PDF-Datei herunterladen - Röthenbach in alter Zeit
PDF-Datei herunterladen - Röthenbach in alter Zeit
PDF-Datei herunterladen - Röthenbach in alter Zeit
- TAGS
- herunterladen
- zeit
- riedwyl.net
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Der Wolf im Wolfsgarn<br />
Braunbär, Wolf und Luchs s<strong>in</strong>d nicht erst<br />
heute <strong>in</strong> der Schweiz gesichtet worden. Die<br />
Emmentaler kennen sie seit alten <strong>Zeit</strong>en<br />
und schon häufig haben sie dieses Wild<br />
gejagt und erhielten von der Kirche und<br />
vom Staat Abschussprämien. Verschiedene<br />
Ortsnamen deuten auf die Jagd dieser Tiere<br />
h<strong>in</strong>, so die Fuchsegg <strong>in</strong> der Nähe der<br />
Waldmatt und e<strong>in</strong>e zweite im Wachseldorn.<br />
Der Wolfgraben und die Wolfrichti<br />
zeugen vom König der Jäger, dem Wolf.<br />
Der Säuboden er<strong>in</strong>nert an Wildsauen. Im<br />
Bärbach im Eggiwil waren offensichtlich<br />
auch ab und zu Bären, die man <strong>in</strong> der Bärfallen<br />
nicht unweit davon fangen konnte<br />
und sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Käfig <strong>in</strong> Dörfern und<br />
Marktplätzen zur Schau stellten. E<strong>in</strong><br />
Hüenermoos <strong>in</strong> <strong>Röthenbach</strong> und im Buchholterberg<br />
könnte auf die Jagd auf Rebhühner<br />
h<strong>in</strong>weisen.<br />
Dem Besucher des Würzbrunnenkirchle<strong>in</strong>s<br />
fällt unter dem Kirchenvordach e<strong>in</strong> 60<br />
Fuss langes und 10 Fuss breites [18 Meter<br />
auf 3 Meter] Wolfsnetz auf. E<strong>in</strong> anderes,<br />
ähnliches Wolfsgarn, ebenfalls aus<br />
<strong>Röthenbach</strong> stammend, bef<strong>in</strong>det sich im<br />
historischen Museum <strong>in</strong> Bern. Leider f<strong>in</strong>det<br />
sich <strong>in</strong> der Schenk-Chronik ke<strong>in</strong>e Andeutung<br />
über diese Garne [Netze]. Dagegen<br />
wissen wir aus anderen Quellen, dass<br />
die Gegend von <strong>Röthenbach</strong> <strong>in</strong> früheren<br />
Jahrhunderten gelegentlich von Wölfen<br />
heimgesucht wurde.<br />
Christian Schiffmann berichtet 1 davon:<br />
„Meister Isegrim [Wolf] erschien wohl<br />
meist <strong>in</strong> strengen W<strong>in</strong>tern, wenn ihn die<br />
Kälte aus den unwirtlichen Jurabergen <strong>in</strong><br />
die Ebene und <strong>in</strong> die waldreichen Voralpen<br />
h<strong>in</strong>übertrieb. Dass ihm hier ke<strong>in</strong> freundlicher<br />
Empfang zu Teil wurde, ist leicht zu<br />
begreifen, suchte er sich doch zu verprovi-<br />
antieren wo und wann es ihm beliebte,<br />
nicht darauf achtend, ob die Schafherde,<br />
die er erbrach, dem reichen Grossbauer<br />
oder dem armen Taglöhner gehöre. Das<br />
blosse Gerücht, der Wolf sei im Land,<br />
brachte die Bevölkerung ganzer Geme<strong>in</strong>den<br />
auf die Be<strong>in</strong>e, und mit allen möglichen<br />
Waffen ausgerüstet zog die Mannschaft<br />
aus, den gefährlichen Räuber zu erlegen.<br />
In Wäldern, Schluchten und andern abgelegenen<br />
Orten wurden Gruben angelegt<br />
und den Wölfen Fallen gestellt. Auch<br />
spannte man grosse Garne, wor<strong>in</strong> sich das<br />
