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Arno Neufeld - St. Clemens Kirche Amrum

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NEBEL: LEBEN LandArt auf <strong>Amrum</strong><br />

Margit Huch | Andrea <strong>St</strong>aroske | <strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong><br />

10. – 20. Juni 2009<br />

Kunst unter dem Dach der <strong>Kirche</strong> – unter freiem Himmel, in der Natur, mit der Natur, paradox. Als <strong>Kirche</strong> haben wir<br />

der Kunst von heute ein Dach geboten. Denn Kunst ist religiöse Sprache. Sie ist in der Lage, das Innerste zu berühren.<br />

Dem wollten wir ein Dach geben.<br />

Kunst unter freiem Himmel: <strong>Amrum</strong>, wo der Himmel so weit ist, wo die Natur hautnah zu spüren ist, ist ein idealer Ort.<br />

Auch Nicht-KünstlerInnen juckt es in den Händen, etwas mit dem vorhandenen Material zu gestalten.<br />

Intensive Wochen haben wir erlebt mit den Dreien: Margit Huch, Andrea <strong>St</strong>aroske und <strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong>. Ich bin dankbar<br />

für vielen Augen-Blicke des Sehen- und Hören-Lernens. Und ich danke auch den vielen tatkräftig Helfenden, danke den<br />

ideell Unterstützenden, die an uns geglaubt haben, auch als es noch nichts zu sehen gab.<br />

Jetzt gibt es die Dokumentation. Die Kunst ist fast vergangen. Die Bilder bewahren den Schatz auf, den sehbaren. Dazu<br />

braucht man auch die übrigen Sinne: den <strong>St</strong>urm, das Meeresrauschen hören zu können, den Sand auf der Haut zu<br />

spüren, die salzige Luft zu schmecken – all das gehört zur Lebens-Kunst auf <strong>Amrum</strong> dazu. Nebel:Leben, wenn man das<br />

von vorne und hinten liest, gibt es den einen und den anderen Sinn. Nehmen Sie den, der Ihnen gerade nahe ist.<br />

Mit einem Zwinkern!<br />

Friederike Heinecke, Pastorin


Earthworks und LandArt – 40 Jahre Demokratisierung der Kunst<br />

Es passt in das Jahr 1968, in dem sich Künstler in der New Yorker Galerie Virginia Dwan zusammentaten, um ihre künstlerischen Aktivitäten aus den Ateliers und Galerien und<br />

Museen nach draußen in die Landschaft zu verlegen. Radikal und provokant zum einen, aber auch demokratisch, weil für alle, die kamen, um zu sehen, ohne Eintrittskarte und<br />

Designersakko, Kunst erlebbar und zugänglich wurde. Hier ging es tatsächlich nur um Kunst! Von einer behutsamen Vorgehensweise in der Natur, einer ökologischen Landschaftskunst,<br />

war nicht die Rede. »It‘s about art, not landscape« ist Michael Heizers vielzitiertes <strong>St</strong>atement zu der Kunstrichtung, die sich anfänglich »earthworks« nannte. Mit seiner<br />

9 Meter breiten und 15 Meter tiefen »Negativskulptur« »Double Negative« hat Heizer lineare Einschnitte in einer Länge von etwa 450 Metern in die Hochebene Mormon Mesa<br />

bei Las Vegas sprengen und baggern lassen. Diese Kunst wollte sich nicht festlegen lassen, war auch manchmal klein, nicht nur gigantisch. Sie sollte nicht dokumentiert werden<br />

und wollte sich somit dem Kunstmarkt und jeglicher Kommerzialisierung entziehen. Jahrhundertelang gab es Kunst doch nur für eine kleine betuchte und geistige Elite –<br />

Privilegierte also, nun wollte sie sich dieser Prostitution entziehen und sollte allgemein zugänglich gemacht werden. Der Begriff »LandArt« wurde Ende der 60er-Jahre in der<br />

Sendung »Fernsehgalerie« geprägt, in der Werke verschiedener Künstler ohne jeden Kommentar gezeigt wurden – initiiert von Filmemacher Gerry Schum. Die erste Ausstrahlung<br />

der Reihe, im April 1969 vom Sender Freies Berlin gesendet, präsentierte in ihrer virtuellen Galerie unter dem Titel »LandArt« beispielsweise Projekte von Richard Long, Dennis<br />

