Heft 3, 2006 (PDF, 561KB) - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und ...
Heft 3, 2006 (PDF, 561KB) - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und ...
Heft 3, 2006 (PDF, 561KB) - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und ...
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
NV 3/<strong>2006</strong><br />
Die Zeitschrift <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
<strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />
NOTFALLVORSORGE<br />
Themenheft: Gefährdung <strong>und</strong><br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen
Ja, ich bestelle<br />
Ausbildung <strong>und</strong> Einsatz optimieren<br />
3., vollkommen neu<br />
bearbeitete Auflage<br />
Übungs-Handbuch<br />
<strong>für</strong> Katastrophenschutzeinheiten<br />
Für Feuerwehren, Technisches Hilfswerk,<br />
Hilfsorganisationen, Zivil-Militärische<br />
Zusammenarbeit <strong>und</strong> Behörden<br />
Winfried Glass<br />
3., neu bearbeitete Auflage<br />
160 Seiten, geb<strong>und</strong>en<br />
ISBN 978-3-8029-9992-5 39,– EUR<br />
............... Expl. Übungs-Handbuch <strong>für</strong><br />
Katastrophenschutzeinheiten<br />
ISBN 978-3-8029-9992-5 ................ 39,– EUR<br />
Versandkostenfreie Lieferung im Inland ab einem Bestellwert von 40,– EUR.<br />
Preisänderungen vorbehalten.<br />
Dieses Handbuch ist eine Arbeits- <strong>und</strong> Ausbildungshilfe zum<br />
Anlegen <strong>und</strong> Durchführen von Übungen. Führungskräfte<br />
sowie qualifizierte Fachkräfte werden in die Lage versetzt,<br />
■ ihre Einheiten in den Verfahren der Führung sowie in<br />
den Funktionsabläufen des Einsatzes zu schulen<br />
■ leicht auswertbare <strong>und</strong> zugleich aussagekräftig<br />
dokumentierte Erfolgskontrollen durchzuführen<br />
Arbeitshinweise, Beispiele, Check- <strong>und</strong> Überwachungslisten<br />
sind kompatibel <strong>und</strong> somit universell nutzbar; auf diese Weise<br />
lassen sich taktische Übungen aller Ebenen erfolgreich<br />
gestalten.<br />
Winfried Glass, Oberstleutnant d. R., freiberuflicher Fachjournalist<br />
<strong>und</strong> Sachverständiger <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong>, Notfallvorsorge<br />
<strong>und</strong> Gefahrenabwehr; langjähriger Referent <strong>für</strong> Zivil-<br />
<strong>und</strong> Katastrophenschutz im Generalsekretariat des Deutschen<br />
Roten Kreuzes, ehem. B<strong>und</strong>esgeschäftsführer des Deutschen<br />
Feuerwehrverbandes e.V.; zuständig <strong>für</strong> Presse- <strong>und</strong><br />
Öffentlichkeitsarbeit im Deutschen Komitee <strong>für</strong> Katastrophenvorsorge<br />
e.V.; erfolgreicher Fachautor.<br />
BESTELLCOUPON Fax: 09 41/56 84-111 · E-Mail: WALHALLA@WALHALLA.de<br />
Einfach ausfüllen <strong>und</strong> faxen<br />
Hinweis:<br />
Die Preise verstehen sich inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. Versandkosten.<br />
Bestellen Sie ohne Risiko, Sie haben 14 Tage Widerrufsrecht.<br />
Haus an der Eisernen Brücke<br />
93042 Regensburg<br />
Telefon: 09 41/56 84-0<br />
„Vom Übungsauftrag über die Einzelheiten der Organisation<br />
bis hin zum eigentlichen Ablauf gibt das Handbuch<br />
eine praxisnahe <strong>und</strong> in allen Schritten nachvollziehbare<br />
Anleitung. Die Arbeitshilfen machen es leicht, ein<br />
vollständiges Ausbildungsprogramm auszuarbeiten.“<br />
FFZ Feuerwehr Fachzeitschrift<br />
„Das Buch ist übersichtlich bis ins Detail gegliedert <strong>und</strong><br />
<strong>für</strong> Dienststellen, die Großübungen planen <strong>und</strong> durchführen<br />
müssen, eine nützliche Hilfe.“<br />
Rettungs Magazin<br />
Absender:<br />
Name, Vorname K<strong>und</strong>ennummer<br />
Institution/Firma Telefon (tagsüber)<br />
Straße<br />
PLZ, Ort<br />
✘<br />
Datum, Unterschrift<br />
Mehr unter<br />
www.WALHALLA.de<br />
Privat Dienstlich
4<br />
8<br />
10<br />
14<br />
16<br />
18<br />
21<br />
24<br />
26<br />
28<br />
32<br />
33<br />
Inhalt<br />
SCHUTZ KRITISCHER INFRASTRUKTUREN – GRUNDLAGEN<br />
Kritische Infrastrukturen: Gefährdungen, Verletzlichkeit,<br />
Schutzkonzepte<br />
Gefahren <strong>und</strong> Verletzlichkeit bestimmen das Risiko<br />
<strong>für</strong> Kritische Infrastrukturen<br />
Risikokommunikation, oder: Papa, was ist denn eine<br />
„Polderwiese“? – Der Schutz Kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong><br />
die Kommunikationsfähigkeit der Akteure<br />
INFORMATIONS- UND<br />
KOMMUNIKATIONSINFRASTRUKTUREN<br />
Der Schutz kritischer Informationsinfrastrukturen in<br />
Deutschland: Aktivitäten der B<strong>und</strong>esregierung<br />
ENERGIESICHERHEIT UND PUBLIC PRIVATE PARTNERSHIP<br />
Public Private Partnership – Die Bedeutung<br />
der Zusammenarbeit zwischen Behörden <strong>und</strong> Wirtschaft<br />
am Beispiel der Elektrizitätsversorgung<br />
ENERGIESICHERHEIT – BLACKOUT IM MÜNSTERLAND<br />
Der Blackout im Münsterland – eine Einsatznachbereitung<br />
aus Sicht des THW<br />
TRINKWASSERSICHERHEIT – KOOPERATIONEN<br />
IN ALLTAG UND KRISE<br />
Versorgungssicherheit in der Trinkwasserversorgung<br />
im Zusammenspiel zwischen betrieblichem Alltag <strong>und</strong><br />
Extremsituationen<br />
TRINKWASSERSICHERHEIT – TECHNISCHE LÖSUNGEN<br />
Vorbereitung der Wasserversorgung auf die Sicherheitsprobleme<br />
der Zukunft – Vorschläge zur praktischen<br />
Umsetzung im Versorgungsnetz<br />
BLICK ZUM NACHBARN<br />
Schutz kritischer Infrastrukturen – eine wichtige Aufgabe<br />
des <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es in der Schweiz<br />
KRITIS INTERNATIONAL<br />
Vital Infrastructure Threats and Assurance (VITA):<br />
Ein multidimensionales europäisches Projekt zum Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen<br />
GLOSSAR<br />
Verstehen wir uns richtig?<br />
Definierte Begriffe <strong>für</strong> eine klare Kommunikation/Teil 3<br />
FÜR SIE GELESEN UND EMPFOHLEN<br />
Rezensionen<br />
www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Impressum<br />
Die Autoren dieser Ausgabe<br />
• Dr. Wolfram Geier, Bonn<br />
Marc-Alexandre Graf, Projektleiter Schutz von<br />
Kritischen Infrastrukturen im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Bevölkerungsschutz</strong> (BABS), Bern<br />
Dipl.-Pol. Giulio Gullotta, Referent im Zentrum<br />
Notfallvorsorge <strong>und</strong> Notfallplanung im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe,<br />
Bonn<br />
Dr. Monika John-Koch, stellvertretende Leiterin<br />
des Zentrums Schutz Kritischer Infrastrukturen im<br />
<strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe,<br />
Bonn<br />
Ass. Jur. Jens Koch, Referent Einsatz in der<br />
Leitung der B<strong>und</strong>esanstalt Technisches Hilfswerk,<br />
Bonn<br />
Dr. Christiane Lechtenbörger, Referentin im<br />
Referat Kritische Infrastrukturen im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong><br />
Sicherheit in der Informationstechnik, Bonn<br />
Dipl.-Geogr. Susanne Lenz, M. Sc. <strong>und</strong> Dipl.-Ing.<br />
Peter Lauwe, Referenten im Zentrum Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe, Bonn<br />
Dipl.-Ing. Berthold Niehues, Bereichsleiter Wasser<br />
in der Deutschen Vereinigung des Gas- <strong>und</strong><br />
Wasserfaches (DVGW) e.V., Bonn<br />
Dipl.-Ing. Heinz Jürgen Pfitzner, Freier Sachverständiger,<br />
Worms<br />
Dipl.-Ing. Rudolf Schäfer, Projektmanager, IABG<br />
Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH,<br />
Ottobrunn<br />
Dipl.-Ing. Thomas Schäfer, Leiter Systemführung,<br />
Vattenfall Europe Transmission GmbH, Berlin<br />
Notfallvorsorge<br />
Die Zeitschrift <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />
Katastrophenhilfe<br />
ISSN 0948-7913, 37. Jahrgang<br />
Begründet von Rolf Osang<br />
Die in den Beiträgen dieser Zeitschrift vertretenen<br />
Auffassungen der Autoren stellen deren Meinung<br />
dar. Sie müssen nicht identisch sein mit denen ihrer<br />
Institution, der Redaktion oder des Verlages.<br />
Copyright <strong>und</strong> Nachdruck<br />
© Walhalla u. Praetoria Verlag GmbH & Co. KG,<br />
Regensburg/Berlin. Alle Rechte, insbesondere das<br />
Recht zur Vervielfältigung <strong>und</strong> Verbreitung sowie<br />
der Übersetzung, vorbehalten.<br />
Satz: setz it. Richert GmbH, Sankt Augustin<br />
Druck: Grafischer Betrieb Don Bosco, Ensdorf<br />
Printed in Germany<br />
Verlag/Redaktion/K<strong>und</strong>enbetreuung<br />
Walhalla Fachverlag, Haus an der Eisernen Brücke,<br />
93042 Regensburg, Tel.: 0941 / 56 84-0, Fax: 56 84 111<br />
E-Mail: steckenleiter.eva-maria@WALHALLA.de<br />
Internet: www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Wissenschaftliche <strong>und</strong> fachliche Beratung:<br />
Dr. Wolfram Geier, Bonn; Winfried Glass, Meckenheim<br />
Manuskripte, ausschließlich Erstveröffentlichungen,<br />
nimmt die Redaktion gerne entgegen.<br />
Erscheinungsweise <strong>und</strong> Bezugsbedingungen<br />
Die „Notfallvorsorge“ erscheint 4-mal jährlich.<br />
Bestellungen direkt beim Verlag. Jahresbezugspreis<br />
35 Euro zzgl. Porto. Die Aufnahme des Abonnements<br />
ist jederzeit möglich. Irrtum <strong>und</strong> Preisänderungen vorbehalten.<br />
Titelfoto: Zerstörter Strommast in Norddeutschland,<br />
Reuters/Wolfgang Rattay<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 3
Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Kritische Infrastr<br />
Dr. Monika John-Koch, stellvertretende Zentrumsleiterin, Zentrum<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />
Katastrophenhilfe, Bonn<br />
Per Knopfdruck jederzeit verfügbare<br />
Energie, Trink- <strong>und</strong> Brauchwasser<br />
im Überfluss, ein gr<strong>und</strong>sätzlich funktionierendes<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen, berufliche<br />
<strong>und</strong> private Mobilität auf allen<br />
Verkehrsträgern, stabile Regierungen<br />
<strong>und</strong> verlässliche Verwaltungen,<br />
jederzeitiger Zugang zu Informationstechnologien<br />
<strong>und</strong> zu Netzen – so<br />
stellt sich der Alltag in industrialisierten,<br />
hochtechnisierten Gesellschaften<br />
dar. Ein Leben ohne diese Infrastruktureinrichtungen<br />
oder unter erheblichen<br />
Störungen erscheint kaum vorstellbar,<br />
staatlich verordnete Abschaltung<br />
von Energie oder Rationierung<br />
von Trinkwasser erinnern an Bilder<br />
aus einer anderen Welt. Selbst die<br />
Stromausfälle in den USA wurden als<br />
Folge unzureichender Investitionen<br />
gedeutet, die regelmäßig auftretende<br />
Hitze <strong>und</strong> Dürre in Südeuropa mit<br />
ihren Auswirkungen auf die Land<strong>und</strong><br />
Forstwirtschaft sowie die Wasser-<br />
<strong>und</strong> Energieversorgung werden<br />
als Kehrseite warmer Regionen mehr<br />
oder weniger ebenso akzeptiert wie<br />
Virenangriffe auf IT-Systeme.<br />
Doch haben das Elbehochwasser<br />
2002, die Sommerhitze 2003 <strong>und</strong><br />
zuletzt der Stromausfall im Münsterland<br />
2005 gezeigt, dass Störungen<br />
dieser vitalen Lebensadern mit ihren<br />
Auswirkungen auf das private <strong>und</strong><br />
öffentliche Leben auch hierzulande<br />
möglich sind. Der Schutz Kritischer<br />
Infrastrukturen ist daher im Rahmen<br />
der Notfallvorsorge von zentraler Bedeutung.<br />
Gefährdungen, Ver<br />
Kritische Infrastrukturen<br />
Nach einer Übereinkunft der Regierungsressorts<br />
vom November<br />
2003 sind Kritische Infrastrukturen<br />
Organisationen <strong>und</strong> Einrichtungen<br />
mit wichtiger Bedeutung <strong>für</strong> das<br />
staatliche Gemeinwesen, bei deren<br />
Ausfall oder Beeinträchtigung<br />
nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe,<br />
erhebliche Störungen der öffentlichen<br />
Sicherheit<br />
oder andere dramatische Folgen<br />
eintreten würden.<br />
Als „kritisch” gelten diese Einrichtungen,<br />
da sie <strong>für</strong> die Funktionsfä-<br />
Energieversorgung<br />
(Elektrizität, Gas, Öl)<br />
Versorgung<br />
(u.a. Trinkwasser, Ernährung,<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen, Notfall-/<br />
Rettungswesen, Entsorgung)<br />
Gefahrstoffe<br />
(Gefahrguttransporte,<br />
sensitive Industrien, Rüstung)<br />
Behörden <strong>und</strong><br />
öffentliche Verwaltung<br />
higkeit moderner Gesellschaften von<br />
essentieller Bedeutung sind, wobei<br />
insbesondere die Energieversorgung<br />
alle Bereiche des täglichen Lebens<br />
durchzieht.<br />
Innerhalb der Kritischen Infrastrukturen<br />
werden <strong>für</strong> Deutschland folgende<br />
Sektoren identifiziert (s. Grafik).<br />
Betrachtet man die einzelnen Sektoren,<br />
fällt auf, dass es sich in der<br />
Regel nicht um staatliche Einrichtungen<br />
handelt. Mehr als 80 % der <strong>für</strong><br />
die Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft<br />
notwendigen Infrastrukturen<br />
sind in ausschließlich privater Hand,<br />
werden von privaten oder privatisierten<br />
Unternehmen betrieben <strong>und</strong> gesteuert.<br />
Selbst der Sektor Behörden<br />
<strong>und</strong> Verwaltung verändert sich durch<br />
zunehmende Organisationsprivatisierung<br />
<strong>und</strong> mit dem Börsengang der<br />
Telekommunikation <strong>und</strong><br />
Informationstechnik<br />
Transport- u. Verkehrswesen<br />
(einschließlich Postwesen)<br />
Finanz-, Geld- <strong>und</strong><br />
Versicherungswesen<br />
Sonstige<br />
(Großforschungseinrichtungen,<br />
symbolträchtige Bauwerke,<br />
Kulturgut, Medien)<br />
4 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong><br />
Quelle: Jürgen Strauß, BBK
ukturen:<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />
letzlichkeit, Schutzkonzepte<br />
Bahn wird sich die Entwicklung zur<br />
Privatisierung noch verstärken.<br />
Damit fällt aber auch die Verantwortung<br />
<strong>für</strong> die Sicherheit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit<br />
dieser Infrastrukturen in<br />
private Hand. Staatliches „Durchregieren”<br />
mittels Weisung ist nicht<br />
(mehr) ohne weiteres möglich, die<br />
Aufgabe des Staates bewegt sich<br />
vorrangig im Rahmen einer Gewährleistung,<br />
allenfalls der Sicherstellung<br />
der Versorgung in Krisenzeiten, wenn<br />
der Markt nicht mehr funktioniert.<br />
Diese Entwicklungen haben aus ökonomischer<br />
Sicht durchaus Vorteile;<br />
sie können aber im Rahmen der Vorsorgeplanung<br />
zu Defiziten führen <strong>und</strong><br />
sich bei Katastrophen nachteilig auf<br />
die Versorgung mit lebensnotwendigen<br />
Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen auswirken.<br />
Bei Schadensereignissen von<br />
erheblichem Ausmaß bedarf es daher<br />
eines organisierten Zusammenwirkens<br />
zwischen Staat <strong>und</strong> Wirtschaft.<br />
Gefährdungen <strong>und</strong><br />
Verletzlichkeit<br />
Kritischer Infrastrukturen<br />
Kritische Infrastrukturen sind einer<br />
breiten Palette von Gefährdungen<br />
ausgesetzt, die nicht nur „traditioneller”<br />
Natur sind, sondern auch eine<br />
spezifische Verletzlichkeit dieser Infrastrukturen<br />
umfasst:<br />
Schweren Naturkatastrophen sind<br />
Infrastruktureinrichtungen oftmals<br />
schutzlos ausgeliefert: Verkehrstrassen,<br />
Stromleitungen <strong>und</strong> andere<br />
netzbasierte Infrastrukturen lassen<br />
sich bei Hochwasser nicht verlegen,<br />
Strommasten müssen<br />
Orkanen trotzen (können), die Ver-<br />
sorgung der Bevölkerung mit<br />
Trinkwasser <strong>und</strong> der Industrie mit<br />
Brauchwasser muss auch bei lang<br />
andauernder, großer Hitze gewährleistet<br />
sein. Daneben können so<br />
genannte man-made hazards, d.h.<br />
technisches oder menschliches<br />
Versagen, kriminelle Handlungen<br />
<strong>und</strong> terroristische Anschläge sowie<br />
organisatorische Defizite zu<br />
massiven Schäden führen <strong>und</strong> die<br />
Funktionsfähigkeit Kritischer Infrastrukturen<br />
erheblich beeinträchtigen.<br />
Eine KRITIS-spezifische Verletzlichkeit<br />
ergibt sich aus teils massiven<br />
wechselseitigen Abhängigkeiten,<br />
die sich potenzieren <strong>und</strong> ein<br />
besonders hohes Schadenspotential<br />
entwickeln können. Da alle Sektoren<br />
gleichermaßen von einer zuverlässigen<br />
Energieversorgung abhängig<br />
sind, hat ihr Schutz beson-<br />
deres Gewicht. Wie ein Stromausfall<br />
das private <strong>und</strong> öffentliche Leben<br />
beeinträchtigen kann, haben<br />
die Ereignisse im Münsterland im<br />
November 2005 gezeigt: z.T.<br />
tagelang weder Licht noch Heizung<br />
noch Trinkwasser, Verkehrseinschränkungen,<br />
Einschnitte in der<br />
Ges<strong>und</strong>heitsversorgung, massive<br />
Probleme bei der Versorgung von<br />
Nutztieren im landwirtschaftlichen<br />
Bereich etc. Betroffen waren v.a.<br />
Privathaushalte in einer ländlichen<br />
Gegend, die Auswirkungen in einer<br />
Großstadt wie Berlin oder in<br />
der Bankenmetropole Frankfurt<br />
wären katastrophal.<br />
Darüber hinaus stellen Kritische<br />
Infrastrukturen aufgr<strong>und</strong> ihrer Bedeutung<br />
<strong>für</strong> die Gesellschaft ein<br />
potenzielles Angriffsziel etwa <strong>für</strong><br />
terroristische Anschläge dar: Getroffen<br />
würden eine zentrale Ader<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 5<br />
Foto: THW<br />
Foto: creativ collection
Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />
des gesellschaftlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />
Lebens <strong>und</strong> damit<br />
eine Vielzahl von Nutzern dieser<br />
Infrastruktureinrichtungen. Die<br />
Anschläge von Madrid <strong>und</strong> London<br />
haben dies in bedrückender<br />
Weise gezeigt.<br />
Nicht zuletzt stellen Kritische Infrastrukturen<br />
aber auch selbst eine<br />
Gefahrenquelle dar, d.h. die Gefährdung<br />
kann aktiv von ihnen ausgehen.<br />
Zu nennen sind hier<br />
beispielsweise die mit kerntechnischen<br />
oder petrochemischen Anlagen<br />
oder mit dem Transport bzw.<br />
der Lagerung gefährlicher Güter<br />
verb<strong>und</strong>enen Gefahrenpotentiale.<br />
Schutzkonzepte<br />
Um die Funktionsfähigkeit von<br />
Staat <strong>und</strong> Gesellschaft zu erhalten<br />
<strong>und</strong> dauerhaft zu gewährleisten, ist<br />
der Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
sowohl in präventiver Hinsicht als<br />
auch im Krisenfall selbst von außerordentlicher<br />
Bedeutung. Anknüp-<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
➜ Intensivversorgung?<br />
➜ Ambulante Versorgung?<br />
Medien<br />
➜ Warnung<br />
➜ Information?<br />
Behörden/Verwaltung<br />
➜ Erreichbarkeit?<br />
➜ Funktionsfähigkeit?<br />
fungspunkte <strong>für</strong> Schutzmaßnahmen<br />
ergeben sich aus gesetzlichen Regelungen,<br />
Anlagen gegenüber möglichen<br />
Gefahren zu sichern <strong>und</strong> die<br />
hier<strong>für</strong> notwendigen Maßnahmen zu<br />
ergreifen. Jedoch folgen diese Regelungen<br />
einem sehr unterschiedlichen<br />
Konkretisierungsgrad, der sich zwischen<br />
Generalklauseln <strong>und</strong> der Vorlage<br />
eines ausdifferenzierten Sicherheitskonzeptes<br />
bewegt.<br />
Von den Verbänden werden zudem<br />
Regelwerke, Richtlinien oder<br />
Leitfäden veröffentlicht, die Standards<br />
<strong>für</strong> den Schutz der Infrastruktureinrichtungen<br />
vorgeben <strong>und</strong> Empfehlungen<br />
zur Umsetzung von<br />
Schutzmaßnahmen geben. Allerdings<br />
handelt es sich hierbei oftmals<br />
um Vorkehrungen im Rahmen des<br />
Objektschutzes <strong>und</strong> der Zugangssicherung.<br />
Um sämtliche Gefährdungen angemessen<br />
zu berücksichtigen (all-hazard-Ansatz),<br />
die Bedeutung der<br />
Funktionsfähigkeit Kritischer Infrastrukturen<br />
zu unterstreichen <strong>und</strong> ei-<br />
Transport/Verkehr<br />
➜ Straße: Ampelanlagen<br />
➜ Schiene: Leitzentrale?<br />
Oberleitungen?<br />
Stromausfall<br />
Telekommunikation<br />
➜ Alarmierung<br />
Bereitschaftsdienst?<br />
➜ Notruf?<br />
nen effektiven Schutz zu erreichen,<br />
ist es angebracht, darüber hinaus einschlägige<br />
Konzepte, Masterpläne,<br />
Empfehlungen oder Leitfäden zu erstellen.<br />
Sie stehen nicht neben vorhandenen<br />
Regelungen oder ersetzen<br />
diese, sondern dienen der Ergänzung<br />
<strong>und</strong> fassen unterschiedliche Aspekte<br />
in einer Konzeption zusammen.<br />
Sektorübergreifende<br />
Schutzkonzepte<br />
Wesentliche Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> die<br />
Akzeptanz von Maßnahmen zum<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong><br />
ihre Umsetzung sind ein kooperatives<br />
Vorgehen von Staat <strong>und</strong> Unternehmen<br />
sowie ein vertrauensvoller<br />
Dialog.<br />
Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage haben das<br />
B<strong>und</strong>esministerium des Innern, das<br />
B<strong>und</strong>eskriminalamt <strong>und</strong> das <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />
Katastrophenhilfe gemeinsam mit<br />
Vertretern aus der Wirtschaft ein Konzept<br />
<strong>für</strong> den Basisschutz in Unterneh-<br />
IT<br />
➜ Leitstellen?<br />
➜ Einsatzplanung?<br />
➜ Klimaanlagen?<br />
Gefahrstoffe<br />
➜ Lagerung/Sicherung?<br />
Versorgung<br />
➜ Tanksäulen/Kraftstoff?<br />
➜ Trinkwasser/Kühlhäuser?<br />
6 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong><br />
Quelle: BBK
men erarbeitet, das im September<br />
2005 veröffentlicht wurde. Dieses<br />
„Basisschutzkonzept – Empfehlungen<br />
<strong>für</strong> Unternehmen”, das einem all-hazard-Ansatz<br />
folgt, gibt Unternehmensleitungen<br />
<strong>und</strong> Sicherheitsverantwortlichen<br />
Handreichungen zum physischen<br />
Schutz insbesondere <strong>für</strong> stationäre<br />
Anlagen. Das Basisschutzkonzept<br />
enthält Erläuterungen zu Gefährdungsarten<br />
<strong>und</strong> zu gefährdeten Unternehmensbereichen<br />
sowie Anhaltspunkte<br />
<strong>für</strong> die Ermittlung von Schutzzielen<br />
<strong>und</strong> Empfehlungen <strong>für</strong> Schutzmaßnahmen.<br />
Kern des Konzeptes ist<br />
eine Muster-Checkliste, die je nach<br />
Ausgangslage ergänzt <strong>und</strong> angepasst<br />
werden kann.<br />
Schutzkonzepte<br />
<strong>für</strong> einzelne Sektoren<br />
Neben einem Basisschutz quer<br />
über alle Sektoren ist es unerlässlich,<br />
auch <strong>für</strong> einzelne Sektoren Gefährdungen<br />
zu analysieren, sich über<br />
Schutzziele zu verständigen <strong>und</strong> Maßnahmen<br />
festzulegen. Diese Schutzkonzepte<br />
können sich ebenfalls auf<br />
einen – sektoralen – Basisschutz beziehen,<br />
sie können aber auch in den<br />
Bereich des Spezialschutzes hineinreichen,<br />
der den erforderlichen Geheimhaltungsregeln<br />
unterliegt.<br />
Bislang wurden in einem gemeinsamen<br />
Dialog zwischen dem BBK <strong>und</strong><br />
