br />
Familien an die Gemeinde Wardenburg aktuell nicht mehr existiert. Auch die Fortzüge<br />
junger Erwachsener sind leicht gesunken, so dass mehr 18-29-Jährige von Wardenburg<br />
nach Hatten ziehen als umgekehrt.
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
2<br />
1<br />
3<br />
2<br />
6<br />
7<br />
7<br />
6<br />
7<br />
9<br />
10<br />
16<br />
32<br />
35<br />
43<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />
47<br />
49<br />
50<br />
51<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 20<br />
56<br />
62<br />
65<br />
66<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 25: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hatten mit der Gemeinde<br />
Wardenburg nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
Großenkneten<br />
Die steigenden Zuzüge von Familien aus der Gemeinde Großenkneten konnten den<br />
negativen Wanderungssaldo abschwächen. Das Wanderungsdefizit bezüglich der<br />
jungen Erwachsenen konnte hingegen durch sinkende Fortzüge mehr als ausgeglichen<br />
werden.<br />
Die altersspezifischen Wanderungsverflechtungen der Gemeinden Hatten und Großenkneten<br />
haben sich zwischen den beiden Zeiträumen grundlegend geändert. Die Fortzüge<br />
in den Familienaltersklassen (0-17 Jahre und 30-49 Jahre) haben abgenommen und die<br />
Zuzüge haben gleichzeitig deutlich zugenommen. Dies hatte zur Folge, dass der negative<br />
Wanderungssaldo geschmälert wurde und nun gegen Null tendiert. Die ebenfalls deutlich<br />
gesunkenen Fortzüge junger Erwachsener nach Großenkneten haben im zweiten Zeitraum<br />
zu einem leichten Wanderungsplus in der Altersklasse der 20-29-Jährigen geführt.<br />
2<br />
0<br />
80-100<br />
1<br />
0<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
4<br />
4<br />
5<br />
8<br />
8<br />
9<br />
9<br />
13<br />
14<br />
25<br />
26<br />
27<br />
0 10 20 30 40 50 60<br />
33<br />
35<br />
35<br />
39<br />
42<br />
44<br />
47<br />
78<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 26: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hatten mit der Gemeinde<br />
Großenkneten nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
53
Insgesamt 5 ist der Wanderungssaldo bezüglich der Familienaltersgruppen um fast<br />
35% geschrumpft und lag zuletzt bei etwa +250 Personen – trotz der positiven Entwicklung<br />
der Wanderungsverflechtungen mit Wardenburg und Großenkneten. Das<br />
Wanderungsplus der jungen Erwachsenen hat sich ebenfalls deutlich (um etwa<br />
67%) verkleinert.<br />
Bezüglich der Gruppe der älteren Menschen ab 60 Jahren und der 50-59-Jährigen, kann<br />
im Rahmen der analysierten Wanderungsverflechtungen mit den drei ausgewählten Kommunen<br />
festgehalten werden, dass quantitativ relevante Wanderungsbeziehungen nur mit<br />
der Stadt <strong>Oldenburg</strong> existieren. Die Wanderungsaktivität der Senioren (ab 60 Jahre) zwischen<br />
Hatten und <strong>Oldenburg</strong> hat insgesamt zugenommen. Dabei sind die Zuzüge etwas<br />
stärker angestiegen, so dass das Wanderungsplus vergrößert werden konnte. Auch die<br />
so genannten „Best-Ager“ (50-59-Jährige) ziehen häufiger von <strong>Oldenburg</strong> nach Hatten<br />
als umgekehrt. Der positive Wanderungssaldo in dieser Altersgruppe hat sich jedoch<br />
zwischen den beiden Zeiträumen abgeschwächt. Vor dem Hintergrund entsprechender<br />
zielgruppenspezifischer Wohnangebote und des Einflusses, den diese Bevölkerungsgruppen<br />
zukünftig auf dem Wohnungsmarkt vermutlich haben werden, könnte das Wanderungsplus<br />
dieser Bevölkerungsgruppen neben den Familien durchaus als Potenzial<br />
gesehen werden.<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Hatten<br />
Wie lassen sich die beschriebenen Prozesse und Strukturen bei den demografischen<br />
Prozessen der Gemeinde Hatten im Hinblick auf die künftig zu erwartenden Entwicklungen<br />
interpretieren?<br />
An dieser Stelle wird bewusst auf den (alleinigen) Verweis auf existierende Prognosen<br />
verzichtet, denn die jüngsten Entwicklungstendenzen zeigen sehr deutlich die Grenzen<br />
und Unsicherheiten prognostischer Modelle auf, wenn sie in einer sehr kleinen räumlichen<br />
Auflösung angewendet werden. Speziell Veränderungen bei den Wanderungsverflechtungen<br />
– die gerade für die Stadt-Umland-Verflechtungen zentrale Bedeutung besitzen<br />
– sind aufgrund ihrer äußerst vielschichtigen und komplexen Ursachen und Wirkungszusammenhänge<br />
kaum zu operationalisieren.<br />
Im Folgenden sollen daher aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen vielmehr die wichtigsten<br />
qualitativen Trends am Beispiel der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> im Nordwesten<br />
herausgestellt werden. Diese Darstellung ermöglicht auch eine regionale Einordnung<br />
der demografischen Prozesse in der Gemeinde.<br />
Vieles deutet darauf hin, dass die v.a. in den 1990er Jahren zu beobachtende Abwanderung<br />
besonders der jungen Familien aus den (Groß)Städten 6 derzeit zu Ende geht und<br />
sich stattdessen eine Entwicklung fortsetzen wird, die nach der Jahrtausendwende eingesetzt<br />
hat:<br />
• Orientierung der Familien auf gut ausgestattete Standorte, z.B. Stadtrandlagen<br />
5 In Bezug auf die analysierten Wanderungsverflechtungen mit den drei Kommunen: <strong>Oldenburg</strong>, Wardenburg<br />
und Großenkneten. Diese besitzen quantitativ die größte Relevanz beim Wanderungsgeschehen der Gemeinde<br />
Hatten.<br />
6 Für die Gemeinde Hatten hat die Stadt <strong>Oldenburg</strong> die größte Bedeutung in Bezug auf Suburbanisierungsvorgänge.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 21
• Zunehmender Fortzug/Rückzug der jungen Erwachsenen in die (Nähe der) Arbeitsplatzzentren<br />
• Tendenzen bei den Senioren zum Umzug in zentrale Ortslagen (teilweise auch in die<br />
Städte)<br />
Das Wachstum der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> ist nach 20 Jahren zum Stillstand<br />
gekommen. Ein gleichzeitig ausreichendes Angebot an günstigen Immobilien<br />
und Baugrundstücken in allen Lagequalitäten hat den Suburbanisierungsdruck<br />
deutlich abgeschwächt.<br />
Mit der Abschaffung der Eigenheimzulage, der Kürzung der Entfernungspauschale und<br />
dem Konjunktureinbruch nach der Jahrtausendwende sind wesentliche Push-Faktoren<br />
der weit in die Region hineinreichenden Suburbanisierungswelle der letzten fünfzehn<br />
Jahre fortgefallen. Zudem haben sich die Impulse der Wohnungs- und Immobilienmärkte<br />
deutlich verändert. In den 1990er Jahren konnte die Nachfrage nach Wohnungen wie<br />
auch nach Bauland in zentraleren Lagen kaum befriedigt werden: Einerseits drängten<br />
zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge und Aussiedler nach Deutschland, andererseits<br />
befand sich die im Altersaufbau Deutschlands deutlich herausstechende letzte Babyboomer-Generation<br />
der in den 1960ern Gebürtigen in der Familiengründungsphase, wodurch<br />
die Nachfrage nach Einfamilienhäusern einen zusätzlichen Impuls erhielt. Viele<br />
Bewohner der Städte sind in dieser Phase mangels Alternativen in das Stadtumland hinausgezogen.<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
-0,5<br />
-1,0<br />
1969<br />
1970<br />
1971<br />
1972<br />
1973<br />
1974<br />
1975<br />
1976<br />
1977<br />
1978<br />
1979<br />
1980<br />
1981<br />
1982<br />
1983<br />
1984<br />
1985<br />
1986<br />
1987<br />
1988<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
Abb. 27: Bevölkerungsentwicklung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong><br />
im Nordwesten seit 1968 (jährliche %-Entwicklung)<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Ein Blick auf die gesamtregionale Entwicklung veranschaulicht die veränderten Rahmenbedingungen:<br />
Die Bevölkerung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<br />
<strong>Oldenburg</strong> ist aus den genannten Gründen in den 1990ern dynamisch gewachsen – in<br />
Spitzen mit Raten von bis zu 1,4 % jährlich. Seit etwa zehn bis zwölf Jahren ist dieses<br />
Wachstum aber deutlich rückläufig, im Jahr 2006 sind die Einwohnerzahlen im Gebiet der<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 22
heutigen Metropolregion sogar erstmals seit zwanzig Jahren wieder leicht zurückgegangen.<br />
Angesichts der bestehenden demografischen Strukturen und nur geringer Aussicht<br />
auf einen deutlich anziehenden Zuzug in die Region ist nicht zu erwarten, dass sich dieser<br />
Trend in absehbarer Zeit wieder verändern könnte. Da zudem fast alle Kommunen,<br />
insbesondere aber auch die Städte <strong>Oldenburg</strong>, Bremen und Delmenhorst, inzwischen ein<br />
respektables Wohnungs-, Immobilien- und Baulandangebot bereithalten, fällt ein wesentliches<br />
Suburbanisierungsmotiv fort.<br />
Sämtliche ehemals relevanten Faktoren für die Wanderung aus den Städten in das<br />
Umland sind heute demnach nicht mehr in dieser Form gegeben und werden aller<br />
Voraussicht nach auch in absehbarer Zeit nicht wieder eintreten. Daher erscheint<br />
es plausibel, dass die jüngsten Veränderungen im Hinblick auf die Bevölkerungsentwicklungen<br />
und Wanderungsverflechtungen charakteristisch für die zu erwartenden<br />
Entwicklungen sein können.<br />
Im regionalen Vergleich ist die Gemeinde Hatten noch weniger stark von den demografischen<br />
Entwicklungen betroffen. Altersstrukturelle Verschiebungen im Bevölkerungsaufbau<br />
und weniger dynamische Einwohnerzuwächse durch veränderte Strukturen bei den<br />
Wanderungsverflechtungen sind jedoch auch hier erkennbar.<br />
Wanderungen:<br />
• Mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong> pflegt die Gemeinde Hatten die intensivsten Wanderungsbeziehungen.<br />
Es sind jedoch in der jüngsten Vergangenheit immer weniger <strong>Oldenburg</strong>er<br />
Familien in die Gemeinde Hatten gezogen. Diese Veränderung macht sich u.a. in<br />
der weniger dynamischen Bevölkerungsentwicklung bemerkbar. Verstärkt wird dieser<br />
Trend durch die zunehmenden Fortzüge junger Erwachsener nach <strong>Oldenburg</strong>. Diese<br />
Veränderungen in den Wanderungsverflechtungen dürften sich zukünftig weiter fortsetzen<br />
oder sogar verstärken, so dass die weiter schrumpfenden Zuzüge von Familien<br />
aus <strong>Oldenburg</strong> wahrscheinlich das Bevölkerungswachstum weiter einschränken<br />
werden.<br />
Bevölkerungsentwicklung:<br />
• Das zuvor dynamische Bevölkerungswachstum hat sich zuletzt abgeschwächt. Die<br />
bisher starke Bedeutung der Zuzüge aus <strong>Oldenburg</strong> für die Entwicklung der Einwohnerzahl<br />
Hattens dürfte auch in Zukunft gegeben sein, denn der deutliche Rückgang<br />
der Geburtenzahlen setzt sich höchstwahrscheinlich fort (abnehmende Familien-<br />
Zuzüge und Abwanderung der jungen Erwachsenen). Aufgrund der beschriebenen<br />
Strukturverschiebungen der Wanderungsverflechtungen ist nicht davon auszugehen,<br />
dass sich zukünftig erneut eine ausgeprägte Wachstumsphase anschließen wird.<br />
• Die Siedlungsschwerpunkte Sandkrug, Streekermoor und Kirchhatten dürften voraussichtlich<br />
noch von den verbleibenden Zuzügen profitieren, da sie über eine verhältnismäßig<br />
gut ausgebaute Infrastruktur verfügen. Zudem ist in Sandkrug die Nähe<br />
zu <strong>Oldenburg</strong> ein positiver Standortfaktor.<br />
Altersstrukturen:<br />
• Zwar hat sich auch in der Gemeinde Hatten die Anzahl der Senioren erhöht, jedoch<br />
im Vergleich zu den übrigen Gemeinden im <strong>Landkreis</strong> in weniger starkem Umfang. In<br />
den kleineren Ortsteilen sind die Anteile älterer Menschen derzeit besonders hoch.<br />
Hier dürften sich zudem die fehlenden Zuzüge junger Erwachsener verstärkt auf die<br />
Altersstruktur auswirken.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 23
• Die „Alterung“ der Gemeinde nimmt auch dadurch zu, dass die Anzahl junger Erwachsener<br />
immer weiter abnimmt. Besonders die Fortzüge in das Oberzentrum haben<br />
in den vergangenen Jahren zugenommen und dürften sich aufgrund der beschriebenen<br />
Strukturverschiebungen weiter fortsetzen. Doch auch – oder gerade - ältere<br />
Menschen spielen zukünftig vermutlich eine immer größere Rolle beim Wanderungsgeschehen<br />
(schon heute verzeichnet die Gemeinde Hatten ein Wanderungsplus<br />
in der Senioren-Altersklasse 60+). Dies dürfte auf der einen Seite ein großes Potenzial,<br />
auf der anderen Seite jedoch auch eine zukünftige Verstärkung der „Schieflage“<br />
der Altersstruktur bedeuten.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 24
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen<br />
Wandel<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
Der Wohnungs- und Immobilienmarkt der Gemeinde Hatten ist in einigen Ortsteilen deutlich<br />
von den hohen Wanderungsgewinnen vor allem seit den 1990er Jahren sowie der<br />
Nähe zur Großstadt <strong>Oldenburg</strong> geprägt. Das Einfamilienhaus stellt mit 81% die dominierende<br />
Wohnform dar. Nur etwa jede neunte Wohnung (11%) befand sich am 31.12.2006<br />
in Mehrfamilienhäusern mit mehr als zwei Wohnungen (Quelle: Niedersächsisches Landesamt<br />
f. Statistik, Gebäude- und Wohnungsfortschreibung in Niedersachsen).<br />
Wohnbauland ist laut dem aktuellen Grundstücksmarktbericht (2007) in der Gemeinde<br />
Hatten im Vergleich zu den übrigen direkten Umlandgemeinden im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong><br />
verhältnismäßig günstig. Der Bodenrichtwert für Wohnbauflächen liegt in Hatten für mittlere<br />
Lagen bei 85€ / m²; Wohnbauflächen gleicher Lage sind in Wardenburg und Hude<br />
etwa 5-15€ / m² teurer. Die Möglichkeit günstiges Bauland erwerben zu können, hat in<br />
der Vergangenheit zu einem erheblichen Bauboom in Hatten und zum Zuzug vieler Familien<br />
aus dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> geführt.<br />
Trotz der räumlichen Nähe zu <strong>Oldenburg</strong> ist daher die Haushaltsgröße in Hatten mit 2,5<br />
Personen noch recht hoch und nur teilweise städtisch geprägt. Im regionalen Vergleich<br />
weist lediglich die Gemeinde Großenkneten eine höhere durchschnittliche Haushaltsgröße<br />
auf (vgl. Abb. 28).<br />
3,2<br />
3,0<br />
2,8<br />
2,6<br />
2,4<br />
2,2<br />
2,0<br />
Ganderkesee Großenkneten SG Harpstedt Hatten<br />
Hude Wildeshausen Dötlingen Wardenburg<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 28: Durchschnittliche Haushaltsgröße (Einwohner je Wohnung) in den<br />
Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong><br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten des Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Bevölkerungsfortschreibung; Wohnungs- und Gebäudefortschreibung)<br />
Neben der im regionalen Vergleich recht hohen durchschnittlichen Haushaltsgröße weist<br />
die Gemeinde Hatten mit 45,4 m² eine recht niedrige Wohnfläche pro Kopf auf. Der Zuwachs<br />
an Wohnfläche in Hatten hat sich vor allem in den vergangenen etwa 15 Jahren<br />
von der Einwohnerentwicklung abgekoppelt (vgl. Abb. 29). Die rechnerisch jedem Einwohner<br />
zur Verfügung stehende Wohnfläche ist seit 1992 um rund 13 % gestiegen und<br />
liegt damit aktuell etwa 2 m² über dem niedersächsischen Durchschnittswert.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 25
Index: 1986 = 100<br />
180<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
Index Wohnfläche<br />
Index Einwohner<br />
Wohnfläche/Einwohner<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 29: Wohnflächenentwicklung in der Gemeinde Hatten 1986-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
Betrachtet man die Fertigstellung neuer Wohngebäude im Zeitraum von 1991 bis 2006,<br />
so fällt auf, dass in den Jahren 1995, 1996 und 1999 Spitzenwerte von über 100 Neubauvorhaben<br />
erreicht wurden (vgl. Abb. 30). Auch insgesamt kann der Zeitraum von<br />
1993 bis 1999 als die Zeitspanne mit der bisher größten Bauaktivität bezeichnet werden:<br />
Durchschnittlich wurden jährlich etwa 88 Wohngebäude errichtet. Nach der Jahrtausendwende<br />
hat die Zahl der Baufertigstellungen zwar deutlich abgenommen (2000-2006: jährlich<br />
im Schnitt nur noch etwa 57 neue Wohngebäude), ein kontinuierliches und drastisches<br />
Abnehmen der Neubauaktivität wie in anderen (meist ländlicheren) Kommunen<br />
des <strong>Landkreis</strong>es ist jedoch noch nicht in dem Ausmaß erkennbar.<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
69<br />
1991<br />
1<br />
mit 1 und 2 Wohnungen<br />
mit 3 und mehr Wohnungen<br />
45<br />
1992<br />
3<br />
81<br />
1993<br />
74<br />
7 7<br />
1994<br />
95<br />
1995<br />
13<br />
91<br />
1996<br />
10<br />
59<br />
1997<br />
6<br />
50<br />
1998<br />
2<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 26<br />
116<br />
5<br />
47<br />
3<br />
48<br />
37<br />
1 0<br />
Abb. 30: Neue Wohngebäude in Hatten 1991 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
81<br />
2003<br />
2<br />
71<br />
2004<br />
5<br />
54,0<br />
52,0<br />
50,0<br />
48,0<br />
46,0<br />
44,0<br />
42,0<br />
40,0<br />
38,0<br />
36,0<br />
43<br />
2005<br />
1<br />
Wohnfläche/Einwohner [qm]<br />
52<br />
2006<br />
6
Wie im ersten Teil der vorliegenden Fallstudie deutlich wurde, ist Hatten von der zweiten<br />
um 1990 einsetzenden Suburbanisierungswelle voll erfasst worden. Seither ist die Einwohnerzahl<br />
vor allem durch Zuzüge aus <strong>Oldenburg</strong>, aber auch aufgrund eines meist<br />
deutlichen Geburtenüberschusses, kontinuierlich angestiegen. Die Gemeinde Hatten hat<br />
sich der starken Nachfrage nach Wohnbauland aus dem Oberzentrum nicht verschlossen<br />
und eine Reihe von Bebauungsplänen aufgestellt. Dabei haben die einzelnen Ortsteile in<br />
unterschiedlichem Ausmaß von den Zuzügen profitiert. Die folgende Übersicht (vgl. Abb.<br />
31) zeigt die Anzahl der noch verfügbaren Grundstücke in den jeweiligen Ortsteilen.<br />
Deutlich wird zum einen, dass sich die Siedlungsentwicklung auf die Ortsteile Kirchhatten,<br />
Hatterwüsting, Streekermoor und Sandkrug konzentriert. Wobei der Siedlungsbereich<br />
Streekermoors direkt an den Siedlungsbereich Sandkrugs angegliedert ist. Zum<br />
anderen ist erkennbar, dass die Nachfrage nach Baugrundstücken in den Ortsteilen<br />
Kirchhatten und Hatterwüsting offenbar deutlich stärker zurückgegangen ist, als in Sandkrug<br />
und Streekermoor. Hier stehen kaum noch freie Grundstücke in Neubaugebieten zur<br />
Verfügung. Die Lage der Ortseile dürfte hierbei eine Rolle spielen: Sandkrug und Streekermoor<br />
liegen im nördlichen Gemeindegebiet und somit näher an der Großstadt <strong>Oldenburg</strong>.<br />
Zudem verfügt Sandkrug über einen Halt der NordWestBahn, so dass auch eine<br />
direkte Anbindung an <strong>Oldenburg</strong> (und Osnabrück) über das Schienennetz besteht.<br />
Der aktuell zurückgehende Verkauf von Grundstücken liegt aber auch in der regionsweit<br />
sinkenden Nachfrage begründet, die sich zunehmend auf bestimmte Kernbereiche konzentriert.<br />
Da das Angebot größer ist als die Nachfrage, sind bestimmte Standorte weniger<br />
begehrt. Noch vor wenigen Jahren hat sich aufgrund sehr großer Nachfrage beispielsweise<br />
eine weniger optimale Lage und verkehrliche Anbindung eines Grundstückes kaum<br />
auf den Verkauf ausgewirkt.<br />
Der Neubau von Wohnhäusern kann zur Zeit in der Gemeinde Hatten sowohl in Neubaugebieten<br />
als auch als Lückenbebauung in gewachsenen Wohngebieten erfolgen. Eine<br />
Teilung von großen Grundstücken ist in der Gemeinde jedoch nicht möglich, da die Politik<br />
sich dafür ausgesprochen hat, das Ortsbild zu wahren. Ausnahmen werden nur in seltenen<br />
Fällen genehmigt, wenn bspw. der Neubau von Familienmitgliedern genutzt wird.<br />
Ortsteil Bezeichnung B-Plan Rechtskraft<br />
ausgewiesene<br />
Grundstücke (ca.)<br />
noch verfügbare<br />
Grundstücke (ca.)<br />
Kirchhatten "Gewerbegebiet Kichhatten/ Am alten Reitplatz" 3. Änderung 2004 30 25<br />
"Kirchhatten/ Sandhatter Straße" 2000 60 10<br />
Hatterwüsting "Hatterwüsting/ Dorfstraße/ Fasanenweg" 2006 30 15<br />
Streekermoor "Streekermoor/ Borchesweg/ Schulweg" 2003 40 25<br />
"Streekermoor/ Ginsterweg"* 1999 nur noch Restgrundstücke verfügbar<br />
Sandkrug<br />
Außenbereichssatzung<br />
"Sandkrug/ Hinter dem Esch"<br />
Außenbereichssatzung<br />
"Sandkrug/ Im Wiesengrund/ Waldschneise"<br />
*Baugebiet befindet sich direkt am Rand des Siedlungskerns von Sandkrug<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 27<br />
2001<br />
2002<br />
nur noch Restgrundstücke verfügbar<br />
nur noch Restgrundstücke verfügbar<br />
Abb. 31: Baugebiete mit noch verfügbaren Bauplätzen in der Gemeinde Hatten<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten der Gemeinde Hatten; Stand: Dezember 2007)<br />
Die Auflistung zeigt, dass die Nachfrage nach Baugrundstücken im Gemeindeteil Sandkrug/<br />
Streekermoor deutlich größer ist als in Kirchhatten und Hatterwüsting. Nach Aussage<br />
der örtlichen Immobilienexperten ist jedoch auch beim Grundstücksverkauf in Sandkrug<br />
ein Punkt erreicht, ab dem die Entwicklung aufgrund rückläufiger Nachfrage etwas<br />
langsamer verläuft.
Abb. 32: Neubaugebiete in Kirchhatten und Hatterwüsting<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Oktober 2007)<br />
Nach Einschätzung von Immobilienexperten ist für den Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
in Hatten derzeit grundsätzlich noch keine problematische Nachfrageentwicklung zu befürchten.<br />
Dies liegt insbesondere an der guten Infrastrukturausstattung und der Nähe<br />
zum Oberzentrum. Allerdings gilt diese Bewertung ausschließlich für integrierte Standorte,<br />
während die peripheren Lagen im Außenbereich oder Bereiche mit mangelhafter<br />
ÖPNV-Anbindung in Zukunft mit rückläufiger Nachfrage rechnen müssen.<br />
Aufgrund der vorteilhaften Lage und der guten Infrastrukturausstattung dürfte der<br />
Rückgang von Familienzuzügen aus dem Oberzentrum weiterhin vergleichsweise<br />
moderat ausfallen.<br />
Hatten - und v.a. der Ortsteil Sandkrug - liegt in unmittelbarer Nähe zur Stadtgrenze <strong>Oldenburg</strong>s<br />
und kann einige Flächen in guter Lagequalität als Bauland ausweisen. Vor<br />
allem die günstige verkehrliche Anbindung sowohl für den MIV als auch den ÖPNV<br />
(Bahnhof in Sandkrug mit Halt der NWB) ist ein wesentlicher Vorteil Hattens bei der<br />
Wohnortwahl. Zudem ist die Versorgung mit Dingen des alltäglichen Bedarfs gegeben.<br />
Diese Standortbedingungen sind gerade auch für die wachsende Generation 50+ als<br />
günstig zu bezeichnen. Aus diesem Grund dürfte Hatten voraussichtlich auch künftig<br />
Potenzial für Zuzüge von <strong>Oldenburg</strong>ern besitzen – wenn auch in deutlich geringerem<br />
Umfang als in den vergangenen Jahren. Dabei ist bei eventuellen Baulandausweisungen<br />
auf eine zentrale Lage oder zumindest gute Erreichbarkeit durch den ÖPNV zu achten,<br />
damit die zuvor beschrieben Standortvorteile auch genutzt werden können.<br />
Gute Entwicklungschancen haben besonders die zentralen Ortsteile mit hoher<br />
Siedlungsdichte. Infrastrukturdefizite in den peripheren Lagen werden zunehmend<br />
zum Standortnachteil.<br />
Gute Infrastrukturausstattung sowie günstige verkehrliche Anbindung sind nahezu ausschließlich<br />
in den zentralen Siedlungsbereichen Hattens gegeben (v.a. in Sandkrug und<br />
Kirchhatten). Die kleineren Ortsteile im Gemeindegebiet zeigen z.T. ein weniger vielfältiges<br />
Infrastrukturangebot - wie bspw. fehlende Möglichkeiten der Kinderbetreuung oder<br />
der Nahversorgung. Aus diesen Gründen wurden bisher selbst in den Hochphasen der<br />
Suburbanisierung in den peripher gelegenen Ortsteilen vergleichsweise wenig bis gar<br />
keine Baugrundstücke ausgewiesen und verkauft. Speziell im Hinblick auf die rasch<br />
wachsende Zahl hochbetagter Menschen und die rückläufigen Zuzüge junger Familien ist<br />
auf der einen Seite zu befürchten, dass diese Siedlungen zunehmenden Attraktivitätsverlust<br />
erfahren. Auf der anderen Seite könnte das Beispiel der neu entstandenen (Senioren)Wohnungen<br />
in Streekermoor zeigen, dass neue und alternative Wohnangebote<br />
durchaus auch in weniger optimalen Lagen gefragt sind, da die Nachfrage nach diesen<br />
zur Zeit noch größer ist als das Angebot.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 28
Abb. 33: Neu entstandene barrierefreie Mietwohnungen in Streekermoor<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Oktober 2007)<br />
Der Markt für Ein- und Zweifamilienhäuser im Neubau und im Bestand ist in Hatten<br />
relativ ausgeglichen. Angebotsdefizite bestehen eher im Bereich von Miet- und<br />
Eigentumswohnungen.<br />
Laut dem Grundstücksmarktbericht 2007 ist die Zahl der verkauften Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
im <strong>Landkreis</strong> im Vergleich zum Vorjahr um etwa 7% zurückgegangen. In den<br />
kommenden Jahren und Jahrzehnten werden jedoch aufgrund des anstehenden Generationenwechsels<br />
immer mehr Eigenheime auf den Markt kommen. Diese Entwicklung<br />
kann durchaus als problematisch angesehen werden, da die Nachfrage von Familiengründern<br />
durch die schrumpfenden Elterngenerationen kontinuierlich zurückgehen wird.<br />
In der Gemeinde Hatten ist laut Aussage der Immobilienexperten noch keine schwierige<br />
Entwicklung auf dem Bestandsimmobilienmarkt zu verzeichnen: Angebot und Nachfrage<br />
sind ausgeglichen. Erkennbar ist jedoch ein Ansteigen der Sanierungskosten bei Häusern,<br />
die älter als zehn Jahre sind, so dass ein Neubau im Endeffekt oft günstiger ist.<br />
Trotzdem ist kein Leerstand bei Wohnimmobilien vorhanden.<br />
Die auf dem Immobilienmarkt aktiven Akteure sehen jedoch zukünftig einen Anpassungsbedarf<br />
im Bereich des Angebots an Miet- und Eigentumswohnungen. Aufgrund der<br />
zunehmenden Zahl von Singlehaushalten und Alleinerziehenden sowie älteren Menschen<br />
wird auch die Nachfrage nach kleineren Wohnungen vermutlich steigen. In diesem Bereich<br />
hat es in den letzten Jahren kaum eine Entwicklung gegeben, so dass die Nachfrage<br />
das Angebot übersteigen dürfte.<br />
5.2 Soziale Infrastruktur<br />
5.2.1 Kinderbetreuung<br />
In der Gemeinde Hatten gibt es acht Kinderbetreuungseinrichtungen – vier im Ortsteil<br />
Sandkrug, zwei in Kirchhatten und zwei in Hatterwüsting. Zudem besteht die Möglichkeit<br />
für 23 Kinder aus der Gemeinde Hatten, das Angebot des <strong>Oldenburg</strong>er Kindergartens St.<br />
Josef zu nutzen. Eine Betreuung von Kindern zwischen 1,5 und 3 Jahren erfolgt im Kindergarten<br />
Hebbelstraße (Hatterwüsting) und in der Kindertagesstätte am Gartenweg<br />
(Sandkrug).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 29
Anzahl Plätze<br />
(01.08.2007)<br />
Einrichtung Ortsteil genehmigt belegt Angebot<br />
Vormittags-, Integrations- und<br />
Kommun. KiGa Hebbelstraße Hatterwüsting 68 68 Ganztagsgruppen sowie<br />
eine Krippengruppe (11 von 15 belegt)<br />
Vormittagsgruppe und<br />
Kommun. KiTa am Gartenweg Sandkrug 40 37<br />
Krippengruppe (13 von 15 belegt)<br />
Kommun. KiGa in der Alten Dorfschule Hatterwüsting 50 48 Vormittagsgruppen<br />
Vormittags-, Integrations-,<br />
Ev. Kindergarten Sandkrug Sandkrug 109 104<br />
Nachmittags- und Ganztagsgruppen<br />
Elternselbsthilfe-KiGa Sandkrug 25 25 Vormittagsgruppe<br />
Malteser-KiGa Sandkrug 25 24 Vormittagsgruppe<br />
Kath. KiGa St. Josef <strong>Oldenburg</strong> 23<br />
Vormittagsplätze<br />
k.A. (23 von 100 Plätzen stehen Kindern aus<br />
der Gemeinde Hatten zur Verfügung)<br />
Vormittags-, Integrations und<br />
Ev.-luth. KiGa Kirchhatten Kirchhatten 138 136<br />
Nachmittagsgruppen<br />
Kindergarten Sonnenstrahl (Waldorf) Kirchhatten 20 17 Vormittagsplätze<br />
Abb. 34: Auslastung der Kinderbetreuungseinrichtungen 2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es<br />
<strong>Oldenburg</strong> 2007)<br />
Aktuell sind alle Einrichtungen recht gut ausgelastet. Bei zukünftiger Unterauslastung<br />
plant die Gemeinde Hatten die Einrichtung weiterer Krippenplätze.<br />
Nach der Tagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> waren zum<br />
01.08.2007 498 Plätze in Betreuungseinrichtungen für Kinder der Gemeinde Hatten vorhanden.<br />
Der Betreuungsbedarf 7 lag zu diesem Zeitpunkt bei 472 Plätzen, so dass eine<br />
Versorgungsquote von 106% bestand. Freie Kapazitäten sind nur in sehr geringem Umfang<br />
vorhanden und bestehen sowohl bei Vormittags- als auch bei Nachmittagsplätzen<br />
sowie über das gesamte Gemeindegebiet verteilt. Nach Aussagen der Verantwortlichen<br />
aus der Gemeindeverwaltung sind die Krippenplätze und auch das Nachmittagsangebot<br />
besonders im Ortsteil Sandkrug gefragt.<br />
Für die 387 gemeldeten Kinder unter drei Jahren (im Jahr 2006; Daten des NLS) stehen<br />
bisher 30 Plätze in 2 Krippengruppen zur Verfügung. Erfahrungen zeigen, dass eine<br />
Betreuung unter Dreijähriger immer gefragter wird, in den meisten Gemeinden jedoch ein<br />
Unterangebot an Betreuungsmöglichkeiten besteht. Auch in Hatten liegt die Betreuungsquote<br />
der Kleinkinder bei nur etwa 8%. Entsprechend den Vorgaben aus dem Tagesbetreuungsausbaugesetz<br />
(TAG; Vorgabe: ‚bedarfsgerechtes’ Angebot bis 2010) und den<br />
jüngsten bundes- und landespolitischen Beschlüssen, wonach bis 2013 für 35 % aller<br />
Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze (in Betreuungseinrichtungen oder durch Tagesmütter)<br />
zur Verfügung stehen sollen und ab 2013 sogar ein Rechtsanspruch auf einen<br />
Krippenplatz besteht, existieren auch in der Gemeinde Hatten Anpassungsbedarfe.<br />
7<br />
Platzbedarf für: 75 % der dreijährigen Kinder, 90 % der vierjährigen Kinder, 90 % der fünfjährigen Kinder und<br />
50 % der sechsjährigen Kinder<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 30
700<br />
650<br />
600<br />
550<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
3-6-Jährige<br />
Platzbedarf in Betreuungseinrichtungen<br />
1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11<br />
Abb. 35 Zahl der 3- 6-Jährigen und Platzbedarf 8 in Betreunngseinrichtungen<br />
1995/96 – 2007/08 und Prognose bis 2010/11<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Oldenburg</strong> 2007)<br />
Die Prognosen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> im Rahmen der Kindertagesstättenbedarfsplanung<br />
(vgl. Abb. 35) und die der Gemeinde Hatten (vgl. Abb. 36) für die nächsten drei<br />
Kindergartenjahre zeigen, dass die Anzahl der Kinder mit Anspruch auf einen Kindergartenplatz<br />
bereits seit dem letzten Kindergartenjahr abgenommen hat und auch zukünftig<br />
weiter abnehmen wird. Dabei sind sowohl der Raum Kirchhatten als auch der Raum<br />
Sandkrug/ Hatterwüsting von den Rückgängen betroffen.<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
2008/2009 2009/2010 2010/2011<br />
158<br />
149<br />
142<br />
Raum Kirchhatten Raum Sandkrug/ Hatterwüsting<br />
Abb. 36: Prognose der Entwicklung der Kinderzahlen 9 in den entsprechenden<br />
Kindergartenjahren nach Ortsteilen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Hatten, November 2007)<br />
8 Der Bedarf errechnet sich aus: 75% der 3-Jährigen, 90% der 4-5-Jährigen und 50% der 6-Jährigen.<br />
9<br />
100% von 3 vollen Jahrgängen + angenommene Zuzüge aufgrund der Ausweisung neuer Baugebiete (10 pro<br />
Jahrgang in Sandkrug/ Hatterwüsting und 6 in Kirchhatten)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 31<br />
282<br />
273<br />
248
Ursachen für den Rückgang des Bedarfs an Betreuungsplätzen sind zunächst leicht sinkende<br />
Geburtenzahlen. Die aktuellen Kindergarten-Jahrgänge sind noch vergleichsweise<br />
stark besetzt und lassen sich näherungsweise über die Geburtsjahrgänge 2002 – 2004<br />
erfassen. In diesem Zeitraum sind in Hatten 355 Kinder geboren worden. Im Vergleich zu<br />
den stärksten Geburtsjahrgängen in den vergangenen 20 Jahren (437; 1999 - 2001) entspricht<br />
dies jedoch bereits einem Rückgang um etwa 19%. Seit dem Jahr 2001 geht die<br />
Zahl der jährlichen Geburten weiter zurück. Diese negative Entwicklung der Geburtenzahlen<br />
dürfte sich weiter fortsetzen. Gerade die nachrückenden potenziellen Elternjahrgänge<br />
10 fallen in Hatten außerordentlich schwach aus.<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen<br />
Die Gemeinde Hatten verfügt über drei Grundschulstandorte. Diese befinden sich in den<br />
Ortsteilen Sandkrug, Kirchhatten und Streekermoor. Darüber hinaus gibt es in der Gemeinde<br />
eine Haupt- und Realschule (Waldschule).<br />
Einrichtung<br />
Schülerzahl<br />
(2006/2007) Zügigkeit<br />
GS Sandkrug 396 vierzügig<br />
GS Kirchhatten 179 zweizügig<br />
GS Streekermoor 70 einzügig<br />
Waldschule:<br />
Hauptschule<br />
Realschule<br />
167<br />
ein- bis zweizügig<br />
(2007/2008)<br />
353<br />
zwei- bis dreizügig<br />
(2007/2008)<br />
Abb. 37: Schulen in der Gemeinde Hatten<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Angaben der Gemeinde Hatten, November 2007)<br />
Grundschulen<br />
Ein Blick auf die Entwicklung der Grundschülerzahlen seit Ende der 1990er Jahre zeigt,<br />
dass ein enormer Anstieg besonders bis zur Jahrtausendwende stattgefunden hat. Hier<br />
stieg die Anzahl der Hattener Grundschüler um etwa 10%. In diese Zeit fiel auch das<br />
Hoch der Bevölkerungsentwicklung durch besonders viele Zuzüge – vorrangig von <strong>Oldenburg</strong>er<br />
Familien. Nach einem Rückgang der Schülerzahlen kurz nach der Jahrtausendwende,<br />
stagnieren die Zahlen seit dem Schuljahr 2004/2005.<br />
10 Etwa 50 % aller Kinder sind in Niedersachsen im Jahr 2006 von Frauen im Alter von 26 bis 33 Jahren geboren<br />
worden (Quelle: NLS 2006, Natürliche Bevölkerungsbewegung).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 32
1450<br />
1400<br />
1350<br />
1300<br />
1250<br />
1200<br />
1150<br />
1100<br />
1997/1998 1998/1999 1999/2000 2000/2001 2001/2002 2002/2003 2003/2004 2004/2005 2005/2006 2006/2007<br />
Abb. 38: Entwicklung der Anzahl von Grundschülern<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten der Gemeinde Hatten, November 2007)<br />
Das ausgeprägte Wachstum der Anzahl an Grundschülern in der Gemeinde Hatten<br />
findet seit der Jahrtausendwende nicht mehr statt; mittelfristig dürfte bei weiterhin<br />
geringen Familien-Zuzügen und abnehmenden Geburtenzahlen ein spürbarer<br />
Rückgang der Grundschüler eintreten.<br />
Die Entwicklung der vergangenen zehn Jahre lässt erkennen, dass sich die Schülerzahlen<br />
an den drei Grundschulstandorten deutlich unterschiedlich entwickelt haben (vgl. Abb.<br />
39). Die Zahl der Schüler an den Grundschulen in Streekermoor und Kirchhatten ist um<br />
jeweils 10% bzw. 15% zurückgegangen – mit zwischenzeitlich kurzen Anstiegen. Lediglich<br />
die GS Sandkrug verzeichnet seit dem Schuljahr 1997/1998 nahezu kontinuierlich<br />
leicht steigende Schülerzahlen.<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
GS Sandkrug GS Streekermoor GS Kirchhatten<br />
1997/1998 1998/1999 1999/2000 2000/2001 2001/2002 2002/2003 2003/2004 2004/2005 2005/2006 2006/2007<br />
Abb. 39: Entwicklung der Schülerzahlen nach Grundschulstandorten 1997-2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Hatten, November 2007)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 33
Anpassungen an die zukünftig vermutlich weiter sinkenden Schülerzahlen müssen<br />
höchstwahrscheinlich an allen Standorten erfolgen. An den größeren Standorten<br />
(also ausgenommen GS Streekermoor), könnten Anpassungen über die Klassenzahl<br />
erfolgen. Auch eine Veränderung der Einzugsgebiete wäre denkbar.<br />
Aller Voraussicht nach wird sich der Rückgang der Schülerzahlen an den Grundschulen<br />
weiter fortsetzen, mittel- bis langfristig ist mit einem weiteren Rückgang der Schülerzahlen<br />
an allen Grundschulstandorten zu rechnen. Darauf deuten die aktuellen Meldeamtsdaten<br />
und die Geburtenentwicklungen hin. Die geburtenstärksten Jahrgänge von 1997<br />
bis ca. 2001 (seitdem gehen die Geburtenzahlen leicht zurück) wachsen bis etwa 2011<br />
aus dem Grundschulalter heraus. Rückläufige Schülerzahlen dürften zudem aus den<br />
nachlassenden Zuzügen junger Familien resultieren. Auch die Modellrechnungen der<br />
Gemeindeverwaltung deuten auf eine deutliche Abnahme der zukünftigen Einschulungen<br />
hin. Die einzelnen Standorte dürften jedoch in unterschiedlichem Ausmaß vom Rückgang<br />
der Kinderzahlen betroffen sein. Dies veranschaulicht die folgende Grafik, die die Geburtenzahlen<br />
nach Einzugsbereichen der Grundschulen darstellt.<br />
200<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
GS Sandkrug GS Streekermoor GS Kirchhatten<br />
1998/1999 1999/2000 2000/2001 2001/2002 2002/2003 2003/2004 2004/2005 2005/2006 2006/2007<br />
Abb. 40: Geburten nach Einzugsbereichen der Grundschulstandorte<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Hatten, November 2007)<br />
Der Rückgang bei den Geburtenzahlen ist beim Einzugsbereich der GS Sandkrug beim<br />
Vergleich der Jahrgänge 1998/1999 und 2006/2007 besonders deutlich. Ein markanter<br />
Einschnitt erfolgte hier zudem im Jahrgang 2002/2003, seitdem befinden sich die Zahlen<br />
Neugeborener im Einzugsbereich auf wesentlich niedrigerem Niveau als zuvor, so dass<br />
die GS Sandkrug ab etwa dem Schuljahr 2008/2009 mit einem Rückgang der Schülerzahlen<br />
rechnen muss. Auch für die anderen beiden Grundschulstandorte gehen die Geburtenzahlen<br />
zurück, jedoch ist hier der Rückgang nicht ganz so ausgeprägt.<br />
Eine exakte Prognose der Entwicklung ist jedoch schwierig. Zum einen lässt sich das<br />
künftige Fertilitätsverhalten – auch wegen der sich ändernden politischen Rahmenbedingungen<br />
– schwer einschätzen. Zum anderen sind auch die künftigen Wanderungsverflechtungen<br />
sowie die Wirkung künftiger Neubaugebiete schwer zu prognostizieren. Die<br />
Vermarktung der bestehenden Neubaugebiete erfolgt jedoch nicht mehr so schnell wie<br />
noch in der jüngsten Vergangenheit. Hinzu kommt, dass die Bevölkerungsgruppe der<br />
potenziellen Elterngeneration demografisch bedingt zukünftig zunächst weiter schrumpft.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 34
Möglichkeiten die Auslastungsrückgänge der Grundschulen sinnvoll zu nutzen<br />
liegen beispielsweise in qualitativen Angebotserweiterungen (z.B. Projekte, Hortbetreuung,<br />
etc.) oder Kooperationen mit anderen kinderaffinen oder sozialen Einrichtungen.<br />
Haupt- und Realschule (Waldschule)<br />
Von demografisch bedingten Auslastungsrückgängen wird die Haupt- und Realschule<br />
vermutlich erst mit dem entsprechenden zeitlichen Verzug betroffen sein; zunächst macht<br />
sich der Rückgang der Kinderzahlen in der Auslastung der Kindertagesstätten und<br />
Grundschulen bemerkbar. Somit profitieren die weiterführenden Schulen noch von den<br />
geburtenstarken Jahrgängen gegen Ende der 1990er Jahre. Ein anderer Wandel macht<br />
sich jedoch bereits jetzt in den abnehmenden Schülerzahlen der Waldschule bemerkbar:<br />
die Abschaffung der Orientierungsstufe zum Jahr 2004 (vgl. Abb. 42).<br />
Bei der Waldschule ist zunächst demografisch bedingt noch kein drastischer<br />
Rückgang der Schülerzahl zu erwarten; mittel- und langfristig sinken die Schülerzahlen<br />
jedoch auch hier aufgrund schrumpfender Geburtsjahrgänge vermutlich<br />
deutlich ab.<br />
Die Entwicklung der Schülerzahl an der Waldschule insgesamt zeigt, dass nach einem<br />
Hoch der Schülerzahl etwa zwischen den Jahren 2001 und 2004, die Anzahl der Schüler<br />
deutlich zurückgegangen ist und aktuell stagniert. Aufgrund der anhaltend hohen Geburtenzahlen<br />
bis zum Jahr 2001 ist es jedoch wahrscheinlich, dass die Schülerzahl zunächst<br />
nicht deutlich zurückgeht.<br />
800<br />
750<br />
700<br />
650<br />
600<br />
550<br />
500<br />
450<br />
400<br />
1997/1998 1998/1999 1999/2000 2000/2001 2001/2002 2002/2003 2003/2004 2004/2005 2005/2006 2006/2007<br />
Abb. 41: Entwicklung der Schülerzahlen der Waldschule<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Hatten, November 2007)<br />
Auffallend ist jedoch das aktuell immer stärkere Auseinanderlaufen der beiden Schulformen.<br />
Seit Ende der 1990er Jahre und bis zum Jahr 2003 (und somit bis zur Abschaffung<br />
der Orientierungsstufe) sind die Schülerzahlen beider Schulzweige gewachsen. Nach<br />
Abschaffung der Orientierungsstufe änderte sich das Bild jedoch. Die Schülerzahl im<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 35
Hauptschulzweig hat seit 2004 um etwa 12% abgenommen; wohingegen sie im Realschulzweig<br />
etwa stagniert (Zunahme der Schülerzahl um ca. 2%).<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
Hauptschule (HS) Realschule (RS)<br />
1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 42: Entwicklung der Schülerzahlen in den Schulzweigen der Waldschule<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Besonders der Hauptschulzweig ist von sinkenden Schülerzahlen und einem immer<br />
größer werdenden Bedeutungsverlust betroffen.<br />
Wie sich die Schülerzahlen in Zukunft auf die einzelnen Schulzweige verteilen werden, ist<br />
aufgrund der schwer vorhersehbaren Entwicklung der Kinderzahl und des Einflusses der<br />
Elternentscheidungen nicht ohne weiteres präzise einzuschätzen. Bei den derzeitig absehbaren<br />
Veränderungen der gesellschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen<br />
kann man jedoch vermutlich von einem weiteren Bedeutungsverlust der Hauptschule<br />
ausgehen. Diese Entwicklung ist in ganz Niedersachsen zu beobachten.<br />
Ein großer Vorteil der Waldschule liegt darin, dass sich beide Schulformen das Gebäude<br />
teilen und bezüglich des Lehrpersonals kooperieren können. Dies bedeutet gerade auch<br />
im Hinblick auf die rückläufigen Schülerzahlen an der Hauptschule, dass Auslastungsrückgänge<br />
besser aufgefangen und sinnvolle Synergieeffekte genutzt werden können.<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur<br />
Die Anteile von über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung der einzelnen Ortsteile Hattens<br />
sind zwischen 1990 und 2006 deutlich gewachsen – besonders in Streekermoor und<br />
Hatterwüsting. In den Ortsteilen, in denen in den 1990er Jahren und um die Jahrtausendwende<br />
ein besonders großer Zuzug von Suburbanisierern (meist zwischen 25 und<br />
35 Jahre alt) stattgefunden hat, dürfte eine besondere Entwicklung stattfinden. Hier dürfte<br />
zukünftig die Zahl der Senioren deutlich und sprunghaft zunehmen, da die Bewohner<br />
bestimmter Wohngebiete wahrscheinlich nahezu zeitgleich „ins Seniorenalter eintreten“.<br />
Die Anteile älterer und alter Menschen werden sich in allen Ortsteilen weiter erhöhen,<br />
so dass die Anforderungen an eine altengerechte Infrastruktur steigen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 36
Streekermoor I+II<br />
Hatterwüsting I+II<br />
Sandkrug I-III<br />
Kirchhatten I-III<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 37<br />
14,0%<br />
16,9%<br />
16,5%<br />
18,3%<br />
19,0%<br />
21,8%<br />
21,3%<br />
22,3%<br />
1990 2006<br />
Abb. 43: Anteile der über 60-Jährigen in ausgewählten Ortsteilen 11 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hatten)<br />
Hatten verfügt über drei Altenheime und eine Seniorenwohngemeinschaft (<strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Oldenburg</strong>, Stand 2007). Mit 39 Pflegeheim-Plätzen pro 1000 ab 60-Jährige liegt die<br />
Gemeinde Hatten damit im Vergleich zu den übrigen Mitgliedsgemeinden des <strong>Landkreis</strong>es<br />
<strong>Oldenburg</strong> im Durchschnitt (vgl. Abb. 44).<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
79<br />
70<br />
49<br />
39<br />
25 24<br />
18 17<br />
SG Harpstedt Wildeshausen Ganderkesee Hatten Wardenburg Hude Dötlingen Großenkneten<br />
Abb. 44: Anzahl der Plätze in Altenpflegeheimen pro 1000 ab 60-Jährige 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen; Datenbasis <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>, 2007)<br />
Vor kurzem wurde das Wohnangebot für Senioren in der Gemeinde Hatten jedoch durch<br />
ein Seniorenwohn- und Pflegeheim mit 28 Appartements erweitert, welches nach Aussage<br />
der zuständigen Projektleitung sehr gut angenommen wurde.<br />
11 Es werden hier beispielhaft die vier größten Ortsteile mit der ausgeprägtesten Baulandentwicklung dargestellt.<br />
Weitere Informationen zur Altersstruktur der Ortsteile gibt Kap. 4.2.