Oppenheim, Robert Smithson, Walter De Maria und Michael Heizer. Das Thema der zweiten Folge lautete »Identifications« und beinhaltete u. a. eine Aktion von Joseph Beuys,<br />

der in den folgenden Jahren auch Kunstaktionen mit ökologischem Hintergrund im Freien durchführte (»7000 Eichen« auf der documenta 7).<br />

LandArt – Naturkunst auf <strong>Amrum</strong><br />

Im April 2009, genau 40 Jahre nachdem der Begriff »LandArt« im Deutschen Fernsehen geboren wurde, trafen sich die Künstlerinnen<br />

Margit Huch und Andrea <strong>St</strong>aroske und der Künstler <strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong> auf der Insel <strong>Amrum</strong>, um das LandArt-Projekt während eines mehrtägigen<br />

Aufenthalts vorzubereiten. Neben den Gesprächen mit den Organisatoren und Lehrern der <strong>Amrum</strong>er Schule diente er in erster<br />

Linie der Ideenfindung und der Suche nach dem Ort für die Realisierung dieser Idee. – Oder war es andersrum? Hat das intuitive »Herumirren«<br />

im Raum Nebel zu einem Ort geführt, der dann die Idee brachte?<br />

Margit Huch hatte einen Entwurf zum Thema »Gefährdung ökologischer Zusammenhänge« in der Reisetasche, stellte ihn vor Ort<br />

aber noch einmal in Frage. So entwickelte sie konzeptionell eine weitere, weniger aufwendig realisierbare Arbeit. Durch das Angebot<br />

der Unterstützung seitens der Organisatoren konnte sie aber bei der ursprünglich »mitgebrachten Idee« bleiben.<br />

Andrea <strong>St</strong>aroske suchte nichts Bestimmtes und fand trotzdem – Rollrasen, hier und da im Einsatz für eine schnelle Begrünung. Im<br />

Museum, dem Öömrang-Hus, fand sie Ornamentik, die über die Insel hinaus in ferne Kulturen führte. Sie entwickelte die Idee, diese<br />

Ornamentik am <strong>Amrum</strong>er Meeressaum aus Erbsen zu zitieren.<br />

<strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong> bewegte sich in dieser schwierigen Phase zwischen Wasser und Wäldchen. Auf dem Kniepsand gab es den Ansatz,<br />

aus Wind und Sand im Zusammenspiel gesteuert Skulpturen entstehen zu lassen. Letztendlich aber waren und sind Äste, <strong>St</strong>öcke und<br />

<strong>St</strong>äbe sein stilistisches Mittel, die in dieser Arbeit in Korrespondenz mit den <strong>Amrum</strong>er Bohlenwegen treten.<br />

Hatte man sich im Vorfeld des Projektes auf den Begriff LandArt geeinigt, er schien allgemeiner und allen anderen Bezeichnungen<br />

für das künstlerische Arbeiten in und mit der Natur übergeordnet, muss nun festgestellt werden, dass die Konzeptionen und auch die<br />

späteren Ausführungen eher die Eigenschaften der Naturkunst bzw. der »Environmental Art« besaßen.


10 Jahre nach dieser Sendung vereinten sich verschiedene alternative Gruppierungen zu den »Grünen« für die Wahl zum Europäischen Parlament. Für das Listenbündnis<br />

kandidierte u. a. Joseph Beuys. Während dieser 10 Jahre bildeten sich in Europa zwei Kunstströmungen heraus, die nicht »galerie- und museumstauglich« waren: die LandArt und<br />

die Naturkunst, die dadurch, dass sie sich auch gegenseitig beeinflussten, in einen Topf geworfen wurden. LandArt muss man als eine Fortsetzung der Earthworks-Ursprünge<br />

betrachten. Naturkunst und »Environmental Art« orientieren sich deutlich an ökologischen Bestrebungen der 70er-Jahre und setzen sich somit klar ab von den eher gesellschaftsund<br />

kulturkritischen Ansätzen der amerikanischen Avantgarde. Naturkunst beinhaltet eher die philosophische Grundfrage des »Werden–Sein–Vergehen« und identifiziert sich<br />

mit der großen Bühne Natur. Die Natur ist der schöpferische Lehrmeister und der nimmt in der Regel Einfluss durch Witterung und natürliches Wachstum. Am Ende wird der<br />

ursprüngliche Zustand wiederhergestellt. So soll es auch sein – der Dialog ist erwünscht. Der Prozess und die Dynamik des Verlaufs sind Bestandteil der Arbeit, ebenso deren<br />

fotografische Dokumentation.<br />

LandArt und Naturkunst bleiben bewegt, finden nach wie vor selten in Galerien statt. LandArt, aber ganz besonders Naturkunst, ist immer noch ein Dorn im Auge der<br />