Anwendern zwei Konzepte erarbeitet:<br />
Zusammen mit den im Notfall- <strong>und</strong><br />
Rettungswesen tätigen Hilfsorganisationen<br />
hat das BBK einen Leitfaden<br />
„Basisschutz <strong>für</strong> Katastrophen-<br />
<strong>und</strong> Hilfsorganisationen<br />
sowie Einrichtungen der Wohlfahrtspflege”<br />
erarbeitet. Dieser Leitfaden,<br />
der auf dem Basisschutzkonzept<br />
<strong>für</strong> Unternehmen beruht,<br />
umfasst Empfehlungen zur Reduzierung<br />
der Verletzlichkeit speziell<br />
von Organisationen <strong>und</strong> Einrichtungen<br />
des Notfall- <strong>und</strong> Rettungswesens<br />
sowie Maßnahmen zur<br />
Aufrechterhaltung des Betriebes.<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Wenn auch großflächige <strong>und</strong> lang<br />
anhaltende Beeinträchtigungen<br />
oder gar Ausfälle der Wasserversorgung<br />
unter normalen Umständen<br />
nicht zu erwarten sind, stellt<br />
sich doch die Frage, ob die implementierten<br />
Maßnahmen auch bei<br />
Extremereignissen eine bestmögliche<br />
Versorgungssicherheit bieten<br />
können. In einem Leitfaden zur<br />
Erstellung <strong>und</strong> Umsetzung eines einfachen<br />
Risikomanagements in Wasserversorgungsunternehmenwerden<br />
Handlungsempfehlungen zur<br />
Erhöhung der Sicherheit in den Bereichen<br />
gegeben, die derzeit noch<br />
Defizite aufweisen. Der Leitfaden<br />
soll sensibilisieren <strong>und</strong> Unternehmen<br />
unterstützen, kritische Bereiche<br />
zu identifizieren <strong>und</strong> auf effiziente<br />
Weise sicherer zu gestalten.<br />
Gefährdungsbezogene<br />
Schutz- <strong>und</strong><br />
Vorsorgekonzepte<br />
Darüber hinaus ist auch an Maßnahmekataloge<br />
zu denken, die sich<br />
mit einzelnen Gefährdungsarten befassen,<br />
denen Kritische Infrastrukturen<br />
ausgesetzt sind <strong>und</strong> die ihre Funktionsfähigkeit<br />
in besonderem Maße<br />
beeinträchtigen können. Zwei aktuelle<br />
Beispiele sollen dies verdeutlichen:<br />
Wie wichtig die Vorbereitung auf<br />
einen Energieausfall ist, haben verschiedene<br />
Ereignisse der letzten<br />
Jahre verdeutlicht. Zur Unterstützung<br />
<strong>für</strong> den Aufbau <strong>und</strong> Betrieb<br />
einer zuverlässigen Notstromversorgung<br />
wurde vom BBK ein „Leitfaden<br />
<strong>für</strong> die Einrichtung <strong>und</strong> den<br />
Betrieb einer Notstromversorgung<br />
in Behörden <strong>und</strong> anderen wichtigen<br />
öffentlichen Einrichtungen”<br />
erarbeitet <strong>und</strong> Interessierten zur<br />
Verfügung gestellt.<br />
Für viele Unternehmen ist die Vorbereitung<br />
auf Epidemien <strong>und</strong> Pandemien<br />
noch neu. Zur Unterstützung<br />
bei der Planung, aber auch<br />
zur besseren Abstimmung <strong>und</strong> Koordinierung<br />
staatlicher <strong>und</strong> unternehmerischer<br />
Maßnahmen werden<br />
in einer B<strong>und</strong>-Länder-Arbeitsgruppe,<br />
an der auch Vertreter von<br />
KRITIS-Unternehmen beteiligt sind,<br />
Vorkehrungen im Bereich Personal,<br />
Ressourcen, Organisation <strong>und</strong><br />
Kommunikation <strong>für</strong> eine Empfehlung<br />
zur Pandemieplanung in Unternehmen<br />
zusammengestellt.<br />
Ausblick<br />
Kritische Infrastrukturen sind die<br />
Lebensader von Staat, Gesellschaft<br />
<strong>und</strong> Wirtschaft. Ihr Schutz <strong>und</strong> die<br />
Gewährleistung einer zuverlässigen<br />
Versorgung ist eine der vordringlichsten<br />
Aufgaben im Bereich der Notfallvorsorge<br />
<strong>und</strong> Notfallplanung. Zuständig<br />
<strong>für</strong> die Sicherheit der Einrichtungen<br />
<strong>und</strong> den Schutz des Personals<br />
sind zwar vorrangig die Unternehmen,<br />
aber auch der Staat trägt Verantwortung<br />
<strong>für</strong> die Sicherheit <strong>und</strong><br />
den Schutz seiner Bürger. Damit<br />
überlappen sich staatliche, gesellschaftliche<br />
<strong>und</strong> unternehmerische<br />
Verantwortungsbereiche <strong>für</strong> den<br />
Schutz KRITIS, gleichzeitig stützen<br />
<strong>und</strong> ergänzen sie sich aber auch.<br />
Damit Staat <strong>und</strong> Wirtschaft ihre<br />
gemeinsame Verantwortung <strong>für</strong> den<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
wahrnehmen können, ist es notwendig,<br />
bereits im Vorfeld von Ereignissen<br />
Strukturen, Funktionen <strong>und</strong> Verfahren<br />
des Partners – das „Ticken”<br />
des Gegenübers – zu kennen. Ein<br />
vertrauensvoller, intensiver Dialog<br />
zwischen Staat <strong>und</strong> Wirtschaft auf<br />
Augenhöhe im Zuge der Vorsorge<strong>und</strong><br />
Maßnahmeplanung sowie eine<br />
enge Kooperation im Ereignisfall<br />
sind der richtige Weg <strong>für</strong> eine Erfolg<br />
versprechende Arbeit zum<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong><br />
dienen dazu, gesamtstaatliche Sicherheit<br />
als partnerschaftliche Aufgabe<br />
zu verstehen <strong>und</strong> wirkungsvoll<br />
umzusetzen.<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 7
Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Gefahren <strong>und</strong><br />
bestimmen das Risiko <strong>für</strong><br />
Dipl.-Geogr. Susanne Lenz, M. Sc., Referentin, Dipl.-Ing. Peter Lauwe,<br />
Referent, Zentrum Schutz Kritischer Infrastrukturen, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
<strong>und</strong> Katastrophenhilfe, Bonn<br />
Das Elbehochwasser im August 2002 oder die Stromausfälle im Raum Trier<br />
im September 2004 <strong>und</strong> im Münsterland im November 2005 haben einen<br />
Eindruck darüber vermittelt, welche Auswirkungen extreme Ereignisse auch<br />
gerade auf Kritische Infrastrukturen haben können.<br />
Ausfälle in Infrastruktureinrichtungen<br />
wachsen auf der System- bzw.<br />
Anlagenebene auf <strong>und</strong> können sich<br />
aufgr<strong>und</strong> der Komplexität <strong>und</strong> der<br />
Vernetzung technischer Systeme<br />
schnell fortpflanzen. Massive gegenseitige<br />
Abhängigkeiten der Dienstleistungen<br />
führen dazu, dass auch lokale<br />
Ereignisse regionale oder gar landesweite<br />
Bedeutung erreichen<br />
können.<br />
Setzt man nun voraus, dass sich<br />
bestimmte Gefahren in den nächsten<br />
Jahren <strong>und</strong> Jahrzehnten noch<br />
verstärken werden, ist zukünftig mit<br />
noch dramatischeren Auswirkungen<br />
zu rechnen. Dieser Entwicklung muss<br />
Rechnung getragen werden. Die<br />
größten Risiken müssen frühzeitig<br />
erkannt werden, um effektive <strong>und</strong> effiziente<br />
Risiko mindernde Maßnahmen<br />
entwickeln <strong>und</strong> umsetzen zu<br />
können.<br />
Risiken zu erfassen bedeutet, folgende<br />
Fragen zu beantworten:<br />
Was kann wo passieren?<br />
Wie wahrscheinlich ist ein Extremereignis?<br />
Welche Konsequenzen kann ein<br />
Extremereignis haben? 1<br />
Die Beantwortung dieser Fragen<br />
setzt voraus, mögliche Gefahren im<br />
Allgemeinen <strong>und</strong> Standort bezogene<br />
Gefährdungen 2 im Besonderen zu<br />
analysieren. Außerdem ist die Verletzlichkeit<br />
Kritischer Infrastrukturen<br />
hinsichtlich dieser Gefährdungen zu<br />
ermitteln. Verletzlichkeit bedeutet<br />
hierbei, dass von der Ebene der technischen<br />
Bauteile bis hin zur übergeordneten<br />
Ebene der Lage im Raum,<br />
beispielsweise durch die Konzentra-<br />
tion wichtiger Infrastruktureinrichtungen<br />
in Gefahrenzonen, Anfälligkeiten<br />
bestehen, die zur Verschärfung einer<br />
Katastrophe beitragen können.<br />
Im Zentrum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
<strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />
(BBK) wird derzeit an zwei Teilprojekten<br />
gearbeitet, die einen<br />
gr<strong>und</strong>legenden Einblick in die beiden<br />
Risikoaspekte Gefahren <strong>und</strong> Verletzlichkeit<br />
auf der übergeordneten Ebene<br />
geben sollen. Mittelfristig sollen<br />
die beiden Aspekte zusammengeführt<br />
werden, um Risikoaussagen<br />
<strong>für</strong> Kritische Infrastrukturen <strong>und</strong> damit<br />
<strong>für</strong> die Bevölkerung treffen zu<br />
können.<br />
Erstellung von Gefahrenkarten<br />
<strong>für</strong> Deutschland<br />
Extreme Gefahren können zu außergewöhnlichen<br />
Katastrophen in<br />
der Gesellschaft führen. Aus dem<br />
Blickwinkel des <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es<br />
zählen zu diesen Gefahren:<br />
Extreme Naturereignisse<br />
Gefahren aus technischem <strong>und</strong>/<br />
oder menschlichem Versagen<br />
Gefahren aus vorsätzlichen Handlungen<br />
Die Aufgabe des Staates ist es, die<br />
Bevölkerung vor solchen Gefahren so<br />
gut wie möglich zu schützen. Gr<strong>und</strong>lage<br />
<strong>für</strong> jeglichen Schutz ist die<br />
Kenntnis der potenziellen Gefahren<br />
sowie eine Abschätzung ihrer möglichen<br />
Auswirkungen.<br />
Zu diesem Zweck werden im Rahmen<br />
des Teilprojektes „Erstellung<br />
von Gefahrenkarten <strong>für</strong> Deutschland“<br />
im BBK Daten zu potenziellen Gefahren,<br />
Hauptinfrastrukturen <strong>und</strong> Bevölkerungskennzahlen<br />
in Deutschland<br />
zusammengetragen <strong>und</strong> in ein Geographisches<br />
Informationssystem<br />
(GIS) überführt.<br />
Ein solches System dient der<br />
raumbezogenen Darstellung der Daten<br />
<strong>und</strong> bietet die Möglichkeit, Fragestellungen<br />
hinsichtlich der qualitativen<br />
Auswirkung von Katastrophen<br />
durch die sinnvolle Verschneidung<br />
von Informationen zu Gefahren, Infrastruktureinrichtungen<br />
<strong>und</strong> Bevölkerungskennzahlen<br />
zu beantworten.<br />
Das Ergebnis solcher Verschneidungen<br />
kann in Form von Karten bildhaft<br />
dargestellt werden. Diese Darstellung<br />
liefert, weit im Vorfeld von Katastrophen,<br />
intuitiv erfassbare Erkenntnisse,<br />
welche im <strong>Bevölkerungsschutz</strong> als<br />
Entscheidungshilfe eingesetzt werden<br />
können.<br />
Derzeit liegen erste Übersichtskarten<br />
zu den folgenden Gefahren vor:<br />
Erdbeben<br />
Hagel<br />
Pandemien/Epidemien<br />
Unfälle im Umfeld Kritischer Infrastrukturen<br />
Potenziell gefährdete Bereiche hinsichtlich<br />
vorsätzlicher Handlungen<br />
Parallel dazu konnten bereits Daten<br />
zu den folgenden Infrastrukturen<br />
erhoben werden:<br />
Energieversorgung/Strom, Gas, Öl<br />
Ges<strong>und</strong>heitsversorgung<br />
Chemische Anlagen<br />
Transport <strong>und</strong> Verkehr<br />
In einem weiteren Schritt werden<br />
Bevölkerungskennzahlen in das GIS<br />
integriert, um direkte Auswirkungen<br />
von Katastrophen abschätzen zu können.<br />
Zum jetzigen Zeitpunkt liegen<br />
Informationen zu den folgenden Bevölkerungskennzahlen<br />
vor:<br />
Einwohnerdichte<br />
Bruttoinlandsprodukt<br />
Beschäftigtenquote<br />
Erwerbsquote<br />
8 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
Verletzlichkeit<br />
Kritische Infrastrukturen<br />
Foto: BBK<br />
Gefahr eines 500-jährigen Erdbebens in Deutschland<br />
Natürlich kann niemand den genauen<br />
Verlauf extremer Ereignisse<br />
vorhersagen. Auch ein System wie<br />
das oben beschriebene GIS wird<br />
immer nur Anhaltspunkte zu gefährdeten<br />
Zonen liefern können, die<br />
zudem von den Annahmen beeinflusst<br />
sind, die von den Bearbeitern<br />
getroffen werden. Mit zunehmender<br />
Informationsdichte <strong>und</strong> zunehmen-<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />
der Datenfülle können jedoch realitätsnahe<br />
Annahmen getroffen <strong>und</strong><br />
qualitativ hochwertige Ergebnisse<br />
generiert werden.<br />
Dies setzt eine enge Kooperation<br />
mit den maßgeblichen Akteuren im<br />
Behördenumfeld voraus. Erste Schritte<br />
hierzu sind im Rahmen des Teilprojektes<br />
„Erstellung von Gefahrenkarten<br />
<strong>für</strong> Deutschland“ unternom-<br />
men. Auf der B<strong>und</strong>esebene wurden<br />
erste Kontakte geknüpft <strong>und</strong> Informationen<br />
ausgetauscht. Dieser Prozess<br />
soll fortgesetzt werden. Eine Ausweitung<br />
der Kooperation <strong>und</strong> ein Export<br />
der Methodik auf die regionale <strong>und</strong><br />
lokale Ebene sind durchaus denkbar.<br />
Vulnerabilitätsanalysen <strong>für</strong><br />
Kritische Infrastrukturen<br />
Das Ausfallrisiko von Kritischen<br />
Infrastrukturen wird neben der Gefährdung<br />
maßgeblich von der Vulnerabilität<br />
(Verletzlichkeit) 3 der jeweiligen<br />
Infrastruktur bestimmt. Durch<br />
eine Verringerung der Verletzlichkeit<br />
kann das Ausfallrisiko somit deutlich<br />
reduziert werden. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />
ist die Entwicklung von Verfahren<br />
zur Analyse <strong>und</strong> Bestimmung<br />
von Vulnerabilität ein zentraler Bestandteil<br />
der Aktivitäten zum Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen.<br />
Der Begriff Vulnerabilität steht <strong>für</strong><br />
ein abstraktes Phänomen, das sich<br />
als Schadenanfälligkeit eines Objekts<br />
oder Systems gegenüber einem Gefahrenereignis<br />
spezifischer Art <strong>und</strong><br />
Stärke umschreiben lässt. Verletzlichkeit<br />
ist demnach gefahrenbezogen<br />
<strong>und</strong> kommt erst dann zum Tragen,<br />
wenn sich eine Gefahr in einem schädigenden<br />
Ereignis realisiert. Sie manifestiert<br />
sich in den Auswirkungen<br />
des Ereignisses, z. B. in physischen<br />
Schäden, die zum Ausfall einer Infrastruktur<br />
führen.<br />
Die Verletzlichkeit eines Objekts<br />
wird durch zahlreiche Faktoren bestimmt,<br />
die sich zum Teil wechselseitig<br />
beeinflussen. Es gilt, diese Faktoren<br />
zu identifizieren sowie ihren jeweiligen<br />
Einfluss objektbezogen im<br />
Rahmen von Vulnerabilitätsanalysen<br />
zu ermitteln. Die Ergebnisse solcher<br />
Analysen können genutzt werden,<br />
um den aktuellen Grad der Verletzlichkeit<br />
zu ermitteln, um deren Veränderungen<br />
über die Zeit zu beobachten<br />
<strong>und</strong> um unterschiedliche In-<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 9
Foto: BBK<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
Risikobestimmung <strong>für</strong> das KRITIS-System<br />
frastrukturen bzw. deren Komponenten<br />
in Bezug auf ihre Verletzlichkeit<br />
zu vergleichen. Darüber hinaus können<br />
sie als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Planung<br />
<strong>und</strong> Durchführung geeigneter Maßnahmen<br />
zur Reduzierung der Vulnerabilität<br />
<strong>und</strong> zur Überprüfung der<br />
Wirksamkeit verwendet werden. Das<br />
komplexe <strong>und</strong> hochgradig vernetzte<br />
System der Kritischen Infrastrukturen<br />
ist in vielfältiger Weise verletzlich. Es<br />
setzt sich aus zahlreichen Elementen<br />
zusammen, die in folgenden hierarchischen<br />
Ebenen angeordnet sind (s.<br />
Grafik):<br />
Ebene der Kritischen Infrastruktursektoren<br />
4 ,<br />
Ebene der Teilinfrastrukturen innerhalb<br />
der Sektoren,<br />
Ebene der Komponenten, aus denen<br />
sich die Teilinfrastrukturen<br />
zusammensetzen,<br />
Ebene der Bestandteile der einzelnen<br />
Infrastrukturkomponenten.<br />
Die Elemente der einzelnen Ebenen<br />
sind durch vielfältige vertikale (innerhalb<br />
der Ebene) <strong>und</strong> horizontale<br />
(zwischen den Ebenen) Abhängigkeitsbeziehungen<br />
miteinander verflochten.<br />
So kann der Ausfall eines<br />
Elements auf der untersten hierarchischen<br />
Ebene Auswirkungen auf Elemente<br />
der nächsthöheren Ebene haben,<br />
die sich kaskadenartig bis zur<br />
obersten Ebene der Infrastruktursektoren<br />
fortsetzen können. Vor diesem<br />
Hintergr<strong>und</strong> gilt es, Vulnerabilitätsanalysen<br />
auf allen hierarchischen<br />
Ebenen des Systems der Kritischen<br />
Infrastrukturen durchzuführen, um<br />
sowohl die Verletzlichkeit einzelner<br />
Elemente als auch die gesamter In-<br />
frastrukturen oder Sektoren zu ermitteln.<br />
In Verbindung mit entsprechenden<br />
Gefährdungsanalysen können<br />
Risiken (z. B. in Bezug auf den Ausfall<br />
von Infrastrukturanlagen) ermittelt<br />
werden.<br />
Die Gesellschaft ist in hohem Maße<br />
auf die Güter <strong>und</strong> Dienste angewiesen,<br />
die durch Kritische Infrastrukturen<br />
bereitgestellt werden. Daher sollte<br />
im Rahmen eines präventiven <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es<br />
neben der<br />
Verletzlichkeit der Kritischen Infrastrukturen<br />
auch die Vulnerabilität der<br />
Gesellschaft in Bezug auf ihre Abhängigkeit<br />
von diesen untersucht werden.<br />
Hier<strong>für</strong> bedarf es allerdings eines<br />
eigenen Analyseverfahrens, da<br />
die Verletzlichkeit der Gesellschaft<br />
von anderen Faktoren bestimmt wird<br />
als die der Kritischen Infrastrukturen.<br />
Fußnoten<br />
1 Angepasst nach Haimes, Yacov Y.,<br />
Risk Modeling, Assessment, and Management,<br />
John Wiley & Sons, 2004.<br />
2 Gefährdung: eine abstrakte Gefahr<br />
wird zu einer konkreten Gefährdung,<br />
wenn Menschen, Umwelt, Gebäude,<br />
Anlagen <strong>und</strong> Geräte etc. dieser durch<br />
ihren Standort ausgesetzt sind.<br />
3 Die Begriffe Vulnerabilität <strong>und</strong> Verletzlichkeit<br />
werden hier synonym verwendet.<br />
4 KRITIS-Sektoren: Transport <strong>und</strong><br />
Verkehr; Energieversorgung; Gefahrenstoffe;<br />
Informationstechnik <strong>und</strong><br />
Telekommunikation; Finanz-, Geld<strong>und</strong><br />
Versicherungswesen; Versorgung;<br />
Behörden <strong>und</strong> Verwaltung;<br />
Sonstiges, siehe Übersicht auf<br />
S. 4.<br />
Risikok<br />
Papa, was<br />
Dipl.-Pol. Giulio Gullotta, Referent,<br />
Zentrum Notfallvorsorge <strong>und</strong><br />
Notfallplanung, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong><br />
<strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe,<br />
Bonn<br />
Die so genannten „Kritischen Infrastrukturen”<br />
(KRITIS) erleben eine<br />
Renaissance der Wahrnehmung ihrer<br />
Bedeutung in Politik <strong>und</strong> Gesellschaft.<br />
Die Friedensdividende der<br />
1990er hatte sie aus dem Fokus weiter<br />
Teile der Bevölkerung gedrängt.<br />
Lediglich Fachbehörden befassten<br />
sich noch mit der Sicherstellung von<br />
Lebensgr<strong>und</strong>lagen unseres Gemeinwesens<br />
in Krisensituationen, dem<br />
Schutz von KRITIS. Terroranschläge<br />
<strong>und</strong> Naturkatastrophen mit Versorgungsausfällen<br />
in den vergangenen<br />
Jahren haben jedoch allen Bürgern<br />
das Verletzlichkeitsparadox<br />
moderner Gesellschaften dramatisch<br />
offenbart: Je sicherer eine Versorgungsleistung<br />
ist, desto stärker<br />
wirkt sich jede Störung von Produktion,<br />
Vertrieb <strong>und</strong> Konsum dieser<br />
Versorgungsleistung aus. Die Bürger<br />
sind es nicht (mehr) gewohnt,<br />
auf Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen zu<br />
verzichten. Existenzbedrohende<br />
Ausfälle erschienen abwegig.<br />
Schlüsselereignisse, wie Terroranschläge,<br />
extreme Wetterereignisse<br />
<strong>und</strong> Unfälle steigern den Willen, sich<br />
mit Gefährdungen auseinanderzusetzen.<br />
Die Befassung mit Risiken, die<br />
sachliche/fachliche <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />
Reflexion darüber, wird als Risikokommunikation<br />
bezeichnet (vgl.<br />
Abbas u. a. (2005)). Dabei umspannen<br />
die Risiken alle denkbaren Bereiche:<br />
den Absturz kosmischer Flugkörper<br />
genauso wie das Rauchen,<br />
Elektrosmog oder Überschwemmungen.<br />
Im Alltag sind sich die Bürger<br />
eines Risikos (Schadensausmaß x<br />
Eintrittswahrscheinlichkeit) oft nicht<br />
bewusst. Bereits banale Anlässe,<br />
10 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
Schutz Kritischer <strong>Bevölkerungsschutz</strong> Infrastrukturen <strong>und</strong> – Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Kommune<br />
Der Schutz kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong> die Kommunikationsfähigkeit der Akteure<br />
mmunikation, oder:<br />
ist denn eine „Polderwiese”?<br />
etwa die im Titel benannte Frage eines<br />
Kindes beim Spielen auf der Polderwiese<br />
(Retentionsfläche am<br />
Rhein) können Auslöser <strong>für</strong> die Auseinandersetzung<br />
des Laien mit Risiken<br />
sein. Experten befassen sich regelmäßig<br />
mit Risiken. Dabei bewegen<br />
sie sich immer in einem Spannungsfeld:<br />
einerseits können sie<br />
durch die Weitergabe ihres Wissens<br />
andere sensibilisieren – etwa die Bevölkerung<br />
– <strong>und</strong> sie damit vorbereiten,<br />
andererseits kann Information<br />
ängstigen oder verunsichern.<br />
Restrisiko – eine gesellschaftliche<br />
Entscheidung<br />
Dennoch, die Bewertung von Risiken<br />
muss – genauso wie die Festlegung<br />
des Umgangs mit ihnen – in<br />
einem gesamtgesellschaftlichen Dialog<br />
erfolgen. Nur so kann ermittelt<br />
werden, welche Risiken gesellschaftlich<br />
akzeptiert oder akzeptabel sind,<br />
welcher Schutz gegen welches Ereignis<br />
gewollt ist oder welchen die<br />
Gemeinschaft sich leisten möchte.<br />
Mit welchem Restrisiko ist die Gesellschaft<br />
bereit zu leben? Was soll<br />
überhaupt geschützt werden?<br />
Diese Fragen hat das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />
mit Blick auf die<br />
friedliche Nutzung der Kernenergie<br />
bereits im so genannten „Kalkar-Urteil”<br />
(1978) aufgeworfen. Nicht nur<br />
die Beantwortung der Fragen, sondern<br />
bereits die Befassung mit ihnen<br />
steht in Deutschland <strong>für</strong> viele Risiken<br />
noch aus. Andere Länder sind schon<br />
weiter. So Belgien, die Niederlande<br />
<strong>und</strong> die Schweiz, wo <strong>für</strong> die Bestimmung<br />
des akzeptablen Risikos quantitative<br />
Gesichtspunkte herangezogen<br />
werden: etwa die Anzahl der zu erwartenden<br />
Todesfälle pro Jahr (z. B.<br />
1 Todesfall in 10.000 Jahren) bei der<br />
Zulassung von technischen Anlagen.<br />
Die Auseinandersetzung mit Risiken<br />
endet in der Definition von<br />
Schutzzielen. Dabei gilt, dass je konkreter<br />
ein Schutzziel festgelegt wird,<br />
desto effektiver <strong>und</strong> effizienter kann<br />
die Planung der da<strong>für</strong> nötigen Maßnahmen<br />
<strong>und</strong> die Berechnung der Vorhalteleistungen<br />
erfolgen (Ständige<br />
Konferenz <strong>für</strong> Katastrophenvorsorge<br />
<strong>und</strong> Katastrophenschutz (2003)).<br />
Abstrakte Zielsetzungen, wie<br />
„Schutz von Menschenleben, Tieren,<br />
Umwelt ...”, helfen bei der Vorsorgeplanung<br />
nicht weiter. Ein Schutzziel<br />
in diesem Sinne wäre beispielsweise<br />
bei der Trinkwasser(not)versorgung<br />
der Bevölkerung „Bereitstellung von<br />
2,5 l Trinkwasser pro Person <strong>und</strong> Tag”.<br />
Risikokommunikation<br />