Abb. 45: Neues Seniorenwohn- und Pflegeheim hinter dem Rathaus in Kirchhatten<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Oktober 2007)<br />
Eine Vernetzung der Angebote für Senioren und eine Abstimmung auf die Bedürfnisse<br />
dieser Bevölkerungsgruppe gewinnen zunehmend an Bedeutung. Besonders<br />
die Versorgung älterer Menschen in ihren Eigenheimen dürfte eine wachsende<br />
Herausforderung werden.<br />
Die meisten älteren Menschen bleiben im „Familieneigenheim“ aufgrund von Verwurzelung<br />
und ausgebauten sozialen Netzwerken, aber oft auch aufgrund fehlender finanzieller<br />
Mittel, wohnen. Somit gilt es, diesen Menschen ein selbstständiges Wohnen so lange es<br />
geht zu ermöglichen. Dies bedeutet, dass der Nahversorgung und mobilen Service-<br />
Leistungen immer größere Bedeutung zukommen. Gerade aufgrund der sehr weitläufigen<br />
Siedlungsstruktur der Gemeinde gilt es, Hilfs- und Pflegedienste zu vernetzen und bspw.<br />
mit einem Beratungsangebot zum barrierefreien Umbau des Eigenheims zu verknüpfen.<br />
Ein in der Gemeinde angesiedeltes „Servicezentrum“ könnte Anfragen und Dienstleistungsangebote<br />
koordinieren und bei der Vermittlung unterstützend tätig sein. Hier ist<br />
auch die Kooperation mit und zwischen den in der Gemeinde aktiven Wohlfahrts- und<br />
Sozialverbänden wichtig. Hilfeleistungen (wie Unterstützung beim Einkauf, Arztbesuch<br />
oder der Haushaltsbewältigung) sind beispielsweise neben der Pflege bereits auch in<br />
früheren Lebensphasen wichtig.<br />
Die alternativen Wohnangebote für ältere Menschen werden in Hatten gut angenommen.<br />
Weitere Wohnangebote für die Zielgruppe 50+ könnten die Attraktivität<br />
für den Wohnstandort Hatten erhöhen.<br />
Die Ortsteile Sandkrug und Kirchhatten bieten eine gut ausgebaute Infrastruktur sowohl<br />
im Bereich der Versorgung als auch im Bereich des ÖPNV. Somit sind sie in der Gemeinde<br />
Hatten die Ortsteile mit den günstigsten Bedingungen als Wohnstandort für ältere<br />
Menschen. Bereits heute werden die vorhandenen Wohnheime und das Betreute Wohnen<br />
gut nachgefragt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Nachfrage, aufgrund der<br />
zunehmend wachsenden Zahl älterer Menschen, künftig ansteigen wird. Für die Altersgruppe<br />
50+ kommen derartige Wohnformen meist jedoch noch nicht infrage; diese Zielgruppe<br />
interessiert sich vielmehr für einfach zu pflegende Wohnformen ohne zusätzliche<br />
Betreuungsangebote. Eine Möglichkeit das Angebot für diese Zielgruppe passgenau zu<br />
entwickeln besteht darin, die Nachfrageentwicklung gerade fertig gestellter Objekte, die<br />
u.a. für die Altersgruppe 50+ geeignet sind (wie z.B. am Mühlenweg), zu verfolgen. Vor<br />
diesem Hintergrund könnte auch ein Ausbau des Angebots an Miet- und Eigentumswohnungen<br />
den Immobilienmarkt Hattens für die Zielgruppe der älteren Menschen attraktiv<br />
machen (vgl. Kap. 5.1).<br />
Durch die steigende Zahl von Senioren eröffnen sich wachsende Chancen, die<br />
Gemeindeentwicklung durch ehrenamtliches Engagement zu fördern.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 38
Wie die meisten Mitgliedsgemeinden des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> verfügt auch Hatten<br />
über einen Senioren- und Behindertenbeirat, dessen Vertreter sich ehrenamtlich und in<br />
Zusammenarbeit mit der Verwaltung den unterschiedlichsten Belangen der Zielgruppe<br />
annehmen. Zudem verfügt Hatten über ein aktives Vereinsleben und bürgerschaftliche<br />
Netzwerke, die in erheblichem Umfang vom Engagement der Senioren getragen werden.<br />
Ein positives Beispiel für das Engagement der Senioren ist beispielsweise der kürzlich<br />
herausgegebene „Wegweiser für Menschen mit Behinderungen“, für den zahlreiche Senioren<br />
Datenmaterial zusammengetragen haben (vgl. Kap. 6.4).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 39
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen<br />
In den vergangenen Jahrzehnten sind zahlreiche <strong>Oldenburg</strong>er Familien in die Gemeinde<br />
Hatten gezogen und haben neben den hohen Geburtenzahlen zum Wachstum der Gemeinde<br />
beigetragen. Obwohl Hatten immer noch Wanderungsziel vieler Familien ist, ist<br />
der Umfang der Zuzüge erheblich zurückgegangen – ebenso wie die Zahl der Geburten.<br />
Gleichzeitig ändert sich die altersstrukturelle Zusammensetzung der Bevölkerung, da sich<br />
die Anteile älterer und alter Menschen deutlich erhöht haben.<br />
Die Veränderungen der Strukturen und Rahmenbedingungen der Bevölkerungsentwicklung<br />
führen zu einigen Herausforderungen, denen die Gemeinde Hatten im demografischen<br />
Wandel gegenüber steht. Sie zeigen gleichzeitig aber auch Chancen auf:<br />
� Der zunehmende Anteil älterer und alter Menschen an der Gesamtbevölkerung und<br />
die gleichzeitig sinkende Zahl von (zuziehenden) Familien sowie die wachsende Zahl<br />
kleiner Haushalte machen deutlich, dass Anpassungen des Wohnungs- und Immobilienmarkts<br />
an sich verändernde Wohnanforderungen wichtig sind. Bereits heute<br />
sind deutliche Nachfrageverschiebungen spürbar.<br />
� Aufgrund der veränderten Nachfrage auf dem Immobilienmarkt und den altersstrukturellen<br />
Veränderungen der Bevölkerung gilt es, die Bevölkerungsentwicklung sowie<br />
den Grundstücks- und Immobilienmarkt kontinuierlich und systematisch zu beobachten,<br />
um möglichst passgenaue Infrastrukturplanungen zu ermöglichen.<br />
� Besonders die zurückgehenden Zuzüge von Familien und der jungen Erwachsenen<br />
machen deutlich, dass es zunehmend darauf ankommen wird, die derzeitige Bevölkerung<br />
zu binden und eine Abwärtsspirale bei Gebrauchtimmobilien zu verhindern.<br />
Der qualitativen Weiterentwicklung des Bestandes kommt daher eine besondere<br />
Bedeutung zu - sowohl bezogen auf die Bevölkerung, als auch auf den Grundstücksund<br />
Immobilienmarkt.<br />
� Aufgrund des in den kommenden Jahrzehnten kontinuierlich wachsenden Anteils<br />
der Senioren und Hochbetagten an der Gesamtbevölkerung, ergeben sich in den<br />
verschiedensten Bereichen (z.B. Wohnen, Versorgung, Mobilität, Pflege) steigende<br />
Anforderungen und Anpassungsbedarfe.<br />
� Da es immer weniger Kinder und immer mehr ältere Menschen in der Gemeinde<br />
geben wird, ist eine realistische und nachhaltige Organisations- und Standortstruktur<br />
der sozialen Infrastruktur erforderlich.<br />
� Die Erarbeitung eines künftigen Leitbilds ermöglicht es, die Gemeinde gezielt weiter<br />
zu entwickeln. Die Fachhochschule <strong>Oldenburg</strong>/ Ostfriesland/ Wilhelmshaven hat<br />
kürzlich eine Stärken-Schwächen-Analyse des Ortszentrums Kirchhatten in Zusammenarbeit<br />
mit Vereinen, Gruppen und Bürgern erarbeitet sowie Leitlinien zur Gemeindeentwicklung<br />
formuliert.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 40
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung<br />
Die vorliegende Studie hat verdeutlich, dass sich die regionalen Rahmenbedingungen in<br />
den vergangenen Jahren maßgeblich verändert haben. Am deutlichsten sind diese Veränderungen<br />
bei den Familienwanderungen zu spüren, denn aus den Städten (<strong>Oldenburg</strong>,<br />
Delmenhorst und Bremen) ziehen immer weniger Familien in den <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>.<br />
Für die Gemeinde Hatten bedeutet dies: immer weniger Zuzüge von <strong>Oldenburg</strong>er Familien(gründern).<br />
Hierdurch entstehen v.a. veränderte Marktbedingungen auf dem Grundstücks-<br />
und Immobilienmarkt sowie Veränderungen der Quantität und Qualität bei der<br />
Nachfrage nach sozialer Infrastruktur. In den 1980er und 1990er Jahren scheinbar erfolgreiche<br />
Konzepte und Strategien der Gemeindeentwicklung sind daher nicht ohne weiteres<br />
dazu geeignet, als Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung der Gemeinde Hatten<br />
im 21. Jahrhundert zu dienen.<br />
Zukünftig wird es darauf ankommen, alle Gemeindeplanungen und -entwicklungen auf<br />
ihre Demografieverträglichkeit zu überprüfen. Die ersten Schritte in einem Leitbildprozess<br />
wurden von der Gemeinde Hatten bereits unternommen. Die Fachhochschule <strong>Oldenburg</strong>/<br />
Ostfriesland/ Wilhelmshaven hat zwischen Ende 2007 und Anfang 2008 eine<br />
Stärken-Schwächen-Analyse des Ortszentrums Kirchhatten in Zusammenarbeit mit Vereinen<br />
und Gruppen erarbeitet. Ziel des Prozesses wird es sein, v.a. in den Bereichen<br />
Landwirtschaft, Verkehr, Wohnbebauung, Gewerbe und Kultur, ein Leitbild für den<br />
Ortsteil Kirchhatten zu entwickeln. Auch der demografische Wandel wird eine Rolle im<br />
Leitbild spielen: Überalterung, Stagnation und Werteverlust bei Eigenheimen sowie Qualität<br />
statt Quantität in allen Bereichen. Zum Abschluss der Erhebungen formulierte die<br />
Fachhochschule Leitlinien zur Gemeindeentwicklung, die die Studierenden zusammen<br />
mit sämtlichen Bevölkerungsgruppen der Gemeinde erarbeitet haben.<br />
Um den Bürgern zu zeigen, dass sich auch etwas bewegt und nicht nur konzeptionelle<br />
Arbeiten erfolgen, sollte die Gemeinde als nächstes mit der Umsetzung von (Leit)Projekten<br />
beginnen. Zudem dürfen auch die übrigen Ortsteile der Gemeinde nicht vernachlässigt<br />
werden. Vielmehr ist die Erarbeitung ihrer verschiedenen Potenziale und Entwicklungschancen<br />
wichtig.<br />
6.2 Handlungsoptionen für Zielgruppen<br />
Ein Blick auf die Entwicklung der Altersstrukturen in der Gemeinde Hatten verdeutlicht,<br />
dass eine primäre Konzentration der Gemeinde- (und Siedlungsentwicklung) auf junge<br />
Familien(gründer) in Zukunft nicht mehr angemessen ist (vgl. Abb. 46). Vielmehr ist der<br />
Gemeinde Hatten anzuraten, sich auch als attraktiver Wohnstandort für weitere Bevölkerungs-<br />
und Altersgruppen zu positionieren, um die Bevölkerungsentwicklung langfristig zu<br />
stabilisieren.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 41
0-9-Jährige<br />
10-19-Jährige<br />
20-29-Jährige<br />
40-49-Jährige<br />
über 70-Jährige<br />
-24%<br />
17%<br />
-40% -20% 0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
Abb. 46: Prozentuale Entwicklung der Altersgruppen Hattens 1990 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Zusätzliche Nachfrageimpulse werden künftig voraussichtlich in erster Linie von der Altersgruppe<br />
50+ ausgehen, zumal eine wachsende Wohnmobilität auch im fortgeschrittenen<br />
Lebensalter zu beobachten ist. Die vor allem nach 2010 spürbar wachsende Zielgruppe<br />
der ‚jungen Alten’ (50 – 59 Jahre) wie auch der Senioren könnte daher – wenn<br />
auch angesichts der Stagnation des Gesamtmarktes in abgeschwächter Form – Potenziale<br />
auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt freisetzen. Vor allem Sandkrug, Kirchhatten<br />
und Teile Streekermoors haben aufgrund ihrer Infrastrukturausstattung und der guten<br />
Anbindung an das regionale bzw. überregionale Verkehrsnetz (ÖPNV/ MIV) überdurchschnittliche<br />
Attraktivität. Sowohl mit attraktiven, kleineren (gut erhaltenen) Bestandsimmobilien<br />
in bevorzugter Lage, aber auch mit geeigneten Neubauprojekten (Häuser/ Eigentumswohnungen)<br />
können diese Zielgruppen angesprochen werden.<br />
Zudem werden auch in Hatten künftig voraussichtlich immer mehr Menschen bedingt<br />
durch (Langzeit-)Arbeitslosigkeit, Scheidung oder durch unerwartet niedrige Erlöse aus<br />
dem Verkauf ihrer Altimmobilien über geringe Einkünfte verfügen. Nicht zu vergessen ist<br />
daher, dass künftig in zunehmendem Maße auch (ältere) Menschen mit geringeren<br />
finanziellen Möglichkeiten aber auch Alleinerziehende oder Singles Wohnangebote<br />
in zentralen Lagen suchen werden. Die Gemeinde sollte daher Flächenpotenziale an<br />
geeigneten Standorten gezielt für dieses vor allem mittel- bis langfristig wachsende Nachfragepotenzial<br />
entwickeln bzw. reservieren. Projektentwickler konzentrieren sich bisher in<br />
erster Linie – aus nachvollziehbaren kommerziellen Gründen – auf zahlungskräftige Senioren;<br />
aus Sicht der Gemeindeentwicklung sollten aber auch Anforderungen finanziell<br />
weniger gut gestellter Bürgerinnen und Bürger Berücksichtigung finden.<br />
Trotz des Einwohnerwachstums in den letzten Jahrzehnten ist eine Altersgruppe der<br />
Bevölkerung Hattens heute deutlich geringer vertreten als noch zu Beginn der 1990er<br />
Jahre: Die jungen Erwachsenen zwischen 20 und 29 Jahren – ihre Zahl lag Ende 2006<br />
um fast 25 % unter der von 1990! Dies ist zum einen im demografischen Aufbau der Bevölkerung<br />
in der Region und in Deutschland begründet (die auf den Babyboom der<br />
1960er Jahrgänge folgenden Altersgruppen fallen deutlich geringer aus), zusätzlich besitzt<br />
Hatten – wie die meisten anderen ländlichen und suburbanen Kommunen auch –<br />
inzwischen einen vergleichsweise ungünstigen Wanderungssaldo. Grundsätzlich bietet<br />
Hatten eine relativ gut ausgebaute Infrastruktur für diese Bevölkerungsgruppe. Zudem ist<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 42<br />
45%<br />
52%<br />
76%
die Nähe zum Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> und somit zu Arbeits- und Ausbildungsplätzen<br />
sowie zu Hochschulen gegeben.<br />
Die derzeitig hohe Zahl an Jugendlichen als Folge der Wanderungsgewinne der vergangenen<br />
zwei Dekaden und der geburtenstarken Jahrgänge stellt ein wertvolles Zukunftspotenzial<br />
dar, das dazu beitragen könnte, die ‚demografische Lücke’ bei den jungen<br />
Erwachsenen wieder aufzufüllen. Daher sollten die Jugendlichen und jungen Erwachsenen<br />
für Hatten eine „Zielgruppe“ mit besonderer Aufmerksamkeit darstellen. Ansätze<br />
könnten z.B. die Schaffung von zusätzlichen Treffpunkten oder von modernen<br />
Wohnangeboten für kleinere Haushalte bzw. von neuen Wohnformen sein (z.B. auch<br />
Wohngemeinschaften in Einfamilienhausgebieten). Hilfreich wäre zudem auch der gezielte<br />
Ausbau der Einbindung von jungen Menschen in verantwortliche Positionen der örtlichen<br />
Netzwerke (Vereine, Parteien usw.). Über eine Jugendversammlung (ein Jugendparlament.<br />
o.Ä.) wären die Jugendlichen am kommunalen Geschehen beteiligt und würden<br />
in die Entscheidungsprozesse eingebunden. Regelmäßige Treffen könnten dazu<br />
genutzt werden, über aktuelle Jugendthemen, Veranstaltungen und Projekte zu diskutieren.<br />
Darüber hinaus sollte auch bei Ausbildungsabwanderern, also den jungen Menschen,<br />
die die Gemeinde verlassen um andernorts einen Ausbildungs- oder Studienplatz anzutreten,<br />
nach Möglichkeiten gesucht werden, den Kontakt zur ‚alten Heimat’ zu halten, um<br />
auf diese Weise die Chance für eine spätere Rückkehr zu erhöhen. Denkbar wären z.B.<br />
Unterstützungsangebote bei der Organisation von Klassentreffen oder der regelmäßige<br />
Versand von geeigneten Medien (E-Mail-Newsletter, sonstige Publikationen) mit interessanten<br />
Informationen für diese Altersgruppe. Voraussetzung hierfür wäre die systematische<br />
Sammlung bzw. Aufbereitung von Anschriften und E-Mail- Adressen. Auch eignen<br />
sich besondere lokale oder jährliche Ereignisse/Festivitäten, die üblicherweise viele fortgezogene<br />
junge Menschen mit ihren Familien und/oder Freunden in der Heimat verleben<br />
(Feiertage, Schützenfest) für besondere Werbeaktionen (z.B. Haushalts-Wurfsendungen,<br />
Infostände, -veranstaltungen usw.).<br />
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen darüber hinaus, dass sich der Immobilienmarkt<br />
für junge Familien stark gewandelt hat: Zum einen konzentriert sich die Nachfrage zunehmend<br />
auf die zentraleren Gemeindeteile mit guter Infrastrukturausstattung. Es zeigt<br />
sich zudem, dass aufgrund der erschwerten und zunehmend unsicheren ökonomischen<br />
Rahmenbedingungen immer weniger junge Familien bereit und in der Lage sind, Wohneigentum<br />
zu bilden. Es bietet sich daher an, Familien mit Bereitschaft zur Eigentumsbildung<br />
bei der Realisierung ihrer Wünsche zu unterstützen. Denkbar wären beispielsweise<br />
regelmäßige Informationsveranstaltungen in Kooperation mit der Immobilienwirtschaft,<br />
wobei ausdrücklich auch Bestandsimmobilien und Konzepte des kostengünstigen Wohnungsbaus<br />
einen besonderen Schwerpunkt bilden sollten. Auch flexible, an sich verändernde<br />
Wohnanforderungen anpassbare Immobilien sollten angesichts der künftig zu<br />
erwartenden Nachfrageverschiebungen berücksichtigt werden.<br />
Zielgruppenspezifische ‚Testballons’ anbieten: Der Immobilienmarkt im <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Oldenburg</strong>, speziell der Neubau der vergangenen zehn Jahre, wird von Einfamilienhäusern<br />
und Zweifamilienhäusern bestimmt – Wohnprodukte, die vornehmlich für Familien<br />
mit Kindern konzipiert sind. Die Zahl der Haushalte mit drei und mehr Personen wird jedoch<br />
weiter sinken – im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> liegt ihr Anteil schon heute bei nur noch<br />
etwa einem Drittel, mit künftig noch weiter stark zunehmender Zahl und Anteile der Ein-<br />
und Zwei-Personen-Haushalte (vgl. Abb. 47).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 43
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
-5%<br />
-10%<br />
-15%<br />
-20%<br />
5%<br />
23%<br />
8%<br />
20%<br />
Niedersachsen LK <strong>Oldenburg</strong><br />
-7%<br />
-2%<br />
-13%<br />
-14%<br />
-13%<br />
-15%<br />
1-P-HH 2-P-HH 3-P-HH 4-P-HH 5+-P-HH Haushalte<br />
gesamt<br />
Abb. 47: Haushaltsentwicklung 2005 bis 2020 in %<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Prognosedaten der Wohnungsmarktbeobachtung<br />
2006 der Niedersächsischen Landestreuhandstelle )<br />
Über die Platzierung von ‚Testballons’ könnte daher die Etablierung alternativer Wohnprodukte<br />
für spezielle Zielgruppen unterstützt werden. Dabei ist durchaus nicht (nur) an<br />
altersgerechtes, barrierefreies Wohnen zu denken, auch die bereits angesprochenen<br />
Angebote für die aktive Generation 50+, für junge Erwachsene sowie Alleinstehende,<br />
nicht zuletzt auch günstige Mietwohnungen unterschiedlicher Größe dürften durchaus<br />
Marktpotenzial entwickeln.<br />
Auch in den klassischen Einfamilienhaus- und Neubaugebieten sollte versucht werden,<br />
eine stärkere soziale und altersstrukturelle Mischungen zu erreichen, um die Nachteile<br />
demografisch monostrukturierter Quartiere zu vermeiden. Ansätze könnten hier die Integration<br />
von Seniorenheimen oder barrierefreien Wohnungen in Neubaugebiete sein (Gutes<br />
Beispiel: Barrierefreie Wohnungen in Streekermoor, Mühlenweg), ebenso die Nutzung<br />
von Einfamilienhäusern durch Wohngemeinschaften aller Altersgruppen.<br />
6.3 Siedlungsentwicklung<br />
In der Gemeinde Hatten werden der benötigte Wohnraum und die Zahl der Wohnungen<br />
zunächst durch den steigenden Anteil kleiner Haushalte noch anwachsen; langfristig wird<br />
aber auch die Haushaltszahl wieder zurückgehen. Es ist daher ratsam, die kommenden<br />
Jahre zu nutzen, um über die noch notwendigen Wohnbauentwicklungen Arrondierungen<br />
vorzunehmen und nachhaltig tragfähige Siedlungsstrukturen zu schaffen. Viele Neubaugebiete<br />
sind in der Gemeinde Hatten in den letzten Jahren auch außerhalb der zentralen<br />
Bereiche entstanden. Die verhaltenere Nachfrage nach diesen Baugrundstücken<br />
macht deutlich, dass eine Konzentration der Nachfrager auf gut angebundene Standorte<br />
mit überdurchschnittlicher Infrastrukturausstattung stattfindet. Dieser Trend ist einerseits<br />
mit veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen zu erklären (Kürzung Pendlerpauschale,<br />
Abschaffung Eigenheimzulage, gestiegene Kraftstoffpreise, Arbeitsplatzunsicherheit),<br />
er steht aber auch mit einer veränderten demografischen Zusammensetzung der<br />
Wohnraum nachfragenden Menschen (Zunahme Senioren, Generation 50+, Alleinste-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 44<br />
1%<br />
10%
hende; deutlicher Rückgang von Familien) im Zusammenhang. Der Innenentwicklung<br />
sollte daher weiter Vorrang gegeben werden.<br />
Bezüglich des Neubaus wird es zukünftig darauf ankommen, die Qualität und Zukunftsfähigkeit<br />
zu sichern. Die Gemeinde sollte jetzt angesichts des zu erwartenden Nachfragerückgangs<br />
und veränderter Bedarfe auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt generell<br />
die Zukunftsfähigkeit aller Projekte der Siedlungsentwicklung kritisch prüfen (‚Demografiecheck’).<br />
Dabei sollte auch die Alterung der Bewohner und damit bspw. Fragen der<br />
verkehrlichen Anbindung und der Entwicklungsperspektiven der Versorgungsinfrastruktur<br />
eine Rolle spielen.<br />
Aufgrund der Konzentration der Zuzüge meist auf einzelne Gebiete und Ortsteile besteht<br />
die Gefahr, dass trotz des dynamischen Wachstums der Gemeinde die Disparitäten in<br />
Hatten steigen. Vor allem am Rande des Gemeindegebietes gelegene Ortsteile drohen<br />
daher künftig in zunehmendem Maße von der Entwicklung ‚abgehängt’ zu werden. Diese<br />
Tendenzen sollten aufmerksam verfolgt und – soweit möglich einem abgestimmten Leitbild<br />
der langfristigen Gemeindeentwicklung folgend – durch gezielte Impulse beeinflusst<br />
werden.<br />
Künftig wird es immer mehr von älteren, allein stehenden Personen bewohnte Immobilien<br />
geben – mit der Folge, dass Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsrückstände, angesichts<br />
der rückläufigen Nachfrage nach älteren Bestandsimmobilien, zunehmend auftreten<br />
werden. Auch Leerstände bei Altimmobilien dürften daher zunehmen. Aktuell sind<br />
die Nachfrage und das Angebot nach Bestandsimmobilien in Hatten noch etwa gleich<br />
groß. Zukünftig wird das Angebot jedoch wahrscheinlich deutlich steigen, so dass zu<br />
empfehlen ist, systematisch und möglichst frühzeitig zu reagieren, um eine Abwärtsspirale<br />
der betroffenen Siedlungsbereiche zu verhindern.<br />
6.4 Anpassung sozialer Infrastruktur<br />
In der Gemeinde Hatten sind trotz der positiven Bevölkerungsentwicklung in den vergangenen<br />
Jahrzehnten die Trends des demografischen Wandels durchaus erkennbar: Rückgang<br />
der Dynamik der Bevölkerungsentwicklung und eine sich bereits seit langem vollziehende<br />
deutliche Veränderung der alterstrukturellen Zusammensetzung der Bevölkerung.<br />
Im Bereich der sozialen Infrastruktur können daher einerseits Unterauslastungen<br />
auftreten, andererseits gewinnen „neue“ Nachfrager an Bedeutung.<br />
Aufgrund der leicht rückläufigen Geburten- und Kinderzahlen in der Gemeinde Hatten,<br />
dürften zukünftig vermehrt Anpassungsleistungen im Bereich der Kinderbetreuung anstehen.<br />
Da zur Zeit nur zwei Krippengruppen in der Gemeinde existieren - die Nachfrage<br />
nach Betreuungsplätzen für Kleinkinder jedoch steigt -, könnten Optimierungsmöglichkeiten<br />
des Angebotes im Ausbau der Krippenplätze liegen. Anpassungsleistungen könnten<br />
aber auch über die Variation der Gruppengröße erfolgen, wobei die Anzahl der Gruppen<br />
innerhalb eines Kindergartens durch Zusammenlegung reduziert wird und frei werdende<br />
Räume einer Angebotserweiterungen dienen. Eine weitere Möglichkeit ist die Einrichtung<br />
von Mischgruppen, in denen Kindergarten- und Krippenkinder gemeinsam betreut werden.<br />
Gerade in einer Gemeinde wie Hatten mit mehreren Siedlungskernen sind diverse<br />
Standorte mit Betreuungsmöglichkeiten für die Daseinsvorsorge wichtig. Eine weitergehende<br />
Angebotserweiterung könnte der Ausbau von Kindertagesstätten zu Familienzentren<br />
darstellen, in denen Angebote im Bildungs- und Betreuungsbereich vernetzt werden.<br />
Gleichzeitig besteht die Möglichkeit generationsübergreifende Angebote in eine derartige<br />
Einrichtung zu integrieren und beispielsweise einen „Betreuungsservice“ durch ältere<br />
Mitbürger anzubieten oder gemeinsame Projekte mit Altenwohn- und Pflegeheimen zu<br />
organisieren (wie z.B. in der Gemeinde Dötlingen).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 45
Obwohl die Schülerzahl an der Grundschule in Sandkrug noch leicht steigt, wird ihre<br />
Schülerzahl aufgrund der zurückgehenden Geburten kurzfristig ebenfalls schrumpfen. An<br />
den beiden anderen Standorten gehen die Zahlen der Schüler bereits seit der Jahrtausendwende<br />
leicht zurück (GS Kirchhatten) bzw. stagnieren aktuell (GS Streekermoor).<br />
Dies zeigt, dass Auslastungsrückgänge der Grundschulen zwangsläufig mittelfristig stattfinden<br />
werden. Diese können jedoch durchaus Entwicklungschancen mit sich bringen.<br />
Qualitative Angebotserweiterungen kommen dabei in erster Linie für die Standorte mit<br />
bereits aktuell geringen Schülerzahlen in Frage (GS Streekermoor). An den übrigen<br />
Standorten sind zunächst Anpassungen über die Klassenzahlen möglich. Der Ausbau der<br />
Grundschulen zu „Treffpunkten“ aller Generationen stellt eine Möglichkeit dar, einerseits<br />
Auslastungsrückgänge zu nutzen und andererseits die Schule zu einem festen und von<br />
allen Bevölkerungsgruppen genutzten Bestandteil der Gemeinde werden zu lassen. Bei<br />
der Betreuung nach der Schule, die in Hatten sehr gut angenommen und von der Gemeinde<br />
effektiv unterstützt wird, kommen beispielsweise auch Kooperationen mit Sportvereinen<br />
in Frage.<br />
Angesichts der besonderen Bedeutung der jüngeren Generationen für die Zukunft der<br />
Gemeinde sollte großer Wert auf die Weiterentwicklung der Angebote im Bereich der<br />
Jugendarbeit gelegt werden. Trotz der vergleichsweise guten Infrastruktur in Kirchhatten<br />
und Sandkrug sind vor allem in den kleineren Ortsteilen naturgemäß Angebotsdefizite<br />
(z.B. Jugendtreffs) erkennbar. Unter Umständen wäre auch eine noch stärker projektorientiert<br />
ausgerichtete Jugendarbeit hilfreich, um Engagement und Begeisterung der Jugendlichen<br />
für eine nachhaltige Gemeindeentwicklung in stärkerem Maße zu aktivieren.<br />
Auch bezüglich der Infrastruktur für die älteren und alten Bewohner der Gemeinde Hatte<br />
dürften zukünftig parallel mit dem Wachstum der Bevölkerungsgruppe immer mehr<br />
Anpassungsbedarfe entstehen. Besondere Aufmerksamkeit sollte schon heute den alleinlebenden<br />
älteren Menschen geschenkt werden. Ihnen ist es oft nicht mehr möglich ohne<br />
externe Hilfe ihren Alltag zu organisieren. Der Aufbau eines effektiven Hilfs- und Dienstleistungsnetzwerkes<br />
ist eine Möglichkeit, damit die alten Menschen möglichst lange in<br />
ihrem Eigenheim wohnen bleiben können. Akteure in diesem Netzwerk sollten sowohl<br />
professionelle Hilfs- und Pflegedienste sein, als auch Menschen, die ehrenamtlich oder<br />
aus bürgerschaftlichem Engagement heraus Hilfsbedürftige unterstützen (z.B. durch Einkaufen,<br />
Gartenarbeit, gemeinsame Behördengänge, Fahrdienste, etc.). Auch Handwerksbetriebe,<br />
die z.B. den barrierefreien Umbau von Immobilien durchführen, könnten<br />
bedeutende Partner im Netzwerk sein. Wichtig ist bei einem derartigen Netzwerk auch,<br />
dass es an einer zentralen Stelle koordiniert wird, die auch gleichzeitig als Kontakt- und<br />
Vermittlungsstelle für Hilfsbedürftige fungiert. Gerade auch für Bewohner peripherer<br />
Ortsteile oder Wohngebiete dürfte ein solches Netzwerk den Alltag erleichtern. Ebenso<br />
wichtig ist aber auch die Informationsleistung, die das Netzwerke zu erbringen hat. Und<br />
zwar sollten motivierte Helfer und an bürgerschaftlichem Engagement Interessierte darüber<br />
informiert werden, wo und in welchem Umfang sie sich im Netzwerk einbringen können.<br />
Neben den Optimierungsmöglichkeiten im Bereich der Hilfs- und Unterstützungsleistungen<br />
spielt auch das Freizeitangebot für ältere und alte Menschen eine große Rolle. Auf<br />
dem Ehrenamt bzw. den bestehenden Organisationen (Dorfgemeinschaften, Vereine,<br />
Kirchen, Seniorenbeirat usw.) aufbauende Angebote und Initiativen, die u.a. zur Integration<br />
der Generationen beitragen und gerade auch den Senioren in den randlichen Ortsteilen<br />
den Alltag bereichern (Seniorentreffpunkte, eigenes ehrenamtliches Engagement,<br />
Besuchsdienste, Ausflugsfahrten, etc.) sollten ebenfalls weiter unterstützt und gefördert<br />
werden.<br />
Um die Orientierung und Fortbewegung in der Gemeinde zu erleichtern wurde vom Seniorenbeirat<br />
der Gemeinde Hatten vor Kurzem ein „Wegweiser für Menschen mit Behinderungen“<br />
erstellt. Dieser gibt an, welche Ausstattungen (z.B. Fahrstuhl, Behindertenparkplätze,<br />
automatische Türen, etc) in sämtlichen Einrichtungen - von Arztpraxen bis Hotels<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 46
– in der Gemeinde Hatten vorhanden sind. Zukünftig wird die Mobilität eine immer wichtigere<br />
Rolle spielen und aufgrund der immer weiter ausgedünnten Infrastruktur, dürfte die<br />
Anbindung der kleineren Ortsteile an das Gemeindezentrum und auch die Anbindung der<br />
Gemeindeteile an das Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> durch alternative Beförderungsmöglichkeiten<br />
(wie Fahrgemeinschaften, Bürgerbus, etc.) für viele Bevölkerungsgruppen immer<br />
wichtiger werden.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hatten’ 47
Fallstudie<br />
„DEMOGRAFISCHER WANDEL IN DER<br />
GEMEINDE HUDE“<br />
Endfassung<br />
Verfasser:<br />
FORUM GmbH, <strong>Oldenburg</strong><br />
Juli 2008
Gliederung<br />
1 Konzeption der Fallstudie ......................................................................................... 3<br />
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland................................................................. 4<br />
3 Die Gemeinde Hude im Überblick ............................................................................ 7<br />
4 Ausgangslage............................................................................................................. 8<br />
4.1 Einwohnerentwicklung.............................................................................................. 8<br />
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Hude und ihrer Ortsteile........................................... 11<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude.................................................. 13<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Hude................................................ 21<br />
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen Wandel<br />
................................................................................................................................... 24<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt........................................................................... 24<br />
5.2 Soziale Infrastruktur ............................................................................................... 28<br />
5.2.1 Kinderbetreuung.............................................................................................. 28<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen............................................................................ 31<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur...................................................................... 37<br />
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen ................................................................. 41<br />
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung.................................................. 42<br />
6.2 Handlungsoptionen für Zielgruppen ....................................................................... 42<br />
6.3 Siedlungsentwicklung............................................................................................. 45<br />
6.4 Anpassung sozialer Infrastruktur............................................................................ 46<br />
6.5 Fazit „Gute Ansätze“ .............................................................................................. 48
1 Konzeption der Fallstudie<br />
Die Fallstudie „<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude“ ist Teil eines Auftrages<br />
des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> an die FORUM GmbH unter dem Titel „Masterplan Demografie<br />
für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>“.<br />
Die Fallstudie ist in sechs Kapitel gegliedert. Zunächst beschäftigt sich das zweite Kapitel<br />
als thematischer Einstieg und zur Erleichterung der weiteren Einordnung mit dem demografischen<br />
Wandel in Deutschland. Nach der Darstellung der räumlichen Strukturen der<br />
Gemeinde (Kap. 3) wird in Kapitel 4 auf die demografische Ausgangslage eingegangen,<br />
bevor Kapitel 5 die Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen thematisiert. Anschließend<br />
werden ‚Gute Ansätze’ herausgearbeitet sowie Handlungsoptionen in Bezug<br />
auf Wohnungsmarkt, Baulandentwicklung und soziale Infrastrukturplanung skizziert (Kapitel<br />
6). Um angesichts der Fülle des zugrunde liegenden Daten- und Informationsmaterials<br />
eine möglichst übersichtliche und anschauliche Darstellung zu erreichen, werden die<br />
wichtigsten Informationen zu prägnanten Aussagen verdichtet und mit Grafiken hinterlegt.<br />
In die <strong>Fallstudien</strong> für die Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> sind neben ausführlichen<br />
Auftakt- und Koordinationsgesprächen mit Vertretern der kreisangehörigen Kommunen<br />
(‚BürgermeisterInnengespräche’) und Auswertungen umfangreichen Datenmaterials<br />
(speziell Niedersächsisches Landesamt für Statistik sowie Daten der kommunalen<br />
Meldeämter) auch Gespräche mit Experten aus der Region eingeflossen, u.a. mit Vertretern<br />
der Bereiche Immobilien-/Wohnungsmarkt, Senioren (z.B. Seniorenbeiräte), Familie<br />
und Jugend.<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude 3
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland<br />
Die demografische Struktur Deutschlands und seiner Teilräume war auch in der Geschichte<br />
niemals über längere Zeiträume konstant. Seit jeher haben sich markante historische<br />
Einschnitte wie Seuchen, Kriege oder aber soziale bzw. wirtschaftliche Innovationen<br />
auch in der Entwicklung und Zusammensetzung der Bevölkerung niedergeschlagen.<br />
Charakteristisch ist in den westlichen Staaten der starke Anstieg der Bevölkerungszahlen<br />
speziell seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, der in Deutschland bis in die<br />
1970er Jahre angehalten hat. Eine anhaltend hohe Geburtenrate bei langsam sinkender<br />
Sterberate war verantwortlich für diese Entwicklung. Vor etwa 35 Jahren jedoch hat sich<br />
das Verhältnis schlagartig umgekehrt und in Deutschland konnte sich eine zuvor ungekannte<br />
Entwicklung verfestigen: Im Gefolge der unter der Bezeichnung ‚Pillenknick’ subsumierten<br />
Umwälzungen ist die Geburtenrate innerhalb weniger Jahre signifikant um<br />
mehr als ein Drittel deutlich unter das sog. Bestandserhaltungsniveau gesunken und<br />
seither stabil geblieben. In der Konsequenz bedeutet dies, dass jede Elterngeneration im<br />
Vergleich zur vorherigen seither um ein Drittel abnimmt, sofern keine Zuwanderungsgewinne<br />
erfolgen! (vgl. Abb. 2 und 3)<br />
Die nachstehenden Grafiken bilden die Altersstruktur Deutschlands im Abstand von jeweils<br />
30 Jahren ab, zeigen also etwa drei Generationenschritte auf 1 . Besonders gut ist<br />
das ‚Durchwachsen’ der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge zu erkennen, die vor allem<br />
dem Immobilienmarkt im Umland der Ballungsräume in den vergangenen Jahren spürbaren<br />
Auftrieb verschafft haben.<br />
Abb. 1: Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 1975, 2005 und 2035 (Vorausberechnung)<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt 2006)<br />
Bereits seit Anfang der 1970er Jahre verzeichnet Deutschland einen negativen natürlichen<br />
Saldo mit weniger Geburten als Sterbefällen und ist daher auf internationale Zuwanderung<br />
angewiesen, um einen Bevölkerungsrückgang zu vermeiden (vgl. Abb. 2).<br />
1 Zahlen für 2035: auf Basis der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes,<br />
[Variante 1: positiver internationaler Wanderungssaldo von 100.000 Personen], 2006<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 4
1600000<br />
1400000<br />
1200000<br />
1000000<br />
800000<br />
600000<br />
400000<br />
200000<br />
0<br />
-200000<br />
-400000<br />
1946<br />
1948<br />
1950<br />
1952<br />
1954<br />
1956<br />
1964: 1357304<br />
Baby-Boomer<br />
der 1960er<br />
Echo in den<br />
1990ern<br />
1958<br />
1960<br />
1962<br />
1964<br />
1966<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Saldo<br />
2006:<br />
672724<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 2: Natürliche Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1946 – 2006<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Bedeutsam vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen der vergangenen<br />
fünfzehn Jahre ist die Feststellung, dass zwei Prozesse den Blick auf den sich längst<br />
vollziehenden demografischen Wandel verstellt haben:<br />
► In den 1990er-Jahren befand sich die o.g. ‚Babyboomer’-Generation in der Familiengründungsphase,<br />
mit der Folge, dass die Geburtenzahlen leicht anstiegen<br />
und sich kurzfristig Geburten und Sterbefälle in Deutschland sogar wieder im<br />
Gleichgewicht befanden (vgl. Abb. 2).<br />
► Bedingt durch den Zusammenbruch des Ostblocks und die Bürgerkriege in Südosteuropa<br />
realisierte Deutschland außerordentlich hohe internationale Wanderungsgewinne,<br />
die das Geburtendefizit weit überstiegen haben (vgl. Abb. 3).<br />
1.800.000<br />
1.600.000<br />
1.400.000<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
-200.000<br />
-400.000<br />
1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004<br />
Abb. 3: Entwicklung der Außenwanderungen Deutschlands<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 5<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo
Nachdem bereits die 1980er Jahre durch Stagnation und Alterung gekennzeichnet waren<br />
ist demnach die deutsche Bevölkerung in den 1990er Jahren und bis über die Jahrtausendwende<br />
hinaus durch singuläre Impulse nochmals stark gewachsen; gleichzeitig stiegen<br />
auch die Geburtenzahlen spürbar an. Aufgrund der zuletzt stark rückläufigen Zuwanderungen<br />
aus dem Ausland und der ebenfalls wieder deutlich sinkenden Geburtenzahlen<br />
wird jedoch in den meisten deutschen Regionen klar erkennbar, dass die vergangenen<br />
fünfzehn Jahre lediglich eine kurze ‚Atempause’ im demografischen Wandel bedeutet<br />
haben und nun wieder in stetig steigendem Maße mit ‚Unterjüngung’ und absolutem Einwohnerrückgang<br />
gerechnet werden muss.<br />
Zusammengefasst schlägt sich der demografische Wandel in folgenden Tendenzen nieder:<br />
► Bevölkerungsrückgang: Etwa seit der Jahrtausendwende reicht die stagnierende<br />
internationale Zuwanderung nach Deutschland nicht mehr aus, um die wachsende<br />
Lücke zwischen Geburten und Sterbefällen auszufüllen. Es ist anzunehmen,<br />
dass 2002 ein historisches Bevölkerungsmaximum erreicht wurde.<br />
► Alterung: Der Anteil der älteren und hochbetagten Menschen an der Gesamtbevölkerung<br />
nimmt kontinuierlich zu und wird erst nach 2050 seinen Höhepunkt erreichen.<br />
Der Anteil der Kinder nimmt sukzessive ab.<br />
► Internationalisierung: Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund steigt<br />
aufgrund der wachsenden Bedeutung der Zuwanderung für die Bevölkerungsentwicklung.<br />
► Veränderte Haushaltsstrukturen: Der bis in die 1970er Jahre hinein klassische<br />
Familienhaushalt mit vier bis fünf Personen verliert immer mehr an Bedeutung,<br />
während die 1- und 2-Personen-Haushalte sowohl prozentual wie auch absolut<br />
zunehmen.<br />
Diese übergeordneten Tendenzen schlagen sich auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> nieder. Je<br />
kleinräumiger der betrachtete Raum ist, desto stärker wirken sich jedoch zusätzlich spezielle<br />
Sonderentwicklungen wie beispielsweise Baulandausweisungen, Unternehmensansiedlungen<br />
bzw. -aufgaben usw. aus. Durch das Fortschreiben bisheriger Trends können<br />
diese Entwicklungen im kommunalen Maßstab daher nur sehr bedingt erfasst und<br />
vorhergesehen werden. Diese Fallstudie hat das Ziel, die Entscheidungsträger der Gemeinde<br />
dabei zu unterstützen, entsprechende Trends in wesentlichen Feldern kommunalen<br />
Handelns frühzeitig zu erkennen und die bisherigen Entwicklungsstrategien kritisch<br />
auf ihre Zukunftsfähigkeit zu überprüfen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 6
3 Die Gemeinde Hude im Überblick<br />
Die Gemeinde Hude liegt im Norden des <strong>Landkreis</strong>es und grenzt im Westen direkt an die<br />
Stadt <strong>Oldenburg</strong>. Mit mehr als 16.000 Einwohnern und einer Gebietsfläche von rund<br />
125 km² weist Hude im Vergleich zu den übrigen Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es eine<br />
durchschnittliche Siedlungsdichte auf. Naturräumlich liegt die Gemeinde am nördlichen<br />
Rand des Naturparks Wildeshauser Geest. Die Siedlungsschwerpunkte konzentrieren<br />
sich auf die verdichteten Bereiche Hude und Wüsting 2 - gemeinsam stellen sie fast 80%<br />
der Huder Bevölkerung. Die übrigen Ortsteile (Altmoorhausen, Hemmelsberg, Holle, Holler-Neuenwege,<br />
Hudermoor, Hurrel, Kirchkimmen, Lintel I und II, Maibusch, Nordenholzermoor,<br />
Oberhausen, Tweelbäke-Ost und Vielstedt II) sind äußerst dünn besiedelt und<br />
meist landwirtschaftlich sowie z.T. von naturnahen Flächen (wie bspw. Wald und Moor)<br />
geprägt.<br />
Die wichtigsten Verkehrsachsen sind neben den Kreisstraßen, die durch Hude führen, die<br />
Autobahnen A28 und A29, die über die Anschlussstellen Hatten (Ortsteil Altmoorhausen)<br />
und Hude sowie <strong>Oldenburg</strong> Hafen (Ortsteil Wüsting) zu erreichen sind. Sowohl in Hude<br />
als auch in Wüsting befindet sich ein Bahnhof mit einer Regionalbahnverbindung zu den<br />
Hauptbahnhöfen <strong>Oldenburg</strong> und Bremen (über Delmenhorst). Somit verfügt die Gemeinde<br />
über eine relativ gute verkehrliche Anbindung an die benachbarten Oberzentren.<br />
Aufgrund der unmittelbaren Nähe zu den Städten <strong>Oldenburg</strong>, Delmenhorst und Bremen<br />
ist Hude in den vergangenen Jahrzehnten in erheblichem Maße durch die typischen<br />
Suburbanisierungsprozesse beeinflusst worden, so dass die Gemeinde hohe Wanderungsgewinne<br />
erfahren hat, die das heutige Gemeindegebiet in seiner Siedlungsstruktur<br />
z.T. stark beeinflusst haben.<br />
Vielstedt II<br />
1,5%<br />
Tweelbäke-Ost<br />
1,8%<br />
Oberhausen<br />
1,2%<br />
Nordenholzermoor<br />
3,7%<br />
Maibusch<br />
1,1%<br />
Lintel I+II<br />
2,2%<br />
Kirchkimmen<br />
1,4%<br />
Wüsting (Grummersort +<br />
Wraggenort)<br />
12,7%<br />
Hemmelsberg<br />
0,9%<br />
Altmoorhausen<br />
2,2%<br />
Holler-Neuenwege<br />
1,2%<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude 7<br />
Holle<br />
1,2%<br />
Hudermoor<br />
0,9%<br />
Hurrel<br />
1,6%<br />
Hude (zzgl. Vielstedt I +<br />
Nordenholz)<br />
66,3%<br />
Abb. 4: Einwohner der Gemeinde Hude nach Ortsteilen 2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung nach Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
2 Nach Absprache mit der Gemeinde werden im Folgenden zum Bereich Hude die Ortsteile 06-10 sowie Nordenholz<br />
und Vielstedt I gezählt. Der Bereich Wüsting setzt sich aus den Ortsteilen Grummersort und Wraggenort<br />
zusammen.