Raubtier auf der Flucht vor se<strong>in</strong>en Verfolgern<br />
verwickeln sollte, um dann umso<br />
leichter erlegt werden zu können.<br />
Bild: Das Wolfsgarn unter dem Vordach<br />
der Kirche von Würzbrunnen.<br />
Johann Riedweil 1<br />
<strong>Röthenbach</strong> <strong>in</strong> <strong>alter</strong> <strong>Zeit</strong>
Wolfsjagd um 1670<br />
Die hier <strong>in</strong> Betracht fallende Wolfsjagd<br />
aber soll sich nach e<strong>in</strong>em Aktenstück, welches<br />
sich im Schlossarchiv Thun bef<strong>in</strong>det<br />
und aus der Dokumentenkiste der Landschaft<br />
Steffisburg stammt, wie folgt abgespielt<br />
haben:<br />
Im W<strong>in</strong>ter 2 1675 auf 1676 wurde <strong>in</strong> der<br />
Gegend von Steffisburg e<strong>in</strong> Wolf bemerkt,<br />
der sich dann durch das Wasser (die Rotache)<br />
begab, woselbst ihm von den Bauern<br />
e<strong>in</strong> so heisser Empfang bereitet wurde,<br />
dass er sich „<strong>in</strong>s Gericht <strong>Röthenbach</strong> gesetzt“.<br />
Daselbst erhob sich grosse Not für<br />
den verfolgten Meister Wolf. Die <strong>Röthenbach</strong>er<br />
hatten nämlich im Schlegweg, das<br />
damals zum Gericht <strong>Röthenbach</strong> gehörte,<br />
e<strong>in</strong> Wolfsgarn gespannt. Dort wurde ihm<br />
denn auch <strong>in</strong> wenig ritterlicher Weise der<br />
Garaus gemacht.<br />
Bild unten: E<strong>in</strong>e Jagdszene 3 mit e<strong>in</strong>em<br />
Wolfsnetz f<strong>in</strong>den wir an e<strong>in</strong>er Glocke der<br />
Kirche Eggiwil von 1632<br />
Um den Pelz des erlegten Wildes entspannte<br />
sich nun e<strong>in</strong> aufregender Prozess,<br />
der endlich auf e<strong>in</strong>e kluge Weise von den<br />
gnädigen Herren <strong>in</strong> Bern, das heisst von<br />
deren Jägerkammer, erledigt wurde. Vielleicht<br />
drehte sich der Streit mehr darum,<br />
wem von den beteiligten Geme<strong>in</strong>den die<br />
Ehre des Tages und das Schussgeld nebst<br />
Geschenken gehören soll. An dem Tage, an<br />
welchem der Wolf erlegt wurde, kam trotz<br />
der eifrigsten Ause<strong>in</strong>andersetzungen zwischen<br />
den Leuten von Steffisburg, <strong>Röthenbach</strong><br />
und Diessbach ke<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>igung zustande.<br />
Johann Riedweil 2<br />
<strong>Röthenbach</strong> <strong>in</strong> <strong>alter</strong> <strong>Zeit</strong>
Doch wurde man schliesslich rätig, man<br />
wolle den toten Wolf „<strong>in</strong> dem nächst gelegenen<br />
Wirtshaus h<strong>in</strong>der <strong>Röthenbach</strong> verbleiben“<br />
lassen. Alle<strong>in</strong> die Diessbacher<br />
mochten gemerkt haben, dass der Entscheid<br />
nicht zu ihren Gunsten lauten würde,<br />
so haben sie den Wolf bei Nacht und<br />
Nebel weggenommen und nach Diessbach<br />
gebracht. Als der Morgen kam, sahen sich<br />
die <strong>Röthenbach</strong>er und Steffisburger<br />
schmählich betrogen und verklagten die<br />
bösen Nachbarn beim Landvogt von Signau,<br />
der se<strong>in</strong>em Ärger über das unfreundliche<br />
Vorgehen der Diessbacher <strong>in</strong> so<br />
grimmigen Worten Luft machte, dass er<br />
sich deshalb e<strong>in</strong>en Rüffel der gnädigen<br />