von Fachbehörden<br />
Einen erheblichen Beitrag bei der<br />
Auseinandersetzung mit Gefahren<br />
<strong>und</strong> Bedrohungen <strong>für</strong> die Bevölkerung<br />
leisten Behörden, deren fachlicher<br />
Schwerpunkt sich oft schon im<br />
Namen wiederfindet 1 . Eine B<strong>und</strong>es-<br />
behörde, die sich mit unterschiedlichen<br />
Risiken befasst, ist das <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong><br />
<strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />
(BBK). Im Bereich der<br />
Risikokommunikation beschreitet es<br />
einen etablierten Weg. Potenzielle<br />
Risiken werden zunächst behördenintern<br />
diskutiert. Dabei werden Stärke<br />
eines Ereignisses, Schadensausmaß,<br />
Verletzlichkeit <strong>und</strong> Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
betrachtet. Immer<br />
geht es bei der Diskussion darum,<br />
welche Risiken akzeptabel sind oder<br />
wie sie sich auf ein akzeptables Maß<br />
reduzieren lassen. Denn häufig können<br />
Faktoren beeinflusst werden. So,<br />
wie das Tragen eines Helmes beim<br />
Fahrradfahren im Falle eines Unfalls<br />
dessen Folgen zu verringern vermag,<br />
reduziert die Vorratshaltung die Auswirkungen<br />
eines Versorgungsengpasses.<br />
Leider ist die Sachlage nicht immer<br />
so offensichtlich wie im genannten<br />
Beispiel. Oft gibt es unterschiedliche<br />
Auffassungen darüber, welche Kriterien<br />
oder Schwellenwerte maßgeblich<br />
sind. Die Fachleute des BBK tauschen<br />
sich daher regelmäßig <strong>und</strong><br />
anlassbezogen mit Kollegen aus B<strong>und</strong>es-<br />
<strong>und</strong> Landesbehörden aus. Auch<br />
in der Wissenschaft, der gewerblichen<br />
Wirtschaft <strong>und</strong> bei Wirtschaftsverbänden<br />
stehen ausgewiesene<br />
Spezialisten zur Verfügung – nicht nur<br />
im Inland. Diese werden im Rahmen<br />
der Risikokommunikation zusätzlich<br />
konsultiert.<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 11<br />
Foto: creativ collection
<strong>Bevölkerungsschutz</strong> Schutz Kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong> Kommune – Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Wird ein Thema so brisant, dass<br />
politisch Verantwortliche sich damit<br />
befassen sollten, erfolgt die Unterrichtung<br />
des zuständigen Ministeriums.<br />
Dabei kann es durchaus sein,<br />
dass sich eine erste warnende Information<br />
mit zunehmendem Erkenntnisstand<br />
erledigt. Das Regierungsressort<br />
entscheidet nach der Mitteilung<br />
über das weitere Vorgehen, etwa wer<br />
in den Dialog mit der Bevölkerung<br />
tritt. In der Regel erfolgt diese Kommunikation<br />
eskalierend, d. h., so lange<br />
ein Thema frei von akutem politischem<br />
Druck ist, informieren die<br />
Fachleute 2 .<br />
Bei zunehmender Präsenz eines<br />
Themas in den Medien ist es selten<br />
ausschließlich eine Fachbehörde.<br />
Meistens unterstützen dann die Risikoexperten<br />
der Behörden die Kommunikationsspezialisten<br />
der Ministerien.<br />
Muss nicht umgehend gehandelt<br />
werden, so mündet die Auseinandersetzung<br />
mit Risiken oft in gesellschaftliche<br />
<strong>und</strong> damit auch parlamentarische<br />
Debatten, wie die aktuelle<br />
Diskussion um den Begriff „Verteidigung”<br />
<strong>und</strong> den Einsatz der<br />
Streitkräfte im Innern zeigt. Hier geht<br />
es um Risiken, die erhebliche Teile<br />
der Bevölkerung, ihre Versorgung<br />
oder gar den Bestand der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
gefährden könnten. Insofern<br />
hat sich Deutschland seit der von den<br />
Bürgern kaum bemerkten Neufassung<br />
des Zivilschutzgesetzes (1997) <strong>und</strong><br />
der ebenfalls öffentlich nicht wahrgenommenen<br />
Überlegungen der Föderalismuskommission<br />
zum <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
weiter entwickelt.<br />
Erfolgreiche Risikokommunikation<br />
in Deutschland<br />
Es gibt bereits Beispiele <strong>für</strong> die<br />
Wirkung von Risikokommunikation in<br />
Deutschland, etwa das Gesetz zur<br />
Bekämpfung der Umweltkriminalität<br />
(§ 324 ff. StGB) vom März 1980. Es<br />
entstand in Folge der Diskussionen<br />
um die Schutzwürdigkeit der Umwelt<br />
in den 1970er Jahren. Denn mündige<br />
Wähler möchten nicht nur über<br />
Risiken informiert sein. Sie wünschen<br />
sich von ihren Parlamentariern eine<br />
intensive Befassung <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />
schützende (gesetzliche)<br />
Maßnahmen. Daher fordern auch<br />
Abgeordnete Risikokommunikation<br />
aktiv ein. Sie findet insbesondere in<br />
den Fachausschüssen der Parlamen-<br />
te statt. In Deutschland wird meist<br />
durch die Einbindung von Verbänden,<br />
die neben Behördenvertretern<br />
gehört werden können, eine Berücksichtigung<br />
verschiedener Sichtweisen<br />
sichergestellt. Zweckmäßig ist<br />
die Beteiligung allerdings nur vor<br />
dem Wirksamwerden gesetzlicher<br />
Maßnahmen. Als im Rahmen der<br />
Neufassung des Zivilschutzgesetzes<br />
1996/97 mit „den Vertretern der ehrenamtlichen<br />
Verbände” gesprochen<br />
wurde 3 , war die Masse der Anpassungsmaßnahmen<br />
(bspw. Auflösung<br />
des B<strong>und</strong>esverbandes <strong>für</strong> Selbstschutz,<br />
Abbau des Warndienstes)<br />
bereits eingeleitet, noch bevor das<br />
Gesetz überhaupt beschlossen war.<br />
Gestaltung der Risikokommunikation<br />
Im Rahmen von Risikokommunikation<br />
kommt es meist zum Aufeinandertreffen<br />
von Experten <strong>und</strong> Laien.<br />
Bei der Vermittlung von Inhalten<br />
durch Fachleute ist es wichtig, dass<br />
die Fachsprache übersetzt wird, dass<br />
allgemein verständlich kommuniziert<br />
wird. Die Lebenssituation der Zuhörer,<br />
deren Betroffenheit, muss sich<br />
im Dialog wiederfinden. Egal, ob Spezialisten<br />
unterschiedlicher Disziplinen<br />
in einer Behörde miteinander<br />
sprechen oder die Kommunikation<br />
nach außen geht – es muss klar sein,<br />
was gemeint ist. Größenordnungen<br />
müssen verdeutlicht, Grenzwerte erläutert<br />
werden. Unter einer Eintrittswahrscheinlichkeit<br />
von 5,87 x 10 -3<br />
kann sich kaum jemand etwas vorstellen.<br />
Wenn aber davon die Rede<br />
ist, dass von 1.000 Personen etwa 6<br />
betroffen sein könnten, so verstehen<br />
das auch Laien. Jetzt können sie sich<br />
am Diskurs um Akzeptanz eines Risikos<br />
oder erforderliche Schutzmaßnahmen<br />
beteiligen.<br />
Die Wahrnehmung von Risiken,<br />
der Umgang mit ihnen <strong>und</strong> auch deren<br />
Kommunikation sind dabei maßgeblich<br />
durch Geschichte, Kultur,<br />
Sprache, Werte <strong>und</strong> Erfahrungen beeinflusst.<br />
Die Diskussion um den Klimawandel<br />
<strong>und</strong> das Kyoto-Protokoll<br />
sowie die unterschiedlichen nationalen<br />
Ansätze im Umgang mit dem Thema<br />
zeugen davon. Für erfolgreiche<br />
Risikokommunikation ist die Berücksichtigung<br />
der genannten Faktoren<br />
daher bedeutsam. Insgesamt gilt,<br />
dass nicht wichtig ist, was gesagt<br />
wird, sondern was beim Empfänger<br />
ankommt. Eine Auswertung der Bemühungen,<br />
Risiken transparent zu<br />
machen, eine Rückkopplung von Bürgern<br />
zu Behörden, ist wünschenswert.<br />
Denn auch der beste Plan zur<br />
Risikokommunikation kann in der<br />
Umsetzung eine unerwartete Wirkung<br />
entfalten.<br />
Ein Beispiel aus der Wirtschaft: Bei<br />
dem Versuch 1994 den Schaden <strong>für</strong><br />
die Deutsche Bank aus der Pleite des<br />
Bauunternehmers Jürgen Schneider<br />
zu begrenzen <strong>und</strong> die (finanziellen)<br />
Risiken an die Öffentlichkeit zu kommunizieren,<br />
wählte der damalige Vorstandssprecher<br />
Kopper so unglückliche<br />
Worte, dass ein erheblicher<br />
Imageverlust <strong>für</strong> das Unternehmen<br />
entstand. Er beantwortete die Frage,<br />
ob die Bank die Begleichung offener<br />
Handwerkerrechnungen in Höhe von<br />
etwa 50 Millionen DM schadlos verkraften<br />
könne, mit der Aussage, dass<br />
diese angesichts der Erträge der Bank<br />
„Peanuts” seien. Die Evaluation der<br />
Kommunikationsstrategie im vorgenannten<br />
Beispiel füllt ganze Regale.<br />
Die Erkenntnisse lassen sich einfach<br />
zusammenfassen: „(D)as richtige Antizipieren<br />
der Informationsbedürfnisse<br />
von Öffentlichkeit <strong>und</strong> Medien” ist<br />
ein entscheidender Faktor <strong>für</strong> eine<br />
erfolgreiche Risikokommunikation<br />
(Münchener Rück (2002)). Generell<br />
sollte die Auswertung des eigenen<br />
Vorgehens Teil der Kommunikationsstrategie<br />
sein, um die Bemühungen<br />
um Dialog anpassen <strong>und</strong> optimieren<br />
zu können. Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat das<br />
Schweizer <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
2005 eine Repräsentativbefragung<br />
durchführen lassen.<br />
Dabei wurde festgestellt, dass die<br />
Mehrheit der Befragten den eigenen<br />
Informationsstand in Sachen <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
als hoch empfindet.<br />
Die Informationsstrategie des Amtes<br />
scheint demnach angemessen 4 .<br />
Die zuvor genannten Äußerungen<br />
Koppers zeigen deutlich, dass auch<br />
die Sozialisation des Senders maßgeblichen<br />
Einfluss auf seine Botschaft<br />
hat. Für Banker, die täglich Milliarden<br />
bewegen, mag es sich tatsächlich<br />
um eine vernachlässigbare Größe<br />
gehandelt haben. Das Informationsbedürfnis<br />
der Aktionäre wich aber<br />
signifikant von dem der Öffentlichkeit<br />
ab. Welche Informationen sich<br />
die Bürger wünschen, prägt neben<br />
dem sozialen Milieu vor allem die je-<br />
12 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
weilige Kultur. Bei der Betrachtung<br />
gesetzlicher Regelungen verschiedener<br />
Staaten wird dies offenbar. In den<br />
Niederlanden <strong>und</strong> in Schweden sind<br />
beispielsweise sämtliche risikobezogene<br />
Daten <strong>und</strong> Erkenntnisse, die<br />
Behörden vorliegen, den Bürgern zugänglich.<br />
Nur wenn sie aus übergeordneten<br />
Gründen als geheim eingestuft<br />
sind, muss das Interesse der<br />
Bürger zurückstehen. In diesem Zusammenhang<br />
muss auch die EU-weit<br />
gültige „Seveso-2-Richtlinie” genannt<br />
werden. Sie ist ein Meilenstein der<br />
Risikokommunikation, denn nach Artikel<br />
13 sind alle Sicherheitsmaßnahmen<br />
(Notfallpläne) eines „Seveso-2-<br />
Betriebes” öffentlich zu machen.<br />
Ein weiterer Einflussfaktor auf die<br />
Gestaltung des Austausches über Risiken<br />
ist das Alter. Ein besonders gelungenes<br />
Beispiel <strong>für</strong> Risikokommunikation<br />
mit Kindern gibt Österreich,<br />
das jährlich eine Kindersicherheits-<br />
Olympiade durchführt, die so genannte<br />
SAFETY-Tour (www.safetytour.at).<br />
Brände, Bevorratung, richtiger<br />
Notruf sind dabei genauso<br />
Thema, wie die Regeln <strong>für</strong> sicheren<br />
Freizeitsport. Über die Kinder werden<br />
die Inhalte letztlich auch den Eltern<br />
vermittelt.<br />
Internationaler Dialog<br />
Bei allen gesellschaftlichen <strong>und</strong><br />
regionalen Besonderheiten darf jedoch<br />
nicht vergessen werden, dass<br />
weder Natur- noch Technikgefahren<br />
(Verwaltungs-)Grenzen kennen. Klimawandel,<br />
Erderwärmung, Kernenergie,<br />
Geflügelpest, sich auflösende<br />
Staaten, Terror, Kriege, demographischer<br />
Wandel – die Liste der „internationalen”<br />
Gefahren <strong>und</strong> Bedrohungen<br />
lässt sich beliebig fortsetzen.<br />
In Institutionen, wie dem „Comprehensive<br />
Risk Analysis and Management<br />
Network” der Eidgenössischen<br />
Technischen Hochschule Zürich, versuchen<br />
Experten verschiedener Nationen<br />
<strong>und</strong> Disziplinen frühzeitig neue<br />
Risiken zu identifizieren. Früh haben<br />
die Vereinten Nationen (VN) bei den<br />
(Natur-)Gefahren die Initiative ergriffen<br />
(1987). Der Austausch über Risiken<br />
wurde in Gang gesetzt, als <strong>für</strong><br />
die 1990er Jahre die „International<br />
Decade for Natural Disaster Reduction”<br />
ausgerufen wurde. Konkret wurde<br />
1992 mit der „Agenda 21” der VN<br />
der Versuch unternommen, Risiken<br />
Schutz Kritischer <strong>Bevölkerungsschutz</strong> Infrastrukturen <strong>und</strong> – Gr<strong>und</strong>lagen<br />
Kommune<br />
weltweit gemeinsam zu minimieren.<br />
Zwischenzeitlich hat sich bei den VN<br />
die „International Strategy for Disaster<br />
Reduction” (ISDR) etabliert. Deren<br />
Ziel ist ein merklicher Rückgang<br />
katastrophenbedingter Verluste an<br />
Menschenleben <strong>und</strong> Einrichtungen<br />
(soziale, gewerbliche, Umwelt). Die<br />
Identifikation, Beurteilung <strong>und</strong> Überwachung<br />
von Risiken sind integrale<br />
Bestandteile dieses Rahmenprogramms,<br />
das ohne internationalen<br />
Austausch nicht funktioniert.<br />
Risikokommunikation<br />
geht alle an<br />
Austausch von Informationen bezüglich<br />
Risiken zwischen Entscheidungsträgern<br />
<strong>und</strong> anderen Interessenvertretern<br />
(ISO 2002), also Risikokommunikation,<br />
findet täglich<br />
weltweit <strong>und</strong> auf allen Ebenen statt.<br />
Generell gilt in allen Ländern, dass<br />
den jeweiligen Fachbehörden eine<br />
erhebliche Verantwortung <strong>für</strong> diese<br />
Kommunikation zukommt. Die in den<br />
Behörden arbeitenden Experten müssen<br />
möglichst frühzeitig Sachverhalte<br />
erkennen, mit denen sich politische<br />
Entscheidungsträger <strong>und</strong> Bürger<br />
auseinandersetzen sollten. Die<br />
Transformation von Spezialwissen in<br />
einfache Bilder ist dabei die wichtigste<br />
Herausforderung, weil Risiken von<br />
Spezialisten oft anders bewertet werden<br />
als von Laien. Sachliche Aufklärung<br />
im Rahmen einer aktiven Risikokommunikation<br />
ist das geeignete<br />
Mittel, um Wahrnehmung <strong>und</strong> Wahrheit<br />
mittelfristig anzugleichen.<br />
Ehrlicher Umgang von Fachleuten,<br />
Politikern <strong>und</strong> Bürgern miteinander<br />
ist dabei die Voraussetzung <strong>für</strong> einen<br />
guten Dialog. Daher muss sowohl<br />
veröffentlicht werden, was bekannt<br />
ist, als auch ausdrücklich die Erkenntnislücken.<br />
Zahlreiche Stellen in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />
Deutschland suchen den Dialog<br />
mit den Bürgern, um letztlich zu<br />
einem gesellschaftlichen Konsens bezüglich<br />
der Akzeptanz verschiedener<br />
Risiken zu kommen <strong>und</strong> das Bewusstsein<br />
der Bürger zu schärfen 5 . Dass die<br />
Deutschen dabei nur als Teil der Weltbevölkerung<br />
(re-)agieren wird zunehmend<br />
offenbar. Sowohl der Risikodialog<br />
als auch das eigene Handeln<br />
haben in Zeiten von Klimawandel,<br />
Geflügelpest, Technikgefahren <strong>und</strong><br />
Terror eine internationale Dimension.<br />
Literatur<br />
Abbas, S., Bergholz, A., Dombrowsky,<br />
W., Seiwert, B., Biederbick,<br />
W.: Risikokommunikation, in:<br />
<strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
<strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />
(Hrsg.): Biologische Gefahren,<br />
Bonn 2005, S. 171 – 183.<br />
B<strong>und</strong>esverfassungsgericht 2. Senat,<br />
Beschluss vom 08.08.1978, Az<br />
2 BvL 8/77.<br />
Deutscher B<strong>und</strong>estag, Plenarprotokoll<br />
13/138 vom 14.11.1996.<br />
Hertel, R. F., Henseler, G. (Hrsg.):<br />
ERiK – Entwicklung eines mehrstufigen<br />
Verfahrens der Risikokommunikation,<br />
Reihe BfR Wissenschaft,<br />
Berlin 2005.<br />
Münchener Rück (Hrsg.): Risikokommunikation<br />
– Was passiert,<br />
wenn was passiert?, München<br />
2002.<br />
Richtlinie 96/82/EG des Rates vom<br />
9. Dezember 1996 zur Beherrschung<br />
der Gefahren bei schweren<br />
Unfällen mit gefährlichen Stoffen<br />
(Amtsblatt Nr. L 010 vom<br />
14/01/1997 S. 0013-0033).<br />
Ständige Konferenz <strong>für</strong> Katastrophenvorsorge<br />
<strong>und</strong> Katastrophenschutz<br />
(Hrsg.): Wörterbuch des<br />
Zivil- <strong>und</strong> Katastrophenschutzes,<br />
Köln, 2003.<br />
Fußnoten<br />
1 <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> Sicherheit in der Informationstechnik<br />
(BSI), B<strong>und</strong>esanstalt<br />
<strong>für</strong> Gewässerk<strong>und</strong>e, B<strong>und</strong>eskriminalamt,<br />
Deutscher Wetterdienst,<br />
B<strong>und</strong>esinstitut <strong>für</strong> Arzneimittel <strong>und</strong><br />
Medizinprodukte, etc.<br />
2 Das BBK bietet bspw. verschiedene<br />
Veröffentlichungen, etwa das Taschenbuch<br />
„Biologische Gefahren”,<br />
die „Gefahrenberichte der Schutzkommission”<br />
oder auch die „Problemstudie:<br />
Risiken <strong>für</strong> Deutschland”<br />
<strong>und</strong> weitere Informationen auf seiner<br />
Internetseite www.bbk.b<strong>und</strong>.de an.<br />
3 BT-Plenarprotokoll 13/138, S. 12428<br />
4 http://www.demoscope.ch/upload/<br />
docs/<strong>PDF</strong>/babs-bericht-demoscope-<br />
05-d.pdf<br />
5 Nicht nur Behörden, auch Unternehmen<br />
beteiligen sich am Dialog. So<br />
ermöglicht die Münchener Rück unter<br />
http://mrnathan.munichre.com/<br />
jedem, das Profil der Naturgefahren<br />
<strong>für</strong> seinen Wohnort einzusehen.<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 13
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsinfrastrukturen<br />
Der Schutz Kritischer Informations<br />
Aktivitäten der<br />
Dr. rer. nat. Christiane Lechtenbörger, Referentin im Referat „Kritische<br />
Infrastrukturen“, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> Sicherheit in der Informationstechnik, Bonn<br />
Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Motivation<br />
Spätestens seit den Attentaten<br />
vom 11. September 2001 sind die<br />
Abhängigkeit von Kritischen Infrastrukturen<br />
<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen<br />
Gefahren <strong>und</strong> Bedrohungen <strong>für</strong><br />
diese Infrastrukturen in das Bewusstsein<br />
der Öffentlichkeit gerückt.<br />
Als Kritische Infrastrukturen definieren<br />
wir in Deutschland Organisationen<br />
<strong>und</strong> Einrichtungen mit wichtiger<br />
Bedeutung <strong>für</strong> das staatliche Gemeinwesen,<br />
bei deren Ausfall oder<br />
Beeinträchtigung nachhaltig wirkende<br />
Versorgungsengpässe, erhebliche<br />
Störungen der öffentlichen Sicherheit<br />
oder andere dramatische Folgen eintreten<br />
würden. Zu diesen Kritischen<br />
Infrastrukturen zählen insgesamt acht<br />
Infrastruktursektoren, wie z. B. Informationstechnik<br />
<strong>und</strong> Telekommunikation,<br />
Energie, Finanz-, Geld- <strong>und</strong> Versicherungswesen<br />
oder Transport <strong>und</strong><br />
Verkehr (vgl. www.bsi.b<strong>und</strong>.de/fachthem/kritis/index.htm).<br />
Die Funktionsfähigkeit<br />
dieser Infrastrukturen muss<br />
langfristig gewährleistet sein. Ziel ist<br />
die Sicherung der verlässlichen<br />
Dienstleistungserbringung. Dazu arbeiten<br />
unter Federführung des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
des Innern (BMI) das<br />
BKA, BBK <strong>und</strong> BSI eng zusammen,<br />
um terroristischen Bedrohungen,<br />
Umweltgefahren <strong>und</strong> IT-Risiken entgegenzuwirken.<br />
Die Berücksichtigung von IT-Risiken<br />
ist von besonderer Bedeutung,<br />
da nicht nur der Sektor „Informationstechnik<br />
<strong>und</strong> Telekommunikation“,<br />
sondern die Kritischen Infrastrukturen<br />
auch querschnittlich immer mehr<br />
von Informationstechnik (IT) durchdrungen<br />
sind. Die Abhängigkeit von<br />
so genannten „Informationsinfrastrukturen“<br />
nimmt erheblich zu.<br />
Schadprogramme sowie technisches<br />
oder organisatorisches Versagen<br />
können zu weitreichenden Schäden<br />
führen (Symantec Corporation<br />
<strong>2006</strong>). Bedingt wird dies zum einen<br />
durch die hohe Komplexität <strong>und</strong> der<br />
damit verb<strong>und</strong>enen starken Interdependenz<br />
von Systemen. Zum anderen<br />
ist das Bewusstsein <strong>für</strong> Notfallvorsorge<br />
<strong>und</strong> notwendige Sicherheitsmaßnahmen<br />
<strong>für</strong> die IT <strong>und</strong> Informationsinfrastrukturen<br />
oft noch nicht<br />
hinreichend ausgeprägt (vgl. BSI<br />
2005, S. 10 ff.). Hinzu kommt, dass<br />
die Entwicklungszyklen von Produkten<br />
zunehmend rascher <strong>und</strong> kürzer<br />
aufeinander folgen. Hierdurch ergeben<br />
sich immer mehr Schwachstellen<br />
in Produkten <strong>und</strong> Implementierungen<br />
(vgl. WLAN, VoIP, Telearbeitsplätze).<br />
Zugleich wird oftmals weit<br />
verbreitete Standardsoftware benutzt.<br />
Die meist öffentlich bekannten<br />
Schwachstellen solcher Standardprodukte<br />
können Unternehmen in weiten<br />
Bereichen verw<strong>und</strong>bar machen<br />
(vgl. BSI 2005, Schulze 2005, Breitschaft<br />
<strong>2006</strong>).<br />
Beispiele staatlicher<br />
Aktivitäten in Deutschland<br />
In der B<strong>und</strong>esrepublik liegt die Federführung<br />
<strong>für</strong> den Schutz Kritischer<br />
Infrastrukturen beim BMI; <strong>für</strong> den<br />
Schutz Kritischer Informationsinfrastrukturen<br />
ist das zugehörige <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong><br />
<strong>für</strong> Sicherheit in der Informationstechnik<br />
(BSI) aktiv.<br />
Die B<strong>und</strong>esregierung strebt eine<br />
enge Kooperation mit der Wirtschaft<br />
an, da der Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
– <strong>und</strong> hier insbesondere der<br />
Schutz Kritischer Informationsinfrastrukturen<br />
<strong>und</strong> Informationstechnik<br />
als elementare Bereiche der Infra-<br />
strukturen einer Gesellschaft – nur<br />
gemeinsam erfolgreich aufgebaut,<br />
etabliert <strong>und</strong> gepflegt werden kann.<br />
Bereits seit Anfang der 90er Jahre<br />
leistet das BSI wesentliche Beiträge<br />
zur Verbesserung der IT-Sicherheit.<br />
In den letzten Jahren wurden insbesondere<br />
die operativen Bereiche gestärkt.<br />
So wurde z. B. das IT-Lagezentrum<br />
ausgebaut <strong>und</strong> die ersten Erfolge<br />
zur Einrichtung eines IT-Frühwarnsystems<br />
erzielt. Die Gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>für</strong> eine künftige nationale Zusammenarbeit<br />
zur IT-Krisenreaktion sind<br />
geschaffen (vgl. www.bsi.b<strong>und</strong>.de/<br />
certb<strong>und</strong>/index.htm).<br />
Dies sind bereits erste Resultate<br />
des im Juli 2005 durch das B<strong>und</strong>eskabinett<br />
beschlossenen „Nationalen<br />
Plans zum Schutz der Informationsinfrastrukturen“<br />
(NPSI). Der NPSI ist<br />
die Dachstrategie zur IT-Sicherheit<br />
<strong>und</strong> hat als Rahmenwerk <strong>für</strong> Behörden<br />