4 Ausgangslage<br />
4.1 Einwohnerentwicklung<br />
Die Bevölkerung der Gemeinde Hude ist besonders in den 1990er Jahren äußerst<br />
dynamisch gewachsen. Ausschlaggebend waren sowohl die enormen Wanderungsgewinne<br />
als auch die hohen Geburtenzahlen der 1990er Jahre. Seit der Jahrtausendwende<br />
stagniert das Wachstum jedoch nahezu.<br />
Die Gemeinde Hude gehört aufgrund ihrer Nähe zu <strong>Oldenburg</strong>, Delmenhorst und Bremen<br />
zu den klassischen „Suburbanisierungsgemeinden“ im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>. Insgesamt<br />
lassen sich drei Phasen der Bevölkerungsentwicklung erkennen:<br />
• Ende der 1970er Jahre wuchs die Bevölkerung der Gemeinde zunächst deutlich.<br />
In den 1980er Jahren verzeichnete Hude kaum Einwohnerzuwächse und die Einwohnerzahl<br />
stagnierte weitestgehend um 12.000 Personen.<br />
• In den 1990er Jahren begann die Zahl der Einwohner jedoch sprunghaft und sehr<br />
stark zu wachsen. Grund hierfür war eine enorme Zuzugswelle – vorwiegend aus<br />
den benachbarten (Groß)Städten.<br />
• Die dynamische Wachstumsphase der 1990er Jahre endete jedoch mit der Jahrtausendwende,<br />
so dass die Einwohnerzahl seitdem weitestgehend stagniert. Dennoch<br />
führte die ausgeprägte Wachstumsphase dazu, dass die Gemeinde Hude ihre<br />
Bevölkerungszahl seit 1968 um fast 50% erhöhen konnte.<br />
17.000<br />
16.000<br />
15.000<br />
14.000<br />
13.000<br />
12.000<br />
11.000<br />
10.000<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
Abb. 5: Einwohnerentwicklung der Gemeinde Hude seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Die Phase mit ausgeprägtem Bevölkerungswachstum (in der 1990er Jahren) war sowohl<br />
durch z.T erhebliche Wanderungsgewinne als auch aufgrund überdurchschnittlich hoher<br />
Geburtenzahlen möglich (vgl. Abb. 6 und Abb. 7). Seit der Jahrtausendwende hat sich<br />
das „Geburten-Sterbefälle-Verhältnis“ zunehmend verschlechtert: Die Zahl der jährlichen<br />
Geburten, die in den 1990er Jahren durchschnittlich bei etwa 160 lag, geht seitdem kontinuierlich<br />
zurück und lag im Jahr 2006 bei 104; demgegenüber steigen die Sterbefälle<br />
der Gemeinde Hude an (159 im Jahr 2006). Im Saldo verblieb somit im Jahr 2006 eine<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 8<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006
negative natürliche Einwohnerbilanz von 55 Personen! Abbildung 6 verdeutlicht, dass die<br />
positive natürliche Bevölkerungsentwicklung in den 1990er Jahren eher eine Ausnahme<br />
aufgrund ungewöhnlich hoher Geburtenzahlen war. Sowohl vor als auch nach dieser<br />
Zeitspanne lagen die jährlichen Sterbefälle vorwiegend über der Zahl der jährlichen Geburten.<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Saldo<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
Abb. 6: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Hude seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
In den 1970er Jahren führten lediglich zwei Zuzugsspitzen (1970: 709 Zuzüge und 1973/<br />
1974: 658 und 709 Zuzüge) dazu, dass der Wanderungssaldo ausgeprägt positiv war.<br />
Die zweite Phase des ausgeprägten Bevölkerungswachstums durch Wanderungsgewinne<br />
war hingegen sehr viel länger und wies wesentlich höhere Zuzugszahlen auf: Zwischen<br />
1989 und 2002 lag die durchschnittliche Zahl der jährlichen Zuzüge in die Gemeinde<br />
Hude bei über 800 Personen (Spitzenwerte 1998: 1048 Zuzüge und 1999: 1005<br />
Zuzüge). Kombiniert mit nur leicht ansteigenden Fortzügen kam es zu einem ausgeprägten<br />
Bevölkerungswachstum. Die erheblichen Wanderungsgewinne der 1990er Jahre<br />
haben sich jedoch in den vergangenen Jahren zunehmend abgeschwächt, v.a. bedingt<br />
durch abnehmende Zuzüge (vgl. Abb. 7). Ausgehend vom Höhepunkt im Jahr 1998<br />
(1048 Personen) sind sie sukzessive auf zuletzt 795 Zuzüge zurückgegangen. Das Wanderungsplus<br />
lag im Jahr 2006 somit bereits nur noch bei 56 Personen! Auch bezüglich<br />
des Bevölkerungswachstums durch Wanderungsgewinne wird durch Abb.7 deutlich, dass<br />
in den 1990er Jahren eine „Sonderentwicklung“ stattgefunden hat.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 9<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
-200<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
Abb. 7: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Hude seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Die ausgewählten Ortsteile Hudes 3 haben sich in den 1990er Jahren ähnlich positiv<br />
entwickelt. Seit der Jahrtausendwende ist jedoch nur noch Wüsting ausgeprägt<br />
gewachsen.<br />
Bei der Bevölkerungsentwicklung der drei ausgewählten Ortsteile der Gemeinde Hude<br />
fällt auf, dass Wüsting nahezu kontinuierlich zwischen 1990 und 2007 (Stichtag<br />
17.10.2007) gewachsen ist. Aus diesem Grund konnte der Ortsteil seine Einwohnerzahl<br />
im Beobachtungszeitraum um mehr als 60% erhöhen. Dies ist insofern eine Besonderheit,<br />
da die übrigen Ortsteile (wie die Gemeinde Hude insgesamt) seit der Jahrtausendwende<br />
kaum mehr Einwohner hinzugewinnen konnten.<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
Hude<br />
Altmoorhausen<br />
Wüsting<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 10<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung in den ausgewählten Ortsteilen der Gemeinde<br />
Hude - Index: 1990 = 100<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
3<br />
In der vorliegenden Studie werden (nach Absprache mit der Gemeinde Hude) die drei „Gemeindebereiche“<br />
Hude, Wüsting und Altmoorhausen beispielhaft untersucht.<br />
2004<br />
2006
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Hude und ihrer Ortsteile<br />
Seit 1990 ist vor allem die Bevölkerungsgruppe der 40- bis 49-Jährigen deutlich<br />
gewachsen. Stark zurückgegangen ist hingegen die Gruppe der jungen Erwachsenen<br />
zwischen 20 und 29 Jahren.<br />
Der altersstrukturelle Aufbau der Bevölkerung und die zu erwartenden Entwicklungen der<br />
Altersstruktur stellen wesentliche Einflussgrößen im Hinblick auf die Betroffenheit einer<br />
Kommune vom demografischen Wandel dar. Daher sollen hier die Altersstrukturen der<br />
Gemeinde Hude und der ausgewählten Ortsteile näher betrachtet werden. Um den Einfluss<br />
der Wanderungsverflechtungen der vergangenen Jahre zu beleuchten, werden neben<br />
den aktuellen Strukturen auch die Veränderungen seit 1990 dargestellt.<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-2.000 -1.500 -1.000 -500 0 500 1.000 1.500 2.000<br />
-1.500 -1.200 -900 -600 -300 0 300 600 900 1.200 1.500<br />
Abb. 9: Altersstruktur der Gemeinde Hude 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
In der Bevölkerungspyramide der Gemeinde Hude sind die für ganz Deutschland charakteristischen<br />
Strukturen im Altersaufbau deutlich erkennbar. Die Altersgruppe der 40-49-<br />
Jährigen ist die mit Abstand am stärksten vertretene Bevölkerungsgruppe – sie ist mehr<br />
als doppelt so stark besetzt, wie die Bevölkerungsgruppe der Frauen und Männer zwischen<br />
20 und 29 Jahren. Seit 1990 hat sich das Verhältnis der beiden Altersgruppen<br />
zueinander somit umgekehrt. Beim Vergleich der Bevölkerungsstruktur von 1990 mit der<br />
von 2006 fällt zudem auf, dass sowohl die Zahl der Jugendlichen (10-19 Jahre) als auch<br />
die der Senioren (über 70 Jahre) zugenommen hat.<br />
Die beschriebenen Strukturen liegen teilweise in den übergeordneten demografischen<br />
Mustern begründet, denn deutschlandweit sind die vor dem ‚Pillenknick’ geborenen ‚Babyboomer’<br />
der 1960er-Altersjahrgänge heute besonders stark vertreten. Hinzu kommt,<br />
dass diese Menschen in ihrer Familiengründungsphase von Mitte 20 bis Mitte 30 den<br />
letzten starken Suburbanisierungsschub in den Stadtregionen getragen haben, demnach<br />
also im Umland der Städte überdurchschnittlich stark vertreten sind.<br />
Die Altersstrukturen der Ortsteile Altmoorhausen, Hude und Wüsting haben sich<br />
z.T. recht unterschiedlich entwickelt. Gemeinsamkeiten bestehen im ausgeprägten<br />
Besatz der Altersgruppe der 40-49-Jährigen. Die Entwicklung der anderen Altersgruppen<br />
variiert je nach Einwohnerentwicklung insgesamt und nach Siedlungsdichte.<br />
In den ausgewählten Ortsteilen Hudes sind durchaus z.T. sehr unterschiedliche Altersstrukturen<br />
vorzufinden. Der beschriebene charakteristisch hohe Besatz der Bevölkerungsgruppe<br />
der 40- bis 49-Jährigen, kombiniert mit recht vielen Kindern (0-9 Jahre) und<br />
Jugendlichen (10-19 Jahre) ist speziell in den Wachstumsbereichen vorzufinden, die v.a.<br />
in den 1990ern hohe Zuzüge verzeichneten (Hude und Wüsting). Erkennbar ist jedoch,<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 11<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre
dass der Ortsteil Wüsting aktuell noch Einwohnerzuwächse zu verzeichnen hat, Hude<br />
jedoch kaum noch. Dies verdeutlicht u.a. der relativ hohe Anteil an Kindern in Wüsting<br />
(14%) im Vergleich zu Hude (10%). Hinzu kommt ein relativ hoher Anteil an 30-39-<br />
Jährigen in Wüsting. Auch der Vergleich der Anteile ab 60-Jähriger an der jeweiligen<br />
Gesamtbevölkerung zwischen 1990 und 2006 verdeutlicht diese Strukturunterschiede<br />
zwischen Hude und Wüsting: im Ortsteil Wüsting ist der Anteil an Senioren zurückgegangen<br />
und daher verhältnismäßig gering. Im Ortsteil Hude ist der Anteil jedoch deutlich<br />
gewachsen (vgl. Abb. 10) – was auch am dort vorhandenen Seniorenzentrum liegen dürfte.<br />
Im weniger dicht besiedelten Ortsteil Altmoorhausen, der durch die Ansiedlung von<br />
Unternehmen geprägt ist, fällt besonders die Zunahme der 40-49-jährigen Männer auf.<br />
Dies ist die mit Abstand stärkste Bevölkerungsgruppe - 1990 waren es die 20-29-jährigen<br />
Männer. Hierdurch kommt u.a. zum Ausdruck, dass Altmoorhausen als Arbeitsplatzstandort<br />
eine große Bedeutung besitzt. Der Anteil an ab 60-Jährigen ist in Altmoorhausen<br />
zwischen 1990 und 2006 zurückgegangen und daher geringer als im Ortsteil Hude (vgl.<br />
Abb. 10 sowie 11-13).<br />
Altmoorhausen<br />
Wüsting<br />
Hude<br />
7,9%<br />
11,2%<br />
10,2%<br />
10,1%<br />
11,1%<br />
14,0%<br />
0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16%<br />
Altmoorhausen<br />
Wüsting<br />
Hude<br />
2006<br />
1990<br />
15,1%<br />
Altmoorhausen<br />
18,9%<br />
17,3%<br />
18,2%<br />
20,7%<br />
Wüsting<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 12<br />
22,1%<br />
Hude<br />
13,9%<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25%<br />
16,0%<br />
16,1%<br />
15,0%<br />
15,1%<br />
18,3%<br />
2006<br />
1990<br />
0% 2% 4% 6% 8% 10% 12% 14% 16% 18% 20%<br />
Abb. 10: Anteil 0-9Jähriger, 30-39-Jähriger und ab 60-Jähriger in den ausgewählten<br />
Ortsteilen 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
2006<br />
1990<br />
-50 -40 -30 -20 -10 0 10 20 30 40 50<br />
Abb. 11: Altersstruktur des Ortsteils Altmoorhausen 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-1100 -900 -700 -500 -300 -100 100 300 500 700 900 1100<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-1100 -900 -700 -500 -300 -100 100 300 500 700 900 1100<br />
Abb. 12: Altersstruktur des Ortsteils Hude 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
-125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125<br />
Abb. 13: Altersstruktur des Ortsteils Wüsting 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 13<br />
0-9 Jahre<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude<br />
Die herausragende Bedeutung des Wanderungsgeschehens für die Bevölkerungsentwicklung<br />
der Gemeinde Hude ist bereits mehrfach angesprochen worden. Im Folgenden<br />
sollen die Strukturen und Entwicklungen der Wanderungsverflechtungen der Gemeinde<br />
weitergehend untersucht werden. Dabei werden eigene Auswertungen der Meldeamtsdaten<br />
der Gemeinde herangezogen.<br />
Die quantitativ insgesamt intensivste Wanderungsverflechtung besteht zwischen<br />
Hude und <strong>Oldenburg</strong> (viele Zu- aber auch Fortzüge). Die meisten Wanderungsgewinne<br />
erzielte Hude daher durch Zuzüge aus der Gemeinde Ganderkesee. Aus beiden<br />
Kommunen zusammen erhielt Hude ein Wanderungsplus von über 1000 Personen<br />
zwischen 1989 und 2006.<br />
Die Rangliste der Zu- und Fortzüge im Zeitraum zwischen 1989 und 2006 zeigt sehr<br />
deutlich auf, dass Wanderungsverflechtungen in erster Linie mit dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong><br />
sowie der Gemeinde Ganderkesee bestehen. Das Wanderungsplus von 2031<br />
Personen zwischen 1989 und 2006 kommt etwa zur Hälfte durch den positiven Wanderungssaldo<br />
mit <strong>Oldenburg</strong> und Ganderkesee zustande (+1117 Personen). Hohe Wanderungsgewinne<br />
erzielt Hude darüber hinaus aus den Wanderungsverflechtungen mit den<br />
Städten Delmenhorst und Bremen sowie der Gemeinde Berne. Eine äußerst geringe<br />
Anzahl an Einwohnern hat Hude hingegen im Beobachtungszeitraum an die Gemeinden<br />
Hatten und Dötlingen sowie die Kreisstadt Wildeshausen verloren.<br />
Die skizzierten Wanderungsbeziehungen der Gemeinde Hude lassen sehr deutlich Suburbanisierungsvorgänge<br />
erkennen. Mit den Oberzentren <strong>Oldenburg</strong> und Bremen sowie<br />
der Stadt Delmenhorst hat Hude erhebliche Wanderungsgewinne erzielt. Interessant ist<br />
zudem die Tatsache, dass Hude auch aus der Nachbargemeinde Ganderkesee erhebli-
che Einwohnerzuwächse erhält, was u.a. durch die dort deutlich höheren Wohnbaulandpreise<br />
begründet sein könnte.<br />
3000<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
-500<br />
518<br />
599<br />
444<br />
367<br />
200<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 14<br />
-28<br />
21<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
-39 -51<br />
<strong>Oldenburg</strong> Ganderkesee Delmenhorst Bremen Berne Hatten Elsfleth Dötlingen Wildeshausen<br />
Abb. 14: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
Dass sich die beschriebenen Verflechtungsmuster in den vergangenen Jahren nicht stabil<br />
und gleichmäßig entwickelt haben und sich daher nicht ohne weiteres in die Zukunft<br />
fortschreiben lassen, wird deutlich, wenn die Zu- und Fortzüge im Zeitverlauf betrachtet<br />
werden.<br />
<strong>Oldenburg</strong><br />
Das Wanderungsplus mit <strong>Oldenburg</strong> (einem der wichtigsten Zuzugsorte) war Ende<br />
der 1990er Jahre besonders ausgeprägt. Seitdem gehen die Zuzüge deutlich zurück<br />
und erreichen vermutlich bald wieder das Niveau der 1980er Jahre.<br />
Bei den Wanderungsbeziehungen mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong> fällt auf, dass die Fortzüge in<br />
das Oberzentrum seit der Jahrtausendwende kontinuierlich leicht ansteigen. Die Zuzüge<br />
nehmen dagegen rapide ab (Höchstwerte 1998-2000: 617 Zuzüge � Wanderungsplus:<br />
300 Personen), so dass der Wanderungssaldo im Zeitraum 2004-2006 bereits negativ<br />
war und -22 Personen betrug. Insgesamt wird deutlich, dass die Wanderungsgewinne der<br />
späten 1990er Jahre und Anfang des neuen Jahrtausends vermutlich eine temporäre<br />
Sonderentwicklung darstellten.<br />
Saldo
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
-100<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 15: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude mit <strong>Oldenburg</strong><br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude, eigene Berechnungen)<br />
Ganderkesee<br />
Auch die Zuzüge aus der Gemeinde Ganderkesee erreichten ihre bisherigen Spitzenwerte<br />
in den 1990er Jahren und stagnieren nach einem leichten Rückgang nun<br />
nahezu. Die Fortzüge nehmen jedoch ab.<br />
Die Zuzüge aus der Gemeinde Ganderkesee erreichten mit fast 350 Personen (innerhalb<br />
von drei Jahren) ihren Höhepunkt Mitte bis Ende der 1990er Jahre. Zuletzt haben sie sich<br />
wieder bei einem Wert um 250 Zuziehende eingependelt. Da jedoch die Fortzüge seit<br />
einigen Jahren zurückgehen, hat sich der positive Wanderungssaldo – nach einem<br />
Tiefstand im Zeitraum von 2001-2003 – wieder etwas vergrößert. Wanderungsgewinne<br />
wie in den 1990er Jahren wurden jedoch bislang nicht wieder erreicht.<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 16: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude mit Ganderkesee<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude, eigene Berechnungen)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 15
Delmenhorst<br />
Die Wanderungsgewinne aus der Stadt Delmenhorst sind ebenfalls seit Ende der<br />
1990er Jahre abrupt zurückgegangen. Grund für den Einbruch sind auch hier stark<br />
abnehmende Zuzüge.<br />
Bis Ende der 1990er Jahre sind die Zuzugszahlen in die Gemeinde Hude aus der Stadt<br />
Delmenhorst enorm angestiegen. Nach einem Hoch im Zeitraum von 1998-2000 (306<br />
Personen) erfolgte jedoch ein rapider Rückgang. In jüngster Vergangenheit haben sich<br />
die Zahlen der Zuziehenden bei einem Wert um 140 eingependelt (2001-2003 und 2004-<br />
2006). Bei nahezu gleich bleibenden Fortzügen (etwa 130 in drei Jahren) verbleibt nur<br />
noch ein minimaler positiver Wanderungssaldo.<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
0<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 17: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude mit Delmenhorst<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude, eigene Berechnungen)<br />
Bremen<br />
Der zuvor kontinuierlich positive Wanderungssaldo mit der Stadt Bremen hat sich<br />
in jüngster Vergangenheit in einen Wanderungsverlust umgekehrt. Auslöser waren<br />
wiederum ein deutlicher Rückgang der Zuzugszahlen sowie zusätzlich ansteigende<br />
Fortzüge in das Oberzentrum.<br />
Die Wanderungsverflechtung mit dem Oberzentrum Bremen zeigt bezüglich der Zahl der<br />
Zuzüge ebenfalls die bereits bei den übrigen Zuzugsorten beschriebene Entwicklung:<br />
Spitzenwerte der Zuzüge in den 1990er Jahren, dann abrupter Rückgang und aktuelle<br />
Stagnation. Bei der Wanderungsverflechtung mit Bremen kommt jedoch zusätzlich hinzu<br />
(ähnlich wie bei der Wanderungsbeziehung Hude-<strong>Oldenburg</strong>), dass die Fortzüge nahezu<br />
kontinuierlich ansteigen und in jüngster Vergangenheit die Zuzugszahlen übertroffen<br />
haben. Resultat ist ein negativer Wanderungssaldo von zuletzt -4 Personen. Dies bedeutet<br />
einen deutlichen Rückgang verglichen mit den Zahlen von 1998-2000, wo der Wanderungsgewinn<br />
immerhin +125 Personen betrug.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 16
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 18: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude mit Bremen<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude, eigene Berechnungen)<br />
Weitergehende Hinweise auf Wanderungstendenzen, -motive und -perspektiven liefern<br />
die altersbezogenen Auswertungen der vorliegenden Daten. Hierzu werden die altersspezifischen<br />
Wanderungsbeziehungen der vier wichtigsten Wanderungsverflechtungen<br />
spezifiziert nach Altersgruppen in zwei 3-Jahres-Zeiträumen beispielhaft betrachtet: mit<br />
dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong>, der benachbarten Gemeinde Ganderkesee, der Stadt Delmenhorst<br />
und dem Oberzentrum Bremen. Der erste betrachtete Zeitraum 1998 – 2000<br />
lag in der dynamischen Wachstumsphase der Gemeinde; im zweiten Zeitraum (2004 bis<br />
2006) setzte nahezu eine Stagnation der Bevölkerungsentwicklung ein. Die aktivsten<br />
Bevölkerungsgruppen, die das Wanderungsgeschehen in der Gemeinde Hude am stärksten<br />
prägen, sind die Familien und die jungen Erwachsenen, die meist aufgrund von Ausbildungsplatzsuche<br />
oder Studium umziehen.<br />
<strong>Oldenburg</strong><br />
Die Zuzüge von Familien aus der Stadt <strong>Oldenburg</strong> in die Gemeinde Hude sind erheblich<br />
zurückgegangen und haben somit das Wanderungsplus dieser Bevölkerungsgruppe<br />
stark verkleinert. Bezüglich der Altersgruppe der 18-29-Jährigen<br />
weist Hude sogar bereits eine negative Wanderungsbilanz mit <strong>Oldenburg</strong> auf.<br />
Die Struktur der altersspezifischen Wanderungsverflechtungen mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong><br />
hat sich beim Vergleich der beiden Zeiträume deutlich verändert: Während Hude zwischen<br />
1998 und 2000 noch enorme Wanderungsgewinne in allen Altersgruppen erzielen<br />
konnte, sind diese im zweiten Zeitraum stark zusammengeschmolzen. In der Altersklasse<br />
18-29 Jahre verliert Hude sogar Einwohner an das Oberzentrum: der Wanderungsgewinn<br />
junger Menschen lag 1998-2000 noch bei +23 Personen, im Zeitraum 2004-2006 kehrte<br />
sich das Plus in einen Verlust von -43 Personen um. Besonders dramatisch sind die Einbußen<br />
bei den Zuzügen von Familien (Altersklassen 0-17 Jahre und 30-49 Jahre). Das<br />
Wanderungsplus ging in den entsprechenden Altersgruppen um etwa 90% zurück: von<br />
+247 Personen (1998-2000) auf +24 Personen (2004-2006). Ausgelöst wurden diese tief<br />
greifenden Verschiebungen in erster Line durch deutlich rückläufige Zuzüge sowie ansteigende<br />
Fortzüge.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 17
80-100 Jahre<br />
60-79 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
30-49 Jahre<br />
18-29 Jahre<br />
0-17 Jahre<br />
7<br />
4<br />
4<br />
6<br />
4<br />
14<br />
19<br />
17<br />
20<br />
15<br />
13<br />
28<br />
50<br />
67<br />
74<br />
109<br />
121<br />
134<br />
137<br />
0 50 100 150 200 250 300<br />
151<br />
152<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 18<br />
164<br />
160<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 19: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong><br />
nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
Ganderkesee<br />
Während sich die Wanderungsverflechtung zwischen Hude und Ganderkesee bezüglich<br />
der Familienaltersklassen kaum verändert hat, sind deutliche Einbußen bei<br />
den Zuzügen von jungen Erwachsnen sowie älteren und alten Menschen zu verzeichnen.<br />
Sowohl die Zuzüge als auch die Fortzüge von Familien von/nach Ganderkesee haben<br />
sich praktisch quantitativ nicht verändert. Deutliche Rückgänge der Zuzüge sind jedoch<br />
bei den jungen Erwachsenen (18-29 Jahre) zu verzeichnen. Der Wanderungssaldo mit<br />
dieser Altersgruppe verkleinerte sich von +30 Personen auf +5 Personen. Zudem ziehen<br />
auch immer weniger ältere und alte Menschen aus Ganderkesee in die Gemeinde Hude<br />
(auch wenn die Wanderungsaktivität dieser Bevölkerungsgruppen auf relativ niedrigem<br />
Niveau verläuft).<br />
254
80-100 Jahre<br />
60-79 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
30-49 Jahre<br />
18-29 Jahre<br />
0-17 Jahre<br />
3<br />
1<br />
8<br />
5<br />
7<br />
7<br />
11<br />
6<br />
12<br />
9<br />
20<br />
21<br />
24<br />
23<br />
58<br />
61<br />
61<br />
63<br />
65<br />
67<br />
0 20 40 60 80 100 120 140<br />
73<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 19<br />
103<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 20: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude mit der Gemeinde<br />
Ganderkesee nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
Delmenhorst<br />
Rückläufige Zuzüge aus der Stadt Delmenhorst sind in allen Altersgruppen zu verzeichnen:<br />
sowohl Familien als auch junge Erwachsene sowie ältere und alte Menschen<br />
ziehen immer seltener aus der Stadt Delmenhorst in die Gemeinde Hude.<br />
Die Zuzüge aus Delmenhorst in den Familienaltersklassen (0-17 Jahre und 30-49 Jahre)<br />
haben sich halbiert und somit den positiven Wanderungssaldo deutlich geschmälert. Zudem<br />
sind die Zuzüge junger Erwachsener sowie älterer und alter Menschen (50-59-<br />
Jährige und 60-79-Jährige) ebenfalls gesunkenen.<br />
0<br />
3<br />
80-100 Jahre<br />
1<br />
60-79 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
30-49 Jahre<br />
18-29 Jahre<br />
0-17 Jahre<br />
3<br />
1<br />
5<br />
5<br />
8<br />
12<br />
13<br />
19<br />
21<br />
25<br />
25<br />
41<br />
43<br />
38<br />
36<br />
51<br />
56<br />
53<br />
65<br />
0 20 40 60 80 100 120 140<br />
70<br />
114<br />
115<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Abb. 21: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude mit der Stadt<br />
Delmenhorst nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
118
Bremen<br />
Der Umfang der Zuzüge von Familien aus dem Oberzentrum Bremen in die Gemeinde<br />
Hude ist deutlich kleiner geworden. Gleichzeitig existiert ein Wanderungsverlust<br />
bezüglich der jungen Erwachsenen, die immer häufiger aus Hude in das<br />
Oberzentrum ziehen.<br />
Die altersspezifischen Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude und der Stadt<br />
Bremen ähneln in ihrer Struktur weitestgehend den Wanderungsverflechtungen von Hude<br />
mit <strong>Oldenburg</strong> (wie oben beschrieben): die Zuzüge von Familien gehen zahlenmäßig<br />
zurück, die Fortzüge dieser Bevölkerungsgruppe nach Bremen nehmen zu. Ähnlich verhält<br />
es sich bei den Wanderungen der jungen Erwachsenen. Hier haben die sich ändernden<br />
Strukturen jedoch bereits zu einem Wanderungsverlust geführt. Zudem ist ein Rückgang<br />
der Zuzüge älterer und alter Menschen erkennbar.<br />
80-100 Jahre<br />
60-79 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
30-49 Jahre<br />
18-29 Jahre<br />
0-17 Jahre<br />
2<br />
4<br />
1<br />
2<br />
6<br />
8<br />
9<br />
9<br />
9<br />
14<br />
20<br />
20<br />
19<br />
26<br />
30<br />
35<br />
43<br />
43<br />
50<br />
52<br />
51<br />
54<br />
59<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
0 20 40 60 80 100 120<br />
Abb. 22: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Hude mit der Stadt Bremen<br />
nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
Insgesamt 4 ist der Wanderungssaldo bezüglich der Familienaltersgruppen um über<br />
70% geschrumpft und lag zuletzt nur noch bei etwa +140 Personen. Das Wanderungsplus<br />
der jungen Erwachsenen hat sich in einen Wanderungsverlust umgekehrt.<br />
Bezüglich der Gruppe der Menschen in der zweiten Lebenshälfte ab 50 Jahren kann im<br />
Rahmen der analysierten Wanderungsverflechtungen mit den vier wichtigsten Kommunen<br />
festgehalten werden, dass insgesamt das Wanderungsplus zwischen 1998 und 2000<br />
(+149 Personen) deutlich geschrumpft ist (2004-2006: -2 Personen). Ende der 1990er<br />
Jahre sind besonders die so genannten „Best Ager“ (50-59 Jahre) sowie Senioren (60-79<br />
Jahre) aus den vier wichtigsten Zuzugsorten nach Hude gezogen. Aber auch Zuzüge von<br />
Hochbetagten (80+ Jahre) haben in außergewöhnlich hohem Umfang stattgefunden.<br />
Betrachtet man die Wanderungssalden innerhalb der drei Altersgruppen und zwischen<br />
4 In Bezug auf die analysierten Wanderungsverflechtungen mit den vier Kommunen: <strong>Oldenburg</strong>, Ganderkesee,<br />
Delmenhorst und Bremen. Diese besitzen quantitativ die größte Relevanz beim Wanderungsgeschehen der<br />
Gemeinde Hude.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 20<br />
101
den beiden Zeiträumen, so besteht nur noch bei den Senioren ein leichter Wanderungsgewinn.<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Hude<br />
Wie lassen sich die beschriebenen Prozesse und Strukturen bei den demografischen<br />
Prozessen der Gemeinde Hude im Hinblick auf die künftig zu erwartenden Entwicklungen<br />
interpretieren?<br />
An dieser Stelle wird bewusst auf den (alleinigen) Verweis auf existierende Prognosen<br />
verzichtet, denn die jüngsten Entwicklungstendenzen zeigen sehr deutlich die Grenzen<br />
und Unsicherheiten prognostischer Modelle auf, wenn sie in einer sehr kleinen räumlichen<br />
Auflösung angewendet werden. Speziell Veränderungen bei den Wanderungsverflechtungen<br />
– die gerade für die Stadt-Umland-Verflechtungen zentrale Bedeutung besitzen<br />
– sind aufgrund ihrer äußerst vielschichtigen und komplexen Ursachen und Wirkungszusammenhänge<br />
kaum zu operationalisieren.<br />
Im Folgenden sollen daher aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen vielmehr die wichtigsten<br />
qualitativen Trends am Beispiel der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> im Nordwesten<br />
herausgestellt werden. Diese Darstellung ermöglicht auch eine regionale Einordnung<br />
der Prozesse in der Gemeinde.<br />
Vieles deutet darauf hin, dass die vor allem in den 1990er Jahren zu beobachtende Abwanderung<br />
besonders der jungen Familien aus den (Groß)Städten 5 derzeit zu Ende geht<br />
und sich stattdessen eine Entwicklung fortsetzen wird, die nach der Jahrtausendwende<br />
eingesetzt hat:<br />
• Orientierung der Familien auf gut ausgestattete Standorte, z.B. Stadtrandlagen<br />
• Zunehmender Fortzug/Rückzug der jungen Erwachsenen in die (Nähe der) Arbeitsplatzzentren<br />
• Tendenzen bei den Senioren zum Umzug in zentrale Ortslagen (teilweise auch in die<br />
Städte)<br />
Das Wachstum der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> ist nach 20 Jahren zum<br />
Stillstand gekommen. Ein gleichzeitig ausreichendes Angebot an günstigen Immobilien<br />
und Baugrundstücken in allen Lagequalitäten hat den Suburbanisierungsdruck<br />
deutlich abgeschwächt.<br />
Mit der Abschaffung der Eigenheimzulage, der Kürzung der Entfernungspauschale und<br />
dem Konjunktureinbruch nach der Jahrtausendwende sind wesentliche Push-Faktoren<br />
der weit in die Region hineinreichenden Suburbanisierungswelle der letzten fünfzehn<br />
Jahre fortgefallen. Zudem haben sich die Impulse der Wohnungs- und Immobilienmärkte<br />
deutlich verändert. In den 1990er Jahren konnte die Nachfrage vor allem nach Wohnungen<br />
wie auch nach Bauland in zentraleren Lagen kaum befriedigt werden: Einerseits<br />
drängten zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge und Aussiedler nach Deutschland, es<br />
befand sich aber auch die im Altersaufbau Deutschlands deutlich herausstechende letzte<br />
Babyboomer-Generation der in den 1960ern Gebürtigen in der Familiengründungsphase,<br />
wodurch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern einen zusätzlichen Impuls erhielt. Viele<br />
Bewohner der Städte sind in dieser Phase mangels Alternativen in das Stadtumland hinausgezogen.<br />
5 Für die Gemeinde Hude haben die Städte <strong>Oldenburg</strong>, Bremen und Delmenhorst eine große Bedeutung bei<br />
den Suburbanisierungsprozessen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 21
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
-0,5<br />
-1,0<br />
1969<br />
1970<br />
1971<br />
1972<br />
1973<br />
1974<br />
1975<br />
1976<br />
1977<br />
1978<br />
1979<br />
1980<br />
1981<br />
1982<br />
1983<br />
1984<br />
1985<br />
1986<br />
1987<br />
1988<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
Abb. 23: Bevölkerungsentwicklung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong><br />
im Nordwesten seit 1968 (jährliche %-Entwicklung)<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Ein Blick auf die gesamtregionale Entwicklung veranschaulicht die veränderten Rahmenbedingungen:<br />
Die Bevölkerung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<br />
<strong>Oldenburg</strong> ist aus den genannten Gründen in den 1990ern dynamisch gewachsen – in<br />
Spitzen mit Raten von bis zu 1,4 % jährlich. Seit etwa zehn bis zwölf Jahren ist dieses<br />
Wachstum aber deutlich rückläufig, im Jahr 2006 sind die Einwohnerzahlen im Gebiet der<br />
heutigen Metropolregion sogar erstmals seit zwanzig Jahren wieder leicht zurückgegangen.<br />
Angesichts der bestehenden demografischen Strukturen und nur geringer Aussicht<br />
auf einen deutlich anziehenden Zuzug in die Region ist nicht zu erwarten, dass sich dieser<br />
Trend in absehbarer Zeit wieder verändern könnte. Da zudem fast alle Kommunen,<br />
insbesondere aber auch die Städte <strong>Oldenburg</strong>, Bremen und Delmenhorst, inzwischen ein<br />
respektables Wohnungs-, Immobilien- und Baulandangebot bereithalten, fällt ein wesentliches<br />
Suburbanisierungsmotiv fort.<br />
Sämtliche ehemals relevanten Faktoren für die Wanderung aus den Städten in das<br />
Umland sind heute demnach nicht mehr in dieser Form gegeben und werden aller<br />
Voraussicht nach auch in absehbarer Zeit nicht wieder eintreten. Daher erscheint<br />
es plausibel, dass die jüngsten Veränderungen im Hinblick auf die Bevölkerungsentwicklungen<br />
und Wanderungsverflechtungen charakteristisch für die zu erwartenden<br />
Entwicklungen sein können.<br />
Auch in der Gemeinde Hude haben die Veränderungen im Wanderungsgeschehen sowie<br />
die stattfindenden demografischen Entwicklungen deutliche Spuren im Bevölkerungsaufbau<br />
hinterlassen:<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 22
Wanderungen:<br />
• Die Zuzüge in die Gemeinde Hude haben in den letzten Jahren kontinuierlich abgenommen:<br />
Aus den Oberzentren <strong>Oldenburg</strong> und Bremen ziehen immer weniger Familien<br />
in die Gemeinde, bei der Wanderungsbeziehung mit Delmenhorst verkleinerte<br />
sich der Zuzug aller Altersgruppen und aus Ganderkesee ziehen immer weniger junge<br />
Erwachsene nach Hude. Diese Einbrüche machen sich in der nahezu stagnierenden<br />
Bevölkerungsentwicklung bemerkbar. Die Veränderungen in den Wanderungsverflechtungen<br />
dürften sich zukünftig weiter fortsetzen oder sogar verstärken, so<br />
dass sie wahrscheinlich das Bevölkerungswachstum weiter einschränken werden.<br />
Bevölkerungsentwicklung:<br />
• Die bisher starke Bedeutung der Wanderungen für die Bevölkerungsentwicklung der<br />
Gemeinde Hude dürfte auch in Zukunft gegeben sein, denn neben dem Rückgang<br />
der Zuzüge ist die natürliche Bevölkerungsentwicklung bereits seit einigen Jahren<br />
negativ. Hinzu kommt, dass der Rückgang der Geburtenzahlen sich höchstwahrscheinlich<br />
bei abnehmenden Familien-Zuzügen und Abwanderung der jungen Erwachsenen<br />
weiter fortsetzt. Darüber hinaus nimmt die Bevölkerungsgruppe der potenziellen<br />
Elterngeneration demografisch bedingt zukünftig zunächst weiter ab. Aufgrund<br />
der beschriebenen Veränderungen ist daher nicht davon auszugehen, dass in<br />
naher Zukunft erneut eine ausgeprägte Wachstumsphase stattfinden wird.<br />
• In Zukunft dürfte sich die Entwicklung verstärkt auf die Siedlungskerne Hude und<br />
Wüsting konzentrieren. Besonders Hude verfügt über eine größtenteils gut ausgebaute<br />
Infrastruktur.<br />
Altersstrukturen:<br />
• Die Anzahl der Senioren in der Gemeinde Hude hat sich mit leichten Zunahmen verhältnismäßig<br />
moderat entwickelt. Dabei ist eine deutliche „Alterung“ besonders im<br />
Ortsteil Hude erkennbar (hohe Anteile an über 60-Jährigen und niedrige Anteile an 0-<br />
9-Jährigen). Diese Entwicklung dürfte sich zukünftig weiter verstärken, da hier die in<br />
ähnlichem Alter zugezogenen Suburbanisierer der 1990er Jahre erst noch in das Seniorenalter<br />
hineinwachsen werden.<br />
• Starken Einfluss auf die Altersstruktur der Gemeinde Hude haben die Fortzüge bzw.<br />
ausbleibenden Zuzüge junger Erwachsener – und die Entwicklung dürfte sich aufgrund<br />
der beschriebenen Strukturverschiebungen weiter fortsetzen. Bezüglich der<br />
Menschen in der zweiten Lebenshälfte (ab 50 Jahre) verzeichnet die Gemeinde Hude<br />
noch ein Wanderungsplus. Vor allem in den 1990ern sind verhältnismäßig viele<br />
„Best-Ager“, Senioren und auch Hochbetagte in die Gemeinde gezogen, was die Altersstruktur<br />
bereits verändert hat und auch zukünftig die „Schieflage“ der Altersstruktur<br />
weiter verstärken dürfte.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 23
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen<br />
Wandel<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
Der Bodenrichtwert für Wohnbauflächen liegt in Hude laut dem aktuellen Grundstücksmarktbericht<br />
(2007) für mittlere Lagen bei 90€ / m². In den anderen beiden direkten Umlandgemeinden<br />
der Stadt <strong>Oldenburg</strong> (Wardenburg und Hatten) ist Wohnbauland ähnlich<br />
teuer. Im Vergleich zu den Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es insgesamt liegt der Preis jedoch<br />
deutlich über dem Durchschnitt. Dennoch hat die Möglichkeit vergleichsweise günstiges<br />
Bauland erwerben zu können und gleichzeitig in der Nähe eines Oberzentrums zu wohnen,<br />
in der Vergangenheit zu einem erheblichen Bauboom in Hude und dem Zuzug vieler<br />
Familien aus den Oberzentren <strong>Oldenburg</strong> und Bremen sowie der Stadt Delmenhorst und<br />
der Gemeinde Ganderkesee geführt.<br />
Da der Wohnungs- und Immobilienmarkt der Gemeinde Hude z.T. deutlich von den hohen<br />
Wanderungsgewinnen vor allem der 1990er Jahre geprägt ist, stellt das Einfamilienhaus<br />
in der Gemeinde Hude mit 77% die dominierende Wohnform dar. Etwa jede sechste<br />
Wohnung befand sich jedoch immerhin am 31.12.2006 in Mehrfamilienhäusern mit mehr<br />
als zwei Wohnungen (Quelle: Niedersächsisches Landesamt f. Statistik, Gebäude- und<br />
Wohnungsfortschreibung in Niedersachsen).<br />
Die durchschnittliche Haushaltsgröße ist mit 2,3 Personen in Hude vergleichsweise klein<br />
und eher städtisch geprägt. Nur die Gemeinde Ganderkesee weist im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong><br />
eine ebenso kleine Haushaltsgröße auf (vgl. Abb. 24).<br />
3,2<br />
3,0<br />
2,8<br />
2,6<br />
2,4<br />
2,2<br />
2,0<br />
Ganderkesee Großenkneten SG Harpstedt Hatten<br />
Hude Wildeshausen Dötlingen Wardenburg<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 24: Durchschnittliche Haushaltsgröße (Einwohner je Wohnung) in den<br />
Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong><br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten des Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Bevölkerungsfortschreibung; Wohnungs- und Gebäudefortschreibung)<br />
Neben der im regionalen Vergleich recht kleinen durchschnittlichen Haushaltsgröße weist<br />
die Gemeinde Hude mit 46,8m² eine in etwa dem Durchschnitt entsprechende Wohnfläche<br />
pro Kopf auf. Die Anzahl der Einwohner und die Wohnfläche sind in der Gemeinde<br />
Hude in den vergangenen etwa 20 Jahren durchaus unterschiedlich stark gewachsen<br />
(Einwohnerzahl 1986-2006: +30%; Wohnfläche 1986-2006: +60%). In jüngster Vergangenheit<br />
stagnierte zudem das Bevölkerungswachstum, so dass die rechnerisch jedem<br />
Einwohner zur Verfügung stehende Wohnfläche weiter zunimmt (vgl. Abb. 25). Im Ver-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 24
gleich zu den anderen direkten Umlandgemeinden der Stadt <strong>Oldenburg</strong> ist die Pro-Kopf-<br />
Wohnfläche mit fast 47 m² in Hude verhältnismäßig hoch.<br />
Index: 1986 = 100<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
Index Wohnfläche<br />
Index Einwohner<br />
Wohnfläche/Einwohner<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 25: Wohnflächenentwicklung in der Gemeinde Hude 1986-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
Bezüglich der Fertigstellung neuer Wohngebäude im Zeitraum von 1991 bis 2006 kann<br />
festgehalten werden, dass in den Jahren zwischen 1994 und 2001 die bisher größten<br />
Zahlen an Neubauten in Hude verzeichnet wurden (durchschnittlich etwa 103 im Jahr)<br />
(vgl. Abb. 26). Danach nahm die Anzahl an Baufertigstellungen deutlich ab, so dass kurz<br />
nach der Jahrtausendwende im Beobachtungszeitraum die wenigsten Wohngebäude<br />
errichtet wurden. Zwar stieg die Zahl neuer Wohngebäude in den vergangenen zwei Jahren<br />
noch einmal leicht an, dennoch waren es nur halb so viele wie in der Mitte der 1990er<br />
Jahre. Somit kann von einem verhältnismäßig starken Rückgang der Neubauaktivität in<br />
der Gemeinde Hude gesprochen werden.<br />
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
67<br />
1991<br />
3<br />
mit 1 und 2 Wohnungen<br />
mit 3 und mehr Wohnungen<br />
50<br />
1992<br />
40<br />
6 5<br />
1993<br />
117<br />
1994<br />
17<br />
90<br />
1995<br />
13<br />
56<br />
1996<br />
79<br />
6 5<br />
1997<br />
100<br />
1998<br />
11<br />
156<br />
1999<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 25<br />
99<br />
70<br />
35<br />
38<br />
34<br />
54,0<br />
52,0<br />
50,0<br />
48,0<br />
46,0<br />
44,0<br />
42,0<br />
40,0<br />
38,0<br />
36,0<br />
Wohnfläche/Einwohner [qm]<br />
4 2 1 2 0 0 1 3<br />
Abb. 26: Neue Wohngebäude in Hude 1991 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
58<br />
2005<br />
51<br />
2006
Im gesamten Beobachtungszeitraum hat eine Neubauaktivität nahezu ausschließlich in<br />
den Ortsteilen Hude und Wüsting stattgefunden. Während der Schwerpunkt der Entwicklung<br />
in der Vergangenheit im Ortsteil Hude lag, konzentriert er sich heute – v.a. aufgrund<br />
des relativ neu ausgewiesenen großen Baugebietes „An der Bahn“ - auf den Ortsteil<br />
Wüsting. Nach Aussage der Gemeinde sind im Ortsteil Hude aktuell nahezu keine Baugrundstücke<br />
mehr in Neubaugebieten verfügbar (Ausnahme: Baugebiet „Wilhelmstraße“).<br />
Früher war es für Bauinteressenten, die nicht aus Hude kamen, schwierig ein Grundstück<br />
zu erwerben, da die Gemeinde ein Punktesystem aufgestellt hatte, durch welches u.a.<br />
„Eigengewächse“ gefördert werden sollten. Heute können jedoch nach Einschätzung der<br />
örtlichen Immobilienexperten alle Nachfragerwünsche nach Bauplätzen erfüllt werden, da<br />
auf vielen bestehenden Grundstücken eine Lückenbebauung oder Bebauung in zweiter<br />
Zeile möglich ist. Seitens der Gemeinde ist es zudem geplant, die Lückenbebauung im Ort<br />
(planerisch) zu erleichtern, da z.T. eine neue und ergänzende Bebauung teilweise an<br />
Eigentümereinverständnissen scheitert.<br />
Die Herkunft der zuziehenden Nachfrager auf dem Huder Immobilienmarkt hat sich<br />
kaum verändert (v.a. <strong>Oldenburg</strong> und Delmenhorst), jedoch ist die Intensität der<br />
Nachfrage in den letzten 2-3 Jahren deutlich zurückgegangen.<br />
Nach Aussage der Gemeinde teilte sich bei den Baugebieten in Hude die Nachfrage bislang<br />
etwa wie folgt auf: 60% Huder, 20% <strong>Oldenburg</strong>er, 20% „Rest“. Die bisherige Bewohnerstruktur<br />
des neuen Baugebietes in Wüsting ist zwar etwas anders ausgeprägt (ein<br />
Drittel <strong>Oldenburg</strong>er, ein Drittel Huder, ein Drittel Delmenhorster/ bzw. Bewohner der Wesermarsch),<br />
dennoch sind die Städte <strong>Oldenburg</strong> und Delmenhorst als eindeutige Zuzugsquellen<br />
anzusehen – an der Herkunft der Zuziehenden hat sich somit in den letzten Jahren<br />
kaum etwas geändert. Aufgrund der rückgängigen Zuzugszahlen ist die Einschätzung der<br />
Immobilienexperten, dass die Nachfrageintensität in der Gemeinde Hude allgemein nachgelassen<br />
hat, durchaus begründet.<br />
Ortsteil Gebiet<br />
ausgewiesene<br />
Grundstücke<br />
noch zur Verfügung<br />
stehende Grundstücke*<br />
Hude Jägerstraße/ westlich des Abteiweges 9 0<br />
Jägerstraße/ nördlich der Gundschule 32 0<br />
Westlich der Wilhelmsstraße/ östlich der Maibuscher Bäke 33 21<br />
Jahnplatz 13 0<br />
Vielstedter Straße/ südlich der Kantstraße 47 0<br />
Im Obstgarten 100 0<br />
Wüsting Wüsting - An der Bahn/ Hauptstraße/ An der Schule 68 31 (37 Bauanträge liegen vor)<br />
Wüsting/ An der Bahn 80 0<br />
Hauptstraße/ Überm Erdbrahm 61 0<br />
Hauptstraße/ Klosterkiel 9 0<br />
*alle ausgewiesenen Grundstücke sind nach Aussage der Gemeinde Hude bis auf wenige (ca. 1-3) bebaut (Ausnahmen vermerkt)<br />
Abb. 27: Auslastung der Baugebiete in der Gemeinde Hude<br />
(Quelle: Gemeinde Hude; Stand: 28.12.2007)<br />
Bezüglich des Wandels der Nachfragerstruktur kann nach Einschätzung der auf dem<br />
Immobilienmarkt tätigen Experten festgehalten werden, dass die nachfragenden Bevölkerungsgruppen<br />
immer vielfältiger werden: von jungen Paaren ohne Kinder, über Familien<br />
mit jugendlichen Kindern, bis zur Generation 50+ . Besonders die Nachfrage nach „Seniorenimmobilien“,<br />
wie bspw. dem Erdgeschossbungalow, hat sich verstärkt.<br />
Nach Aussage der Immobilienexperten ist es heute zudem aufgrund des Wegfalls der<br />
Eigenheimzulage und anderer Kürzungen nicht mehr ganz so vielen Menschen möglich,<br />
ein Eigenheim zu erwerben. Daher fehlen meist Haushalte mit kleineren Einkommen<br />
sowie „08/15-Einheitshäuser“ fast vollständig auf dem (Huder) Immobilienmarkt.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 26
Die Nachfrage nach Bestandsimmobilien ist durchaus vorhanden - nicht zuletzt aufgrund<br />
des z.T. knappen Angebots an Baugrundstücken. Der Wertverlust der Bestandsimmobilien<br />
nimmt jedoch zu: besonders die Häuser aus den 1950er/ 60er Jahren sind schwieriger<br />
zu vermarkten (schlechte Energieeffizienz, zu großes Grundstück von 900-1000m²,<br />
etc.). Daher darf eine Immobilie, soll sie dem Anspruch des durchschnittlichen Kaufinteressenten<br />
entsprechen, meist nicht älter als 10 Jahre alt sein. Vermarktungsschwierigkeiten<br />
gibt es bspw. bei Immobilien in den sog. „Nachkriegssiedlungen“. Leerstände treten<br />
jedoch nur vereinzelt auf; konkrete Problemgebiete mit vermehrtem Leerstand sind<br />
(noch) nicht zu identifizieren.<br />
Abb. 28: Wohngebiet mit Gebäudebestand aus der Mitte des 20. Jahrhunderts<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Oktober 2007)<br />
Eine vergleichsweise gute Entwicklungschance hat besonders der Ortsteil Hude.<br />
Infrastrukturdefizite in den übrigen Ortsteilen werden zunehmend zum Standortnachteil.<br />
Aufgrund der vielfältigen Infrastrukturausstattung dürfte der Ortsteil Hude zukünftig die<br />
größten Entwicklungschancen besitzen. Auch aktuell ist die Nachfrage auf dem Immobilienmarkt<br />
in Hude nach Aussage der Immobilienexperten deutlich höher. Teilweise ziehen<br />
sogar Bewohner aus Wüsting zurück nach Hude. Da früher aufgrund des Grundstücks-<br />
und Immobilienmangels kein adäquates Angebot in Hude bestand, wurde der Ortsteil<br />
Wüsting nur „vorübergehend“ als Wohnstandort gewählt. Als besonders nachteilig wird<br />
die fehlende Grundversorgung in Wüsting gesehen. Durch die Vermarktung des neuen<br />
Wohngebietes wird jedoch seitens der Gemeinde erhofft, dass die notwendige Einwohnerzahl<br />
zur Ansiedlung eines Vollsortimenters erreicht wird.<br />
Eine Konzentration der Nachfrage auf die zentralen Bereiche des Ortsteils Hude gibt es<br />
nicht, da der Ortskern auch von den Randlagen aus sehr gut zu erreichen ist.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 27
Abb. 29: Neubaugebiete in Hude und Wüsting<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Oktober 2007)<br />
Im Hinblick auf die Veränderung bei den Altersklassen und Haushaltsformen der<br />
Nachfrager besteht bezüglich der Angebotsvielfalt auf dem Huder Immobilienmarkt<br />
