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Heft 3, 2006 (PDF, 561KB) - Bundesamt für Bevölkerungsschutz und ...

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NV 3/<strong>2006</strong><br />

Die Zeitschrift <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

<strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />

NOTFALLVORSORGE<br />

Themenheft: Gefährdung <strong>und</strong><br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen


Ja, ich bestelle<br />

Ausbildung <strong>und</strong> Einsatz optimieren<br />

3., vollkommen neu<br />

bearbeitete Auflage<br />

Übungs-Handbuch<br />

<strong>für</strong> Katastrophenschutzeinheiten<br />

Für Feuerwehren, Technisches Hilfswerk,<br />

Hilfsorganisationen, Zivil-Militärische<br />

Zusammenarbeit <strong>und</strong> Behörden<br />

Winfried Glass<br />

3., neu bearbeitete Auflage<br />

160 Seiten, geb<strong>und</strong>en<br />

ISBN 978-3-8029-9992-5 39,– EUR<br />

............... Expl. Übungs-Handbuch <strong>für</strong><br />

Katastrophenschutzeinheiten<br />

ISBN 978-3-8029-9992-5 ................ 39,– EUR<br />

Versandkostenfreie Lieferung im Inland ab einem Bestellwert von 40,– EUR.<br />

Preisänderungen vorbehalten.<br />

Dieses Handbuch ist eine Arbeits- <strong>und</strong> Ausbildungshilfe zum<br />

Anlegen <strong>und</strong> Durchführen von Übungen. Führungskräfte<br />

sowie qualifizierte Fachkräfte werden in die Lage versetzt,<br />

■ ihre Einheiten in den Verfahren der Führung sowie in<br />

den Funktionsabläufen des Einsatzes zu schulen<br />

■ leicht auswertbare <strong>und</strong> zugleich aussagekräftig<br />

dokumentierte Erfolgskontrollen durchzuführen<br />

Arbeitshinweise, Beispiele, Check- <strong>und</strong> Überwachungslisten<br />

sind kompatibel <strong>und</strong> somit universell nutzbar; auf diese Weise<br />

lassen sich taktische Übungen aller Ebenen erfolgreich<br />

gestalten.<br />

Winfried Glass, Oberstleutnant d. R., freiberuflicher Fachjournalist<br />

<strong>und</strong> Sachverständiger <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong>, Notfallvorsorge<br />

<strong>und</strong> Gefahrenabwehr; langjähriger Referent <strong>für</strong> Zivil-<br />

<strong>und</strong> Katastrophenschutz im Generalsekretariat des Deutschen<br />

Roten Kreuzes, ehem. B<strong>und</strong>esgeschäftsführer des Deutschen<br />

Feuerwehrverbandes e.V.; zuständig <strong>für</strong> Presse- <strong>und</strong><br />

Öffentlichkeitsarbeit im Deutschen Komitee <strong>für</strong> Katastrophenvorsorge<br />

e.V.; erfolgreicher Fachautor.<br />

BESTELLCOUPON Fax: 09 41/56 84-111 · E-Mail: WALHALLA@WALHALLA.de<br />

Einfach ausfüllen <strong>und</strong> faxen<br />

Hinweis:<br />

Die Preise verstehen sich inkl. der gesetzl. Mehrwertsteuer, zzgl. Versandkosten.<br />

Bestellen Sie ohne Risiko, Sie haben 14 Tage Widerrufsrecht.<br />

Haus an der Eisernen Brücke<br />

93042 Regensburg<br />

Telefon: 09 41/56 84-0<br />

„Vom Übungsauftrag über die Einzelheiten der Organisation<br />

bis hin zum eigentlichen Ablauf gibt das Handbuch<br />

eine praxisnahe <strong>und</strong> in allen Schritten nachvollziehbare<br />

Anleitung. Die Arbeitshilfen machen es leicht, ein<br />

vollständiges Ausbildungsprogramm auszuarbeiten.“<br />

FFZ Feuerwehr Fachzeitschrift<br />

„Das Buch ist übersichtlich bis ins Detail gegliedert <strong>und</strong><br />

<strong>für</strong> Dienststellen, die Großübungen planen <strong>und</strong> durchführen<br />

müssen, eine nützliche Hilfe.“<br />

Rettungs Magazin<br />

Absender:<br />

Name, Vorname K<strong>und</strong>ennummer<br />

Institution/Firma Telefon (tagsüber)<br />

Straße<br />

PLZ, Ort<br />

✘<br />

Datum, Unterschrift<br />

Mehr unter<br />

www.WALHALLA.de<br />

Privat Dienstlich


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Inhalt<br />

SCHUTZ KRITISCHER INFRASTRUKTUREN – GRUNDLAGEN<br />

Kritische Infrastrukturen: Gefährdungen, Verletzlichkeit,<br />

Schutzkonzepte<br />

Gefahren <strong>und</strong> Verletzlichkeit bestimmen das Risiko<br />

<strong>für</strong> Kritische Infrastrukturen<br />

Risikokommunikation, oder: Papa, was ist denn eine<br />

„Polderwiese“? – Der Schutz Kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong><br />

die Kommunikationsfähigkeit der Akteure<br />

INFORMATIONS- UND<br />

KOMMUNIKATIONSINFRASTRUKTUREN<br />

Der Schutz kritischer Informationsinfrastrukturen in<br />

Deutschland: Aktivitäten der B<strong>und</strong>esregierung<br />

ENERGIESICHERHEIT UND PUBLIC PRIVATE PARTNERSHIP<br />

Public Private Partnership – Die Bedeutung<br />

der Zusammenarbeit zwischen Behörden <strong>und</strong> Wirtschaft<br />

am Beispiel der Elektrizitätsversorgung<br />

ENERGIESICHERHEIT – BLACKOUT IM MÜNSTERLAND<br />

Der Blackout im Münsterland – eine Einsatznachbereitung<br />

aus Sicht des THW<br />

TRINKWASSERSICHERHEIT – KOOPERATIONEN<br />

IN ALLTAG UND KRISE<br />

Versorgungssicherheit in der Trinkwasserversorgung<br />

im Zusammenspiel zwischen betrieblichem Alltag <strong>und</strong><br />

Extremsituationen<br />

TRINKWASSERSICHERHEIT – TECHNISCHE LÖSUNGEN<br />

Vorbereitung der Wasserversorgung auf die Sicherheitsprobleme<br />

der Zukunft – Vorschläge zur praktischen<br />

Umsetzung im Versorgungsnetz<br />

BLICK ZUM NACHBARN<br />

Schutz kritischer Infrastrukturen – eine wichtige Aufgabe<br />

des <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es in der Schweiz<br />

KRITIS INTERNATIONAL<br />

Vital Infrastructure Threats and Assurance (VITA):<br />

Ein multidimensionales europäisches Projekt zum Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen<br />

GLOSSAR<br />

Verstehen wir uns richtig?<br />

Definierte Begriffe <strong>für</strong> eine klare Kommunikation/Teil 3<br />

FÜR SIE GELESEN UND EMPFOHLEN<br />

Rezensionen<br />

www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Impressum<br />

Die Autoren dieser Ausgabe<br />

• Dr. Wolfram Geier, Bonn<br />

Marc-Alexandre Graf, Projektleiter Schutz von<br />

Kritischen Infrastrukturen im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Bevölkerungsschutz</strong> (BABS), Bern<br />

Dipl.-Pol. Giulio Gullotta, Referent im Zentrum<br />

Notfallvorsorge <strong>und</strong> Notfallplanung im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe,<br />

Bonn<br />

Dr. Monika John-Koch, stellvertretende Leiterin<br />

des Zentrums Schutz Kritischer Infrastrukturen im<br />

<strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe,<br />

Bonn<br />

Ass. Jur. Jens Koch, Referent Einsatz in der<br />

Leitung der B<strong>und</strong>esanstalt Technisches Hilfswerk,<br />

Bonn<br />

Dr. Christiane Lechtenbörger, Referentin im<br />

Referat Kritische Infrastrukturen im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong><br />

Sicherheit in der Informationstechnik, Bonn<br />

Dipl.-Geogr. Susanne Lenz, M. Sc. <strong>und</strong> Dipl.-Ing.<br />

Peter Lauwe, Referenten im Zentrum Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe, Bonn<br />

Dipl.-Ing. Berthold Niehues, Bereichsleiter Wasser<br />

in der Deutschen Vereinigung des Gas- <strong>und</strong><br />

Wasserfaches (DVGW) e.V., Bonn<br />

Dipl.-Ing. Heinz Jürgen Pfitzner, Freier Sachverständiger,<br />

Worms<br />

Dipl.-Ing. Rudolf Schäfer, Projektmanager, IABG<br />

Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft mbH,<br />

Ottobrunn<br />

Dipl.-Ing. Thomas Schäfer, Leiter Systemführung,<br />

Vattenfall Europe Transmission GmbH, Berlin<br />

Notfallvorsorge<br />

Die Zeitschrift <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />

Katastrophenhilfe<br />

ISSN 0948-7913, 37. Jahrgang<br />

Begründet von Rolf Osang<br />

Die in den Beiträgen dieser Zeitschrift vertretenen<br />

Auffassungen der Autoren stellen deren Meinung<br />

dar. Sie müssen nicht identisch sein mit denen ihrer<br />

Institution, der Redaktion oder des Verlages.<br />

Copyright <strong>und</strong> Nachdruck<br />

© Walhalla u. Praetoria Verlag GmbH & Co. KG,<br />

Regensburg/Berlin. Alle Rechte, insbesondere das<br />

Recht zur Vervielfältigung <strong>und</strong> Verbreitung sowie<br />

der Übersetzung, vorbehalten.<br />

Satz: setz it. Richert GmbH, Sankt Augustin<br />

Druck: Grafischer Betrieb Don Bosco, Ensdorf<br />

Printed in Germany<br />

Verlag/Redaktion/K<strong>und</strong>enbetreuung<br />

Walhalla Fachverlag, Haus an der Eisernen Brücke,<br />

93042 Regensburg, Tel.: 0941 / 56 84-0, Fax: 56 84 111<br />

E-Mail: steckenleiter.eva-maria@WALHALLA.de<br />

Internet: www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Wissenschaftliche <strong>und</strong> fachliche Beratung:<br />

Dr. Wolfram Geier, Bonn; Winfried Glass, Meckenheim<br />

Manuskripte, ausschließlich Erstveröffentlichungen,<br />

nimmt die Redaktion gerne entgegen.<br />

Erscheinungsweise <strong>und</strong> Bezugsbedingungen<br />

Die „Notfallvorsorge“ erscheint 4-mal jährlich.<br />

Bestellungen direkt beim Verlag. Jahresbezugspreis<br />

35 Euro zzgl. Porto. Die Aufnahme des Abonnements<br />

ist jederzeit möglich. Irrtum <strong>und</strong> Preisänderungen vorbehalten.<br />

Titelfoto: Zerstörter Strommast in Norddeutschland,<br />

Reuters/Wolfgang Rattay<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 3


Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Kritische Infrastr<br />

Dr. Monika John-Koch, stellvertretende Zentrumsleiterin, Zentrum<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />

Katastrophenhilfe, Bonn<br />

Per Knopfdruck jederzeit verfügbare<br />

Energie, Trink- <strong>und</strong> Brauchwasser<br />

im Überfluss, ein gr<strong>und</strong>sätzlich funktionierendes<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen, berufliche<br />

<strong>und</strong> private Mobilität auf allen<br />

Verkehrsträgern, stabile Regierungen<br />

<strong>und</strong> verlässliche Verwaltungen,<br />

jederzeitiger Zugang zu Informationstechnologien<br />

<strong>und</strong> zu Netzen – so<br />

stellt sich der Alltag in industrialisierten,<br />

hochtechnisierten Gesellschaften<br />

dar. Ein Leben ohne diese Infrastruktureinrichtungen<br />

oder unter erheblichen<br />

Störungen erscheint kaum vorstellbar,<br />

staatlich verordnete Abschaltung<br />

von Energie oder Rationierung<br />

von Trinkwasser erinnern an Bilder<br />

aus einer anderen Welt. Selbst die<br />

Stromausfälle in den USA wurden als<br />

Folge unzureichender Investitionen<br />

gedeutet, die regelmäßig auftretende<br />

Hitze <strong>und</strong> Dürre in Südeuropa mit<br />

ihren Auswirkungen auf die Land<strong>und</strong><br />

Forstwirtschaft sowie die Wasser-<br />

<strong>und</strong> Energieversorgung werden<br />

als Kehrseite warmer Regionen mehr<br />

oder weniger ebenso akzeptiert wie<br />

Virenangriffe auf IT-Systeme.<br />

Doch haben das Elbehochwasser<br />

2002, die Sommerhitze 2003 <strong>und</strong><br />

zuletzt der Stromausfall im Münsterland<br />

2005 gezeigt, dass Störungen<br />

dieser vitalen Lebensadern mit ihren<br />

Auswirkungen auf das private <strong>und</strong><br />

öffentliche Leben auch hierzulande<br />

möglich sind. Der Schutz Kritischer<br />

Infrastrukturen ist daher im Rahmen<br />

der Notfallvorsorge von zentraler Bedeutung.<br />

Gefährdungen, Ver<br />

Kritische Infrastrukturen<br />

Nach einer Übereinkunft der Regierungsressorts<br />

vom November<br />

2003 sind Kritische Infrastrukturen<br />

Organisationen <strong>und</strong> Einrichtungen<br />

mit wichtiger Bedeutung <strong>für</strong> das<br />

staatliche Gemeinwesen, bei deren<br />

Ausfall oder Beeinträchtigung<br />

nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe,<br />

erhebliche Störungen der öffentlichen<br />

Sicherheit<br />

oder andere dramatische Folgen<br />

eintreten würden.<br />

Als „kritisch” gelten diese Einrichtungen,<br />

da sie <strong>für</strong> die Funktionsfä-<br />

Energieversorgung<br />

(Elektrizität, Gas, Öl)<br />

Versorgung<br />

(u.a. Trinkwasser, Ernährung,<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen, Notfall-/<br />

