IGM Regional Mai 2001 - IG Metall Region Stuttgart
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Vom Facharbeiter zum Historiker<br />
Er ist gelernter Mechaniker, hat<br />
nach seiner Pensionierung zehn Jahre lang<br />
Geschichte studiert und jetzt ein 452 Seiten<br />
starkes Buch veröffentlicht. <strong>Metall</strong>er ist er<br />
seit 1946. Und das aktiv: 42 Jahre lang hatte<br />
er seine Kolleginnen und Kollegen als Betriebsrat<br />
vertreten. <strong><strong>IG</strong>M</strong>-<strong><strong>Region</strong>al</strong> traf ihn in<br />
seiner Studierstube in <strong>Stuttgart</strong>.<br />
Er kommt gerade von einer Projektsitzung<br />
des Bürgerhausvereins der <strong>Stuttgart</strong>er Trabantenstadt<br />
Freiberg, wo er seit über 30<br />
Jahren wohnt. Und obwohl ihm der Kopf<br />
raucht, gönnt sich der 73jährige keine Pause.<br />
Schließlich geht um das Buch, für das er<br />
zehn Jahre lang gearbeitet hat. Titel: „Ein<br />
jeder muß sich aufraffen – Die Arbeiterbewegung<br />
in Waiblingen bis 1933“.<br />
„Dieses Buch ist die Krönung seiner Studien-<br />
und Forschungsarbeit“, schreibt Dieter<br />
Knauß im Vorwort. Die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong>, so der Erste<br />
Bevollmächtigte in Waiblingen, sei<br />
„stolz auf den <strong>Metall</strong>er, der inzwischen Historiker<br />
geworden ist“. Günther Sauter ist<br />
trotzdem bescheiden geblieben, doch die<br />
Anerkennung bei seinen Kolleginnen und<br />
Kollegen ist ihm sehr wichtig. „Denn ich<br />
habe das Buch ja nicht nur für mich geschrieben.“<br />
Ob in der Stadtteilarbeit, ob<br />
als Betriebsratsvorsitzender des Verpackungsmaschinenwerkes<br />
von Bosch in<br />
Waiblingen oder beim Buch-Schreiben, immer<br />
wollte Sauter etwas bewegen. Er ist ein<br />
durch und durch politischer<br />
Günther Sauter folgte<br />
Bleicher, der 1950<br />
aus der KPD ausgetreten<br />
ist, bei seinem<br />
parteipolitischen<br />
Engagement nicht:<br />
„Für mich war damals<br />
der Kommunismus<br />
die einzige<br />
Alternative zu Kapitalismus<br />
und Faschismus.<br />
Deshalb bin ich<br />
der KPD beigetreten.“<br />
Anfang der<br />
50er Jahre schließt<br />
ihn die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> wie<br />
viele andere Kommunisten<br />
aus ihren<br />
Reihen aus.„Das war<br />
eine sehr schmerzliche<br />
Sache, für die die<br />
spalterische Politik der KPD-Führung mitverantwortlich<br />
war“, erkennt Sauter heute,<br />
„doch die Gewerkschaftsführung habe völlig<br />
überreagiert.“ Später nimmt die <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong><br />
Sauter wieder in ihre Reihen auf.<br />
Der <strong>Metall</strong>er ist mit den vereinfachenden<br />
Faschismus-Erklärungen der KPD mittlerweile<br />
nicht mehr zufrieden. Die lange Phase<br />
der Distanzierung beginnt. Seitdem hat<br />
Günther Sauter eine Frage nicht mehr losgelassen:<br />
„Warum ist diese große und starke<br />
Arbeiterbewegung in<br />
Mensch. „Wer die Welt verbessern<br />
will, muß Lehren aus<br />
portrait<br />
Deutschland nicht in der Lage<br />
gewesen, den Faschismus<br />