in einigen Bereichen Anpassungsbedarf.<br />
Anpassungs- und Entwicklungsbedarf des Huder Immobilienmarktes besteht nach Einschätzung<br />
der Immobilienexperten beim seniorengerechten Wohnungsbau. Zukünftig<br />
wird die Nachfrage älterer Menschen, wenn die Kinder aus dem großen Einfamilienhaus<br />
ausgezogen sind oder sobald ein Partner gestorben ist, nach Wohnformen steigen, die<br />
den neuen Lebensumständen entsprechen. Derartige Immobilien können bspw. Erdgeschosswohnungen<br />
in entsprechenden Mehrparteien-Häusern sein. Seit Kurzem existiert<br />
ein rechtskräftiger B-Plan, der im Norden Hudes ein Gebiet nur für die Bebauung mit<br />
„Senioren-Wohnungen“ vorsieht. Das Gebiet ist in räumlicher Nähe zum DRK-<br />
Seniorenzentrum angesiedelt, so dass durchaus Synergieeffekte genutzt werden können.<br />
Der Baubeginn der geplanten ca. 15 kleinen Reihenhaus-Bungalows und des Mehrparteien-Hauses<br />
wird vermutlich Anfang 2009 sein. Hierdurch wird das Wohnangebot für<br />
ältere Menschen in der Gemeinde Hude erweitert (vgl. auch Kap. 5.2.3).<br />
5.2 Soziale Infrastruktur<br />
5.2.1 Kinderbetreuung<br />
In der Gemeinde Hude gibt es zur Zeit sieben Kinderbetreuungseinrichtungen – fünf im<br />
Ortsteil Hude sowie jeweils eine in Wüsting und Altmoorhausen. Eine Kinderbetreuung<br />
von Kindern zwischen 1,5 und 3 Jahren ist im Kindergarten Wüsting und in der Villa Kunterbunt<br />
in Hude möglich. Zudem ist neben der Trägerschaft auch das Angebot der Einrichtungen<br />
vielfältig, da neben einer Vormittags-, Nachmittags- und Ganztagsbetreuung<br />
auch Eingewöhnungs-, Integrations- und Eltern-Kind-Gruppen existieren.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 28
Anzahl Plätze (01.08.2007)<br />
Einrichtung Ortsteil vorhanden belegt Angebot<br />
Gänseblümchen Hude 115 103<br />
Villa Kunterbunt Hude 77 69<br />
KiGa Wüsting Wüsting 100 94<br />
Vormittags- und<br />
Eingewöhnungsgruppen<br />
Vormittags- und<br />
Ganztagsgruppen sowie<br />
Krippengruppe (22 von 27<br />
Plätzen belegt)<br />
Vormittagsgruppen sowie<br />
Krippengruppe (14 von 15<br />
Plätzen belegt)<br />
KiGa Altmoorhausen Altmoorhausen 43 37 Vormittagsgruppen<br />
Ev. KiGa Regenbogeninsel Hude 116 116<br />
Kath. KiGa St. Marien Hude 108 101<br />
Waldorf-KiGa Sonnenweg Hude 35 32<br />
Vormittags-, Integrations-,<br />
Nachmittags- und<br />
Eingewöhnungsgruppen<br />
Vormittags-, Integrations- und<br />
Eingewöhnungsgruppen<br />
Vormittags-, Eingewöhnungs-<br />
und Eltern-Kind-Gruppe<br />
Abb. 30: Auslastung der Kinderbetreuungseinrichtungen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung nach Kindertagesstättenbedarfsplanung LK <strong>Oldenburg</strong><br />
2007)<br />
Die Kapazitäten der Kindergärten wurden in der Vergangenheit laufend an die Gegebenheiten<br />
angepasst. Anfang der 1990er entstand der Waldorfkindergarten und der letzte<br />
große Neubau war der kath. Kindergarten (1993). Um die Jahrtausendwende haben zuletzt<br />
noch einige Erweiterungen um zusätzlich Gruppen stattgefunden. Im Kindergartenjahr<br />
2005/06 sind dann in Wüsting erste (reduzierende) Anpassungen erfolgt: eine zusätzliche<br />
Gruppe wurde geschlossen und dafür eine Krippengruppe eingerichtet.<br />
Zum 01.08.2007 waren in den sieben Einrichtungen laut der Kindertagesstättenbedarfsplanung<br />
des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> 594 Betreuungsplätze vorhanden. Der Betreuungsbedarf<br />
6 lag zu diesem Zeitpunkt bei 471 Plätzen, so dass eine Versorgungsquote von<br />
126% bestand. Freie Plätze gab es dabei sowohl beim Vormittags- als auch beim Nachmittagsangebot<br />
– weniger bei den Integrations- und Krippengruppen. Die Versorgungsquote<br />
wird von der Gemeinde als sehr positiv bewertet, da so jeder Neubürger bei Bedarf<br />
einen Kindergartenplatz bekommt. Ein weiteres attraktives Angebot besteht darin, dass<br />
das zweite Kind nur die Hälfte der Kindergartengebühren zahlt und das dritte gar keine.<br />
Darüber hinaus gibt es viele Ermäßigungen mit der Familien- und Sozialkarte der Gemeinde.<br />
Eine weitere Bemühung der Gemeinde Hude das Betreuungsangebot attraktiver zu gestalten<br />
besteht darin, dass in Zusammenarbeit mit ortsansässigen Firmen geplant wird. So<br />
ist eine Betreuung der Kinder von Firmenmitarbeitern in Hude möglich, auch wenn diese<br />
z.B. nicht in Hude wohnen. Hiermit wird versucht den Kindergartenstandort in Altmoorhausen<br />
zu erhalten. Zudem ist die Strategie Teil des Gemeinde-Konzeptes „Vereinbarkeit<br />
von Beruf und Familie“.<br />
Bereits in den kommenden Jahren ist mit einem deutlichen Rückgang der Nachfrage<br />
nach Kindergartenplätzen zu rechnen. Freiwerdende Kapazitäten plant die Gemeinde<br />
Hude durch eine Angebotserweiterung zu nutzen.<br />
6<br />
Platzbedarf für: 75 % der dreijährigen Kinder, 90 % der vierjährigen Kinder, 90 % der fünfjährigen Kinder und<br />
50 % der sechsjährigen Kinder<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 29
Bereits die aktuellen Kindergarten-Jahrgänge sind nicht mehr ganz so stark besetzt, denn<br />
sie lassen sich näherungsweise über die Geburtsjahrgänge 2002 – 2004 erfassen und<br />
seit etwa der Jahrtausendwende ist die Zahl der jährlichen Geburten deutlich niedriger<br />
als noch in den 1990er Jahren. Im Zeitraum zwischen 2002 und 2004 sind in Hude 387<br />
Kinder geboren worden. Im Vergleich zu den stärksten Geburtsjahrgängen in den vergangenen<br />
20 Jahren (591; 1997 - 1999) entspricht dies jedoch bereits einem Rückgang<br />
um etwa 35%. Die Geburten haben darüber hinaus im Jahr 2006 deutlich abgenommen<br />
und diese Entwicklung dürfte sich weiter fortsetzen. Gerade die nachrückenden potenziellen<br />
Elternjahrgänge 7 fallen in Hude außerordentlich schwach aus.<br />
Auch die Planungen der Gemeinde Hude gehen etwa von 20% weniger Kindern in naher<br />
Zukunft aus. Freiwerdende Kapazitäten sollen dann generell durch Angebotserweiterungen<br />
genutzt werden. So hat der Rat der Gemeinde Hude im Jahr 2005 bspw. beschlossen<br />
(im Rahmen des Tagesbetreuungsausbaugesetzes) frei werdende Kapazitäten zur<br />
Betreuung unter Dreijähriger zu nutzen: durch Einrichtung altersübergreifender Gruppen<br />
und Krippengruppen.<br />
Die folgende Abbildung zeigt, dass die Prognosen der Gemeinde für die nächsten drei<br />
Kindergartenjahre davon ausgehen, dass die Anzahl der Kinder mit Anspruch auf einen<br />
Kindergartenplatz langsam abnehmen dürfte. Dabei sind alle Ortsteile von den Rückgängen<br />
betroffen – Wüsting/ Altmoorhausen zwar zeitlich eher als Hude, aber in geringerem<br />
Umfang.<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
382<br />
Hude Bedarf Hude Bestand Wüsting/ Altmoorhausen Bedarf Wüsting/ Altmoorhausen Bestand<br />
354 351 354 354 354<br />
122<br />
312 308<br />
128 128 128 128<br />
109 108 108<br />
2007/2008 2008/2009 2009/2010 2010/2011<br />
Abb. 31: Bedarf 8 und Bestand an Kindergartenplätzen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Hude, November 2007)<br />
Auch die Prognosen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> im Rahmen der Kindertagesstättenbedarfsplanung<br />
gehen von einem weiteren Rückgang der Kinder und somit auch des<br />
Betreuungsbedarfes aus. Nach einem Hoch der Zahl der 3-6-Jährigen in Hude um das<br />
Jahr 2003 hat bereits vor einigen Jahren ein Rückgang der Kinderzahl eingesetzt.<br />
7<br />
Etwa 50 % aller Kinder sind im Jahr 2006 in Niedersachsen von Frauen im Alter von 26 bis 33 Jahren geboren<br />
worden (Quelle: NLS 2006, Natürliche Bevölkerungsbewegung).<br />
8<br />
Die Bedarfsrechnungen der Gemeinde erfolgen nach einer Modellrechnung: 100% in zwei Jahrgängen, 75%<br />
in einem Jahrgang und 50% im letzten Jahrgang.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 30
1.000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
3 -6-Jährige<br />
Platzbedarf in Betreuungseinrichtungen<br />
200<br />
1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11<br />
Abb. 32: Zahl der 3- 6-Jährigen und Platzbedarf 9 in Betreunngseinrichtungen<br />
1995/96 – 2007/08 und Prognose bis 2010/11<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es<br />
<strong>Oldenburg</strong>; 2007)<br />
Für die 385 gemeldeten Kinder unter drei Jahren stehen in der Gemeinde Hude bisher<br />
bereits 42 Plätze in 2 Krippengruppen zur Verfügung. Erfahrungen zeigen, dass eine<br />
Betreuung unter Dreijähriger immer gefragter wird, in den meisten Gemeinden jedoch ein<br />
Unterangebot an Betreuungsmöglichkeiten besteht. Auch in Hude liegt die Betreuungsquote<br />
der Kleinkinder bei nur etwa 10% - im regionalen Vergleich ist dies jedoch vergleichsweise<br />
hoch. Entsprechend den Vorgaben aus dem Tagesbetreuungsausbaugesetz<br />
(TAG; Vorgabe: ‚bedarfsgerechtes’ Angebot bis 2010) und den jüngsten bundes- und<br />
landespolitischen Beschlüssen, wonach bis 2013 für 35 % aller Kinder unter drei Jahren<br />
Betreuungsplätze (in Betreuungseinrichtungen oder durch Tagesmütter) zur Verfügung<br />
stehen sollen und ab 2013 sogar ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz besteht,<br />
dürften auch in der Gemeinde Hude noch Anpassungsbedarfe existieren.<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen<br />
Die Gemeinde Hude verfügt über vier Grundschulstandorte (drei im Ort Hude, einer in<br />
Wüsting) sowie eine Haupt- und Realschule. Die Grundschule Jägerstraße ist eine Offene<br />
Ganztagsschule und verfügt auch über einen Schulkindergarten und einen Hort. An<br />
der Katholischen Grundschule findet aufgrund der niedrigen Schülerzahl bereits für die<br />
Klassen 1 und 2 sowie 3 und 4 eine jahrgangsübergreifende Beschulung statt.<br />
9 Der Bedarf errechnet sich aus: 75% der 3-Jährigen, 90% der 4-5-Jährigen und 50% der 6-Jährigen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 31
Einrichtung<br />
Schülerzahl<br />
(2007/2008) Zügigkeit<br />
GS Jägerstraße 273 dreizügig<br />
GS Hude-Süd 280 dreizügig<br />
GS Wüsting 223 zwei- bis dreizügig<br />
Kath. GS 42 2 Klasen u. Klassenverbände<br />
Hauptschule 208 zweizügig<br />
Realschule 507 dreizügig<br />
Abb. 33: Allgemein bildende Schulen in der Gemeinde Hude<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Angaben der Gemeinde Hude, Dezember 2007)<br />
Grundschulen<br />
Ein Blick auf die Entwicklung der Grundschülerzahlen in den letzten zehn Jahren zeigt,<br />
dass ein enormer Anstieg besonders von 1997 bis 2001 stattgefunden hat. Hier stieg die<br />
Anzahl der Huder Grundschüler um etwa 14%. In diese Zeit fiel auch ein Hoch der Bevölkerungsentwicklung<br />
durch besonders viele Zuzüge – vorrangig von Familien aus den<br />
benachbarten (Groß)Städten. Nach einem Rückgang der Schülerzahlen kurz nach der<br />
Jahrtausendwende, steigen die Zahlen seit 2002 wieder leicht an und erreichten 2006<br />
ihren Höchstwert im Beobachtungszeitraum von 889 Grundschülern. Im aktuellen Schuljahr<br />
2007/2008 liegt die Zahl der Grundschüler jedoch nur noch bei 818, so dass bereits<br />
ein Rückgang eingesetzt hat.<br />
900<br />
880<br />
860<br />
840<br />
820<br />
800<br />
780<br />
760<br />
740<br />
720<br />
700<br />
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 34: Entwicklung der Anzahl an Grundschülern 1996-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 32
Das ausgeprägte Wachstum der Anzahl an Grundschülern in der Gemeinde Hude<br />
hat sich in der jüngsten Vergangenheit in einen leichten Rückgang umgekehrt, der<br />
sich bei weiterhin geringen Familien-Zuzügen und abnehmenden Geburtenzahlen<br />
fortsetzen dürfte.<br />
Aller Voraussicht nach wird sich der Rückgang der Schülerzahlen an den Grundschulen<br />
weiter fortsetzen. Darauf deuten die aktuellen Meldeamtsdaten und die Geburtenentwicklungen<br />
hin. Die geburtenstärksten Jahrgänge bis ca. 2002 (seitdem befinden sich die<br />
Geburtenzahlen auf niedrigem Niveau) wachsen bis etwa 2013 aus dem Grundschulalter<br />
heraus. Rückläufige Schülerzahlen dürften zudem aus den nachlassenden Zuzügen junger<br />
Familien resultieren. Auch die Modellrechnungen der Gemeindeverwaltung deuten<br />
auf eine Abnahme der Schülerzahl an den Grundschulen hin. Die einzelnen Standorte<br />
dürften zwar in unterschiedlichem Ausmaß vom Rückgang der Kinderzahlen betroffen<br />
sein (vgl. Abb. 35), jedoch wird allen Standorten eine deutliche und kontinuierliche Abnahme<br />
der Schülerzahl bis zum Schuljahr 2013/2014 prognostiziert.<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
GS Jägerstraße GS Hude-Süd GS Wüsting<br />
2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13 2013/14<br />
Abb. 35: Entwicklung und Prognose der Schülerzahlen nach Grundschulstandorten<br />
2005-2014<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Hude, Dezember 2007)<br />
Im Schuljahr 2011/2012 dürfte aufgrund der vergleichsweise hohen Zahl der Geburten im<br />
Jahr 2005 noch einmal ein Anstieg der Einschulungen stattfinden. Danach setzt sich der<br />
Trend der abnehmenden Schülerzahl jedoch höchstwahrscheinlich fort. In Wüsting beträgt<br />
der prognostizierte Rückgang der Einschulungen zwischen den Schuljahren<br />
2005/2006 und 2012/2013 immerhin etwa 50% (vgl. Abb. 36).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 33
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
GS Jägerstraße GS Hude-Süd GS Wüsting<br />
2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11 2011/12 2012/13<br />
Abb. 36: Prognose der Zahl der Erstklässler<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Hude)<br />
Anpassungen an die zukünftig vermutlich weiter sinkenden Schülerzahlen müssen<br />
höchstwahrscheinlich an allen Standorten erfolgen. An den größeren Standorten<br />
(also ausgenommen der kath. Grundschule), könnten Anpassungen über die Klassenzahl<br />
oder die Veränderung der Einzuggebiete erfolgen. Eine Gefährdung der<br />
Standorte existiert nach Aussage der Gemeinde jedoch nicht.<br />
Eine exakte Prognose der Entwicklung der Schülerzahl ist schwierig. Zum einen lässt<br />
sich das künftige Fertilitätsverhalten – auch wegen der sich ändernden politischen Rahmenbedingungen<br />
– schwer einschätzen. Zum anderen sind auch die künftigen Wanderungsverflechtungen<br />
sowie die Wirkung künftiger Neubaugebiete schwer zu prognostizieren.<br />
Die Vermarktung der bestehenden Neubaugebiete erfolgt jedoch nicht mehr so<br />
schnell wie noch in der jüngsten Vergangenheit. Hinzu kommt, dass die Bevölkerungsgruppe<br />
der potenziellen Elterngeneration demografisch bedingt zunächst weiter<br />
schrumpft.<br />
Möglichkeiten die Auslastungsrückgänge der Grundschulen sinnvoll zu nutzen<br />
liegen beispielsweise in qualitativen Angebotserweiterungen (z.B. Projekte, Hortbetreuung<br />
etc.) oder Kooperationen mit anderen kinderaffinen oder sozialen Einrichtungen<br />
und Anbietern.<br />
An der Grundschule Jägerstraße wurde das Angebot bspw. bereits in verschiedene Richtungen<br />
ausgeweitet und somit die Qualität erhöht. Auch besteht z.T. schon eine gute<br />
Zusammenarbeit zwischen Kindergärten und Grundschulen (GS Hude-Süd und KiGa St.<br />
Marien), die evtl. an einigen Standorten noch ausgebaut werden könnte.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 34
Haupt- und Realschule („Peter-Ustinov-Schule“)<br />
Von demografisch bedingten Auslastungsrückgängen wird die „Peter-Ustinov-Schule“<br />
vermutlich erst mit dem entsprechenden zeitlichen Verzug betroffen sein; zunächst macht<br />
sich der Rückgang der Kinderzahlen in der Auslastung der Kindertagesstätten und<br />
Grundschulen bemerkbar. Somit profitieren die weiterführenden Schulen noch von den<br />
geburtenstarken Jahrgängen um die Jahrtausendwende. Jedoch ist durch das Abschaffen<br />
der Orientierungsstufe die Schülerzahl seit dem Jahr 2004 eingebrochen (vgl. Abb.<br />
37 und 38).<br />
Mittel- und langfristig sinken die Schülerzahlen auch an der Haupt- und Realschule<br />
vermutlich weiter deutlich ab, wenn die niedrigen Geburtenzahlen seit dem Jahr<br />
2002 durchschlagen.<br />
1.000<br />
950<br />
900<br />
850<br />
800<br />
750<br />
700<br />
650<br />
600<br />
550<br />
500<br />
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 37: Entwicklung der Schülerzahlen an den weiterführenden Schulen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Auffallend ist auch das aktuell immer stärker werdende Auseinanderlaufen der zwei<br />
Schulformen seit Abschaffung der Orientierungsstufe (vgl. Abb. 38). Bis zum Jahr 2003<br />
sind die Schülerzahlen an der Haupt- und der Realschule gewachsen. Nach Abschaffung<br />
der Orientierungsstufe änderte sich das Bild jedoch. Die Schülerzahl im Hauptschulzweig<br />
hat seit 2004 um etwa 24% abgenommen (bis zum Schuljahr 2007/2008 sogar um 26%);<br />
wohingegen sie im Realschulzweig aktuell nahezu stagniert.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 35
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
Orientierungsstufe Hauptschule Realschule<br />
1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 38: Entwicklung der Schülerzahlen in den Schulzweigen der Peter-Ustinov-<br />
Schule<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Besonders der Hauptschulzweig ist von sinkenden Schülerzahlen und einem immer<br />
größer werdenden Bedeutungsverlust betroffen.<br />
Wie sich die Schülerzahlen in Zukunft auf die einzelnen Schulzweige verteilen werden, ist<br />
aufgrund der schwer vorhersehbaren Entwicklung der Kinderzahl und des Einflusses der<br />
Elternentscheidungen nicht ohne weiteres präzise einzuschätzen. Bei den derzeitig absehbaren<br />
Veränderungen der gesellschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen<br />
kann man jedoch vermutlich von einem weiteren Bedeutungsverlust der Hauptschule<br />
ausgehen. Diese Entwicklung ist in ganz Niedersachsen zu beobachten. Etwa ab 2012<br />
dürfte es der „Peter-Ustinov-Schule“ jedoch insgesamt an Neuzugängen fehlen, da ein<br />
Rückgang der Einschulungen an den Grundschulen bereits aktuell stattfindet.<br />
Ein großer Vorteil liegt darin, dass es sich bei der Haupt- und der Realschule um eine<br />
kooperative Schulform handelt: beide Schulformen teilen sich somit bspw. Gebäude und<br />
kooperieren bezüglich des Lehrpersonals. Dies bedeutet gerade auch im Hinblick auf die<br />
rückläufigen Schülerzahlen an der Peter-Ustinov-Schule (v.a. im Hauptschulzweig), dass<br />
Auslastungsrückgänge besser aufgefangen werden und sinnvolle Synergieeffekte genutzt<br />
werden können.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 36
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur<br />
Die Altersstruktur der Ortsteile Hudes ist sehr unterschiedlich (vgl. Kap. 4.2). Während<br />
der Anteil der über 60-Jährigen zwischen 1990 und 2006 in Wüsting und Altmoorhausen<br />
zurückgegangen ist, ist er im Ort Hude deutlich gestiegen (vgl. Abb. 39). Von Bedeutung<br />
ist auch die Tatsache, dass die in ähnlichem Alter zugezogenen Suburbanisierer quasi<br />
gemeinsam ins Seniorenalter hineinwachsen werden, so dass die Anteile älterer und alter<br />
Menschen zukünftig weiter steigen dürften.<br />
Im Ort Hude ist der Anteil älterer Menschen bereits deutlich angestiegen. Die Anforderungen<br />
an eine altengerechte Infrastruktur dürften jedoch zukünftig in allen<br />
Ortsteilen der Gemeinde steigen.<br />
Altmoorhausen<br />
Wüsting<br />
Hude<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 37<br />
15,1%<br />
17,3%<br />
18,2%<br />
18,9%<br />
1990 2006<br />
Abb. 39: Anteil der über 60-Jährigen in ausgewählten Ortsteilen 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Hude)<br />
Die Gemeinde verfügt über ein Seniorenwohn- und Pflegeheim (DRK-Seniorenzentrum),<br />
welches sich im Ortszentrum Hude befindet. Mit 24 Pflegeheim-Plätzen pro 1000 ab 60-<br />
Jährigen liegt die Gemeinde im Vergleich mit den übrigen Gemeinden des <strong>Landkreis</strong>es<br />
<strong>Oldenburg</strong> im hinteren Drittel (vgl. Abb. 41).<br />
Abb. 40: DRK-Seniorenzentrum Hude<br />
(Quelle: FORUM GmbH, Oktober 2007)<br />
20,7%<br />
22,1%
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
79<br />
70<br />
49<br />
39<br />
25 24<br />
18 17<br />
SG Harpstedt Wildeshausen Ganderkesee Hatten Wardenburg Hude Dötlingen Großenkneten<br />
Abb. 41: Anzahl der Plätze in Altenpflegeheimen pro 1000 ab 60-Jährige 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>, 2007)<br />
Alternative Wohnformen für ältere Menschen gibt es in Hude kaum. Derartige<br />
Wohnangebote - z.B. für die Zielgruppe 50+ - könnten die Attraktivität des Wohnstandortes<br />
jedoch erhöhen.<br />
Besonders der Ort Hude bietet eine umfassend ausgebaute Infrastruktur sowohl im Bereich<br />
der Versorgung als auch im Bereich des ÖPNV. Somit ist er in der Gemeinde Hude<br />
der Ortsteil mit den günstigsten Bedingungen als Wohnstandort für ältere Menschen.<br />
Bereits heute wird v.a. das Betreute Wohnen im Seniorenzentrum gut nachgefragt. Es ist<br />
daher davon auszugehen, dass die Nachfrage, aufgrund der zunehmend wachsenden<br />
Zahl älterer Menschen, künftig ansteigen wird. Für die Altersgruppe 50+ kommen derartige<br />
Wohnformen jedoch meist noch nicht infrage; diese Zielgruppe interessiert sich vielmehr<br />
für einfach zu pflegende Wohnformen ohne zusätzliche Betreuungsangebote wie<br />
bspw. kleine Bungalows oder (Eigentums)Wohnungen. Ein neues Projekt mit „Seniorenwohnungen“<br />
ist für das Jahr 2009 in Hude geplant – ein B-Plan existiert bereits. Die Reihenhaus-Bungalows<br />
und ein Mehrparteienhaus (so der bisherige Stand der Planungen<br />
laut eines Immobilienexperten) werden in direkter Nähe zum DRK-Seniorenzentrum errichtet,<br />
so dass sehr gut Synergieeffekte genutzt werden können.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 38
Hude Zentrum<br />
DRK-Seniorenzentrum<br />
Geplante<br />
„Seniorenwohnungen“<br />
Abb. 42: Lage der geplanten „Seniorenwohnungen“<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Luftbild: Google Earth 2008)<br />
Ehrenamtliches Engagement und aktive Freizeitgestaltung tragen dazu bei, die<br />
älteren Menschen zu integrieren und einer Isolation vorzubeugen.<br />
Hude verfügt über ein aktives Vereinsleben und bürgerschaftliche Netzwerke, die in erheblichem<br />
Umfang vom Engagement der Senioren getragen werden. Auch die Seniorenvertretung<br />
ist in Hude sehr aktiv. Neben der Information über aktuelle Themenbereiche<br />
und dem Austausch mit anderen regionalen Seniorenvertretungen steht auch die Freizeitgestaltung<br />
der älteren Huder Bürger im Mittelpunkt der Aktivitäten der Seniorenvertretung.<br />
In Wüsting findet beispielsweise etwa alle sechs Wochen ein „Singles-Treff“ statt,<br />
bei dem sich Senioren zum Frühstücken treffen. In Hude gibt es den „Klön-Schnack“ oder<br />
den „Plattschnacker-Club“, deren Mitglieder sich regelmäßig treffen. Diese Treffen werden<br />
immer von 30-50 Leuten besucht und tragen zum Austausch und zur Kommunikation<br />
bei. Neuerdings werden auch Fahrten mit dem „Heimatbus“ angeboten, bei denen den<br />
Teilnehmern Besonderheiten und Veränderungen in der Gemeinde Hude vorgestellt werden.<br />
Da viele ältere und alte Menschen in Hude noch in ihren Eigenheimen wohnen, kommt<br />
neben der Freizeitgestaltung auch der Versorgung eine besonders große Bedeutung zu.<br />
Auch hier spielt das Ehrenamt z.B. im Rahmen von Besuchsdiensten der Kirche eine<br />
große Rolle.<br />
Der Versorgung älterer Menschen in ihren Eigenheimen wird eine immer größere<br />
Bedeutung zukommen. In diesem Zusammenhang ist die Vernetzung der Angebote<br />
wichtig.<br />
Vielen alten Menschen steht kein Pkw mehr zur Verfügung oder sie sind anderweitig in<br />
ihrer Mobilität eingeschränkt. Daher kommen der Nahversorgung und mobilen Service-<br />
Leistungen eine immer größere Bedeutung zu. Gerade aufgrund der z.T. sehr weitläufigen<br />
Siedlungsstruktur der Gemeinde gilt es, Hilfs- und Pflegedienste zu vernetzen. Wich-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 39
tig wäre es auch, eine Übersicht über vorhandenen Angebote bereitzustellen und vor Ort<br />
bei der Vermittlung unterstützend tätig zu sein. Hier ist auch die Kooperation mit und<br />
zwischen den in der Gemeinde aktiven Wohlfahrts- und Sozialverbänden wichtig. Hilfeleistungen<br />
(wie Unterstützung beim Einkauf, Arztbesuch oder der Haushaltsbewältigung)<br />
oder der barrierefreie Umbau des Eigenheims sind beispielsweise neben der Pflege bereits<br />
auch in früheren Lebensphasen wichtig. Eine zentrale Anlaufstelle, wäre eine Möglichkeit<br />
die Vernetzung zu steuern und das umfassende Angebot zu bündeln. Das Angebot<br />
ist in der Gemeinde Hude bereits sehr vielseitig und das Engagement der Pflegedienste<br />
z.B. bei Aktivierung ehrenamtlicher Mitarbeiter zur Unterstützung pflegender Angehöriger<br />
groß (vgl. Kap. 6.4 und 6.5).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 40
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen<br />
Die Analysen und Ergebnisse der vorliegenden Studie haben gezeigt, dass die Gemeinde<br />
Hude im demografischen Wandel vielen Herausforderungen gegenüber steht und<br />
stehen wird. Gleichzeitig bietet der demografische Wandel aber auch zahlreiche Chancen<br />
und Potenziale für die Gemeindeentwicklung. Auslöser für die Veränderungen im Aufbau<br />
der Bevölkerung sind v.a. die sich verändernden Rahmenbedingungen: Demografisch<br />
bedingt weniger Menschen in der Familiengründungsphase, Rückgang der Geburtenzahlen,<br />
Zunahme der Bevölkerungsgruppen 50+ sowie Veränderungen im Wanderungsverhalten.<br />
Zu den größten Herausforderungen und Chancen zählen:<br />
� Der zunehmende Anteil älterer und alter Menschen an der Gesamtbevölkerung<br />
und die gleichzeitig sinkende Zahl von (zuziehenden) Familien: Hierdurch wird deutlich,<br />
dass Anpassungen des Wohnungs- und Immobilienmarktes an sich verändernde<br />
Wohnanforderungen wichtig sind.<br />
o Gleichzeitig ergeben sich in weiteren Bereichen (z.B. Versorgung, Mobilität,<br />
Pflege) steigende Anforderungen und Anpassungsbedarfe.<br />
� Die Bevölkerungsentwicklung sowie den Grundstücks- und Immobilienmarkt<br />
kontinuierlich und systematisch beobachten: So werden nahezu passgenaue Infrastrukturplanungen<br />
möglich.<br />
� Die gute infrastrukturelle Ausstattung Hudes: Sie stellt einen Standortvorteil dar<br />
und kann für die Weiterentwicklung des Wohnstandortes genutzt werden.<br />
� Die qualitative Weiterentwicklung des Bestandes: Es wird zunehmend darauf<br />
ankommen, die derzeitige Bevölkerung zu binden und eine Abwärtsspirale bei<br />
Gebrauchtimmobilien zu verhindern.<br />
� Eine realistische und nachhaltige Organisations- und Standortstruktur der sozialen<br />
Infrastruktur<br />
� Die Erarbeitung eines künftigen Leitbilds: Ein derartiger Prozess ermöglicht es,<br />
die Gemeinde gezielt weiter zu entwickeln. Die Huder Bürger haben bereits unter Federführung<br />
der regioVHS Ganderkesee-Hude ein Leitbild für die Gemeinde entwickelt.<br />
Aufgabe der kommunalen Politik ist es nun, dieses Leitbild mit Leben zu füllen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 41
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung<br />
Da sich die regionalen Rahmenbedingungen in den vergangenen Jahren maßgeblich<br />
verändert haben (v.a. weniger Zuzüge von Familien und steigende Zahlen älterer und<br />
alter Menschen), sind scheinbar erfolgreiche Konzepte und Strategien der Vergangenheit<br />
nicht ohne weiteres dazu geeignet, als Leitlinien für eine nachhaltige Entwicklung der<br />
Gemeinde im 21. Jahrhundert zu dienen. Die Gemeinde Hude hat dies bereits erkannt<br />
und mit der Durchführung eines Leitbildprozesses auch auf die Auswirkungen des demografischen<br />
Wandels reagiert.<br />
Unter Federführung der regioVHS Ganderkesee-Hude haben Huder Bürger in diversen<br />
Workshops zu verschiedenen Oberthemen (Wandel gestalten; Huder Potenziale; Kultur<br />
und gut; Soziale Gesellschaft; Gemeinde im Grünen und Schätze für die Zukunft) strategische<br />
Ziele und Maßnahmenvorschläge erarbeitet. Das entstandene Leitbild „Leben in<br />
guter Gesellschaft“ enthält somit sowohl visionäre Elemente für die grundsätzliche Ausrichtung<br />
zukünftiger Entscheidungen, als auch strategische Ziele und Handlungsfelder.<br />
Dieses Vorgehen ist in sofern zukunftsweisend, als dass es zukünftig darauf ankommen<br />
wird, alle Gemeindeplanungen und -entwicklungen auf ihre Demografieverträglichkeit zu<br />
überprüfen.<br />
Nach dem konzeptionellen Prozess der Leitbild-Erarbeitung folgt nun die Umsetzung<br />
durch die kommunale Politik. Leitprojekte können bspw. zunächst zur Entwicklung des<br />
Bewusstseins für die Herausforderungen und Chancen Hudes im demografischen Wandel<br />
in der Verwaltung, aber auch in der lokalen Wirtschaft, der Politik und in der Bevölkerung,<br />
unterstützend wirken.<br />
Darüber hinaus ist es zudem von Bedeutung eine Bestandsaufnahme des vorhandenen<br />
Angebotes und somit des Potenzials vorzunehmen – nicht nur im Hinblick auf vorhandene<br />
Einrichtungen, sondern auch in Bezug auf weiche Standortfaktoren oder Besonderheiten<br />
(z.B. viele Städtepartnerschaften). Das Leitbild würde somit zur Basis für eine Profilbildung,<br />
die wiederum dazu führt, dass die Identifikation mit der Gemeinde wächst und<br />
die Außendarstellung verbessert wird.<br />
Einige der folgenden Handlungsoptionen, die sich aus den Analyse-Ergebnissen der<br />
vorliegenden Studie ergeben, sind in ähnlicher Form auch als strategische Ziele im Leitbild<br />
der Gemeinde Hude aufgeführt. Somit liegen z.T. in einigen Bereichen (z.B. bei der<br />
sozialen Infrastruktur oder der Siedlungsentwicklung) durch thematische Überschneidungen<br />
inhaltliche Ergänzungen vor. Diese können zur Optimierung der möglichen Handlungsoptionen<br />
herangezogen werden. Darüber hinaus werden im Folgenden aber auch<br />
zahlreiche neue Handlungsoptionen aufgeführt, die sich jedoch in die Zielausrichtung des<br />
Leitbildes weitestgehend einfügen.<br />
6.2 Handlungsoptionen für Zielgruppen<br />
In Hude sind die 40- bis 49-Jährigen aktuell besonders stark vertreten und werden somit<br />
kurz- bis mittelfristig den Anteil der Altersgruppe 50+ deutlich erhöhen. Gerade in der<br />
zweiten Lebenshälfte ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass bedingt durch den Auszug der<br />
Kinder aus dem „Familieneigenheim“ ein Umzug diskutiert wird. Besonders der Ortsteil<br />
Hude mit guter Infrastrukturausstattung und optimaler Anbindung an den ÖPNV, besitzt<br />
eine überdurchschnittliche Attraktivität für diese Zielgruppe. Es fehlt jedoch an speziellen<br />
Wohnangeboten für diese Zielgruppe. Bei der Entwicklung entsprechender Angebote<br />
sollte beachtet werden, dass auch ältere Menschen zukünftig häufig über geringere finanzielle<br />
Mittel verfügen. Gründe hierfür können (Langzeit-) Arbeitslosigkeit, Scheidung<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 42
oder unerwartet geringe Erlöse aus dem Verkauf der Altimmobilien sein. Für die Bevölkerungsgruppe<br />
50+ dürften besonders kleine Bestandsimmobilien in gutem Zustand sowie<br />
geeignete Neubauprojekte (kleine meist ebenerdige Häuser oder Eigentumswohnungen)<br />
in zentralen Lagen attraktiv sein.<br />
Die Anteile junger Erwachsener an der Gesamtbevölkerung Hudes sind derzeit besonders<br />
gering und ihr Rückgang im Vergleich zu 1990 um fast 40% ist alarmierend (vgl.<br />
Abb. 43). Um ein weiteres Schrumpfen dieser Bevölkerungsgruppe zu verhindern, sollten<br />
besondere Anstrengungen unternommen werden, die jungen Erwachsenen in Hude zu<br />
halten. Die Altersgruppe der 20- bis 29-Jährigen erzeugt auf der einen Seite Impulse für<br />
den lokalen Arbeitsmarkt, auf der anderen Seite ist sie die kommende potenzielle Familiengründergeneration.<br />
Sie ist somit für die zukünftige Dynamik der Gemeinde ausgesprochen<br />
wichtig. Die auf den Babyboom der 1960er-Jahrgänge folgenden Altersgruppen<br />
fallen deutlich geringer aus, so dass (deutschlandweit) im Bevölkerungsaufbau ein „Einschnitt“<br />
bei den 20-29-Jährigen existiert. Der Rückgang dieser Bevölkerungsgruppe in<br />
der Gemeinde Hude ist zudem auch durch einen vergleichsweise ungünstigen Wanderungssaldo<br />
bei den jungen Erwachsenen begründet. Grundsätzlich bietet Hude jedoch<br />
eine relativ gut ausgebaute Infrastruktur für diese Bevölkerungsgruppe. Zudem ist die<br />
Nähe zu den Oberzentren <strong>Oldenburg</strong> und Bremen sowie zur Stadt Delmenhorst und somit<br />
zu Arbeits- und Ausbildungsplätzen sowie zu Hochschulen gegeben.<br />
Die Jugendlichen in der Gemeinde Hude bilden das Potenzial zur Steigerung der Anzahl<br />
junger Erwachsener. Aufgrund der Wanderungsgewinne im letzten Jahrzehnt ist der Anteil<br />
der 10-19-Jährigen an der Gemeindebevölkerung recht hoch. Dies ist ein weiterer<br />
Grund dafür, dass die Jugendlichen eine Bevölkerungsgruppe bilden, der besondere<br />
Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte. Bereits heute werden zahlreiche Angebote für<br />
Jugendliche in der Gemeinde Hude vorgehalten. Ein Gutes Beispiel stellt v.a. der Kulturhof<br />
als Begegnungsstätte aller Generationen dar. Darüber hinaus sind gut ausgebaute<br />
Sportstätten sowie zahlreiche Vereinsangebote vorhanden. Besonders hervorzuheben ist<br />
zudem die Tatsache, dass die Gemeinde im Jahr 2001 ein Jugendkonzept erarbeitet hat.<br />
Dieses Konzept stellt in erster Linie eine Bestandserhebung der Jugendarbeit in Hude<br />
dar. Ziel dieser Erhebung war es zudem, für das gesamte Spektrum des Jugendbereiches<br />
(von der Kinderkrippe über Kindergarten bis hin zur Schule und zu Vereins- und<br />
Verbandsarbeit) Rahmenbedingungen zu schaffen, die auf die Bedürfnisse der jungen<br />
Menschen abgestimmt sind. Hilfreich wäre ergänzend auch eine verstärkte Einbindung<br />
der Jugendlichen in die Gemeindearbeit - z.B. über Jugendsprechstunden beim Bürgermeister<br />
oder Jugendversammlungen. Durch eine Jugendversammlung wären die Jugendlichen<br />
am kommunalen Geschehen beteiligt und würden in die Entscheidungsprozesse<br />
eingebunden. Durch eine verstärkte Identifikation mit der Gemeinde und eine frühe<br />
soziale Verwurzelung kann dem Fortzug Jugendlicher und junger Erwachsener vorgebeugt<br />
werden. Die Wahrscheinlichkeit bei eigener Familiengründung in Hude zu verbleiben,<br />
oder zum Arbeits- und Ausbildungsplatz zu pendeln, dürfte steigen, wenn sich die<br />
jungen Bevölkerungsgruppen in der Gemeinde wohl fühlen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 43
0-9-Jährige<br />
10-19-Jährige<br />
20-29-Jährige<br />
40-49-Jährige<br />
über 70-Jährige<br />
-36%<br />
-60% -40% -20% 0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
Abb. 43: Prozentuale Entwicklung der Altersgruppen Hudes 1990 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Bei den Ausbildungsabwanderern, also den jungen Menschen, die Hude bereits verlassen<br />
haben, um andernorts einen Ausbildungs- oder Studienplatz anzutreten, sollte<br />
nach Möglichkeiten gesucht werden, den Kontakt zu halten, um auf diese Weise die<br />
Chance für eine spätere Rückkehr zu erhöhen. Denkbar wären z.B. Unterstützungsangebote<br />
bei der Organisation von Klassentreffen oder der regelmäßige Versand von geeigneten<br />
Medien (E-Mail-Newsletter, sonstige Publikationen) mit interessanten Informationen<br />
für diese Altersgruppe. Voraussetzung hierfür wäre die systematische Sammlung<br />
bzw. Aufbereitung von Anschriften und E-Mail-Adressen. Auch eignen sich besondere<br />
lokale oder jährliche Ereignisse/Festivitäten, die üblicherweise viele fortgezogene junge<br />
Menschen mit ihren Familien und/oder Freunden in der Heimat verleben (Feiertage,<br />
Schützenfest) für besondere Werbeaktionen (z.B. Haushalts-Wurfsendungen, Infostände,<br />
-veranstaltungen usw.).<br />
Bezüglich der Zielgruppe der jungen Familien haben zwei wesentliche Veränderungen<br />
stattgefunden: Zum einen ist dies der deutliche Rückgang der Zuzüge in den entsprechenden<br />
Altersklassen aus den umliegenden Städten, zum anderen nehmen die Familien<br />
auch allgemein quantitativ aufgrund der sich verändernden Altersstrukturen ab. Diese<br />
Veränderungen haben dazu geführt, dass sich die Aktivität der jungen Familien auf dem<br />
Immobilienmarkt in den letzten Jahren gewandelt hat. Aber auch die z.T. ungünstigen<br />
ökonomischen Rahmenbedingungen führen dazu, dass es immer weniger Familien finanziell<br />
möglich ist, in dem Ausmaß wie noch vor bspw. 10 Jahren Eigentum zu bilden.<br />
Die Gemeinde Hude sollte daher nach Möglichkeiten suchen, Familien mit Bereitschaft<br />
zur Eigentumsbildung bei der Realisierung ihrer Wünsche zu unterstützen. Denkbar wären<br />
beispielsweise regelmäßige Informationsveranstaltungen in Kooperation mit der Immobilienwirtschaft,<br />
wobei ausdrücklich auch Bestandsimmobilien und Konzepte des kostengünstigen<br />
Wohnungsbaus einen besonderen Schwerpunkt bilden sollten. Auch flexible,<br />
an sich verändernde Wohnanforderungen anpassbare Immobilien sollten angesichts<br />
der künftig zu erwarteten Nachfrageverschiebungen berücksichtigt werden.<br />
Der Immobilienmarkt in Hude, speziell der Neubau der vergangenen zehn Jahre, wird<br />
von Ein- und Zweifamilienhäusern bestimmt – Wohnprodukte, die ursprünglich vornehmlich<br />
für Familien mit Kindern konzipiert sind. Die Zahl der Haushalte mit drei und mehr<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 44<br />
24%<br />
45%<br />
56%<br />
76%
Personen wird jedoch weiter sinken, die der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte mittelfristig<br />
steigen (vgl. Abb. 44). Aufgrund sich verändernder Nachfragestrukturen auf dem Immobilienmarkt,<br />
erscheint es daher sinnvoll zielgruppenspezifische Wohnformen anzubieten.<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
-5%<br />
-10%<br />
-15%<br />
-20%<br />
5%<br />
23%<br />
8%<br />
20%<br />
Niedersachsen LK <strong>Oldenburg</strong><br />
-7%<br />
-2%<br />
-13%<br />
-14%<br />
-13%<br />
-15%<br />
1-P-HH 2-P-HH 3-P-HH 4-P-HH 5+-P-HH Haushalte<br />
gesamt<br />
Abb. 44: Haushaltsentwicklung 2005 bis 2020 in %<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Prognosedaten der Wohnungsmarktbeobachtung<br />
2006 der Niedersächsischen Landestreuhandstelle )<br />
Dabei ist durchaus nicht nur an Seniorenheime oder altersgerechtes, barrierefreies Wohnen<br />
zu denken, auch die bereits angesprochenen Angebote für die Generation 50+, für<br />
junge Erwachsene sowie Alleinstehende dürften erheblichen Nachholbedarf aufweisen.<br />
Auch in den klassischen Einfamilienhaus- und Neubaugebieten sollte versucht werden,<br />
stärkere soziale und altersstrukturelle Mischungen zu erreichen. Ansätze könnten hier die<br />
Integration von Seniorenheimen oder barrierefreien Wohnungen in Neubaugebiete sein<br />
(Gutes Beispiel: Neubaugebiet „Wilhelmstraße“). Die Gemeinde hat hier nicht nur über<br />
die Bauleitplanung Steuerungsmöglichkeiten, sie wird künftig auch ihre Rolle als Moderatorin<br />
und Initiatorin von Entwicklungen und Prozessen im Immobilienbereich verstärkt<br />
nutzen müssen.<br />
6.3 Siedlungsentwicklung<br />
Trotz des Rückgangs der Neubauaktivität wird der benötigte Wohnraum in der Gemeinde<br />
Hude zunächst höchstwahrscheinlich durch den steigenden Anteil kleiner Haushalte noch<br />
wachsen; langfristig wird aber auch die Haushaltszahl wieder zurückgehen. Es ist daher<br />
ratsam, die kommenden Jahre zu nutzen, um über die noch notwendigen Wohnbauentwicklungen<br />
Arrondierungen vorzunehmen und nachhaltig tragfähige Siedlungsstrukturen<br />
zu schaffen. Regionsweit findet zudem eine Konzentration der Nachfrager auf gut<br />
angebundene Standorte mit sehr guter Infrastrukturausstattung statt. Dieser Trend ist<br />
einerseits mit veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen zu erklären (Kürzung<br />
Pendlerpauschale, Abschaffung Eigenheimzulage, gestiegene Kraftstoffpreise, Arbeitsplatzunsicherheit),<br />
er steht aber auch mit einer veränderten demografischen Zusammensetzung<br />
der Wohnraum nachfragenden Menschen im Zusammenhang (Zunahme Senioren,<br />
Generation 50+, Alleinstehende; deutlicher Rückgang von Familien). Die Bemühungen<br />
der Gemeinde Hude, die Innenentwicklung durch bspw. die Förderung der Lückenbebauung<br />
zu stärken, sind daher als zukunftsweisend zu bezeichnen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 45<br />
1%<br />
10%
Angesichts des langfristig zu erwartenden markanten Nachfragerückgangs und veränderter<br />
Bedarfe auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt, sollte die Gemeinde darüber hinaus<br />
generell die Zukunftsfähigkeit aller Projekte der Siedlungsentwicklung kritisch prüfen<br />
(‚Demografiecheck’). Dabei sollte auch die Alterung der Bewohner und damit bspw. Fragen<br />
der verkehrlichen Anbindung und der Entwicklungsperspektiven der Versorgungsinfrastruktur<br />
eine Rolle spielen. Darüber hinaus wird nach Ansicht der Gemeinde ein Umdenken<br />
bei den Inhalten der Bebauungspläne zukünftig immer wichtiger. So könnten<br />
sie durch „neue“ Infrastrukturangebote erweitert werden, die der wachsenden Zahl älterer<br />
Menschen und der Qualifizierung des Wohnangebotes gerecht werden (z.B. Gemeinschaftshaus,<br />
Spielplätze für Jung und Alt, etc.). Dabei ist auch darauf zu achten, dass<br />
durch die Planungen für die verschiedensten Zielgruppen Angebote in den Wohngebieten<br />
vorgehalten werden, damit das Gebiet für alle Altersgruppen attraktiv wird. Insgesamt<br />
wird es also künftig darauf ankommen, die Qualität und Zukunftsfähigkeit im Neubau<br />
zu sichern.<br />
Weitere Handlungsbedarfe dürften zukünftig auch im Bereich der Altimmobilien entstehen,<br />
da es immer mehr von älteren, alleinstehenden Personen bewohnte Immobilien<br />
geben wird. Die Folge ist, dass Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsrückstände,<br />
angesichts der rückläufigen Nachfrage nach älteren Bestandsimmobilien, zunehmend<br />
auftreten werden. Auch Leerstände dürften daher vermehrt existieren. Es ist zu empfehlen,<br />
systematisch und möglichst frühzeitig zu reagieren, um eine Abwärtsspirale der betroffenen<br />
Siedlungsbereiche zu verhindern.<br />
Eine mehrphasige Vorgehensweise könnte wie folgt aussehen:<br />
1. Analysephase – Gefährdungsabschätzung: Systematische Erfassung aller aktuellen<br />
‚Problem-Immobilien’. Zudem Analyse der Meldedaten bzgl. allein stehender<br />
Menschen höheren Alters, um Aufschluss zu erhalten, bei welchen Gebäuden<br />
möglicherweise in absehbarer Zeit ein Nutzerwechsel bevorsteht.<br />
2. Vorbereitungsphase: Für den Fall, dass in bestimmten Bereichen eine Konzentration<br />
von jetzigen und/oder künftigen Problemgebäuden erkennbar ist, könnte<br />
ein lokales Bündnis aus Eigentümern, Kommune, Bau-, Kredit- und Immobilienwirtschaft<br />
über Lösungsansätze für Aufwertungsstrategien beraten. Mögliche Instrumente<br />
wären u.a. kommunale Förderprogramme, spezifische Beratungsangebote<br />
für Fördermittel oder zinsgünstige Kredite und spezifische Angebote für<br />
Modernisierungsstrategien durch die Bauwirtschaft.<br />
3. Umsetzungsphase: Schrittweise Umsetzung der erarbeiteten Instrumente.<br />
6.4 Anpassung sozialer Infrastruktur<br />
Die Folgen des demografischen Wandels, die auch in der Gemeinde Hude deutlich zu<br />
spüren sind, haben erheblichen Einfluss auf die soziale Infrastruktur. In Hude ist es besonders<br />
die sinkende Zahl der Kinder (Rückgang der Geburten und der Zuzüge von Familien),<br />
die sich auf die Auslastung der Kinderbetreuungseinrichtungen sowie auf die<br />
Schülerzahlen auswirkt. Aber auch die steigende Zahl der Senioren lässt Anpassungsleistungen<br />
im Bereich der seniorenbezogenen Infrastruktur wichtig werden.<br />
Optimierungsmöglichkeiten im Kinderbetreuungsbereich liegen bspw. im Ausbau der<br />
Krippenplätze oder in der Einrichtung von Mischgruppen, in denen Kindergarten- und<br />
Krippenkinder gemeinsam betreut werden. Eine derartige Anpassung ist bereits im Kindergarten<br />
Wüsting erfolgt: Hier wurde eine Kindergartengruppe geschlossen und dafür<br />
eine Krippengruppe eingerichtet. Gerade in einer Gemeinde wie Hude mit weitläufiger<br />
Siedlungsstruktur sind mehrere Standorte mit Betreuungsmöglichkeiten für die Daseins-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 46
vorsorge wichtig. Eine weitere Anpassung an die sinkenden Kinderzahlen ist in Hude<br />
durch die organisatorische Zusammenlegung der Kindergärten Altmoorhausen und<br />
Wüsting erfolgt, die nun von einer Fachkraft geleitet werden. Der Ausbau von Kindertagesstätten<br />
zu Familienzentren, in denen Angebote im Bildungs- und Betreuungsbereich<br />
vernetzt werden, könnte bspw. eine weitergehende Angebotserweiterung darstellen. Aber<br />
auch die in Hude praktizierte Zusammenarbeit der Gemeinde mit ansässigen Firmen und<br />
Unternehmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist als Angebotsqualifizierung<br />
zu werten. Wichtig dürfte in diesem Zusammenhang auch eine Flexibilisierung<br />
der Öffnungszeiten der Einrichtungen – oder zumindest einer Einrichtung – sein.<br />
Auch in diesem Bereich plant die Gemeinde Hude Anpassungen im Kindergartenjahr<br />
2008/2009 vorzunehmen. So soll bspw. den Eltern eine spontane Inanspruchnahme von<br />
Kindergartendiensten ermöglicht werden.<br />
Rückgänge der Schülerzahlen an den Grundschulen treten seit dem aktuellen Schuljahr<br />
(2007/2008) auf. Die daraus zukünftig höchstwahrscheinlich resultierenden Auslastungsrückgänge<br />
können durchaus Entwicklungschancen mit sich bringen. Neben der Anpassung<br />
über die Klassenzahlen und der Veränderung der Einzugsbereiche stellt die Steigerung<br />
der Qualität des Angebotes eine wichtige Anpassungsleistung dar. So können freiwerdende<br />
Räume für die Projektarbeit oder für Freizeitangebote, die sich an verschiedene<br />
Altersgruppen richten (z.B. VHS-Kurse), genutzt werden. Auch die Zusammenarbeit<br />
zwischen Schule und Kindergarten (z.T. in Hude bereits praktiziert), kann bei Auslastungsrückgängen<br />
intensiviert werden (z.B. Räume für Vorschulkinder zum „Schulluft<br />
Schnuppern“).<br />
Im Bereich der Jugendarbeit sollte stets ein ständiger Austausch mit den Jugendlichen<br />
der Gemeinde Hude erfolgen. Die vorhandenen Angebote in (Sport)Vereinen sowie des<br />
Kulturhofes – als Begegnungsstätte für Jung und Alt mit Außenstelle in Wüsting – sind<br />
vielfältig. Zudem wurde ein Gemeindejugendkonzept erarbeitet. Diese Aktivitäten zeigen,<br />