Rettungswesen, Entsorgung)<br />

Gefahrstoffe<br />

(Gefahrguttransporte,<br />

sensitive Industrien, Rüstung)<br />

Behörden <strong>und</strong><br />

öffentliche Verwaltung<br />

higkeit moderner Gesellschaften von<br />

essentieller Bedeutung sind, wobei<br />

insbesondere die Energieversorgung<br />

alle Bereiche des täglichen Lebens<br />

durchzieht.<br />

Innerhalb der Kritischen Infrastrukturen<br />

werden <strong>für</strong> Deutschland folgende<br />

Sektoren identifiziert (s. Grafik).<br />

Betrachtet man die einzelnen Sektoren,<br />

fällt auf, dass es sich in der<br />

Regel nicht um staatliche Einrichtungen<br />

handelt. Mehr als 80 % der <strong>für</strong><br />

die Funktionsfähigkeit einer Gesellschaft<br />

notwendigen Infrastrukturen<br />

sind in ausschließlich privater Hand,<br />

werden von privaten oder privatisierten<br />

Unternehmen betrieben <strong>und</strong> gesteuert.<br />

Selbst der Sektor Behörden<br />

<strong>und</strong> Verwaltung verändert sich durch<br />

zunehmende Organisationsprivatisierung<br />

<strong>und</strong> mit dem Börsengang der<br />

Telekommunikation <strong>und</strong><br />

Informationstechnik<br />

Transport- u. Verkehrswesen<br />

(einschließlich Postwesen)<br />

Finanz-, Geld- <strong>und</strong><br />

Versicherungswesen<br />

Sonstige<br />

(Großforschungseinrichtungen,<br />

symbolträchtige Bauwerke,<br />

Kulturgut, Medien)<br />

4 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong><br />

Quelle: Jürgen Strauß, BBK


ukturen:<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />

letzlichkeit, Schutzkonzepte<br />

Bahn wird sich die Entwicklung zur<br />

Privatisierung noch verstärken.<br />

Damit fällt aber auch die Verantwortung<br />

<strong>für</strong> die Sicherheit <strong>und</strong> Zuverlässigkeit<br />

dieser Infrastrukturen in<br />

private Hand. Staatliches „Durchregieren”<br />

mittels Weisung ist nicht<br />

(mehr) ohne weiteres möglich, die<br />

Aufgabe des Staates bewegt sich<br />

vorrangig im Rahmen einer Gewährleistung,<br />

allenfalls der Sicherstellung<br />

der Versorgung in Krisenzeiten, wenn<br />

der Markt nicht mehr funktioniert.<br />

Diese Entwicklungen haben aus ökonomischer<br />

Sicht durchaus Vorteile;<br />

sie können aber im Rahmen der Vorsorgeplanung<br />

zu Defiziten führen <strong>und</strong><br />

sich bei Katastrophen nachteilig auf<br />

die Versorgung mit lebensnotwendigen<br />

Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen auswirken.<br />

Bei Schadensereignissen von<br />

erheblichem Ausmaß bedarf es daher<br />

eines organisierten Zusammenwirkens<br />

zwischen Staat <strong>und</strong> Wirtschaft.<br />

Gefährdungen <strong>und</strong><br />

Verletzlichkeit<br />

Kritischer Infrastrukturen<br />

Kritische Infrastrukturen sind einer<br />

breiten Palette von Gefährdungen<br />

ausgesetzt, die nicht nur „traditioneller”<br />

Natur sind, sondern auch eine<br />

spezifische Verletzlichkeit dieser Infrastrukturen<br />

umfasst:<br />

Schweren Naturkatastrophen sind<br />

Infrastruktureinrichtungen oftmals<br />

schutzlos ausgeliefert: Verkehrstrassen,<br />

Stromleitungen <strong>und</strong> andere<br />

netzbasierte Infrastrukturen lassen<br />

sich bei Hochwasser nicht verlegen,<br />

Strommasten müssen<br />

Orkanen trotzen (können), die Ver-<br />

sorgung der Bevölkerung mit<br />

Trinkwasser <strong>und</strong> der Industrie mit<br />

Brauchwasser muss auch bei lang<br />

andauernder, großer Hitze gewährleistet<br />

sein. Daneben können so<br />

genannte man-made hazards, d.h.<br />

technisches oder menschliches<br />

Versagen, kriminelle Handlungen<br />

<strong>und</strong> terroristische Anschläge sowie<br />

organisatorische Defizite zu<br />

massiven Schäden führen <strong>und</strong> die<br />

Funktionsfähigkeit Kritischer Infrastrukturen<br />

erheblich beeinträchtigen.<br />

Eine KRITIS-spezifische Verletzlichkeit<br />

ergibt sich aus teils massiven<br />

wechselseitigen Abhängigkeiten,<br />

die sich potenzieren <strong>und</strong> ein<br />

besonders hohes Schadenspotential<br />

entwickeln können. Da alle Sektoren<br />

gleichermaßen von einer zuverlässigen<br />

Energieversorgung abhängig<br />

sind, hat ihr Schutz beson-<br />

deres Gewicht. Wie ein Stromausfall<br />

das private <strong>und</strong> öffentliche Leben<br />

beeinträchtigen kann, haben<br />

die Ereignisse im Münsterland im<br />

November 2005 gezeigt: z.T.<br />

tagelang weder Licht noch Heizung<br />

noch Trinkwasser, Verkehrseinschränkungen,<br />

Einschnitte in der<br />

Ges<strong>und</strong>heitsversorgung, massive<br />

Probleme bei der Versorgung von<br />

Nutztieren im landwirtschaftlichen<br />

Bereich etc. Betroffen waren v.a.<br />

Privathaushalte in einer ländlichen<br />

Gegend, die Auswirkungen in einer<br />

Großstadt wie Berlin oder in<br />

der Bankenmetropole Frankfurt<br />

wären katastrophal.<br />

Darüber hinaus stellen Kritische<br />

Infrastrukturen aufgr<strong>und</strong> ihrer Bedeutung<br />

<strong>für</strong> die Gesellschaft ein<br />

potenzielles Angriffsziel etwa <strong>für</strong><br />

terroristische Anschläge dar: Getroffen<br />

würden eine zentrale Ader<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 5<br />

Foto: THW<br />

Foto: creativ collection


Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />

des gesellschaftlichen <strong>und</strong> wirtschaftlichen<br />

Lebens <strong>und</strong> damit<br />

eine Vielzahl von Nutzern dieser<br />

Infrastruktureinrichtungen. Die<br />

Anschläge von Madrid <strong>und</strong> London<br />

haben dies in bedrückender<br />

Weise gezeigt.<br />

Nicht zuletzt stellen Kritische Infrastrukturen<br />

aber auch selbst eine<br />

Gefahrenquelle dar, d.h. die Gefährdung<br />

kann aktiv von ihnen ausgehen.<br />

Zu nennen sind hier<br />

beispielsweise die mit kerntechnischen<br />

oder petrochemischen Anlagen<br />

oder mit dem Transport bzw.<br />

der Lagerung gefährlicher Güter<br />

verb<strong>und</strong>enen Gefahrenpotentiale.<br />

Schutzkonzepte<br />

Um die Funktionsfähigkeit von<br />

Staat <strong>und</strong> Gesellschaft zu erhalten<br />

<strong>und</strong> dauerhaft zu gewährleisten, ist<br />

der Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

sowohl in präventiver Hinsicht als<br />

auch im Krisenfall selbst von außerordentlicher<br />

Bedeutung. Anknüp-<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

➜ Intensivversorgung?<br />

➜ Ambulante Versorgung?<br />

Medien<br />

➜ Warnung<br />

➜ Information?<br />

Behörden/Verwaltung<br />

➜ Erreichbarkeit?<br />

➜ Funktionsfähigkeit?<br />

fungspunkte <strong>für</strong> Schutzmaßnahmen<br />

ergeben sich aus gesetzlichen Regelungen,<br />

Anlagen gegenüber möglichen<br />

Gefahren zu sichern <strong>und</strong> die<br />

hier<strong>für</strong> notwendigen Maßnahmen zu<br />

ergreifen. Jedoch folgen diese Regelungen<br />

einem sehr unterschiedlichen<br />

Konkretisierungsgrad, der sich zwischen<br />

Generalklauseln <strong>und</strong> der Vorlage<br />

eines ausdifferenzierten Sicherheitskonzeptes<br />

bewegt.<br />

Von den Verbänden werden zudem<br />

Regelwerke, Richtlinien oder<br />

Leitfäden veröffentlicht, die Standards<br />

<strong>für</strong> den Schutz der Infrastruktureinrichtungen<br />

vorgeben <strong>und</strong> Empfehlungen<br />

zur Umsetzung von<br />

Schutzmaßnahmen geben. Allerdings<br />

handelt es sich hierbei oftmals<br />

um Vorkehrungen im Rahmen des<br />

Objektschutzes <strong>und</strong> der Zugangssicherung.<br />

Um sämtliche Gefährdungen angemessen<br />

zu berücksichtigen (all-hazard-Ansatz),<br />

die Bedeutung der<br />

Funktionsfähigkeit Kritischer Infrastrukturen<br />

zu unterstreichen <strong>und</strong> ei-<br />

Transport/Verkehr<br />

➜ Straße: Ampelanlagen<br />

➜ Schiene: Leitzentrale?<br />

Oberleitungen?<br />

Stromausfall<br />

Telekommunikation<br />

➜ Alarmierung<br />

Bereitschaftsdienst?<br />

➜ Notruf?<br />

nen effektiven Schutz zu erreichen,<br />

ist es angebracht, darüber hinaus einschlägige<br />

Konzepte, Masterpläne,<br />

Empfehlungen oder Leitfäden zu erstellen.<br />

Sie stehen nicht neben vorhandenen<br />

Regelungen oder ersetzen<br />

diese, sondern dienen der Ergänzung<br />

<strong>und</strong> fassen unterschiedliche Aspekte<br />

in einer Konzeption zusammen.<br />

Sektorübergreifende<br />

Schutzkonzepte<br />

Wesentliche Erfolgsfaktoren <strong>für</strong> die<br />

Akzeptanz von Maßnahmen zum<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong><br />

ihre Umsetzung sind ein kooperatives<br />

Vorgehen von Staat <strong>und</strong> Unternehmen<br />

sowie ein vertrauensvoller<br />

Dialog.<br />

Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage haben das<br />

B<strong>und</strong>esministerium des Innern, das<br />

B<strong>und</strong>eskriminalamt <strong>und</strong> das <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />

Katastrophenhilfe gemeinsam mit<br />

Vertretern aus der Wirtschaft ein Konzept<br />

<strong>für</strong> den Basisschutz in Unterneh-<br />

IT<br />

➜ Leitstellen?<br />

➜ Einsatzplanung?<br />

➜ Klimaanlagen?<br />

Gefahrstoffe<br />

➜ Lagerung/Sicherung?<br />

Versorgung<br />

➜ Tanksäulen/Kraftstoff?<br />

➜ Trinkwasser/Kühlhäuser?<br />

6 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong><br />

Quelle: BBK


men erarbeitet, das im September<br />

2005 veröffentlicht wurde. Dieses<br />

„Basisschutzkonzept – Empfehlungen<br />

<strong>für</strong> Unternehmen”, das einem all-hazard-Ansatz<br />

folgt, gibt Unternehmensleitungen<br />

<strong>und</strong> Sicherheitsverantwortlichen<br />

Handreichungen zum physischen<br />

Schutz insbesondere <strong>für</strong> stationäre<br />

Anlagen. Das Basisschutzkonzept<br />

enthält Erläuterungen zu Gefährdungsarten<br />

<strong>und</strong> zu gefährdeten Unternehmensbereichen<br />

sowie Anhaltspunkte<br />

<strong>für</strong> die Ermittlung von Schutzzielen<br />

<strong>und</strong> Empfehlungen <strong>für</strong> Schutzmaßnahmen.<br />

Kern des Konzeptes ist<br />

eine Muster-Checkliste, die je nach<br />

Ausgangslage ergänzt <strong>und</strong> angepasst<br />

werden kann.<br />

Schutzkonzepte<br />

<strong>für</strong> einzelne Sektoren<br />

Neben einem Basisschutz quer<br />

über alle Sektoren ist es unerlässlich,<br />

auch <strong>für</strong> einzelne Sektoren Gefährdungen<br />

zu analysieren, sich über<br />

Schutzziele zu verständigen <strong>und</strong> Maßnahmen<br />

festzulegen. Diese Schutzkonzepte<br />

können sich ebenfalls auf<br />

einen – sektoralen – Basisschutz beziehen,<br />

sie können aber auch in den<br />

Bereich des Spezialschutzes hineinreichen,<br />

der den erforderlichen Geheimhaltungsregeln<br />

unterliegt.<br />

Bislang wurden in einem gemeinsamen<br />

Dialog zwischen dem BBK <strong>und</strong><br />

Anwendern zwei Konzepte erarbeitet:<br />

Zusammen mit den im Notfall- <strong>und</strong><br />

Rettungswesen tätigen Hilfsorganisationen<br />

hat das BBK einen Leitfaden<br />

„Basisschutz <strong>für</strong> Katastrophen-<br />

<strong>und</strong> Hilfsorganisationen<br />

sowie Einrichtungen der Wohlfahrtspflege”<br />

erarbeitet. Dieser Leitfaden,<br />

der auf dem Basisschutzkonzept<br />

<strong>für</strong> Unternehmen beruht,<br />

umfasst Empfehlungen zur Reduzierung<br />

der Verletzlichkeit speziell<br />

von Organisationen <strong>und</strong> Einrichtungen<br />

des Notfall- <strong>und</strong> Rettungswesens<br />

sowie Maßnahmen zur<br />

Aufrechterhaltung des Betriebes.<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Wenn auch großflächige <strong>und</strong> lang<br />