Das-Kann-Ich-Auch-Zuschauer.<br />

Margit Huch<br />

»In Memoriam« 64 Totholzäste 3– 4 m hoch mit rotem Ocker überzogen, 64 Sandaufhäufungen etwa 50 cm hoch<br />

auf einer quadratischen Sandfläche von 24 x 24 m<br />

Ockerrot gefärbte Äste sind die dominanten Elemente für die serielle Skulptur von Margit Huch. Was wir wahrnehmen, ohne die<br />

Intention der Künstlerin zu kennen, ist eine trostlos anmutende Ansammlung toter Äste. Je nach Lichtsituation sehen wir am Tag ihre rote,<br />

stumpf-pelzige Haut, die befremdlich wirkt und am Abend, wenn die Dunkelheit den Dingen die Farbe nimmt, sind es mehr oder weniger<br />

knorrige, figurale Formen. Es sind diese baumähnlichen Äste offenbar nach Unterschiedlichkeit, nicht aber Originalität ausgesucht. Das<br />

Ensemble ist in einem strengen, geometrischen Raster positioniert, der einzelne Ast aber ist nicht uniform – 64 Individuen. Die Anordnung<br />

verrät, dass es hier weniger um eine »kunstvolle« Komposition bizarrer Astgabelungen geht, also nicht vordergründig um Formales,<br />

sondern um einen klar definierten Inhalt. Das Ensemble erinnert uns an vertrocknete Bäume in Westernfilmen oder in der Salzwüste<br />

Namibias. Hier treffen sich Trostlosigkeit und natürliche Ästhetik. Nun sind wir auch schon dem Rätsel der Bedeutung auf der Spur:<br />

Kalligrafisch anmutende Zeichen, skulptural, individuell – Vertrocknetes, überzogen mit ockerroten Pigmenten, würdevolles und gleichberechtigtes<br />

Nebeneinander. Jeder Ast wird von einer kegelförmigen Sandanhäufung umgeben. Dies ist vielleicht der entscheidende Hinweis<br />

für eine Deutung dieser Arbeit. Hügel aus Erde gibt es einige auf <strong>Amrum</strong> – bronzezeitlich und wikingerzeitlich. Sie bergen Tote aus jener<br />

längst vergangenen Zeit. So zitieren Margit Huchs Sandkegel diese Grabhügel – Grabhügel für vom Aussterben bedrohte oder gar schon<br />

ausgestorbene Lebewesen. Die Nordsee ist Heimat dieser Lebewesen, die sich dort über viele tausende Jahre entwickelt haben. Hauptsächlich<br />

durch Überfischung, Kies- und Sandabbau im Meer wird der Lebensraum Nordsee zerstört.<br />

Wir erinnern uns an diesem Ort an die Havarie des Frachtschiffes »Pallas« im Oktober 1998 vor der Nordwestküste <strong>Amrum</strong>s. Es verlor<br />

etwa 90 Tonnen Öl, die in ein Vogelschutzgebiet verdrifteten. Insgesamt wurden etwa 12.000 Seevögel, vor allem Eiderenten, darüber<br />

hinaus Seehunde vom Öl betroffen. Es ist diese Arbeit von Margit Huch also auch eine politische Arbeit – ein umweltkritisches Kunstwerk,<br />

das zum Widerstand mahnt gegen kommerziell ausgerichtete oder gedankenlose Skrupellosigkeit. Es besteht möglicherweise die Vorstellung,<br />

dass diese Kunst, weil sie kritisch ist, nicht als lustvoll oder sogar schön erlebt werden darf und kann. Dem ist nicht so! Margit Huch<br />

lässt Raum, die 64 Skulpturen unter rein ästhetischen Aspekten zu betrachten.<br />

»In Memoriam« wird vergehen, aber der Kniepsand in seinen kreatürlichen Zusammenhängen soll bleiben. Bleibt dieser Kniepsand nicht,<br />

können wir auch nicht bleiben. Bewegen wir uns zwischen den Astskulpturen, so werden diese Totholzäste lebendig, bekommen etwas<br />

Wesenhaftes und beginnen sich mit uns zu bewegen – die Astarme erhoben oder Wege weisend.