dass in Hude großer Wert auf die Jugendarbeit gelegt wird und die Bedeutung der jüngeren<br />
Generationen für die Zukunft der Gemeinde erkannt wurde.<br />
Die Bevölkerungsgruppe der Huder Senioren wächst stetig und die Herausforderungen<br />
wachsen. Anpassungsbedarf besteht zum einen im Bereich der Barrierefreiheit, zum<br />
anderen im Bereich der Wohnangebote. Bisher gibt es ein Seniorenzentrum in Hude.<br />
Dieses ist beispielhaft in die Siedlungsstruktur (zentrumsnah) aber auch in das Gemeindeleben<br />
eingebunden (z.B. Freizeitangebote im Seniorenzentrum auch für „Nicht-<br />
Bewohner“). Die geplanten Wohnangebote in direkter räumlicher Nähe des Seniorenzentrums<br />
dürften daher das Wohnangebot für Senioren in der Gemeinde Hude wesentlich<br />
verbessern. Es wird aber zukünftig ebenso darauf ankommen, die Selbstständigkeit und<br />
das Verbleiben im Eigenheim (meist das frühere Familienheim) alleinlebender Senioren<br />
zu ermöglichen. Hierzu ist ein koordiniertes Netzwerk aus professionellen und ehrenamtlichen<br />
Hilfskräften wichtig, welches einen Überblick über vorhandene Service- und Hilfsdienstleistungen<br />
ermöglicht. Auf dem Ehrenamt bzw. den bestehenden Netzwerken<br />
(Dorfgemeinschaften, Vereine, Kirchen usw.) aufbauende Angebote, die gerade auch<br />
den Senioren in den peripheren Ortsteilen den Alltag erleichtern und bereichern (Seniorentreffpunkte,<br />
eigenes ehrenamtliches Engagement, Besuchsdienste) sollten ebenfalls<br />
weiter unterstützt und gefördert werden. Ein Gutes Beispiel stellt in diesem Zusammenhang<br />
der Besuchsdienst der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde dar. Ehrenamtlich<br />
besuchen engagierte Bürger ältere oder alleinstehende Menschen zu Hause oder im<br />
Altenheim. Auch die Seniorenvertretung ist in Hude sehr aktiv und hat die verschiedensten<br />
Freizeitangebote für ältere und alte (mobile) Menschen ins Leben gerufen – vom<br />
Plattschnacker-Treff bis zum Heimatbus (vgl. Kap. 5.2.3).<br />
Die Betreuung (an Demenz) erkrankter Familienmitglieder wird zukünftig zunehmen.<br />
Gleichzeitig steigt somit der Bedarf an Unterstützung der pflegenden Personen. Die Diakonie-Sozialstation<br />
Hude hat aus diesem Grund Anfang 2008 ein Projekt initiiert, welches<br />
durchaus als beispielhaft bezeichnet werden kann. Durch die Ausbildung ehrenamtlicher<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 47
Helfer, die pflegende Personen für ein paar Stunden entlasten können, soll diesen die<br />
Möglichkeit für eine „Atempause“ gegeben werden.<br />
Das Einzelhandelskonzept der Gemeinde zeigt u.a. Defizite im Bereich der Nahversorgung<br />
auf und formuliert das Ziel diese - neben der Stärkung des Hauptgeschäftsbereichs<br />
als Einkaufs- und Dienstleistungszentrum - zu verbessern. Eine Versorgung mit Dingen<br />
des täglichen Bedarfs ist heute in vielen Ortsteilen nicht mehr möglich, so dass die Autoverfügbarkeit<br />
eine unabdingbare Voraussetzung ist. Hier können z.B. privat organisierte<br />
ehrenamtliche Lieferdienste in Form von Nachbarschaftshilfe sowie privatwirtschaftliche<br />
Bringdienste eine Rolle spielen. Der in der Gemeinde Hude verkehrende Bürgerbus stellt<br />
in diesem Zusammenhang ein Gutes Beispiel zur Steigerung der Mobilität dar.<br />
6.5 Fazit „Gute Ansätze“<br />
Die Gemeinde Hude hat bereits zahlreiche Maßnahmen durchgeführt, um auf die Folgen<br />
des demografischen Wandels zu reagieren. Die Vielzahl der unternommenen Schritte ist<br />
im regionalen Vergleich durchaus eine Besonderheit. Zu den wesentlichen „Guten Ansätzen“<br />
zählen z.B. (vgl. auch Kap. 6.1 bis 6.4):<br />
► die Erarbeitung eines Leitbildes, das strategische Ziele und Handlungsfelder umfasst<br />
► der Kulturhof als Begegnungsstätte der Generationen<br />
► das erarbeitete Jugendkonzept<br />
► das gut in die Siedlungsstruktur und das Gemeindeleben eingebundene DRK-<br />
Seniorenzentrum<br />
► die geplanten Wohnformen für Senioren im Neubaugebiet „Wilhelmstraße“<br />
► die Förderung der Innenentwicklung durch Lückenbebauung<br />
► die Zusammenarbeit der Gemeinde mit den ansässigen Unternehmen zur Unterstützung<br />
der Vereinbarkeit von Beruf und Familie<br />
► die organisatorische Zusammenlegung der Kindergärten Wüsting und Altmoorhausen<br />
► die geplante Umsetzung flexiblerer Öffnungszeiten der kommunalen Kindergärten<br />
► die zahlreichen Freizeitangebote der Seniorenvertretung<br />
► das Projekt der Diakonie-Sozialstation, welches pflegende Menschen durch die Ausbildung<br />
Ehrenamtlicher entlasten möchte sowie<br />
► der Bürgerbus, der die Mobilität der Bürger erhöht<br />
Diese Besonderheiten gilt es nun gezielter nach außen zu transportieren und die Gemeinde<br />
durch die Darstellung der (Alleinstellungs)Merkmale besser zu vermarkten. Denkbar<br />
wäre es z.B., für die Vermarktungsstrategie die verschiedenen relevanten Akteursgruppen<br />
zusammenzubringen, die dann gemeinsam in Form einer Public-Private-<br />
Partnership für den Wohnstandort Hude und ein „Leben in guter Gesellschaft“ werben.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Hude’ 48
Fallstudie<br />
„DEMOGRAFISCHER WANDEL IN DER<br />
GEMEINDE WARDENBURG“<br />
Endfassung<br />
Verfasser:<br />
FORUM GmbH, <strong>Oldenburg</strong><br />
Juli 2008
Gliederung<br />
1 Konzeption der Fallstudie ......................................................................................... 4<br />
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland................................................................. 5<br />
3 Die Gemeinde Wardenburg im Überblick ................................................................ 8<br />
4 Ausgangslage............................................................................................................. 9<br />
4.1 Einwohnerentwicklung.............................................................................................. 9<br />
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Wardenburg und ihrer Ortsteile................................ 11<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Wardenburg ...................................... 13<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Wardenburg .................................... 19<br />
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen Wandel<br />
................................................................................................................................... 22<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt........................................................................... 22<br />
5.2 Soziale Infrastruktur ............................................................................................... 25<br />
5.2.1 Kinderbetreuung.............................................................................................. 25<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen............................................................................ 27<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur...................................................................... 31<br />
6 Gesamtfazit............................................................................................................... 34<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 3
1 Konzeption der Fallstudie<br />
Die Fallstudie „<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg“ ist Teil eines Auftrages<br />
des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> an die FORUM GmbH unter dem Titel „Masterplan<br />
Demografie für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>“.<br />
Die Fallstudie ist in sechs Kapitel gegliedert. Zunächst beschäftigt sich das zweite Kapitel<br />
als thematischer Einstieg und zur Erleichterung der weiteren Einordnung mit dem demografischen<br />
Wandel in Deutschland. Nach der Darstellung der räumlichen Strukturen der<br />
Gemeinde (Kap. 3) wird in Kapitel 4 auf die demografische Ausgangslage eingegangen,<br />
bevor Kapitel 5 die Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen thematisiert. Kapitel<br />
sechs gibt ein Gesamtfazit. Um angesichts der Fülle des zugrunde liegenden Datenund<br />
Informationsmaterials eine möglichst übersichtliche und anschauliche Darstellung zu<br />
erreichen, werden die wichtigsten Informationen zur besseren Lesbarkeit zu prägnanten<br />
Aussagen verdichtet und mit Grafiken hinterlegt.<br />
Die Fallstudie für Wardenburg konzentriert sich auf die Analyse demografischer Aspekte<br />
und verzichtet auf Handlungsvorschläge. Dies erfolgt vor dem Hintergrund, dass die Gemeinde<br />
bereits im Winter 2007/08 im Rahmen des Beteiligungsprozesses „Vision 2025“<br />
konkrete Leuchtturmprojekte hat erarbeiten lassen, deren Umsetzung Anpassungsmaßnahmen<br />
an den demografischen Wandel darstellt.<br />
In die <strong>Fallstudien</strong> für die Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> sind neben ausführlichen<br />
Auftakt- und Koordinationsgesprächen mit Vertretern der kreisangehörigen Kommunen<br />
(‚BürgermeisterInnengespräche’) und Auswertungen umfangreichen Datenmaterials<br />
(speziell Niedersächsisches Landesamt für Statistik sowie Daten der kommunalen<br />
Meldeämter) auch Gespräche mit Experten aus der Region eingeflossen, u.a. mit Vertretern<br />
der Bereiche Immobilien-/Wohnungsmarkt, Senioren (z.B. Seniorenbeiräte), Familie<br />
und Jugend.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 4
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland<br />
Die demografische Struktur Deutschlands und seiner Teilräume war auch in der Geschichte<br />
niemals über längere Zeiträume konstant. Seit jeher haben sich markante historische<br />
Einschnitte wie Seuchen, Kriege oder aber soziale bzw. wirtschaftliche Innovationen<br />
auch in der Entwicklung und Zusammensetzung der Bevölkerung niedergeschlagen.<br />
Charakteristisch ist in den westlichen Staaten der starke Anstieg der Bevölkerungszahlen<br />
speziell seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, der in Deutschland bis in die<br />
1970er Jahre angehalten hat. Eine anhaltend hohe Geburtenrate bei langsam sinkender<br />
Sterberate war verantwortlich für diese Entwicklung. Vor etwa 35 Jahren jedoch hat sich<br />
das Verhältnis schlagartig umgekehrt und in Deutschland konnte sich eine zuvor ungekannte<br />
Entwicklung verfestigen: Im Gefolge der unter der Bezeichnung ‚Pillenknick’ subsumierten<br />
Umwälzungen ist die Geburtenrate innerhalb weniger Jahre signifikant um<br />
mehr als ein Drittel deutlich unter das sog. Bestandserhaltungsniveau gesunken und<br />
seither stabil geblieben. In der Konsequenz bedeutet dies, dass jede Elterngeneration im<br />
Vergleich zur vorherigen seither um ein Drittel abnimmt, sofern keine Zuwanderungsgewinne<br />
erfolgen! (vgl. Abb. 2 und 3)<br />
Die nachstehenden Grafiken bilden die Altersstruktur Deutschlands im Abstand von jeweils<br />
30 Jahren ab, zeigen also etwa drei Generationenschritte auf 1 . Besonders gut ist<br />
das ‚Durchwachsen’ der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge zu erkennen, die vor allem<br />
dem Immobilienmarkt im Umland der Ballungsräume in den vergangenen Jahren spürbaren<br />
Auftrieb verschafft haben.<br />
Abb. 1: Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 1975, 2005 und 2035 (Vorausberechnung)<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt 2006)<br />
Bereits seit Anfang der 1970er Jahre verzeichnet Deutschland einen negativen natürlichen<br />
Saldo mit weniger Geburten als Sterbefällen und ist daher auf internationale Zuwanderung<br />
angewiesen, um einen Bevölkerungsrückgang zu vermeiden (vgl. Abb. 2).<br />
1 Zahlen für 2035: auf Basis der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen Bundesamtes,<br />
[Variante 1: positiver internationaler Wanderungssaldo von 100.000 Personen], 2006<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 5
1600000<br />
1400000<br />
1200000<br />
1000000<br />
800000<br />
600000<br />
400000<br />
200000<br />
0<br />
-200000<br />
-400000<br />
1946<br />
1948<br />
1950<br />
1952<br />
1954<br />
1956<br />
1964: 1357304<br />
Baby-Boomer<br />
der 1960er<br />
Echo in den<br />
1990ern<br />
1958<br />
1960<br />
1962<br />
1964<br />
1966<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Saldo<br />
2006:<br />
672724<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 2: Natürliche Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1946 – 2006<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Bedeutsam vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen der vergangenen<br />
fünfzehn Jahre ist die Feststellung, dass zwei Prozesse den Blick auf den sich längst<br />
vollziehenden demografischen Wandel verstellt haben:<br />
► In den 1990er-Jahren befand sich die o.g. ‚Babyboomer’-Generation in der Familiengründungsphase,<br />
mit der Folge, dass die Geburtenzahlen leicht anstiegen<br />
und sich kurzfristig Geburten und Sterbefälle in Deutschland sogar wieder im<br />
Gleichgewicht befanden (vgl. Abb. 2).<br />
► Bedingt durch den Zusammenbruch des Ostblocks und die Bürgerkriege in Südosteuropa<br />
realisierte Deutschland außerordentlich hohe internationale Wanderungsgewinne,<br />
die das Geburtendefizit weit überstiegen haben (vgl. Abb. 3).<br />
1.800.000<br />
1.600.000<br />
1.400.000<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
-200.000<br />
-400.000<br />
1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004<br />
Abb. 3: Entwicklung der Außenwanderungen Deutschlands<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 6<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo
Nachdem bereits die 1980er Jahre durch Stagnation und Alterung gekennzeichnet waren<br />
ist demnach die deutsche Bevölkerung in den 1990er Jahren und bis über die Jahrtausendwende<br />
hinaus durch singuläre Impulse nochmals stark gewachsen; gleichzeitig stiegen<br />
auch die Geburtenzahlen spürbar an. Aufgrund der zuletzt stark rückläufigen Zuwanderungen<br />
aus dem Ausland und der ebenfalls wieder deutlich sinkenden Geburtenzahlen<br />
wird jedoch in den meisten deutschen Regionen klar erkennbar, dass die vergangenen<br />
fünfzehn Jahre lediglich eine kurze ‚Atempause’ im demografischen Wandel bedeutet<br />
haben und nun wieder in stetig steigendem Maße mit ‚Unterjüngung’ und absolutem Einwohnerrückgang<br />
gerechnet werden muss.<br />
Zusammengefasst schlägt sich der demografische Wandel in folgenden Tendenzen nieder:<br />
► Bevölkerungsrückgang: Etwa seit der Jahrtausendwende reicht die stagnierende<br />
internationale Zuwanderung nach Deutschland nicht mehr aus, um die wachsende<br />
Lücke zwischen Geburten und Sterbefällen auszufüllen. Es ist anzunehmen,<br />
dass 2002 ein historisches Bevölkerungsmaximum erreicht wurde.<br />
► Alterung: Der Anteil der älteren und hochbetagten Menschen an der Gesamtbevölkerung<br />
nimmt kontinuierlich zu und wird erst nach 2050 seinen Höhepunkt erreichen.<br />
Der Anteil der Kinder nimmt sukzessive ab.<br />
► Internationalisierung: Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund steigt<br />
aufgrund der wachsenden Bedeutung der Zuwanderung für die Bevölkerungsentwicklung.<br />
► Veränderte Haushaltsstrukturen: Der bis in die 1970er Jahre hinein klassische<br />
Familienhaushalt mit vier bis fünf Personen verliert immer mehr an Bedeutung,<br />
während die 1- und 2-Personen-Haushalte sowohl prozentual wie auch absolut<br />
zunehmen.<br />
Diese übergeordneten Tendenzen schlagen sich auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> nieder. Je<br />
kleinräumiger der betrachtete Raum ist, desto stärker wirken sich jedoch zusätzlich spezielle<br />
Sonderentwicklungen wie beispielsweise Baulandausweisungen, Unternehmensansiedlungen<br />
bzw. -aufgaben usw. aus. Durch das Fortschreiben bisheriger Trends können<br />
diese Entwicklungen im kommunalen Maßstab daher nur sehr bedingt erfasst und<br />
vorhergesehen werden.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 7
3 Die Gemeinde Wardenburg im Überblick<br />
Die Gemeinde Wardenburg hat rund 17.000 Einwohner und liegt im Nordwesten des<br />
<strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>. Sie erstreckt sich über ein Gebiet von etwa 119 km² und hat<br />
somit eine Siedlungsdichte von etwa 140 Einwohnern je km²; was im Vergleich zu den<br />
übrigen Mitgliedsgemeinden des <strong>Landkreis</strong>es ein recht hoher Wert ist. Die Gemeinde<br />
besteht aus 23 Ortsteilen (vgl. Abb. 4). Die größten Siedlungsbereiche werden durch die<br />
Ortsteile Hundsmühlen, Tungeln und Wardenburg im Norden des Gemeindegebietes<br />
gebildet, wo sie z.T. direkt an das <strong>Oldenburg</strong>er Stadtgebiet grenzen. Aufgrund der unmittelbaren<br />
Nähe zum Oberzentrum ist Wardenburg in den vergangenen Jahrzehnten in<br />
erheblichem Maße durch die typischen Suburbanisierungsprozesse beeinflusst worden,<br />
so dass die Gemeinde hohe Wanderungsgewinne aus dem Oberzentrum erfahren hat.<br />
Das Infrastrukturangebot der Gemeinde ist vergleichsweise gut ausgebaut. So verfügt<br />
Wardenburg beispielsweise neben einer guten allgemeinen Versorgungslage und einer<br />
relativ guten ärztlichen Versorgung auch über diverse Freizeitangebote und (Weiter)Bildungsangebote<br />
für sämtliche Altersklassen.<br />
Wichtigste Verkehrsachse ist neben den Kreis- und Landesstraßen die Bundesstraße<br />
401 sowie die Autobahn A29, die über die Anschlussstelle Wardenburg zu erreichen ist.<br />
Neben den guten Anbindungen an das regionale und nationale Straßennetz bestehen in<br />
der Gemeinde Wardenburg auch gute Anbindungen an den ÖPNV (Busverkehr). Die<br />
Nutzung des Schienenverkehrs ist in Wardenburg nicht direkt möglich. Der Hauptbahnhof<br />
in <strong>Oldenburg</strong> kann jedoch an Werktagen im 30-Minuten-Takt mit dem Bus in etwa 40<br />
Minuten erreicht werden.<br />
Wardenburg I-III 37%<br />
Achternholt 2%<br />
Westerholt 3% Achternmeer 7%<br />
Westerburg 2%<br />
Astrup 1%<br />
Tungeln 9%<br />
Littel 3%<br />
Oberlethe I+II 3%<br />
Südmoslesfehn 6%<br />
Benthullen Ost 1%<br />
Benthullen West 2%<br />
Charlottendorf Ost 2%<br />
Charlottendorf West 2%<br />
Harbern I+II 3%<br />
Höven 1%<br />
Hundsmühlen I+II 17%<br />
Klein Bümmerstede 1%<br />
Abb. 4: Einwohner der Gemeinde Wardenburg nach Ortsteilen 2007<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Wardenburg)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 8
4 Ausgangslage<br />
4.1 Einwohnerentwicklung<br />
Die Bevölkerung Wardenburgs ist von Anfang der 1970er Jahre bis etwa zum Jahr<br />
2005 dynamisch gewachsen. Ausschlaggebend waren sowohl Wanderungsgewinne<br />
als auch Geburtenüberschüsse. In der jüngsten Vergangenheit ist das Wachstum<br />
jedoch aufgrund eines Geburtendefizits und sehr geringem Wanderungsgewinn<br />
quasi zum Erliegen gekommen.<br />
Wardenburg gehört zu den „Suburbanisierungsgemeinden“ im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>, die<br />
in der Vergangenheit erhebliche Wanderungsgewinne - überwiegend aus der Stadt <strong>Oldenburg</strong><br />
- verzeichnen konnten. Besonders ausgeprägt waren diese Wanderungsgewinne<br />
Ende der 1970er sowie in den 1990er Jahren, so dass zu diesen Zeiten kombiniert mit<br />
einem hohen positiven Saldo der natürlichen Bevölkerungsentwicklung die Einwohnerzahl<br />
der Gemeinde besonders stark angestiegen ist (vgl. Abb. 5).<br />
Zwischen den Jahren 2005 und 2006 hat die Bevölkerungszahl jedoch bereits wegen<br />
einsetzender Sterbeüberschüsse und zurückgehender Wanderungsgewinne leicht abgenommen.<br />
17000<br />
16000<br />
15000<br />
14000<br />
13000<br />
12000<br />
11000<br />
10000<br />
1970 1972 1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006<br />
Abb. 5: Einwohnerentwicklung der Gemeinde Wardenburg seit 1970<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Vor allem seit der Jahrtausendwende hat sich das Geburten-/Sterbefälle-Verhältnis zunehmend<br />
verschlechtert: Die Zahl der jährlichen Geburten liegt seit einigen Jahren stets<br />
unter 150; demgegenüber stiegen die Sterbefälle der Gemeinde Wardenburg auf zuletzt<br />
154 (2006) an. Im Saldo verblieb somit im Jahr 2006 eine negative natürliche Einwohnerbilanz<br />
von -35 Personen. Das Geburtendefizit erreichte damit einen Höchstwert seit den<br />
1970er Jahren (vgl. Abb. 6).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 9
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
Geborene Gestorbene Saldo<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 6: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Gemeinde Wardenburg seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Die Zuzüge in die Gemeinde Wardenburg erreichten Ende der 1970er und in den 1990er<br />
Jahren vergleichsweise hohe Werte. Trotz ebenfalls ansteigender Fortzüge war der<br />
Wanderungssaldo zu diesen Zeiten besonders ausgeprägt. Seit etwa der Jahrtausendwende<br />
geht die Wanderungsaktivität jedoch nahezu kontinuierlich zurück und der Saldo<br />
von Zuzügen und Fortzügen tendierte im Jahr 2006 gegen Null (vgl. Abb. 7).<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
-200<br />
1968<br />
1970<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 7: Wanderungsgeschehen der Gemeinde Wardenburg seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 10
4.2 Altersstruktur der Gemeinde Wardenburg und ihrer Ortsteile<br />
In den letzten Jahren haben deutliche Altersstrukturverschiebungen in der Gemeinde<br />
Wardenburg stattgefunden: vor allem die Menschen über 70 Jahre sowie<br />
die 40- bis 49-Jährigen haben deutlich zugenommen. Stark zurückgegangen gegenüber<br />
1990 ist hingegen die Gruppe der jungen Erwachsenen zwischen 20 und<br />
29 Jahren.<br />
Der altersstrukturelle Aufbau der Bevölkerung und die zu erwartenden Entwicklungen der<br />
Altersstruktur stellen wesentliche Einflussgrößen im Hinblick auf die Betroffenheit einer<br />
Kommune vom demografischen Wandel dar. Daher sollen hier die Altersstrukturen der<br />
Gemeinde Wardenburg und ihrer Ortsteile 2 näher betrachtet werden. Um den Einfluss der<br />
Wanderungsverflechtungen der vergangenen Jahren zu beleuchten, werden neben den<br />
aktuellen Strukturen auch die Veränderungen seit 1990 dargestellt.<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-1500 -1300 -1100 -900 -700 -500 -300 -100 100 300 500 700 900 1100 1300 1500<br />
-1500 -1300 -1100 -900 -700 -500 -300 -100 100 300 500 700 900 1100 1300 1500<br />
Abb. 8: Altersstruktur der Gemeinde Wardenburg 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
Der Altersaufbau der Gemeinde Wardenburg weist für eine Umlandkommune charakteristische<br />
Strukturen auf. Besonders stark ist die „40er-Altersgruppe“ (40 - 49 Jahre) vertreten,<br />
die mehr als doppelt so stark besetzt ist, wie die Bevölkerungsgruppe der Frauen<br />
und Männer zwischen 20 und 29 Jahren. Noch 1990 waren die jungen Erwachsenen<br />
deutlich stärker vertreten. Verglichen mit den Strukturen von 1990 fällt zudem der immense<br />
Zuwachs an Senioren ab 70 Jahren sowie der Menschen in den „60ern“ auf. Die<br />
Zahl der Kinder ging zwischen 1990 und 2006 in der Gemeinde Wardenburg zurück. In<br />
allen übrigen Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es hat die Zahl der 0-9-Jährigen in diesem Zeitraum<br />
noch zugenommen – wenn auch unterschiedlich stark.<br />
Die beschriebenen Strukturen liegen teilweise in den übergeordneten demografischen<br />
Mustern begründet, denn deutschlandweit sind die vor dem ‚Pillenknick’ geborenen ‚Babyboomer’<br />
der 1960er-Altersjahrgänge heute besonders stark vertreten. Hinzu kommt,<br />
dass diese Menschen in ihrer Familiengründungsphase von Mitte 20 bis Mitte 30 den<br />
letzten starken Suburbanisierungsschub in den Stadtregionen getragen haben, demnach<br />
also überall im Umland überdurchschnittlich stark vertreten sind.<br />
Die Altersstrukturen der Ortsteile haben sich z.T. recht unterschiedlich entwickelt.<br />
Eine ähnliche Struktur weisen sie bezüglich der stark vertretenen Menschen mittleren<br />
Alters (40-49-Jahre) und der deutlichen Zunahme von Senioren (über 70 Jahre)<br />
auf.<br />
2 Die Darstellung der Altersstruktur in Form einer Bevölkerungspyramide ist erst ab einer höheren Einwohnerzahl<br />
möglich, so dass beispielhaft nur die Siedlungsschwerpunkte untersucht wurden.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 11<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre
In den Ortsteilen Wardenburgs sind sehr unterschiedliche Altersstrukturen vorzufinden.<br />
Der beschriebene charakteristisch hohe Besatz an der Bevölkerungsgruppe der 40- bis<br />
49-Jährigen ist jedoch überall vorzufinden. Kombiniert mit einer Zunahme der Kinder und<br />
Jugendlichen (10-19 Jahre) sowie der 30-39-Jährigen ist diese Struktur speziell in den<br />
Wachstumsbereichen vorzufinden, die in jüngster Vergangenheit und aktuell noch (hohe)<br />
Zuzüge verzeichnen (z.B. Hundsmühlen und Wardenburg III). Charakteristisch für die<br />
Ortsteile Wardenburg I und II ist die überdurchschnittliche Zunahme älterer und alter<br />
Menschen bei gleichzeitigem Rückgang der Kinderzahlen. Die ersten Suburbanisierer<br />
gehören heute meist zur Bevölkerungsgruppe der 60- bis 69-Jährigen. Diese Altersgruppe<br />
ist in den Ortsteilen, die in der Vergangenheit in besonderer Weise von den Suburbanisierungstendenzen<br />
profitiert haben, stark ausgeprägt.<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-150 -125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125 150<br />
-150 -125 -100 -75 -50 -25 0 25 50 75 100 125 150<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 12<br />
70 und mehr<br />
Abb. 9: Altersstruktur des Ortsteils Wardenburg I 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-250 -200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200 250<br />
Abb. 10: Altersstruktur des Ortsteils Wardenburg II 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
s<br />
-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200<br />
Abb. 11: Altersstruktur des Ortsteils Wardenburg III 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120 140<br />
-140 -120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120 140<br />
Abb. 12: Altersstruktur des Ortsteils Tungeln 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 13<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-200 -150 -100 -50 0 50 100 150 200<br />
Abb. 13: Altersstruktur des Ortsteils Hundsmühlen 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120<br />
70 und mehr<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-120 -100 -80 -60 -40 -20 0 20 40 60 80 100 120<br />
Abb. 14: Altersstruktur des Ortsteils Achternmeer 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Wardenburg<br />
Dass das Wanderungsgeschehen für die Gemeinde Wardenburg eine besondere Bedeutung<br />
hat, ist bereits im Rahmen der vorliegenden Studie mehrfach angesprochen worden.<br />
Im Folgenden sollen die Strukturen und Entwicklungen der Wanderungsverflechtungen<br />
der Gemeinde weitergehend untersucht werden. Dabei werden eigene Auswertungen der<br />
Meldeamtsdaten der Gemeinde herangezogen.<br />
Der größte Teil der Wanderungsgewinne Wardenburgs ist auf Suburbanisierungstendenzen<br />
der Stadt <strong>Oldenburg</strong> zurückzuführen: Mit dem Oberzentrum verzeichnet<br />
die Gemeinde im Zeitraum von 1989 bis 2006 ein Plus von etwa 1.700 Personen.<br />
Die Rangliste der Zu- und Fortzüge im Zeitraum zwischen 1989 und 2006 zeigt sehr<br />
deutlich auf, dass Wanderungsverflechtungen in erster Linie mit dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong><br />
bestehen. Die Wanderungsbeziehungen mit allen übrigen Kommunen finden auf
wesentlich niedrigerem Niveau statt. Zudem zeichnen sie sich durch negative Wanderungsbilanzen<br />
aus. Die Wanderungsverflechtungen Wardenburgs bilden somit ein sehr<br />
deutliches Suburbanisierungsmuster ab.<br />
7.000<br />
6.000<br />
5.000<br />
4.000<br />
3.000<br />
2.000<br />
1.000<br />
0<br />
-1.000<br />
1721<br />
-84<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
-84 -79 -53<br />
<strong>Oldenburg</strong> Hatten Großenkneten Edewecht Bremen<br />
Abb. 15: Wanderungsverflechtungen 3 der Gemeinde Wardenburg 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
Dass sich die beschriebenen Verflechtungsmuster in den vergangenen Jahren nicht stabil<br />
und gleichmäßig entwickelt haben und sich daher nicht ohne weiteres in die Zukunft<br />
fortschreiben lassen, wird deutlich, wenn die Zu- und Fortzüge im Zeitverlauf betrachtet<br />
werden.<br />
<strong>Oldenburg</strong><br />
Das Wanderungsplus mit dem wichtigsten Zuzugsort <strong>Oldenburg</strong> war Mitte der<br />
1990er Jahre besonders ausgeprägt. Seitdem gehen die Zuzüge leicht zurück.<br />
Bei den Wanderungsbeziehungen mit dem wichtigsten Zuzugsort <strong>Oldenburg</strong> fällt auf,<br />
dass zu Beginn der 1990er Jahre sowohl die Zu- als auch die Fortzüge sprunghaft angestiegen<br />
sind. Die Zuzüge haben ihren bisher höchsten Wert im Zeitraum von 1995-1997<br />
erreicht (über 1.300 Personen � Wanderungsplus: 543 Personen). Die Zahl der in das<br />
Oberzentrum Fortziehenden war um die Jahrtausendwende besonders hoch und stagniert<br />
seitdem nach einem leichten Rückgang. Da die Zuzüge kontinuierlich leicht zurückgehen<br />
ist auch das Wanderungsplus in der jüngsten Vergangenheit nicht mehr so ausgeprägt.<br />
3 Die kommunalen Meldeamtsdaten für die Wanderungsverflechtung mit der Stadt Bremen sind z.T. unvollständig<br />
und dürften daher von den tatsächlichen Zahlen leicht abweichen. Die Wanderungsbeziehung ist jedoch<br />
aufgrund der räumlichen Entfernung eher weniger relevant.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 14<br />
Saldo
1800<br />
1600<br />
1400<br />
1200<br />
1000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
Zuzüge aus <strong>Oldenburg</strong><br />
Fortzüge nach <strong>Oldenburg</strong><br />
Saldo<br />
0<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 16: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Wardenburg mit <strong>Oldenburg</strong><br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg, eigene Berechnungen)<br />
Hatten<br />
Die Wanderungsbilanz mit der Nachbargemeinde Hatten ist fast kontinuierlich<br />
leicht negativ.<br />
Die Zuzüge aus der Gemeinde Hatten sind bis etwa zur Jahrtausendwende kontinuierlich<br />
angestiegen und haben im Zeitraum 1998-2000 zu einem kurzzeitigen Wanderungsgewinn<br />
geführt. Seitdem gehen sie jedoch zurück, so dass die Zahl der stetig ansteigenden<br />
Fortzüge die der Zuzüge wieder übertrifft. Der negative Wanderungssaldo zwischen<br />
Wardenburg und Hatten vergrößert sich somit langsam.<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Zuzüge aus Hatten<br />
Fortzüge nach Hatten<br />
Saldo<br />
-50<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 17: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Wardenburg mit Hatten 1989 -<br />
2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg, eigene Berechnungen)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 15
Großenkneten<br />
Die steigende Zahl der Fortzüge in die Gemeinde Großenkneten hat um die Jahrtausendwende<br />
zu einem deutlichen Wanderungsverlust geführt. Seitdem nehmen<br />
sie jedoch deutlich ab, so dass sich die negative Bilanz verkleinert.<br />
Bis Mitte der 1990er Jahre lagen die Zahlen der Zuzüge aus Großenkneten noch knapp<br />
über der Zahl der Fortzüge. Diese sind jedoch bis zur Jahrtausendwende drastisch angestiegen,<br />
so dass bei gleich bleibenden bzw. leicht abnehmenden Zuzügen ein deutlicher<br />
Wanderungsverlust entstand. Da seit dem Zeitraum 1998-2000 die Fortzüge stärker zurückgehen<br />
als die Zuzüge wird die negative Wanderungsbilanz von Jahr zu Jahr kleiner.<br />
Gleichzeitig wird aber auch deutlich, dass die Wanderungsaktivität insgesamt zwischen<br />
den beiden Gemeinden abnimmt.<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
Zuzüge aus Großenkneten<br />
Fortzüge nach Großenkneten<br />
Saldo<br />
-100<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 18: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Wardenburg mit Großenkneten<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg, eigene Berechnungen)<br />
Weitergehende Hinweise auf Wanderungstendenzen, -motive und -perspektiven liefern<br />
die altersbezogenen Auswertungen der vorliegenden Daten. Hierzu werden die altersspezifischen<br />
Wanderungsbeziehungen der drei wichtigsten Wanderungsverflechtungen<br />
spezifiziert nach Altersgruppen in zwei 3-Jahres-Zeiträumen beispielhaft betrachtet: mit<br />
<strong>Oldenburg</strong>, Hatten und Großenkneten. Der erste betrachtete Zeitraum 1995 bis 1997 lag<br />
Mitten in der dynamischen Wachstumsphase der Gemeinde; gegen Ende des zweiten<br />
Zeitraumes (2004 bis 2006) setzte ein leichter Rückgang der Bevölkerungsentwicklung<br />
ein. Die Bevölkerungsgruppen, die das Wanderungsgeschehen in der Gemeinde Wardenburg<br />
am stärksten prägen, sind die Familien und die jungen Erwachsenen, die meist<br />
aufgrund von Ausbildungsplatzsuche oder Studium umziehen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 16
<strong>Oldenburg</strong><br />
Immer weniger Familien ziehen aus dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> in die Umlandgemeinde<br />
Wardenburg. Ebenso verhält es sich mit den jungen Erwachsenen zwischen<br />
20 und 29 Jahren.<br />
Neben der Abnahme der Wanderungsintensität allgemein, hat sich beim Vergleich der<br />
beiden Zeiträume auch die Struktur der altersspezifischen Wanderungsverflechtungen<br />
mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong> deutlich verändert: Während Wardenburg zwischen 1995 und<br />
1997 noch enorme Wanderungsgewinne besonders in den Familien-Altersgruppen (0-17<br />
und 30-49 Jahre) erzielen konnte, sind diese im zweiten Zeitraum stark zusammengeschmolzen.<br />
Ausgelöst wurden diese Veränderungen v.a. durch abnehmende Zuzüge.<br />
Auch junge Erwachsene ziehen immer seltener in die Gemeinde Wardenburg. Gleichzeitig<br />
nimmt die Abwanderung der Altersgruppe der 20-29-Jährigen weiter zu, so dass sich<br />
der Wanderungssaldo verkleinert hat.<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
21<br />
16<br />
11<br />
14<br />
45<br />
39<br />
40<br />
31<br />
37<br />
71<br />
61<br />
55<br />
131<br />
142<br />
243<br />
241<br />
0 50 100 150 200 250 300 350 400 450 500 550<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 17<br />
295<br />
323<br />
319<br />
332<br />
370<br />
430<br />
440<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1995-1997<br />
Fortzüge 1995-1997<br />
Abb. 19: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Wardenburg<br />
mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong> nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
Hatten<br />
Obwohl die Zuzüge von Familien aus Hatten nach Wardenburg angestiegen sind,<br />
hat sich der Wanderungsverlust vergrößert, denn auch die Fortzüge haben deutlich<br />
zugenommen. Zudem ziehen immer weniger junge Erwachsene aus Hatten zu.<br />
Die Wanderungsaktivität zwischen den Gemeinden Wardenburg und Hatten hat zwischen<br />
den beiden Zeiträumen deutlich zugenommen. Auffällig ist zum einen, dass sich der<br />
Wanderungsverlust bei den Familienaltersgruppen vergrößert hat: Hier sind die Fortzüge<br />
stärker angestiegen als die Zuzüge. Zum anderen bestand im Zeitraum 1995-1997 noch<br />
ein leichter Wanderungsgewinn bei den jungen Erwachsenen (20-29 Jahre). Dieser hat<br />
sich jedoch v.a. aufgrund zurückgehender Zuzüge in einen Wanderungsverlust umgekehrt.<br />
519
80-100<br />
0<br />
2<br />
1<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
1<br />
2<br />
4<br />
6<br />
7<br />
7<br />
8<br />
9<br />
16<br />
31<br />
31<br />
31<br />
36<br />
38<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80<br />
42<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 18<br />
44<br />
50<br />
49<br />
48<br />
52<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1995-1997<br />
Fortzüge 1995-1997<br />
Abb. 20: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Wardenburg<br />
mit der Gemeinde Hatten nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
Großenkneten<br />
Die altersspezifischen Wanderungsverflechtungen zwischen Wardenburg und Großenkneten<br />
haben sich zwischen den beiden Zeiträumen kaum geändert. Am deutlichsten<br />
fallen die abnehmenden Zuzüge von Familien und jungen Erwachsenen<br />
auf.<br />
Die Wanderungsverflechtung zwischen Wardenburg und Großenkneten zeichnet sich im<br />
Grunde durch recht ausgeglichene Bilanzen aus. Die größten Wanderungsgewinne wurden<br />
zwischen 1995 und 1997 bei den Familien (v.a. in der Altersgruppe 0-17 Jahre) erzielt<br />
– lagen aber nur bei +10 Personen. Im zweiten Zeitraum verzeichnete Wardenburg<br />
dann aufgrund rückläufiger Zuzüge nur noch Wanderungsgewinne in der Altersgruppe<br />
60-79 Jahre.<br />
80-100<br />
0<br />
0<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
2<br />
2<br />
3<br />
2<br />
4<br />
3<br />
7<br />
8<br />
10<br />
12<br />
15<br />
18<br />
19<br />
22<br />
0 10 20 30 40 50<br />
27<br />
26<br />
26<br />
26<br />
28<br />
31<br />
33<br />
36<br />
74<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1995-1997<br />
Fortzüge 1995-1997<br />
Abb. 21: Wanderungsverflechtungen der Gemeinde Wardenburg<br />
mit der Gemeinde Großenkneten nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)
Insgesamt 4 ist der Wanderungssaldo bezüglich der Familienaltersgruppen um fast<br />
40% geschrumpft – lag aber zuletzt immer noch bei etwa +257 Personen. Das Wanderungsplus<br />
der jungen Erwachsenen hat sich extrem verkleinert und tendiert gegen<br />
Null.<br />
Bezüglich der Senioren und Hochbetagten kann festgehalten werden, dass in den Altersgruppen<br />
60-79 Jahre und über 70 Jahre nur mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong> ein ausgeprägtes<br />
Wanderungsplus besteht. Dieses ist jedoch zwischen den beiden Beobachtungszeiträumen<br />
geschrumpft. Ähnlich verhält es sich mit den „Best-Agern“ – der Altersgruppe 50-59-<br />
Jahre. Mit den anderen beiden Kommunen bestehen in diesen Altersgruppen kaum<br />
Wanderungsbeziehungen.<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Gemeinde Wardenburg<br />
Wie lassen sich die beschriebenen Prozesse und Strukturen bei den demografischen<br />
Prozessen der Gemeinde Wardenburg im Hinblick auf die künftig zu erwartenden Entwicklungen<br />
interpretieren?<br />
An dieser Stelle wird bewusst auf den (alleinigen) Verweis auf existierende Prognosen<br />
verzichtet, denn die jüngsten Entwicklungstendenzen zeigen sehr deutlich die Grenzen<br />
und Unsicherheiten prognostischer Modelle auf, wenn sie in einer sehr kleinräumigen<br />
räumlichen Auflösung angewendet werden. Speziell Veränderungen bei den Wanderungsverflechtungen<br />
– die gerade für die Stadt-Umland-Verflechtungen zentrale Bedeutung<br />
besitzen – sind aufgrund ihrer äußerst vielschichtigen und komplexen Ursachen und<br />
Wirkungszusammenhänge kaum zu operationalisieren.<br />
Im Folgenden sollen daher aufbauend auf den bisherigen Ergebnissen vielmehr die wichtigsten<br />
qualitativen Trends herausgestellt werden, die aus den aktuellen Analysen der<br />
FORUM GmbH in der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> im Nordwesten zu erkennen<br />
sind.<br />
Vieles deutet darauf hin, dass die vor allem in den 1990er Jahren zu beobachtende Abwanderung<br />
besonders der jungen Familien aus den (Groß)Städten derzeit zu Ende geht<br />
und sich stattdessen eine Entwicklung fortsetzen wird, die nach der Jahrtausendwende<br />
eingesetzt hat:<br />
• Orientierung der Familien auf gut ausgestattete Standorte, z.B. Stadtrandlagen<br />
• Zunehmender Fortzug/Rückzug der jungen Erwachsenen in die (Nähe der) Arbeitsplatzzentren<br />
• Tendenzen bei den Senioren zum Umzug in zentrale Ortslagen (teilweise auch in die<br />
Städte)<br />
Das Wachstum der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> ist nach 20 Jahren zum Stillstand<br />
gekommen. Ein gleichzeitig ausreichendes Angebot an günstigen Immobilien<br />
und Baugrundstücken in allen Lagequalitäten hat den Suburbanisierungsdruck<br />
deutlich abgeschwächt.<br />
4 In Bezug auf die analysierten Wanderungsverflechtungen mit den drei Kommunen: <strong>Oldenburg</strong>, Hatten und<br />
Großenkneten. Diese besitzen quantitativ die größte Relevanz beim Wanderungsgeschehen der Gemeinde<br />
Wardenburg.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 19
Mit der Abschaffung der Eigenheimzulage, der Kürzung der Entfernungspauschale und<br />
dem Konjunktureinbruch nach der Jahrtausendwende sind wesentliche Push-Faktoren<br />
der Suburbanisierungswelle der letzten fünfzehn Jahre fortgefallen. Zudem haben sich<br />
die Impulse der Wohnungs- und Immobilienmärkte deutlich verändert. In den 1990er<br />
Jahren konnte die Nachfrage vor allem nach Wohnungen wie auch nach Bauland in zentraleren<br />
Lagen kaum befriedigt werden: Einerseits drängten zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge<br />
und Aussiedler nach Deutschland, es befand sich aber auch die im Altersaufbau<br />
Deutschlands deutlich herausstechende letzte „Babyboomer-Generation“ der in den<br />
1960ern Gebürtigen in der Familiengründungsphase, wodurch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern<br />
einen zusätzlichen Impuls erhielt. Viele Bewohner von Stadtregionen –<br />
dies trifft auch auf die Region <strong>Oldenburg</strong> zu - sind in dieser Phase mangels Alternativen<br />
weit in das Stadtumland hinausgezogen.<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
-0,5<br />
-1,0<br />
1969<br />
1970<br />
1971<br />
1972<br />
1973<br />
1974<br />
1975<br />
1976<br />
1977<br />
1978<br />
1979<br />
1980<br />
1981<br />
1982<br />
1983<br />
1984<br />
1985<br />
1986<br />
1987<br />
1988<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
Abb. 22: Bevölkerungsentwicklung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong><br />
im Nordwesten seit 1968 (jährliche %-Entwicklung)<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Ein Blick auf die gesamtregionale Entwicklung veranschaulicht die veränderten Rahmenbedingungen:<br />
Die Bevölkerung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<br />
<strong>Oldenburg</strong> ist aus den genannten Gründen in den 1990ern dynamisch gewachsen – in<br />
Spitzen mit Raten von bis zu 1,4 % jährlich. Seit etwa zehn bis zwölf Jahren ist dieses<br />
Wachstum aber deutlich rückläufig, im Jahr 2006 sind die Einwohnerzahlen im Gebiet der<br />
heutigen Metropolregion sogar erstmals seit zwanzig Jahren wieder leicht zurückgegangen.<br />
Angesichts der bestehenden demografischen Strukturen und nur geringer Aussicht<br />
auf einen deutlich anziehenden Zuzug in die Region ist nicht zu erwarten, dass sich dieser<br />
Trend in absehbarer Zeit wieder verändern könnte. Da zudem fast alle Kommunen,<br />
insbesondere aber auch die Stadt <strong>Oldenburg</strong>, inzwischen ein respektables Wohnungs-,<br />
Immobilien- und Baulandangebot bereithalten, fällt ein wesentliches Suburbanisierungsmotiv<br />
fort.<br />
Sämtliche ehemals relevanten Faktoren für die Wanderung aus den Städten in das<br />
unmittelbare Umland sind heute demnach nicht mehr in dieser Form gegeben und<br />
werden aller Voraussicht nach auch in absehbarer Zeit nicht wieder eintreten. Daher<br />
erscheint es plausibel, dass die jüngsten Veränderungen im Hinblick auf die<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 20
Bevölkerungsentwicklungen und Wanderungsverflechtungen charakteristisch für<br />
die zu erwartenden Entwicklungen sein können.<br />
Wardenburg ist im regionalen Vergleich nicht überdurchschnittlich von den demografischen<br />
Entwicklungen betroffen. Die relevanten Prozesse der Alterung und des Bevölkerungsrückgangs<br />
finden jedoch auch in der Gemeinde Wardenburg statt. Besonders die<br />
Veränderungen im Wanderungsgeschehen sind deutlich zu erkennen:<br />
Wanderungen:<br />
• Immer weniger Familien sind in den vergangenen Jahren aus dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong><br />
in die Gemeinde Wardenburg gezogen; die fehlenden Zuzüge machen sich<br />
in der abgeschwächten Dynamik der Bevölkerungsentwicklung bemerkbar. Verstärkt<br />
wird dieser Trend durch die abnehmenden Zuzüge junger Erwachsener aus <strong>Oldenburg</strong><br />
und z.T. die Abwanderung dieser Altersgruppe in umliegenden Gemeinden. Die<br />
beschriebenen Veränderungen in den Wanderungsverflechtungen dürften sich weiter<br />
fortsetzen.<br />
Bevölkerungsentwicklung:<br />
• Das zuvor dynamische Bevölkerungswachstum ist bereits zwischen 2005 und 2006<br />
leicht zurückgegangen und stagniert aktuell nahezu – v.a. aufgrund sinkender Zuzugszahlen.<br />
Die bisher starke Bedeutung der Wanderungen für die Bevölkerungsentwicklung<br />
Wardenburgs dürfte auch in Zukunft gegeben sein, denn der Rückgang<br />
der Geburtenzahlen setzt sich höchstwahrscheinlich bei abnehmenden Familien-<br />
Zuzügen und dem Schrumpfen der Bevölkerungsgruppe der jungen Erwachsenen<br />
weiter fort. Aufgrund der beschriebenen Strukturverschiebungen der Wanderungsverflechtungen<br />
ist nicht davon auszugehen, dass sich zukünftig an die Stagnation erneut<br />
eine ausgeprägte Wachstumsphase anschließen wird.<br />
• Die Ortsteile werden sich vermutlich je nach Attraktivität unterschiedlich stark weiterentwickeln.<br />
Profitieren dürften v.a. die verdichteten Ortsteile mit gut ausgebauter Infrastruktur<br />
wie Wardenburg, Hundsmühlen oder Tungeln. Ein weiterer positiver<br />
Standortfaktor dieser Ortschaften ist ihre Nähe zum Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong>.<br />
Altersstrukturen:<br />
• Bereits in den vergangenen Jahren hat sich die Anzahl der Senioren in der Gemeinde<br />
Wardenburg stark erhöht. Die Alterung der verdichteteren Ortsteile (wie bspw.<br />
Wardenburg) dürfte sich zukünftig weiter verstärken, da hier die in ähnlichem Alter<br />
zugezogenen Suburbanisierer der 1990er Jahre erst noch in das Seniorenalter hineinwachsen<br />
werden. Zudem sind vorwiegend hier Wohnformen für ältere Menschen<br />
vorhanden, so dass Zuzüge dieser Altersklassen vornehmlich ins Gemeindezentrum<br />
Wardenburg erfolgen dürften.<br />
• Die Anzahl der 20-29-Jährigen nimmt in fast allen Ortsteilen ab. Besonders die fehlenden<br />
Zuzüge der jungen Erwachsenen aus dem Oberzentrum machen sich im Altersaufbau<br />