anhaltende Beeinträchtigungen<br />

oder gar Ausfälle der Wasserversorgung<br />

unter normalen Umständen<br />

nicht zu erwarten sind, stellt<br />

sich doch die Frage, ob die implementierten<br />

Maßnahmen auch bei<br />

Extremereignissen eine bestmögliche<br />

Versorgungssicherheit bieten<br />

können. In einem Leitfaden zur<br />

Erstellung <strong>und</strong> Umsetzung eines einfachen<br />

Risikomanagements in Wasserversorgungsunternehmenwerden<br />

Handlungsempfehlungen zur<br />

Erhöhung der Sicherheit in den Bereichen<br />

gegeben, die derzeit noch<br />

Defizite aufweisen. Der Leitfaden<br />

soll sensibilisieren <strong>und</strong> Unternehmen<br />

unterstützen, kritische Bereiche<br />

zu identifizieren <strong>und</strong> auf effiziente<br />

Weise sicherer zu gestalten.<br />

Gefährdungsbezogene<br />

Schutz- <strong>und</strong><br />

Vorsorgekonzepte<br />

Darüber hinaus ist auch an Maßnahmekataloge<br />

zu denken, die sich<br />

mit einzelnen Gefährdungsarten befassen,<br />

denen Kritische Infrastrukturen<br />

ausgesetzt sind <strong>und</strong> die ihre Funktionsfähigkeit<br />

in besonderem Maße<br />

beeinträchtigen können. Zwei aktuelle<br />

Beispiele sollen dies verdeutlichen:<br />

Wie wichtig die Vorbereitung auf<br />

einen Energieausfall ist, haben verschiedene<br />

Ereignisse der letzten<br />

Jahre verdeutlicht. Zur Unterstützung<br />

<strong>für</strong> den Aufbau <strong>und</strong> Betrieb<br />

einer zuverlässigen Notstromversorgung<br />

wurde vom BBK ein „Leitfaden<br />

<strong>für</strong> die Einrichtung <strong>und</strong> den<br />

Betrieb einer Notstromversorgung<br />

in Behörden <strong>und</strong> anderen wichtigen<br />

öffentlichen Einrichtungen”<br />

erarbeitet <strong>und</strong> Interessierten zur<br />

Verfügung gestellt.<br />

Für viele Unternehmen ist die Vorbereitung<br />

auf Epidemien <strong>und</strong> Pandemien<br />

noch neu. Zur Unterstützung<br />

bei der Planung, aber auch<br />

zur besseren Abstimmung <strong>und</strong> Koordinierung<br />

staatlicher <strong>und</strong> unternehmerischer<br />

Maßnahmen werden<br />

in einer B<strong>und</strong>-Länder-Arbeitsgruppe,<br />

an der auch Vertreter von<br />

KRITIS-Unternehmen beteiligt sind,<br />

Vorkehrungen im Bereich Personal,<br />

Ressourcen, Organisation <strong>und</strong><br />

Kommunikation <strong>für</strong> eine Empfehlung<br />

zur Pandemieplanung in Unternehmen<br />

zusammengestellt.<br />

Ausblick<br />

Kritische Infrastrukturen sind die<br />

Lebensader von Staat, Gesellschaft<br />

<strong>und</strong> Wirtschaft. Ihr Schutz <strong>und</strong> die<br />

Gewährleistung einer zuverlässigen<br />

Versorgung ist eine der vordringlichsten<br />

Aufgaben im Bereich der Notfallvorsorge<br />

<strong>und</strong> Notfallplanung. Zuständig<br />

<strong>für</strong> die Sicherheit der Einrichtungen<br />

<strong>und</strong> den Schutz des Personals<br />

sind zwar vorrangig die Unternehmen,<br />

aber auch der Staat trägt Verantwortung<br />

<strong>für</strong> die Sicherheit <strong>und</strong><br />

den Schutz seiner Bürger. Damit<br />

überlappen sich staatliche, gesellschaftliche<br />

<strong>und</strong> unternehmerische<br />

Verantwortungsbereiche <strong>für</strong> den<br />

Schutz KRITIS, gleichzeitig stützen<br />

<strong>und</strong> ergänzen sie sich aber auch.<br />

Damit Staat <strong>und</strong> Wirtschaft ihre<br />

gemeinsame Verantwortung <strong>für</strong> den<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

wahrnehmen können, ist es notwendig,<br />

bereits im Vorfeld von Ereignissen<br />

Strukturen, Funktionen <strong>und</strong> Verfahren<br />

des Partners – das „Ticken”<br />

des Gegenübers – zu kennen. Ein<br />

vertrauensvoller, intensiver Dialog<br />

zwischen Staat <strong>und</strong> Wirtschaft auf<br />

Augenhöhe im Zuge der Vorsorge<strong>und</strong><br />

Maßnahmeplanung sowie eine<br />

enge Kooperation im Ereignisfall<br />

sind der richtige Weg <strong>für</strong> eine Erfolg<br />

versprechende Arbeit zum<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong><br />

dienen dazu, gesamtstaatliche Sicherheit<br />

als partnerschaftliche Aufgabe<br />

zu verstehen <strong>und</strong> wirkungsvoll<br />

umzusetzen.<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 7


Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Gefahren <strong>und</strong><br />

bestimmen das Risiko <strong>für</strong><br />

Dipl.-Geogr. Susanne Lenz, M. Sc., Referentin, Dipl.-Ing. Peter Lauwe,<br />

Referent, Zentrum Schutz Kritischer Infrastrukturen, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

<strong>und</strong> Katastrophenhilfe, Bonn<br />

Das Elbehochwasser im August 2002 oder die Stromausfälle im Raum Trier<br />

im September 2004 <strong>und</strong> im Münsterland im November 2005 haben einen<br />

Eindruck darüber vermittelt, welche Auswirkungen extreme Ereignisse auch<br />

gerade auf Kritische Infrastrukturen haben können.<br />

Ausfälle in Infrastruktureinrichtungen<br />

wachsen auf der System- bzw.<br />

Anlagenebene auf <strong>und</strong> können sich<br />

aufgr<strong>und</strong> der Komplexität <strong>und</strong> der<br />

Vernetzung technischer Systeme<br />

schnell fortpflanzen. Massive gegenseitige<br />

Abhängigkeiten der Dienstleistungen<br />

führen dazu, dass auch lokale<br />

Ereignisse regionale oder gar landesweite<br />

Bedeutung erreichen<br />

können.<br />

Setzt man nun voraus, dass sich<br />

bestimmte Gefahren in den nächsten<br />

Jahren <strong>und</strong> Jahrzehnten noch<br />

verstärken werden, ist zukünftig mit<br />

noch dramatischeren Auswirkungen<br />

zu rechnen. Dieser Entwicklung muss<br />

Rechnung getragen werden. Die<br />

größten Risiken müssen frühzeitig<br />

erkannt werden, um effektive <strong>und</strong> effiziente<br />

Risiko mindernde Maßnahmen<br />

entwickeln <strong>und</strong> umsetzen zu<br />

können.<br />

Risiken zu erfassen bedeutet, folgende<br />

Fragen zu beantworten:<br />

Was kann wo passieren?<br />

Wie wahrscheinlich ist ein Extremereignis?<br />

Welche Konsequenzen kann ein<br />

Extremereignis haben? 1<br />

Die Beantwortung dieser Fragen<br />

setzt voraus, mögliche Gefahren im<br />

Allgemeinen <strong>und</strong> Standort bezogene<br />

Gefährdungen 2 im Besonderen zu<br />

analysieren. Außerdem ist die Verletzlichkeit<br />

Kritischer Infrastrukturen<br />

hinsichtlich dieser Gefährdungen zu<br />

ermitteln. Verletzlichkeit bedeutet<br />

hierbei, dass von der Ebene der technischen<br />

Bauteile bis hin zur übergeordneten<br />

Ebene der Lage im Raum,<br />

beispielsweise durch die Konzentra-<br />

tion wichtiger Infrastruktureinrichtungen<br />

in Gefahrenzonen, Anfälligkeiten<br />

bestehen, die zur Verschärfung einer<br />

Katastrophe beitragen können.<br />

Im Zentrum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

im <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

<strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />

(BBK) wird derzeit an zwei Teilprojekten<br />

gearbeitet, die einen<br />

gr<strong>und</strong>legenden Einblick in die beiden<br />

Risikoaspekte Gefahren <strong>und</strong> Verletzlichkeit<br />

auf der übergeordneten Ebene<br />

geben sollen. Mittelfristig sollen<br />

die beiden Aspekte zusammengeführt<br />

werden, um Risikoaussagen<br />

<strong>für</strong> Kritische Infrastrukturen <strong>und</strong> damit<br />

<strong>für</strong> die Bevölkerung treffen zu<br />

können.<br />

Erstellung von Gefahrenkarten<br />

<strong>für</strong> Deutschland<br />

Extreme Gefahren können zu außergewöhnlichen<br />

Katastrophen in<br />

der Gesellschaft führen. Aus dem<br />

Blickwinkel des <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es<br />

zählen zu diesen Gefahren:<br />

Extreme Naturereignisse<br />

Gefahren aus technischem <strong>und</strong>/<br />

oder menschlichem Versagen<br />

Gefahren aus vorsätzlichen Handlungen<br />

Die Aufgabe des Staates ist es, die<br />

Bevölkerung vor solchen Gefahren so<br />

gut wie möglich zu schützen. Gr<strong>und</strong>lage<br />

<strong>für</strong> jeglichen Schutz ist die<br />

Kenntnis der potenziellen Gefahren<br />

sowie eine Abschätzung ihrer möglichen<br />

Auswirkungen.<br />

Zu diesem Zweck werden im Rahmen<br />

des Teilprojektes „Erstellung<br />

von Gefahrenkarten <strong>für</strong> Deutschland“<br />

im BBK Daten zu potenziellen Gefahren,<br />

Hauptinfrastrukturen <strong>und</strong> Bevölkerungskennzahlen<br />

in Deutschland<br />

zusammengetragen <strong>und</strong> in ein Geographisches<br />

Informationssystem<br />

(GIS) überführt.<br />

Ein solches System dient der<br />

raumbezogenen Darstellung der Daten<br />

<strong>und</strong> bietet die Möglichkeit, Fragestellungen<br />

hinsichtlich der qualitativen<br />

Auswirkung von Katastrophen<br />

durch die sinnvolle Verschneidung<br />

von Informationen zu Gefahren, Infrastruktureinrichtungen<br />

<strong>und</strong> Bevölkerungskennzahlen<br />

zu beantworten.<br />

Das Ergebnis solcher Verschneidungen<br />

kann in Form von Karten bildhaft<br />

dargestellt werden. Diese Darstellung<br />

liefert, weit im Vorfeld von Katastrophen,<br />

intuitiv erfassbare Erkenntnisse,<br />

welche im <strong>Bevölkerungsschutz</strong> als<br />

Entscheidungshilfe eingesetzt werden<br />

können.<br />

Derzeit liegen erste Übersichtskarten<br />

zu den folgenden Gefahren vor:<br />

Erdbeben<br />

Hagel<br />

Pandemien/Epidemien<br />

Unfälle im Umfeld Kritischer Infrastrukturen<br />

Potenziell gefährdete Bereiche hinsichtlich<br />

vorsätzlicher Handlungen<br />

Parallel dazu konnten bereits Daten<br />

zu den folgenden Infrastrukturen<br />

erhoben werden:<br />

Energieversorgung/Strom, Gas, Öl<br />

Ges<strong>und</strong>heitsversorgung<br />

Chemische Anlagen<br />

Transport <strong>und</strong> Verkehr<br />

In einem weiteren Schritt werden<br />

Bevölkerungskennzahlen in das GIS<br />

integriert, um direkte Auswirkungen<br />

von Katastrophen abschätzen zu können.<br />

Zum jetzigen Zeitpunkt liegen<br />

Informationen zu den folgenden Bevölkerungskennzahlen<br />

vor:<br />

Einwohnerdichte<br />

Bruttoinlandsprodukt<br />

Beschäftigtenquote<br />

Erwerbsquote<br />

8 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


Verletzlichkeit<br />

Kritische Infrastrukturen<br />

Foto: BBK<br />

Gefahr eines 500-jährigen Erdbebens in Deutschland<br />

Natürlich kann niemand den genauen<br />

Verlauf extremer Ereignisse<br />

vorhersagen. Auch ein System wie<br />

das oben beschriebene GIS wird<br />

immer nur Anhaltspunkte zu gefährdeten<br />

Zonen liefern können, die<br />

zudem von den Annahmen beeinflusst<br />

sind, die von den Bearbeitern<br />

getroffen werden. Mit zunehmender<br />

Informationsdichte <strong>und</strong> zunehmen-<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen – Gr<strong>und</strong>lagen<br />

der Datenfülle können jedoch realitätsnahe<br />

Annahmen getroffen <strong>und</strong><br />

qualitativ hochwertige Ergebnisse<br />

generiert werden.<br />

Dies setzt eine enge Kooperation<br />

mit den maßgeblichen Akteuren im<br />

Behördenumfeld voraus. Erste Schritte<br />

hierzu sind im Rahmen des Teilprojektes<br />

„Erstellung von Gefahrenkarten<br />

<strong>für</strong> Deutschland“ unternom-<br />

men. Auf der B<strong>und</strong>esebene wurden<br />

erste Kontakte geknüpft <strong>und</strong> Informationen<br />

ausgetauscht. Dieser Prozess<br />

soll fortgesetzt werden. Eine Ausweitung<br />

der Kooperation <strong>und</strong> ein Export<br />

der Methodik auf die regionale <strong>und</strong><br />

lokale Ebene sind durchaus denkbar.<br />

Vulnerabilitätsanalysen <strong>für</strong><br />

Kritische Infrastrukturen<br />

Das Ausfallrisiko von Kritischen<br />

Infrastrukturen wird neben der Gefährdung<br />

maßgeblich von der Vulnerabilität<br />

(Verletzlichkeit) 3 der jeweiligen<br />

Infrastruktur bestimmt. Durch<br />

eine Verringerung der Verletzlichkeit<br />

kann das Ausfallrisiko somit deutlich<br />

reduziert werden. Vor diesem Hintergr<strong>und</strong><br />

ist die Entwicklung von Verfahren<br />

zur Analyse <strong>und</strong> Bestimmung<br />

von Vulnerabilität ein zentraler Bestandteil<br />

der Aktivitäten zum Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen.<br />

