10.02.2013 Aufrufe

Gespräch mit Claude Nobs - Montreux Jazz Festival

Gespräch mit Claude Nobs - Montreux Jazz Festival

Gespräch mit Claude Nobs - Montreux Jazz Festival

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Du 808 – Juli / August 2010<br />

<strong>Nobs</strong> als Entertainer. Legendär sind seine Jamsession-Auftritte <strong>mit</strong> Mundharmonika bei Konzertende tief in der Nacht. Links: Ansage eines Reggae-Konzerts, oben: auf<br />

den Schultern des Hip-Hoppers Wyclef Jean, unten: <strong>Nobs</strong> <strong>mit</strong> Sängerin Etta James.<br />

abbekam? Oder anders gefragt: Dass sich die Gebrüder Ertegün<br />

dank <strong>Montreux</strong> eine Bedeutung bewahrten, die sie sonst nicht<br />

mehr gehabt hätten?<br />

Das stimmt. Sie schickten tatsächlich einige Künstler, die ihren<br />

künstlerischen Höhepunkt überschritten hatten. Oder die gar nicht<br />

erst so gut gewesen waren. Oder die schwierig geworden waren<br />

und absurde Ansprüche stellten. Wie etwa Nina Simone.<br />

Immerhin hatte die vorher als Künstlerin etwas geleistet.<br />

Ja, aber irgendwann muss man im Leben doch vorankommen und<br />

darf nicht nur an sich selber denken. Ich fand ihre Launen und<br />

Forderungen absurd.<br />

Und doch hast du immer weitergemacht.<br />

Aber habt ihr gewusst, dass ich 1973 <strong>Montreux</strong> fast verlassen hätte?<br />

Ich bekam ein Angebot von Ahmet Ertegün. Ich wäre für Künstler<br />

und neue Technologie verantwortlich gewesen.<br />

Warum bist du trotzdem geblieben?<br />

Weil die Herausforderung des <strong>Jazz</strong>festivals grösser war. Ich konnte<br />

ja auch von <strong>Montreux</strong> aus in die Welt reisen – nicht zuletzt wegen<br />

meiner Arbeit <strong>mit</strong> Warner Brothers. Als noch Vinylplatten verkauft<br />

wurden, waren die Margen enorm, entsprechend hoch waren<br />

unsere Budgets, Geld spielte keine Rolle. Ausserdem liess mir Warner<br />

völlig freie Hand. Ich begann da<strong>mit</strong>, Videoaufnahmen von<br />

Künstlern in unterschiedliche Formate umzukopieren und weltweit<br />

zu vertreiben. Da<strong>mit</strong> habe ich damals sehr viel Geld verdient.<br />

Bist du eigentlich noch bei Warner angestellt ?<br />

Nein, seit meiner Pensionierung <strong>mit</strong> 65 bin ich nicht mehr dabei.<br />

Ich bekam keine Vollpension und keinen goldenen Fallschirm. Dafür<br />

haben sie mir das Kopierstudio geschenkt und gesagt, ich könne<br />

für sie arbeiten, solange ich wolle. Ausserdem habe ich noch die<br />

weltweit grösste Sammlung an Konzertaufnahmen: 4000 Stunden.<br />

Zum Glück haben wir von Anfang an alles aufgenommen, dadurch<br />

sind einige historische Dokumentationen entstanden.<br />

Man hört, dass viele Musiker, die bei dir zu Gast sind, selber<br />

Aufnahmen von <strong>Montreux</strong>-Konzerten sehen wollen.<br />

Meistens sitzen wir hier im Chalet, trinken etwas und reden. Dann<br />

kommt das <strong>Gespräch</strong> auf irgendeinen Musiker, von dem ich eine<br />

Aufnahme habe, und die schauen wir uns dann gemeinsam an.<br />

Nicht nur von den bekannten Künstlern, sondern auch ausgefallene<br />

Sachen wie etwa die legendäre Jamsession von Ray Charles, bei der<br />

er <strong>mit</strong> Dizzy Gillespie und Kenny Burrell zusammen gespielt hat.<br />

Das Verführerische an <strong>Claude</strong> <strong>Nobs</strong> ist nicht nur sein Charme,<br />

<strong>mit</strong> dem er seine Ungeduld gekonnt überspielt, sondern dass er so<br />

vieles zu erzählen hat, weil er viel erlebt hat. Wie er zum Beispiel<br />

den notorisch missmutigen und berechnenden Chuck Berry zu-<br />

29

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!