<strong>und</strong> Unternehmen das Ziel, den<br />
Schutz der Informationsinfrastrukturen<br />
in Deutschland weiter zu verbessern.<br />
Der Koalitionsvertrag hat dem<br />
BMI den Auftrag erteilt, den NPSI in<br />
dieser Wahlperiode umzusetzen. Diese<br />
Strategie spricht alle gesellschaftlichen<br />
Gruppen an. Die B<strong>und</strong>esregierung<br />
verfolgt mit dem NPSI drei strategische<br />
Ziele:<br />
A) Prävention: Informationsinfrastrukturen<br />
angemessen schützen<br />
B) Reaktion: Wirkungsvoll bei IT-<br />
Sicherheitsvorfällen handeln<br />
C) Nachhaltigkeit: Deutsche IT-<br />
Sicherheitskompetenz stärken –<br />
international Standards setzen<br />
Diese drei übergeordneten Ziele<br />
sind auf insgesamt 15 Einzelziele heruntergebrochen:<br />
Prävention<br />
1. Bewusstsein schärfen über Risiken<br />
der IT-Nutzung<br />
2. Einsatz sicherer IT-Produkte <strong>und</strong><br />
-Systeme<br />
3. Vertraulichkeit wahren<br />
14 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsinfrastrukturen<br />
nfrastrukturen in Deutschland:<br />
B<strong>und</strong>esregierung<br />
4. Gewährleistung umfassender<br />
Schutzvorkehrungen<br />
5. Vorgabe von Rahmenbedingungen<br />
<strong>und</strong> Richtlinien<br />
6. Abgestimmte Sicherheitsstrategien<br />
7. Nationale <strong>und</strong> internationale Gestaltung<br />
politischer Willensbildung<br />
Reaktion<br />
8. Erkennen, Erfassen <strong>und</strong> Bewerten<br />
von Vorfällen<br />
9. Informieren, Alarmieren <strong>und</strong> Warnen<br />
10. Reagieren bei IT-Sicherheitsvorfällen<br />
Nachhaltigkeit<br />
11. Fördern vertrauenswürdiger <strong>und</strong><br />
verlässlicher Informationstechnik<br />
12. Ausbau nationaler IT-Sicherheitskompetenz<br />
13. IT-Sicherheitskompetenz in Schule<br />
<strong>und</strong> Ausbildung<br />
14. Fördern von Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />
15. Internationale Kooperationen<br />
ausbauen <strong>und</strong> Standards setzen<br />
Die aufgelisteten Ziele werden im<br />
Verlauf des Jahres <strong>2006</strong> weiter ausgestaltet<br />
<strong>und</strong> umgesetzt. Zunächst<br />
werden hier<strong>für</strong> zwei Umsetzungspläne<br />
entwickelt, Umsetzungsplan B<strong>und</strong><br />
(UPB) <strong>und</strong> Umsetzungsplan KRITIS<br />
(UPK; vgl. Grafik):<br />
Der UPB wird unter Federführung<br />
des BMI bis Ende <strong>2006</strong> zusammen<br />
mit den Ressorts erarbeitet. Im UPB<br />
sollen einvernehmliche Standards <strong>für</strong><br />
die IT-Sicherheit in der B<strong>und</strong>esverwaltung<br />
festgelegt werden. Mit einem<br />
Kabinettsbeschluss werden die Vorgaben<br />
verbindlich. Ebenfalls im Verlauf<br />
des Jahres <strong>2006</strong> erstellt die B<strong>und</strong>esregierung<br />
gemeinsam mit den Betreibern<br />
<strong>und</strong> Verbänden aus Kritischen<br />
Infrastrukturen den UPK. Ende<br />
<strong>2006</strong>/Anfang 2007 sind erste Ergeb-<br />
nisse der Arbeiten zu erwarten. Über<br />
den UPK hinaus sollen die gemeinsamen<br />
Aktivitäten zwischen den Beteiligten<br />
den Schutz <strong>und</strong> die Verlässlichkeit<br />
der Informationsinfrastrukturen<br />
nachhaltig sichern.<br />
Ausgewählte staatliche<br />
Aktivitäten in Großbritannien<br />
<strong>und</strong> der Schweiz<br />
Der Schutz der Informationsinfrastrukturen<br />
ist auch in anderen europäischen<br />
Staaten ein zunehmend virulentes<br />
Thema. Beispielhaft seien<br />
hier ausgewählte Initiativen zum<br />
Schutz Kritischer Informationsinfrastrukturen<br />
in Großbritannien genannt.<br />
Das National Infrastructure Security<br />
Co-ordination Centre (NISCC, vgl.<br />
www.niscc.gov.uk) arbeitet seit Ende<br />
1999 als Zusammenschluss mehrerer<br />
Behörden <strong>und</strong> Abteilungen. Da<br />
das Zentrum neben staatlichen Stellen<br />
auch die Wirtschaft adressiert,<br />
wird u.a. eine Partnerschaft mit Repräsentanten<br />
Kritischer Infrastrukturen<br />
angestrebt. Dienstleistungen wie<br />
Unterstützung im Falle von IT-bezogenen<br />
Angriffen, Kommunikationsplattformen,<br />
Warndienste oder Forschung<br />
zum Thema IT-Sicherheit<br />
werden vom NISCC angeboten oder<br />
durchgeführt bzw. gefördert (vgl.<br />
Abele-Wigert/Dunn <strong>2006</strong>, S. 296 ff.).<br />
Zusätzlich bestehen viele Aktivitäten,<br />
die die Wirtschaft adressieren. Stell-<br />
Umsetzungspläne des NPSI<br />
Nationaler Plan<br />
vertretend <strong>für</strong> die Vielzahl der Initiativen<br />
werden hier die WARPs genannt<br />
(Warning, Advice, and Reporting<br />
Points). WARPs sind als Public Private<br />
Partnerships (PPP) vom NISCC entwickelt<br />
worden. WARPs dienen dem<br />
Aufbau <strong>und</strong> Unterhalt von kleineren<br />
Informationszellen zum regionalen<br />
Austausch von IT-bezogener Information.<br />
Bereits Ende der 90er Jahre<br />
wurden verschiedene Aktivitäten zum<br />
Schutz Kritischer Informationsinfrastrukturen<br />
auch in der Schweiz aufgelegt.<br />
Unter der Federführung des Informatikstrategieorgans<br />
B<strong>und</strong> (ISB) werden<br />
die großen Themenblöcke Prävention,<br />
Frühwarnung, Krisenmanagement<br />
<strong>und</strong> Technische Lösungen<br />
bearbeitet. Herauszustellen ist z. B.<br />
MELANI (Melde- <strong>und</strong> Analysestelle<br />
Informationssicherung; vgl. www.<br />
melani.admin.ch) als Zentrale zur<br />
Frühwarnung <strong>und</strong> Dokumentation<br />
von IT-Vorfällen <strong>für</strong> Staat, Wirtschaft<br />
<strong>und</strong> Bürger, welche seit Ende 2004<br />
aktiv ist <strong>und</strong> eng mit der Wirtschaft<br />
kooperiert (vgl. Abele-Wigert/Dunn,<br />
<strong>2006</strong>, S. 282 ff.). Natürlich wird die<br />
Verbesserung der Informationssicherheit<br />
in der Schweiz durch verschiedene<br />
Strategien begleitet; beispielhaft<br />
seien an dieser Stelle das<br />
Konzept „Information Assurance“<br />
von 2000 sowie „Infosurance“, Verein<br />
<strong>für</strong> einen sicheren Informations<strong>und</strong><br />
Kommunikationsplatz Schweiz,<br />
zum Schutz der Informationsinfrastrukturen<br />
Nationaler Plan<br />
Umsetzungsplan B<strong>und</strong><br />
Nationaler Plan<br />
Umsetzungsplan KRITIS<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 15<br />
Quelle: BSI
genannt. Der Verein richtet sich v.a.<br />
an kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />
sowie die Bürger <strong>und</strong> soll die Informationssicherheit<br />
in der Schweiz fördern<br />
(vgl. www.infosurance.ch).<br />
Rein nationale Lösungen zum<br />
Schutz reichen letztendlich nicht aus,<br />
da IT-Infrastrukturen oft grenzüberschreitend<br />
betrieben werden. Ursachen<br />
<strong>für</strong> Störungen <strong>und</strong> Ausfälle lassen<br />
sich oft nur in multinationaler<br />
Zusammenarbeit identifizieren <strong>und</strong><br />
beheben. Die B<strong>und</strong>esregierung hat<br />
dies schon frühzeitig erkannt <strong>und</strong> ist<br />
auf europäischer Ebene <strong>und</strong> international<br />
in entsprechenden Gremien<br />
aktiv. Auch die Werke NPSI, UPB <strong>und</strong><br />
UPK sollen Signalwirkung über die<br />
Staatsgrenze Deutschlands hinweg<br />
zeigen.<br />
Literatur/Quellen:<br />
Abele-Wigert, Isabelle <strong>und</strong> Dunn,<br />
Myriam (Hrsg., <strong>2006</strong>): International<br />
CIIP Handbook <strong>2006</strong>, Vol. 1, 2.<br />
Breitschaft, Frank (<strong>2006</strong>): Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen – Theorie<br />
& Wirklichkeit, In: Security Journal,<br />
H. 23, S. 15 – 20.<br />
BSI (Hrsg., 2005): Die Lage der IT-<br />
Sicherheit in Deutschland 2005.<br />
McCarty, John A. (Hrsg., <strong>2006</strong>):<br />
The CIP Report Une <strong>2006</strong>, Vol. 4,<br />
No. 12, S. 3 ff.<br />
Schulze, Tillmann (2005): Wie sicher<br />
ist die IT in Deutschland? In:<br />
kes, H. 4, Jg. 13, S. 21 – 23.<br />
Symantec Corporation (Hrsg.,<br />
<strong>2006</strong>): Symantec Internet Security<br />
Threat Report – Trends for July 05–<br />
December 05, Volume IX, http://<br />
enterprisesecurity.symantec.de/<br />
content.cfm?articleid=1591.<br />
www.bmi.b<strong>und</strong>.de/cln_012/nn_<br />
122688/sid_794C5D1F46E096E<br />
1804C2DAEE19CB071/nsc_true/<br />
Internet/Content/Common/Anlagen/Nachrichten/Pressemitteilungen/2005/08/Nationaler_Plan_<br />
Schutz_Informationsinfrastrukturen.<br />
,templateId=raw,property=publica<br />
tionFile.pdf/Nationaler_Plan_<br />
Schutz_Informationsinfrastrukturen.<br />
www.bsi.b<strong>und</strong>.de/certb<strong>und</strong>/index.<br />
htm<br />
www.bsi.b<strong>und</strong>.de/fachthem/kritis/<br />
index.htm<br />
www.infosurance.ch<br />
www.niscc.gov.uk<br />
Public Private<br />
Die Bedeutung der<br />
<strong>und</strong> Wirtschaft am Beispiel<br />
Dipl.-Ing. Thomas Schäfer, Leiter Systemführung, Vattenfall Europe Transmission<br />
GmbH, Berlin<br />
Eine sichere Versorgung mit elektrischer Energie ist eine Basisvoraussetzung<br />
<strong>für</strong> ein funktionierendes öffentliches <strong>und</strong> wirtschaftliches Leben. Es<br />
gibt wohl keine Branche, die mit ihren Produkten <strong>und</strong> Dienstleistungen so<br />
f<strong>und</strong>amental wichtig ist, wie die Elektrizitätsbranche.<br />
In den letzten Jahren hat sich diese<br />
durch die Liberalisierung des<br />
Strommarktes in Europa <strong>und</strong><br />
Deutschland stark verändert. Aus den<br />
geschlossenen Versorgungsgebieten<br />
ist ein offener Markt mit vielen Teilmärkten<br />
entlang der Wertschöpfungskette<br />
entstanden, auf denen<br />
neben den so genannten etablierten<br />
auch viele neue Unternehmen tätig<br />
sind. Da die elektrischen Netze der<br />
verschiedenen Ebenen – Übertragungsnetz<br />
<strong>und</strong> Verteilungsnetz – natürliche<br />
Monopole sind <strong>und</strong> der diskriminierungsfreie<br />
Zugang zu den<br />
Netzen eine wesentliche Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> den Wettbewerb im Strommarkt<br />
ist, haben sich die Anforderungen<br />
an die Netzbetreiber ebenfalls gewandelt<br />
<strong>und</strong> erweitert. Gleichzeitig<br />
fand ein Wandel im gesellschaftlichen<br />
Umfeld statt. Das Ende des Kalten<br />
Krieges Anfang der 1990er Jahre<br />
führte auch in den Energieversorgungsunternehmen<br />
zu einer Phase<br />
der Entspannung. Verschiedene<br />
Maßnahmen waren nun plötzlich<br />
nicht mehr notwendig <strong>und</strong> wurden<br />
auch nicht mehr weiterverfolgt.<br />
Erst mit den Ereignissen ab 2001,<br />
die durch die terroristischen Angriffe<br />
auf das öffentliche Leben der westlichen<br />
Demokratien, die Auswirkungen<br />
von Naturereignissen wie zum Beispiel<br />
dem Sturm „Lothar“ in Frankreich<br />
<strong>und</strong> im Süden Deutschlands<br />
sowie den Blackout in Nordamerika,<br />
Skandinavien <strong>und</strong> Italien gekennzeichnet<br />
waren, wurden die eigenen<br />
Maßnahmen zur Abwehr der verschiedenen<br />
Bedrohungspotentiale<br />
wieder unter den neuen Verhältnissen<br />
überprüft.<br />
Im Bereich der Erzeugung von<br />
elektrischer Energie gab <strong>und</strong> gibt es,<br />
wie am Beispiel der Kernkraftwerkstechnik<br />
zu sehen, einen sehr guten<br />
Stand an Sicherheitsmaßnahmen<br />
gegen die unterschiedlichen Szenerien<br />
von Bedrohungen.<br />
In den Bereichen der elektrischen<br />
Netze sehen sich die verantwortlichen<br />
Netzbetreiber dem zunehmenden<br />
Druck der Öffentlichkeit ausgesetzt.<br />
Heute ist die Sicherheit der Erzeugung,<br />
des Transportes <strong>und</strong> der<br />
Verteilung ein verstärkter Wettbewerbsfaktor<br />
<strong>für</strong> die Branche geworden.<br />
Dieser Wettbewerb stellt durch<br />
die Liberalisierung allerdings auch<br />
eine europäische Herausforderung<br />
dar. Notwendig war damit eine neue<br />
Standortbestimmung, die die unterschiedlichen<br />
Anforderungen beachtet<br />
<strong>und</strong> gleichzeitig zu einer neuen<br />
Form der Zusammenarbeit führt.<br />
Entwicklung des<br />
Basisschutzkonzeptes<br />
Traditionell arbeiten die Netzbetreiber,<br />
insbesondere die Übertragungsnetzbetreiber<br />
in Deutschland, schon<br />
seit Jahrzehnten zusammen. Letztmalig<br />
Ende der 1970er, Anfang der<br />
1980er Jahre wurde ein einheitliches<br />
Konzept zur Sicherheit der Anlagen<br />
der Übertragungsnetze <strong>und</strong> Steuer-<br />
16 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
stellen in Deutschland abgestimmt.<br />
Federführend war hierbei die Deutsche<br />
Verb<strong>und</strong>gesellschaft (DVG), in<br />
der alle Unternehmen, die Übertragungsnetze<br />
betrieben, versammelt<br />
waren. Heute arbeitet der Großteil der<br />
deutschen Übertragungs- <strong>und</strong> Verteilungsnetzbetreiber<br />
im Nachfolgeverband<br />
„Verband der Netzbetreiber<br />
(VDN)“ zusammen.<br />
Durch die Aktivitäten des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
des Innern (BMI) entstand<br />
2004 eine gemeinsame Arbeitsgruppe<br />
aus Vertretern unterschiedlicher<br />
B<strong>und</strong>esämter, des Ministeriums<br />
<strong>und</strong> führender deutscher Wirtschaftsunternehmen<br />
unterschiedlicher Branchen.<br />
Im Ergebnis der einjährigen<br />
Arbeit dieser Gruppe, die auf der Seite<br />
der Elektrizitätsbranche durch eine<br />
Arbeitsgruppe der vier führenden<br />
Energiekonzerne unterstützt wurde,<br />
entstand das „Basisschutzkonzept<br />
Kritischer Infrastrukturen“ <strong>für</strong> die<br />
deutsche Wirtschaft. Diese Zusammenarbeit<br />
ist das erste sichtbare Zeichen<br />
der neuen „Public Private Partnership“.<br />
Hier wurde von den Wirtschaftsunternehmen<br />
nicht gewartet,<br />
dass durch die Regierung Vorgaben<br />
erhoben werden, sondern gleichberechtigt<br />
das erforderliche Sicherheitsniveau<br />
<strong>für</strong> alle Wirtschaftsunternehmen<br />
bestimmt. Dabei wurde gerade<br />
den Forderungen der Unternehmen<br />
nach einer Balance zwischen Sicherheitsanforderungen<br />
<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit<br />
<strong>und</strong> damit der Wettbewerbsfähigkeit<br />
Beachtung geschenkt. In der<br />
Sicherheitspyramide ist hier<strong>für</strong> ein<br />
gutes F<strong>und</strong>ament gelegt worden.<br />
Umsetzung in der Branche<br />
In den energiewirtschaftlichen Unternehmen<br />
besteht auf Gr<strong>und</strong> der<br />
langjährigen Tradition ein gutes Ba-<br />
Energiesicherheit <strong>und</strong> Public Private Partnerschip<br />
Kooperation<br />
Partnership –<br />
Zusammenarbeit zwischen Behörden<br />
der Elektrizitätsbranche<br />
sissicherheitsniveau. Dies ist natürlich<br />
sehr technisch geprägt <strong>und</strong> hat<br />
trotz der oben beschriebenen Entspannungsphase<br />
nicht das geforderte<br />
Basisniveau unterschritten. Mit der<br />
Überarbeitung der Spezialschutzkonzepte<br />
als darauf aufbauende Stufe<br />
erfolgt, <strong>für</strong> ausgewählte Bereiche,<br />
eine weitere Anpassung an die Entwicklung<br />
der Sicherheitslage <strong>und</strong> die<br />
wirtschaftlichen Gegebenheiten.<br />
Auch wird <strong>und</strong> soll die Public Private<br />
Partnership bei der Umsetzung helfen.<br />
Die Zusammenarbeit der Unternehmen<br />
der Energiebranche <strong>und</strong> der<br />
beteiligten Ministerien <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esämter<br />
wird weiter fortgesetzt. Bei anstehenden<br />
Projekten, wie zum Beispiel<br />
dem Neubau von Systemführungsleitstellen,<br />
stehen den Unternehmen<br />
die Fachleute des <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong>es<br />
<strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />
Katastrophenhilfe (BBK) <strong>und</strong> der Lan-<br />
Sicherheitspyramide<br />
Defense Plan<br />
Spezialschutzkonzept<br />
Basisschutzkonzept<br />
kritische Infrastruktur<br />
Aufbau der Schutzkonzepte<br />
deskriminalämter (LKA) zur Seite.<br />
Hier hat sich das Angebot des Staates<br />
stark gewandelt. Nicht die Kontrolle<br />
der gegebenen Vorschriften,<br />
sondern das gemeinsame Erarbeiten<br />
angepasster <strong>und</strong> Erfolg versprechender<br />
Lösungen steht im Vordergr<strong>und</strong>.<br />
Mit den gef<strong>und</strong>enen Lösungen können<br />
die Anforderungen an die Sicherheit<br />
als auch an die Wirtschaftlichkeit<br />
eingehalten werden.<br />
Speziell <strong>für</strong> die Netzbetreiber beginnt<br />
damit aber auch ein neues Wagnis.<br />
Die gef<strong>und</strong>enen Lösungen, die<br />
den Sicherheitsanforderungen ebenso<br />
entsprechen wie den strategischen<br />
Prozessen, kosten Geld, das letztlich<br />
über die Netznutzungsentgelte von<br />
den Netzk<strong>und</strong>en aufgebracht wird.<br />
Aus heutiger Sicht ist unklar, ob die<br />
B<strong>und</strong>esnetzagentur (BNetzA) als verantwortliche<br />
Regulierungsbehörde<br />
diese Kosten anerkennt. Innerhalb<br />
Public<br />
Private<br />
Wahrnehmung der Verantwortung<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 17<br />
Quelle: Vatterfall
der weiteren Gestaltung des Regulierungssystems<br />
hin zu einer Anreizregulierung<br />
benötigen die Netzbetreiber<br />
deshalb eine klare Antwort, um<br />
auch in dieser Beziehung wirtschaftlich<br />
<strong>und</strong> verantwortlich agieren zu<br />
können.<br />
Mit der dritten Stufe der Sicherheitspyramide<br />
kann in Deutschland<br />
eine neue Form der verantwortlichen<br />
Zusammenarbeit erreicht werden, auf<br />
die im Nachfolgenden eingegangen<br />
wird.<br />
Zukünftige Bemühungen<br />
Mit den vorhandenen Möglichkeiten<br />
<strong>und</strong> Kapazitäten sind den Unternehmen<br />
aber auch Grenzen in der<br />
Umsetzung von Sicherheitskonzepten<br />
auferlegt. Gerade die Auswirkungen<br />
auf die Wettbewerbsfähigkeit in<br />
Deutschland <strong>und</strong> Europa erlauben<br />
keine Umsetzung von Konzepten zu<br />
jedem Preis. Gelöst werden kann dies<br />
nur durch die Wahrnehmung der Verantwortung<br />
des Staates in der dritten<br />
Stufe der Sicherheitspyramide.<br />
Hier bedarf es einer ausgewogenen<br />
politischen Verständigung <strong>für</strong> einen<br />
Ordnungsrahmen, der die Erreichung<br />
der Sicherheits- <strong>und</strong> der Regulierungsziele<br />
durch die Netzbetreiber<br />
ermöglicht. In Europa gibt es da<strong>für</strong><br />
Beispiele. In Schweden erhalten Unternehmen<br />
einen jährlichen Betrag<br />
zur Umsetzung der Maßnahmen des<br />
Defense Plan.<br />
Dieses Prinzip ist auch in Deutschland<br />
vorstellbar. Wegen der fortschreitenden<br />
Vernetzung des Strommarktes<br />
<strong>und</strong> da Bedrohungen letztlich<br />
nicht an nationale Grenzen geb<strong>und</strong>en<br />
sind, ist mittelfristig eine europäische<br />
Lösung wünschenswert. Der Nutzen<br />
wird wieder auf beiden Seiten der Public<br />
Private Partnership liegen. Die<br />
privatwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen<br />
der Elektrizitätsbranche<br />
können die Maßnahmen umsetzen<br />
<strong>und</strong> behalten durch die Wegnahme<br />
des Kostendrucks ihre Wettbe-<br />
werbsfähigkeit. Die Öffentliche Hand<br />
weiß ihren Schutzbedarf umgesetzt;<br />
das Ziel einer hohen Sicherheit der<br />
Elektrizitätsversorgung in Deutschland<br />
ist erreicht.<br />
Natürlich reicht eine Umsetzung in<br />
Deutschland allein nicht. Seit Beginn<br />
dieses Jahres wird diese Sicherheitsdiskussion<br />
auch intensiv auf europäischer<br />
Ebene geführt. Das Ziel muss<br />
folgerichtig ein gleiches Sicherheitsniveau<br />
in allen Mitgliedsstaaten sein.<br />
Das in Deutschland gemeinsam entwickelte<br />
Basisschutzkonzept scheint<br />
ein guter Beitrag <strong>für</strong> die Abstimmungen<br />
der Mitgliedsstaaten <strong>und</strong> der<br />
Europäischen Kommission zu sein.<br />
Abschließend bleibt festzuhalten:<br />
Die gemeinsame Erarbeitung der<br />
Schutzkonzepte ist erfolgreich <strong>und</strong><br />
zeigt auf beiden Seiten der Public<br />
Private Partnership den erwarteten<br />
Nutzen.<br />
Neben dem Ziel einer höheren Sicherheit<br />
ist der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit<br />
<strong>für</strong> die am Markt<br />
agierenden privatwirtschaftlichen<br />
Unternehmen sicherzustellen.<br />
Unklar sind aber die finanziellen<br />
<strong>und</strong> regulatorischen Auswirkungen<br />
<strong>für</strong> die privatwirtschaftlichen<br />
Netzbetreiber. Hier bedarf es einer<br />
konsistenten politischen Regelung,<br />
die sowohl die Sicherheitsziele als<br />
auch die regulatorischen Ziele in<br />
Einklang bringt <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Netzbetreiber<br />
erreichbar sind. Mindestens<br />
aber ist die Anerkennung dieser<br />
Sonderaspekte der Netzbetreiber<br />
(Übertragungs- <strong>und</strong> Verteilungsnetzbetreiber)<br />
im Rahmen<br />
des Regulierungssystems erforderlich.<br />
Den Beispielen anderer Länder folgend,<br />
sollten zur Umsetzung eines<br />
„Defense Plan“ in Deutschland die<br />
Partner nach einer Lösung suchen,<br />
die dem erforderlichen Sicherheitsniveau<br />
entspricht, dabei aber<br />
die wirtschaftlichen Grenzen der<br />
privatwirtschaftlich agierenden<br />
Unternehmen beachtet.<br />
Der Black<br />
eine Einsatz<br />
Ass. Jur. Jens Koch, Referent<br />
Einsatz in der Leitung der B<strong>und</strong>esanstalt<br />
Technisches Hilfswerk, Bonn<br />
Der unerwartet heftige Wintereinbruch<br />
in Niedersachsen <strong>und</strong> Nordrhein-Westfalen<br />
Ende November<br />
2005 hatte <strong>für</strong> das THW den zweiten<br />
großen Inlandseinsatz (nach<br />
dem Hochwasser in Bayern) des Jahres<br />
zur Folge. Aus dem gesamten<br />
B<strong>und</strong>esgebiet zog das THW Stromerzeuger<br />
<strong>und</strong> Netzersatzanlagen zusammen,<br />
um die örtlichen Energiedienstleister<br />
bei der Überbrückung<br />
von Ausfällen im Bereich der Stromversorgung<br />
zu unterstützen. Starke<br />
Schneefälle hatten weite Teile Nordrhein-Westfalens<br />
<strong>und</strong> Niedersachsens<br />
ins Chaos gestürzt. Auf den Autobahnen<br />
<strong>und</strong> B<strong>und</strong>esstraßen sowie<br />
dem Wegenetz der Deutschen Bahn<br />
kam der Verkehr teilweise völlig zum<br />
Erliegen. THW-Ortsverbände rückten<br />
aus, um von der Fahrbahn abgekommene<br />
<strong>und</strong> liegen gebliebene<br />
LKW freizuschleppen <strong>und</strong> Hindernisse<br />
von Gleisanlagen zu entfernen.<br />
Unfallstellen wurden ausgeleuchtet<br />
<strong>und</strong> im Stau stecken gebliebene<br />
Menschen sowie die Einsatzkräfte<br />
anderer Organisationen mit Heißgetränken<br />
versorgt.<br />
18 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong><br />
Foto: THW
Energiesicherheit – Blackout im Münsterland<br />
Kooperation<br />
out im Münsterland –<br />
nachbereitung aus Sicht des THW<br />