Andrea <strong>St</strong>aroske<br />

»<strong>St</strong>randgrün« 5 x 5 m, Rollrasen<br />

Eine klar begrenzte, quadratische grüne Rasenfläche auf dem <strong>Amrum</strong>er Kniepsand löst Befremden aus. Ähnlich wie bei der Arbeit von<br />

<strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong> wird hier etwas Vorhandenes verdeutlicht. Während <strong>Neufeld</strong> mit dem Vorgefundenen spielt, es filtert und poetisch »entrückt«,<br />

verdeutlicht <strong>St</strong>aroske durch das Konträre in der Farbigkeit, in Form und Materie. So liegt das fahle Braungelb des Sandes in allen<br />

Farbkreisen dicht neben dem Sattgrünen des Rasens und steigert dessen Intensität und Leuchtkraft. Auch die Grundform des Rasenquadrates<br />

bildet einen ungewöhnlichen Kontrast zu Amorphem und Geschwungenem oder den vielfältigen, rhythmischen <strong>St</strong>rukturen des<br />

Sandes. Sand, Kleinstteile des Granits, hartes Material also, trifft auf Weiches, trifft auf Organisches – auf Gras, bevorzugtes Nahrungsmittel,<br />

also Lebensgrundlage vieler Tiere.<br />

Nähern wir uns dem formalen Aspekt der Arbeit »<strong>St</strong>randgrün«, so stoßen wir auf Kasimir Malewitsch, einen der Hauptvertreter der Russischen<br />

Avantgarde und sein schwarzes Quadrat auf einem weißen Grundfeld: »Das Quadrat = Empfindung und das weiße Feld = die Leere<br />

hinter dem Quadrat« (K. Malewitsch).<br />

2007 fand in der Hamburger Kunsthalle die Ausstellung »Das schwarze Quadrat – Hommage an Malewitsch« statt. Über Malewitsch<br />

hinaus zeigte die Ausstellung die Einflüsse dieser revolutionären Kunstbewegung in der westeuropäischen und amerikanischen Kunst von<br />

1945 bis heute auf. Und hier schließt sich der Kreis und schlägt eine Brücke zu Andrea <strong>St</strong>aroskes »<strong>St</strong>randgrün«. Die Hamburger Ausstellung<br />

zeigte nämlich auch die amerikanische Minimal Art der 60er-Jahre, die sich plastisch auf einfachste geometrische Mittel reduziert.<br />

Aus dieser Minimial Art heraus haben sich wiederum richtungsweisende LandArt-Künstler der ersten <strong>St</strong>unde entwickelt.<br />

In dieser asketischen Darbietung von Andrea <strong>St</strong>aroske ist der Betrachter auf seine Empfindung angewiesen – von der Überraschung über<br />

das Befremden löst es letztendlich ein glückliches Gefühl aus. Ist es das, was die Künstlerin will – überraschen, befremden und beglücken?<br />

Hier wünscht man sich vor Ort weniger Dialog. Der einsam vor oder auf dem Rasen <strong>St</strong>ehende mag an nichts denken – nur die Leere<br />

empfinden und dann irgendwann doch – der Gedanke an eine Oase.<br />

»Sonne, Mond und <strong>St</strong>erne« Größe variabel, Erbsen gelegt, Ebbe und Flut<br />

»Ohne Titel« Ø 150 cm, Erbsen und Linsen gelegt, Ebbe und Flut<br />

Vergänglichkeit ist nicht das, was wir Menschen wollen. Der Erhalt des Vergänglichen ist unser <strong>St</strong>reben und auch das der Museen und<br />

Bibliotheken. Unendliches Leben, Unsterblichkeit wäre das höchste Glück. Müssen wir uns schon damit abfinden, dass wir sterben müssen,<br />

so setzen wir auf die Kunst, wie uns der Ausspruch »Vita brevis, ars longa« – »Das Leben ist flüchtig, die Kunst dauerhaft« bekundet.<br />

LandArt und Naturkunst sind ganz und gar nicht dauerhaft und schon gar nicht das, was Andrea <strong>St</strong>aroske dort am Wassersaum tat.<br />