Herren <strong>in</strong> Bern zuzog. Hüben und drüben<br />
wurden Spottlieder auf den Gegner gedichtet,<br />
und der Handel sche<strong>in</strong>t die Gemüter<br />
gewaltig <strong>in</strong> Wallung gebracht zu haben.<br />
E<strong>in</strong> Erlass der bernischen Jägerkammer<br />
entschied den Prozess schliesslich dah<strong>in</strong>,<br />
dass die Diessbacher ihren Wolf behalten<br />
durften, aber den friedlichen Brüdern von<br />
Steffisburg und <strong>Röthenbach</strong> zwanzig Kronen<br />
erlegen und dem Landvogt von Signau<br />
e<strong>in</strong>e Busse von zwanzig Pfund entrichten<br />
mussten. Reich ist ab diesem Handel jedenfalls<br />
ke<strong>in</strong>e der beteiligten Parteien geworden.<br />
Nachdem endlich die Wölfe für<br />
immer [!] aus der Gegend verjagt worden<br />
waren, wurden die beiden Wolfsgarne der<br />
<strong>Röthenbach</strong>er unter dem Dach ihrer Kirche<br />
zu Würzbrunnen zu ewigem Gedenken<br />
aufbewahrt, bis dann e<strong>in</strong>es der Netze <strong>in</strong>s<br />
historische Museum nach Bern verbracht<br />
wurde.<br />
Noch 1845 erlegte Christian Bichsel aus<br />
dem Eggiwil bei Schangnau e<strong>in</strong>en Wolf 4 .<br />
E<strong>in</strong>e Hirschjagd um 1750<br />
Die Jagd auf Hasen, Rehe, Gemsen und<br />
Hirsche war vorab nur den Patriziern von<br />
Bern und Thun erlaubt.<br />
Am 4. Januar 1750 ward vor dem Chorgericht<br />
5 angebracht, dass gestern abends <strong>in</strong><br />
hiesigem Wirtshaus <strong>in</strong> Beise<strong>in</strong> des Weibels<br />
Stucki all hier e<strong>in</strong> Kilt-Tanz aus Anlass<br />
e<strong>in</strong>es geschossenen Hirschen sei angestellt<br />
worden: Bei welchem zwei Burger von<br />
Bern und der Weibel selbst mit Meidlenen<br />
und der Wirt<strong>in</strong> sollen getanzt haben.<br />
Ward e<strong>in</strong>hellig erkennt: den Lehenwirt<br />
Christen Blaser und den Geiger Mathias<br />
Salzmann über 8 Tage vor das Chorgericht<br />
zu beschicken. Den 12. dato erschienen die<br />
Parteien und wurde der Wirt wegen dem<br />
Tanz zur Rede gestossen. Dieser antwortete:<br />
Er wisse nichts davon, dass im Wirtshaus<br />
auf diese <strong>Zeit</strong> sei getanzt worden: Er<br />
habe den Hirschen-Schützen abgewartet.<br />
Man wendete aber e<strong>in</strong>, dass, weil alle<br />
Nachbaren das Geigen und Spr<strong>in</strong>gen gehört,<br />
der Wirt es notwendig <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />
Haus habe hören müssen. Ward erachtet,<br />
die Wahrheit zu sagen und anzuzeigen wer<br />
getanzt habe. Der Wirt blieb aber auf se<strong>in</strong>er<br />
dummen und unvernünftigen Aussage,<br />
die bei K<strong>in</strong>dern und Narren gültig, nicht<br />
bei vernünftigen Leuten. Nur den Geiger<br />
straften wir mit e<strong>in</strong>em Tag Gefangenschaft<br />
im Schloss Signau. Alle<strong>in</strong> was wird es an<br />
diesem Buben nutzen. Nichts!<br />
E<strong>in</strong>e Bärenjagd um 1800<br />
Die letzte Bärenjagd 6 im Emmental soll <strong>in</strong><br />
<strong>Röthenbach</strong> stattgefunden haben:<br />
„Den <strong>Röthenbach</strong>ern stattete e<strong>in</strong> grosser<br />
Bär im Juni 1802 e<strong>in</strong>en unwillkommenen<br />
Besuch ab. Die ganze Geme<strong>in</strong>de und die<br />