Der Begriff Vulnerabilität steht <strong>für</strong><br />

ein abstraktes Phänomen, das sich<br />

als Schadenanfälligkeit eines Objekts<br />

oder Systems gegenüber einem Gefahrenereignis<br />

spezifischer Art <strong>und</strong><br />

Stärke umschreiben lässt. Verletzlichkeit<br />

ist demnach gefahrenbezogen<br />

<strong>und</strong> kommt erst dann zum Tragen,<br />

wenn sich eine Gefahr in einem schädigenden<br />

Ereignis realisiert. Sie manifestiert<br />

sich in den Auswirkungen<br />

des Ereignisses, z. B. in physischen<br />

Schäden, die zum Ausfall einer Infrastruktur<br />

führen.<br />

Die Verletzlichkeit eines Objekts<br />

wird durch zahlreiche Faktoren bestimmt,<br />

die sich zum Teil wechselseitig<br />

beeinflussen. Es gilt, diese Faktoren<br />

zu identifizieren sowie ihren jeweiligen<br />

Einfluss objektbezogen im<br />

Rahmen von Vulnerabilitätsanalysen<br />

zu ermitteln. Die Ergebnisse solcher<br />

Analysen können genutzt werden,<br />

um den aktuellen Grad der Verletzlichkeit<br />

zu ermitteln, um deren Veränderungen<br />

über die Zeit zu beobachten<br />

<strong>und</strong> um unterschiedliche In-<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 9


Foto: BBK<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

Risikobestimmung <strong>für</strong> das KRITIS-System<br />

frastrukturen bzw. deren Komponenten<br />

in Bezug auf ihre Verletzlichkeit<br />

zu vergleichen. Darüber hinaus können<br />

sie als Gr<strong>und</strong>lage <strong>für</strong> die Planung<br />

<strong>und</strong> Durchführung geeigneter Maßnahmen<br />

zur Reduzierung der Vulnerabilität<br />

<strong>und</strong> zur Überprüfung der<br />

Wirksamkeit verwendet werden. Das<br />

komplexe <strong>und</strong> hochgradig vernetzte<br />

System der Kritischen Infrastrukturen<br />

ist in vielfältiger Weise verletzlich. Es<br />

setzt sich aus zahlreichen Elementen<br />

zusammen, die in folgenden hierarchischen<br />

Ebenen angeordnet sind (s.<br />

Grafik):<br />

Ebene der Kritischen Infrastruktursektoren<br />

4 ,<br />

Ebene der Teilinfrastrukturen innerhalb<br />

der Sektoren,<br />

Ebene der Komponenten, aus denen<br />

sich die Teilinfrastrukturen<br />

zusammensetzen,<br />

Ebene der Bestandteile der einzelnen<br />

Infrastrukturkomponenten.<br />

Die Elemente der einzelnen Ebenen<br />

sind durch vielfältige vertikale (innerhalb<br />

der Ebene) <strong>und</strong> horizontale<br />

(zwischen den Ebenen) Abhängigkeitsbeziehungen<br />

miteinander verflochten.<br />

So kann der Ausfall eines<br />

Elements auf der untersten hierarchischen<br />

Ebene Auswirkungen auf Elemente<br />

der nächsthöheren Ebene haben,<br />

die sich kaskadenartig bis zur<br />

obersten Ebene der Infrastruktursektoren<br />

fortsetzen können. Vor diesem<br />

Hintergr<strong>und</strong> gilt es, Vulnerabilitätsanalysen<br />

auf allen hierarchischen<br />

Ebenen des Systems der Kritischen<br />

Infrastrukturen durchzuführen, um<br />

sowohl die Verletzlichkeit einzelner<br />

Elemente als auch die gesamter In-<br />

frastrukturen oder Sektoren zu ermitteln.<br />

In Verbindung mit entsprechenden<br />

Gefährdungsanalysen können<br />

Risiken (z. B. in Bezug auf den Ausfall<br />

von Infrastrukturanlagen) ermittelt<br />

werden.<br />

Die Gesellschaft ist in hohem Maße<br />

auf die Güter <strong>und</strong> Dienste angewiesen,<br />

die durch Kritische Infrastrukturen<br />

bereitgestellt werden. Daher sollte<br />

im Rahmen eines präventiven <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es<br />

neben der<br />

Verletzlichkeit der Kritischen Infrastrukturen<br />

auch die Vulnerabilität der<br />

Gesellschaft in Bezug auf ihre Abhängigkeit<br />

von diesen untersucht werden.<br />

Hier<strong>für</strong> bedarf es allerdings eines<br />

eigenen Analyseverfahrens, da<br />

die Verletzlichkeit der Gesellschaft<br />

von anderen Faktoren bestimmt wird<br />

als die der Kritischen Infrastrukturen.<br />

Fußnoten<br />

1 Angepasst nach Haimes, Yacov Y.,<br />

Risk Modeling, Assessment, and Management,<br />

John Wiley & Sons, 2004.<br />

2 Gefährdung: eine abstrakte Gefahr<br />

wird zu einer konkreten Gefährdung,<br />

wenn Menschen, Umwelt, Gebäude,<br />

Anlagen <strong>und</strong> Geräte etc. dieser durch<br />

ihren Standort ausgesetzt sind.<br />

3 Die Begriffe Vulnerabilität <strong>und</strong> Verletzlichkeit<br />

werden hier synonym verwendet.<br />

4 KRITIS-Sektoren: Transport <strong>und</strong><br />

Verkehr; Energieversorgung; Gefahrenstoffe;<br />

Informationstechnik <strong>und</strong><br />

Telekommunikation; Finanz-, Geld<strong>und</strong><br />

Versicherungswesen; Versorgung;<br />

Behörden <strong>und</strong> Verwaltung;<br />

Sonstiges, siehe Übersicht auf<br />

S. 4.<br />

Risikok<br />

Papa, was<br />

Dipl.-Pol. Giulio Gullotta, Referent,<br />

Zentrum Notfallvorsorge <strong>und</strong><br />

Notfallplanung, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong><br />

<strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe,<br />

Bonn<br />

Die so genannten „Kritischen Infrastrukturen”<br />

(KRITIS) erleben eine<br />

Renaissance der Wahrnehmung ihrer<br />

Bedeutung in Politik <strong>und</strong> Gesellschaft.<br />

Die Friedensdividende der<br />

1990er hatte sie aus dem Fokus weiter<br />

Teile der Bevölkerung gedrängt.<br />

Lediglich Fachbehörden befassten<br />

sich noch mit der Sicherstellung von<br />

Lebensgr<strong>und</strong>lagen unseres Gemeinwesens<br />

in Krisensituationen, dem<br />

Schutz von KRITIS. Terroranschläge<br />

<strong>und</strong> Naturkatastrophen mit Versorgungsausfällen<br />

in den vergangenen<br />

Jahren haben jedoch allen Bürgern<br />

das Verletzlichkeitsparadox<br />

moderner Gesellschaften dramatisch<br />

offenbart: Je sicherer eine Versorgungsleistung<br />

ist, desto stärker<br />

wirkt sich jede Störung von Produktion,<br />

Vertrieb <strong>und</strong> Konsum dieser<br />

Versorgungsleistung aus. Die Bürger<br />

sind es nicht (mehr) gewohnt,<br />

auf Waren <strong>und</strong> Dienstleistungen zu<br />

verzichten. Existenzbedrohende<br />

Ausfälle erschienen abwegig.<br />

Schlüsselereignisse, wie Terroranschläge,<br />

extreme Wetterereignisse<br />

<strong>und</strong> Unfälle steigern den Willen, sich<br />

mit Gefährdungen auseinanderzusetzen.<br />

Die Befassung mit Risiken, die<br />

sachliche/fachliche <strong>und</strong> gesellschaftliche<br />

Reflexion darüber, wird als Risikokommunikation<br />

bezeichnet (vgl.<br />

Abbas u. a. (2005)). Dabei umspannen<br />

die Risiken alle denkbaren Bereiche:<br />

den Absturz kosmischer Flugkörper<br />

genauso wie das Rauchen,<br />

Elektrosmog oder Überschwemmungen.<br />

Im Alltag sind sich die Bürger<br />

eines Risikos (Schadensausmaß x<br />

Eintrittswahrscheinlichkeit) oft nicht<br />

bewusst. Bereits banale Anlässe,<br />

10 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


Schutz Kritischer <strong>Bevölkerungsschutz</strong> Infrastrukturen <strong>und</strong> – Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Kommune<br />

Der Schutz kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong> die Kommunikationsfähigkeit der Akteure<br />

mmunikation, oder:<br />

ist denn eine „Polderwiese”?<br />

etwa die im Titel benannte Frage eines<br />

Kindes beim Spielen auf der Polderwiese<br />

(Retentionsfläche am<br />

Rhein) können Auslöser <strong>für</strong> die Auseinandersetzung<br />

des Laien mit Risiken<br />

sein. Experten befassen sich regelmäßig<br />

mit Risiken. Dabei bewegen<br />

sie sich immer in einem Spannungsfeld:<br />

einerseits können sie<br />

durch die Weitergabe ihres Wissens<br />

andere sensibilisieren – etwa die Bevölkerung<br />

– <strong>und</strong> sie damit vorbereiten,<br />

andererseits kann Information<br />

ängstigen oder verunsichern.<br />

Restrisiko – eine gesellschaftliche<br />

Entscheidung<br />

Dennoch, die Bewertung von Risiken<br />

muss – genauso wie die Festlegung<br />

des Umgangs mit ihnen – in<br />

einem gesamtgesellschaftlichen Dialog<br />

erfolgen. Nur so kann ermittelt<br />

werden, welche Risiken gesellschaftlich<br />

akzeptiert oder akzeptabel sind,<br />

welcher Schutz gegen welches Ereignis<br />

gewollt ist oder welchen die<br />

Gemeinschaft sich leisten möchte.<br />

Mit welchem Restrisiko ist die Gesellschaft<br />

bereit zu leben? Was soll<br />

überhaupt geschützt werden?<br />

Diese Fragen hat das B<strong>und</strong>esverfassungsgericht<br />

mit Blick auf die<br />

friedliche Nutzung der Kernenergie<br />

bereits im so genannten „Kalkar-Urteil”<br />

(1978) aufgeworfen. Nicht nur<br />

die Beantwortung der Fragen, sondern<br />

bereits die Befassung mit ihnen<br />

steht in Deutschland <strong>für</strong> viele Risiken<br />

noch aus. Andere Länder sind schon<br />

weiter. So Belgien, die Niederlande<br />

<strong>und</strong> die Schweiz, wo <strong>für</strong> die Bestimmung<br />

des akzeptablen Risikos quantitative<br />

Gesichtspunkte herangezogen<br />

werden: etwa die Anzahl der zu erwartenden<br />

Todesfälle pro Jahr (z. B.<br />

1 Todesfall in 10.000 Jahren) bei der<br />

Zulassung von technischen Anlagen.<br />

Die Auseinandersetzung mit Risiken<br />

endet in der Definition von<br />

Schutzzielen. Dabei gilt, dass je konkreter<br />

ein Schutzziel festgelegt wird,<br />

desto effektiver <strong>und</strong> effizienter kann<br />

die Planung der da<strong>für</strong> nötigen Maßnahmen<br />

<strong>und</strong> die Berechnung der Vorhalteleistungen<br />

erfolgen (Ständige<br />

Konferenz <strong>für</strong> Katastrophenvorsorge<br />

<strong>und</strong> Katastrophenschutz (2003)).<br />

Abstrakte Zielsetzungen, wie<br />

„Schutz von Menschenleben, Tieren,<br />

Umwelt ...”, helfen bei der Vorsorgeplanung<br />

nicht weiter. Ein Schutzziel<br />

in diesem Sinne wäre beispielsweise<br />

bei der Trinkwasser(not)versorgung<br />

der Bevölkerung „Bereitstellung von<br />

2,5 l Trinkwasser pro Person <strong>und</strong> Tag”.<br />

Risikokommunikation<br />

von Fachbehörden<br />

Einen erheblichen Beitrag bei der<br />

Auseinandersetzung mit Gefahren<br />

<strong>und</strong> Bedrohungen <strong>für</strong> die Bevölkerung<br />

leisten Behörden, deren fachlicher<br />

Schwerpunkt sich oft schon im<br />

Namen wiederfindet 1 . Eine B<strong>und</strong>es-<br />

behörde, die sich mit unterschiedlichen<br />

Risiken befasst, ist das <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong><br />

<strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />

(BBK). Im Bereich der<br />

Risikokommunikation beschreitet es<br />

einen etablierten Weg. Potenzielle<br />

Risiken werden zunächst behördenintern<br />

diskutiert. Dabei werden Stärke<br />

eines Ereignisses, Schadensausmaß,<br />

Verletzlichkeit <strong>und</strong> Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

betrachtet. Immer<br />

geht es bei der Diskussion darum,<br />

welche Risiken akzeptabel sind oder<br />

wie sie sich auf ein akzeptables Maß<br />

reduzieren lassen. Denn häufig können<br />

Faktoren beeinflusst werden. So,<br />

wie das Tragen eines Helmes beim<br />

Fahrradfahren im Falle eines Unfalls<br />

dessen Folgen zu verringern vermag,<br />

reduziert die Vorratshaltung die Auswirkungen<br />

eines Versorgungsengpasses.<br />

Leider ist die Sachlage nicht immer<br />

so offensichtlich wie im genannten<br />

Beispiel. Oft gibt es unterschiedliche<br />

Auffassungen darüber, welche Kriterien<br />

oder Schwellenwerte maßgeblich<br />

sind. Die Fachleute des BBK tauschen<br />

sich daher regelmäßig <strong>und</strong><br />

anlassbezogen mit Kollegen aus B<strong>und</strong>es-<br />

<strong>und</strong> Landesbehörden aus. Auch<br />

in der Wissenschaft, der gewerblichen<br />

Wirtschaft <strong>und</strong> bei Wirtschaftsverbänden<br />

stehen ausgewiesene<br />

Spezialisten zur Verfügung – nicht nur<br />

im Inland. Diese werden im Rahmen<br />

der Risikokommunikation zusätzlich<br />

konsultiert.<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 11<br />

Foto: creativ collection


<strong>Bevölkerungsschutz</strong> Schutz Kritischer Infrastrukturen <strong>und</strong> Kommune – Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Wird ein Thema so brisant, dass<br />

politisch Verantwortliche sich damit<br />

befassen sollten, erfolgt die Unterrichtung<br />

des zuständigen Ministeriums.<br />

Dabei kann es durchaus sein,<br />

dass sich eine erste warnende Information<br />

mit zunehmendem Erkenntnisstand<br />

erledigt. Das Regierungsressort<br />

entscheidet nach der Mitteilung<br />

über das weitere Vorgehen, etwa wer<br />

in den Dialog mit der Bevölkerung<br />

tritt. In der Regel erfolgt diese Kommunikation<br />

eskalierend, d. h., so lange<br />

ein Thema frei von akutem politischem<br />

Druck ist, informieren die<br />

Fachleute 2 .<br />

Bei zunehmender Präsenz eines<br />

Themas in den Medien ist es selten<br />

ausschließlich eine Fachbehörde.<br />

Meistens unterstützen dann die Risikoexperten<br />

der Behörden die Kommunikationsspezialisten<br />

der Ministerien.<br />

Muss nicht umgehend gehandelt<br />

werden, so mündet die Auseinandersetzung<br />

mit Risiken oft in gesellschaftliche<br />

<strong>und</strong> damit auch parlamentarische<br />

Debatten, wie die aktuelle<br />

Diskussion um den Begriff „Verteidigung”<br />

<strong>und</strong> den Einsatz der<br />

Streitkräfte im Innern zeigt. Hier geht<br />

es um Risiken, die erhebliche Teile<br />

der Bevölkerung, ihre Versorgung<br />

oder gar den Bestand der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

gefährden könnten. Insofern<br />

hat sich Deutschland seit der von den<br />

Bürgern kaum bemerkten Neufassung<br />

des Zivilschutzgesetzes (1997) <strong>und</strong><br />

der ebenfalls öffentlich nicht wahrgenommenen<br />

Überlegungen der Föderalismuskommission<br />

zum <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

weiter entwickelt.<br />

Erfolgreiche Risikokommunikation<br />

in Deutschland<br />

Es gibt bereits Beispiele <strong>für</strong> die<br />

Wirkung von Risikokommunikation in<br />

Deutschland, etwa das Gesetz zur<br />

Bekämpfung der Umweltkriminalität<br />

(§ 324 ff. StGB) vom März 1980. Es<br />

entstand in Folge der Diskussionen<br />

um die Schutzwürdigkeit der Umwelt<br />

in den 1970er Jahren. Denn mündige<br />

Wähler möchten nicht nur über<br />

Risiken informiert sein. Sie wünschen<br />

sich von ihren Parlamentariern eine<br />

intensive Befassung <strong>und</strong> gegebenenfalls<br />

schützende (gesetzliche)<br />

Maßnahmen. Daher fordern auch<br />

Abgeordnete Risikokommunikation<br />

aktiv ein. Sie findet insbesondere in<br />

den Fachausschüssen der Parlamen-<br />

te statt. In Deutschland wird meist<br />

durch die Einbindung von Verbänden,<br />

die neben Behördenvertretern<br />

gehört werden können, eine Berücksichtigung<br />

verschiedener Sichtweisen<br />

sichergestellt. Zweckmäßig ist<br />

die Beteiligung allerdings nur vor<br />

dem Wirksamwerden gesetzlicher<br />

Maßnahmen. Als im Rahmen der<br />

Neufassung des Zivilschutzgesetzes<br />

1996/97 mit „den Vertretern der ehrenamtlichen<br />

Verbände” gesprochen<br />

wurde 3 , war die Masse der Anpassungsmaßnahmen<br />

(bspw. Auflösung<br />

des B<strong>und</strong>esverbandes <strong>für</strong> Selbstschutz,<br />

Abbau des Warndienstes)<br />

bereits eingeleitet, noch bevor das<br />

Gesetz überhaupt beschlossen war.<br />

Gestaltung der Risikokommunikation<br />

Im Rahmen von Risikokommunikation<br />

kommt es meist zum Aufeinandertreffen<br />

von Experten <strong>und</strong> Laien.<br />

Bei der Vermittlung von Inhalten<br />

durch Fachleute ist es wichtig, dass<br />

die Fachsprache übersetzt wird, dass<br />

allgemein verständlich kommuniziert<br />

wird. Die Lebenssituation der Zuhörer,<br />

deren Betroffenheit, muss sich<br />

im Dialog wiederfinden. Egal, ob Spezialisten<br />

unterschiedlicher Disziplinen<br />

in einer Behörde miteinander<br />

sprechen oder die Kommunikation<br />

nach außen geht – es muss klar sein,<br />

was gemeint ist. Größenordnungen<br />

müssen verdeutlicht, Grenzwerte erläutert<br />

werden. Unter einer Eintrittswahrscheinlichkeit<br />

von 5,87 x 10 -3<br />

kann sich kaum jemand etwas vorstellen.<br />

Wenn aber davon die Rede<br />

ist, dass von 1.000 Personen etwa 6<br />

betroffen sein könnten, so verstehen<br />

das auch Laien. Jetzt können sie sich<br />

am Diskurs um Akzeptanz eines Risikos<br />

oder erforderliche Schutzmaßnahmen<br />

beteiligen.<br />

Die Wahrnehmung von Risiken,<br />

der Umgang mit ihnen <strong>und</strong> auch deren<br />

Kommunikation sind dabei maßgeblich<br />

durch Geschichte, Kultur,<br />

Sprache, Werte <strong>und</strong> Erfahrungen beeinflusst.<br />

Die Diskussion um den Klimawandel<br />

<strong>und</strong> das Kyoto-Protokoll<br />

sowie die unterschiedlichen nationalen<br />

Ansätze im Umgang mit dem Thema<br />

zeugen davon. Für erfolgreiche<br />

Risikokommunikation ist die Berücksichtigung<br />

der genannten Faktoren<br />

daher bedeutsam. Insgesamt gilt,<br />

dass nicht wichtig ist, was gesagt<br />

wird, sondern was beim Empfänger<br />

ankommt. Eine Auswertung der Bemühungen,<br />

Risiken transparent zu<br />

machen, eine Rückkopplung von Bürgern<br />

zu Behörden, ist wünschenswert.<br />

Denn auch der beste Plan zur<br />

Risikokommunikation kann in der<br />

Umsetzung eine unerwartete Wirkung<br />

entfalten.<br />

Ein Beispiel aus der Wirtschaft: Bei<br />

dem Versuch 1994 den Schaden <strong>für</strong><br />

die Deutsche Bank aus der Pleite des<br />

Bauunternehmers Jürgen Schneider<br />

zu begrenzen <strong>und</strong> die (finanziellen)<br />

Risiken an die Öffentlichkeit zu kommunizieren,<br />

wählte der damalige Vorstandssprecher<br />

Kopper so unglückliche<br />

Worte, dass ein erheblicher<br />

Imageverlust <strong>für</strong> das Unternehmen<br />

entstand. Er beantwortete die Frage,<br />

ob die Bank die Begleichung offener<br />

Handwerkerrechnungen in Höhe von<br />

etwa 50 Millionen DM schadlos verkraften<br />

könne, mit der Aussage, dass<br />

diese angesichts der Erträge der Bank<br />

„Peanuts” seien. Die Evaluation der<br />

Kommunikationsstrategie im vorgenannten<br />

Beispiel füllt ganze Regale.<br />

Die Erkenntnisse lassen sich einfach<br />

zusammenfassen: „(D)as richtige Antizipieren<br />

der Informationsbedürfnisse<br />

von Öffentlichkeit <strong>und</strong> Medien” ist<br />

ein entscheidender Faktor <strong>für</strong> eine<br />

erfolgreiche Risikokommunikation<br />

(Münchener Rück (2002)). Generell<br />

sollte die Auswertung des eigenen<br />

Vorgehens Teil der Kommunikationsstrategie<br />

sein, um die Bemühungen<br />

um Dialog anpassen <strong>und</strong> optimieren<br />

zu können. Aus diesem Gr<strong>und</strong> hat das<br />

Schweizer <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

2005 eine Repräsentativbefragung<br />

durchführen lassen.<br />

Dabei wurde festgestellt, dass die<br />

Mehrheit der Befragten den eigenen<br />

Informationsstand in Sachen <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

als hoch empfindet.<br />

Die Informationsstrategie des Amtes<br />

scheint demnach angemessen 4 .<br />

Die zuvor genannten Äußerungen<br />

Koppers zeigen deutlich, dass auch<br />

die Sozialisation des Senders maßgeblichen<br />

Einfluss auf seine Botschaft<br />

hat. Für Banker, die täglich Milliarden<br />

bewegen, mag es sich tatsächlich<br />

um eine vernachlässigbare Größe<br />

gehandelt haben. Das Informationsbedürfnis<br />

der Aktionäre wich aber<br />

signifikant von dem der Öffentlichkeit<br />

ab. Welche Informationen sich<br />

die Bürger wünschen, prägt neben<br />

dem sozialen Milieu vor allem die je-<br />

12 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


weilige Kultur. Bei der Betrachtung<br />

gesetzlicher Regelungen verschiedener<br />

Staaten wird dies offenbar. In den<br />

Niederlanden <strong>und</strong> in Schweden sind<br />

beispielsweise sämtliche risikobezogene<br />

Daten <strong>und</strong> Erkenntnisse, die<br />

Behörden vorliegen, den Bürgern zugänglich.<br />

Nur wenn sie aus übergeordneten<br />

Gründen als geheim eingestuft<br />

sind, muss das Interesse der<br />

Bürger zurückstehen. In diesem Zusammenhang<br />

muss auch die EU-weit<br />

gültige „Seveso-2-Richtlinie” genannt<br />

werden. Sie ist ein Meilenstein der<br />

Risikokommunikation, denn nach Artikel<br />

13 sind alle Sicherheitsmaßnahmen<br />

(Notfallpläne) eines „Seveso-2-<br />

Betriebes” öffentlich zu machen.<br />

Ein weiterer Einflussfaktor auf die<br />

Gestaltung des Austausches über Risiken<br />

ist das Alter. Ein besonders gelungenes<br />

Beispiel <strong>für</strong> Risikokommunikation<br />

mit Kindern gibt Österreich,<br />

das jährlich eine Kindersicherheits-<br />

Olympiade durchführt, die so genannte<br />

SAFETY-Tour (www.safetytour.at).<br />

Brände, Bevorratung, richtiger<br />

Notruf sind dabei genauso<br />

Thema, wie die Regeln <strong>für</strong> sicheren<br />

Freizeitsport. Über die Kinder werden<br />

die Inhalte letztlich auch den Eltern<br />

vermittelt.<br />

Internationaler Dialog<br />

Bei allen gesellschaftlichen <strong>und</strong><br />

regionalen Besonderheiten darf jedoch<br />

nicht vergessen werden, dass<br />

weder Natur- noch Technikgefahren<br />

(Verwaltungs-)Grenzen kennen. Klimawandel,<br />

Erderwärmung, Kernenergie,<br />

Geflügelpest, sich auflösende<br />

Staaten, Terror, Kriege, demographischer<br />

Wandel – die Liste der „internationalen”<br />

Gefahren <strong>und</strong> Bedrohungen<br />

lässt sich beliebig fortsetzen.<br />

In Institutionen, wie dem „Comprehensive<br />

Risk Analysis and Management<br />

Network” der Eidgenössischen<br />

Technischen Hochschule Zürich, versuchen<br />

Experten verschiedener Nationen<br />

<strong>und</strong> Disziplinen frühzeitig neue<br />

Risiken zu identifizieren. Früh haben<br />

die Vereinten Nationen (VN) bei den<br />

(Natur-)Gefahren die Initiative ergriffen<br />

(1987). Der Austausch über Risiken<br />

wurde in Gang gesetzt, als <strong>für</strong><br />

die 1990er Jahre die „International<br />

Decade for Natural Disaster Reduction”<br />

ausgerufen wurde. Konkret wurde<br />

1992 mit der „Agenda 21” der VN<br />

der Versuch unternommen, Risiken<br />

Schutz Kritischer <strong>Bevölkerungsschutz</strong> Infrastrukturen <strong>und</strong> – Gr<strong>und</strong>lagen<br />