»Panta rhei«, alles fließt, könnte sie sagen, wenn sie hochkonzentriert Ornamentik aus verschiedenfarbigen Erbsen so dicht an der Nordsee<br />

auslegt, dass die Flut, wenn sie kommt, alles durcheinanderbringen und mitnehmen wird.<br />

Das Wechselspiel zwischen <strong>St</strong>atik und Bewegung, Ebbe und Flut, Ordnung und Unordnung, Festland und Meer ist Gedanke und Absicht<br />

dieser Arbeit. Die Künstlerin steht ebenfalls im Spannungsgegensatz zwischen zeitlich begrenztem, und von daher hochkonzentriertem<br />

Arbeiten und dem beglückten Entspanntsein nach dem schnellen Vergehen der Arbeit.<br />

Der klassische Prozess des »Werden – Sein – Vergehen« ist hier anmutig das Thema. Es ist auch ein <strong>St</strong>ück Kunstgeschichte – vom <strong>St</strong>reben<br />

nach akkuratem Realismus bis hin zur Auflösung der Form, der Fläche, beispielsweise in Punkte und in diffuse <strong>St</strong>rukturen und darüber<br />

hinaus zum Informellen. Das Urelement wird allerdings erhalten: die Kreisform, die Kugel der Erbse und – die Farbe. So bleibt nach diesem<br />

<strong>St</strong>reben um Vollkommenheit das wehmütige Gefühl von vergeblichem Bemühen, aber nicht ohne Heiterkeit, wenn die vielen kleinen<br />

Pünktchen farbenfroh durcheinanderkugeln, nur hier und da die alte disziplinierte Ordnung noch erkennen lassen. Geradezu symbolisch<br />

erscheint es, den Kreislauf der Verwertung beschreibend, wenn Möwen sich die im Wasser schwimmenden Erbsen als willkommene<br />

Abwechslung zur gewohnten Nahrung kunstvoll im Fluge aufpicken.


<strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong><br />

»Schwebende <strong>St</strong>äbe« Kokosfaserseil, Kalkfarbe, Holz auf einer Länge von ca. 3 – 25 x 220 m<br />

Die Bohlenwege fließen auf der Westseite <strong>Amrum</strong>s zum Meer – schlängeln sich zum Meer. Regennass haben sie etwas von Bächen. Die<br />

Segmentierung in einzelne Bohlen, hier und da gebrochen oder repariert oder ausgewechselt, fordern von dem darauf Spazierenden<br />

Aufmerksamkeit. Es zieht ihn zum Meer – federnd – und seltsam leichtfüßig – schwebend im Gegensatz zum Laufen im weichen Kniepsand<br />

– die Ausrichtung dieser Wege immer wieder Ost-West / West-Ost. Das Laufen auf dem Bohlenweg schützt die Natur, die Dünen<br />

und sichert das Fortbestehen <strong>Amrum</strong>s. Wir lesen auf Hinweistafeln: Dünenschutz ist Inselschutz! Die Bohlenwege haben somit für <strong>Amrum</strong><br />

eine existenzielle Bedeutung!<br />

Wir sind dankbar dafür, schauend und laufend nichts berühren zu müssen und können uns genießend dieser traumhaften Landschaft<br />

hingeben. So geht es auch <strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong>. Er folgt diesem Weg unbeschwert, markiert ihn, weicht ab und schwebt vogelgleich – durchs<br />

Tannenwäldchen Richtung Meer – nicht ohne diesen Flug spielend zu genießen, entledigt von der Pflicht, einen Weg zurücklegen zu müssen.<br />

Er findet intuitiv die Linie zwischen den <strong>St</strong>ämmen, nähert sich mäandrierend dem Bohlenweg, steigt an und neigt sich aus der<br />

Paralellen zur Erde in den Kurven und tut schließlich das, womit wir nicht gerechnet haben, was uns aber ein wenig amüsiert: fliegt unter<br />

den Bohlen hindurch und entzieht sich so unserer Beobachtung, um erneut wieder aufzutauchen, letztendlich verschwindet er endgültig<br />

unter dem Bohlenweg – wer weiß wohin. <strong>Neufeld</strong>, der die Natur respektiert – Respekt aber auch als Lebensgrundhaltung empfindet –<br />

bewegt sich an dieser empfindsamen Schnittstelle zwischen schützenswerter Natur und menschlicher Mobilität. Für seinen Flug zum<br />