Am 25. November spitzte sich die<br />
Lage dramatisch zu. Aufgr<strong>und</strong> des<br />
Niederschlags in Verbindung mit<br />
Temperaturen unter dem Gefrierpunkt<br />
hielten zahlreiche Strommasten<br />
dem Gewicht der Überlandleitungen<br />
nicht stand <strong>und</strong> knickten wie<br />
Streichhölzer um. Großflächige<br />
Stromausfälle waren die Folge.<br />
Einsatzkräfte aus allen acht THW<br />
Landes- <strong>und</strong> Länderverbänden brachten<br />
Stromerzeuger <strong>und</strong> Netzersatzanlagen<br />
in die Schadensregion. Insgesamt<br />
setzte das THW während des<br />
sieben Tage dauernden Einsatzes 268<br />
Stromerzeuger, davon 67 Netzersatzanlagen<br />
mit einer Leistung von 175<br />
kVA <strong>und</strong> mehr ein – jede ist <strong>für</strong> sich<br />
im Stande, ein Krankenhaus mit<br />
Strom zu versorgen. In Spitzenzeiten<br />
waren 733 Helfer im Einsatz.<br />
Freitag, 25. November 2005,<br />
Raum Osnabrück<br />
Auf Gr<strong>und</strong> des starken Schneefalls<br />
verb<strong>und</strong>en mit Sturm schleppten die<br />
THW-Einsatzkräfte zunächst im Großraum<br />
Osnabrück (neben der Stadt<br />
Osnabrück hauptsächlich betroffen<br />
die Orte Bad Essen, Melle, Nordhorn,<br />
Quakenbrück <strong>und</strong> Lingen an der Ems)<br />
über 200 Kraftfahrzeuge frei, umgestürzte<br />
Bäume mussten beseitigt <strong>und</strong><br />
Zuwege freigeräumt werden. Auf<br />
Gr<strong>und</strong> von Oberleitungsschäden <strong>und</strong><br />
Schneeverwehungen kam der Bahnverkehr<br />
auf den Strecken über den<br />
Hauptbahnhof Osnabrück zum Erliegen.<br />
Da die Hotels im Umkreis ausgebucht<br />
waren, mussten etwa 250<br />
Reisende im Luftschutzbunker unter<br />
dem Bahnhof Osnabrück untergebracht<br />
werden, bevor sie am nächsten<br />
Tag ihre Reise fortsetzen konnten.<br />
Gleichzeitig kam es in der Innenstadt<br />
von Osnabrück <strong>und</strong> in der<br />
weiteren Umgebung zu einem Stromausfall,<br />
von dem etwa 600.000 Einwohner<br />
betroffen waren. Da das Notstromaggregat<br />
in den Städtischen<br />
Kliniken Osnabrück nicht zuverlässig<br />
Stromkapazitäten nach Leistungsklasse der Stromerzeuger am jeweiligen Einsatztag<br />
16000<br />
14000<br />
12000<br />
10000<br />
KVA<br />
8000<br />
6000<br />
4000<br />
2000<br />
0<br />
9/9/3<br />
Geräte<br />
131/31/30<br />
Geräte<br />
lief, übernahm das Technische Hilfswerk<br />
die Stromversorgung der Kliniken<br />
mit einer 200 kVA-Netzersatzanlage.<br />
Zudem wurden verschiedene<br />
Polizeidienststellen versorgt. Der<br />
Stromausfall dauerte je nach Region<br />
eine bis fünf St<strong>und</strong>en. Insgesamt war<br />
das THW hier mit 109 Helfern aus<br />
sechs Ortsverbänden im Einsatz. Die<br />
Störungen waren im Laufe des<br />
26. November 2005 behoben, die Verkehrswege<br />
zu diesem Zeitpunkt<br />
wieder frei.<br />
Bis dahin ein ganz normaler Wintertag<br />
mit den üblichen Problemen<br />
im Bereich Kritischer Infrastrukturen.<br />
An Störungen der Verkehrswege, wie<br />
auch an kleinere Stromausfälle ist<br />
man im Winter leidlich gewöhnt.<br />
Samstag, 26. November<br />
2005, Münsterland<br />
Ungewöhnlich an der Wetterlage<br />
in dieser Nacht war, dass bei Temperaturen<br />
um den Gefrierpunkt sehr<br />
schwerer Schnee fiel, der immer<br />
wieder antaute <strong>und</strong> anschließend<br />
gefror. Dadurch bildeten sich auf Bäumen<br />
<strong>und</strong> Oberleitungsmasten schwere<br />
Eispanzer, die in Verbindung mit<br />
dem gleichzeitig herrschenden starken<br />
Wind zum Umsturz von Bäumen,<br />
Herabfallen von Ästen <strong>und</strong> zum Bruch<br />
von Hochspannungsmasten führten.<br />
Entscheidender Faktor hierbei war<br />
das so genannte Seiltanzen. Dabei<br />
versetzt der Eispanzer in Verbindung<br />
mit starkem Wind die Freileitung in<br />
Schwingung, was bei Überlagerung<br />
von Schwingungen aus mehreren<br />
Mastfeldern letztlich zur Schwebung<br />
<strong>und</strong> schließlich zum Zerreißen der<br />
Freileitungen <strong>und</strong> Umknicken der<br />
Masten führt.<br />
Davon betroffen war der äußerste<br />
nordwestliche Bereich von Nordrhein-Westfalen,<br />
der Regierungsbezirk<br />
Münster <strong>und</strong> dort insbesondere<br />
die Landkreise Coesfeld, Borken <strong>und</strong><br />
Steinfurt.<br />
Unter der Last des Schnees hingen<br />
Freileitungen teilweise bis auf<br />
den Boden durch, so dass Straßen<br />
gesperrt werden mussten. Auf größeren<br />
Strecken brachen mehrere<br />
H<strong>und</strong>ert Freileitungsmasten. Davon<br />
betroffen war nicht nur das örtliche<br />
Verteilnetz, sondern auch Teile des<br />
Versorgungsnetzes. Auf der Spannungsebene<br />
von 110 KV wurden<br />
83 Masten beschädigt, was zu einer<br />
Zerstörung der Leitung auf 25 Kilometern<br />
führte. Daneben war das<br />
30 KV Netz auf 165 Kilometern <strong>und</strong><br />
das 10 KV Netz auf zirka 538 Kilome-<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 19<br />
165/31/66<br />
Geräte<br />
KVA<br />
169/32/67<br />
Geräte<br />
26.11.2005 27.11.2005 28.11.2005 29.11.2005 30.11.2005 01.12.2005 02.12.2005<br />
Foto: THW
Energiesicherheit – Blackout im Münsterland<br />
tern beschädigt. Dementsprechend<br />
waren zahlreiche Ortschaften des betroffenen<br />
Regierungsbezirks Münster<br />
– zusammen ca. 250.000 Einwohner<br />
– ab dem 26. November 2005, zum<br />
Teil bis zum 2. Dezember 2005 ohne<br />
Anbindung an das öffentliche Stromnetz.<br />
Eingeleitete Maßnahmen<br />
Die erste Alarmierung des THW<br />
erfolgte bereits in der Nacht zum<br />
26. November. Die ersten Kapazitäten<br />
im Bereich mobiler Stromerzeuger<br />
wurden sofort bereitgestellt. Das<br />
Land Nordrhein-Westfalen entschied<br />
sich zunächst, die anderen B<strong>und</strong>esländer<br />
über den Mechanismus einer<br />
länderübergreifenden Unterstützung<br />
des AK V der Innenministerkonferenz<br />
um Hilfe zu bitten. Im Ergebnis setzte<br />
das Land Hessen zahlreiche Stromerzeuger<br />
in Richtung Münsterland in<br />
Marsch, darunter auch die des THW.<br />
Gemeinsame Verbände mit den örtlichen<br />
Feuerwehren wurden in Bewegung<br />
gesetzt. Im Laufe des Wochenendes<br />
gewannen die örtlich Verantwortlichen<br />
zunehmend einen Lageüberblick<br />
<strong>und</strong> es stellte sich heraus,<br />
dass Stromerzeugerkapazitäten im<br />
erforderlichen Umfang auf dem gewählten<br />
Weg nicht bereitgestellt werden<br />
konnten. Daraufhin zog das Technische<br />
Hilfswerk b<strong>und</strong>esweit auf Anforderung<br />
der Bezirksregierung<br />
<strong>und</strong> des Landes große Netzersatzanlagen<br />
mit einer Kapazität zwischen<br />
175 <strong>und</strong> 250 kVA zusammen. Die letzten<br />
dieser Aggregate trafen im Laufe<br />
des Montags im Münsterland ein. Das<br />
THW setzte 268 Stromerzeuger<br />
gleichzeitig ein, davon 67 Netzersatzanlagen<br />
mit einer Leistung von<br />
jeweils mehr als 175 kVA. Durch den<br />
örtlichen Energieversorger wurden<br />
weitere 101 Stromerzeuger (55 konzerneigene,<br />
46 anderer EVU) mit noch<br />
höherer Leistung <strong>und</strong> durch die Feuerwehren<br />
unzählige kleine Stromerzeuger<br />
eingesetzt. Gleichzeitig waren<br />
über 900 Mitarbeiter im Auftrag des<br />
Energieversorgers mit der Wiederherstellung<br />
des Netzes beschäftigt.<br />
Vergleichsweise waren 733 THW-<br />
Helfer eingesetzt.<br />
Neben der Versorgung einzelner<br />
Betriebe oder Haushalte erfolgte die<br />
Einspeisung in kleinere Netzabschnitte.<br />
Dies ist an Umspann- <strong>und</strong> Verteilstationen<br />
ohne größeren technischen<br />
Aufwand möglich, bedarf aber des<br />
Zusammenwirkens zwischen Energieversorgungsunternehmen<br />
<strong>und</strong><br />
THW.<br />
Die Bilanz<br />
Durch die eingeleiteten Maßnahmen<br />
konnte die Zahl der nicht versorgten<br />
Einwohner bereits am Sonntag<br />
auf 80.000, am Montag auf 60.000<br />
<strong>und</strong> am Dienstag (nach Eintreffen der<br />
b<strong>und</strong>esweit zusammengezogenen<br />
Aggregate) auf 2.000 reduziert werden.<br />
Zusammenfassend ist festzustellen,<br />
dass die eingeleiteten Maßnahmen<br />
der örtlichen Behörden <strong>und</strong> des<br />
Energieversorgers gegriffen haben.<br />
Bei einem Stromausfall dieser Größenordnung<br />
mit einer Zerstörung dieser<br />
Zahl von Masten ist eine noch<br />
schnellere Behebung der Schäden<br />
nur schwer möglich. Soweit noch<br />
Optimierungsbedarf besteht, finden<br />
derzeit Gespräche zwischen dem<br />
Technischen Hilfswerk <strong>und</strong> Energieversorgungsunternehmen<br />
statt.<br />
Diese Erkenntnis verdeutlicht aber<br />
zugleich, dass man auf Stromausfälle<br />
dieser Länge <strong>und</strong> Intensität eingestellt<br />
sein sollte. Das bedeutet<br />
zunächst <strong>für</strong> die Bevölkerung, selbst<br />
entsprechende Vorkehrungen zu treffen.<br />
In den Haushalten sind heutzutage<br />
kaum noch Vorräte vorhanden<br />
<strong>und</strong> man macht sich in der Regel keine<br />
Gedanken mehr über die Frage<br />
des Betriebs einer Heizung ohne<br />
Strom. So wurde beispielsweise ein<br />
Supermarkt in Ochtrup am Sonntag<br />
mit Notstrom versorgt, damit die örtliche<br />
Bevölkerung sich mit Lebensmittelvorräten<br />
eindecken konnte.<br />
Landwirte sind durch moderne<br />
Geräte – wie etwa Melkmaschinen –<br />
vom Strom abhängig, ohne dass bei<br />
Betrieben unterhalb einer bestimmten<br />
Größe Vorkehrungen <strong>für</strong> eine<br />
Notstromversorgung getroffen wären.<br />
Es bietet sich an, auf örtlicher<br />
Ebene Zufluchtsorte <strong>für</strong> die betroffene<br />
Bevölkerung zu identifizieren. Bewährt<br />
hat sich etwa die Notstromversorgung<br />
einer Sporthalle. Diese ist<br />
dann beheizbar <strong>und</strong> bietet damit eine<br />
warme Schlafstätte <strong>für</strong> Bürger, die auf<br />
Gr<strong>und</strong> der Kälte ihre Häuser verlassen<br />
wollen oder müssen. Dort kann<br />
zudem warmes Essen ausgegeben<br />
werden <strong>und</strong> es besteht die Möglichkeit,<br />
warm zu duschen. Sind solche<br />
oder vergleichbare Zufluchtsorte<br />
vorher identifiziert <strong>und</strong> bekannt, wissen<br />
die Bürger im Ernstfall, wohin sie<br />
sich wenden können, <strong>und</strong> ein guter<br />
Teil an Unsicherheit fällt weg. Außerdem<br />
sollte die Sporthalle dann bereits<br />
im Vorfeld mit einer entsprechenden<br />
Vorrichtung <strong>für</strong> die Noteinspeisung<br />
versehen werden.<br />
Im Großen <strong>und</strong> Ganzen bleibt festzustellen,<br />
dass die Einwohner im Regierungsbezirk<br />
Münster trotz unserer<br />
heutigen vielfältigen Abhängigkeit<br />
von der Kritischen Infrastruktur<br />
„Strom“ mit der Situation gut zurechtgekommen<br />
sind. Doch gerade aus<br />
dieser Katastrophe sollten Lehren <strong>für</strong><br />
den deutschen <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
gezogen werden.<br />
20 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
Trinkwassersicherheit – Kooperationen in Alltag Kooperation <strong>und</strong> Krise<br />
Versorgungssicherheit<br />
in der Trinkwasserversorgung im Zusammenspiel<br />
zwischen betrieblichem Alltag <strong>und</strong> Extremsituationen<br />
Dipl.-Ing. Berthold Niehues, Bereichsleiter Wasser, Deutsche Vereinigung<br />
des Gas- <strong>und</strong> Wasserfaches e.V. (DVGW), Bonn<br />
Sicherheit in der Trinkwasserversorgung bedeutet <strong>für</strong> ein Unternehmen<br />
sowohl <strong>für</strong> den betrieblichen Alltags- als auch <strong>für</strong> den Extremfall ein geeignetes<br />
Management einzurichten. Ziel muss es sein, diese beiden Szenarien<br />
sinnvoll aufeinander abzustimmen. Der DVGW ist derzeit dabei, aus den<br />
unterschiedlichen internationalen <strong>und</strong> nationalen Aktivitäten sein Regelwerk<br />
als Handlungsrahmen <strong>für</strong> die Unternehmen anzupassen.<br />
Aspekte der Versorgungssicherheit<br />
in der Trinkwasserversorgung<br />
spielen in den letzten Jahren in den<br />
Unternehmen eine immer größere<br />
Rolle. Neben den Vorgaben der Trinkwasserverordnung<br />
in Bezug auf Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Hygiene <strong>und</strong> Ästhetik sind<br />
auch die Anforderungen aus der DIN<br />
2000 (ausreichender Druck, Menge)<br />
zu nennen.<br />
Damit diese umfassende Versorgungssicherheit<br />
gewährleistet werden<br />
kann, sind qualifiziertes Fachpersonal<br />
<strong>und</strong> eine funktionierende Aufbau-<br />
<strong>und</strong> Ablauforganisation in einem<br />
Unternehmen erforderlich. In der<br />
jüngsten Vergangenheit werden aufgr<strong>und</strong><br />
verschiedener Ereignisse Aspekte<br />
des Sicherheits-, Risiko- <strong>und</strong><br />
Krisenmanagements verstärkt diskutiert<br />
(WHO 2004). Dies wird u.a. durch<br />
mehrere Aktivitäten sowohl auf administrativer<br />
nationaler <strong>und</strong> europäischer<br />
Ebene als auch in normungstechnischen<br />
Bereichen (ISO, CEN)<br />
deutlich. Bei genauerer Betrachtung<br />
lassen sich häufig gemeinsame Kernelemente<br />
in den diversen Aktivitäten<br />
ausmachen, die allerdings mit unterschiedlichen<br />
Begrifflichkeiten <strong>und</strong><br />
Strategien belegt werden (s. Grafik).<br />
Damit aus den unterschiedlichen Aktivitäten<br />
keine Red<strong>und</strong>anzen oder<br />
auch Widersprüchlichkeiten entstehen,<br />
die in der Praxis dann zu Komplikationen<br />
führen könnten, ist es erforderlich,<br />
eine mit allen Beteiligten<br />
abgestimmte Strategie zur Implementierung<br />
<strong>und</strong> praxisgerechten Umset-<br />
zung eines Sicherheits-, Risiko- <strong>und</strong><br />
Krisenmanagements zu entwickeln.<br />
Ziel aller Aktivitäten muss es letztendlich<br />
sein, das erreichte Schutzniveau<br />
in der Trinkwasserversorgung<br />
zu erhalten <strong>und</strong>, wo notwendig, zu<br />
verbessern. Ein Blick auf die zurzeit<br />
diskutierten Konzepte zeigt, dass man<br />
zunächst zwischen den mehr betrieblichen<br />
Aspekten im Alltag zur Sicherung<br />
der Trinkwasserversorgung <strong>und</strong><br />
den mehr sicherheitsrelevanten Belangen<br />
zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
unterscheiden kann (s.<br />
Grafik).<br />
Bei Letzterem liegt der Fokus der<br />
Betrachtung auf Extremsituationen,<br />
Sabotageakten etc. Eine klare Trennung<br />
zwischen den beiden Bereichen<br />
lässt sich dabei allerdings nie genau<br />
ziehen. Dies zeigt sich in der Praxis<br />
Sicherung der Trinkwasserqualität<br />
Gefahren<br />
Water safety plan<br />
Prävention<br />
Risikobewertung<br />
Krisenmanagement<br />
Maßnahmeplan<br />
Handlungsplan<br />
Risikomanagement<br />
Störfall<br />
Vorsorgemaßnahmen<br />
Versorgungssicherheit<br />
vielfach auch in der Aufstellung <strong>und</strong><br />
Umsetzung der Maßnahmepläne<br />
nach § 16 Abs. 6 der Trinkwasserverordnung.<br />
Internationale <strong>und</strong><br />
europäische Aktivitäten:<br />
WHO-Trinkwasserleitlinie –<br />
Water Safety Plan<br />
Die WHO hat im September 2004<br />
eine Überarbeitung ihrer Trinkwasserleitlinie<br />
veröffentlicht.<br />
Eine wichtige Neuerung in diesen<br />
Richtlinien betrifft die Empfehlung<br />
sog. „Water Safety Plans“ zur Risikoanalyse,<br />
-bewertung <strong>und</strong> -steuerung<br />
der Trinkwasserversorgung aufzustellen<br />
<strong>und</strong> einzuführen. Im Wesentlichen<br />
bedeutet es die Einführung eines Risikomanagements<br />
in der Trinkwasserversorgung,<br />
d.h. Erkennen, Beurteilen<br />
<strong>und</strong> Steuern von betrieblichen<br />
Risiken von der Ressource bis zur<br />
Abgabestelle an den Verbraucher.<br />
Dieses Management deckt somit den<br />
betrieblichen Alltag in den Versorgungsunternehmen<br />
ab. Nähere Informationen<br />
zu den Water Safety Plans<br />
geben Schmoll & Müller-Wegener<br />
(2004) <strong>und</strong> Castell-Exner (2004).<br />
Risikoanalyse<br />
Sicherheitsmanagement<br />
Notfall<br />
„Babylonische Begriffsverwirrung“ r<strong>und</strong> um das Sicherheits-, Risiko- <strong>und</strong> Krisenmanagement<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 21<br />
Krise<br />
Notfallplan<br />
Sicherheitsplan<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
Foto: DVGW
Quelle: DVGW<br />
Trinkwassersicherheit – Kooperationen in Alltag <strong>und</strong> Krise<br />
EU-Grünbuch über ein<br />
europäisches Programm<br />
<strong>für</strong> den Schutz Kritischer<br />
Infrastrukturen<br />
Im Dezember 2005 hat die Europäische<br />
Kommission das „Grünbuch<br />
zum Schutz Kritischer Infrastrukturen“<br />
veröffentlicht. Hierbei geht es in<br />
erster Linie darum, Kritische Infrastrukturen<br />
auf europäischer <strong>und</strong> nationaler<br />
Ebene zu definieren <strong>und</strong> dazu<br />
notwendige Elemente zur Implementierung<br />
zu formulieren.<br />
Das Grünbuch soll dazu dienen,<br />
möglichst viele Akteure in die Diskussion<br />
um das europäische Programm<br />
<strong>für</strong> den Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
einzubeziehen <strong>und</strong> ihre<br />
Meinung zu den hier vorgestellten<br />
Optionen in Erfahrung zu bringen. Ein<br />
effizienter Schutz Kritischer Infrastruktureinrichtungen<br />
setzt Kommunikation,<br />
Koordination <strong>und</strong> Kooperation<br />
sowohl auf nationaler als auch<br />
auf EU-Ebene unter Einbeziehung aller<br />
Beteiligten voraus – Eigentümer/<br />
Betreiber von Infrastrukturen, Behörden,<br />
Berufs- <strong>und</strong> Industrieverbände<br />
in Zusammenarbeit mit allen Regierungsebenen<br />
<strong>und</strong> der Öffentlichkeit.<br />
Im Grünbuch werden Optionen<br />
vorgestellt, wie die Kommission der<br />
Fokus:<br />
Betrieblicher Alltag („safety“)<br />
DVGW-Regelwerk + TSM<br />
Aufforderung des Rates zur Ausarbeitung<br />
eines Europäischen Programms<br />
<strong>für</strong> den Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
(EPSKI) sowie eines<br />
entsprechenden Warn- <strong>und</strong> Informationsnetzes<br />
(WINKI) nachkommen<br />
kann.<br />
Der DVGW hat gemeinsam mit<br />
dem BGW im Januar <strong>2006</strong> eine Stellungnahme<br />
zu dem Grünbuch abgegeben<br />
(www.dvgw.de). Haupttenor<br />
ist, dass es sich bei der Wasserversorgung<br />
nicht um eine europäische<br />
Kritische Infrastruktur handelte, da<br />
die Wasserversorgung lokal/regional<br />
strukturiert ist <strong>und</strong> es keinen nennenswerten<br />
grenzüberschreitenden<br />
europäischen Wassertransport gibt.<br />
Nationale Aktivitäten:<br />
BMG/UBA-Vorhaben<br />
„Konsequenzen der neuen<br />
WHO-Trinkwasserleitlinien<br />
<strong>für</strong> die EG-Trinkwasserrichtlinie<br />
<strong>und</strong> die Trinkwasserhygiene<br />
in Deutschland“<br />
Das vom B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsministerium<br />
geförderte <strong>und</strong> durch das<br />
Umweltb<strong>und</strong>esamt durchgeführte<br />
Vorhaben hat zum Ziel, Gr<strong>und</strong>lagen<br />
<strong>für</strong> die Entwicklung einer gemeinsa-<br />
W 1010 W 1020 W 1050<br />
Sicherung der Trinkwasserqualität Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
WHO-water safety plans<br />
ISO-Strategic Advisory Group<br />
EG-Trinkwasserrichtlinie<br />
„Security“<br />
European programme for ciritical<br />
infrastructure protection (EPCIP)<br />
CEN BT WG 161 „Protection and<br />
security of the citizen“<br />
ISO-Guideline „Risk management“<br />
BMG/UBA BMI/BBK<br />
NOTFÄLLE<br />
Fokus:<br />
Sabotage, Extremsituationen,<br />
Katastrophen (security)<br />
Einbeziehung von „safety“ <strong>und</strong> „security“ in ein Gesamtkonzept <strong>für</strong> die Sicherheit in der<br />
Trinkwasserversorgung auf Basis des DVGW-Regelwerkes<br />
men deutschen Position zur Bewertung<br />
des WHO-Water Safety Plan-<br />
Ansatzes zu ermitteln. Die Notwendigkeit<br />
ergibt sich insbesondere<br />
dadurch, dass im Zuge der Revision<br />
der EG-Trinkwasserrichtlinie eine Diskussion<br />
auf europäischer Ebene zu<br />
erwarten ist. Das Projekt hat u.a. folgende<br />
Schwerpunkte:<br />
Planspielartige Probeläufe des<br />
WSP-Ansatzes mit ausgewählten<br />
Wasserversorgern<br />
Analyse des technischen Regelwerkes<br />
<strong>und</strong> der Trinkwassergesetzgebung<br />
im Hinblick auf Water<br />
Safety Plan-Elemente<br />
Expertenkonsultation mit Vertretern<br />
der Aufsichtsbehörden<br />
Workshop mit „kleinen“ Wasserversorgern/Aufsichtsbehörden<br />
Der DVGW hat dieses Forschungsvorhaben<br />
aktiv begleitet <strong>und</strong> die Ausarbeitung<br />
des Teilprojektes zur Analyse<br />
des DVGW-Regelwerkes <strong>und</strong> des<br />
Technischen Sicherheitsmanagements<br />
(TSM) in Bezug auf die Water<br />
Safety Plan-Konzeption übernommen.<br />
Im Ergebnis konnte gezeigt<br />
werden, dass wesentliche Aspekte<br />
des WHO-Konzeptes bereits im Regelwerk<br />
bzw. im TSM-Leitfaden enthalten<br />
sind. Nähere Informationen zu<br />
dem Teilprojekt sind in Baus u. a.<br />
(<strong>2006</strong>) aufgeführt.<br />
Der Abschlussbericht des BMG/<br />
UBA-Gesamtvorhabens wird voraussichtlich<br />
noch in <strong>2006</strong> vorliegen.<br />
BMI-Empfehlungen <strong>für</strong><br />
Unternehmen: Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen,<br />
Basisschutzkonzept<br />
Ziel des Basisschutzkonzeptes, das<br />
von BBK <strong>und</strong> BKA im Auftrag des<br />
B<strong>und</strong>esinnenministeriums (BMI) <strong>und</strong><br />
unter Mitarbeit fünf namhafter deutscher<br />
Unternehmen im August 2005<br />
erarbeitet wurde, ist die Reduzierung<br />
der Verw<strong>und</strong>barkeit Kritischer Infrastrukturen<br />
gegenüber natürlichen Ereignissen<br />
<strong>und</strong> Unfällen sowie gegenüber<br />
terroristischen Anschlägen <strong>und</strong><br />
kriminellen Handlungen. Das Basisschutzkonzept<br />
fokussiert dabei auf<br />
bauliche, organisatorische, personenbezogene<br />
<strong>und</strong> technische Schutzmaßnahmen.<br />
22 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
Branche<br />
Quelle: DVGW<br />
Staat<br />
Adressaten <strong>für</strong> die Entwicklung<br />
strategischer Konzepte <strong>für</strong> Gefährdungsanalysen,<br />
<strong>für</strong> Risikomanagementsysteme<br />
sowie von Maßnahmen<br />
zur Risikominimierung sind zunächst<br />
die Unternehmensleitungen der Infrastrukturbetreiber.<br />
Ausgangspunkt des Konzeptes ist<br />
ein mehrstufiger Analyse- <strong>und</strong> Planungsprozess,<br />
der eine Ermittlung<br />
der Risiken <strong>und</strong> eine daran anknüpfende<br />
Überprüfung sowie gegebenenfalls<br />
eine Anpassung von Schutzmaßnahmen<br />
umfasst. Er lässt sich<br />
wie folgt gliedern:<br />
I. Bildung von Gefährdungskategorien,<br />