Kommune<br />

weltweit gemeinsam zu minimieren.<br />

Zwischenzeitlich hat sich bei den VN<br />

die „International Strategy for Disaster<br />

Reduction” (ISDR) etabliert. Deren<br />

Ziel ist ein merklicher Rückgang<br />

katastrophenbedingter Verluste an<br />

Menschenleben <strong>und</strong> Einrichtungen<br />

(soziale, gewerbliche, Umwelt). Die<br />

Identifikation, Beurteilung <strong>und</strong> Überwachung<br />

von Risiken sind integrale<br />

Bestandteile dieses Rahmenprogramms,<br />

das ohne internationalen<br />

Austausch nicht funktioniert.<br />

Risikokommunikation<br />

geht alle an<br />

Austausch von Informationen bezüglich<br />

Risiken zwischen Entscheidungsträgern<br />

<strong>und</strong> anderen Interessenvertretern<br />

(ISO 2002), also Risikokommunikation,<br />

findet täglich<br />

weltweit <strong>und</strong> auf allen Ebenen statt.<br />

Generell gilt in allen Ländern, dass<br />

den jeweiligen Fachbehörden eine<br />

erhebliche Verantwortung <strong>für</strong> diese<br />

Kommunikation zukommt. Die in den<br />

Behörden arbeitenden Experten müssen<br />

möglichst frühzeitig Sachverhalte<br />

erkennen, mit denen sich politische<br />

Entscheidungsträger <strong>und</strong> Bürger<br />

auseinandersetzen sollten. Die<br />

Transformation von Spezialwissen in<br />

einfache Bilder ist dabei die wichtigste<br />

Herausforderung, weil Risiken von<br />

Spezialisten oft anders bewertet werden<br />

als von Laien. Sachliche Aufklärung<br />

im Rahmen einer aktiven Risikokommunikation<br />

ist das geeignete<br />

Mittel, um Wahrnehmung <strong>und</strong> Wahrheit<br />

mittelfristig anzugleichen.<br />

Ehrlicher Umgang von Fachleuten,<br />

Politikern <strong>und</strong> Bürgern miteinander<br />

ist dabei die Voraussetzung <strong>für</strong> einen<br />

guten Dialog. Daher muss sowohl<br />

veröffentlicht werden, was bekannt<br />

ist, als auch ausdrücklich die Erkenntnislücken.<br />

Zahlreiche Stellen in der B<strong>und</strong>esrepublik<br />

Deutschland suchen den Dialog<br />

mit den Bürgern, um letztlich zu<br />

einem gesellschaftlichen Konsens bezüglich<br />

der Akzeptanz verschiedener<br />

Risiken zu kommen <strong>und</strong> das Bewusstsein<br />

der Bürger zu schärfen 5 . Dass die<br />

Deutschen dabei nur als Teil der Weltbevölkerung<br />

(re-)agieren wird zunehmend<br />

offenbar. Sowohl der Risikodialog<br />

als auch das eigene Handeln<br />

haben in Zeiten von Klimawandel,<br />

Geflügelpest, Technikgefahren <strong>und</strong><br />

Terror eine internationale Dimension.<br />

Literatur<br />

Abbas, S., Bergholz, A., Dombrowsky,<br />

W., Seiwert, B., Biederbick,<br />

W.: Risikokommunikation, in:<br />

<strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

<strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />

(Hrsg.): Biologische Gefahren,<br />

Bonn 2005, S. 171 – 183.<br />

B<strong>und</strong>esverfassungsgericht 2. Senat,<br />

Beschluss vom 08.08.1978, Az<br />

2 BvL 8/77.<br />

Deutscher B<strong>und</strong>estag, Plenarprotokoll<br />

13/138 vom 14.11.1996.<br />

Hertel, R. F., Henseler, G. (Hrsg.):<br />

ERiK – Entwicklung eines mehrstufigen<br />

Verfahrens der Risikokommunikation,<br />

Reihe BfR Wissenschaft,<br />

Berlin 2005.<br />

Münchener Rück (Hrsg.): Risikokommunikation<br />

– Was passiert,<br />

wenn was passiert?, München<br />

2002.<br />

Richtlinie 96/82/EG des Rates vom<br />

9. Dezember 1996 zur Beherrschung<br />

der Gefahren bei schweren<br />

Unfällen mit gefährlichen Stoffen<br />

(Amtsblatt Nr. L 010 vom<br />

14/01/1997 S. 0013-0033).<br />

Ständige Konferenz <strong>für</strong> Katastrophenvorsorge<br />

<strong>und</strong> Katastrophenschutz<br />

(Hrsg.): Wörterbuch des<br />

Zivil- <strong>und</strong> Katastrophenschutzes,<br />

Köln, 2003.<br />

Fußnoten<br />

1 <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> Sicherheit in der Informationstechnik<br />

(BSI), B<strong>und</strong>esanstalt<br />

<strong>für</strong> Gewässerk<strong>und</strong>e, B<strong>und</strong>eskriminalamt,<br />

Deutscher Wetterdienst,<br />

B<strong>und</strong>esinstitut <strong>für</strong> Arzneimittel <strong>und</strong><br />

Medizinprodukte, etc.<br />

2 Das BBK bietet bspw. verschiedene<br />

Veröffentlichungen, etwa das Taschenbuch<br />

„Biologische Gefahren”,<br />

die „Gefahrenberichte der Schutzkommission”<br />

oder auch die „Problemstudie:<br />

Risiken <strong>für</strong> Deutschland”<br />

<strong>und</strong> weitere Informationen auf seiner<br />

Internetseite www.bbk.b<strong>und</strong>.de an.<br />

3 BT-Plenarprotokoll 13/138, S. 12428<br />

4 http://www.demoscope.ch/upload/<br />

docs/<strong>PDF</strong>/babs-bericht-demoscope-<br />

05-d.pdf<br />

5 Nicht nur Behörden, auch Unternehmen<br />

beteiligen sich am Dialog. So<br />

ermöglicht die Münchener Rück unter<br />

http://mrnathan.munichre.com/<br />

jedem, das Profil der Naturgefahren<br />

<strong>für</strong> seinen Wohnort einzusehen.<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 13


Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsinfrastrukturen<br />

Der Schutz Kritischer Informations<br />

Aktivitäten der<br />

Dr. rer. nat. Christiane Lechtenbörger, Referentin im Referat „Kritische<br />

Infrastrukturen“, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> Sicherheit in der Informationstechnik, Bonn<br />

Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Motivation<br />

Spätestens seit den Attentaten<br />

vom 11. September 2001 sind die<br />

Abhängigkeit von Kritischen Infrastrukturen<br />

<strong>und</strong> die damit verb<strong>und</strong>enen<br />

Gefahren <strong>und</strong> Bedrohungen <strong>für</strong><br />

diese Infrastrukturen in das Bewusstsein<br />

der Öffentlichkeit gerückt.<br />

Als Kritische Infrastrukturen definieren<br />

wir in Deutschland Organisationen<br />

<strong>und</strong> Einrichtungen mit wichtiger<br />

Bedeutung <strong>für</strong> das staatliche Gemeinwesen,<br />

bei deren Ausfall oder<br />

Beeinträchtigung nachhaltig wirkende<br />

Versorgungsengpässe, erhebliche<br />

Störungen der öffentlichen Sicherheit<br />

oder andere dramatische Folgen eintreten<br />

würden. Zu diesen Kritischen<br />

Infrastrukturen zählen insgesamt acht<br />

Infrastruktursektoren, wie z. B. Informationstechnik<br />

<strong>und</strong> Telekommunikation,<br />

Energie, Finanz-, Geld- <strong>und</strong> Versicherungswesen<br />

oder Transport <strong>und</strong><br />

Verkehr (vgl. www.bsi.b<strong>und</strong>.de/fachthem/kritis/index.htm).<br />

Die Funktionsfähigkeit<br />

dieser Infrastrukturen muss<br />

langfristig gewährleistet sein. Ziel ist<br />

die Sicherung der verlässlichen<br />

Dienstleistungserbringung. Dazu arbeiten<br />

unter Federführung des B<strong>und</strong>esministeriums<br />

des Innern (BMI) das<br />

BKA, BBK <strong>und</strong> BSI eng zusammen,<br />

um terroristischen Bedrohungen,<br />

Umweltgefahren <strong>und</strong> IT-Risiken entgegenzuwirken.<br />

Die Berücksichtigung von IT-Risiken<br />

ist von besonderer Bedeutung,<br />

da nicht nur der Sektor „Informationstechnik<br />

<strong>und</strong> Telekommunikation“,<br />

sondern die Kritischen Infrastrukturen<br />

auch querschnittlich immer mehr<br />

von Informationstechnik (IT) durchdrungen<br />

sind. Die Abhängigkeit von<br />

so genannten „Informationsinfrastrukturen“<br />

nimmt erheblich zu.<br />

Schadprogramme sowie technisches<br />

oder organisatorisches Versagen<br />

können zu weitreichenden Schäden<br />

führen (Symantec Corporation<br />

<strong>2006</strong>). Bedingt wird dies zum einen<br />

durch die hohe Komplexität <strong>und</strong> der<br />

damit verb<strong>und</strong>enen starken Interdependenz<br />

von Systemen. Zum anderen<br />

ist das Bewusstsein <strong>für</strong> Notfallvorsorge<br />

<strong>und</strong> notwendige Sicherheitsmaßnahmen<br />

<strong>für</strong> die IT <strong>und</strong> Informationsinfrastrukturen<br />

oft noch nicht<br />

hinreichend ausgeprägt (vgl. BSI<br />

2005, S. 10 ff.). Hinzu kommt, dass<br />

die Entwicklungszyklen von Produkten<br />

zunehmend rascher <strong>und</strong> kürzer<br />

aufeinander folgen. Hierdurch ergeben<br />

sich immer mehr Schwachstellen<br />

in Produkten <strong>und</strong> Implementierungen<br />

(vgl. WLAN, VoIP, Telearbeitsplätze).<br />

Zugleich wird oftmals weit<br />

verbreitete Standardsoftware benutzt.<br />

Die meist öffentlich bekannten<br />

Schwachstellen solcher Standardprodukte<br />

können Unternehmen in weiten<br />

Bereichen verw<strong>und</strong>bar machen<br />

(vgl. BSI 2005, Schulze 2005, Breitschaft<br />

<strong>2006</strong>).<br />

Beispiele staatlicher<br />

Aktivitäten in Deutschland<br />

In der B<strong>und</strong>esrepublik liegt die Federführung<br />

<strong>für</strong> den Schutz Kritischer<br />

Infrastrukturen beim BMI; <strong>für</strong> den<br />

Schutz Kritischer Informationsinfrastrukturen<br />

ist das zugehörige <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong><br />

<strong>für</strong> Sicherheit in der Informationstechnik<br />

(BSI) aktiv.<br />

Die B<strong>und</strong>esregierung strebt eine<br />

enge Kooperation mit der Wirtschaft<br />

an, da der Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

– <strong>und</strong> hier insbesondere der<br />

Schutz Kritischer Informationsinfrastrukturen<br />

<strong>und</strong> Informationstechnik<br />

als elementare Bereiche der Infra-<br />

strukturen einer Gesellschaft – nur<br />

gemeinsam erfolgreich aufgebaut,<br />

etabliert <strong>und</strong> gepflegt werden kann.<br />

Bereits seit Anfang der 90er Jahre<br />

leistet das BSI wesentliche Beiträge<br />

zur Verbesserung der IT-Sicherheit.<br />

In den letzten Jahren wurden insbesondere<br />

die operativen Bereiche gestärkt.<br />

So wurde z. B. das IT-Lagezentrum<br />

ausgebaut <strong>und</strong> die ersten Erfolge<br />

zur Einrichtung eines IT-Frühwarnsystems<br />

erzielt. Die Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>für</strong> eine künftige nationale Zusammenarbeit<br />