Meer nimmt er weiß gekalkte <strong>St</strong>äbe zwischen 40 und 100 cm Länge und bringt sie statt seiner in einen Schwebezustand. <strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong><br />

im schlichten weißen Hemd, fast schon eine Art Markenzeichen, an dem man ihn von Weitem schon erkennt, ist mit dieser Arbeit eins –<br />

Bestandteil der Arbeit, wenn er unermüdlich für Verständnis sorgt, den Besucher berät, wie sein künstlerischer Weg beschritten werden<br />

kann. Was fasziniert, ist die Präsenz eines Künstlers während eines Arbeitsprozesses und der gleichzeitigen Kunstvermittlung. Die handwerklich<br />

aufwendige Arbeit ist innerhalb der Projektzeit dennoch fertiggeworden – wann und wie <strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong> das geschafft hat bleibt<br />

uns verborgen.<br />

Auch wenn einige, die des Weges kamen, glaubten, diese Aktivität im Kiefernwäldchen diene einem wissenschaftlichen Zweck, beispielsweise<br />

der Erforschung des Sozialverhaltens des Borkenkäfers, so ist doch <strong>Neufeld</strong>s Intention die Darstellung der Würde unberührbarer<br />

Ästhetik. Mit wenigen Mitteln, wenig Aufwand achtet er auf die harmonische Abwicklung dieses Projektes, verkündet Harmonie auch<br />

durch seine auskunftsbereite Präsenz. <strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong> sagt sinngemäß: Während der Präsentation zur Finissage hatte ich das Gefühl, im<br />

absoluten Einklang zu stehen – mit meiner Arbeit und anwesenden Zuhörern, bzw. Zuschauern.<br />

Das wohl ist die Essenz: Einklang mit dem beschrittenen Weg – schwebend. Schweben ist ein erstrebenswerter Zustand, die Schwerelosigkeit<br />

bewirkt tiefste Entspannung vergleichbar einer Trance – ohne mit einer formal zwingenden Spannung und Dynamik im Widerspruch<br />

zu stehen.<br />

Joachim Mocka


oben mitte: »Tanzplatz« 1992, interdisziplinäres Projekt<br />

mitte links: »Zerstörtes Erdkleid« 2002, Dersauer Kunsttage<br />

mitte: »5 Erdkleider« 2006, Skulpturen-Sommer Bissee<br />

mitte rechts: »Baumalphabet« 1993, Lübeck<br />

unten: »Mnemosyne« 2004, Dersauer Kunsttage


Aufgewachsen in Hamburg,<br />

nach dem Abitur Grafikstudium an der Kunst-<br />

schule-Alsterdamm Hamburg,<br />

Arbeitsgebiete:<br />

Malerei, Skulptur und in den letzten Jahren<br />

vermehrt interdisziplinäre Projekte: Installa-<br />

tionen mit Tanz und experimentellem Gesang,<br />

»Schattenspiegel« das Buchprojekt:<br />

Bildende Kunst und Lyrik begegnen sich<br />

LandArt:<br />

Dersauer Kunsttage und Skulpturen-Sommer<br />

in Bissee mit den Installationen »Erdkleider«<br />

und »Mnemosyne«.<br />

»In Memoriam«<br />

64 Totholzäste mit rotem Ocker<br />

3 – 4 m hoch<br />

64 Sandaufhäufungen ca. 50 cm hoch<br />

auf einer Sandfläche von 24 x 24 m<br />

Margit Huch<br />

Ausstellungen und Projekte (Auswahl)<br />

»Ursprung-Zivilisation« Saarländisches Künstlerhaus, Cranachhöfe Wittenberg<br />

»Alpha-Omega-Alpha« Dr. Bambergerhaus, Rendsburg<br />

»Schattenspiegel« Landeshaus Kiel; Reykjavik / Island<br />

»Neun Künstlerinnen aus fünf Bundesländern« Kloster Neuzelle<br />

»Frauenweise« FrauenMuseum-Bonn<br />

»Wissenschaft im Dialog« Bremen, Internationales Jahr der Geowissenschaften<br />