differenziert nach den Bereichen<br />
Naturkatastrophen, Unfälle, Terrorismus<br />
<strong>und</strong> Kriminalität<br />
II. Festlegung des jeweiligen<br />
Schutzniveaus<br />
III. Entwicklung von Schadens- <strong>und</strong><br />
Bedrohungsszenarien<br />
IV. Analyse von Schwachstellen<br />
Strategie <strong>für</strong> die<br />
Wasserversorgung<br />
Trinkwassersicherheit – Kooperationen in Alltag Kooperation <strong>und</strong> Krise<br />
Aktualisierung des DVGW-Regelwerkes <strong>und</strong> des DVGW-TSM-Leitfadens<br />
(Risiko-, Sicherheits-, Krisenmanagement)<br />
Verbesserung der Abstimmung zwischen Behörden <strong>und</strong> WVU<br />
bei Konzeption von Maßnahmen seitens der Behörden<br />
(Katastrophenstäbe)<br />
Schaffung eindeutiger Regelungen zu den Kompetenzen <strong>für</strong> B<strong>und</strong>,<br />
Länder <strong>und</strong> Kommunen im Krisenfall<br />
Verbesserung der Ausrüstung anderer Beteiligter (z. B. THW,<br />
Feuerwehr, B<strong>und</strong>esgrenzschutz)<br />
Verbesserung/Schaffung zentraler Informationsstellen (z. B. Auskünfte<br />
bzgl. toxikologischer Relevanz von Stoffen)<br />
Notwendige Schritte zur Verbesserung der Sicherheit in der Wasserversorgung<br />
Aus der Vielzahl der vorgenannten<br />
Aktivitäten wird eine Reihe von<br />
Themenüberschneidungen deutlich.<br />
Aus Sicht der Wasserversorgung<br />
muss es Ziel sein, einerseits die Themenvielfalt<br />
sinnvoll aufeinander abzustimmen<br />
sowie Red<strong>und</strong>anzen <strong>und</strong><br />
Widersprüchlichkeiten in den jeweiligen<br />
Aktivitäten zu vermeiden. Der<br />
DVGW wird im Zuge der Fortschreibung<br />
seines Regelwerkes da<strong>für</strong> Sorge<br />
tragen, dass praxisgerechte An-<br />
forderungen <strong>und</strong> Handlungsanleitungen<br />
<strong>für</strong> die Branche definiert werden.<br />
Dies umfasst ein klares Konzept zur<br />
Umsetzung eines geeigneten Risiko<strong>und</strong><br />
Krisenmanagements <strong>für</strong> die Belange<br />
des täglichen Betriebes als<br />
auch <strong>für</strong> Extremereignisse (z. B. Naturkatastrophen).<br />
Der DVGW hat hierzu mit den beteiligten<br />
Ministerien <strong>und</strong> Behörden<br />
(BMG, UBA, BBK) die Vorgehensweise<br />
abgestimmt. Auf der Basis der<br />
Regelwerke W 1010 (DVGW 2000),<br />
W 1020 (DVGW 2003) <strong>und</strong> W 1050<br />
(DVGW 2002) (s. Grafik S. 22) soll ein<br />
zweiteiliges Regelwerk erarbeitet<br />
werden. Im ersten Teil sollen der betriebliche<br />
Alltag unter Einbeziehung<br />
von Vorsorgeplanung, Risikoanalyse<br />
<strong>und</strong> -bewertung im Vordergr<strong>und</strong> stehen.<br />
Der zweite Teil soll sich in erster<br />
Linie mit dem situativen Umgang eines<br />
Krisenfalls befassen, dies schließt<br />
insbesondere die Krisenkommunikation<br />
ein. Die Erarbeitung dieser Technischen<br />
Regeln soll bis Ende <strong>2006</strong><br />
abgeschlossen werden.<br />
Fazit<br />
Ausgelöst durch verschiedene Ereignisse<br />
in der jüngeren Vergangenheit<br />
wurde eine Vielzahl von Aktivitäten<br />
zum Sicherheits-, Risiko- <strong>und</strong> Krisenmanagement<br />
international <strong>und</strong><br />
national angestoßen. Für Außenstehende<br />
erscheinen diese Aktivitäten<br />
auf den ersten Blick verwirrend.<br />
Im Sinne der bisherigen Erfahrungen<br />
in der Wasserversorgung in<br />
Deutschland gilt es mit allen Beteiligten<br />
sinnvolle, nachvollziehbare <strong>und</strong><br />
praxisgerechte Lösungen <strong>für</strong> die<br />
Branche zu entwickeln. Der DVGW<br />
wird hierzu sein technisches Regelwerk<br />
mit Beteiligung der zuständigen<br />
Ministerien <strong>und</strong> Behörden zeitnah<br />
anpassen.<br />
Darüber hinaus gilt es im Dialog<br />
mit den Ministerien <strong>und</strong> den Behörden<br />
die vorhandenen Defizite, insbesondere<br />
im Katastrophenfall zur<br />
Sicherung einer hinreichenden Versorgung<br />
der Bevölkerung abzubauen.<br />
Hier sind u.a. eindeutige Regelungen<br />
zu den Kompetenzen <strong>für</strong><br />
B<strong>und</strong>, Länder <strong>und</strong> Kommunen im Krisenfall<br />
zu schaffen (s. Grafik S. 23).<br />
Literatur<br />
Baus, C., Bethmann, D., Castell-<br />
Exner, C. (<strong>2006</strong>): Das WHO Water<br />
Safety Plan-Konzept im Vergleich<br />
zum DVGW-Regelwerk <strong>und</strong> Technischen<br />
Sicherheitsmanagement.<br />
Energie Wasser Praxis, 57, H. 4.<br />
Castell-Exner, C. (2004): Die neuen<br />
WHO-Trinkwasserrichtlinien zur<br />
Trinkwasserqualität. in: Energie<br />
Wasser Praxis, 55, H. 12, S. 24 –<br />
27.<br />
DVGW (2003): Empfehlungen <strong>und</strong><br />
Hinweise <strong>für</strong> den Fall von Grenzwertüberschreitungen<br />
<strong>und</strong> anderen<br />
Abweichungen von Anforderungen<br />
der Trinkwasserversorgung.<br />
DVGW-Hinweis W 1020,<br />
Bonn Januar 2003.<br />
DVGW (2000): Leitfaden <strong>für</strong> die<br />
Erstellung eines Betriebshandbuches<br />
<strong>für</strong> Wasserversorgungsunternehmen.<br />
DVGW-Hinweis W 1010,<br />
Bonn Dezember 2000.<br />
DVGW (2002): Vorsorgeplanung<br />
<strong>für</strong> Notstandsfälle in der öffentlichen<br />
Trinkwasserversorgung. in:<br />
DVGW-Hinweis W 1050, Bonn März<br />
2002.<br />
Schmoll, O. & Müller-Wegener, U.<br />
(2004): Die dritte Auflage der<br />
WHO-Leitlinien <strong>für</strong> Trinkwasserqualität.<br />
Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> neue<br />
Entwicklungen. in: gwf Wasser/Abwasser,<br />
145, H. 13, München/Essen<br />
2004, S. 10 – 16.<br />
WHO (2004): Guidelines for drinking-water<br />
quality. in: 3 rd edition,<br />
Vol. 1 Recommendations, Genf<br />
2004.<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 23
Trinkwassersicherheit – Technische Lösungen<br />
Vorbereitung der Wasser<br />
auf die Sicherheits<br />
Dipl.-Ing. Heinz Jürgen Pfitzner, Freier Sachverständiger, Worms<br />
Trinkwasser, das „Lebensmittel Nr. 1“ ist das wichtigste Gut <strong>für</strong> alles Leben<br />
auf Erden <strong>und</strong> durch nichts zu ersetzen. Die Versorgung der Bevölkerung<br />
mit ges<strong>und</strong>em Trinkwasser in ausreichender Menge <strong>und</strong> Qualität ist eine<br />
elementare Aufgabe des Staates <strong>und</strong> ein wichtiger Teil der Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong><br />
Daseinsvorsorge.<br />
Ohne Wasser kein Leben!<br />
Dazu ein Auszug aus dem Kommentar<br />
zum LWG Rheinland-Pfalz,<br />
§ 46 Abs. 2 / WHG 7:<br />
„Die Versorgung der Bevölkerung<br />
mit einwandfreiem <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>em<br />
Wasser gehört heute zu den wichtigsten<br />
<strong>und</strong> vordringlichsten Aufgaben<br />
der öffentlichen Daseinsvorsorge<br />
<strong>und</strong> ist durch nichts zu ersetzen.<br />
Sie ist von elementarer Bedeutung<br />
<strong>und</strong> im Beschluss vom 15.07.1981<br />
ZfW 1982, 293 des BverfG nachzulesen.“<br />
Um dieser Pflichtaufgabe im vollem<br />
Umfang gerecht zu werden,<br />
müssen die öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlagen<br />
so erstellt<br />
<strong>und</strong> betrieben werden, dass in ausreichender<br />
Menge <strong>und</strong> Sauberkeit<br />
genügend Trinkwasser zur Verfügung<br />
steht <strong>und</strong> eine negative Beeinflussung<br />
des Trinkwassers durch<br />
Dritte nicht zu besorgen ist. Dies<br />
schließt auch den Lastfall einer „gewollten<br />
negativen Beeinflussung“<br />
der öffentlichen Trinkwasserversorgung<br />
mit ein. Sichere Trinkwasserversorgungsanlagen<br />
erschweren<br />
nicht nur kriminelle Energie eine Einflussnahme,<br />
sondern reduzieren Folgekosten<br />
durch:<br />
Reduzierung der Alarmpläne auf<br />
den Lastfall der höheren Gewalt<br />
(z. B. keine ausreichende Rohwassergewinnung)<br />
Reduzierung bis zur Verhinderung<br />
der Folgekosten bei dem Lastfall<br />
einer negativen Beeinflussung<br />
Schutz ganzer Agglomerationsräume<br />
<strong>und</strong> deren wirtschaftlicher Sektoren<br />
Letzteres soll Thema dieses Beitrages<br />
sein, da an diesem Punkt auch<br />
die freiheitlich-rechtliche Ordnung<br />
unseres Gemeinwesens tangiert ist.<br />
Sicherheit muss bezahlbar sein <strong>und</strong><br />
bleiben! Genau aus diesem Gr<strong>und</strong><br />
sind der Wasserversorgung Techniken<br />
an die Hand zu geben, um dieser Forderung<br />
gerecht zu werden sowie eine<br />
Umsetzung der Leitgedanken einer sicheren<br />
Trinkwasserversorgung zum<br />
Wohl der Allgemeinheit in Zukunft<br />
überhaupt zu ermöglichen.<br />
Fragestellungen<br />
Um ein Trinkwasserversorgungsnetz<br />
<strong>für</strong> zukünftige Sicherheitsanforderungen<br />
zu überprüfen, wird<br />
zunächst empfohlen, folgenden Fragenkatalog<br />
abzuarbeiten:<br />
1. An welcher Stelle kann eine negative<br />
Beeinflussung erfolgen <strong>und</strong> wie<br />
wird die entsprechende kriminelle<br />
Energie umgesetzt?<br />
2. Welche Auswirkungen können<br />
durch die Einflussnahme entstehen?<br />
3. Wie kann einer negativen Beeinflussung<br />
vorbeugend begegnet werden?<br />
– Vorschläge zur<br />
Aus Gründen der Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong><br />
Daseins- Vorsorge zum Wohl aller<br />
Trinkwasserversorgungsanlagen<br />
müssen die Anlagen so erstellt <strong>und</strong><br />
betrieben werden, dass eine negative<br />
Beeinflussung des „Lebensmittels<br />
Nr. 1“ so weit wie möglich ausgeschlossen<br />
werden kann (Leitgedanke<br />
1).<br />
Des Weiteren wird deutlich, dass<br />
eine negative Beeinflussung des<br />
Trinkwassers nur durch eine Fremdeinleitung<br />
erfolgen kann (Leitgedanke<br />
2).<br />
Hieraus ergeben sich folgende<br />
Ableitungen <strong>und</strong> damit der dritte Leitgedanke:<br />
1. Kann man eine bestehende Sicherheitseinrichtung<br />
leicht umgehen,<br />
ist diese zwecklos.<br />
2. Kann man diese Einrichtung<br />
nicht umgehen <strong>und</strong> wird dadurch das<br />
kriminelle Ziel auch nicht durch Zerstörung<br />
erreicht, ist die Negativbeeinflussung<br />
des „Lebensmittels Nr. 1“<br />
nicht möglich (Leitgedanke 3).<br />
Diese drei Leitgedanken sichern,<br />
neben einer gr<strong>und</strong>sätzlich guten<br />
Trinkwasserqualität in der öffentlichen<br />
Trinkwasserversorgung die<br />
Gr<strong>und</strong>pfeiler einer guten Vorsorge<br />
<strong>und</strong> sind letztendlich Gesetzeswille.<br />
Um den gesetzlichen Vorgaben gerecht<br />
zu werden, wurden die Anlagenteile<br />
des Trinkwassertransportes<br />
bis hin zum Trinkwasserhausanschluss<br />
untersucht. An diesen Stellen<br />
ist eine unbemerkte negative Einflussnahme<br />
am leichtesten möglich,<br />
da weder der Unterflurhydrant noch<br />
eine Restentleerung über einen<br />
Rückflussverhinderer verfügen <strong>und</strong><br />
Wasserzähler betriebsbedingt so angebracht<br />
sind, dass man diese leicht<br />
demontieren kann.<br />
24 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
ersorgung<br />
probleme der Zukunft<br />
Lösungsvorschläge<br />
Für die geschilderten Probleme sind<br />
folgende Lösungsansätze denkbar:<br />
1. Durch das Auswechseln der<br />
Standrohrhalterung (Klauen) am Unterflurhydranten<br />
gegen einen Rückflussverhinderer<br />
mittels eingeklebter<br />
Abreißschrauben kann ein Dritter über<br />
diesen Punkt keine negative Einleitung<br />
in das Trinkwassertransportsystem<br />
vornehmen. Damit ist eine optimale<br />
Prävention gegen terroristische<br />
Anschläge gewährleistet. Als Werkstoff<br />
wird Edelstahl vorgeschlagen.<br />
2. Restentleerungen sollten mit<br />
einem Hydrostop o. Ä. gesichert werden.<br />
Flansche der Froschklappen sind<br />
einzubetonieren.<br />
3. Im Zuge von Neuerstellung oder<br />
Erneuerung von Trinkwasserhausanschlüssen<br />
muss der Rückflussverhinderer<br />
so angebracht werden, dass<br />
kein Dritter ihn umgehen kann. Dies<br />
ist nur im unzugänglichen, also im<br />
eingeerdetem Bereich, vornehmlich<br />
am Hausanschlussschieber, möglich.<br />
Als Werkstoff wird hier PE vorgeschlagen,<br />
weil die zu erwartenden Standzeiten<br />
denen der PE-Hausanschlussleitung<br />
gleichen.<br />
Kosten<br />
Unter der Vorgabe durchaus mittel-<br />
<strong>und</strong> langfristiger Umrüstzeiten<br />
von 20 Jahren <strong>für</strong> den Bereich der<br />
Transportleitungen <strong>und</strong> von 50 Jahren<br />
<strong>für</strong> den Trinkwasserhausanschluss<br />
ergibt sich eine Mehrbelastung<br />
des K<strong>und</strong>en von ca. 0,5 Euro,<br />
also von 50 Cent pro K<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />
Jahr; finanzielle Größenordnungen,<br />
die tatsächlich „Peanuts“ sind, jedoch<br />
eine enorme präventive Wirkung<br />
entfalten.<br />
Trinkwassersicherheit – Technische Kooperation<br />
Lösungen<br />
praktischen Umsetzung im Versorgungsnetz<br />
Zusammenfassung<br />
Der Schutz der öffentlichen Trinkwasserversorgung<br />
gehört zu den elementarsten<br />
Aufgaben, die zur Ges<strong>und</strong>heits-<br />
<strong>und</strong> Daseinsvorsorge als<br />
Pflichtaufgabe erbracht werden müssen.<br />
Nach dem heutigem Wissensstand<br />
kann <strong>und</strong> darf es nicht sein,<br />
dass eine Person ganze Agglomerationsräume<br />
samt anhängender Wirtschaft<br />
durch eine Kontaminierung<br />
des Trinkwassers so stark beeinflussen<br />
kann, dass diese kollabieren.<br />
Aufgr<strong>und</strong> der extremen psychologischen<br />
Wirkungen werden durch solche<br />
Ereignisse sowohl die Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Leib <strong>und</strong> Leben als auch Sicherheit<br />
<strong>und</strong> Ordnung massiv bedroht;<br />
also höchste Rechtsgüter. Der K<strong>und</strong>e,<br />
egal ob privater oder öffentlicher<br />
Abnehmer, setzt diese Sicherheitsvorkehrungen<br />
bereits voraus.<br />
Das Trinkwasserverteilungsnetz<br />
beinhaltet nicht nur fast 90 % des<br />
Anlagevermögens der öffentlichen<br />
Trinkwasserversorgung, sondern<br />
auch gleichzeitig den schwächsten<br />
Punkt im Trinkwasser-Verteilungssystem.<br />
Werden Trinkwasserversorgungsanlagen<br />
vor Eingriffen krimineller<br />
Energie bereits mit einfachen<br />
technischen Methoden geschützt,<br />
hat diese keine Chance einen Angriff<br />
auf Leib <strong>und</strong> Leben vorzunehmen.<br />
Eine sichere Trinkwasserversorgung<br />
reduziert die Kosten <strong>für</strong> kritische<br />
Strukturen auf das Wesentliche.<br />
„Manpower“ zur Vorbeugung ist<br />
günstiger <strong>und</strong> effizienter als der Einsatz<br />
<strong>für</strong> die Erstellung von Alarmplänen<br />
oder aber ein tatsächliches Krisen-<br />
<strong>und</strong> Katastrophenmanagement<br />
in einem konkreten Ereignis- bzw.<br />
Schadensfall. Systemvorschläge<br />
Schutz der öffentlichen<br />
Trinkwasserversorgung vor<br />
„negativer Einflussnahme“<br />
Hausanschluss Unterflurhydrant<br />
Rückflussverhinderer<br />
<strong>für</strong> den Trinkwasserhausanschlussschieber<br />
(im unzugänglichen<br />
Bereich)<br />
Unterteil<br />
mit Kugel<br />
Rückflussverhinderer<br />
<strong>für</strong> den Hausanschluss<br />
an der Anbohrstelle<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 25<br />
Oberteil<br />
Foto: creativ collection
Blick zum Nachbarn<br />
Schutz kritischer<br />
eine wichtige Aufgabe des Be<br />
Marc-Alexandre Graf, Projektleiter Schutz von Kritischen Infrastrukturen,<br />
Eidgenössisches Departement <strong>für</strong> Verteidigung, <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />
Sport, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong>, Bern<br />
Der Schutz kritischer Infrastrukturen wird immer wichtiger, einerseits durch<br />
die sich wandelnden Gefahren (extreme Naturereignisse, Cyberkriminalität,<br />
Terrorismus) <strong>und</strong> andererseits durch die zunehmende Verletzlichkeit<br />
der Infrastrukturen (Interdependenzen, Abhängigkeit von Energieversorgung<br />
<strong>und</strong> IT, usw.). In diesem Zusammenhang hat die Schweizer Regierung<br />
die Koordination der Arbeiten zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
dem <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> übertragen.<br />
Ohne hochtechnisierte Infrastrukturen<br />
können moderne Gesellschaften<br />
nicht mehr existieren. Infrastrukturen<br />
bilden heute eine zentrale Voraussetzung<br />
<strong>für</strong> das Funktionieren<br />
vieler politischer, wirtschaftlicher<br />
<strong>und</strong> gesellschaftlicher Prozesse. Der<br />
Grad der Funktionsfähigkeit von Infrastrukturen<br />
beeinflusst die Lebensqualität<br />
einer Gesellschaft <strong>und</strong> die<br />
Wertschöpfung der Wirtschaft in einem<br />
hohen Maß. Dies ist besonders<br />
der Fall in der Schweiz, wo ein stabiles<br />
<strong>und</strong> qualitativ hoch stehendes<br />
Infrastruktursystem einen wichtigen<br />
Standortfaktor darstellt. Entsprechend<br />
gering ist in der Schweiz die<br />
Akzeptanz <strong>für</strong> eingeschränkte oder<br />
nicht verfügbare Dienstleistungen.<br />
Die Bedeutung des Schutzes<br />
Kritischer Infrastrukturen<br />
Ein Ausfall von Infrastrukturen<br />
zieht meistens immense finanzielle<br />
Schäden <strong>für</strong> Staat, Gesellschaft <strong>und</strong>/<br />
oder Wirtschaft nach sich. Die zuneh-<br />
mende Konzentration von Werten<br />
(z. B. Personen, Immobilien, Mobilien,<br />
Kulturgüter) auf Ballungszentren<br />
sowie eine gegenüber früher erhöhte<br />
Nutzungsintensität führt insgesamt<br />
zu höheren potenziellen Schäden.<br />
Folgende Beispiele illustrieren dies<br />
<strong>und</strong> manifestieren die Verletzlichkeit<br />
von Infrastrukturen gegenüber diversen<br />
Bedrohungsformen in der<br />
Schweiz:<br />
Orkan Lothar führte am 26. Dezember<br />
1999 in der Schweiz zu direkten<br />
<strong>und</strong> indirekten Schäden von 1,7 Milliarden<br />
Franken. Die höchsten Kosten<br />
entstanden mit 760 Millionen<br />
Franken durch Waldschäden, die<br />
Schäden an Gebäuden <strong>und</strong> beweglichen<br />
Gütern betrugen 725 Millionen<br />
Franken.<br />
Schaden nehmen kann auch das<br />
Image einer Infrastruktur. So kam es<br />
am 22. Juni 2005 zu einem landesweiten<br />
Ausfall des Stromnetzes der<br />
Schweizer B<strong>und</strong>esbahn (SBB). Betroffen<br />
davon waren r<strong>und</strong> 1.500 Züge mit<br />
über 200.000 Reisenden. Die sonst<br />
als zuverlässig geltende SBB bezeichnete<br />
den erlittenen Imageschaden als<br />
groß, ohne genaue Zahlen zu nennen.<br />
Unabhängig davon entstand<br />
hoher finanzieller Schaden, der vor<br />
allem durch Zahlung von Entschädigungen<br />
verursacht wurde.<br />
Bisherige Aktivitäten<br />
Die Maßnahmen in den letzten<br />
Jahrzehnten im Bereich Schutz Kritischer<br />
Infrastrukturen in der Schweiz<br />
basiert u.a. auf den Arbeiten des Militärs<br />
<strong>und</strong> des Zivilschutzes (z. B.<br />
Schutz militärischer Bauten bzw.<br />
Schutzbauten gegen Waffenwirkungen),<br />
der Kernkraftwerk-Betreiber<br />
(baulich-technische <strong>und</strong> organisatorische<br />
Maßnahmen), der Betreiber<br />
von Wasserkraftanlagen (Überprüfung<br />
der Sicherheit von Stauanlagen)<br />
<strong>und</strong> der Polizei (Gebäudesicherheit).<br />
Zusätzlich laufen insbesondere seit<br />
1997 Aktivitäten zum Schutz der Informationsinfrastrukturen.<br />
Im Herbst 2003 erarbeitete das<br />
<strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
(BABS, im Ministerium <strong>für</strong> Verteidigung,<br />
<strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />
Sport, VBS) eine Konzeptionsstudie<br />
„Schutz <strong>und</strong> Sicherheit von Kritischen<br />
Infrastrukturen”. Sie beinhaltet<br />
eine Methodik zur Identifikation<br />
<strong>und</strong> Beurteilung Kritischer Infrastrukturen<br />
sowie eine erste grobe Identifikation<br />
von folgenden, <strong>für</strong> die<br />
Schweiz relevanten Kritischen Infrastrukturen:<br />
26 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
Blick zum Nachbarn<br />
Infrastrukturen –<br />
völkerungsschutzes in der Schweiz<br />
Öffentliche Verwaltung<br />
Rettungs- <strong>und</strong> Notfallwesen<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnik<br />
Energieversorgung<br />
Finanzwesen<br />
Industrie /produzierende Gewerbe<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />
Transport <strong>und</strong> Logistik<br />
Wasser <strong>und</strong> Abwasser<br />
Lebensmittel<br />
<strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
<strong>und</strong> Schutz Kritischer<br />
Infrastrukturen<br />
Der Schweizer B<strong>und</strong>esrat hat im<br />
Juni 2005 dem <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
die koordinative Leitung<br />
der Arbeiten im Bereich Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen übertragen.<br />
Das <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
wurde aufgr<strong>und</strong> seiner bisherigen<br />
Erfahrungen mit der Konzeption,<br />
dem Aufbau <strong>und</strong> der Werterhaltung<br />
von Schutzinfrastrukturen (Zivilschutz)<br />
sowie durch sein vorhandenes,<br />
breites Verständnis <strong>für</strong> Fragen<br />
des Schutzes <strong>und</strong> der Sicherheit von<br />
Infrastrukturen mit der interministeriellen<br />
Koordination betraut. Bei der<br />
Beantwortung von neuen Fragestellungen<br />
im Zusammenhang mit der<br />
Optimierung des Schutzes <strong>und</strong> der<br />
Sicherheit von Infrastrukturen kann<br />
auf dieses Know-how zurückgegriffen<br />
werden. Zudem ist diese Aufgabe im<br />
B<strong>und</strong>esgesetz über den <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />
<strong>und</strong> den Zivilschutz (BZG)<br />
in Artikel 2 (Zweckartikel) verankert:<br />
„Zweck des <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es ist<br />
es, die Bevölkerung <strong>und</strong> ihre Lebensgr<strong>und</strong>lagen<br />
bei Katastrophen <strong>und</strong> in<br />
Notlagen sowie im Falle bewaffneter<br />
Konflikte zu schützen sowie zur Begrenzung<br />
<strong>und</strong> Bewältigung von Schadenereignissen<br />
beizutragen.”<br />
Die Arbeiten des BABS erfolgen in<br />
enger Zusammenarbeit mit den verschiedenen,<br />
im Bereich des Schutzes<br />
von Kritischen Infrastrukturen tätigen<br />
Ministerien <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esämtern<br />
(mehr als 20 B<strong>und</strong>esstellen), den Kantonen<br />
<strong>und</strong> der Privatwirtschaft. Der<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen umfasst<br />
konzeptionelle, rechtliche, organisatorische<br />
<strong>und</strong> technische Maßnahmen,<br />
welche die Eintretenswahrscheinlichkeit<br />
bzw. das Ausmaß eines<br />
Ausfalls Kritischer Infrastrukturen reduzieren<br />
sollen. Daraus abgeleitete<br />
Maßnahmen können z. B. baulichtechnische<br />
Elemente (Schutz von<br />