der Bevölkerung bemerkbar. Zudem spielen die älteren Menschen zukünftig<br />
vermutlich eine immer größere Rolle beim Wanderungsgeschehen (schon heute<br />
verzeichnet die Gemeinde Wardenburg ein leichtes Wanderungsplus in den Altersklassen<br />
50+), so dass sich die „Schieflage“ der Altersstruktur zukünftig weiter verstärken<br />
dürfte.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 21
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen<br />
Wandel<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
Der Wohnungs- und Immobilienmarkt der Gemeinde Wardenburg ist z.T. deutlich von der<br />
unmittelbaren Stadtrandlage zum Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> und den hohen Wanderungsgewinnen<br />
vor allem in den 1990er Jahren geprägt. Das Einfamilienhaus stellt mit 82% die<br />
dominierende Wohnform dar. Etwa jede siebte Wohnung (14%) befand sich am<br />
31.12.2006 in Mehrfamilienhäusern mit mehr als zwei Wohnungen (Quelle: Niedersächsisches<br />
Landesamt f. Statistik, Gebäude- und Wohnungsfortschreibung in Niedersachsen).<br />
Dem aktuellen Grundstücksmarktbericht zufolge ist Wohnbauland in der Gemeinde Wardenburg<br />
im Vergleich zu den übrigen Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> relativ teuer.<br />
Der Bodenrichtwert für Wohnbauflächen liegt in Wardenburg für mittlere Lagen bei<br />
100€ / m²; Wohnbauflächen gleicher Lage sind nur in Ganderkesee mit etwa 110€ / m²<br />
teurer. Die Preise innerhalb der Gemeinde Wardenburg unterscheiden sich jedoch deutlich.<br />
Es ist quasi ein Nord-Süd-Gefälle erkennbar, denn mit der Entfernung zur Stadt <strong>Oldenburg</strong><br />
wird Wohnbauland immer günstiger. Während in den nördlichen Gemeindeteilen<br />
(Hundsmühlen, Tungeln und Wardenburg) ein Quadratmeter Wohnbauland zwischen<br />
105€ und 160€ kostet, liegt der Preis in den kleineren Ortsteilen (Littel, Höven/Westerburg,<br />
Achternmeer oder Achternholt) zwischen 30€ und 45€.<br />
Trotz der räumlichen Nähe zu <strong>Oldenburg</strong> ist die Haushaltsgröße in Wardenburg mit 2,5<br />
Personen noch recht hoch und eher weniger städtisch geprägt. Lediglich die Gemeinde<br />
Großenkneten weist mit 2,6 Personen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> eine höhere durchschnittliche<br />
Haushaltsgröße auf (vgl. Abb. 23).<br />
3,2<br />
3,0<br />
2,8<br />
2,6<br />
2,4<br />
2,2<br />
2,0<br />
Ganderkesee Großenkneten SG Harpstedt Hatten<br />
Hude Wildeshausen Dötlingen Wardenburg<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 23: Durchschnittliche Haushaltsgröße (Einwohner je Wohnung) in den<br />
Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong><br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten des Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Bevölkerungsfortschreibung; Wohnungs- und Gebäudefortschreibung)<br />
Der Zuwachs an Wohnfläche in Wardenburg hat sich vor allem in den vergangenen 15<br />
Jahren von der Einwohnerentwicklung abgekoppelt (vgl. Abb. 24) und geht somit mit dem<br />
Bevölkerungswachstum und Bauboom aufgrund der Suburbanisierung einher. Die rechnerisch<br />
durchschnittlich jedem Einwohner zur Verfügung stehende Wohnfläche ist seit<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 22
1992 um rund 21% gestiegen und liegt damit aktuell mit 48,1m² deutlich über dem niedersächsischen<br />
Durchschnittswert.<br />
Index: 1986 = 100<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
Index Wohnfläche<br />
Index Einwohner<br />
Wohnfläche/Einwohner<br />
80<br />
36,0<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 24: Wohnflächenentwicklung in der Gemeinde Wardenburg 1986-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
Betrachtet man die Fertigstellung neuer Wohngebäude im Zeitraum von 1991 bis 2006,<br />
so fällt auf, dass bis zum Jahr 2004 jedes Jahr etwa zwischen 60 und 80 Ein- und Zweifamilienhäuser<br />
gebaut wurden. Die Zahl der neu gebauten Mehrfamilienhäuser war Mitte<br />
der 1990er Jahre besonders hoch – seit 1997 wurden jedoch quasi keine Häuser mehr<br />
mit mehr als zwei Wohnungen gebaut. Auch die Fertigstellung von Ein- und Zweifamilienhäusern<br />
ist in den letzten beiden Jahren (2005 und 2006) erheblich zurückgegangen<br />
und lag im Durchschnitt bei 40 Baufertigstellungen pro Jahr (vgl. Abb. 25). Damit ist zwar<br />
ein Bruch erkennbar, jedoch ist der Rückgang der Bauaktivität noch nicht so drastisch,<br />
wie in den ländlicheren Kommunen des <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> (wie z.B. Großenkneten<br />
oder die SG Harpstedt).<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
72<br />
1991<br />
mit 1 und 2 Wohnungen<br />
mit 3 und mehr Wohnungen<br />
4<br />
60<br />
1992<br />
12<br />
66<br />
1993<br />
5<br />
55<br />
1994<br />
3<br />
72<br />
1995<br />
12<br />
84<br />
1996<br />
14<br />
67<br />
1997<br />
18<br />
59<br />
1998<br />
66<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 23<br />
75<br />
2 1 1<br />
1999<br />
Abb. 25: Neue Wohngebäude in Wardenburg 1991 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
2000<br />
60<br />
2001<br />
5<br />
68<br />
2002<br />
1<br />
70<br />
2003<br />
2<br />
81<br />
2004<br />
0<br />
38<br />
2005<br />
1<br />
54,0<br />
52,0<br />
50,0<br />
48,0<br />
46,0<br />
44,0<br />
42,0<br />
40,0<br />
38,0<br />
42<br />
2006<br />
Wohnfläche/Einwohner [qm]<br />
4
Auch nach Aussagen der Verantwortlichen bei der Gemeindeverwaltung ist die Nachfrage<br />
nach Wohnbauflächen in Wardenburg rückläufig. Das letzte von der Gemeinde als<br />
Wohnbaugebiet ausgewiesene und beplante Gebiet liegt etwa zehn Jahre zurück. Seitdem<br />
wurden nur noch kleinere B-Plan-Änderungen mit ein bis fünf Bauplätzen vorgenommen.<br />
Die Planung und Ausweisung von größeren Baugebieten mit 5-20 Bauplätzen<br />
ist in jüngster Vergangenheit nur durch private Investoren erfolgt.<br />
Aufgrund der vorteilhaften Lage und der guten Infrastrukturausstattung Wardenburgs<br />
dürften die Zuzüge aus der Stadt <strong>Oldenburg</strong> zukünftig anhalten – wenn auch<br />
auf deutlich niedrigerem Niveau. Gute Entwicklungschancen haben dabei besonders<br />
die zentralen Ortsteile mit hoher Siedlungsdichte.<br />
Wardenburg liegt in unmittelbarer Nähe zur Stadtgrenze <strong>Oldenburg</strong>s und kann eine relativ<br />
günstige verkehrliche Anbindung sowohl für den MIV als auch den ÖPNV vorweisen.<br />
Zudem ist eine umfassende ärztliche Versorgung aber auch die Versorgung mit Dingen<br />
des alltäglichen Bedarfs und die Ausstattung mit sozialer Infrastruktur gegeben. Diese<br />
Standortbedingungen, die vornehmlich im Gemeindezentrum und in den größeren<br />
Ortsteilen im nördlichen Gemeindegebiet zu finden sind, sind gerade auch für die wachsende<br />
Generation 50+ als günstig zu bezeichnen. Aus diesem Grund dürfte Wardenburg<br />
voraussichtlich auch künftig Potenzial für Zuzüge von <strong>Oldenburg</strong>ern besitzen. Dabei ist<br />
jedoch bei eventuellen Baulandausweisungen auf eine zentrale Lage oder zumindest<br />
gute Erreichbarkeit durch den ÖPNV zu achten, damit die zuvor beschrieben Standortvorteile<br />
auch genutzt werden können.<br />
Problematische Entwicklungen könnten zukünftig in Wohngebieten mit vielen älteren<br />
Bestandsimmobilien (z.T. mit Sanierungsstau) aufgrund schrumpfender Nachfrage<br />
entstehen.<br />
Laut Grundstücksmarktbericht ist die Zahl der verkauften Ein- und Zweifamilienhäuser im<br />
<strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> im Jahr 2007 um etwa 7% zurückgegangen. In den kommenden<br />
Jahren und Jahrzehnten werden jedoch aufgrund des anstehenden Generationenwechsels<br />
immer mehr Eigenheime auf den Markt kommen. Diese Entwicklung kann durchaus<br />
als problematisch angesehen werden, da die Nachfrage von Familiengründern durch die<br />
schrumpfenden Elterngenerationen kontinuierlich zurückgehen wird. Zudem ist ein Neubau<br />
aufgrund von z.T. aufwändigen Sanierungsarbeiten an der Bestandsimmobilie (Energiepass,<br />
etc.) oft im Endeffekt preisgünstiger und kann einfacher an die persönlichen<br />
Wünsche angepasst werden. Gebrauchte Immobilien dürften somit zukünftig immer<br />
schwieriger zu vermarkten sein.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 24
5.2 Soziale Infrastruktur<br />
5.2.1 Kinderbetreuung<br />
In der Gemeinde Wardenburg gibt es vier kommunale Kindertagesstätten sowie einen<br />
Kindergarten der evangelischen Kirchengemeinde. Die Einrichtungen verteilen sich auf<br />
die Ortsteile Wardenburg (eine kommunale und eine kirchliche Einrichtung), Tungeln,<br />
Achternmeer und Littel. Eine Betreuung von Kindern zwischen 1 und 3 Jahren ist bisher<br />
nur im Ortsteil Wardenburg möglich.<br />
Kita Gruppe<br />
Plätze<br />
(September 2007)<br />
Wardenburg 2x vormittags 50<br />
integrative vorm. 18<br />
integrative ganztags 18<br />
nachmittags 25<br />
gesamt 111<br />
Ev. Kita vormittags 63<br />
nachmittags 21<br />
gesamt 84<br />
Einzugsbereich Wardenburg Kindergartenplätze 195<br />
Krippengruppe 15<br />
Hortgruppe 20<br />
Tungeln 4x vormittags 100<br />
integrative ganztags 18<br />
Kindergartenpl.i.d. altersübergr. 10<br />
Kindergartenpl.i.d. altersübergr. 10<br />
Einzugsbereich Tungeln Kindergartenplätze 138<br />
Hortplätze i.d. altersübergr. Gr. 10<br />
Hortplätze i.d.altersübergr. Gr. 10<br />
Achternmeer 2x vormittags 50<br />
integrative ganztags 18<br />
integrative vormittags 18<br />
nachmittags 10<br />
Kindergartenpl.i.d. altersübergr. 10<br />
Einzugsbereich Achternmeer Kindergartenplätze 106<br />
Hortplätze i. d. altersübergr. Gr. 10<br />
Littel vormittags 25<br />
vormittags 25<br />
Einzugsbereich Littel Kindergartenplätze 50<br />
Abb. 26: Kinderbetreuungseinrichtungen in der Gemeinde Wardenburg<br />
(Quelle: Eigene Darstellung nach Angaben der Gemeinde Wardenburg)<br />
Die Vormittagsplätze aller Einrichtungen sind sehr gut ausgelastet. Sollte der Bedarf<br />
an Kindergartenplätzen sinken, plant die Gemeinde freiwerdende Räume für<br />
weitere Krippen- oder Hortplätze zu nutzen.<br />
Nach der Tagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> waren zum<br />
01.08.2007 569 Plätze 5 in Betreuungseinrichtungen in der Gemeinde Wardenburg vorhanden.<br />
Der Betreuungsbedarf 6 liegt bei 483 Plätzen, so dass eine Versorgungsquote<br />
5<br />
Einschließlich Krippen- und Hortplätze. Die Zahlen weichen in einigen Einrichtungen leicht von den Angaben<br />
der Gemeinde ab.<br />
6<br />
Platzbedarf für: 75 % der dreijährigen Kinder, 90 % der vierjährigen Kinder, 90 % der fünfjährigen Kinder und<br />
50 % der sechsjährigen Kinder<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 25
von 118% bestand. Freie Kapazitäten bestanden fast ausschließlich bei Nachmittagsplätzen<br />
sowie bei den Vormittagsplätzen der Kindertagesstätte in Littel.<br />
Auch nach Aussage der Gemeinde besteht besonders große Nachfrage bei den Vormittagsplätzen.<br />
Aber auch die Nachfrage nach Integrationsplätzen und Plätzen in Krippenund<br />
Hortgruppen steigt. Die Gemeinde Wardenburg passt ihr Angebot an Betreuungsmöglichkeiten<br />
laufend der Nachfrage an, so dass in den letzen Jahren z.B. die Kindergartenplätze<br />
in einigen Einrichtungen durch die Schaffung von Integrationsgruppen reduziert<br />
wurden (Wardenburg und Achternmeer). Außerdem sind zahlreiche Hort- und einige<br />
Krippenplätze geschaffen worden.<br />
Für die 401 gemeldeten Kinder unter drei Jahren stehen bisher 15 Plätze in einer Krippengruppen<br />
im Kindergarten Wardenburg zur Verfügung. Allgemeine Erfahrungen und<br />
die Aussagen der Gemeinde Wardenburg zeigen jedoch, dass eine Betreuung unter Dreijähriger<br />
immer gefragter wird, in den meisten Gemeinden jedoch ein Unterangebot an<br />
Betreuungsmöglichkeiten besteht. Auch in Wardenburg liegt die Betreuungsquote der<br />
Kleinkinder bei nur etwa 4%. Entsprechend den Vorgaben aus dem Tagesbetreuungsausbaugesetz<br />
(TAG; Vorgabe: ‚bedarfsgerechtes’ Angebot bis 2010) und den jüngsten<br />
bundes- und landespolitischen Beschlüssen, wonach bis 2013 für 35 % aller Kinder unter<br />
drei Jahren Betreuungsplätze (in Betreuungseinrichtungen oder durch Tagesmütter) zur<br />
Verfügung stehen sollen und ab 2013 sogar ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz<br />
besteht, existieren auch in der Gemeinde Wardenburg noch Anpassungsbedarfe. In einigen<br />
Ortsteilen ist jedoch die Einrichtung einer (weiteren) Krippengruppe bereits geplant<br />
(Tungeln und Wardenburg).<br />
Seit etwa zwei Jahren geht der Bedarf an Kindergartenplätzen zurück, da sich die Geburtenzahlen<br />
seit etwa dem Jahr 2002 auf einem niedrigeren Niveau (im Vergleich zu den<br />
hohen Geburtenzahlen der 1990er Jahre) befinden. Zusätzlich ist in den letzten Jahren<br />
auch der Einfluss des Zuzugs von Kindern auf die Auslastung der Kindertagesstätten<br />
immer geringer geworden. Die aktuellen Kindergarten-Jahrgänge lassen sich näherungsweise<br />
über die Geburtsjahrgänge 2002 – 2004 erfassen. In diesem Zeitraum sind in<br />
Wardenburg 417 Kinder geboren worden. Im Vergleich zu den stärksten Geburtsjahrgängen<br />
in den vergangenen 20 Jahren (503; 1996 - 1998) entspricht dies jedoch bereits einem<br />
Rückgang um etwa 17%. Gerade die nachrückenden potenziellen Elternjahrgänge 7<br />
fallen in Wardenburg außerordentlich schwach aus und dürften mit für die vergleichsweise<br />
niedrigen Geburtenzahlen seit dem Jahr 2002 verantwortlich sein.<br />
Die zukünftig sinkenden Kinderzahlen plant die Gemeinde Wardenburg durch Qualitätsverbesserungen<br />
in der Betreuung auszugleichen (z.B. Schaffung von weiteren Hort- und<br />
Krippenplätzen). Die Kinderbetreuung spielt bei der Gemeindeentwicklung eine große<br />
Rolle, da der Wohnort immer häufiger nach vorhandenen Möglichkeiten der Betreuung<br />
ausgewählt wird – nicht zuletzt aufgrund der zunehmenden Berufstätigkeit beider Elternteile.<br />
Die Prognosen der Gemeinde für die nächsten drei Kindergartenjahre sowie die<br />
Entwicklung der vergangenen zwei Jahre zeigen, dass der Bedarf nach Kindergartenplätzen<br />
langsam abnehmen wird. Dabei dürften alle Einrichtungen von den Rückgängen<br />
betroffen sein; besonders aber Littel und Tungeln (vgl. Abb. 27).<br />
Gerade die Einrichtungen in den kleineren Ortsteilen besitzen eine wesentliche<br />
Bedeutung für deren künftige Entwicklung, da ein vorhandenes Betreuungsangebot<br />
die Attraktivität des Ortsteiles für Familien steigert.<br />
7<br />
Etwa 50 % aller Kinder sind in Niedersachsen im Jahr 2006 von Frauen im Alter von 26 bis 33 Jahren geboren<br />
worden (Quelle: NLS 2006, Natürliche Bevölkerungsbewegung).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 26
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
2005/2006 2006/2007 2007/2008 2008/2009 2009/2010 2010/2011<br />
66<br />
58<br />
50<br />
42<br />
34<br />
34<br />
162<br />
140<br />
132<br />
120 119 119 121 119<br />
120<br />
100<br />
109<br />
104<br />
215<br />
206<br />
200<br />
Littel Achternmeer Tungeln Wardenburg<br />
187<br />
180<br />
172<br />
Abb. 27: Entwicklung und Prognose des Platzbedarfs 8 in den einzelnen<br />
Einrichtungen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten der Gemeinde Wardenburg)<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen<br />
Die Gemeinde Wardenburg verfügt über vier Grundschulen sowie eine Haupt- und Realschule<br />
(Everkampschule). Die Grundschulstandorte verteilen sich auf die Ortsteile Wardenburg,<br />
Achternmeer, Höven/Westerburg (Hohenfelde) und Hundsmühlen.<br />
Grundschulen<br />
Ein Blick auf die Entwicklung der Grundschülerzahlen seit 1995 zeigt, dass die Auslastung<br />
der Grundschulen von 1995 bis etwa zur Jahrtausendwende besonders hoch war. In<br />
diese Zeit fiel auch das Hoch der Bevölkerungsentwicklung durch besonders viele Zuzüge<br />
– vorrangig von <strong>Oldenburg</strong>er Familien. Nach einem Rückgang der Schülerzahlen kurz<br />
nach der Jahrtausendwende, stiegen die Zahlen zwar im Jahr 2004 noch einmal an, sind<br />
seitdem aber wieder rückläufig.<br />
8 Der Bedarf wird von der Gemeinde nach der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es berechnet<br />
(vgl. Fußnote 6). Ab 2007/2008 wurde bei der Bedarfsberechnung wegen Einführung des beitragsfreien Kindergartenjahres<br />
bei den 5-6-Jährigen der Prozentsatz auf 100% geändert.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 27
840<br />
820<br />
800<br />
780<br />
760<br />
740<br />
720<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 28: Entwicklung der Anzahl an Grundschülern 1995-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Das ausgeprägte Wachstum der Anzahl an Grundschülern in der Gemeinde Wardenburg<br />
geht seit etwa der Jahrtausendwende zurück. Ausschlaggebend sind geringere<br />
Familien-Zuzüge und abnehmende Geburtenzahlen.<br />
Der Rückgang der Schülerzahl an den Grundschulen dürfte sich aller Voraussicht nach<br />
weiter fortsetzen. Darauf deuten die aktuellen Meldeamtsdaten und die Geburtenentwicklungen<br />
hin. Die geburtenstärksten Jahrgänge bis zum Jahr 2002 (seitdem befinden sich<br />
die Geburtenzahlen auf niedrigerem Niveau) wachsen bis etwa 2012 aus dem Grundschulalter<br />
heraus. Rückläufige Schülerzahlen dürften zudem aus den nachlassenden<br />
Zuzügen junger Familien resultieren. Auch die Modellrechnungen der Gemeindeverwaltung<br />
deuten auf eine deutliche Abnahme der zukünftigen Einschulungen hin. Die einzelnen<br />
Standorte dürften jedoch in unterschiedlichem Ausmaß vom Rückgang der Kinderzahlen<br />
betroffen sein (vgl. Abb. 29).<br />
Die Verringerung der Geburtsjahrgangsstärken und somit der Rückgang der Einschulungen<br />
9 insgesamt fällt besonders deutlich auf. Waren es 2004 noch 215 Einschulungen, so<br />
könnte die Anzahl der Erstklässler 2013 nach der Prognose nur noch bei 120 liegen, was<br />
einen Rückgang von 44% bedeuten würde. Die stärksten Rückgänge erfährt nach der<br />
Auswertung der Geburtsjahrgangsstärken die Grundschule Achternmeer (Rückgang der<br />
Einschulungen um 62%). Aber auch die Standorte Wardenburg (-51%) und Hohenfelde<br />
(-43%) dürften relativ stark von den abnehmenden Geburtenzahlen betroffen sein. Die<br />
Geburtenjahrgangsstärken im Einzugsbereich der Grundschule Hundsmühlen gehen laut<br />
der Prognosen bis zum Jahr 2013 zwar lediglich um etwa 6% zurück, sind jedoch deutlichen<br />
Schwankungen unterlegen (z.B. Rückgang 2004-2012: -51%).<br />
9 Berücksichtigt sind hier nur die Geburtsjahrgangsstärken. Zu den tatsächlichen Einschulungszahlen kommen/<br />
kamen noch die Anzahl der zugezogenen Kinder hinzu. Die Familienwanderungen dürften jedoch zukünftig<br />
immer weniger Einfluss auf die Zahl der Grundschüler haben.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 28
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
2003 (1996/1997)<br />
2004 (1997/1998)<br />
2005 (1998/1999)<br />
GS Hohenfelde GS Wardenburg GS Achternmeer GS Hundsmühlen<br />
2006 (1999/2000)<br />
2007 (2000/2001)<br />
2008 (2001/2002)<br />
2009 (2002/2003)<br />
2010 (2003/2004)<br />
2011 (2004/2005)<br />
2012 (2005/2006)<br />
2013 (2006/2007)<br />
Abb. 29: Entwicklung der Geburtsjahrgangsstärken nach Grundschulstandorten<br />
2003-2013<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Gemeinde Wardenburg)<br />
Eine exakte Prognose der Entwicklung ist jedoch schwierig. Zum einen lässt sich das<br />
künftige Fertilitätsverhalten – auch wegen der sich ändernden politischen Rahmenbedingungen<br />
– schwer einschätzen. Zum anderen sind auch die künftigen Wanderungsverflechtungen<br />
sowie die Wirkung künftiger Neubaugebiete schwer zu prognostizieren. Die<br />
Vermarktung der bestehenden Neubaugebiete erfolgt jedoch nicht mehr so schnell wie<br />
noch in der jüngsten Vergangenheit. Anpassungen an die zukünftig vermutlich deutlich<br />
sinkenden Schülerzahlen müssen somit höchstwahrscheinlich an allen Standorten erfolgen<br />
(z.B über die Klassenzahl oder die Veränderung der Einzuggebiete sowie über eine<br />
qualitative Erweiterung des Angebotes).<br />
Möglichkeiten die Auslastungsrückgänge der Grundschulen sinnvoll zu nutzen<br />
liegen beispielsweise auch in qualitativen Angebotserweiterungen (z.B. Projekte,<br />
Hortbetreuung, etc.) oder Kooperationen mit anderen kinderaffinen oder sozialen<br />
Einrichtungen und Anbietern.<br />
Haupt- und Realschule (Everkampschule)<br />
Von demografisch bedingten Auslastungsrückgängen wird die Everkampschule vermutlich<br />
erst mit dem entsprechenden zeitlichen Verzug betroffen sein; zunächst macht sich<br />
der Rückgang der Kinderzahlen in der Auslastung der Kindertagesstätten und Grundschulen<br />
bemerkbar. Somit profitiert die weiterführende Schule noch von den geburtenstarken<br />
Jahrgängen vor der Jahrtausendwende.<br />
Bei der Everkampschule dürften die Schülerzahlen aufgrund des Geburtenrückgangs<br />
erst mittel- bis langfristig sinken. Größeren Einfluss auf die Schülerzahl hatte<br />
in jüngster Vergangenheit die Abschaffung der Orientierungsstufe und die „freie<br />
Schulwahl“.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 29
Die Entwicklung der Schülerzahlen an der Everkampschule insgesamt zeigt, dass nach<br />
einem deutlichen Anstieg der Schülerzahl seit Mitte der 1990er Jahre (von 1995 bis 2002<br />
um 34%) (vgl. Abb. 30), seit dem Jahr 2002 ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen ist.<br />
Da jedoch bis zum Jahr 2002 noch vergleichsweise hohe jährliche Geburtenzahlen in<br />
Wardenburg erreicht wurden, dürfte sich der Einfluss der negativen natürlichen Bevölkerungsentwicklung<br />
erst mittel- bis langfristig auf die Schülerzahl der Everkampschule auswirken.<br />
1000<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 30: Entwicklung der Schülerzahl an den weiterführenden Schulen insgesamt<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Datenbasis Niedersächsisches Landesamt für Statistik<br />
[NLS]; Allgemein bildende Schulen)<br />
Auffallend ist jedoch das aktuell immer stärkere Auseinanderlaufen der Schulzweige und<br />
der enorme Bedeutungsgewinn des Gymnasiums nach Einführung der „freien Schulwahl“<br />
und Abschaffung der Orientierungsstufe. Diese Veränderungen haben sich deutlich auf<br />
die Schülerzahl der Everkampschule ausgewirkt. Seit Mitte der 1990er und bis zum Jahr<br />
2003 (und somit bis zur Abschaffung der Orientierungsstufe) ist vor allem die Realschule<br />
deutlich gewachsen. Nach Abschaffung der Orientierungsstufe änderte sich das Bild<br />
grundlegend: Die Schülerzahl an der Hauptschule hat seit 2004 um fast 10% abgenommen;<br />
an der Realschule um etwa 4% (vgl. Abb. 31).<br />
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Hauptschule Realschule<br />
1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 31: Entwicklung der Schülerzahlen an den weiterführenden Schulen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten der Gemeinde Wardenburg)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 30
Wie sich die Schülerzahlen in Zukunft auf die einzelnen Schulen verteilen werden, ist<br />
aufgrund der schwer vorhersehbaren Entwicklung der Kinderzahl und des Einflusses der<br />
Elternentscheidungen nicht ohne weiteres präzise einzuschätzen. Bei den derzeitig absehbaren<br />
Veränderungen der gesellschaftlichen und demografischen Rahmenbedingungen<br />
kann man jedoch vermutlich von einem weiteren Bedeutungsverlust der Hauptschule<br />
ausgehen. Diese Entwicklung ist in ganz Niedersachsen zu beobachten.<br />
Ein großer Vorteil der Everkampschule liegt darin, dass sich beide Schulformen bspw.<br />
das Gebäude teilen und bezüglich des Lehrpersonals kooperieren. Dies bedeutet gerade<br />
auch im Hinblick auf die rückläufigen Schülerzahlen, dass Auslastungsrückgänge besser<br />
aufgefangen und sinnvolle Synergieeffekte genutzt werden können.<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur<br />
Die Zahl der Senioren ab 60 Jahren ist in der Gemeinde Wardenburg zwischen 1990 und<br />
2006 deutlich angestiegen. Dabei haben die Anteile dieser Altersgruppe jedoch in den<br />
Ortsteilen unterschiedlich stark zugenommen. Eine Ausnahme stellt der Ortsteil Wardenburg<br />
III dar; hier hat der Anteil der Senioren an der Gesamtbevölkerung zwischen 1990<br />
und 2006 abgenommen. Besonders stark angestiegenen sind die Anteile der über 60-<br />
Jährigen in den Ortsteilen Wardenburg I und Tungeln (vgl. Abb.32). Von Bedeutung ist in<br />
diesem Zusammenhang auch die Tatsache, dass die ehemaligen Suburbanisierer (damals<br />
meist zwischen 30 und 40 Jahre alt) gemeinsam ins Seniorenalter eintreten werden.<br />
Aus diesem Grund dürfte das Durchschnittsalter der Ortsteile mit den meisten Zuzügen<br />
aus dem Oberzentrum auch in Zukunft verstärkt ansteigen.<br />
Steigende Anteile der Senioren an der Gesamtbevölkerung Wardenburgs lassen<br />
die Anforderungen an eine altengerechte Infrastruktur steigen.<br />
Wardenburg III<br />
Wardenburg II<br />
Wardenburg I<br />
Tungeln<br />
Hundsmühlen I<br />
Achternmeer<br />
14,0%<br />
14,0%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 31<br />
14,6%<br />
0% 5% 10% 15% 20% 25% 30%<br />
Abb. 32: Anteil der Altersgruppe 60+ in den Ortsteilen 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Gemeinde Wardenburg)<br />
15,1%<br />
15,5%<br />
16,6%<br />
18,1%<br />
21,1%<br />
20,3%<br />
21,6%<br />
23,3%<br />
2006<br />
1990<br />
26,4%
Die Gemeinde Wardenburg verfügt über zwei Altenpflegeheime. Mit 25 Pflegeheim-<br />
Plätzen pro 1000 ab 60-Jährigen liegt die Gemeinde damit im Vergleich mit den übrigen<br />
Mitgliedsgemeinden des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> unter dem Durchschnitt von etwa 40<br />
Plätzen (vgl. Abb. 33).<br />
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
79<br />
70<br />
49<br />
39<br />
25 24<br />
18 17<br />
SG Harpstedt Wildeshausen Ganderkesee Hatten Wardenburg Hude Dötlingen Großenkneten<br />
Abb. 33: Anzahl der Plätze in Altenwohn- und Pflegeheimen<br />
pro 1000 ab 60-Jährige 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen auf Basis von Daten des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>, 2007)<br />
Nicht mitberücksichtigt bei dieser Auflistung wurden die vorhandenen Altenwohnungen<br />
sowie Plätze im Betreuten Wohnen. In diesem Bereich wurden das Angebot der Gemeinde<br />
Wardenburg in den letzten Jahren erweitert. So ist beispielsweise am Marktplatz in<br />
Wardenburg eine Anlage mit 20 Mietwohnungen mit Serviceleistungen entstanden (Quelle:<br />
Konzept zur weiteren Entwicklung der Seniorenarbeit; Gemeinde Wardenburg).<br />
Abb. 34: Wohnpark Wardenburg mit Seniorenwohnanlage „Am Markt“<br />
(Quelle: AWO Arbeiterwohlfahrt Bezirksverband Weser-Ems e.V.)<br />
Viele ältere und alte Menschen wohnen allein oder zu zweit in ihren Eigenheimen.<br />
Einer effizienten Versorgung dieser Menschen kommt vor diesem Hintergrund eine<br />
besondere Bedeutung zu.<br />
Viele ältere Menschen bleiben auch nach dem Auszug ihrer Kinder noch im Familieneigenheim<br />
wohnen. Mit zunehmendem Alter benötigen sie die verschiedensten Hilfsleistungen.<br />
Von der Unterstützung bei der Gartenarbeit und im Haushalt über Informationen<br />
zum barrierefreien Umbau bis hin zu Pflegeleistungen. Es wird zukünftig darauf ankom-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 32
men, eine zentrale Anlaufstelle für Senioren zu schaffen, die eine Übersicht über vorhandene<br />
Angebote gibt und eine Kooperation zwischen den Anbietern ermöglicht. Durch ein<br />
derartiges Netzwerk können auf der einen Seite Synergieeffekte genutzt werden. Auf der<br />
anderen Seite erleichtert es Senioren selbstbestimmt und möglichst lange in ihrem Eigenheim<br />
wohnen zu bleiben.<br />
Vor dem beschrieben Hintergrund der gesellschaftlichen Entwicklung kommt auch der<br />
Nachbarschaftshilfe oder einem adäquaten Ersatz eine immer größere Bedeutung zu.<br />
Hierauf hat die Gemeinde Wardenburg beispielsweise durch die Förderung so genannter<br />
“Seniorenbegleiter“ bereits reagiert. Durchgeführt wird die Qualifizierungsmaßnahme<br />
durch die Ländliche Erwachsenen Bildung und den Landfrauenverband Hannover; die<br />
Gemeinde Wardenburg übernimmt die Kursgebühr, wenn die Absolventen ein Jahr lang<br />
ehrenamtlich tätig sind.<br />
Die alternativen Wohnangebote für ältere Menschen werden in Wardenburg gut<br />
angenommen. Weitere Wohnangebote für die Zielgruppe 50+ könnten die Attraktivität<br />
für den Wohnstandort erhöhen.<br />
Besonders das Gemeindezentrum Wardenburg bietet eine umfassend ausgebaute Infrastruktur<br />
sowohl im Bereich der Versorgung als auch im Bereich des ÖPNV. Somit ist es<br />
der Ortsteil mit den günstigsten Bedingungen als Wohnstandort für ältere Menschen.<br />
Bereits heute werden die vorhandenen Altenwohnungen und das Betreute Wohnen gut<br />
nachgefragt. Es ist daher davon auszugehen, dass die Nachfrage, aufgrund der zunehmenden<br />
Zahl älterer Menschen, künftig ansteigen wird. Für die Altersgruppe 50+ kommen<br />
derartige Wohnformen jedoch meist noch nicht in Frage; diese Zielgruppe interessiert<br />
sich vielmehr für einfach zu pflegende Wohnformen ohne zusätzliche Betreuungsangebote.<br />
Neben der Ortschaft Wardenburg dürften auch Tungeln und Hundsmühlen<br />
aufgrund ihrer Nähe zu <strong>Oldenburg</strong> das Potenzial besitzen, den Bedürfnissen der älteren<br />
Generation gerecht zu werden.<br />
Die steigende Zahl älterer Menschen birgt großes Potenzial bei der Förderung und<br />
beim Ausbau des Ehrenamtes.<br />
Wie die übrigen Mitgliedsgemeinden des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> verfügt auch Wardenburg<br />
über einen Seniorenbeirat, dessen Vertreter sich ehrenamtlich und in Zusammenarbeit<br />
mit der Verwaltung den unterschiedlichsten Belangen älterer Menschen annehmen.<br />
Der Beirat sieht sich vorwiegend als Forum für den Austausch unterschiedlicher Seniorenclubs<br />
an. Er organisiert aber auch „Seniorentage“, gemeinsame Fahrten oder Vorträge<br />
zu für Senioren relevanten Themen. Diese Vernetzungsarbeit und die Unterstützung<br />
der Vereine ist wichtig, um auch zukünftig ehrenamtliche Tätigkeiten zu fördern und das<br />
Ehrenamt für mehr Menschen interessant zu machen. Eine zentrale Anlaufstelle könnte<br />
zudem ehrenamtliche Betätigungsmöglichkeiten aufzeigen; Beispiele wären Besuchsdienste<br />
oder generationenübergreifende Aktivitäten wie Hausaufgabenbetreuung durch<br />
Senioren oder ein sog. „Leih-Oma/Opa-Service“. Mit dem geplanten Seniorenservicebüro<br />
ist seitens der Gemeinde Wardenburg bereits ein Schritt in die richtige Richtung unternommen<br />
worden. Aber auch der Freizeitgestaltung älterer und alter Menschen wird eine<br />
immer größere Bedeutung zukommen, um bspw. einer Isolation vorzubeugen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 33
6 Gesamtfazit<br />
Wardenburg ist eine Stadtrandgemeinde in unmittelbarer Nähe zur prosperierenden<br />
Kernstadt <strong>Oldenburg</strong>. Die Entwicklung der Gemeinde ist seit über 35 Jahren von Einwohnerwachstum<br />
durch Geburtenüberschüsse und Wanderungsgewinne gegenüber <strong>Oldenburg</strong><br />
geprägt. Die Analyse demografischer Aspekte hat gezeigt, dass dieser Wachstumspfad<br />
in jüngster Zeit zum Stillstand gekommen ist, weil die Geburtenüberschüsse durch<br />
Sterbeüberschüsse abgelöst wurden und der Wanderungsgewinn nur noch gering ausfiel.<br />
Die Ursachen dieses Strukturbruchs und die allgemeinen Rahmenbedingungen lassen<br />
darauf schließen, dass sich die Entwicklung der jüngeren Vergangenheit im Sinne<br />
einer Stagnation bis hin zu einem leichten Rückgang der Einwohnzahl bei starken Alterungstendenzen<br />
in Zukunft fortsetzen wird. Die Abnahme der Zuzüge sowie die Zunahme<br />
älterer Menschen und der Rückgang von Kindern haben schon heute spürbare Auswirkungen<br />
auf den Wohnungs- und Immobilienmarkt sowie die kinder- und seniorenbezogene<br />
soziale Infrastruktur.<br />
Diese Ausgangslage war im Herbst 2007 der Auslöser für den Start des Beteiligungsprozesses<br />
„Vision 2025 – die Gemeinde Wardenburg gestaltet den Wandel!“. Bürgerinnen<br />
und Bürger der Gemeinde Wardenburg haben zwischen November 2007 und Februar<br />
2008 in drei Arbeitsgruppen in jeweils drei Treffen Leuchtturmprojekte erarbeitet, die eine<br />
erste Antwort der Gemeinde auf die veränderten Entwicklungstendenzen darstellen. Es<br />
handelt sich dabei um konkrete Projektvorschläge im Kontext des Wohnungs- und Immobilienmarktes,<br />
der sozialen Infrastruktur und der Wirtschaftsförderung. Der Gemeinderat<br />
hat sich im April 2008 mit diesen Vorschlägen befasst und deren Umsetzung unterstützt.<br />
Die Gemeinde Wardenburg begegnet somit mit hohem Engagement den Herausforderungen<br />
des demografischen Wandels!<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Gemeinde Wardenburg’ 34
Fallstudie<br />
„DEMOGRAFISCHER WANDEL IN DER<br />
STADT WILDESHAUSEN“<br />
Endfassung<br />
Verfasser:<br />
FORUM GmbH, <strong>Oldenburg</strong><br />
Juli 2008
Gliederung<br />
1 Konzeption der Fallstudie ......................................................................................... 3<br />
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland................................................................. 4<br />
3 Die Stadt Wildeshausen im Überblick ..................................................................... 7<br />
4 Ausgangslage............................................................................................................. 8<br />
4.1 Bevölkerungsentwicklung......................................................................................... 8<br />
4.2 Altersstruktur der Stadt Wildeshausen................................................................... 11<br />
4.3 Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen............................................ 13<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Stadt Wildeshausen.......................................... 22<br />
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im demografischen Wandel<br />
................................................................................................................................... 25<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt........................................................................... 25<br />
5.2 Soziale Infrastruktur ............................................................................................... 29<br />
5.2.1 Kinderbetreuung.............................................................................................. 29<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen............................................................................ 33<br />
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur...................................................................... 37<br />
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen ................................................................. 40<br />
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung.................................................. 41<br />
6.2 Verbesserung der Informationsgrundlagen............................................................ 41<br />
6.3 Handlungsoptionen für Zielgruppen ....................................................................... 42<br />
6.4 Siedlungsentwicklung............................................................................................. 45<br />
6.5 Anpassung sozialer Infrastruktur............................................................................ 46
1 Konzeption der Fallstudie<br />
Die Fallstudie „<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Stadt Wildeshausen“ ist Teil eines Auftrages<br />
des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> an die FORUM GmbH unter dem Titel „Masterplan Demografie<br />
für den <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong>“.<br />
Die Fallstudie ist in sechs Kapitel gegliedert. Zunächst beschäftigt sich das zweite Kapitel<br />
als thematischer Einstieg und zur Erleichterung der weiteren Einordnung mit dem demografischen<br />
Wandel in Deutschland. Nach der Darstellung der räumlichen Strukturen der<br />
Stadt (Kap. 3) wird in Kapitel 4 auf die demografische Ausgangslage eingegangen, bevor<br />
Kapitel 5 die Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen thematisiert. Anschließend<br />
werden „Gute Ansätze“ herausgearbeitet sowie Handlungsoptionen in Bezug auf<br />
Wohnungsmarkt, Baulandentwicklung und soziale Infrastrukturplanung skizziert (Kapitel<br />
6). Um angesichts der Fülle des zugrunde liegenden Daten- und Informationsmaterials<br />
eine möglichst übersichtliche und anschauliche Darstellung zu erreichen, werden die<br />
wichtigsten Informationen zur besseren Lesbarkeit zu prägnanten Aussagen verdichtet<br />
und mit Grafiken hinterlegt.<br />
In die <strong>Fallstudien</strong> für die Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> sind neben ausführlichen<br />
Auftakt- und Koordinationsgesprächen mit Vertretern der kreisangehörigen Kommunen<br />
(„BürgermeisterInnengespräche“) und Auswertungen umfangreichen Datenmaterials<br />
(speziell Niedersächsisches Landesamt für Statistik sowie Daten des kommunalen<br />
Meldeamts) auch Gespräche mit Experten aus der Region eingeflossen, u.a. mit Vertretern<br />
der Bereiche Immobilien-/Wohnungsmarkt, Senioren (z.B. Seniorenbeiräte), Familie<br />
und Jugend.<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Stadt Wildeshausen’ 3
2 <strong>Demografischer</strong> Wandel in Deutschland<br />
Die demografische Struktur Deutschlands und seiner Teilräume war auch in der Geschichte<br />
niemals über längere Zeiträume konstant. Seit jeher haben sich markante historische<br />
Einschnitte wie Seuchen, Kriege oder aber soziale bzw. wirtschaftliche Innovationen<br />
auch in der Entwicklung und Zusammensetzung der Bevölkerung niedergeschlagen.<br />
Charakteristisch ist in den westlichen Staaten der starke Anstieg der Bevölkerungszahlen<br />
speziell seit der Industrialisierung im 19. Jahrhundert, der in Deutschland bis in die<br />
1970er Jahre angehalten hat. Eine anhaltend hohe Geburtenrate bei langsam sinkender<br />
Sterberate war verantwortlich für diese Entwicklung. Vor etwa 35 Jahren jedoch hat sich<br />
das Verhältnis schlagartig umgekehrt und in Deutschland konnte sich eine zuvor ungekannte<br />
Entwicklung verfestigen: Im Gefolge der unter der Bezeichnung ‚Pillenknick’ subsumierten<br />
Umwälzungen ist die Geburtenrate innerhalb weniger Jahre signifikant um<br />
mehr als ein Drittel deutlich unter das sog. Bestandserhaltungsniveau gesunken und<br />
seither stabil geblieben. In der Konsequenz bedeutet dies, dass jede Elterngeneration im<br />
Vergleich zur vorherigen seither um ein Drittel abnimmt, sofern keine Zuwanderungsgewinne<br />
erfolgen! (vgl. Abb. 2 und 3)<br />
Die nachstehenden Grafiken bilden die Altersstruktur Deutschlands im Abstand von jeweils<br />
30 Jahren ab, zeigen also etwa drei Generationenschritte auf1. Besonders gut ist<br />
das ‚Durchwachsen’ der geburtenstarken 1960er-Jahrgänge zu erkennen, die vor allem<br />
dem Immobilienmarkt im Umland der Ballungsräume in den vergangenen Jahren spürbaren<br />
Auftrieb verschafft haben.<br />
Abb. 1: Altersaufbau der deutschen Bevölkerung 1975, 2005 und 2035 (Vorausberechnung)<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt 2006)<br />
Bereits seit Anfang der 1970er Jahre verzeichnet Deutschland einen negativen natürlichen<br />
Saldo mit weniger Geburten als Sterbefällen und ist daher auf internationale Zuwanderung<br />
angewiesen, um einen Bevölkerungsrückgang zu vermeiden (vgl. Abb. 2 und<br />
3).<br />
1 Zahlen für 2035: auf Basis der 11. koordinierten Bevölkerungsvorausberechnung des Statistischen<br />
Bundesamtes, [Variante 1: positiver internationaler Wanderungssaldo von 100.000 Personen],<br />
2006<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 4
1600000<br />
1400000<br />
1200000<br />
1000000<br />
800000<br />
600000<br />
400000<br />
200000<br />
0<br />
-200000<br />
-400000<br />
1946<br />
1948<br />
1950<br />
1952<br />
1954<br />
1956<br />
1964: 1357304<br />
Baby-Boomer<br />
der 1960er<br />
Echo in den<br />
1990ern<br />
1958<br />
1960<br />
1962<br />
1964<br />
1966<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
2006:<br />
672724<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 2: Natürliche Bevölkerungsentwicklung in Deutschland 1946 – 2006<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Bedeutsam vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklungen der vergangenen<br />
fünfzehn Jahre ist die Feststellung, dass zwei Prozesse den Blick auf den sich längst<br />
vollziehenden demografischen Wandel verstellt haben:<br />
► In den 1990er-Jahren befand sich die o.g. ‚Babyboomer’-Generation in der Familiengründungsphase,<br />
mit der Folge, dass die Geburtenzahlen leicht anstiegen<br />
und sich kurzfristig Geburten und Sterbefälle in Deutschland sogar wieder im<br />
Gleichgewicht befanden (vgl. Abb. 2).<br />
► Bedingt durch den Zusammenbruch des Ostblocks und die Bürgerkriege in Südosteuropa<br />
realisierte Deutschland außerordentlich hohe internationale Wanderungsgewinne,<br />
die das Geburtendefizit weit überstiegen haben (vgl. Abb. 3).<br />
1.800.000<br />
1.600.000<br />
1.400.000<br />
1.200.000<br />
1.000.000<br />
800.000<br />
600.000<br />
400.000<br />
200.000<br />
0<br />
-200.000<br />
-400.000<br />
1974 1976 1978 1980 1982 1984 1986 1988 1990 1992 1994 1996 1998 2000 2002 2004<br />
Abb. 3: Entwicklung der Außenwanderungen Deutschlands<br />
(Quelle: Statistisches Bundesamt, eigene Darstellung)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 5<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
Saldo
Nachdem bereits die 1980er Jahre durch Stagnation und Alterung gekennzeichnet waren<br />
ist demnach die deutsche Bevölkerung in den 1990er Jahren und bis über die Jahrtausendwende<br />
hinaus durch singuläre Impulse nochmals stark gewachsen; gleichzeitig stiegen<br />
auch die Geburtenzahlen spürbar an. Aufgrund der zuletzt stark rückläufigen Zuwanderungen<br />
aus dem Ausland und der ebenfalls wieder deutlich sinkenden Geburtenzahlen<br />
wird jedoch in den meisten deutschen Regionen klar erkennbar, dass die vergangenen<br />
fünfzehn Jahre lediglich eine kurze ‚Atempause’ im demografischen Wandel bedeutet<br />
haben und nun wieder in stetig steigendem Maße mit ‚Unterjüngung’ und absolutem Einwohnerrückgang<br />
gerechnet werden muss.<br />
Zusammengefasst schlägt sich der demografische Wandel in folgenden Tendenzen nieder:<br />
► Bevölkerungsrückgang: etwa seit der Jahrtausendwende reicht die stagnierende<br />
internationale Zuwanderung nach Deutschland nicht mehr aus, um die wachsende<br />
Lücke zwischen Geburten und Sterbefällen auszufüllen. Es ist anzunehmen,<br />
dass 2002 ein historisches Bevölkerungsmaximum erreicht wurde.<br />
► Alterung: Der Anteil der älteren und hochbetagten Menschen an der Gesamtbevölkerung<br />
nimmt kontinuierlich zu und wird erst nach 2050 seinen Höhepunkt erreichen.<br />
Der Anteil der Kinder nimmt sukzessive ab.<br />
► Internationalisierung: Der Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund steigt<br />
aufgrund der wachsenden Bedeutung der Zuwanderung für die Bevölkerungsentwicklung.<br />
► Veränderte Haushaltsstrukturen: Der bis in die 1970er Jahre hinein klassische<br />
Familienhaushalt mit vier bis fünf Personen verliert immer mehr an Bedeutung,<br />
während die 1- und 2-Personen-Haushalte sowohl prozentual wie auch absolut<br />
zunehmen.<br />
Diese übergeordneten Tendenzen schlagen sich auch im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> nieder. Je<br />
kleinräumiger der betrachtete Raum ist, desto stärker wirken sich jedoch zusätzlich spezielle<br />
Sonderentwicklungen wie beispielsweise Baulandausweisungen, Unternehmensansiedlungen<br />
bzw. -aufgaben usw. aus. Durch das Fortschreiben bisheriger Trends können<br />
diese Entwicklungen im kommunalen Maßstab daher nur sehr bedingt erfasst und<br />
vorhergesehen werden. Diese Fallstudie hat das Ziel, die Entscheidungsträger der Stadt<br />
dabei zu unterstützen, entsprechende Trends in wesentlichen Feldern kommunalen Handelns<br />
frühzeitig zu erkennen und die bisherigen Entwicklungsstrategien kritisch auf ihre<br />
Zukunftsfähigkeit zu überprüfen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 6
3 Die Stadt Wildeshausen im Überblick<br />
Die südöstlich des Oberzentrums <strong>Oldenburg</strong> gelegene Stadt Wildeshausen ist die Kreisstadt<br />
des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>. Den Siedlungskern bildet das Stadtgebiet Wildeshausen<br />
- hier wohnen 93% der Bewohner des Mittelzentrums. Zur Kreisstadt gehören 17<br />
Landgemeinden, die das Stadtgebiet umgeben. Diese umfassen zwar den größten Teil<br />
der Gesamtfläche, jedoch sind sie überwiegend durch kleinere Siedlungen oder Hofstellen<br />
geprägt. Die gesamte Infrastruktur und das Versorgungsangebot konzentrieren sich<br />
daher auf das Stadtgebiet.<br />
Naturräumlich liegt Wildeshausen inmitten des Naturparks Wildeshauser Geest und die<br />
Landschaft ist durch Wiesen, Flussauen, Wald und Heide bestimmt. Trotz der Funktion<br />
als Mittelzentrum und Kreisstadt besitzt die Stadt Wildeshausen somit eine nicht unwesentliche<br />
ländliche Prägung, was insbesondere im Hinblick auf die Bevölkerungsstrukturen<br />
und -entwicklungen von Belang ist.<br />
Landgemeinden<br />
7%<br />
Stadtgebiete<br />
93%<br />
Kleinenkneten<br />
13,1%<br />
Holzhausen<br />
11,2%<br />
Fallstudie '<strong>Demografischer</strong> Wandel in der Stadt Wildeshausen’ 7<br />
Lüerte<br />
12,1%<br />
Düngstrup<br />
13,9%<br />
Bühren<br />
3,8%<br />
Hanstedt<br />
4,0%<br />
Lohmühle<br />
4,2%<br />
Landgemeinden unter 50<br />
Einwohner<br />
11,1%<br />
Hesterhöge<br />
4,5%<br />
Thölstedt<br />
5,5%<br />
Bargloy<br />
7,4%<br />
Aumühle<br />
9,1%<br />
Abb. 4: Verteilung der Einwohner der Stadt Wildeshausen auf die Gesamtstadt<br />
und innerhalb der Landgemeinden<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten Stadt Wildeshausen, Stand. 30.10.12007)<br />
Durch die Anbindung an das deutsche Fernstraßennetz (B213 Bremen – Nordhorn, A 1<br />
Hamburg – Dortmund mit den Anschlussstellen Wildeshausen-Nord und -West) und die<br />
Anbindung an die NWB-Strecke Bremen – Osnabrück (Bahnhof Wildeshausen) verfügt<br />
die Stadt Wildeshausen über einen guten Zugang zur regionalen und überregionalen<br />
Verkehrsinfrastruktur.