»Frauen Bilder Kunst Welten« Kloster Cismar<br />

»In Scenario« Landeskulturzentrum Salzau<br />

»<strong>St</strong>ele, Säule, Sockel« Kiel, Berlin<br />

»Landesschau BBK Schleswig-Holstein« Teilnahme in Husum und Schleswig<br />

www.margit-huch.de


Margit Huch


Margit Huch


oben: »Freiraum« 1999, Erbsen gelegt,<br />

Landesschau Schleswig-Holstein, Salzau<br />

links oben: »ohne Titel« 2009, Ø ca. 15 cm, Buchenstreu, Kleister<br />

Projensdorfer Gehölz, Kiel<br />

links: »Leitkultur« 2007, Bindedraht,<br />

»Fuhr-Park Salzau« im Landeskulturzentrum Salzau


Geboren in Hamburg, lebt und arbeitet in Kiel,<br />

Ausbildung zur Gärtnerin, Landespflegestudium,<br />

Berufstätigkeit,<br />

<strong>St</strong>udium an der Freien Kunstschule Nürtingen<br />

und an der Muthesius-Hochschule Kiel,<br />

HAP Grieshaber <strong>St</strong>ipendium, Reutlingen;<br />

<strong>St</strong>ipendium des Landes Schleswig-Holstein,<br />

Eckernförde.<br />

Künstlerporträt im<br />

KULTURA-online-magazin:<br />

www.kultura-extra.de<br />

»<strong>St</strong>randgrün«<br />

5 x 5 m<br />

Rollrasen<br />

Andrea <strong>St</strong>aroske<br />

Ausstellungen und Projekte (Auswahl)<br />

»Fuhr-Park Salzau« Landeskulturzentrum Salzau,<br />

»Macht« Der Werkhof, Kiel<br />

»unterwegs« Künstlerhaus Eckernförde<br />

»Wandlungsräume« Außenraum der Kunsthalle zu Kiel<br />

»sacra conversazione« <strong>St</strong>ädtische Galerie Reutlingen<br />

»Raumbesetzung« Shedhalle Tübingen<br />

»luft und liebe« PrimaKunst, Kiel<br />

»hier ist überall« Helle Zelle, Kiel<br />

Kunstpreis Ökologie – Ausstellung, Nürnberg<br />

Videoinstallation vor Ort, Kiel


Andrea <strong>St</strong>aroske


Andrea <strong>St</strong>aroske<br />

»Ohne Titel« Ø 150 cm,<br />

Erbsen und Linsen gelegt,<br />

Ebbe und Flut


»Sonne, Mond und <strong>St</strong>erne«<br />

Größe variabel,<br />

Erbsen gelegt, Ebbe und Flut


oben: »Landzeichen« 1992, Landzeichen, Schinkel,<br />

Holz, Acryl, Metall, Schnur<br />

links: »Ohne Titel« 1999, 2. Dersauer Kunsttage<br />

Holz, Acryl, Schur<br />

rechts: »Ohne Titel« 2004, 4. Dersauer Kunsttage<br />

Holz, Acryl, Schnur<br />

»Ohne Titel«<br />

Installation für Bothkamp, 2006<br />

2 – 5 m, Holz, Acryl


Geboren in Meldorf,<br />

<strong>St</strong>udium und Examen an der Muthesius-<br />

Hochschule in Kiel bei Prof. W. Zimmermann,<br />

Arbeitsgebiete: Malerei, Installation, Objekte,<br />

LandArt;<br />

freischaffender Künstler mit<br />

Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen,<br />

Symposien im In- und Ausland.<br />

Kunst im öffentlichen Raum.<br />

www.arnoneufeld.de<br />

»Schwebende <strong>St</strong>äbe«<br />

Kokosfaserseil, Kalkfarbe, Holz<br />

auf einer Länge von ca. 3 – 25 x 220 m<br />

<strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong><br />

Ausstellungen und Projekte (Auswahl)<br />

»Museum im Wald« Schwarzenbek<br />

»Chill-Out-Bay« KiöR, GHR Schule Pönitz<br />

»Fuhr-Park Salzau« Landeskulturzentrum Salzau<br />

»Skulptur in Bissee«<br />

»4. Dersauer Kunsttage«<br />

»Kunst im Kurpark« Malente<br />

»werden – sein – vergehen« LandArt-Brücke, Kragesand (DK)<br />

»2. Dersauer Kunsttage«<br />

»Kunstfelder« Schinkel<br />

»Kunstdünger« Schinkel<br />

»Landzeichen 92« Schinkel


<strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong>


<strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong>


Die Konfirmanden kamen in das<br />

Kiefernwäldchen, um <strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong> zu<br />

besuchen und sollten Mandalas aus<br />

gesammeltem Naturmaterial gestalten.<br />

Gruppen taten sich nun zusammen<br />

und suchten sich Plätze im Wäldchen.<br />

Die Mädchen legten Kreise, die Jungen<br />

Vierecke. Das Runde steht für Weiblichkeit<br />

– das Viereckige für das<br />

Männliche …<br />

Die KünstlerInnen stellten sich und ihre Projekte den Schülern und Schülerinnen<br />

der Öömrang Schule vor. Der Kurator des Projektes hielt zwei Vorträge über die<br />