zur IT-Krisenreaktion sind<br />

geschaffen (vgl. www.bsi.b<strong>und</strong>.de/<br />

certb<strong>und</strong>/index.htm).<br />

Dies sind bereits erste Resultate<br />

des im Juli 2005 durch das B<strong>und</strong>eskabinett<br />

beschlossenen „Nationalen<br />

Plans zum Schutz der Informationsinfrastrukturen“<br />

(NPSI). Der NPSI ist<br />

die Dachstrategie zur IT-Sicherheit<br />

<strong>und</strong> hat als Rahmenwerk <strong>für</strong> Behörden<br />

<strong>und</strong> Unternehmen das Ziel, den<br />

Schutz der Informationsinfrastrukturen<br />

in Deutschland weiter zu verbessern.<br />

Der Koalitionsvertrag hat dem<br />

BMI den Auftrag erteilt, den NPSI in<br />

dieser Wahlperiode umzusetzen. Diese<br />

Strategie spricht alle gesellschaftlichen<br />

Gruppen an. Die B<strong>und</strong>esregierung<br />

verfolgt mit dem NPSI drei strategische<br />

Ziele:<br />

A) Prävention: Informationsinfrastrukturen<br />

angemessen schützen<br />

B) Reaktion: Wirkungsvoll bei IT-<br />

Sicherheitsvorfällen handeln<br />

C) Nachhaltigkeit: Deutsche IT-<br />

Sicherheitskompetenz stärken –<br />

international Standards setzen<br />

Diese drei übergeordneten Ziele<br />

sind auf insgesamt 15 Einzelziele heruntergebrochen:<br />

Prävention<br />

1. Bewusstsein schärfen über Risiken<br />

der IT-Nutzung<br />

2. Einsatz sicherer IT-Produkte <strong>und</strong><br />

-Systeme<br />

3. Vertraulichkeit wahren<br />

14 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsinfrastrukturen<br />

nfrastrukturen in Deutschland:<br />

B<strong>und</strong>esregierung<br />

4. Gewährleistung umfassender<br />

Schutzvorkehrungen<br />

5. Vorgabe von Rahmenbedingungen<br />

<strong>und</strong> Richtlinien<br />

6. Abgestimmte Sicherheitsstrategien<br />

7. Nationale <strong>und</strong> internationale Gestaltung<br />

politischer Willensbildung<br />

Reaktion<br />

8. Erkennen, Erfassen <strong>und</strong> Bewerten<br />

von Vorfällen<br />

9. Informieren, Alarmieren <strong>und</strong> Warnen<br />

10. Reagieren bei IT-Sicherheitsvorfällen<br />

Nachhaltigkeit<br />

11. Fördern vertrauenswürdiger <strong>und</strong><br />

verlässlicher Informationstechnik<br />

12. Ausbau nationaler IT-Sicherheitskompetenz<br />

13. IT-Sicherheitskompetenz in Schule<br />

<strong>und</strong> Ausbildung<br />

14. Fördern von Forschung <strong>und</strong> Entwicklung<br />

15. Internationale Kooperationen<br />

ausbauen <strong>und</strong> Standards setzen<br />

Die aufgelisteten Ziele werden im<br />

Verlauf des Jahres <strong>2006</strong> weiter ausgestaltet<br />

<strong>und</strong> umgesetzt. Zunächst<br />

werden hier<strong>für</strong> zwei Umsetzungspläne<br />

entwickelt, Umsetzungsplan B<strong>und</strong><br />

(UPB) <strong>und</strong> Umsetzungsplan KRITIS<br />

(UPK; vgl. Grafik):<br />

Der UPB wird unter Federführung<br />

des BMI bis Ende <strong>2006</strong> zusammen<br />

mit den Ressorts erarbeitet. Im UPB<br />

sollen einvernehmliche Standards <strong>für</strong><br />

die IT-Sicherheit in der B<strong>und</strong>esverwaltung<br />

festgelegt werden. Mit einem<br />

Kabinettsbeschluss werden die Vorgaben<br />

verbindlich. Ebenfalls im Verlauf<br />

des Jahres <strong>2006</strong> erstellt die B<strong>und</strong>esregierung<br />

gemeinsam mit den Betreibern<br />

<strong>und</strong> Verbänden aus Kritischen<br />

Infrastrukturen den UPK. Ende<br />

<strong>2006</strong>/Anfang 2007 sind erste Ergeb-<br />

nisse der Arbeiten zu erwarten. Über<br />

den UPK hinaus sollen die gemeinsamen<br />

Aktivitäten zwischen den Beteiligten<br />

den Schutz <strong>und</strong> die Verlässlichkeit<br />

der Informationsinfrastrukturen<br />

nachhaltig sichern.<br />

Ausgewählte staatliche<br />

Aktivitäten in Großbritannien<br />

<strong>und</strong> der Schweiz<br />

Der Schutz der Informationsinfrastrukturen<br />

ist auch in anderen europäischen<br />

Staaten ein zunehmend virulentes<br />

Thema. Beispielhaft seien<br />

hier ausgewählte Initiativen zum<br />

Schutz Kritischer Informationsinfrastrukturen<br />

in Großbritannien genannt.<br />

Das National Infrastructure Security<br />

Co-ordination Centre (NISCC, vgl.<br />

www.niscc.gov.uk) arbeitet seit Ende<br />

1999 als Zusammenschluss mehrerer<br />

Behörden <strong>und</strong> Abteilungen. Da<br />

das Zentrum neben staatlichen Stellen<br />

auch die Wirtschaft adressiert,<br />

wird u.a. eine Partnerschaft mit Repräsentanten<br />

Kritischer Infrastrukturen<br />

angestrebt. Dienstleistungen wie<br />

Unterstützung im Falle von IT-bezogenen<br />

Angriffen, Kommunikationsplattformen,<br />

Warndienste oder Forschung<br />

zum Thema IT-Sicherheit<br />

werden vom NISCC angeboten oder<br />

durchgeführt bzw. gefördert (vgl.<br />

Abele-Wigert/Dunn <strong>2006</strong>, S. 296 ff.).<br />

Zusätzlich bestehen viele Aktivitäten,<br />

die die Wirtschaft adressieren. Stell-<br />

Umsetzungspläne des NPSI<br />

Nationaler Plan<br />

vertretend <strong>für</strong> die Vielzahl der Initiativen<br />

werden hier die WARPs genannt<br />

(Warning, Advice, and Reporting<br />

Points). WARPs sind als Public Private<br />

Partnerships (PPP) vom NISCC entwickelt<br />

worden. WARPs dienen dem<br />

Aufbau <strong>und</strong> Unterhalt von kleineren<br />

Informationszellen zum regionalen<br />

Austausch von IT-bezogener Information.<br />

Bereits Ende der 90er Jahre<br />

wurden verschiedene Aktivitäten zum<br />

Schutz Kritischer Informationsinfrastrukturen<br />

auch in der Schweiz aufgelegt.<br />

Unter der Federführung des Informatikstrategieorgans<br />

B<strong>und</strong> (ISB) werden<br />

die großen Themenblöcke Prävention,<br />

Frühwarnung, Krisenmanagement<br />

<strong>und</strong> Technische Lösungen<br />

bearbeitet. Herauszustellen ist z. B.<br />

MELANI (Melde- <strong>und</strong> Analysestelle<br />

Informationssicherung; vgl. www.<br />

melani.admin.ch) als Zentrale zur<br />

Frühwarnung <strong>und</strong> Dokumentation<br />

von IT-Vorfällen <strong>für</strong> Staat, Wirtschaft<br />

<strong>und</strong> Bürger, welche seit Ende 2004<br />

aktiv ist <strong>und</strong> eng mit der Wirtschaft<br />

kooperiert (vgl. Abele-Wigert/Dunn,<br />

<strong>2006</strong>, S. 282 ff.). Natürlich wird die<br />

Verbesserung der Informationssicherheit<br />

in der Schweiz durch verschiedene<br />

Strategien begleitet; beispielhaft<br />

seien an dieser Stelle das<br />

Konzept „Information Assurance“<br />

von 2000 sowie „Infosurance“, Verein<br />

<strong>für</strong> einen sicheren Informations<strong>und</strong><br />

Kommunikationsplatz Schweiz,<br />

zum Schutz der Informationsinfrastrukturen<br />

Nationaler Plan<br />

Umsetzungsplan B<strong>und</strong><br />

Nationaler Plan<br />

Umsetzungsplan KRITIS<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 15<br />

Quelle: BSI


genannt. Der Verein richtet sich v.a.<br />

an kleine <strong>und</strong> mittlere Unternehmen<br />

sowie die Bürger <strong>und</strong> soll die Informationssicherheit<br />

in der Schweiz fördern<br />

(vgl. www.infosurance.ch).<br />

Rein nationale Lösungen zum<br />

Schutz reichen letztendlich nicht aus,<br />

da IT-Infrastrukturen oft grenzüberschreitend<br />

betrieben werden. Ursachen<br />

<strong>für</strong> Störungen <strong>und</strong> Ausfälle lassen<br />

sich oft nur in multinationaler<br />

Zusammenarbeit identifizieren <strong>und</strong><br />

beheben. Die B<strong>und</strong>esregierung hat<br />

dies schon frühzeitig erkannt <strong>und</strong> ist<br />

auf europäischer Ebene <strong>und</strong> international<br />

in entsprechenden Gremien<br />

aktiv. Auch die Werke NPSI, UPB <strong>und</strong><br />

UPK sollen Signalwirkung über die<br />

Staatsgrenze Deutschlands hinweg<br />

zeigen.<br />

Literatur/Quellen:<br />

Abele-Wigert, Isabelle <strong>und</strong> Dunn,<br />

Myriam (Hrsg., <strong>2006</strong>): International<br />

CIIP Handbook <strong>2006</strong>, Vol. 1, 2.<br />

Breitschaft, Frank (<strong>2006</strong>): Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen – Theorie<br />

& Wirklichkeit, In: Security Journal,<br />

H. 23, S. 15 – 20.<br />

BSI (Hrsg., 2005): Die Lage der IT-<br />

Sicherheit in Deutschland 2005.<br />

McCarty, John A. (Hrsg., <strong>2006</strong>):<br />

The CIP Report Une <strong>2006</strong>, Vol. 4,<br />

No. 12, S. 3 ff.<br />

Schulze, Tillmann (2005): Wie sicher<br />

ist die IT in Deutschland? In:<br />

kes, H. 4, Jg. 13, S. 21 – 23.<br />

Symantec Corporation (Hrsg.,<br />

<strong>2006</strong>): Symantec Internet Security<br />

Threat Report – Trends for July 05–<br />

December 05, Volume IX, http://<br />

enterprisesecurity.symantec.de/<br />

content.cfm?articleid=1591.<br />

www.bmi.b<strong>und</strong>.de/cln_012/nn_<br />

122688/sid_794C5D1F46E096E<br />

1804C2DAEE19CB071/nsc_true/<br />

Internet/Content/Common/Anlagen/Nachrichten/Pressemitteilungen/2005/08/Nationaler_Plan_<br />

Schutz_Informationsinfrastrukturen.<br />

,templateId=raw,property=publica<br />

tionFile.pdf/Nationaler_Plan_<br />

Schutz_Informationsinfrastrukturen.<br />

www.bsi.b<strong>und</strong>.de/certb<strong>und</strong>/index.<br />

htm<br />

www.bsi.b<strong>und</strong>.de/fachthem/kritis/<br />

index.htm<br />

www.infosurance.ch<br />

www.niscc.gov.uk<br />

Public Private<br />

Die Bedeutung der<br />

<strong>und</strong> Wirtschaft am Beispiel<br />

Dipl.-Ing. Thomas Schäfer, Leiter Systemführung, Vattenfall Europe Transmission<br />

GmbH, Berlin<br />

Eine sichere Versorgung mit elektrischer Energie ist eine Basisvoraussetzung<br />

<strong>für</strong> ein funktionierendes öffentliches <strong>und</strong> wirtschaftliches Leben. Es<br />

gibt wohl keine Branche, die mit ihren Produkten <strong>und</strong> Dienstleistungen so<br />

f<strong>und</strong>amental wichtig ist, wie die Elektrizitätsbranche.<br />

In den letzten Jahren hat sich diese<br />

durch die Liberalisierung des<br />

Strommarktes in Europa <strong>und</strong><br />

Deutschland stark verändert. Aus den<br />

geschlossenen Versorgungsgebieten<br />

ist ein offener Markt mit vielen Teilmärkten<br />

entlang der Wertschöpfungskette<br />

entstanden, auf denen<br />

neben den so genannten etablierten<br />

auch viele neue Unternehmen tätig<br />

sind. Da die elektrischen Netze der<br />

verschiedenen Ebenen – Übertragungsnetz<br />

<strong>und</strong> Verteilungsnetz – natürliche<br />

Monopole sind <strong>und</strong> der diskriminierungsfreie<br />

Zugang zu den<br />

Netzen eine wesentliche Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> den Wettbewerb im Strommarkt<br />