Gebäuden gegen Erdbebenschäden),<br />
sicherheitstechnische Optimierungen<br />
(spezielle Zutrittsregelungen zu bestimmten<br />
Räumlichkeiten) oder aber<br />
auch IT-Verbesserungsvorschläge<br />
beinhalten (Einsatz von Firewalls zum<br />
Schutz von Informationsinfrastrukturen<br />
vor Hackerangriffen).<br />
Schrittweises Vorgehen<br />
In einer ersten Phase werden Begriffe<br />
<strong>und</strong> Gefährdungsszenarien definiert<br />
<strong>und</strong> bisherige in den verschiedenen<br />
Bereichen ausgeführte Arbeiten<br />
zusammengestellt. Diese Phase<br />
beinhaltet auch die Identifikation der<br />
<strong>für</strong> die Schweiz Kritischen Infrastrukturen<br />
<strong>und</strong> Infrastrukturteile. Anhand<br />
des kritischen Infrastrukturbereichs<br />
„Elektrizität“ sollen dann eine Strategie<br />
<strong>und</strong> Maßnahmen erarbeitet werden.<br />
Der Bereich Elektrizität wurde als<br />
Pilotprojekt gewählt, da die sichere<br />
Versorgung durch Elektrizität eine<br />
Gr<strong>und</strong>voraussetzung der modernen<br />
Industriegesellschaft darstellt. Eine<br />
Einschränkung der Stromversorgung<br />
hätte umfangreiche Konsequenzen:<br />
die reibungslose Produktion von Gütern<br />
<strong>und</strong> Dienstleistungen durch die<br />
Wirtschaft wird eingeschränkt, Absatz<br />
<strong>und</strong> Erlöse der Wirtschaft werden zurückgehen.<br />
Außerdem müssen die privaten<br />
Haushalte von vielen gewohnten<br />
<strong>und</strong> selbstverständlich gewordenen<br />
Annehmlichkeiten (z. B. funktionierender<br />
Kühlschrank, Licht <strong>und</strong> warmes<br />
Wasser) Abstand nehmen, was<br />
eine deutliche Verminderung der Lebensqualität<br />
bedeutet. In einem ersten<br />
Schritt sollen die Verletzlichkeit der<br />
Stromproduktion <strong>und</strong> der Verteilungsnetze<br />
analysiert sowie entsprechende<br />
Maßnahmen ausgearbeitet werden.<br />
Am Beispiel der Elektrizität sollen<br />
auch die Methodik <strong>und</strong> die<br />
Prozessabläufe modellhaft erarbeitet<br />
werden. Die Erfahrungen <strong>und</strong> Erkenntnisse<br />
sollen später bei der Risikoanalyse<br />
anderer kritischer Infrastrukturen<br />
angewendet werden können.<br />
Die Ergebnisse dieser ersten Phase<br />
der Arbeiten sollen Ende <strong>2006</strong> vorliegen.<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 27<br />
Foto: MEV
Foto: IABG<br />
Foto: IABG<br />
KRITIS international<br />
Vital Infrastructure Thre<br />
Dipl.-Ing. Rudolf Schäfer, Projektmanager, Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft<br />
mbH (IABG), Ottobrunn<br />
Mitte Mai <strong>2006</strong> wurde im Rahmen des VITA-Projekts ein Demonstrator-<br />
Experiment zur synchronisierten Anwendung verschiedenartiger Szenario-Simulationswerkzeuge<br />
durchgeführt. Ein schwerer Schneesturm, eine<br />
Terror-Bedrohung <strong>und</strong> der damit einhergehende Kollaps der Elektrizitätsversorgung<br />
in zwei benachbarten Staaten einschließlich der Ausbreitungseffekte<br />
auf andere Infrastrukturen <strong>und</strong> die Bevölkerung waren die „Zutaten“<br />
der simulierten Übung. Damit wurde erfolgreich demonstriert, wie ein<br />
derartiges Konzept effizient auch länderübergreifend von öffentlichen <strong>und</strong><br />
privaten Betreiber-Organisationen auf verschiedenen Ebenen genutzt werden<br />
kann, um sich individuell auf Ausfälle von Kritischen Infrastrukturen<br />
sowie die auftretenden Domino-Effekte vorzubereiten. Darüber hinaus wurden<br />
in VITA u.a. Vorschläge zur Europäischen Forschung im Bereich Kritischer<br />
Infrastrukturen erarbeitet.<br />
Die Teilnehmer des VITA Übungsexperiments<br />
bei REE in Madrid.<br />
Das Jazz-novo tool zur Aufzeichnung<br />
des Verhaltens eines Operateurs in der<br />
OTS-Umgebung.<br />
Ein multidimensionales<br />
zum Schutz<br />
Das Europäische Sicherheitsforschungsprogramm<br />
Seit 2004 kommt in der Europäischen<br />
Union der Forschung zur Verbesserung<br />
der inneren Sicherheit<br />
eine hohe Priorität zu. Ab dem Jahr<br />
2007 werden mit dem European Security<br />
Research Program (ESRP) beträchtliche<br />
Forschungsmittel zur Verfügung<br />
gestellt. Mit vorbereitenden<br />
Aktionen zur Sicherheitsforschung<br />
(PASR) wurden von der EU in den<br />
Jahren 2004 bis <strong>2006</strong> bereits jeweils<br />
12 bis 15 Projekte pro Jahr zur Forschung<br />
verschiedener Sicherheitsaspekte<br />
gefördert. Einer dieser Aspekte<br />
ist der Schutz Kritischer Infrastrukturen.<br />
Diese PASR-Projekte sollen<br />
kurzfristig <strong>und</strong> mit begrenzten finanziellen<br />
Mitteln geeignete Schwerpunkte<br />
der künftigen Sicherheitsforschung<br />
aufzeigen.<br />
In diesem Rahmen wurde auch das<br />
VITA-Projekt von der EU als eines der<br />
ersten Projekte gefördert. VITA soll<br />
zum verbesserten Verständnis von<br />
Bedrohungs- <strong>und</strong> Risikofaktoren hin-<br />
sichtlich Kritischer Infrastrukturen<br />
beitragen. Darüber hinaus soll gezeigt<br />
werden, wie eine innovative Kombination<br />
bereits existierender Werkzeuge<br />
zur Entwicklung von Szenarien<br />
<strong>und</strong> zur Modellierung <strong>und</strong> Analyse<br />
zum Verständnis der gegenseitigen<br />
Abhängigkeiten von Kritischen Infrastrukturen<br />
auf politischer, operationeller<br />
<strong>und</strong> technischer Ebene beitragen<br />
kann.<br />
Unter der Federführung der IABG<br />
aus Ottobrunn bei München wurde<br />
VITA von einem Konsortium von sieben<br />
Firmen aus sechs EU-Mitgliedstaaten<br />
durchgeführt (IBBE, the Institute<br />
for Bio-cybernetics and Biomedical<br />
Engineering (Polen), the Swedish<br />
Defence Research Organisation FOI<br />
(Schweden), QinetiQ (Großbritannien),<br />
Red Eléctrica de España (Spanien),<br />
PM-Projektmanagement (Deutschland)<br />
<strong>und</strong> the Netherlands Organisation<br />
for Applied Scientific Research<br />
TNO (Holland)).<br />
Die VITA-Arbeitspakete<br />
TNO war <strong>für</strong> das erste Arbeitspaket<br />
zur systematischen Erfassung<br />
möglicher Bedrohungen von Kritischen<br />
Infrastrukturen zuständig <strong>und</strong><br />
hat dazu einen erweiterbaren Katalog<br />
von etwa 300 einzelnen Bedrohungen<br />
erarbeitet. Die Firma QinetiQ<br />
hat recherchiert, welche Werkzeuge<br />
potentiell im Rahmen von VITA zur<br />
Szenario-Entwicklung <strong>und</strong> Simulation<br />
eingesetzt werden können <strong>und</strong><br />
hierzu eine Datenbank einschließlich<br />
einer zugehörigen Bewertungsmethode<br />
erstellt. Parallel dazu wurden<br />
von FOI unter Verwendung des Bedrohungskataloges<br />
zwei geeignete<br />
Basis-Szenarien zur Störung von Kritischer<br />
Infrastrukturen entwickelt.<br />
28 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
europäisches Projekt<br />
Kritischer Infrastrukturen<br />
Eines dieser beiden wurde zum späteren<br />
Einsatz in der Demonstrator-<br />
Übung ausgewählt.<br />
Dabei haben alle VITA-Projektpartner<br />
ihre Erfahrungen zur Gestaltung<br />
der Szenarien eingebracht, um das<br />
entsprechende Verhalten der betrachteten<br />
Infrastrukturen (Elektrizitätsversorgung,<br />
Telekommunikation, Verkehr,<br />
Ges<strong>und</strong>heitswesen, Medien) im<br />
Zusammenspiel mit öffentlichen Zivilschutzkräften,<br />
dem nationalen Krisenmanagement<br />
sowie der internationalen<br />
Koordination abzubilden.<br />
Die nächste Herausforderung bestand<br />
darin, aufzuzeigen, wie kombinierte<br />
<strong>und</strong> synchronisierte Anwendungen<br />
der Szenario- <strong>und</strong> Übungswerkzeuge<br />
zur Analyse von Abhängigkeiten<br />
zwischen unterschiedlichen<br />
kritischen Infrastrukturen auf mehreren<br />
Ebenen beitragen können.<br />
Vorbereitung des<br />
Demonstrator-Experiments<br />
IBBE war <strong>für</strong> das Arbeitspaket zur<br />
Untersuchung der physiologischen<br />
Aspekte bei menschlichen Entscheidungsprozessen<br />
verantwortlich,<br />
beispielsweise in den Steuerungszentralen<br />
von kritischen Infrastrukturen.<br />
Eine kleine Multifuktionsmesseinheit,<br />
die am Kopf montiert ist, kann<br />
u.a. die Augen- <strong>und</strong> Kopfbewegungen<br />
sowie den Puls aufzeichnen, aus<br />
denen wichtige Rückschlüsse zum<br />
Verhalten des Bedienungspersonals<br />
in kritischen Situationen gezogen<br />
werden können.<br />
Für die Durchführung des Experiments<br />
wurde von der IABG das<br />
Werkzeug DEMOKRIT bereitgestellt,<br />
das aus vernetzten PCs zur Szenariosteuerung<br />
besteht. Damit können<br />
verschiedene Personen in der Not-<br />
KRITIS international<br />
ats and Assurance (VITA):<br />
Demonstrator-Konfiguration<br />
REE Operateure / Dispatcher<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 29<br />
Foto: IABG<br />
Foto: IABG
Foto: IABG<br />
KRITIS international<br />
fallübung definierte Rollen übernehmen,<br />
z. B. zur nationalen Krisenkoordination,<br />
den Medien, des Zivilschutzes,<br />
oder der Elektrizitätsnetz-<br />
Betreiber. Einem festgelegten<br />
Szenario folgend, werden damit vordefinierte<br />
einzelne Meldungen an<br />
bestimmte Rollenvertreter versendet,<br />
die auf die jeweils dargestellte Situation<br />
gemeinsam reagieren. Alle Aktionen<br />
<strong>und</strong> Reaktionen werden von<br />
DEMOKRIT <strong>für</strong> die spätere Analyse<br />
aufgezeichnet. Entsprechende Computermodelle<br />
erzeugen wetterbedingte<br />
Störungen von Transportverbindungen<br />
<strong>und</strong> Stromnetzen sowie<br />
zeitversetzt Kaskadeneffekte auf andere<br />
Infrastrukturen wie z. B. gestörte<br />
oder unterbrochene GSM <strong>und</strong> Festnetzleitungen.<br />
Der Verlauf der Notfallübung, der<br />
sich aus dem vorgegebenen Szenario<br />
<strong>und</strong> den Reaktionen der einzelnen<br />
Übungsparteien entwickelt, wird<br />
von einem übergeordneten Steuerungsteam<br />
überwacht. Dabei können<br />
entsprechende Maßnahmen zur<br />
Steuerung des Übungsverlaufs veranlasst<br />
werden, beispielsweise durch<br />
Veränderung der Wetterbedingungen<br />
oder der Einstreuung zusätzlicher<br />
Störfälle.<br />
Rollen-Diagramm<br />
VITALAND<br />
Goverment,<br />
Military<br />
National<br />
Crisis Mngmt.<br />
Civil Protect<br />
& Police<br />
Electrical<br />
Power<br />
Exercise Role Players<br />
External Observers<br />
International<br />
Co-ordination<br />
Simulation<br />
Models<br />
& Tools<br />
End Users, Media<br />
Zur Simulation der Elektrizitätsversorgung<br />
in den fiktiven Ländern wurde<br />
der OTS (Operator Training Simulator)<br />
des spanischen Elektrizitätsnetz-<br />
Betreibers Red Eléctrica eingesetzt,<br />
mit dem normalerweise die Operateure<br />
ausgebildet werden. Der OTS<br />
bildet das Verhalten des Elektrizitätsnetzes<br />
in Echtzeit sehr realitätsgetreu<br />
ab. Während der Übung lief der OTS<br />
zeitsynchron zum DEMOCRIT, um die<br />
realitätskonforme Interaktion des Bedienungspersonals<br />
mit den anderen<br />
Rollenvertretern (z. B. Polizei <strong>und</strong> Zivilschutz)<br />
zu gewährleisten.<br />
Machbarkeitsnachweis<br />
Nach unserem Kenntnisstand war<br />
es das erste Mal, dass das Verhalten<br />
mehrerer voneinander abhängiger Infrastruktursektoren<br />
unter verschiedenen<br />
Aspekten in einem konkreten<br />
Störfall-Szenario simuliert wurde.<br />
Das Experiment bildete mehrere<br />
Entscheidungsebenen ab, vom Konsol-Operateur<br />
eines Elektrizitätsnetz-<br />
Betreibers <strong>und</strong> lokalen Einsatzkräften<br />
bis hin zum nationalen Krisenmanagement,<br />
verschiedenen Endnutzern<br />
sowie der internationalen Koordination.<br />
ATIVIA<br />
Goverment,<br />
Military<br />
National<br />
Crisis Mngmt.<br />
Civil Protect<br />
& Police<br />
Electrical<br />
Power<br />
Insgesamt wurden drei Szenario-<br />
Sequenzen durchgespielt, von denen<br />
jede ca. zwei St<strong>und</strong>en dauerte. Die<br />
erste deckte die Entstehung des Notfalls<br />
ab: Kurz vor Weihnachten 2007<br />
kündigen Unbekannte Terroranschläge<br />
in den virtuellen Szenario-Ländern<br />
VITALAND, ATIVIA and NEUTRALIA<br />
an. Ein bereits vorhergesagter<br />
Schneesturm setzt ein <strong>und</strong> bringt den<br />
ohnehin stark belasteten Straßenverkehr<br />
in weiten Bereichen zum Erliegen.<br />
Kurze Zeit später treten Störungen<br />
in wichtigen Komponenten des<br />
Elektrizitätsnetzes auf <strong>und</strong> verursachen<br />
sich ausbreitende Stromausfälle.<br />
Dieses Szenario löste innerhalb<br />
weniger Minuten bei zehn echten<br />
Operateuren <strong>und</strong> fünfzehn DEMO-<br />
KRIT-Spielern, einschließlich Experten<br />
des deutschen <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong>s <strong>für</strong><br />
<strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />
(BBK), intensive Interaktionen<br />
aus. Dabei wurden Schneeräumdienste<br />
eingesetzt, Krankentransporte<br />
<strong>und</strong> viele weitere andere Maßnahmen<br />
veranlasst.<br />
Die zweite Sequenz, die „Eskalations-Phase“,<br />
erhöhte den Druck auf<br />
die Übungsparteien, da sich die Störungen<br />
der Elektrizitätsversorgung<br />
sowie der Kommunikationsverbindungen<br />
kaskadenartig ausbreiteten<br />
<strong>und</strong> auch andere Infrastrukturen in<br />
VITALAND <strong>und</strong> ATIVIA in Mitleidenschaft<br />
zogen.<br />
Die ausfallenden Kommunikationsverbindungen,<br />
der blockierte Verkehr<br />
sowie die Ungewissheit, inwieweit<br />
Terroranschläge die Netzausfälle verursacht<br />
haben könnten, vereitelten<br />
die intensiven Bemühungen der Operateure,<br />
das Elektrizitätsnetz zu stabilisieren,<br />
so dass sich die „Black-outs“<br />
weiter ausdehnten. Diese Umstände<br />
erschwerten auch den beiden nationalen<br />
Krisenstäben die Bewältigung<br />
der verschiedenen Notfallsituationen<br />
erheblich.<br />
Einer der OTS Operateure war an<br />
das Jazz-novo Überwachungssystem<br />
angeschlossen. Detaillierte physiologische<br />
Aufzeichnungen erlaubten die<br />
Auswertung seiner Entscheidungsprozesse<br />
als Reaktion auf die die <strong>für</strong><br />
ihn unvorhergesehenen Ereignisse.<br />
Dabei wurde ausgewertet, welche<br />
Informationen aus seinen verfügba-<br />
30 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
en Anzeigen von ihm benutzt wurden<br />
<strong>und</strong> wie lange er <strong>für</strong> die Einschätzung<br />
bestimmter Situationen benötigte.<br />
Trotz der Einschränkungen, die mit<br />
einer derartigen Übung verb<strong>und</strong>en<br />
sind, konnte eine Reihe von Aspekten<br />
zum Schutz kritischer Infrastrukturen<br />
beobachtet <strong>und</strong> untersucht<br />
werden. Lokale Sicherheitskräfte<br />
maßen beispielsweise den Unterstützungsanforderungen<br />
der Infrastrukturbetreiber<br />
zur Störungsbeseitigung<br />
in den geographisch verstreuten Anlagen<br />
zu geringe Bedeutung bei, was<br />
die Versorgungssituation weiter verschlechterte.<br />
Vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />
der vielfältigen Herausforderungen<br />
(z. B. die Verlegung von Patienten eines<br />
Krankenhauses mit ausgefallenen<br />
Notstromaggregaten unter extrem<br />
schwierigen Verkehrsbedingungen<br />
bei gleichzeitigem Stromausfall in<br />
ganzen Regionen) kam es zu Koordinationsproblemen.<br />
Bürokratische Probleme an den<br />
Landesgrenzen <strong>für</strong> Einsatzkräfte der<br />
Betreiber sowie des Zivilschutzes<br />
machten die Situation <strong>für</strong> die Koordinierungskräfte<br />
ebenfalls nicht einfacher.<br />
Die länderübergreifende Koordination<br />
war teilweise formal <strong>und</strong><br />
langwierig, insbesondere was die<br />
Unterstützung durch militärische<br />
Hilfseinsätze betraf. Hier wurde das<br />
Fehlen vordefinierter Abläufe <strong>und</strong> Regelungen<br />
sowie einheitlicher Terminologien<br />
deutlich, was auch bereits<br />
in tatsächlichen Krisensituationen beobachtet<br />
werden konnte. Diese Effekte<br />
bestätigen die Übertragbarkeit der<br />
in der Notfallübung gewonnenen Erkenntnisse<br />
auf die Realität.<br />
Die dritte Sequenz behandelte die<br />
Wiederherstellungsphase nach zwei<br />
Tagen großräumigen Stromausfalls<br />
in Verbindung mit dem schweren<br />
Schneesturm <strong>und</strong> den sich daraus<br />
ergebenden Konsequenzen. Das Krisenmanagement<br />
war intensiv mit der<br />
internationalen Koordinierung der<br />
Einsatzkräfte <strong>und</strong> der Verteilung der<br />
Hilfsgüter beschäftigt. Dabei waren<br />
zwischen den beiden betroffenen<br />
Ländern auch Interessenskonflikte zu<br />
lösen, wie die unabhängigen Beobachter<br />
der Übung vom BBK, der Holländischen<br />
Gasunie, dem EU Joint<br />
Landkarte der virtuellen Länder<br />
Research Centre sowie dem Schweizer<br />
Außenministerium feststellen<br />
konnten.<br />
Bewertung<br />
Die Aufzeichnungen des Zusammenspiels<br />
der Übungsteilnehmer einschließlich<br />
der erstmaligen Jazznovo-Messungen<br />
bei einem Operateur<br />
der (simulierten) Krisensituation<br />
resultierten in einer sehr großen Datenmenge.<br />
Die detaillierte Analyse<br />
wird noch einige Zeit in Anspruch<br />
nehmen <strong>und</strong> soll u. a. zu verbesserten<br />
Trainingsmethoden des Bedienungspersonals<br />
von Betreibern führen.<br />
Die kombinierte Nutzung von OTS<br />
<strong>und</strong> DEMOCRIT zeigte die verschiedenen<br />
Abhängigkeiten <strong>und</strong> typische<br />
Kommunikationsprobleme bei der<br />
Notfall-Bewältigung auf. Die Notwendigkeit<br />
von nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />
Übereinkünften zur Notfallvorsorge<br />
in Verbindung mit entsprechenden<br />
Notfallübungen auf verschiedenen<br />
Ebenen <strong>und</strong> unter Einbeziehung<br />
öffentlicher <strong>und</strong> privater Betreiber<br />
von Kritischen Infrastrukturen<br />
wurde deutlich.<br />
Werkzeuge wie DEMOKRIT ermöglichen<br />
auf effektive Weise zeitsynchron<br />
die Verbindung von Szenarien<br />
des nationalen Katastrophenschutzes<br />
KRITIS international<br />
mit einzelnen Kontrollzentren privater<br />
oder öffentlicher Kritischer Infrastrukturbetreiber.<br />
VITA hat gezeigt,<br />
wie derartige Interaktionen zu neuen<br />
Einsichten in die wechselseitige Abhängigkeit<br />
Kritischer Infrastrukturen<br />
führen.<br />
Es war der einhellige Konsens zwischen<br />
allen Teilnehmern, dass dieses<br />
Übungsexperiment erfolgreich<br />
die Eignung des Verfahrens zur Untersuchung<br />
von CIP-Phänomenen demonstriert<br />
hat. Der methodische<br />
Ansatz kann als Ausgangspunkt <strong>für</strong><br />
künftige Analysen des breiten Spektrums<br />
von Problemen der Kritischen<br />
Infrastrukturen in den verschiedenen<br />
Sektoren genutzt werden. Darüber<br />
hinaus ist die Betrachtungsebene frei<br />
skalierbar, d.h. die Untersuchungen<br />
lassen sich auf lokaler Unternehmensebene<br />
ebenso durchführen, wie<br />
auf internationaler Sektorenebene.<br />
Anfang Juli fand in Brüssel die<br />
VITA Abschlusskonferenz statt, bei<br />
der das Projekt <strong>und</strong> dessen Ergebnisse<br />
der interessierten Öffentlichkeit<br />
vorgestellt wurden. Dabei wurden<br />
auch Vorschläge zur künftigen Ausrichtung<br />
des Europäischen Sicherheitsforschungsprogrammsdiskutiert.<br />
Das VITA-Projekt wird von der EU<br />
gefördert (PASR-2004-004400).<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 31<br />
Foto: IABG
Glossar<br />
Teil 3 *<br />
Verstehen wir uns richtig?<br />
Ausfallplanung: Vorsorge zur Aufrechterhaltung<br />
oder Wiederherstellung<br />
von Unternehmensprozessen –<br />
z. B. in Unternehmen Kritischer Infrastrukturen<br />
– <strong>für</strong> den Fall unvorhergesehener<br />
Ereignisse.<br />
Business Continuity Management<br />
(BCM): Gesamtheit der organisatorischen,<br />
technischen <strong>und</strong> personellen<br />
Maßnahmen, die zur Fortführung des<br />
Kerngeschäfts eines Unternehmens<br />
unmittelbar nach Eintritt eines Krisenfalles<br />
<strong>und</strong> zur sukzessiven Fortführung<br />
des gesamten Geschäftsbetriebes<br />
bei länger andauernden Ausfällen<br />
oder Störungen dienen; Bestandteil<br />
des Managements der meisten<br />
Unternehmen Kritischer Infrastrukturen.<br />
Critical Information Infrastructure<br />
Protection (CIIP): international<br />
übliche Bezeichnung <strong>und</strong> Abkürzung<br />
<strong>für</strong> den Schutz der kritischen, IT-gestützten<br />
Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsinfrastrukturen.<br />
Critical Infrastructure Protection<br />
(CIP): international übliche Bezeichnung<br />
<strong>und</strong> Abkürzung <strong>für</strong> den Schutz<br />
Kritischer Infrastrukturen.<br />
Dominoeffekt: Abfolge von Ereignissen,<br />
von denen jedes einzelne Ereignis<br />
zugleich Ursache <strong>für</strong> das nachfolgende<br />
ist; die Gesamtheit der Ereignisse<br />
ist auf ein <strong>und</strong> dasselbe<br />
Anfangsereignis zurückzuführen.<br />
Elementarschäden: Schäden aus<br />
Naturereignissen, wie beispielsweise<br />
Definierte Begriffe <strong>für</strong> eine klare K<br />
bearbeitet von Dr. Wolfram Geier, Bonn<br />
Dominoeffekt, Interdependenzen, Red<strong>und</strong>anz u. a. sind wichtige Begriffe<br />
des <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es <strong>und</strong> des Krisenmanagements, wenn es um die<br />
Gefährdungen <strong>und</strong> den Schutz von so genannten Kritischen Infrastrukturen<br />
geht. Gemäß einschlägiger Definitionen aus der Fachliteratur werden die<br />
wichtigsten Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit dem Themenschwerpunkt<br />
„Schutz Kritischer Infrastrukturen“ in Kurzfassung vorgestellt.<br />
Feuer, Hitze, Blitz- <strong>und</strong> Hagelschlag,<br />
Hochwasser, Sturmfluten, Frost, Lawinen,<br />
Steinschlag oder Erdbeben.<br />
European Programme for Critical<br />
Infrastructure Protection (EPCIP):<br />
Programm zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
der Europäischen Kommission,<br />
vorrangig zum Schutz von<br />
Kritischen Infrastrukturen, die eine<br />
internationale europäische, d. h. mehrere<br />
Mitgliedstaaten betreffende Dimension<br />
haben.<br />
Infrastruktur: Gesamtheit der öffentlichen<br />
Einrichtungen der Vorsorgeverwaltung,<br />
wie z. B. die der Allgemeinheit<br />
dienenden Einrichtungen <strong>für</strong><br />
Verkehr <strong>und</strong> Beförderung, Fernmeldewesen<br />
<strong>und</strong> Telekommunikation,<br />
Gas-, Wasser- <strong>und</strong> Elektrizitätsversorgung,<br />
Bildung <strong>und</strong> Kultur, Ges<strong>und</strong>heit,<br />
Sicherheit <strong>und</strong> Sozialwesen.<br />
Interdependenzen: Wechselwirkung<br />
oder gegenseitige Beeinflussung<br />
verschiedener Systeme, Systemteile<br />
oder aber Kritischer Infrastrukturen<br />
untereinander.<br />