Entstehung von LandArt und den Facettenreichtum dieser Kunstrichtung.<br />

Einen Schulvormittag halfen in erster Linie die SchülerInnen der Klasse R8 unter<br />

der Anleitung des Kunsterziehers Rüdiger Seiffert dem Künstler <strong>Arno</strong> <strong>Neufeld</strong><br />

beim Anmalen der <strong>St</strong>äbe, mitbeteiligt der Wahlpflichtkurs Kunst und weitere<br />

interessierte Öömrang-SchülerInnen.<br />

Die Klasse R8 unterstützte in einer weiteren Schulaktion die leitende und vorsichtig<br />

korrigierende Margit Huch beim Eingraben der Totholzäste und dem Anhäufen der<br />

Sandkegel. Am darauffolgenden Tag taten dies auch die SchülerInnen der Klasse<br />

RH5 mit ihrer Klassenlehrerin Annelie Hansen.


<strong>Amrum</strong>er Konfirmanden<br />

Öömrang Skuul


Die Lehrerin Beate Springstubbe und ihre Kolleginnen der Grundschule<br />

Schobüll kam mit 80 Kindern einen Schulausflugtag zu Besuch.<br />

Unter der Leitung des Künstlers Joachim Mocka legten sie als eigenes<br />

LandArt-Projekt vor der Satteldüne eine Spirale aus Kiefernzapfen,<br />

Ästen und anderen Naturmaterialien von 18 Metern Durchmesser.<br />

Die Spirale ist ein sehr altes Symbol. In Europa waren Spiralmotive<br />

besonders in der Bronzezeit beliebt, doch reichen die Darstellungen<br />

weit bis in die Mittelsteinzeit zurück und finden sich in fast allen<br />

Kulturen der Kontinente. Spiralen sind Symbole für Zyklen, Entfaltung,<br />

Erneuerung oder »Evolution« im mystisch-kosmischen Sinn.<br />

Eine Spirale lässt sich leicht mittels Pflock und Schnur konstruieren –<br />

vielleicht ein Grund, weshalb das Motiv schon in der <strong>St</strong>einzeit<br />

beliebt war.


Bornschool Schobüll<br />

Nebel:Leben – Impressionen<br />

Die international renommierte LandArt-<br />

Künstlerin Anke Mellin war für einige Tage<br />

Gast bei Christa und Michael Langenhan.<br />

Sie hielt während dieser Zeit zwei Vorträge<br />

über die Ökologiebewegung der 1970er-<br />

Jahre bis heute mit dem Titel:<br />

»Künstlerische Erkundungen zur Natur und<br />

Ökologie«.


Anna Susanne Jahn<br />

Wir danken herzlich den Sponsoren:<br />

+)<br />

Während des LandArt-Projektes war die Reproduktion einer<br />

Monotypie (10 x 1,4 m) der Künstlerin Anna Susanne Jahn, die<br />

seit 2007 auf der Insel <strong>Amrum</strong> lebt und arbeitet am Kirchturm<br />

der <strong>St</strong>. <strong>Clemens</strong>-<strong>Kirche</strong> zu sehen. Ihre Arbeit »Die Große Wand«<br />

entstand im Jahr 2004 in Schöningen. Dort setzte sie sich<br />

mit dem Tagebau und seinen vielen Aspekten auseinander. Am<br />

Sonntag, dem 7. Juni 2009 fand ein »LandArt-Gottesdienst«<br />

mit Pastorin Friederike Heinecke statt, die in ihrer Predigt auch<br />

über »Die große Wand« gesprochen hat. Einzelheiten über das<br />

Leben der Malerin, ihre Projekte und Ausstellungen unter:<br />

www.annasusannejahn.de<br />

Nordelbische Evangelisch-<br />

Lutherische <strong>Kirche</strong><br />

Renate und Uwe Bartens<br />

aus Denkte

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