4 Ausgangslage<br />
4.1 Bevölkerungsentwicklung<br />
Die Einwohnerzahl Wildeshausens ist seit den 1960er Jahren gewachsen. Am dynamischsten<br />
entwickelte sich die Bevölkerung jedoch in den 1990er Jahren. Ausschlaggebend<br />
waren überwiegend ausgeprägte Wanderungsgewinne.<br />
Wildeshausen ist in den zurückliegenden 40 Jahren fast durchgehend gewachsen. Zwischen<br />
dem Ende der 1960er und dem Anfang der 1980er Jahre stieg die Einwohnerzahl<br />
bereits um annähernd 1.300 Personen auf knapp 13.400. Ab etwa 1989 ist die Bevölkerung<br />
dann besonders dynamisch gewachsen, so dass im Jahr 2006 mit etwa 18.600 Personen<br />
die höchste Einwohnerzahl im Beobachtungszeitraum erreicht werden konnte.<br />
Zwischen 1986 und 2006 hat sich die Zahl der Einwohner in der Stadt Wildeshausen<br />
somit um fast 57% erhöht.<br />
20.000<br />
19.000<br />
18.000<br />
17.000<br />
16.000<br />
15.000<br />
14.000<br />
13.000<br />
12.000<br />
11.000<br />
10.000<br />
9.000<br />
8.000<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
Abb. 5: Einwohnerentwicklung der Stadt Wildeshausen 1968 - 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Der Anstieg der Bevölkerungszahlen kam überwiegend durch Jahr für Jahr erzielte Wanderungsgewinne<br />
zustande. In den 1990er Jahren verzeichnete die Kreisstadt aber auch<br />
eine positive natürliche Bevölkerungsentwicklung, d.h. die Geburten überstiegen die Sterbefälle.<br />
Der natürliche Saldo hat sich in den letzten Jahren jedoch verschlechtert. Die<br />
jährliche Zahl der Geburten lag meist nur noch knapp über der Zahl der Sterbefälle. Während<br />
die Sterbefälle sehr leicht anstiegen, stagnierten die jährlichen Geburten zuletzt<br />
nahezu um etwa 180 (vgl. Abb. 6).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 8<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
1968<br />
Geborene<br />
Gestorbene<br />
Saldo<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 9<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 6: Natürliche Bevölkerungsentwicklung der Stadt Wildeshausen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Aufgrund der hohen Wanderungsgewinne der letzten Jahrzehnte haben sich die natürlichen<br />
Salden zumeist nur unwesentlich auf die absolute Bevölkerungsentwicklung der<br />
Kreisstadt ausgewirkt. Ein Beispiel: In den Jahren 1992 bis 1996, der Phase der höchsten<br />
Geburtenüberschüsse der letzten 30 Jahre, betrug der positive Saldo „lediglich“ 187<br />
Personen, während der Wanderungsgewinn mit über 1.400 Personen etwa das Achtfache<br />
betrug. Die Fortzüge aus der Kreisstadt nehmen jedoch seit etwa der Jahrtausendwende<br />
deutlich zu, so dass der Wanderungssaldo bei nahezu gleich bleibender Zahl der<br />
Zuzüge minimal abgeschwächt wird (vgl. Abb. 7).<br />
2.000<br />
1.800<br />
1.600<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
-200<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1968<br />
1970<br />
1972<br />
1974<br />
1976<br />
1978<br />
1980<br />
1982<br />
1984<br />
1986<br />
1988<br />
1990<br />
1992<br />
1994<br />
1996<br />
1998<br />
2000<br />
2002<br />
2004<br />
2006<br />
Abb. 7: Wanderungsgeschehen der Stadt Wildeshausen seit 1968<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Wird die Betrachtungsebene auf die Landgemeinden und das Stadtgebiet gelenkt, so<br />
fallen deutliche Unterschiede bei der Bevölkerungsentwicklung auf, die nicht zuletzt die<br />
strukturellen Unterschiede der Teilräume widerspiegeln. Betrachtet man den Zeitraum<br />
von 1990 bis 2006 mit der dynamischsten Entwicklung der Gesamtbevölkerung, so fällt
auf, dass sich die Einwohnerzahlen der Landgemeinden wesentlich weniger positiv entwickelt<br />
haben als die des Stadtgebietes (vgl. Abb. 8).<br />
140<br />
135<br />
130<br />
125<br />
120<br />
115<br />
110<br />
105<br />
100<br />
95<br />
90<br />
Stadtgebiet Landgemeinden Wildeshausen Gesamt<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 8: Bevölkerungsentwicklung des Stadtgebietes und der Landgemeinden<br />
1990 – 2007<br />
(Index: 1990 = 100, Quelle: Eigene Berechnungen, Daten der Stadt Wildeshausen)<br />
Bei noch kleinräumigerer Betrachtung - auf der Ebene der Landgemeinden - sind wiederum<br />
deutliche Unterschiede zu erkennen (vgl. Abb. 9). Besonders positive Entwicklungen<br />
zeigen die Landgemeinden Düngstrup, Aumühle und Kleinenkneten 2 . Jedoch wohnen<br />
auch in diesen Landgemeinden nicht mehr als 200 Einwohner, so dass deutlich wird,<br />
dass die Entwicklung der Gesamtstadt hauptsächlich durch das Stadtgebiet Wildeshausen<br />
geprägt und beeinflusst wird. Im Folgenden wird daher die Altersstruktur für die gesamte<br />
Kreisstadt untersucht, ohne Differenzierungen zwischen Stadtgebiet und Landgemeinden<br />
vorzunehmen.<br />
2 Auf eine Darstellung der Bevölkerungsentwicklung der Landgemeinden mit weniger als 100 Einwohner<br />
wurde verzichtet, da die Abweichungen in der Einwohnerzahl stets höchstens +/- 10 Personen<br />
betrugen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 10
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
Aumühle Düngstrup Kleinenkneten Holzhausen Lüerte<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 9: Bevölkerungsentwicklung der Landgemeinden über 100 Einwohner 3<br />
1990 – 2007<br />
(Index: 1990 = 100, Quelle: Eigene Berechnungen, Daten der Stadt Wildeshausen)<br />
4.2 Altersstruktur der Stadt Wildeshausen<br />
Deutliche relative wie absolute Zunahmen sind seit 1990 besonders bei den ab 40-<br />
Jährigen, aber auch bei den jungen Menschen zwischen 10 und 19 Jahren festzustellen.<br />
Die Gruppe der jungen Erwachsenen (20 bis 29 Jahre) ist hingegen relativ<br />
und absolut geschrumpft.<br />
Der altersstrukturelle Aufbau der Bevölkerung und die zu erwartenden Entwicklungen der<br />
Altersstruktur stellen wesentliche Einflussgrößen im Hinblick auf die Betroffenheit einer<br />
Kommune vom demografischen Wandel dar. Daher sollen im Folgenden die Altersstrukturen<br />
der Kreisstadt näher betrachtet werden. Um den Einfluss der Wanderungsverflechtungen<br />
der vergangenen Jahre zu beleuchten, werden neben den aktuellen Strukturen<br />
auch die Veränderungen seit 1990 dargestellt.<br />
Neben der Zahl der Jugendlichen ist in Wildeshausen auch die Zahl der Kinder bis 10<br />
Jahre sowohl absolut als auch relativ gewachsen, so dass sich die Basis der Bevölkerungspyramide<br />
sogar verbreitert hat. Gleichzeitig haben aber auch - dem allgemeinen<br />
Trend folgend - die Anteile der Altersgruppen ab 40 Jahre zugenommen. Besonders auffallend<br />
ist dies bei den 40-49-Jährigen: ihre absolute Zahl hat sich um etwa 76% und ihr<br />
Anteil an der Gesamtbevölkerung um 4%-Punkte erhöht. Nicht ganz so ausgeprägt, aber<br />
dennoch überdurchschnittlich, haben auch die Bevölkerungsgruppen der älteren und<br />
alten Menschen zahlen- und anteilsmäßig zugenommen. Die in den 1990ern am stärksten<br />
vertretende Altersgruppe der (potenziellen) Familiengründer im Alter von 20 – 29-<br />
Jahren ist als einzige geschrumpft; sowohl ihre absolute Zahl (um 14%) als auch ihr Anteil<br />
an der Gesamtbevölkerung Wildeshausens (um -6%-Punkte).<br />
3 ohne Spasche<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 11
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
0-9 Jahre<br />
-2.000 -1.500 -1.000 -500 0 500 1.000 1.500 2.000<br />
-1.500 -1.200 -900 -600 -300 0 300 600 900 1.200 1.500<br />
Abb. 10: Altersstruktur der Stadt Wildeshausen 2006 und 1990<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
2006<br />
1990<br />
19,1%<br />
21,8%<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 12<br />
70+ Jahre<br />
60-69 Jahre<br />
50-59 Jahre<br />
40-49 Jahre<br />
30-39 Jahre<br />
20-29 Jahre<br />
10-19 Jahre<br />
17% 18% 19% 20% 21% 22% 23%<br />
Abb. 11: Anteil der über 60-Jährigen in der Stadt Wildeshausen 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Die Zunahme des Anteils der älteren und alten Menschen an der Gesamtbevölkerung<br />
zeigt ebenfalls deutlich, dass der demografische Wandel auch in Wildeshausen bereits<br />
fortgeschritten ist. Auch wenn aktuell noch eine verhältnismäßig große Anzahl an Kindern<br />
in der Kreisstadt vorhanden ist, dürfte zukünftig mit einer deutlichen Abnahme der Kinderzahl<br />
zu rechnen sein, denn die letzte Babyboomgeneration der heute etwa 40-<br />
Jährigen verlässt derzeit recht abrupt die besonders aktive Phase im Hinblick auf Geburten<br />
und Wohneigentumsbildung.<br />
0-9 Jahre
4.3 Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen<br />
Die herausragende Bedeutung des Wanderungsgeschehens für die Bevölkerungsentwicklung<br />
Wildeshausens wurde bereits mehrfach thematisiert. Die grundlegende Analyse<br />
der Strukturen und Entwicklungen der Wanderungsverflechtungen ist speziell für die Abschätzung<br />
der künftigen demografischen Perspektiven notwendig. Daher werden im Folgenden<br />
differenzierte Auswertungen der Meldeamtsdaten der Stadt sowie von Daten der<br />
amtlichen Landesstatistik vorgenommen.<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
Abb. 12: Wanderungssaldo insgesamt der Stadt Wildeshausen von 1989-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Im Zeitraum von 1989 bis 2006 gab es in der Stadt Wildeshausen zwei Phasen mit<br />
besonders großen Wanderungsgewinnen: 1989-1995 und 1999-2006.<br />
Ein Blick auf die Verteilung der Herkunft der nach Wildeshausen Zugezogenen im Zeitraum<br />
von 1989 bis 2006 zeigt, dass sich diese leicht geändert hat (vgl. Abb. 13). In den<br />
Zeiträumen 1989 bis 1995 und 1999 bis 2006 war der Wanderungssaldo im Beobachtungszeitraum<br />
besonders hoch (vgl. Abb. 12). Im ersten Zeitraum überwogen die überregionale<br />
Zuzüge leicht: etwas mehr als die Hälfte der Neubürger kamen aus dem Ausland<br />
oder aus anderen Bundesländern Deutschlands. Beim aktuelleren Zeitraum von 1999 bis<br />
2006 fällt besonders die starke Zunahme der Wanderungsgewinne aus dem <strong>Landkreis</strong><br />
<strong>Oldenburg</strong> auf. Während sich die anderen Anteile jeweils nur wenig verändert haben, hat<br />
sich der Anteil von Wanderungsgewinnen aus dem <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> verdoppelt:<br />
etwa ein Drittel aller Wanderungsgewinne zwischen 1999 und 2006 stammt aus dem<br />
<strong>Landkreis</strong>. Etwas mehr als 27% der Zuzüge aus anderen <strong>Landkreis</strong>en stammen zudem<br />
aus der kreisfreien Stadt Delmenhorst. Dennoch ist das Wanderungsgeschehen der<br />
Kreisstadt nicht in dem Maße von regionalen Bewegungen geprägt wie in den übrigen<br />
Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>. Ursache hierfür dürfte u.a. die höhere Arbeitsplatzzentralität<br />
Wildeshausens sein, so dass Menschen aus den verschiedensten Altersklassen<br />
auch aus anderen Regionen in die Stadt ziehen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 13<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006
aus dem <strong>Landkreis</strong> OL 15%<br />
aus anderen <strong>Landkreis</strong>en<br />
32%<br />
aus dem Ausland<br />
21%<br />
aus anderen Bundesländern<br />
32%<br />
aus dem <strong>Landkreis</strong> OL 29%<br />
aus anderen <strong>Landkreis</strong>en<br />
26%<br />
aus dem Ausland<br />
15%<br />
aus anderen Bundesländern<br />
30%<br />
Abb. 13: Herkunft der Zugezogenen in den Zeiträumen 1989-1995<br />
und 1999-2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts für<br />
Statistik [NLS], Wanderungsstatistik)<br />
Der Wanderungsgewinn aus dem <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong> hat sich in jüngster Vergangenheit<br />
(Zeitraum 1999-2006) im Vergleich zum Zeitraum 1989-1995 verdoppelt.<br />
Im Folgenden werden die regionalen Wanderungen näher analysiert, denn sie haben sich<br />
in jüngster Vergangenheit am deutlichsten (zum Positiven) verändert.<br />
Bei der Zusammenstellung der Zu- und Fortzüge der Jahre 1989 bis 2006 nimmt die<br />
Gemeinde Dötlingen eine bedeutende Rolle ein. Der (positive) Wanderungssaldo fällt<br />
allerdings mit der SG Harpstedt, Großenkneten, Delmenhorst und Bremen z.T. deutlich<br />
höher aus, d.h. die hohen Zuzüge aus Dötlingen werden durch annähernd ebenso hohe<br />
Fortzüge wieder ausgeglichen. Bemerkenswert ist auch die Wanderungsverflechtung mit<br />
der Stadt <strong>Oldenburg</strong>, welche die einzige Kommune in der Region ist, mit der Wildeshausen<br />
eine negative Wanderungsbilanz aufweist.<br />
1.800<br />
1.600<br />
1.400<br />
1.200<br />
1.000<br />
800<br />
600<br />
400<br />
200<br />
0<br />
-200<br />
-400<br />
179<br />
502<br />
247 235<br />
Dötlingen SG Harpstedt Großenkneten Bremen <strong>Oldenburg</strong><br />
(Oldb)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 14<br />
-121<br />
255<br />
139<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
171<br />
Delmenhorst Visbeck Ganderkesee<br />
Abb. 14: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen)
Dass sich die beschriebenen Verflechtungsmuster in den vergangenen Jahren nicht stabil<br />
und gleichmäßig entwickelt haben und sich daher nicht ohne weiteres in die Zukunft<br />
fortschreiben lassen wird deutlich, wenn die Zu- und Fortzüge mit den wichtigsten Kommunen<br />
im Zeitverlauf betrachtet werden.<br />
Die regionalen Wanderungsstrukturen der Stadt Wildeshausen befinden sich offenbar<br />
im Umbruch, denn die Wanderungsgewinne aus wichtigen Zuzugsorten<br />
nehmen einerseits z.T. ab, andererseits können aus anderen Orten vermehrt Einwohner<br />
gewonnen werden.<br />
Dötlingen<br />
Die Wanderungsverflechtung zwischen Wildeshausen und der Gemeinde Dötlingen<br />
zeichnet sich durch recht ausgeglichene Bilanzen im Beobachtungszeitraum aus. Der<br />
Wanderungsgewinn bzw. -verlust lag stets zwischen einem Wert von +60 und -20. Die<br />
Wanderungsintensität insgesamt hat sich jedoch leicht abgeschwächt.<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 15: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen mit der Gemeinde<br />
Dötlingen 1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen eigene Berechnungen)<br />
SG Harpstedt<br />
Steigende Fortzüge aus der Kreisstadt in die SG Harpstedt haben den Wanderungssaldo<br />
Mitte der 1990er Jahre stark geschmälert. Die Zunahme der Zuzüge seit<br />
der Jahrtausendwende führte jedoch erneut zu wachsenden Wanderungsgewinnen.<br />
Die Wanderungsverflechtung mit der SG Harpstedt hat sich hingegen in den letzten Jahren<br />
positiv entwickelt. Der Wanderungsgewinn hat aufgrund steigender Zuzugszahlen<br />
zugenommen. Jedoch sind auch die Fortzüge in die Samtgemeinde leicht angestiegen,<br />
so dass ähnlich hohe Wanderungsgewinne wie Anfang der 1990er Jahre nicht wieder<br />
erreicht werden konnten.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 15
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 16: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen mit der<br />
SG Harpstedt 1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen, eigene Berechnungen)<br />
Bremen<br />
Die kontinuierlich steigenden Fortzüge aus der Kreisstadt in die Stadt Bremen führten<br />
in jüngster Vergangenheit erstmalig zu einem Wanderungsverlust an das Oberzentrum.<br />
Die lange Zeit auf relativ hohem Niveau stagnierende Zahl der Zuzüge aus Bremen geht<br />
nach einem kurzzeitigen Anstieg Anfang des neuen Jahrtausends zurück. Aufgrund<br />
zugleich leicht ansteigender Fortzüge hat sich die Wanderungsbilanz mit der Stadt Bremen<br />
in den vergangenen Jahren immer weiter verschlechtert und ist im Jahr 2006 erstmals<br />
negativ ausgefallen. Aufgrund der nahezu kontinuierlichen Tendenz der ansteigenden<br />
Fortzüge, muss davon ausgegangen werden, dass es sich hier nicht nur um einen<br />
einmaligen „Ausreißer“ handelt, sondern eine strukturelle Veränderung darstellt.<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
Zuzüge<br />
Fortzüge<br />
Saldo<br />
-50<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 17: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen mit der Stadt Bremen<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen eigene Berechnungen)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 16
<strong>Oldenburg</strong><br />
Die seit einigen Jahren ansteigenden Zuzüge aus der Stadt <strong>Oldenburg</strong> und die<br />
ebenfalls leicht sinkenden Fortzüge haben zu einer deutlichen Verkleinerung des<br />
Wanderungsverlustes geführt.<br />
Der Wanderungsverlust an die Stadt <strong>Oldenburg</strong> ist erheblich zurückgegangen. Die Zuzüge<br />
aus dem Oberzentrum steigen seit einigen Jahren nahezu kontinuierlich an und die<br />
Fortzüge gehen nach einem Hoch zur Jahrtausendwende leicht zurück. Zwar ist der<br />
Wanderungssaldo weiterhin leicht negativ, jedoch mit steigender Tendenz. Die Höhe des<br />
eventuell zukünftig möglichen Wanderungsgewinns hängt im Wesentlichen von der Entwicklung<br />
der Zuzüge ab, da die Fortzüge in den letzten etwa sieben Jahren eine weniger<br />
dynamische Entwicklung gezeigt haben.<br />
200<br />
150<br />
100<br />
50<br />
0<br />
-50<br />
-100<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 18: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen mit der<br />
Stadt <strong>Oldenburg</strong> 1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen eigene Berechnungen)<br />
Delmenhorst<br />
Die Zuzüge aus Delmenhorst in die Kreisstadt gehen deutlich zurück, so dass trotz<br />
ebenfalls leicht rückläufiger Fortzüge der Wanderungsgewinn erheblich schrumpft.<br />
Bei der Wanderungsverflechtung mit der Stadt Delmenhorst fällt besonders der Rückgang<br />
der Zuzüge ins Auge. Hier ist deutlich erkennbar, dass es sich bei dem Hoch der<br />
Zuzüge in den 1990er Jahren um eine vermutlich einmalige Ausnahme gehandelt hat.<br />
Die Wanderungsintensität erreichte in jüngster Vergangenheit wieder das Niveau der<br />
1980er Jahre, da auch die Fortzüge nach einem – wenn auch weniger stark ausgeprägten<br />
– Hoch in den 1990er Jahren zurückgehen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 17
180<br />
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Zuzüge Fortzüge Saldo<br />
1989-1991 1992-1994 1995-1997 1998-2000 2001-2003 2004-2006<br />
Abb. 19: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen mit der Stadt Delmenhorst<br />
1989 - 2006<br />
(Quelle: Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen, eigene Berechnungen)<br />
Weitergehende Hinweise auf Wanderungstendenzen, .-motive und -perspektiven liefern<br />
die altersbezogenen Auswertungen der vorliegenden Daten. Hierzu werden die altersspezifischen<br />
Wanderungsbeziehungen mit Dötlingen, der SG Harpstedt, Bremen, <strong>Oldenburg</strong><br />
und Delmenhorst in zwei 3-Jahres-Zeiträumen betrachtet. Im ersten Zeitraum 1998<br />
– 2000 konnte die Kreisstadt noch deutliche Wanderungsgewinne aus Delmenhorst, Dötlingen<br />
und Bremen verbuchen und hat in vergleichbarem Unfang Einwohner an <strong>Oldenburg</strong><br />
verloren. Im Zeitraum 2004 bis 2006 sind auf der einen Seite die Wanderungsgewinne<br />
aus den genannten Kommunen zurückgegangen. Auf der anderen Seite fiel aber<br />
auch der Verlust von Einwohnern an <strong>Oldenburg</strong> nicht mehr so hoch aus. Zudem ist der<br />
Wanderungsgewinn aus der SG Harpstedt angestiegen.<br />
Dötlingen<br />
Im Zeitraum von 2004-2006 zogen mehr Familien von Wildeshausen nach Dötlingen<br />
als umgekehrt . Gleichzeitig nahmen die Fortzüge junger Erwachsener jedoch ab.<br />
Die Betrachtung der altersspezifischen Wanderungsverflechtungen mit Dötlingen zeigt<br />
zwei wesentliche Unterschiede zwischen den gewählten Zeiträumen: Der einstige Wanderungsgewinn<br />
in den Familienaltersklassen (30-49 Jahre und 0-17 Jahre) hat sich in<br />
einen minimalen Verlust umgekehrt. Bezüglich der jungen Erwachsenen hat sich die<br />
Wanderungsverflechtung jedoch für Wildeshausen positiv entwickelt: die Fortzüge der<br />
20-29-Jährigen in die Gemeinde Dötlingen sind zurückgegangen, so dass ein leichter<br />
Wanderungsgewinn in dieser Altergruppe besteht.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 18
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
1<br />
1<br />
8<br />
8<br />
12<br />
11<br />
11<br />
15<br />
12<br />
18<br />
21<br />
25<br />
55<br />
63<br />
74<br />
77<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 19<br />
82<br />
85<br />
86<br />
83<br />
86<br />
0 20 40 60 80 100 120 140<br />
90<br />
98<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 20: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen<br />
mit der Gemeinde Dötlingen nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen)<br />
SG Harpstedt<br />
Zuzüge und Fortzüge von Familien aus der / in die SG Harpstedt haben in jüngster<br />
Vergangenheit zugenommen. Da die Zuzüge stärker angestiegen sind, konnte das<br />
Wanderungsplus vergrößert werden.<br />
Die Wanderungsintensität zwischen Wildeshausen und der SG Harpstedt hat insgesamt<br />
in allen Altergruppen zugenommen. Dies hat bezüglich der Familienaltersgruppen zu<br />
einer Erhöhung des Wanderungsgewinns geführt. Jedoch zogen im zweiten Beobachtungszeitraum<br />
(2004-2006) weniger junge Erwachsene aus der Samtgemeinde in die<br />
Kreisstadt, so dass der Wanderungsgewinn in dieser Altersgruppe verhaltener ausfiel.<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
0<br />
6<br />
2<br />
3<br />
5<br />
3<br />
3<br />
4<br />
7<br />
8<br />
11<br />
17<br />
33<br />
35<br />
41<br />
44<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />
45<br />
49<br />
61<br />
66<br />
68<br />
115<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 21: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen<br />
mit der Samtgemeinde Harpstedt nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen)<br />
78<br />
78<br />
83
Bremen<br />
Die Fortzüge junger Erwachsener aus Wildeshausen in das Oberzentrum Bremen<br />
haben deutlich zugenommen und den Wanderungsverlust in dieser Altersklasse<br />
vergrößert.<br />
Der Wanderungsverlust an die Stadt Bremen besteht fast ausschließlich in der Altersgruppe<br />
der jungen Erwachsenen. Dieser hat sich jedoch zwischen den beiden Zeiträumen<br />
noch vergrößert. Der Wanderungsgewinn von Familien ist gleichzeitig deutlich zusammengeschmolzen.<br />
Ebenso waren im Zeitraum von 2004-2006 die Zahlen der fortziehenden<br />
älteren und alten Menschen gleich groß oder größer als die der Zuziehenden, so<br />
dass das einstige Wanderungsplus in den Altersklassen ab 50 Jahren nicht aufrecht erhalten<br />
werden konnte.<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
2<br />
5<br />
5<br />
9<br />
10<br />
11<br />
11<br />
11<br />
11<br />
15<br />
13<br />
16<br />
16<br />
18<br />
18<br />
24<br />
35<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />
45<br />
48<br />
49<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 20<br />
54<br />
55<br />
58<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 22: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen<br />
mit der Stadt Bremen nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen)<br />
<strong>Oldenburg</strong><br />
Junge Erwachsenen und Familien zogen in jüngster Vergangenheit häufiger aus<br />
dem Oberzentrum <strong>Oldenburg</strong> nach Wildeshausen. Die Wanderungsbilanz in den<br />
Familienaltersgruppen wurde aus diesem Grund ins Positive gekehrt und der Wanderungsverlust<br />
der 20-29-Jährigen geschmälert.<br />
Im Zeitraum von 1998-2000 hat Wildeshausen noch in allen Altersklassen Einwohner an<br />
die Stadt <strong>Oldenburg</strong> verloren. Bezüglich der Familien hat sich der Verlust aufgrund steigender<br />
Zuzüge und sinkender Fortzüge in einen Wanderungsgewinn umgekehrt. Und<br />
auch die negative Wanderungsbilanz bei den jungen Erwachsenen verkleinerte sich, da<br />
die Zuzüge leicht angestiegen sind. Diese Entwicklung verläuft eigentlich eher entgegen<br />
dem allgemeinen Trend. In den meisten Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es und auch anderer<br />
Stadtregionen, ziehen die jungen Erwachsenen vermehrt aus der Region in die (Nähe<br />
der) Arbeitsplatzzentren – also die Großstädte und Obertzentren.<br />
77
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
0<br />
1<br />
3<br />
3<br />
3<br />
4<br />
7<br />
6<br />
10<br />
12<br />
10<br />
10<br />
17<br />
17<br />
22<br />
35<br />
48<br />
42<br />
45<br />
44<br />
0 10 20 30 40 50 60 70 80 90<br />
51<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 21<br />
59<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 23: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen<br />
mit der Stadt <strong>Oldenburg</strong> nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen)<br />
Delmenhorst<br />
Das Wanderungsplus in den Familienaltersgruppen ist aufgrund rückläufiger Zuzugszahlen<br />
um fast ein Viertel geschrumpft. Gleichzeitig bestehen in jüngster Vergangenheit<br />
Wanderungsverluste bei den jungen Erwachsenen.<br />
Der Rückgang der Zuzüge von Familien aus der Stadt Delmenhorst ist bei der Betrachtung<br />
der beiden Zeiträume besonders auffällig. Aber auch die Fortzüge in den entsprechenden<br />
Altersklassen sind zurückgegangen, so dass die Wanderungsbilanz insgesamt<br />
noch leicht positiv ist. Auffallend ist zudem die Tatsache, dass im Zeitraum von 2004-<br />
2006 die Zuzüge der so genannten „Best Ager“ (50-59 Jahre) deutlich zurückgegangen<br />
sind. Bezüglich der 20-29-Jährigen hat sich das vormals leichte Wanderungsplus in ein<br />
Wanderungsverlust umgekehrt.<br />
80-100<br />
60-79<br />
50-59<br />
30-49<br />
18-29<br />
0-17<br />
0<br />
2<br />
2<br />
4<br />
4<br />
5<br />
5<br />
9<br />
9<br />
11<br />
11<br />
14<br />
16<br />
16<br />
18<br />
21<br />
26<br />
30<br />
30<br />
30<br />
0 10 20 30 40 50 60 70<br />
36<br />
36<br />
43<br />
76<br />
78<br />
Zuzüge 2004-2006<br />
Fortzüge 2004-2006<br />
Zuzüge 1998-2000<br />
Fortzüge 1998-2000<br />
Abb. 24: Wanderungsverflechtungen der Stadt Wildeshausen<br />
mit der Stadt Delmenhorst nach Altersgruppen<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen, Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen)<br />
60
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass sich nach der Jahrtausendwende bei einigen<br />
Wanderungsverflechtungen ein Strukturbruch ergeben hat, der dem allgemeinen<br />
Trend folgt. Hierzu zählen besonders die Verflechtungen Wildeshausens mit Delmenhorst<br />
und Bremen. Die positiven Wanderungsbilanzen mit den beiden Städten sind erheblich<br />
zusammengeschmolzen: die Zuzüge der Familien gehen zurück und die Fortzüge junger<br />
Erwachsener steigen an. Die steigenden Wanderungsgewinne aus der Samtgemeinde<br />
Harpstedt zeigen zudem, dass die Bereitschaft zum Wohnen in äußerst ländlich geprägten<br />
Kommunen weiter zurückgeht und eine Orientierung hin zu den infrastrukturell besser<br />
ausgestatteten Kommunen erfolgt. Auch hier folgt die Entwicklung dem allgemeinen<br />
Trend. Eher ungewöhnlich ist die Tatsache, dass vermehrt Bewohner der Stadt <strong>Oldenburg</strong><br />
in die Kreisstadt ziehen.<br />
4.4 Demografische Perspektiven der Stadt Wildeshausen<br />
Wie lassen sich die beschriebenen Prozesse und Strukturen bei den demografischen<br />
Prozessen der Stadt Wildeshausen im Hinblick auf die künftig zu erwartenden Entwicklungen<br />
interpretieren?<br />
An dieser Stelle wird bewusst auf den (alleinigen) Verweis auf existierende Prognosen<br />
verzichtet, denn die jüngsten Entwicklungstendenzen zeigen sehr deutlich die Grenzen<br />
und Unsicherheiten prognostischer Modelle auf, wenn sie in einer sehr kleinräumigen<br />
Auflösung angewendet werden. Speziell Veränderungen bei den Wanderungsverflechtungen<br />
sind aufgrund ihrer äußerst vielschichtigen und komplexen Ursachen und Wirkungszusammenhänge<br />
kaum zu operationalisieren. Dies betrifft im Besonderen die zukünftige<br />
Entwicklung der überregionalen Zuzüge nach Wildeshausen zu. Beim regionalen<br />
Wanderungsgeschehen – welches zuletzt einen größer werdenden Stellenwert beim<br />
Wanderungsgeschehen der Kreisstadt eingenommen hat – können hingegen durchaus<br />
einige qualitative Trends am Beispiel der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> im Nordwesten<br />
beschrieben werden: 4<br />
• Orientierung der Familien auf gut ausgestattete Standorte, z.B. Stadtrandlagen,<br />
• zunehmender Fortzug/Rückzug der jungen Erwachsenen in die (Nähe der) Arbeitsplatzzentren<br />
und<br />
• Tendenzen bei den Senioren zum Umzug in zentrale Ortslagen.<br />
Das Wachstum der Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong> ist nach 20 Jahren zum Stillstand<br />
gekommen. Gleichzeitig existiert ein ausreichendes Angebot an günstigen<br />
Immobilien und Baugrundstücken in allen Lagequalitäten.<br />
Mit der Abschaffung der Eigenheimzulage, der Kürzung der Entfernungspauschale und<br />
dem Konjunktureinbruch nach der Jahrtausendwende sind wesentliche Faktoren, die den<br />
Immobilienmarkt v.a. im Bereich des Einfamilienhausbaus in den letzten Jahren positiv<br />
beeinflusst haben, fortgefallen. Zudem haben sich die Impulse der Wohnungs- und Immobilienmärkte<br />
deutlich verändert. In den 1990er Jahren konnte die Nachfrage vor allem<br />
nach Wohnungen wie auch nach Bauland in zentraleren Lagen kaum befriedigt werden:<br />
Einerseits drängten zehntausende Bürgerkriegsflüchtlinge und Aussiedler nach Deutsch-<br />
4<br />
Diese Darstellung ermöglicht auch eine regionale Einordnung der demografischen Prozesse der<br />
Kreisstadt.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 22
land, es befand sich aber auch die im Altersaufbau Deutschlands deutlich herausstechende<br />
letzte Babyboomer-Generation der in den 1960ern Gebürtigen in der Familiengründungsphase,<br />
wodurch die Nachfrage nach Einfamilienhäusern einen zusätzlichen<br />
Impuls erhielt.<br />
2,0<br />
1,5<br />
1,0<br />
0,5<br />
0,0<br />
-0,5<br />
-1,0<br />
1969<br />
1970<br />
1971<br />
1972<br />
1973<br />
1974<br />
1975<br />
1976<br />
1977<br />
1978<br />
1979<br />
1980<br />
1981<br />
1982<br />
1983<br />
1984<br />
1985<br />
1986<br />
1987<br />
1988<br />
1989<br />
1990<br />
1991<br />
1992<br />
1993<br />
1994<br />
1995<br />
1996<br />
1997<br />
1998<br />
1999<br />
2000<br />
2001<br />
2002<br />
2003<br />
2004<br />
2005<br />
2006<br />
Abb. 25: Bevölkerungsentwicklung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<strong>Oldenburg</strong><br />
im Nordwesten seit 1968 (jährliche %-Entwicklung)<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Ein Blick auf die gesamtregionale Entwicklung veranschaulicht die veränderten Rahmenbedingungen:<br />
Die Bevölkerung im Gebiet der heutigen Metropolregion Bremen-<br />
<strong>Oldenburg</strong> ist aus den genannten Gründen in den 1990ern dynamisch gewachsen – in<br />
Spitzen mit Raten von bis zu 1,4 % jährlich. Seit etwa zehn bis zwölf Jahren ist dieses<br />
Wachstum aber deutlich rückläufig, im Jahr 2006 sind die Einwohnerzahlen im Gebiet der<br />
heutigen Metropolregion sogar erstmals seit zwanzig Jahren wieder leicht zurückgegangen.<br />
Angesichts der bestehenden demografischen Strukturen und nur geringer Aussicht<br />
auf einen deutlich anziehenden Zuzug in die Region ist nicht zu erwarten, dass sich dieser<br />
Trend in absehbarer Zeit wieder verändern könnte. Zudem halten fast alle Kommunen<br />
(Städte wie Gemeinden) inzwischen ein respektables Wohnungs-, Immobilien- und<br />
Baulandangebot bereit.<br />
Wildeshausen muss u.a. aufgrund dieser Entwicklungen - von denen Umlandgemeinden<br />
(v.a. im engeren aber auch im weiteren Umland einer Großstadt) stärker betroffen sind<br />
als die Kreisstadt - im regionalen Vergleich zumindest nicht mit überdurchschnittlich problematischen<br />
Entwicklungen rechnen, vielmehr dürften sich die relevanten Prozesse des<br />
demografischen Wandels eher gebremst vollziehen:<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 23
Wanderungen:<br />
• Die Wanderungsgewinne aus den Städten Bremen und Delmenhorst dürften weiter<br />
schrumpfen, vor allem weil immer mehr junge Menschen die Stadt Wildeshausen verlassen.<br />
Gleichzeitig dürfte sich aber der Zuzug (v.a. von Familien) aus den stark ländlich<br />
geprägten Kommunen zunächst weiter positiv entwickeln.<br />
Bevölkerungsentwicklung:<br />
• Das dynamische Wachstum dürfte sich zukünftig abschwächen, da weder aus den<br />
Wanderungen noch über die natürliche Bevölkerungsentwicklung ausgeprägte Impulse<br />
zu erwarten sind, die denen der 1990er Jahre entsprechen.<br />
• Aufgrund der Infrastrukturausstattung besitzt der Siedlungskern des Stadtgebietes<br />
Wildeshausen Vorteile. Auch im Rahmen der Entwicklung neuer Wohnbauflächen<br />
dürfte sich die Nachfrage auf zentrale, und gut angebundene Ortslagen wie auch besonders<br />
attraktive Randlagen konzentrieren. Wobei der deutliche Rückgang der<br />
Wohnbauaktivität zu berücksichtigen ist.<br />
Altersstrukturen:<br />
• Aktuell ist die Altersstruktur Wildeshausens aufgrund der großen Anzahl an Kindern<br />
und Jugendlichen noch relativ ausgeglichen. Aufgrund des ausbleibenden Zuzugs<br />
junger Menschen und der rückläufigen Geburtenzahlen dürfte die Stadt jedoch voraussichtlich<br />
weiter „altern“.<br />
• Für ältere und alte Menschen, wird Wildeshausen vermutlich in Zukunft besondere<br />
Attraktivität besitzen und damit auch gute Entwicklungsperspektiven aufweisen, da im<br />
Mittelzentrum - im Vergleich zu den übrigen Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es - ein umfassenderes<br />
infrastrukturelles Angebot und eine gewisse Zentralität gegeben ist.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 24
5 Potenziale, Problemlagen und Herausforderungen im<br />
demografischen Wandel<br />
5.1 Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
Obgleich Kreisstadt und Mittelzentrum, besitzt Wildeshausen auch erhebliche Flächenanteile<br />
mit eher ländlicher Siedlungsstruktur. Die größten regionalen Wanderungsgewinne<br />
erzielte die Stadt aus den eher ländlich geprägten Kommunen Dötlingen, Großenkneten<br />
und SG Harpstedt. Die weitaus dominierende Hausform stellt auch in Wildeshausen das<br />
Einfamilienhaus dar (75%), immerhin 30% aller Wohnungen befinden sich aber in Mehrfamilienhäusern<br />
(Wohngebäude mit mehr als 2 Wohnungen). Zum Vergleich: In der<br />
Samtgemeinde Harpstedt liegt der Anteil bei lediglich 14%, Ganderkesee besitzt einen<br />
Anteil von 16%. Die durchschnittliche Haushaltsgröße Wildeshausens (2,4 Personen, vgl.<br />
Abb. 26) wird jedoch noch von zwei Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es unterschritten (Ganderkesee<br />
und Hude: 2,3); sie liegt aber auch deutlich unter den Werten von z.B. Großenkneten<br />
(2,6).<br />
3,2<br />
3,0<br />
2,8<br />
2,6<br />
2,4<br />
2,2<br />
2,0<br />
Ganderkesee Großenkneten SG Harpstedt Hatten<br />
Hude Wildeshausen Dötlingen Wardenburg<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 26: Durchschnittliche Haushaltsgröße (Einwohner je Wohnung) in den<br />
Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong><br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten des Niedersächsischen Landesamts für Statistik<br />
[NLS], Bevölkerungsfortschreibung; Wohnungs- und Gebäudefortschreibung)<br />
Die Grundstückspreise in Wildeshausen (Bodenrichtwert gute Lage: 100 EUR/m²; mittlere<br />
Lage: EUR 85/m²) lagen laut Grundstücksmarktbericht im Jahr 2007 auf einem überdurchschnittlichen<br />
Niveau im Vergleich mit anderen Standorten des <strong>Landkreis</strong>es. Höhere<br />
Werte sind in unmittelbarer Nähe zu Bremen und <strong>Oldenburg</strong> (Wardenburg, Ganderkesee,<br />
Hude und Hatten) anzutreffen; in den ländlichen Bereichen Großenkneten, Dötlingen und<br />
Samtgemeinde Harpstedt liegen die Bodenrichtwerte preislich etwa 20 bis 50% unter den<br />
mittlerer Lagen in der Kreisstadt.<br />
Die Auswertung der Baufertigstellungsstatistik (vgl. Abb. 27) belegt, dass die Neubautätigkeit<br />
in Wildeshausen nach dem Jahr 2000 deutlich zurückgegangen ist. Gegenüber<br />
dem Niveau in den späten 1990er Jahren lagen die Baufertigstellungen in den letzten<br />
Jahren etwa 30 – 40 % niedriger, mit rückläufiger Tendenz.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 25
160<br />
140<br />
120<br />
100<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
52<br />
1991<br />
15<br />
mit 1 und 2 Wohnungen<br />
mit 3 und mehr Wohnungen<br />
66<br />
1992<br />
32<br />
59<br />
1993<br />
8<br />
69<br />
1994<br />
25<br />
16<br />
1995<br />
7<br />
77<br />
1996<br />
15<br />
67<br />
1997<br />
7<br />
104<br />
1998<br />
140<br />
11 11<br />
1999<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 26<br />
100<br />
2000<br />
6<br />
61<br />
2001<br />
9<br />
83<br />
2002<br />
61<br />
2 2<br />
2003<br />
79<br />
2004<br />
62<br />
60<br />
0 1 2<br />
Abb. 27: Neue Wohngebäude in der Stadt Wildeshausen 1991 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung<br />
Der Zuwachs an Wohnfläche hat sich in Wildeshausen wie in den meisten anderen Kommunen<br />
des <strong>Landkreis</strong>es seit Mitte der 1990er Jahre deutlich von der Einwohnerentwicklung<br />
abgekoppelt (vgl. Abb. 28). Während die Einwohnerzahl seit 1995 „lediglich“ um<br />
15% angestiegen ist, hat sich die Wohnfläche im gleichen Zeitraum um etwa 22% erhöht.<br />
Die rechnerisch jedem Einwohner zur Verfügung stehende Wohnfläche ist binnen elf<br />
Jahren um 4,7m² auf 44,7m² gestiegen und liegt damit etwa beim Landeswert Niedersachsens.<br />
Die beschriebene Entwicklung ist vor allem als Indiz für die fortschreitende<br />
Beeinflussung des Wohnungsmarktes durch den demografischen Wandel zu werten,<br />
denn die sich öffnende Schere weist auf sinkende Haushaltsgrößen und altersstrukturelle<br />
Verschiebungen in der Wohnbevölkerung hin.<br />
Index: 1986 = 100<br />
170<br />
160<br />
150<br />
140<br />
130<br />
120<br />
110<br />
100<br />
90<br />
80<br />
Index Wohnfläche<br />
Index Einwohner<br />
Wohnfläche/Einwohner<br />
1986 1987 1988 1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006<br />
Abb. 28: Wohnflächenentwicklung in der Stadt Wildeshausen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS],Gebäude- und Wohnungsfortschreibung)<br />
Derzeit sind in der Kreisstadt noch in verschiedenen Gebieten Wohnbaugrundstücke<br />
verfügbar. Im nord-östlichen Stadtgebiet (B-Plan „Harpstedter Straße) erfolgt der Verkauf<br />
durch die Grundstücks- und Erschließungs-GmbH der Stadt Wildeshausen (GEG). Weitere<br />
unbebaute Grundstücke befinden sich im südlichen Stadtgebiet (B-Pläne „Lehmkuh-<br />
54,0<br />
52,0<br />
50,0<br />
48,0<br />
46,0<br />
44,0<br />
42,0<br />
40,0<br />
38,0<br />
36,0<br />
Wohnfläche/Einwohner [qm]<br />
2005<br />
2006
lenweg“, „Heideweg“ und „Dulshorn“). Ein Großteil dieser Grundstücke steht dem Markt<br />
nach Aussage der Verantwortlichen jedoch nicht zur Verfügung, da die Eigentümer irgendwann<br />
eine Eigennutzung planen, derzeit nicht verkaufen wollen oder noch nicht<br />
abschließend über eine weitere Verwendung entschieden haben.<br />
Abb. 29: Baugebiete „Zur Kuhtrade“ „Harpstedter Str.“ und „Am Reepmoor“<br />
(Fotos: FORUM GmbH, November 2007)<br />
Der Verkauf und die Entwicklung von Wohnbauflächen konzentriert sich in Wildeshausen<br />
aktuell jedoch weitestgehend auf die Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme (STEM) im<br />
süd-westlichen Stadtgebiet (B-Plan „Beim grauen Immenthun“). Die STEM umfasst ein<br />
Gebiet von etwa 40ha und wird in mehreren Bauabschnitten umgesetzt. Derzeit sind 43<br />
Baugrundstücke im Verkauf. Dabei sieht der B-Plan des ersten Bauabschnittes Grundstücksgrößen<br />
von mindestens 550m² (für Einzelhäuser) vor sowie ausschließlich eine<br />
Bebauung mit Einzel- und Doppelhäusern. Erst im zweiten Bauabschnitt sollen auch Geschosswohnungsbauten<br />
zugelassen werden. Nach Aussage eines Immobilienexperten ist<br />
der Verkauf von Baugrundstücken seit den Jahren 2006/2007 erheblich zurückgegangen.<br />
Der jährliche Verkauf befindet sich seitdem nur noch im einstelligen Bereich. Vor diesem<br />
Hintergrund ist der Umfang und die Ausrichtung (nur EFH und DHH) der STEM durchaus<br />
differenziert zu betrachten. Gerade bei der zunehmenden Veränderung der Haushaltsgrößen<br />
und Strukturen dürften auch neue (Nischen)Angebote auf dem Immobilienmarkt<br />
immer gefragter werden. Diese sind in der STEM jedoch nicht vorgesehen. Aufgrund der<br />
sinkenden Nachfrage und den veränderten Ansprüchen der Kunden wurde beispielsweise<br />
die Mindestgrundstücksgröße bereits verkleinert, da große Grundstücke derzeit kaum<br />
verkäuflich sind.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 27
Abb. 30: Städtebauliche Entwicklungsmaßnahme<br />
(Fotos: FORUM GmbH, November 2007 und GEG)<br />
Ein weiteres zukünftiges Projekt in Wildeshausen betrifft die Konversionsfläche im nördlichen<br />
Stadtgebiet. Hier soll durch einen privaten Investor ebenfalls Wohnnutzung entstehen<br />
– jedoch sollen hier nach Aussage örtlicher Immobilienexperten auch Nischenangebote<br />
entwickelt werden. Es wird des Weiteren davon ausgegangen, dass die Angebote<br />
so hochpreisig sein werden, dass sie nicht in Konkurrenz zur STEM stehen werden.<br />
Grundsätzlich ist eine Ausrichtung auf Nischenangebote in Wildeshausen vor dem Hintergrund<br />
des demografischen Wandels durchaus sinnvoll. Jedoch sollte die Planung<br />
zweier großer Wohnbauvorhaben vor dem Hintergrund der rückläufigen Nachfrage reflektiert<br />
werden. Es ist zudem zu erwarten, dass sich bedingt durch die höheren Bodenpreise<br />
in den zentralen Lagen, aber auch durch ungünstigere Finanzierungsmöglichkeiten sowie<br />
sich ändernde Nachfragerstrukturen der Trend zu kleinen bzw. Kleinstgrundstücken (teilweise<br />
unter 500m²) weiter fortsetzen wird, wie auch kleineren Häusern künftig Nachfragepotenzial<br />
zugebilligt wird. Bestandsimmobilien werden voraussichtlich durch das wachsende<br />
Angebot vor allem außerhalb integrierter Lagen künftig immer stärker unter Druck<br />
geraten, so dass viele Objekte ohne erhebliche preisliche Zugeständnisse schwer vermarktbar<br />
zu werden drohen.<br />
Die beschriebenen Ausgangsbedingungen auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt<br />
lassen im Hinblick auf die beschriebenen Prozesse des demografischen Wandels folgende<br />
Schlussfolgerungen für Wildeshausen zu:<br />
Die Nachfrage nach kostengünstigem Wohnraum aber auch nach alternativen<br />
Wohnformen wird voraussichtlich weiter wachsen.<br />
Verschiedenste Prozesse haben bereits in der Vergangenheit dazu geführt, dass den<br />
meisten Personengruppen immer weniger Geld zur Realisierung ihrer Wohnwünsche zur<br />
Verfügung steht. Beispielhaft sollen hier neben dem Problemfeld Langzeitarbeitslosigkeit<br />
auch die rückläufigen Nettoverdienste der Arbeitnehmer, sinkende Nettorenten wie auch<br />
der zunehmende Vorsorgebedarf der Bürger angesprochen werden. Aber auch der An-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 28
stieg der Zahl Alleinstehender im fortgeschrittenen Alter und der generelle Trend zu kleineren<br />
Haushalten führt zu steigenden Belastungen. Hinzu kommt die erschwerte Finanzierung<br />
von Wohneigentum durch den Abbau von Subventionen, strengere Auflagen der<br />
Banken und steigende Zinsen. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Trends in den<br />
kommenden Jahrzehnten noch weiter verstärken und die Nachfrage nach Wohnraum<br />
beeinflussen werden.<br />
Auf den Immobilien- und Wohnungsmärkten ist aus den genannten Gründen in den vergangenen<br />
Jahren eine Nachfrageverschiebung hin zu günstigen Immobilien und Wohnungen<br />
zu spüren, wenngleich zweifellos auch hochwertige Nischenprodukte nachgefragt<br />
werden. Die stetig zurückgehenden durchschnittlichen Grundstücksgrößen beim Neubau<br />
stehen zumindest teilweise mit den beschriebenen Prozessen im Zusammenhang.<br />
Von der Generation 50+ sind Impulse für den Wohnungs- und Immobilienmarkt zu<br />
erwarten. Durch ihre hervorragende Infrastrukturausstattung und Verkehrsanbindung<br />
dürfte die Stadt Wildeshausen gute Entwicklungsperspektiven besitzen.<br />
In den vergangenen Jahrzehnten hat Wildeshausen erhebliche Wanderungsgewinne mit<br />
nahezu allen umliegenden Kommunen sowie den Städten Bremen und Delmenhorst erzielen<br />
können. Diese Wanderungsgewinne wurde in großem Umfang von Familiengründern<br />
getragen. Derartige Impulse werden künftig nicht mehr in vergleichbarer Intensität<br />
zu erwarten sein, denn die gesamte Region hat von einer historisch einmaligen Konstellation<br />
günstiger ökonomischer, politischer und demografischer Rahmenbedingungen<br />
profitiert. end auch auf Eigenentwicklungen bzw. überregionale Wanderungen besinnen<br />
müssen.<br />
Studien belegen, dass immer mehr Menschen in der zweiten Lebenshälfte bereit sind zu<br />
einem neuerlichen Wohnungswechsel und damit potenziell auch zu einem neuerlichen<br />
Immobilienerwerb. Dabei steht ausdrücklich nicht ausschließlich das altengerechte Wohnen<br />
im Mittelpunkt; vielmehr wird eine passende Immobilie für die neuen Vorstellungen<br />
von einem aktiven Leben und neuen Freizeitmöglichkeiten, aber weniger Lasten beispielsweise<br />
durch die Pflege eines überdimensionierten Gartens gesucht. Gerade für<br />
diese wachsende Generation 50+ sind die Standortbedingungen Wildeshausens günstig.<br />
5.2 Soziale Infrastruktur<br />
5.2.1 Kinderbetreuung<br />
In der Stadt Wildeshausen befinden sich insgesamt neun Kinderbetreuungseinrichtungen,<br />
die sich durch eine Trägervielfalt (Stiftung Johanneum, Ev. Luth. Kirchengemeinde,<br />
Stadt Wildeshausen, Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik und Privatperson) auszeichnen.<br />
Bis auf den Spielkreis Kleinenkneten und den Kindergarten Eulennest, der der<br />
Privatschule in Spasche angegliedert ist, befinden sich die Betreuungseinrichtungen im<br />
Stadtgebiet. Krippenplätze werden zur Zeit im Kindertreff e.V. sowie im Kindergarten<br />
Sternschnuppe bereitgestellt.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 29
Einrichtung genehmigt belegt Angebot Anmerkung<br />
Kath. KiGa Knaggerei 100 100 Vormittagsgruppen<br />
76 Vormittags-, Nachmittags-,<br />
17 Kinder auf Warteliste<br />
Kath. KiGa Johanneum 88 (freie Plätze Ganztags- sowie<br />
nachmittags) Integrationsgruppen<br />
109 Vormittags-, Nachmittags-<br />
24 Kinder auf Warteliste<br />
Ev. KiGa Schatzinsel 111 (freie Plätze Ganztags- sowie<br />
nachmittags) Integrationsgruppen<br />
Ev. KiGa Sternschnuppe 104<br />
Vormittags-, Nachmittags-<br />
100<br />
Ganztags- sowie<br />
(freie Plätze<br />
Integrations- und<br />
nachmittags)<br />
Krippengruppen<br />
31 Kinder auf Warteliste<br />
Stadtkindergarten Pusteblume 84 84 Vormittagsgruppen<br />