ISO-Norm 17799: Internationaler<br />
Standard <strong>für</strong> die Informationssicherheit<br />
mit Anleitungen <strong>für</strong> den Aufbau<br />
<strong>und</strong> das Führen eines Informationssicherheitsmanagementsystems<br />
(ISMS).<br />
Kritikalität: bezeichnet ein relatives<br />
Maß <strong>für</strong> die Bedeutsamkeit einer<br />
Infrastruktur in Bezug auf die Konsequenzen,<br />
die eine Störung oder ein<br />
Funktionsausfall <strong>für</strong> die Versorgungs-<br />
sicherheit der Gesellschaft mit wichtigen<br />
Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen hat.<br />
Kritische Infrastrukturen: in<br />
Deutschland von Seiten der B<strong>und</strong>esregierung<br />
definiert als Organisationen<br />
<strong>und</strong> Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung<br />
<strong>für</strong> das staatliche Gemeinwesen,<br />
bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung<br />
nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe,<br />
erhebliche Störungen<br />
der öffentlichen Sicherheit<br />
oder andere dramatische Folgen eintreten<br />
würden. Zu den Kritischen Infrastrukturen<br />
zählen unter anderem<br />
der Energiesektor, der Sektor Informations-<br />
<strong>und</strong> Telekommunikationstechnik,<br />
der Sektor Transport <strong>und</strong><br />
Verkehr, der Sektor Versorgung einschließlich<br />
Trinkwasser <strong>und</strong> Lebensmittel,<br />
Ges<strong>und</strong>heit, Notfall- <strong>und</strong> Rettungswesen<br />
sowie Entsorgung, der<br />
Sektor Gefahrstoffe einschließlich<br />
sensitiver Industrien, der Sektor Behörden<br />
<strong>und</strong> Öffentliche Verwaltung,<br />
der Sektor Banken-, Finanz- <strong>und</strong> Versicherungswesen<br />
sowie auch symbolträchtige<br />
Bauwerke, Medien <strong>und</strong><br />
Großforschungseinrichtungen.<br />
Notfallplanung: Gesamtheit der<br />
konkreten Vorbereitungen <strong>für</strong> den<br />
Krisen- oder Katastrophenfall, die zu<br />
treffen sind, um dessen effektive Bewältigung<br />
zu gewährleisten; Notfallplanung<br />
ist ein wesentlicher Bestandteil<br />
der Notfallvorsorge.<br />
Public Private Partnership (PPP):<br />
international gebräuchliche Bezeichnung<br />
<strong>für</strong> die Zusammenarbeit von<br />
Öffentlicher Hand <strong>und</strong> privatwirtschaftlichen<br />
Unternehmen. PPP dient<br />
unter anderem der Mobilisierung privaten<br />
Kapitals <strong>und</strong> Fachwissens zur<br />
Erfüllung öffentlicher bzw. staatlicher<br />
Aufgaben. Im weiteren Sinn wird der<br />
Begriff auch <strong>für</strong> andere Arten der Zusammenarbeit<br />
von staatlichen Einrichtungen<br />
mit privaten Wirtschaftsunternehmen<br />
benutzt. PPP ist ein<br />
wichtiges Instrument beim Schutz<br />
32 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
mmunikation<br />
Kritischer Infrastrukturen, da die<br />
Mehrzahl der Kritischen Infrastrukturbetreiber<br />
privatwirtschaftliche Unternehmen<br />
sind.<br />
Qualitätsmanagement: Gesamtheit<br />
der Maßnahmen eines Unternehmens,<br />
die der Schaffung, Sicherung<br />
<strong>und</strong> Verbesserung der Qualität dienen.<br />
Die Umsetzung erfolgt im Unternehmen<br />
durch ein entsprechendes<br />
Qualitätsmanagementsystem (QMS),<br />
das sich meist an den ISO-9000er-<br />
Normen orientiert. Ein QMS ist u. a.<br />
Basis <strong>für</strong> ein umfassendes Schutz<strong>und</strong><br />
Sicherheitsmanagement in Unternehmen<br />
Kritischer Infrastrukturen.<br />
Red<strong>und</strong>anz: bezeichnet das mehrfache<br />
Vorhandensein identischer<br />
Strukturen <strong>und</strong> Ressourcen zum<br />
Zweck der Erhöhung der Ausfallsicherheit<br />
eines Systems.<br />
Risikoanalyse: wissenschaftlich<br />
basiertes Verfahren zur konkreten Ermittlung<br />
<strong>und</strong> Bewertung von konkreten<br />
Gefahrenpotentialen, Schadensausmaßen<br />
<strong>und</strong> Eintrittswahrscheinlichkeiten;<br />
spezifische Risikoanalysen<br />
sind notwendig, um das Risiko Kritischer<br />
Infrastrukturen zu erkennen.<br />
Schutz Kritischer Infrastrukturen:<br />
Gesamtheit aller staatlichen <strong>und</strong> privaten<br />
Maßnahmen, Gefährdungen<br />
Kritischer Infrastrukturen zu erkennen,<br />
Risiken <strong>für</strong> die Kritischen Infrastrukturen<br />
zu analysieren sowie Konzepte<br />
zur Risikominimierung zu entwickeln<br />
<strong>und</strong> umzusetzen.<br />
Vulnerabilität: Verletzlichkeit; steht<br />
<strong>für</strong> ein abstraktes Phänomen, das sich<br />
als Schadenanfälligkeit eines Objektes<br />
oder Systems gegenüber einem<br />
Gefahrenereignis spezifischer Art <strong>und</strong><br />
Stärke umschreiben lässt.<br />
* Teil 1 <strong>und</strong> 2 siehe „Notfallvorsorge“<br />
01/<strong>2006</strong>, S. 32 f. sowie 02/<strong>2006</strong>, S. 29<br />
Vulnerabilität von<br />
Logistikstrukturen<br />
im Lebensmittelhandel<br />
Reihe Angewandte Wissenschaft,<br />
<strong>Heft</strong> 512, Schriftenreihe des B<strong>und</strong>esministeriums<br />
<strong>für</strong> Ernährung,<br />
Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz,<br />
B<strong>und</strong>esanstalt <strong>für</strong> Landwirtschaft<br />
<strong>und</strong> Ernährung (Hrsg.),<br />
Landwirtschaftsverlag Münster-<br />
Hiltrup, 2005, 154 Seiten; 10,– Euro,<br />
ISSN 0723-7847 / ISBN 3-7843-<br />
0512-1<br />
Auszüge aus der Einleitung:<br />
„Mit der Veränderung der weltpolitischen<br />
Situation in den 80er <strong>und</strong><br />
90er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts, der<br />
Entwicklung neuer Dimensionen terroristischer<br />
Angriffe (11. September<br />
2001) <strong>und</strong> den noch weitgehend unbekannten<br />
Auswirkungen des Klimawandels<br />
kommen neuartige Fragen<br />
<strong>und</strong> Aufgabenstellungen auf die Notfallvorsorge<br />
zu. Eine bedeutende Rolle<br />
spielt die technologische Entwicklung<br />
sowie der Einsatz modernster<br />
Technologie im täglichen Leben.<br />
Schwerpunkte sind die Frage nach<br />
dem Anstieg der Vulnerabilität der<br />
Gesellschaft bei größeren Störungen<br />
<strong>und</strong> die Sicherheit der technologischen<br />
Abläufe unter wesentlich verschlechterten<br />
bzw. empfindlich gestörten<br />
Umgebungsbedingungen.“<br />
... <strong>und</strong> aus der abschließenden<br />
Zusammenfassung:<br />
„Die Gesellschaft erhöht ihr Risiko<br />
aus ökonomischen Gründen über<br />
die Kaufentscheidung nach dem<br />
niedrigsten Preis – dies ist das Fazit<br />
dieser Arbeit. Eine andere Formulierung<br />
des Sachverhaltes zeigt in die<br />
bessere Richtung: Sicherheit hat ihren<br />
Preis.“<br />
Zwischen diesen beiden Zitaten liegen<br />
ca. 120 Seiten der Beweisführung<br />
des Autors mit nachfolgendem<br />
Eindruck beim Rezensenten:<br />
Wer heute noch glaubt, dass die Ernährung<br />
der Bevölkerung in Kriegs-,<br />
Krisen- <strong>und</strong> Katastrophenzeiten mit<br />
Essenmarken, Suppenküchen <strong>und</strong><br />
Zwangsbewirtschaftung der landwirtschaftlichen<br />
Betriebe sichergestellt<br />
werden kann, wird durch dieses nütz-<br />
Für Sie gelesen <strong>und</strong> empfohlen<br />
liche, mit kompakter Information gefüllte<br />
Buch nachhaltig belehrt, nachdenklich<br />
<strong>und</strong> auch besorgt gemacht.<br />
Z.B. schlagen die Empfindlichkeiten,<br />
die sich aus der just in time-Versorgung<br />
ergeben oder die gr<strong>und</strong>legenden<br />
Abhängigkeiten von elektrischer<br />
Energie, von IT <strong>und</strong> EDV voll durch.<br />
Wenn sich die gesamte Lebensmittelversorgung<br />
der Bevölkerung ständig<br />
zu einem hohen Prozentsatz auf<br />
der Autobahn befindet, wenn das Aus<br />
der Elektroversorgung die gesamten<br />
Kassensysteme, Buchhaltungen, logistischen<br />
Steuerungssysteme, Kühlhäuser<br />
usw. außer Betrieb setzt, ergeben<br />
sich Lähmungen der Lebensmittelversorgung<br />
ungeheuren Ausmaßes.<br />
Manuelle alternative Ersatzverfahren<br />
<strong>für</strong> die Bedienung <strong>und</strong> den<br />
Betrieb ausgefallener Systeme gibt<br />
es nicht <strong>und</strong> am empfindlichsten gegen<br />
solche Schadenseinflüsse sind<br />
die vielen Filialen <strong>und</strong> Verkaufsstellen<br />
in der Fläche.<br />
Dieses Buch ist nicht nur denjenigen<br />
zu empfehlen, die sich ohnehin<br />
schon in irgendeiner Weise mit <strong>Bevölkerungsschutz</strong>,<br />
Notfallvorsorge<br />
<strong>und</strong> Gefahrenabwehr befassen – die<br />
lernen auch noch vieles hinzu. Sondern<br />
die Empfehlung richtet sich an<br />
alle, die Versorgungsverantwortung<br />
tragen wie z. B. an das Management<br />
von Firmen, an die Leitungen von<br />
Einrichtungen des Ges<strong>und</strong>heitswesens,<br />
der Alten- <strong>und</strong> Behindertenpflege,<br />
Kommunalpolitiker <strong>und</strong> Vorstände<br />
einschlägig tätiger Verbände. Im<br />
<strong>Bevölkerungsschutz</strong> spricht es u.a.<br />
die Verantwortlichen im Fachdienst<br />
Betreuungsdienst besonders an.<br />
Bei langzeitlichen <strong>und</strong> großräumigen<br />
Schadenslagen ist es schnell<br />
vorbei mit der Funktionsfähigkeit von<br />
Feldküchen <strong>und</strong> provisorischen Notaufnahmelagern.<br />
Die Einsatzvorschriften<br />
<strong>für</strong> den Betreuungsdienst<br />
müssen wohl vorsorglich überprüft<br />
<strong>und</strong> ggf. auf anderen Gr<strong>und</strong>lagen der<br />
Versorgung neu gefasst werden.<br />
Dieses Buch ist nicht nur zu empfehlen;<br />
es ist sogar zu fordern, dass<br />
diese gesammelten Erkenntnisse offiziell<br />
aufgearbeitet <strong>und</strong> nutzerorientierte<br />
Problemlösungen entwickelt<br />
werden.<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong><br />
www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 33
Für Sie gelesen <strong>und</strong> empfohlen<br />
WAS IST WAS?<br />
Band 74<br />
Naturkatastrophen<br />
Von Rainer Crummenerl<br />
Tessloff Verlag, Nürnberg 2001<br />
48 Seiten; 8,90 Euro<br />
ISBN 3-7886-0414-X<br />
„Erdbeben, Vulkanausbrüche,<br />
Überschwemmungen oder Lawinenabgänge<br />
sind – wissenschaftlich betrachtet<br />
– noch keine Katastrophen,<br />
sondern Naturereignisse. Erst wenn<br />
bei diesen Ereignissen Menschen<br />
getötet oder verletzt werden, wenn<br />
Häuser <strong>und</strong> Fabriken, Stromleitungen<br />
<strong>und</strong> Straßen zerstört oder Ernten<br />
vernichtet werden, spricht man<br />
von Naturkatastrophen.“ So zu lesen<br />
im Band 74 der Kinderbuchreihe<br />
„WAS IST WAS?“, der sich dezidiert<br />
mit Katastrophen durch schwere Naturereignisse,<br />
ihren Ursachen <strong>und</strong><br />
Folgen <strong>und</strong> den Möglichkeiten der<br />
Vorsorge <strong>und</strong> Schutzvorkehr auseinandersetzt.<br />
Für Kinder ab etwa 9 Jahre<br />
zeigt dieses Bändchen der altbekannten<br />
Kinderbuchreihe sehr anschaulich,<br />
was die Ursachen von<br />
Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Tsunamis,<br />
Sturmfluten, Hurrikanen <strong>und</strong><br />
Tornados, Dürren <strong>und</strong> Feuersbrünsten<br />
sind, welche Folgen sie auf<br />
Mensch <strong>und</strong> Infrastrukturen haben<br />
<strong>und</strong> welche Möglichkeiten des Schutzes<br />
es gibt. Neben einem kleinen historischen<br />
Rückblick auf die größten<br />
bekannten Katastrophen der Menschheitsgeschichte<br />
im Kontext mit den<br />
jeweiligen Fachkapiteln wird vor allem<br />
auf aktuelle Gefährdungssituationen<br />
<strong>und</strong> Risiken eingegangen. Dabei<br />
werden Fragen nach der Funktionsweise<br />
eines Tsunami-Frühwarndienstes<br />
ebenso gestellt, wie Fragen nach<br />
der Tornadogefahr <strong>für</strong> Deutschland,<br />
den Folgen des „Treibhauseffektes“<br />
oder aber der Problematik der Ballungszentren<br />
in der „Dritten Welt“<br />
<strong>und</strong> deren besondere Verletzlichkeit.<br />
Die Hochwassersperrwerke an der<br />
Themse <strong>und</strong> in den Niederlanden<br />
sowie Schnitte durch einen Seedeich<br />
zeigen beispielhaft konkrete Schutzmaßnahmen<br />
gegen Sturmfluten auf.<br />
Am Beispiel des Lawinenunglücks<br />
von 1999 in Galtür problematisiert<br />
<strong>und</strong> erklärt der Autor die besonderen<br />
Risiken der Bergregionen bis hin<br />
zum Langzeitschutz durch – leider<br />
oftmals abgeholzte – Bannwälder,<br />
Verbauungszäune <strong>und</strong> -netze. Auch<br />
wenn in einzelnen Kapiteln technische<br />
Innovationen, wie der Lawinen-<br />
Airbag <strong>für</strong> Skifahrer aufgezeigt werden,<br />
über deren Nutzen man geteilter<br />
Meinung sein kann, verweist<br />
Crummenerl immer wieder auf das<br />
Beziehungsgeflecht von Mensch,<br />
Natur, Infrastrukturen <strong>und</strong> Katastrophenpotentialen<br />
<strong>und</strong> ihren tatsächlichen<br />
Ursachen. Den jungen Lesern<br />
wird so nicht die Illusion eines<br />
(un-)möglichen 100%igen Schutzes<br />
vermittelt, sondern der Gedanke der<br />
Prävention <strong>und</strong> der Vorsorge in den<br />
Mittelpunkt gestellt. Ein kleines Glossar,<br />
das von „Aa-Lava“ über „El Niño“<br />
bis zu „Wächten“ reicht, ergänzt diesen<br />
reichhaltig bebilderten Band.<br />
Besonders bemerkenswert ist, dass<br />
es hier gelingt, ohne moralisierenden<br />
Unterton der jungen Leserschaft nahe<br />
zu bringen, dass auch in unseren Regionen<br />
schwere Naturereignisse großen<br />
Schaden anrichten können, die<br />
wirklichen Katastrophen jedoch meist<br />
in anderen <strong>und</strong> meist sehr armen<br />
Regionen, der so genannten „Dritten<br />
Welt“ geschehen. Trotz dieser Differenzierungen<br />
hinterlässt die Lektüre<br />
dieses wertvollen Kinderbuches<br />
mehr Verständnis <strong>für</strong> die Probleme<br />
der „Einen Welt“ <strong>und</strong> die Notwendigkeit<br />
einer globalen ganzheitlichen <strong>und</strong><br />
nachhaltigen Betrachtung als manche<br />
politische Erklärung der Erwachsenenwelt<br />
zum gleichen Thema. In Ergänzung<br />
mit Band 114 über die Feuerwehr<br />
<strong>und</strong> Band 120 über die Polizei,<br />
beide ebenfalls aus der Reihe<br />
„WAS IST WAS?“, kann Kindern<br />
durch die Lektüre ein beinahe spielerischer<br />
Zugang zur Thematik der Katastrophenvorsorge<br />
<strong>und</strong> der Gefahrenabwehr<br />
eröffnet werden – ein Zugang,<br />
der in Deutschland massiv zu<br />
fördern ist. Es wäre schön, wenn dieses<br />
Büchlein die Bücherregale<br />
möglichst vieler Kinderzimmer erreichen<br />
könnte <strong>und</strong> die Erklärung der<br />
Welt <strong>für</strong> Kinder nicht nur den Harry<br />
Potters überlassen bliebe.<br />
Aktuell<br />
KRITIS – Aktuelles<br />
aus dem BMI<br />
Mit Wirkung vom 01.08.<strong>2006</strong> hat<br />
im B<strong>und</strong>esministerium des Innern<br />
das neu eingerichtete Referat IS 6<br />
„Schutz Kritischer Infrastrukturen“<br />
seine Arbeit aufgenommen. Referatsleiter<br />
ist Ministerialrat Stefan<br />
Baron von Holtey. Das neue Referat<br />
in der Abteilung IS (Innere Sicherheit)<br />
koordiniert abteilungsübergreifend<br />
die Aktivitäten des<br />
BMI zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />
in enger Zusammenarbeit<br />
mit den Geschäftsbereichsbehörden<br />
des BMI, die sich mit Kritischen<br />
Infrastrukturen beschäftigen<br />
(u. a. BBK, THW, BSI, BKA). Damit<br />
löst IS 6 das Referat P II 1 (Gr<strong>und</strong>satzangelegenheiten<br />
der Terrorismusbekämpfung)<br />
ab, das diese Koordinierungsaufgabe<br />
mehrere Jahre<br />
sehr erfolgreich ausgeführt hat.<br />
Im BMI arbeiten die Abteilung P,<br />
die Abteilung IS <strong>und</strong> die Abteilung<br />
IT zum Schutz von KRITIS eng <strong>und</strong><br />
abgestimmt zusammen.<br />
Neue Anschriften<br />
<strong>für</strong> BBK <strong>und</strong> THW<br />
seit 17.07.<strong>2006</strong><br />
BBK / THW, Postanschrift: Postfach<br />
1867, 53008 Bonn; Besucheradresse:<br />
Provinzialstraße 93, 53127<br />
Bonn, Tel. 01888 / 550-1818, www.<br />
bbk.b<strong>und</strong>.de, www.thw.b<strong>und</strong>.de<br />
Das Basisschutzkonzept<br />
des B<strong>und</strong>es<br />
Das B<strong>und</strong>esministerium des Innern<br />
hat zusammen mit dem BBK<br />
<strong>und</strong> dem BKA sowie in enger Abstimmung<br />
mit fünf großen deutschen<br />
Unternehmen im Herbst<br />
2005 ein praxisorientiertes Basisschutzkonzept<br />
„Schutz Kritischer<br />
Infrastrukturen – Empfehlungen <strong>für</strong><br />
Unternehmen“ herausgegeben.<br />
Das gesamte Konzept kann auf<br />
der Homepage des BBK unter<br />
www.bbk.b<strong>und</strong>.de abgerufen werden<br />
– auch in Englisch, Französisch<br />
<strong>und</strong> Russisch. Gleiches gilt <strong>für</strong> weitere<br />
Schutzempfehlungen im Bereich<br />
Kritische Infrastrukturen.<br />
34 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />
Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>
TV-L Überleitung: Jetzt informieren<br />
TV-L Überleitung<br />
Die Überleitungstarifbestimmungen<br />
der Länder<br />
schnell umsetzen<br />
Mit ausführlichen<br />
fachlichen Erläuterungen<br />
Jörg Effertz<br />
ca. 144 Seiten, Paperback<br />
ISBN 978-3-8029-7967-5<br />
ca. 8,50 EUR<br />
Einfach ausfüllen <strong>und</strong> faxen<br />
Versandkostenfreie Lieferung im Inland ab einem Bestellwert von 40,– EUR.<br />
Preisänderungen vorbehalten.<br />
Das neue Tarifrecht der Länder:<br />
praxisnah <strong>und</strong> zuverlässig erläutert<br />
Dieser WALHALLA-Kurzkommentar erläutert die <strong>für</strong> die<br />
Überleitung des vorhandenen Personals in das neue Tarifrecht<br />
maßgebenden Bestimmungen <strong>und</strong> erleichtert die<br />
schwierige Rechtsanwendung in der Übergangsphase:<br />
■ Darstellung der Eckpunkte des neuen Rechts<br />
■ Neue Entgelttabelle<br />
■ Zuordnung der Beschäftigten zu den neuen<br />
Entgeltgruppen<br />
■ Besitzstandsregelungen, Sonder- <strong>und</strong> Einmalzahlungen<br />
BESTELLCOUPON Fax: 09 41/56 84-111 · E-Mail: WALHALLA@WALHALLA.de<br />
Ja, ich bestelle<br />
Haus an der Eisernen Brücke<br />
93042 Regensburg<br />
Telefon: 09 41/56 84-0<br />
Rechtssicherheit <strong>für</strong><br />
Beschäftigte <strong>und</strong><br />
Arbeitgeber<br />
Das neue Tarifrecht der Länder<br />
TV-L Jahrbuch Länder<br />
<strong>2006</strong><br />
Kommentierte<br />
Textsammlung<br />
Die neuen tariflichen<br />
Regelungen der Länder<br />
mit Überleitungstarifvertrag,Eingruppierungsregelungen<br />
<strong>und</strong> ergänzenden<br />
Tarifverträgen<br />
Jörg Effertz<br />
750 Seiten, kartoniert<br />
ISBN 978-3-8029-7989-7<br />
21,90 EUR<br />
Für alle Angestellten der Länder, <strong>für</strong> Personalsachbearbeiter,<br />
<strong>für</strong> die Mitarbeiter der Gewerkschaften<br />
<strong>und</strong> Arbeitgeberverbände.<br />
............ Expl. TV-L Überleitung<br />
ISBN 978-3-8029-7967-5 ca. 8,50 EUR<br />
............ Expl. TV-L Jahrbuch Länder <strong>2006</strong><br />
ISBN 978-3-8029-7989-7 21,90 EUR<br />
Hinweis:<br />
Die Preise verstehen sich inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. Versandkosten.<br />
Bestellen Sie ohne Risiko, Sie haben 14 Tage Widerrufsrecht.<br />
Mehr unter<br />
www.WALHALLA.de<br />
Das neue Tarifrecht der Länder tritt am 1. November <strong>2006</strong><br />
in Kraft. Der Tarifvertrag <strong>für</strong> den öffentlichen Dienst der<br />
Länder (TV-L) löst den B<strong>und</strong>es-Angestelltentarifvertrag<br />
(BAT) ab. Die bisherigen Eingruppierungsregelungen bleiben<br />
bis auf Weiteres gültig. Näheres zum Inkrafttreten<br />
regelt ein Überleitungstarifvertrag.<br />
Das „TV-L Jahrbuch <strong>2006</strong>“ erleichtert die schwierige<br />
Rechtsanwendung in der Übergangsphase; es enthält:<br />
■ TV-L – Tarifvertrag <strong>für</strong> den öffentlichen Dienst der<br />
Länder<br />
■ Überleitungstarifvertrag<br />
■ BAT<br />
■ Vergütungsordnung<br />
■ die von der Tarifreform unberührt gebliebenen Tarifverträge<br />
(Tarifvertrag Altersversorgung, Tarifvertrag<br />
zur Regelung der Altersteilzeit, Tarifvertrag<br />
Rationalisierungsschutz)<br />
Absender:<br />
Name, Vorname K<strong>und</strong>ennummer<br />
Institution/Behörde Telefon (tagsüber)<br />
Straße<br />
PLZ, Ort<br />
✘Datum,<br />
Unterschrift<br />
Privat Dienstlich
Parlamentarium 2007<br />
Das Kalendarium <strong>für</strong><br />
Entscheidungsträger in Politik<br />
<strong>und</strong> Wirtschaft<br />
Exklusive Ausstattung,<br />
mit Lesebändchen<br />
120 Seiten Adressen <strong>und</strong><br />
Informationen<br />
140 Seiten Kalendarium<br />
Erscheint im Oktober <strong>2006</strong><br />
Ja, ich bestelle<br />
............... Expl. Parlamentarium 2007<br />
ISBN 978-3-8029-9985-7 .......... ca. 49,– EUR<br />
Versandkostenfreie Lieferung im Inland ab einem Bestellwert von 40,– EUR.<br />
Preisänderungen vorbehalten.<br />
Haus an der Eisernen Brücke<br />
93042 Regensburg<br />
Telefon: 09 41/56 84-0<br />
Parlamentarium 2007<br />
Jetzt<br />
vorbestellen!<br />
ca. 260 Seiten, geb<strong>und</strong>en<br />
ISBN 978-3-8029-9985-7 ca. 49,– EUR<br />
BESTELLCOUPON Fax: 09 41/56 84-111 · E-Mail: WALHALLA@WALHALLA.de<br />
Einfach ausfüllen <strong>und</strong> faxen<br />
Hinweis:<br />
Die Preise verstehen sich inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. Versandkosten.<br />
Bestellen Sie ohne Risiko, Sie haben 14 Tage Widerrufsrecht.<br />
Absender:<br />
Name, Vorname K<strong>und</strong>ennummer<br />
Institution/Firma Telefon (tagsüber)<br />
Straße<br />
PLZ, Ort<br />
✘<br />
Datum, Unterschrift<br />
Mehr unter<br />
www.WALHALLA.de<br />
Das PARLAMENTARIUM informiert r<strong>und</strong> um<br />
Parlament, Ministerien, Ausschüsse, diplomatische<br />
Vertretungen, Verbindungsbüros<br />
<strong>und</strong> Verbände.<br />
Der hochwertig ausgestattete Terminplaner<br />
bietet neben einem übersichtlichen Kalendarium<br />
<strong>für</strong> 2007 exklusive Informationen<br />
zu allen wichtigen Ansprechpartnern mit<br />
Adresse, Telefon, Fax <strong>und</strong> E-Mail. Enthalten<br />
sind auch:<br />
■ Die Sitzungswochen des Deutschen<br />
B<strong>und</strong>estags<br />
■ Die Sitzungen des Deutschen<br />
B<strong>und</strong>esrats<br />
■ Parlamentarische Versammlungen<br />
Eine praktische Arbeitshilfe <strong>für</strong> alle, die<br />
mit Vertretern aus Politik, Verbänden<br />
<strong>und</strong> Wirtschaft zusammenarbeiten.<br />
„Das Parlamentarium hat viele Vorzüge<br />
gegenüber anderen Jahrbüchern. Es ist<br />
nicht nur ausgesprochen praktisch. Es ist<br />
auch elegant <strong>und</strong> vor allem höchst informativ.<br />
Für Politiker <strong>und</strong> den politiknahen<br />
Raum ein Muss!”<br />
Peter Heesen, B<strong>und</strong>esvorsitzender dbb<br />
beamtenb<strong>und</strong> <strong>und</strong> tarifunion<br />
Privat Dienstlich