der Vergangenheit ziehen“,<br />
zu verhindern?“<br />
sagt er, zeigt auf sein Buch und erklärt des- Damals hatte er nicht die Zeit, sich intensisen<br />
Titel: „Ein jeder muß sich wieder aufrafver mit der Geschichte zu befassen. Das<br />
fen und mitarbeiten.“ Dies forderte der holt er seit 1990 an den Universitäten Stutt-<br />
Waiblinger <strong>Metall</strong>-Bevollmächtigte Anton gart und Tübingen nach. Für seine Kommi-<br />
Schmidt 1932.“ Es war die Zeit der Weltlitoninnen und Kommilitonen ist Günther<br />
wirtschaftskrise, die bei vielen Arbeitern ex- Sauter gelegentlich auch ein Zeitzeuge, eitreme<br />
Not und Depressionen verursachte. ner der die Arbeitswelt kennt und wichtige<br />
Aufraffen und mitarbeiten, das war und ist Streiks organisiert hat. „Doch die meisten<br />
für Günther Sauter eine Selbstverständlich- Studenten wollten nur ihre Scheine makeit.<br />
Geprägt hat den damals 19jährigen chen, hatten kaum Zeit für Gespräche“, be-<br />
kurz nach Kriegsende ein 39jähriger Metaldauert Günther Sauter.<br />
ler namens Willi Bleicher. Sauters lebhafte Neben dem Studium setzt sich Sauter als<br />
Augen fixieren den Gesprächspartner als Vorsitzender des Bürgerhausvereins für die<br />
wollten sie sicherstellen, daß jedes Wort Belange seines Stadtteils ein, vor allem für<br />
verstanden wird: „Ich stand vor dem Trüm- den Bau eines neuen Bürgerhauses und<br />
merhaufen, den die Nazis hinterlassen hat- die Integration der Ausländer. „Die Studierten,<br />
einem materiellen und einem ideellen stube allein, das kann ich mir nicht vor-<br />
Trümmerhaufen. Willi Bleicher war einer stellen. Mir geht es immer um den Men-<br />
der wenigen, denen wir trauen konnten, schen“, sagt der „heimliche Bürgermeister<br />
der uns eine Perspektive zeigte.“ Die Nazis von <strong>Stuttgart</strong> Freiberg“ bei der Verabschie-<br />
hatten den Jung-Kommunisten Willi Bleidung. „Zum Beispiel um meine Nachbarn<br />
cher zuvor acht Jahre lang ins Gefängnis hier, die aus 28 Nationen stammen.“ Auch<br />
und ins KZ gesteckt. Bleicher wurde später das sei eine Lehre, die er aus seinem Ge-<br />
Leiter der <strong>IG</strong> <strong>Metall</strong> in Baden-Württemberg. schichtsstudium gezogen hat.<br />
Zu Besuch bei dem langjährigen Bosch-Betriebsrat Günther Sauter<br />
„Dieses Buch ist die Krönung seines Studiums“<br />
Günther Sauter, Buchautor<br />
Kulturgemeinscha<br />
<strong>Mai</strong>lbox -89<br />
Schauspiel<br />
Spielpläne <strong>2001</strong>/2002<br />
Konzert<br />
Oper<br />
Das Programmangebot der großen Theater-,<br />
Konzert- und Kunstbesuchergemeinschaft<br />
für die <strong>Region</strong> <strong>Stuttgart</strong><br />
Spielpläne<br />
Spielpläne<br />
<strong>2001</strong>/2002<br />
Kunstreisen<br />
Das Programmangebot der großen Theater-,<br />
Konzert- und Kunstbesuchergemeinschaft<br />
für die <strong>Region</strong> <strong>Stuttgart</strong><br />
Spie pläne <strong>2001</strong>/2002 Kulturgemeinschaft<br />
Kunsttag<br />
Kunstführungen<br />
Kunstabo<br />
Kunstabo<br />
<strong>2001</strong>/2002<br />
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