KiGa Zwergenland 50 50 Vormittagsgruppen<br />
Kinderspielkreis Kleinenkneten 20 16 Vormittagsgruppen<br />
KiGa Eulennest 80<br />
Anzahl Plätze (01.08.2007)<br />
76<br />
Vormittags- und<br />
freie Plätze<br />
Nachmittagsgruppen<br />
nachmittags)<br />
Kindertreff e.V. Krippenplätze<br />
10 Kinder auf Warteliste<br />
Abb. 31: Kinderbetreuungseinrichtungen in der Stadt Wildeshausen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Stadt Wildeshausen, November 2007)<br />
Die Vormittagsplätze aller Einrichtungen sind sehr gut ausgelastet. Die Stadt plant<br />
zukünftig auftretende Unterauslastungen mit einer Angebotserweiterung entgegenzuwirken.<br />
Nach Angaben der Stadt Wildeshausen waren zum 01.08.2007 637 Plätze in Betreuungseinrichtungen<br />
in der Kreisstadt vorhanden. Der Betreuungsbedarf 5 liegt bei 603 Plätzen,<br />
so dass eine Versorgungsquote von 106% bestand. Rechnungen der Stadt haben<br />
jedoch ergeben, dass nach Abzug von Doppelanmeldungen ca. 50 Kinder keinen Kindergartenplatz<br />
erhalten haben (Stand: Oktober 2007). Freie Kapazitäten bestanden fast<br />
ausschließlich bei Nachmittagsplätzen sowie bei den Vormittagsplätzen des Kinderspielkreises<br />
Kleinenkneten. Nach Aussage der Stadtverwaltung kann die Nachfrage nach<br />
Vormittags- und Ganztagsplätzen momentan nicht gedeckt werden. Durch den Neubau<br />
des Kindergartens Pusteblume soll sich das Angebot jedoch Ende 2008 verbessern. Im<br />
Gebäude ist auch ein zusätzlicher Gruppenraum für die Einrichtung einer Krippe vorgesehen.<br />
In den letzten vier Jahren sind bereits der Kindergarten Eulennest und ein Waldorfkindergarten<br />
(Kindergarten Zwergenland) neu entstanden. Bei einem zukünftigen<br />
Rückgang des Platzbedarfs käme nach Aussage der Verantwortlichen – eine entsprechende<br />
Beschlussfassung der städtischen Gremien vorausgesetzt – zunächst eine Umwandlung<br />
in altersübergreifende Gruppen, Krippen-, Hortgruppen o. Ä. in Betracht. Denn<br />
auch das Angebot an Krippenplätzen (z. Z. ca. 60 Plätze) deckt den Bedarf nicht. Derzeit<br />
sind ca. 50 Kinder angemeldet, für die kein Krippenplatz zur Verfügung steht. Angesichts<br />
der Diskussionen auf allen politischen Ebenen ist nach Angaben der Stadt Wildeshausen<br />
davon auszugehen, dass zusätzlich Plätze geschaffen werden. Auch allgemeine Erfahrungen<br />
zeigen, dass eine Betreuung unter Dreijähriger immer gefragter wird, in den meisten<br />
Kommunen jedoch ein Unterangebot an Betreuungsmöglichkeiten besteht. Entsprechend<br />
den Vorgaben aus dem Tagesbetreuungsausbaugesetz (TAG; Vorgabe: ‚bedarfs-<br />
5 Nach der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> wird der Platzbedarf<br />
folgendermaßen berechnet: 75 % der dreijährigen Kinder, 90 % der vierjährigen Kinder, 90 % der<br />
fünfjährigen Kinder und 50 % der sechsjährigen Kinder.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 30
gerechtes’ Angebot bis 2010) und den jüngsten bundes- und landespolitischen Beschlüssen,<br />
wonach bis 2013 für 35 % aller Kinder unter drei Jahren Betreuungsplätze (in<br />
Betreuungseinrichtungen oder durch Tagesmütter) zur Verfügung stehen sollen und ab<br />
2013 sogar ein Rechtsanspruch auf einen Krippenplatz besteht, existieren auch in der<br />
Stadt Wildeshausen Anpassungsbedarfe.<br />
Die Prognosen der Kindertagesstättenbedarfsplanung des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> gehen<br />
für die Stadt Wildeshausen von einem im regionalen Vergleich recht geringen Rückgang<br />
der Kinderzahlen und somit auch des Bedarfs an Betreuungseinrichtungen bis 2010/2011<br />
aus (vgl. Abb. 32). Die folgende Abbildung verdeutlich jedoch, dass die Zahl der 3-6jährigen<br />
Kinder Anfang des neuen Jahrtausends vorerst ihren Höchststand erreicht haben<br />
dürfte. Für die nächsten drei Kindergartenjahre wird ein leichter Rückgang prognostiziert.<br />
900<br />
850<br />
800<br />
750<br />
700<br />
650<br />
600<br />
550<br />
500<br />
3-6-Jährige<br />
Platzbedarf in Betreuungseinrichtungen<br />
1995/96 1996/97 1997/98 1998/99 1999/00 2000/01 2001/02 2002/03 2003/04 2004/05 2005/06 2006/07 2007/08 2008/09 2009/10 2010/11<br />
Abb. 32. Entwicklung und Prognose der Zahl 3-6-Jährigen sowie des Bedarfs an<br />
Betreuungsplätzen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis der Kindertagesstättenbedarfsplanung des<br />
<strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>; 2007)<br />
Auch die Prognosen der Stadt Wildeshausen gehen von einem leichten Rückgang des<br />
Betreuungsbedarfs aus. Dieser wird sich voraussichtlich jedoch auf das Stadtgebiet konzentrieren.<br />
Für die Landgemeinden wird noch ein leicht ansteigender Bedarf seitens der<br />
Stadtverwaltung prognostiziert (vgl. Abb. 33).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 31
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
577 570<br />
559<br />
31 31<br />
Stadtgebiet Landgebiet<br />
2008/2009 2009/2010 2010/2011<br />
Abb. 33: Prognose des Platzbedarfs 6 in Kinderbetreuungseinrichtungen bis<br />
2010/2011<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Stadt Wildeshausen, November 2007)<br />
Die Auslastungsrückgänge dürften in der Stadt Wildeshausen erst mittel- bis langfristig<br />
auftreten. Noch profitieren die Einrichtungen von vergleichsweise hohen<br />
Geburtenzahlen.<br />
Die aktuellen Kindergarten-Jahrgänge sind noch außerordentlich stark besetzt und lassen<br />
sich näherungsweise über die Geburtsjahrgänge 2002 – 2004 erfassen. In diesem<br />
Zeitraum sind in Wildeshausen 560 Kinder geboren worden. Dies entspricht im Umfang<br />
noch in etwa den stärksten Geburtsjahrgängen in den vergangenen 20 Jahren (577;<br />
1994-1996 und 2000-2002). Seit den letzten ca. 15 Jahren stagniert die Zahl der jährlichen<br />
Geburten etwa zwischen 180 und 200. Mittelfristig könnte jedoch eine leicht negative<br />
Entwicklung der Geburtenzahlen einsetzen. Gerade die nachrückenden potenziellen<br />
Elternjahrgänge 7 fallen in Wildeshausen schwach aus.<br />
Noch sind die Geburtenzahlen in der Stadt Wildeshausen – sowohl im Stadtgebiet als<br />
auch in den Landgemeinden – vergleichsweise hoch und auch bei den Zuzügen von Familien<br />
mit Kindern ist nur ein leichter Rückgang zu erkennen. Die demografischen Veränderungen<br />
wie die stetig schrumpfende Zahl der Menschen in der Familiengründungsphase<br />
und somit auch die nachlassenden Familienwanderungen dürften jedoch auch in der<br />
Stadt Wildeshausen zukünftig deutlicher zu spüren sein.<br />
Auslastungsrückgänge bieten die Chance, die Angebote weiter bedarfsgerecht<br />
auszubauen, sowie über Kooperationen (nicht nur finanzielle) Synergien zu erschließen.<br />
6<br />
Der Platzbedarf wird folgender Maßen errechnet: 3-4-Jährige: 75%; 4-5-Jährige: 90%; 5-6-<br />
Jährige: 90% und 5-6,5-Jährige: 50%<br />
7<br />
Etwa 50 % aller Kinder sind in Niedersachsen im Jahr 2006 von Frauen im Alter von 26 bis 33<br />
Jahren geboren worden (Quelle: NLS 2006, Natürliche Bevölkerungsbewegung).<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 32<br />
36
Die rückläufigen Auslastungszahlen bieten aber letztlich auch die Chance, im Zuge einer<br />
Neuorganisation von Standort- und Angebotsstrukturen qualitative Verbesserungen und<br />
Erweiterungen bei den Einrichtungen zu erreichen. So könnten beispielsweise vermehrt<br />
Ganztagsangebote eingerichtet und/oder Plätze für Kinder unter drei Jahren aufgebaut<br />
werden. Derartige Angebote werden immer mehr zu bedeutenden Argumenten bei der<br />
Wohnstandortwahl von Familien - gerade wenn beide Partner berufstätig sind und bleiben<br />
möchten. Auch über (Standort-)Kooperationen mit geeigneten anderen kommunalen<br />
oder privaten Einrichtungen – z.B. Grundschulen aber auch Seniorenpflegeeinrichtungen<br />
lassen sich u.U. Synergien erschließen.<br />
5.2.2 Allgemein bildende Schulen<br />
Die Stadt Wildeshausen verfügt über ein breites Angebot allgemein bildender Schulen.<br />
Es verteilen sich drei Grundschulen, eine Haupt- und eine Realschule sowie ein Gymnasium<br />
auf das Stadtgebiet. Ergänzend verfügt die Kreisstadt noch über eine private<br />
Grundschule.<br />
Einrichtung<br />
Schülerzahl<br />
(Dezember 2007) Zügigkeit<br />
Wallschule (GS) 427 vierzügig<br />
St.-Peter-Schule (GS) 196 zweizügig<br />
Holbeinschule (GS) 195 zweizügig<br />
Hauptschule 325 dreizügig<br />
Realschule 731 vierzügig<br />
Gymnasium<br />
(LK OL ist Schulträger)<br />
Privatschule "Gut Spasche"<br />
(bisher nur Primarbereich, Erweiterung geplant)<br />
1.214 fünfzügig<br />
103 (2006)<br />
Abb. 34: Schulen in der Kreisstadt Wildeshausen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Stadt Wildeshausen und des NLS, 2007)<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 33
Grundschulen<br />
Die Grundschulen Wall-, St. Peter- und Holbein-Schule bieten für eine begrenzte Anzahl<br />
von Kindern eine nachschulische Betreuung in der Zeit von 13.00 bis ca. 16.00 Uhr an.<br />
Die Kinder erhalten ein Mittagessen und werden bei den Hausaufgaben betreut. Eine<br />
Hausaufgabenbetreuung bietet zudem das DRK Mehrgenerationenhaus an.<br />
Nach einem außerordentlich starken Anstieg der Schülerzahlen an den Grundschulen<br />
in den 1990er Jahren ist das Wachstum seitdem zum Erliegen gekommen.<br />
Die Schülerzahl an den Grundschulen ist in den 1990er Jahren erheblich angestiegen<br />
und stagniert seitdem auf hohem Niveau. In jüngster Vergangenheit ist jedoch ein jährliches<br />
Schwanken der Zahlen erkennbar (vgl. Abb. 35).<br />
900<br />
850<br />
800<br />
750<br />
700<br />
650<br />
600<br />
550<br />
500<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 35: Schülerzahlen an den Grundschulen der Stadt Wildeshausen insgesamt 8<br />
(Stand: Dezember 2007)<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Stadt Wildeshausen)<br />
Betrachtet man die Entwicklung der Schülerzahl an den einzelnen Grundschulstandorten,<br />
so fällt auf, dass zwischen den Jahren 2001 und 2002 die Schülerzahl an der Holbeinschule<br />
sehr stark zurückgegangen und die an der Wallschule zeitgleich in gleichem Umfang<br />
angestiegen ist (vgl. Abb. 36). In dieser Zeit hat aufgrund von Auslastungsunterschieden<br />
eine Änderung der Schulbezirke und somit der Einzugsbereiche seitens der<br />
Stadt Wildehausen stattgefunden. Die Holbeinschule verkleinerte sich von einer 3-<br />
Zügigkeit auf eine 2-Zügigkeit. Die Wallschule wurde durch einen Neubau vergrößert und<br />
durch die Aufnahme ehemaliger „Holbeinschüler“ 4-zügig. Diese Anpassungen haben<br />
auch aufgrund unterschiedlicher Frequentierungen der Schulen stattgefunden, die sich<br />
u.a. durch die Entstehung von Neubaugebieten ergeben haben. Die Schülerzahlen am<br />
dritten Grundschulstandort (St-Peter-Schule) haben sich im Beobachtungszeitraum kaum<br />
verändert. Aufgrund der räumlichen Nähe der beiden kleinen Grundschulstandorte zueinander<br />
könnten hier zukünftig auch Kooperationen, z.B. beim Unterrichts- oder Projektangebot,<br />
stattfinden. Dies wäre eine Möglichkeit die evtl. auftretenden Unterauslastungen<br />
zu nutzen und trotz sinkender Schülerzahlen ein Angebot in bestimmter Breite vorzuhalten.<br />
8 ohne die private Grundschule „Gut Spasche“<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 34
500<br />
450<br />
400<br />
350<br />
300<br />
250<br />
200<br />
150<br />
100<br />
Wallschule St.-Peter-Schule Holbeinschule<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 36: Entwicklung der Schülerzahlen an den Grundschulen der Stadt Wildeshausen<br />
nach Standorten (Stand: Dezember 2007)<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Stadt Wildeshausen)<br />
220<br />
215<br />
210<br />
205<br />
200<br />
195<br />
190<br />
185<br />
180<br />
175<br />
170<br />
199<br />
200<br />
186<br />
2008 2009 2010 2011 2012 2013<br />
Abb. 37: Voraussichtliche Einschulungen in Wildeshausen bis 2013<br />
(Quelle: Eigene Darstellung, Daten der Stadt Wildeshausen)<br />
Die Zahl der Einschulungen wird voraussichtlich bis zum Jahr 2013 nur leicht abnehmen.<br />
Aufgrund der in den letzten Jahren schwankenden Geburtenzahlen werden für die Jahre<br />
2010 und 2011 extrem unterschiedliche Einschulungszahlen erwartet (vgl. Abb. 37). Da<br />
zur Zeit noch kein Auslastungsrückgang bei den Kinderbetreuungseinrichtungen zu erkennen<br />
ist, wird sich auch die Schülerzahl an den Grundschulen bis zum Jahr 2012/2013<br />
kaum negativ verändern. Aber auch ein deutliches Ansteigen der Schülerzahl ist eher<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 35<br />
217<br />
194<br />
191
nicht zu erwarten, da aufgrund der demografischen Rahmenbedingungen weder ein Anstieg<br />
der Geburtenzahlen noch der Familienzuzüge wahrscheinlich ist.<br />
Weiterführende Schulen<br />
Rückläufige Kinderzahlen würden sich mit der entsprechenden Verzögerung auch in der<br />
Auslastung der weiterführenden Schulen niederschlagen. Von besonderer Relevanz für<br />
die einzelnen Schulzweige ist zusätzlich aber auch die Schulwahl durch die Eltern, die<br />
nach den jüngsten Reformen bereits nach dem Abschluss der vierten Grundschulklasse<br />
erfolgt. Die Erfahrung seit der Abschaffung der Orientierungsstufe zeigt, dass insbesondere<br />
die Hauptschule von einem außerordentlichen Einbruch der Schülerzahlen betroffen<br />
ist, aber auch die Realschule einen markanten Rückgang erlebt. Das Gymnasium (in<br />
Trägerschaft des <strong>Landkreis</strong>es) ist dagegen bspw. ein Profiteur der Neuregelung (Steigerung<br />
der Schülerzahl seit 2004 um etwa 11%).<br />
Bei den weiterführenden Schulen sind in der Summe zunächst noch stabile Zahlen<br />
oder leichte Zuwächse zu erwarten; langfristig dürften die Schülerzahlen auch hier<br />
sinken. Problematisch ist die Entwicklung angesichts des Elternwunschverhaltens<br />
durch starke Rückgänge für die Realschule und die Hauptschule.<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
Orientierungsstufe Hauptschule<br />
Realschule Gymnasium<br />
100<br />
1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007<br />
Abb. 38: Entwicklung der Schülerzahlen an den weiterführenden Schulen<br />
(Quelle: Eigene Darstellung; Daten der Stadt Wildeshausen)<br />
Abbildung 38 veranschaulicht noch einmal den Bedeutungsverlust von Haupt- und Realschule<br />
seit Abschaffung der Orientierungsstufe. Bis zum Jahr 2003 sind die Schülerzahlen<br />
an beiden Schulen angestiegen – an der Realschule um die Jahrtausendwende sogar<br />
stark. Nach Abschaffung der Orientierungsstufe änderte sich das Bild jedoch. Die Schülerzahl<br />
im Hauptschulzweig hat seit 2004 um etwa 16% an der Realschule um ca. 8%<br />
abgenommen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 36
5.2.3 Seniorenbezogene Infrastruktur<br />
Auch die Stadt Wildeshausen verfügt wie die übrigen Kommunen im <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong><br />
über einen Seniorenbeirat, dessen Gründung auf politische Initiative erfolgte. Die<br />
Aktivitäten des Beirates konzentrieren sich darauf, zum einen die Interessen der älteren<br />
und alten Menschen in Wildeshausen zu vertreten und sich für ihre Belange einzusetzen<br />
sowie zum anderen die „Geselligkeit“ und die Kommunikation untereinander zu fördern.<br />
Die Stadt hat damit auf die sich bereits seit langem abzeichnenden Entwicklungen reagiert,<br />
denn die Zunahme älterer Menschen ist durchaus schon seit etwa den 1970er Jahren<br />
bemerkbar. Der Anteil der über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung der Stadt<br />
Wildeshausen ist seit den 1990er Jahren um fast 3%-Punkte gestiegen. Der Anteil der<br />
Senioren beträgt heute etwa 22% (zum Vergleich: für den gesamten <strong>Landkreis</strong> <strong>Oldenburg</strong><br />
beträgt der Anteil ca. 23%).<br />
Die Anteile der Senioren an der Bevölkerung der Kreisstadt wachsen kontinuierlich<br />
und dürften erst in einigen Jahrzehnten ihren Höhepunkt erreichen.<br />
23%<br />
22%<br />
21%<br />
20%<br />
19%<br />
18%<br />
17%<br />
19,1%<br />
21,8%<br />
1990 2006<br />
Abb. 39: Anteile der Altersgruppe 60+ in der Stadt Wildeshausen 1990 und 2006<br />
(Quelle: Eigene Berechnungen; Meldeamtsdaten der Stadt Wildeshausen)<br />
Durch die Funktion als Kreisstadt und Mittelzentrum<br />
besitzt Wildeshausen zumindest im Bereich der<br />
Kernstadt heute eine recht gute infrastrukturelle<br />
Ausstattung für ältere Menschen. Hervorzuheben ist<br />
nicht nur ein – gemessen an den Einwohnern im Alter<br />
60+ – hoher Besatz an Pflegeheimplätzen (vgl. Abb. 40),<br />
im Stadtgebiet befinden sich zudem neben Angeboten<br />
der (Sport-)Vereine und der VHS, eine<br />
Seniorenbegegnungsstätte beim Altenzentrum<br />
Alexanderstift sowie ein Seniorentreff der ev.-luth. und<br />
der kath. Kirchengemeinde mit einem vielfältigen und<br />
attraktiven Programm. Ein weiteres wichtiges Angebot<br />
ist das Mehrgenerationenhaus des DRK. Neben offenen<br />
Angeboten für Jung und Alt, Beratungen und Ausflügen<br />
etc. werden auch Internetkurse, eine Hausaufgabenbetreuung<br />
und ein offener Spielkreis mit<br />
Kinderbetreuung angeboten. Hierdurch wird das<br />
Miteinander der Generationen gefördert und<br />
gegenseitige Hilfestellungen werden ermöglicht.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 37
90<br />
80<br />
70<br />
60<br />
50<br />
40<br />
30<br />
20<br />
10<br />
0<br />
79<br />
70<br />
49<br />
39<br />
25 24<br />
18 17<br />
SG Harpstedt Wildeshausen Ganderkesee Hatten Wardenburg Hude Dötlingen Großenkneten<br />
Abb. 40: Plätze in Altenwohn- und Pflegeheimen je 1000 Einwohner im Alter von<br />
über 60 Jahren im Jahr 2006<br />
(Quelle: eigene Berechnungen, Daten des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong>, 2007)<br />
Die Wohn- und Versorgungssituation älterer Menschen in ihren Eigenheimen wird<br />
in wachsendem Maße zur Herausforderung.<br />
Viele ältere Menschen können und/oder wollen im Alter nicht in zentral gelegene Bereiche<br />
umziehen. Diese Situation wird sich künftig noch verschärfen, denn einerseits wird es<br />
immer mehr Senioren geben, zum anderen wird es ihnen voraussichtlich immer schwerer<br />
fallen, ihre Eigenheime zu einem Preis zu verkaufen, der ihnen den Immobilienerwerb an<br />
anderer Stelle oder auch die Belegung eines Pflegeplatzes ermöglicht. Gerade in den<br />
Wohngebieten, die sich durch eine homogene Altersstruktur auszeichnen, da überwiegend<br />
Familien zugezogen sind, werden die Bewohner in Zukunft auch gleichzeitig ins<br />
Seniorenalter eintreten und vermehrt Unterstützung benötigen.<br />
Angesichts des landesweit zu beobachtenden Abbaus der Versorgungsinfrastruktur (Einzelhandel,<br />
Dienstleistungen, Ärzte usw.) und der immer seltener vorzufindenden familiären<br />
Anbindung vor Ort ist eine wesentliche Aufgabe der Stadt darin zu sehen, die Versorgungsangebote<br />
für ältere Menschen im Sinne einer ‚Hilfe zur Selbsthilfe’ dahingehend zu<br />
verbessern, dass ihnen ein möglichst langer Verbleib in den eigenen vier Wänden erleichtert<br />
wird.<br />
Durch diverse Aktionen hat sich bspw. der Seniorenbeirat der Förderung der Mobilität<br />
älterer Menschen angenommen. So besteht die Überlegung die Anbindung der ländlichen<br />
Gemeinden durch Kooperationen mit Weser Ems Bus oder einem Bürgerbus zu<br />
verbessern. Auch der Verbesserung der Erreichbarkeit von bspw. Postfilialen wird seitens<br />
des Seniorenrates Aufmerksamkeit geschenkt.<br />
Die Stadt Wildeshausen verfügt bereits über ein gutes Wohnangebot für Senioren.<br />
Moderne und innovative Wohnangebote an geeigneten Standorten für die Zielgruppe<br />
50+ könnten die Attraktivität für den Wohnstandort Wildeshausen zusätzlich<br />
erhöhen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 38
Die Kreisstadt besitzt aufgrund ihrer Versorgungs- und Infrastrukturangebote vergleichsweise<br />
günstige Bedingungen als Wohnstandort für ältere Menschen. Nach Aussage des<br />
Seniorenbeirates ist jedoch die Innenstadt in Bezug auf die vorhandenen Geschäfte weniger<br />
attraktiv für Senioren. So fehle es bspw. an auf die Zielgruppe ausgerichteten Bekleidungsgeschäften<br />
oder kleinen Kiosken „für die Stärkung zwischendurch“. Hier bestehe<br />
Handlungsbedarf. Das Wohnangebot sei jedoch gut und werde auch über die Region<br />
hinaus angenommen. Durch mehrere Neubauprojekte in den letzten Jahren ist ein deutlich<br />
verbessertes Wohnraumangebot in Wildeshausen vor allem in Verbindung mit<br />
Betreuungsangeboten festzustellen. Darüber hinaus gibt es bspw. Wohngemeinschaften<br />
beim Kreisaltenheim. Im Hinblick auf spezielle Wohnprojekte und -angebote für die noch<br />
mobilen ‚jungen Alten’, aber auch bei kleineren, modernen Wohnungen oder Häuser für<br />
alleinstehende Senioren bestehen jedoch vor dem Hintergrund der künftig weiter steigenden<br />
Zahl an Seniorenhaushalten noch Ausbaumöglichkeiten.<br />
Durch die steigende Zahl von Senioren eröffnen sich wachsende Chancen, die<br />
Entwicklung der Kreisstadt durch ehrenamtliches Engagement zu fördern.<br />
Wildeshausen verfügt über ein aktives Vereinsleben und bürgerschaftliche Netzwerke,<br />
die in erheblichem Umfang vom Engagement der Senioren getragen werden. Künftig wird<br />
es darauf ankommen, auch die ‚Zugezogenen’ wie auch die älteren Bürger der Kernstadt<br />
angesichts der kontinuierlich steigenden Seniorenzahlen gezielt für einen Ausbau des<br />
bürgerschaftlichen und ehrenamtlichen Engagements zu nutzen. Bezüglich der Würdigung<br />
des Ehrenamtes ist von der Kreisstadt die Verteilung einer sog. „Ehrenamtskarte“<br />
initiiert worden. In Kooperation mit dem Wirtschaftsgymnasium der Stadt wird eine Datenbank<br />
erstellt, die alle ehrenamtlichen Helfer der Stadt umfasst. Über die Ehrenamtskarte<br />
sollen den Helfern zukünftig gewisse Vergünstigungen in städtischen Einrichtungen<br />
oder Rabatte bei Geschäften oder Freizeiteinrichtungen gewährt werden. Gerade auch<br />
vor dem Hintergrund der wachsenden Bedeutung des Ehrenamtes und des z.T. „fehlenden<br />
Nachwuchses“ für bestimmte ehrenamtliche Aufgaben ist die geplante Einführung<br />
der Ehrenamtskarte als beispielhaft zu bezeichnen.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 39
6 Gute Ansätze und Handlungsoptionen<br />
Zusammenfassend steht die Stadt Wildeshausen vor folgenden Herausforderungen, die<br />
sich aus dem demografischen Wandel ergeben und die für die Stadtentwicklung von Bedeutung<br />
sind:<br />
� Klärung des künftigen Leitbildes der Stadtentwicklung: Sind die aktuellen Ansätze<br />
der Stadtentwicklung vor dem Hintergrund veränderter stadtregionaler Wanderungsbeziehungen,<br />
rückläufiger Nachfrage nach Baugrundstücken und weniger dynamischer<br />
Bevölkerungsentwicklung noch tragfähig?<br />
� Stärkere Konzentrierung auf die qualitative Weiterentwicklung des Bestandes (sowohl<br />
im Hinblick auf die Bevölkerung, als auch auf den Grundstücks- und Immobilienmarkt):<br />
Es wird zunehmend darauf ankommen, die derzeitige Bevölkerung zu<br />
binden und die Infrastruktur entsprechend weiterzuentwickeln sowie bei den<br />
Gebrauchtimmobilien eine Abwärtsspirale mit negativen Ausstrahlungseffekten zu<br />
verhindern;<br />
� Kontinuierliche und systematische Beobachtung der Veränderungen der wesentlichen<br />
Kenngrößen der Stadtentwicklung (Einwohner, Altersstrukturen, Angebot<br />
und Nachfrage auf dem Grundstücks- und Immobilienmarkt usw.), um möglichst<br />
passgenaue Infrastrukturplanungen zu ermöglichen;<br />
� Weiterentwicklung realistischer und nachhaltig tragfähiger Organisations- und Standortstrukturen<br />
der sozialen Infrastruktur;<br />
� Einstellung auf das sich in den kommenden Jahrzehnten kontinuierlich fortsetzende<br />
Wachstum der Bevölkerungsgruppe der Senioren und Hochbetagten und die damit<br />
verbundenen veränderten Anforderungen (Wohnen, Versorgung, Mobilität, Pflege);<br />
� Anpassung des Wohnungs- und Immobilienmarktes an sich verändernde Wohnanforderungen<br />
der (alternden) Gesellschaft: Bereits heute sind deutliche Nachfrageverschiebungen<br />
spürbar;<br />
� Nutzung der Standortvorteile der Kreisstadt, vor allem die gute infrastrukturelle<br />
Ausstattung, für die Weiterentwicklung des Wohnstandortes;<br />
� Nutzung der Potenziale der Stadt vor allem in der Bevölkerungsgruppe der Senioren,<br />
beispielsweise im Bereich ehrenamtlichen /bürgerschaftlichen Engagements<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 40
6.1 Übergreifende Strategie- und Leitbildentwicklung<br />
Die Fallstudie hat deutlich aufgezeigt, dass Wildeshausen vor allem in den 1990er Jahren<br />
in erheblichem Umfang speziell im Hinblick auf das Bevölkerungswachstum und den<br />
Zuzug junger Menschen und Familien von den gesamtregionalen demografischen Prozessen<br />
profitiert hat. Diese regionalen Rahmenbedingungen haben sich jedoch in den<br />
vergangenen Jahren maßgeblich gewandelt. In den vergangenen Jahrzehnten erfolgreiche<br />
Konzepte und Strategien sind daher nicht ohne weiteres dazu geeignet, als Leitlinien<br />
für eine künftige nachhaltige Stadtentwicklung zu dienen. Vielmehr sollte die Relevanz<br />
der Befunde dieser Fallstudie zum Anlass genommen werden, alle künftigen Stadt- und<br />
Infrastrukturentwicklungsplanungen auf ihre Demografieverträglichkeit zu überprüfen.<br />
Leitprojekte der Kreisstadt im demografischen Wandel könnten dabei unterstützen, in<br />
der Verwaltung, aber auch in der lokalen Wirtschaft, in der Politik und in der Bevölkerung<br />
ein Bewusstsein für die Herausforderungen und Chancen Wildeshausens im demografischen<br />
Wandel zu entwickeln. Falls es gelingt, nicht nur Schreckensszenarien zu kommunizieren<br />
sondern auch Gestaltungsspielräume und Potenziale zu verdeutlichen sollte es<br />
gelingen, einen Prozess der positiven und produktiven Auseinandersetzung mit den Herausforderungen<br />
zu initiieren, der die Stadt und das Gemeinwesen stärkt. Hierbei könnte<br />
ein querschnittsorientierter Prozess unter Beteiligung von Bürgern, Politik und Verwaltung<br />
eine bedeutende Rolle spielen; Gemeinsam im Leitbild formulierte Ziele und erarbeitete<br />
Profile dienen dann als Orientierungshilfe bei zukünftigen Entscheidungen; Profilbestandteile<br />
der Stadt Wildeshausen könnten z.B. sein:<br />
� Natur und Ruhe<br />
� Verkehrsinfrastruktur (MIV und ÖPNV)<br />
� Bildung (alle Schulformen sind vorhanden)<br />
� Ausgeprägtes Gesundheitswesen<br />
Auch zur Verbesserung des Images der Kreisstadt sowie zur Steigerung der Identität<br />
der Bürger mit ihrem Wohnort, kann ein Leitbild-Prozess beitragen. Zur Aufstellung eines<br />
Leitbildes könnte zudem ein Kommunikationsprojekt mit authentischen Partnerschaften<br />
organisiert werden. Eine Möglichkeit wäre in diesem Zusammenhang die Bewerbung der<br />
Projekte „Spascher Sand Ressort“ und „Privatschule Gut Spasche“ durch ihren Investor<br />
Herrn Rixen. Gleichzeitig könnte der Unternehmer sich für den Wohnstandort Wildeshausen<br />
aussprechen. Es wäre durchaus denkbar, durch eine derartige Kommunikationsstrategie<br />
z.B. die Zielgruppe der „Bildungsbürger“ anzusprechen und zu einem Wohnortwechsel<br />
nach Wildeshausen zu animieren.<br />
6.2 Verbesserung der Informationsgrundlagen<br />
Angesichts der markanten Auswirkungen der demografischen Umbrüche erscheint es<br />
ratsam, ein systematisches Demografie-Monitoring zu entwickeln und zu implementieren.<br />
Ziel dieses Monitoring-Systems sollte es sein, kontinuierlich die kleinräumigen Veränderungsprozesse<br />
der wesentlichen, demografisch relevanten Aspekte verfolgen zu<br />
können, um in der Lage zu sein, regelmäßig und rechtzeitig die kommunalen Entwicklungsstrategien<br />
und -planungen anpassen zu können.<br />
Viele der benötigten Daten und Informationen liegen der Stadt ohnehin vor bzw. können<br />
mit vertretbarem Aufwand ermittelt werden und bedürfen lediglich einer systematischen<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 41
Zusammenführung. Anlass könnte z.B. ein im jährlichen Turnus zu erstellender Demografiebericht<br />
sein, der allen Fachbereichen der Stadt zugänglich gemacht werden sollte.<br />
Hilfreich wäre u.U. auch eine Organisation und Abstimmung des Monitorings gemeinsam<br />
mit den anderen landkreisangehörigen Kommunen. Einbezogen werden könnten die<br />
nachstehend aufgeführten Informationen:<br />
� Bevölkerungsentwicklung und Altersgruppen,<br />
� Zu- und Fortzüge nach Altersgruppen und Wanderungszielen bzw. -herkunft,<br />
� Schülerzahlen nach Schulzweigen inkl. Vorschau,<br />
� Kindergarten- und Krippenkinder (inkl. Quoten, Auslastungen und Vorschau),<br />
� hilfebedürftige Senioren, bzw. Zahl und Wohnorte von Senioren;<br />
� Alleinstehende ältere Menschen,<br />
� Bauland- und Immobilienumsatz,<br />
� Leerstände bei Wohnimmobilien.<br />
Zur Informationsgewinnung ist es empfehlenswert, regelmäßigen Kontakt auch zu den<br />
externen relevanten Akteuren (z.B. ambulante Pflegedienste, Immobilienfachleute) zu<br />
pflegen und beispielsweise einen ein- oder zweimal jährlich stattfindenden Erfahrungsaustausch<br />
mit Marktakteuren zu organisieren, um deren aktuelle Marktkenntnisse unmittelbar<br />
in die Weiterentwicklung kommunalpolitischer Strategien einfließen lassen zu<br />
können.<br />
6.3 Handlungsoptionen für Zielgruppen<br />
Ein Blick auf die derzeitige Altersstruktur der Kreisstadt verdeutlicht, dass zusätzliche<br />
Nachfrageimpulse künftig in besonderem Maße auch von der Altersgruppe 50+ ausgehen<br />
werden, zumal eine wachsende Wohnmobilität auch im fortgeschrittenen Lebensalter<br />
zu beobachten ist. Vor allem die zentralen Ortsteile der Stadt haben für diese Zielgruppe<br />
aufgrund der Infrastrukturausstattung und der Anbindung an das regionale und überregionale<br />
Verkehrsnetz (sowohl MIV als auch ÖPNV) überdurchschnittliche Attraktivität. Sowohl<br />
attraktive, kleinere Bestandsimmobilien in bevorzugter Lage, aber auch geeignete<br />
Neubauprojekte (Häuser / Eigentumswohnungen) bieten sich für diese Zielgruppe an.<br />
Künftig werden voraussichtlich immer mehr Menschen im Alter bedingt durch (Langzeit-)<br />
Arbeitslosigkeit, Scheidung oder durch unerwartet geringe Erlöse aus dem Verkauf ihrer<br />
Altimmobilien über geringe Einkünfte verfügen. Nicht zu vergessen ist daher, dass künftig<br />
in zunehmendem Maße auch ältere Menschen mit geringeren finanziellen Möglichkeiten<br />
Wohnangebote in zentraler Lage suchen werden. Die Stadt sollte daher Flächenpotenziale<br />
an geeigneten Standorten gezielt für dieses wachsende Nachfragepotenzial<br />
prüfen.<br />
Trotz des Einwohnerwachstums um etwa 30% seit 1990 ist eine Altersgruppe heute in<br />
der Kreisstadt deutlich geringer vertreten als noch zum Beginn der letzten Boomphase:<br />
die jungen Erwachsenen zwischen 20 und 29 Jahren (vgl. Abb. 41). Dies ist zum einen<br />
im demografischen Aufbau der Bevölkerung in der Region und in Deutschland begründet<br />
(die auf den Babyboom der 1960er Jahrgänge folgenden Altersgruppen fallen deutlich<br />
geringer aus), zusätzlich besitzt Wildeshausen trotz seiner Funktion als Mittelzentrum<br />
aber auch einen vergleichsweise ungünstigen Wanderungssaldo bei den jungen Erwachsenen.<br />
Die Stadt sollte daher ihre Bemühungen verstärken, sich als Wohnstandort für<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 42
junge Menschen zu profilieren. Immer mehr Menschen entscheiden sich bereits vor der<br />
Familiengründung für einen Wohnstandort und bleiben der Kommune und dem Umfeld<br />
dann bei gegebenen Rahmenbedingungen auch treu, wenn sich Nachwuchs einstellt.<br />
Denkbar wäre es in diesem Zusammenhang beispielsweise mit den ortsansässigen Arbeitgebern<br />
zu kooperieren und gezielt (junge) Einpendler nach Wildeshausen als potenzielle<br />
Neubürger mit Informationsmaterialien zu umwerben. Im Vergleich mit den übrigen<br />
Kommunen des <strong>Landkreis</strong>es <strong>Oldenburg</strong> ist der Rückgang der Bevölkerungsgruppe der<br />
jungen Erwachsenen und der dementsprechende „Einschnitt“ in der Bevölkerungspyramide<br />
der Stadt noch nicht ganz so ausgeprägt. Grund hierfür dürfte die vergleichsweise<br />
hohe Arbeitsplatzzentralität der Kreisstadt sein.<br />
0-9-Jährige<br />
10-19-Jährige<br />
20-29-Jährige<br />
40-49-Jährige<br />
über 70-Jährige<br />
-14%<br />
27%<br />
-20% 0% 20% 40% 60% 80% 100%<br />
Abb. 41: Prozentuale Entwicklung der Altersgruppen in Wildeshausen<br />
1990 – 2006<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Daten des Niedersächsischen Landesamts<br />
für Statistik [NLS], Bevölkerungsfortschreibung)<br />
Wenn die Abwanderung der Jugendlichen und jungen Erwachsenen vor allem nach Bremen<br />
und <strong>Oldenburg</strong> anhält, besteht Gefahr, dass ein wichtiges Zukunftspotenzial der<br />
Kreisstadt verloren geht. Daher sollten auch die Jugendlichen eine ‚Zielgruppe’ mit besonderer<br />
Aufmerksamkeit bilden. Ansätze könnten z.B. die Schaffung von zusätzlichen<br />
Treffpunkten oder modernen Wohnangeboten für kleinere Haushalte bzw. von neuen<br />
Wohnformen (z.B. Wohngemeinschaften in Einfamilienhausgebieten) sein. Hilfreich wäre<br />
beispielsweise auch die weitere Einbindung der jungen Menschen in verantwortliche Positionen<br />
der örtlichen Netzwerke (Vereine, Parteien usw.). Potenzielle Handlungsansätze<br />
sollten daher möglichst unter Einbindung der Betroffenen systematisch analysiert werden.<br />
In eine ähnliche Richtung zielt die Überlegung, den Kontakt zu Ausbildungsabwanderern,<br />
also den jungen Menschen, die andernorts einen Ausbildungs- oder Studienplatz<br />
antreten, zu halten und auf diese Weise die Chance für eine spätere Rückkehr in die ‚alte<br />
Heimat’ zu erhöhen. Denkbar wären z.B. Unterstützungsangebote bei der Organisation<br />
von Klassentreffen oder der regelmäßige Versand von geeigneten Medien (E-Mail-<br />
Newsletter, sonstige Publikationen) mit interessanten Informationen für diese Altersgruppe.<br />
Voraussetzung hierfür wäre die systematische Sammlung bzw. Aufbereitung von<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 43<br />
41%<br />
46%<br />
77%
Anschriften und E-Mail- Adressen. Auch eignen sich besondere lokale oder jährliche Ereignisse/Festivitäten,<br />
die üblicherweise viele fortgezogene junge Menschen mit ihren<br />
Familien und/oder Freunden in der Heimat verleben (Feiertage, Schützenfest) für besondere<br />
Werbeaktionen (z.B. Haushalts-Wurfsendungen, Infostände, -veranstaltungen usw.).<br />
Die Erfahrungen der letzten Jahre zeigen darüber hinaus, dass sich der Immobilienmarkt<br />
für junge Familien stark gewandelt hat: Einerseits nimmt der Zuzug aus den umliegenden<br />
(Groß)Städten <strong>Oldenburg</strong>, Bremen und Delmenhorst in den <strong>Landkreis</strong> langsam ab,<br />
andererseits konzentriert sich die Nachfrage angesichts des breiten Grundstücksangebots<br />
in der Region zunehmend auf das unmittelbare Stadtumland oder auf besonders<br />
zentrale Lagen mit gut ausgebauter Infrastruktur. Es zeigt sich zudem, dass aufgrund der<br />
erschwerten ökonomischen Rahmenbedingungen immer weniger junge Familien bereit<br />
und in der Lage sind, Wohneigentum zu bilden. Aus den genannten Gründen erscheint<br />
es sinnvoll, dass sich Wildeshausen zum einen auf das Potenzial aus der Kreisstadt selber<br />
besinnt und darüber hinaus die Zielgruppe der jungen Familien mit Bereitschaft zur<br />
Eigentumsbildung bei der Realisierung ihrer Wünsche unterstützt. Denkbar wären beispielsweise<br />
regelmäßige Informationsveranstaltungen in Kooperation mit der Immobilienwirtschaft,<br />
wobei ausdrücklich auch Bestandsimmobilien und Konzepte des kostengünstigen<br />
Wohnungsbaus einen besonderen Schwerpunkt bilden sollten. Auch flexible,<br />
an sich verändernde Wohnanforderungen anpassbare Immobilien sollten angesichts der<br />
künftig zu erwarteten Nachfrageverschiebungen berücksichtigt werden.<br />
25%<br />
20%<br />
15%<br />
10%<br />
5%<br />
0%<br />
-5%<br />
-10%<br />
-15%<br />
-20%<br />
5%<br />
23%<br />
8%<br />
20%<br />
Niedersachsen LK <strong>Oldenburg</strong><br />
-7%<br />
-2%<br />
-13%<br />
-14%<br />
-13%<br />
-15%<br />
1-P-HH 2-P-HH 3-P-HH 4-P-HH 5+-P-HH Haushalte<br />
gesamt<br />
Abb. 42: Prozentuale Entwicklung der Haushaltsgrößen 2005 – 2020<br />
(Quelle: Eigene Darstellung auf Basis von Prognosedaten der Wohnungsmarktbeobachtung<br />
2006 der Niedersächsischen Landestreuhandstelle )<br />
Zielgruppenspezifische ‚Testballons’ anbieten: Der Immobilienmarkt der Kreisstadt,<br />
speziell der Neubau der vergangenen zehn Jahre wird von Wohnprodukten bestimmt, die<br />
vornehmlich für Familien mit Kindern konzipiert sind. Die Zahl der Haushalte mit drei und<br />
mehr Personen wird jedoch weiter sinken – im <strong>Landkreis</strong> liegt ihr Anteil schon heute bei<br />
nur noch etwa 36 % - bei mittelfristig noch weiter stark zunehmenden Ein- und Zwei-<br />
Personen-Haushalten (vgl. Abb. 42).<br />
Es erscheint daher angebracht, ‚Testballons’ neuer Wohnprodukte für spezielle Zielgruppen<br />
in Wildeshausen zu platzieren. Dabei ist durchaus nicht nur an Seniorenheime oder<br />
altersgerechtes, barrierefreies Wohnen zu denken, auch die bereits angesprochenen<br />
Angebote für die Generation 50+, für junge Erwachsene sowie Alleinstehende, nicht zu-<br />
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1%<br />
10%
letzt auch Mietwohnungen unterschiedlicher Größe dürften erheblichen Nachholbedarf<br />
aufweisen. Auch in den klassischen Einfamilienhaus- und Neubaugebieten sollte versucht<br />
werden, stärkere soziale und altersstrukturelle Mischungen zu erreichen. Die Stadt<br />
hat hier nicht nur über die Bauleitplanung Steuerungsmöglichkeiten, sie wird künftig auch<br />
ihre Rolle als Moderatorin und Initiatorin von Entwicklungen und Prozessen im Immobilienbereich<br />
verstärkt nutzen müssen.<br />
6.4 Siedlungsentwicklung<br />
In der Kreisstadt Wildeshausen existieren zur Zeit zwei großflächige Neubauprojekte (mit<br />
unterschiedlichem Umsetzungsstand): die städtebauliche Entwicklungsmaßnahme „Vor<br />
Bargloy“ und das „Spascher Sand Ressort“. Angesichts der rückläufigen Nachfrage nach<br />
Baugrundstücken und des Rückgangs der Dynamik der Bevölkerungsentwicklung, sollten<br />
derartige „Großvorhaben“ durchaus differenziert betrachtet werden. Es ist in diesem Zusammenhang<br />
ratsam, nachhaltig tragfähige Siedlungsstrukturen zu schaffen. Auch<br />
vor dem Hintergrund, dass eine regionsweit festzustellende Konzentration der Nachfrager<br />
auf gut angebundene Standorte mit überdurchschnittlicher Infrastrukturausstattung stattfindet.<br />
Dieser Trend ist einerseits mit veränderten ökonomischen Rahmenbedingungen<br />
zu erklären (Kürzung Pendlerpauschale, Abschaffung Eigenheimzulage, gestiegene<br />
Kraftstoffpreise, Arbeitsplatzunsicherheit), er steht aber auch mit einer veränderten demografischen<br />
Zusammensetzung der Wohnraum nachfragenden Menschen im Zusammenhang<br />
(z.B. vermehrte Nachfrage von Senioren, Generation 50+ und Alleinstehenden).<br />
Generell ist es eher zu empfehlen, die zukünftige Siedlungsentwicklung vermehrt<br />
auf die bereits bestehenden Kerne und somit die Innenentwicklung zu konzentrieren.<br />
Auch die Baugebiete an sich gilt es über die Differenzierung der Bauleitpläne für die<br />
verschiedensten Zielgruppen attraktiv zu gestalten. Dabei könnte ein Mix aus barrierefreien<br />
Bungalows, Familieneigenheimen und altengerechten Wohnungen entstehen. Zukünftig<br />
wird es darauf ankommen, die Qualität und Zukunftsfähigkeit im Neubau zu<br />
sichern. Die Stadt sollte angesichts der zu erwartenden weiter sinkenden Nachfrage und<br />
veränderter Bedarfe auf dem Wohnungs- und Immobilienmarkt generell die Zukunftsfähigkeit<br />
aller Projekte der Siedlungsentwicklung kritisch prüfen (‚Demografiecheck’). Dabei<br />
sollte auch die Alterung der Bewohner und damit bspw. Fragen der verkehrlichen Anbindung<br />
und der Entwicklungsperspektiven der Versorgungsinfrastruktur eine Rolle spielen.<br />
Zukünftig ist ein wachsendes Angebot an Bestandsimmobilien zu erwarten, welches die<br />
Nachfrage übersteigen dürfte - auch wenn Wildeshausen hiervon aktuell noch nicht so<br />
stark betroffen ist. Künftig wird es immer mehr von älteren, allein stehenden Personen<br />
bewohnte Immobilien geben. Dies hat zur Folge, dass Modernisierungs- bzw. Instandhaltungsrückstände,<br />
angesichts der rückläufigen Nachfrage nach älteren Bestandsimmobilien<br />
zunehmend auch Leerstände, immer häufiger auftreten werden. Es gilt somit zukünftig<br />
dem Leerstand und Verfall bei Altimmobilien zu begegnen. Hierbei ist zu empfehlen,<br />
systematisch und möglichst frühzeitig zu reagieren, um eine Abwärtsspirale der betroffenen<br />
Siedlungsbereiche zu verhindern.<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 45
6.5 Anpassung sozialer Infrastruktur<br />
In der Stadt Wildeshausen wird bereits heute deutlich, dass in den kommenden Jahren<br />
und Jahrzehnten mit neuen Herausforderungen im Hinblick auf die Anpassung sozialer<br />
Infrastruktureinrichtungen zu rechnen ist. Die Kreisstadt hat in den vergangenen Jahren<br />
Schulen und Kinderbetreuungseinrichtungen entsprechend der steigenden Nachfrage<br />
ausgebaut. Rückläufige Kinderzahlen dürften langfristig hingegen eine „Anpassung nach<br />
unten“ notwendig werden lassen. Zudem wird die Zahl und der Anteil der Senioren in den<br />
kommenden Jahren auf bisher ungekannte Größenordnungen steigen. Bezüglich der<br />
Abwanderung junger Erwachsener ist die Stadt aufgefordert, ihre Attraktivität für diese<br />
Bevölkerungsgruppen auszubauen, um ihr Zukunftspotenzial nicht zu gefährden. Aktuell<br />
und in naher Zukunft dürfte die Kreisstadt jedoch vergleichsweise wenig Anpassungen<br />
der sozialen Infrastruktur leisten müssen, da der Rückgang der Geburten- und Kinderzahlen<br />
noch relativ moderat verläuft.<br />
Im Kinderbetreuungsbereich besitzt Wildeshausen ein breites und umfangreiches Angebot.<br />
Die zu erwartenden Nachfragerückgänge sind bisher noch nicht so ausgeprägt, so<br />
dass sie zunächst höchstwahrscheinlich über eine Qualifizierung des Angebotes aufgefangen<br />
werden können (z.B. Kooperationen mit Schulen für Vorschulkinder, altersübergreifende<br />
Gruppen, Krippengruppen, etc.). Dabei wird es darauf ankommen, für jeden<br />
einzelnen Standort angepasste Lösungen zu entwickeln, die zum einen nachhaltig<br />
tragfähig, zum anderen aber auch so flexibel sind, dass sie künftige Handlungsspielräume<br />
angesichts der unsicheren exakten Nachfrageentwicklung lassen. Dabei sollten alle<br />
Entscheidungen möglichst in eine gesamtstädtische Entwicklungsstrategie (oder sogar<br />
in eine landkreisweite Strategie) eingebunden sein, die die zu erwartenden demografischen<br />
Entwicklungen und Strukturen angemessen berücksichtigt. Hilfreich wäre es in<br />
diesem Zusammenhang, die Wünsche und Bedarfe der Nachfrager - bzw. ihrer Eltern -<br />
genauer zu kennen. Viele Kommunen haben in der Vergangenheit über Elternbefragungen<br />
systematisch die Anforderungen im Hinblick auf die Kinderbetreuung (z.B. Betreuungszeiten,<br />
Standorte, gewünschte Zahl der Krippenplätze) erhoben und ihre Angebote<br />
dementsprechend angepasst. Obgleich dieses Vorgehen nicht ohne Risiken ist, denn<br />
erfahrungsgemäß werden vielfach Maximalwünsche erhoben, die später – insbesondere<br />
wenn sie kostenpflichtig sind – nicht immer im entsprechendem Umfang in Anspruch<br />
genommen werden. Auf der anderen Seite bietet sich aber auch die Chance, die Zufriedenheit<br />
der Nutzer zu erhöhen.<br />
Mit dem Mehrgenerationenhaus besitzt die Kreisstadt bereits eine regional einzigartige<br />
Einrichtung, die sich als Experimentierfeld für alternative Betreuungsansätze und für den<br />
Ausbau Generationen übergreifender bürgerschaftlicher Projekte eignet.<br />
Auch die langfristig höchstwahrscheinlich auftretenden Auslastungsrückgänge der<br />
Grundschulen bieten nicht nur die Möglichkeit für Angebotserweiterungen (z.B. Projekt-<br />
oder Rückzugsräume), auch die Standortkooperation mit externen Nutzern (z.B. Kindergärten<br />
oder Hortangebote) kann zu einer Optimierung der bisherigen Angebote beitragen.<br />
Es eröffnen sich durchaus Handlungsoptionen, die zu einer qualitativen bzw. effizienzorientierten<br />
Weiterentwicklung der derzeitigen Strukturen beitragen können.<br />
Im Hinblick auf die stetig wachsende Personengruppe der älteren Bürgerinnen und<br />
Bürger ist die Herausforderung nicht ernst genug zu nehmen, alten, vielfach alleinstehenden<br />
Menschen in Zukunft zu ermöglichen, möglichst lange in ihren Eigenheimen bleiben<br />
zu können – oder ihnen adäquate alternative Wohnmöglichkeiten an geeigneten<br />
integrierten Standorten anzubieten, denn es ist anzunehmen, dass eine wachsende Zahl<br />
älterer Menschen nicht bereit und/oder in der Lage ist, die Angebote stationärer Pflegeeinrichtungen<br />
zu nutzen. Ein koordiniertes Netzwerk aus professionellen und ehren-<br />
Fallstudie ‚<strong>Demografischer</strong> Wandel der Stadt Wildeshausen’ 46
amtlichen Hilfskräften mit zentralen Ansprechpartnern könnte daher eine wesentliche<br />
Stütze der künftigen Seniorenarbeit darstellen.<br />
Zudem wird es darauf ankommen, Menschen, die Angehörige, Nachbarn oder Bekannte<br />
pflegen oder ihnen in anderer Form behilflich sind, durch die Organisation geeigneter<br />
Dienstleistungs-, Bildungs- und Unterstützungsangebote zu fördern.<br />
Ein interessanter Schritt zur Vernetzung der bestehenden Einrichtungen könnte sich<br />
durch das kürzlich etablierte Informationsnetzwerk für Einrichtungen der Altenpflege ergeben.<br />
In diesem Netzwerk arbeiten Vertreter der verschiedenen stationären und ambulanten<br />
Pflegedienste zusammen. Die konkreten Handlungsfelder werden derzeit noch<br />
erarbeitet. Eventuell wäre zu überlegen, das Netzwerk um weitere (ehrenamtliche) Hilfsdienste<br />
oder z.B. auch um Handwerksbetriebe, die sich mit dem barrierefreien Umbau<br />
von Immobilien befassen, zu erweitern. So könnte ein umfassendes Unterstützungs- und<br />
Beratungsangebot geschaffen werden.<br />
Wildeshausen besitzt speziell durch den etablierten Seniorenbeirat und das Mehrgenerationenhaus<br />
wie auch durch ein breites Spektrum an öffentlichen, privaten und kommerziellen,<br />
in der Seniorenarbeit tätigen Akteuren hervorragende Voraussetzungen, die künftigen<br />
seniorenspezifischen Herausforderungen zu meistern. Auf dem Ehrenamt bzw. den<br />
bestehenden Netzwerken (Vereine, Kirchen, usw.) aufbauende Angebote, die gerade<br />
auch den Senioren in den ländlichen Bereichen den Alltag erleichtern und bereichern<br />
(Seniorentreffpunkte, eigenes ehrenamtliches Engagement, Besuchsdienste) sollten<br />
ebenfalls gezielt in die Weiterentwicklung der Seniorenarbeit eingebunden werden.<br />
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