angrenzenden Dörfer wurden alarmiert,<br />
und trotzdem es Sonntag war, wurde am<br />
Johann Riedweil 3<br />
<strong>Röthenbach</strong> <strong>in</strong> <strong>alter</strong> <strong>Zeit</strong>
20. Juni die Jagd organisiert. Zwei Küher<br />
erlegten das seltene Wild durch zwei Fl<strong>in</strong>tenschüsse<br />
„unfern“ von <strong>Röthenbach</strong>. Die<br />
stolze Jagdbeute wurde nach Bern gebracht.<br />
Für die Belohnung der sämtlichen<br />
Teilnehmer an der Jagd verwendete sich<br />
der Unterstatth<strong>alter</strong> des Distrikts Unter-<br />
Emmental, Daniel Röthlisberger <strong>in</strong><br />
Langnau, beim Regierungsstatth<strong>alter</strong> des<br />
Kantons, Albert Tribolet, wobei er geltend<br />
machte, dass „die reissenden Tiere die<br />
schädlichste Plage für den Landmann seien<br />
und ihre Vertilgung allerd<strong>in</strong>gs Aufmunterung<br />
und Belohnung verdiene, um desto<br />
mehr, als diese oft mit grosser Lebensgefahr<br />
verbunden sei“. Mit starker Übertreibung<br />
erklärte der Unterstatth<strong>alter</strong>, das<br />
Schussgeld habe unter der alten Regierung<br />
24 Kronen oder 60 Franken betragen. Die<br />
Kantonskasse zahlte den Betrag, der vom<br />
helvetische Vollziehungsrat vorgängig genehmigt<br />
wurde.<br />
Später bis 1823 s<strong>in</strong>d noch e<strong>in</strong>zelne Bären<br />
<strong>in</strong> den Berner Voralpen geschossen worden.<br />
E<strong>in</strong>e Wildsaujagd um 1950<br />
Grossrat Riedwyl hatte se<strong>in</strong>en emmentalischen<br />
Humor nach Bern getragen. In e<strong>in</strong>em<br />
Referat von Regierungsrat Burri vor<br />
dem Grossen Rat über e<strong>in</strong>en Streitfall bei<br />
e<strong>in</strong>er Jagd auf e<strong>in</strong>e Wildsau im Säuboden<br />
<strong>in</strong> <strong>Röthenbach</strong> soll dieser den Fritz<br />
Riedwyl gefragt haben, ob es e<strong>in</strong> Eber<br />
oder e<strong>in</strong>e Mohre gewesen sei. Und dieser<br />
antwortete schlagfertig: Es müsse wohl<br />
e<strong>in</strong>e Mohre gewesen se<strong>in</strong>, sonst wären<br />
nicht so viele Jäger h<strong>in</strong>ter ihr her gewesen.<br />
1<br />
Schiffmann Christian, E<strong>in</strong>e Wolfsjagd<br />
im Jahre 1676, Blätter für bernische Geschichte,<br />
Kunst und Altertumskunde.<br />
Band IV, Seite 208-212.<br />
2<br />
Reusser Gottlieb. Nach se<strong>in</strong>en Notizen<br />
über die Wolfsjagd von 1915.<br />
3<br />
Ste<strong>in</strong>er W<strong>alter</strong>, 1974, Eggiwil – <strong>Röthenbach</strong>.<br />
Verlag Paul Haupt Bern. Seite 47.<br />
4<br />
Vogel Niklaus, 1960, Oberdiessbach; die<br />
Geschichte e<strong>in</strong>es Dorfes, Buchdruckerei E.<br />
Brand, Oberdiessbach. Seite 224-230.<br />
5<br />
Aus den Chorgerichtsmanualen des Abraham<br />
des Gouttes, gewesener Pfarrer <strong>in</strong><br />
<strong>Röthenbach</strong> von 1744 – 1764.<br />
6<br />
Türler He<strong>in</strong>rich, 1905, Die letzten Bärenjagden<br />
im Kanton Bern, Blätter für bernische<br />
Geschichte, Kunst und Altertumskunde. Band<br />
I, Seite 33-38.<br />
Johann Riedweil 4<br />
<strong>Röthenbach</strong> <strong>in</strong> <strong>alter</strong> <strong>Zeit</strong>