ist, haben sich die Anforderungen<br />

an die Netzbetreiber ebenfalls gewandelt<br />

<strong>und</strong> erweitert. Gleichzeitig<br />

fand ein Wandel im gesellschaftlichen<br />

Umfeld statt. Das Ende des Kalten<br />

Krieges Anfang der 1990er Jahre<br />

führte auch in den Energieversorgungsunternehmen<br />

zu einer Phase<br />

der Entspannung. Verschiedene<br />

Maßnahmen waren nun plötzlich<br />

nicht mehr notwendig <strong>und</strong> wurden<br />

auch nicht mehr weiterverfolgt.<br />

Erst mit den Ereignissen ab 2001,<br />

die durch die terroristischen Angriffe<br />

auf das öffentliche Leben der westlichen<br />

Demokratien, die Auswirkungen<br />

von Naturereignissen wie zum Beispiel<br />

dem Sturm „Lothar“ in Frankreich<br />

<strong>und</strong> im Süden Deutschlands<br />

sowie den Blackout in Nordamerika,<br />

Skandinavien <strong>und</strong> Italien gekennzeichnet<br />

waren, wurden die eigenen<br />

Maßnahmen zur Abwehr der verschiedenen<br />

Bedrohungspotentiale<br />

wieder unter den neuen Verhältnissen<br />

überprüft.<br />

Im Bereich der Erzeugung von<br />

elektrischer Energie gab <strong>und</strong> gibt es,<br />

wie am Beispiel der Kernkraftwerkstechnik<br />

zu sehen, einen sehr guten<br />

Stand an Sicherheitsmaßnahmen<br />

gegen die unterschiedlichen Szenerien<br />

von Bedrohungen.<br />

In den Bereichen der elektrischen<br />

Netze sehen sich die verantwortlichen<br />

Netzbetreiber dem zunehmenden<br />

Druck der Öffentlichkeit ausgesetzt.<br />

Heute ist die Sicherheit der Erzeugung,<br />

des Transportes <strong>und</strong> der<br />

Verteilung ein verstärkter Wettbewerbsfaktor<br />

<strong>für</strong> die Branche geworden.<br />

Dieser Wettbewerb stellt durch<br />

die Liberalisierung allerdings auch<br />

eine europäische Herausforderung<br />

dar. Notwendig war damit eine neue<br />

Standortbestimmung, die die unterschiedlichen<br />

Anforderungen beachtet<br />

<strong>und</strong> gleichzeitig zu einer neuen<br />

Form der Zusammenarbeit führt.<br />

Entwicklung des<br />

Basisschutzkonzeptes<br />

Traditionell arbeiten die Netzbetreiber,<br />

insbesondere die Übertragungsnetzbetreiber<br />

in Deutschland, schon<br />

seit Jahrzehnten zusammen. Letztmalig<br />

Ende der 1970er, Anfang der<br />

1980er Jahre wurde ein einheitliches<br />

Konzept zur Sicherheit der Anlagen<br />

der Übertragungsnetze <strong>und</strong> Steuer-<br />

16 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


stellen in Deutschland abgestimmt.<br />

Federführend war hierbei die Deutsche<br />

Verb<strong>und</strong>gesellschaft (DVG), in<br />

der alle Unternehmen, die Übertragungsnetze<br />

betrieben, versammelt<br />

waren. Heute arbeitet der Großteil der<br />

deutschen Übertragungs- <strong>und</strong> Verteilungsnetzbetreiber<br />

im Nachfolgeverband<br />

„Verband der Netzbetreiber<br />

(VDN)“ zusammen.<br />

Durch die Aktivitäten des B<strong>und</strong>esministeriums<br />

des Innern (BMI) entstand<br />

2004 eine gemeinsame Arbeitsgruppe<br />

aus Vertretern unterschiedlicher<br />

B<strong>und</strong>esämter, des Ministeriums<br />

<strong>und</strong> führender deutscher Wirtschaftsunternehmen<br />

unterschiedlicher Branchen.<br />

Im Ergebnis der einjährigen<br />

Arbeit dieser Gruppe, die auf der Seite<br />

der Elektrizitätsbranche durch eine<br />

Arbeitsgruppe der vier führenden<br />

Energiekonzerne unterstützt wurde,<br />

entstand das „Basisschutzkonzept<br />

Kritischer Infrastrukturen“ <strong>für</strong> die<br />

deutsche Wirtschaft. Diese Zusammenarbeit<br />

ist das erste sichtbare Zeichen<br />

der neuen „Public Private Partnership“.<br />

Hier wurde von den Wirtschaftsunternehmen<br />

nicht gewartet,<br />

dass durch die Regierung Vorgaben<br />

erhoben werden, sondern gleichberechtigt<br />

das erforderliche Sicherheitsniveau<br />

<strong>für</strong> alle Wirtschaftsunternehmen<br />

bestimmt. Dabei wurde gerade<br />

den Forderungen der Unternehmen<br />

nach einer Balance zwischen Sicherheitsanforderungen<br />

<strong>und</strong> Wirtschaftlichkeit<br />

<strong>und</strong> damit der Wettbewerbsfähigkeit<br />

Beachtung geschenkt. In der<br />

Sicherheitspyramide ist hier<strong>für</strong> ein<br />

gutes F<strong>und</strong>ament gelegt worden.<br />

Umsetzung in der Branche<br />

In den energiewirtschaftlichen Unternehmen<br />

besteht auf Gr<strong>und</strong> der<br />

langjährigen Tradition ein gutes Ba-<br />

Energiesicherheit <strong>und</strong> Public Private Partnerschip<br />

Kooperation<br />

Partnership –<br />

Zusammenarbeit zwischen Behörden<br />

der Elektrizitätsbranche<br />

sissicherheitsniveau. Dies ist natürlich<br />

sehr technisch geprägt <strong>und</strong> hat<br />

trotz der oben beschriebenen Entspannungsphase<br />

nicht das geforderte<br />

Basisniveau unterschritten. Mit der<br />

Überarbeitung der Spezialschutzkonzepte<br />

als darauf aufbauende Stufe<br />

erfolgt, <strong>für</strong> ausgewählte Bereiche,<br />

eine weitere Anpassung an die Entwicklung<br />

der Sicherheitslage <strong>und</strong> die<br />

wirtschaftlichen Gegebenheiten.<br />

Auch wird <strong>und</strong> soll die Public Private<br />

Partnership bei der Umsetzung helfen.<br />

Die Zusammenarbeit der Unternehmen<br />

der Energiebranche <strong>und</strong> der<br />

beteiligten Ministerien <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esämter<br />

wird weiter fortgesetzt. Bei anstehenden<br />

Projekten, wie zum Beispiel<br />

dem Neubau von Systemführungsleitstellen,<br />

stehen den Unternehmen<br />

die Fachleute des <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong>es<br />

<strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />

Katastrophenhilfe (BBK) <strong>und</strong> der Lan-<br />

Sicherheitspyramide<br />

Defense Plan<br />

Spezialschutzkonzept<br />

Basisschutzkonzept<br />

kritische Infrastruktur<br />

Aufbau der Schutzkonzepte<br />

deskriminalämter (LKA) zur Seite.<br />

Hier hat sich das Angebot des Staates<br />

stark gewandelt. Nicht die Kontrolle<br />

der gegebenen Vorschriften,<br />

sondern das gemeinsame Erarbeiten<br />

angepasster <strong>und</strong> Erfolg versprechender<br />

Lösungen steht im Vordergr<strong>und</strong>.<br />

Mit den gef<strong>und</strong>enen Lösungen können<br />

die Anforderungen an die Sicherheit<br />

als auch an die Wirtschaftlichkeit<br />

eingehalten werden.<br />

Speziell <strong>für</strong> die Netzbetreiber beginnt<br />

damit aber auch ein neues Wagnis.<br />

Die gef<strong>und</strong>enen Lösungen, die<br />

den Sicherheitsanforderungen ebenso<br />

entsprechen wie den strategischen<br />

Prozessen, kosten Geld, das letztlich<br />

über die Netznutzungsentgelte von<br />

den Netzk<strong>und</strong>en aufgebracht wird.<br />

Aus heutiger Sicht ist unklar, ob die<br />

B<strong>und</strong>esnetzagentur (BNetzA) als verantwortliche<br />

Regulierungsbehörde<br />

diese Kosten anerkennt. Innerhalb<br />

Public<br />

Private<br />

Wahrnehmung der Verantwortung<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 17<br />

Quelle: Vatterfall


der weiteren Gestaltung des Regulierungssystems<br />

hin zu einer Anreizregulierung<br />

benötigen die Netzbetreiber<br />

deshalb eine klare Antwort, um<br />

auch in dieser Beziehung wirtschaftlich<br />

<strong>und</strong> verantwortlich agieren zu<br />

können.<br />

Mit der dritten Stufe der Sicherheitspyramide<br />

kann in Deutschland<br />

eine neue Form der verantwortlichen<br />

Zusammenarbeit erreicht werden, auf<br />

die im Nachfolgenden eingegangen<br />

wird.<br />

Zukünftige Bemühungen<br />

Mit den vorhandenen Möglichkeiten<br />

<strong>und</strong> Kapazitäten sind den Unternehmen<br />

aber auch Grenzen in der<br />

Umsetzung von Sicherheitskonzepten<br />

auferlegt. Gerade die Auswirkungen<br />

auf die Wettbewerbsfähigkeit in<br />

Deutschland <strong>und</strong> Europa erlauben<br />

keine Umsetzung von Konzepten zu<br />

jedem Preis. Gelöst werden kann dies<br />

nur durch die Wahrnehmung der Verantwortung<br />

des Staates in der dritten<br />

Stufe der Sicherheitspyramide.<br />

Hier bedarf es einer ausgewogenen<br />

politischen Verständigung <strong>für</strong> einen<br />

Ordnungsrahmen, der die Erreichung<br />

der Sicherheits- <strong>und</strong> der Regulierungsziele<br />

durch die Netzbetreiber<br />

ermöglicht. In Europa gibt es da<strong>für</strong><br />

Beispiele. In Schweden erhalten Unternehmen<br />

einen jährlichen Betrag<br />

zur Umsetzung der Maßnahmen des<br />

Defense Plan.<br />

Dieses Prinzip ist auch in Deutschland<br />

vorstellbar. Wegen der fortschreitenden<br />

Vernetzung des Strommarktes<br />

<strong>und</strong> da Bedrohungen letztlich<br />

nicht an nationale Grenzen geb<strong>und</strong>en<br />

sind, ist mittelfristig eine europäische<br />

Lösung wünschenswert. Der Nutzen<br />

wird wieder auf beiden Seiten der Public<br />

Private Partnership liegen. Die<br />

privatwirtschaftlich arbeitenden Unternehmen<br />

der Elektrizitätsbranche<br />

können die Maßnahmen umsetzen<br />

<strong>und</strong> behalten durch die Wegnahme<br />

des Kostendrucks ihre Wettbe-<br />

werbsfähigkeit. Die Öffentliche Hand<br />

weiß ihren Schutzbedarf umgesetzt;<br />

das Ziel einer hohen Sicherheit der<br />

Elektrizitätsversorgung in Deutschland<br />

ist erreicht.<br />

Natürlich reicht eine Umsetzung in<br />

Deutschland allein nicht. Seit Beginn<br />

dieses Jahres wird diese Sicherheitsdiskussion<br />

auch intensiv auf europäischer<br />

Ebene geführt. Das Ziel muss<br />

folgerichtig ein gleiches Sicherheitsniveau<br />

in allen Mitgliedsstaaten sein.<br />

Das in Deutschland gemeinsam entwickelte<br />

Basisschutzkonzept scheint<br />

ein guter Beitrag <strong>für</strong> die Abstimmungen<br />

der Mitgliedsstaaten <strong>und</strong> der<br />

Europäischen Kommission zu sein.<br />

Abschließend bleibt festzuhalten:<br />

Die gemeinsame Erarbeitung der<br />

Schutzkonzepte ist erfolgreich <strong>und</strong><br />

zeigt auf beiden Seiten der Public<br />

Private Partnership den erwarteten<br />

Nutzen.<br />

Neben dem Ziel einer höheren Sicherheit<br />

ist der Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit<br />

<strong>für</strong> die am Markt<br />

agierenden privatwirtschaftlichen<br />

Unternehmen sicherzustellen.<br />

Unklar sind aber die finanziellen<br />

<strong>und</strong> regulatorischen Auswirkungen<br />

<strong>für</strong> die privatwirtschaftlichen<br />

Netzbetreiber. Hier bedarf es einer<br />

konsistenten politischen Regelung,<br />

die sowohl die Sicherheitsziele als<br />

auch die regulatorischen Ziele in<br />

Einklang bringt <strong>und</strong> <strong>für</strong> die Netzbetreiber<br />

erreichbar sind. Mindestens<br />

aber ist die Anerkennung dieser<br />

Sonderaspekte der Netzbetreiber<br />

(Übertragungs- <strong>und</strong> Verteilungsnetzbetreiber)<br />

im Rahmen<br />

des Regulierungssystems erforderlich.<br />

Den Beispielen anderer Länder folgend,<br />

sollten zur Umsetzung eines<br />

„Defense Plan“ in Deutschland die<br />

Partner nach einer Lösung suchen,<br />

die dem erforderlichen Sicherheitsniveau<br />

entspricht, dabei aber<br />

die wirtschaftlichen Grenzen der<br />

privatwirtschaftlich agierenden<br />

Unternehmen beachtet.<br />

Der Black<br />

eine Einsatz<br />

Ass. Jur. Jens Koch, Referent<br />

Einsatz in der Leitung der B<strong>und</strong>esanstalt<br />

Technisches Hilfswerk, Bonn<br />

Der unerwartet heftige Wintereinbruch<br />

in Niedersachsen <strong>und</strong> Nordrhein-Westfalen<br />

Ende November<br />

2005 hatte <strong>für</strong> das THW den zweiten<br />

großen Inlandseinsatz (nach<br />

dem Hochwasser in Bayern) des Jahres<br />

zur Folge. Aus dem gesamten<br />

B<strong>und</strong>esgebiet zog das THW Stromerzeuger<br />

<strong>und</strong> Netzersatzanlagen zusammen,<br />

um die örtlichen Energiedienstleister<br />

bei der Überbrückung<br />

von Ausfällen im Bereich der Stromversorgung<br />

zu unterstützen. Starke<br />

Schneefälle hatten weite Teile Nordrhein-Westfalens<br />

<strong>und</strong> Niedersachsens<br />

ins Chaos gestürzt. Auf den Autobahnen<br />

<strong>und</strong> B<strong>und</strong>esstraßen sowie<br />

dem Wegenetz der Deutschen Bahn<br />

kam der Verkehr teilweise völlig zum<br />

Erliegen. THW-Ortsverbände rückten<br />

aus, um von der Fahrbahn abgekommene<br />

<strong>und</strong> liegen gebliebene<br />

LKW freizuschleppen <strong>und</strong> Hindernisse<br />

von Gleisanlagen zu entfernen.<br />

Unfallstellen wurden ausgeleuchtet<br />

<strong>und</strong> im Stau stecken gebliebene<br />

Menschen sowie die Einsatzkräfte<br />

anderer Organisationen mit Heißgetränken<br />

versorgt.<br />

18 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong><br />

Foto: THW


Energiesicherheit – Blackout im Münsterland<br />

Kooperation<br />

out im Münsterland –<br />

nachbereitung aus Sicht des THW<br />

Am 25. November spitzte sich die<br />

Lage dramatisch zu. Aufgr<strong>und</strong> des<br />

Niederschlags in Verbindung mit<br />

Temperaturen unter dem Gefrierpunkt<br />

hielten zahlreiche Strommasten<br />

dem Gewicht der Überlandleitungen<br />

nicht stand <strong>und</strong> knickten wie<br />

Streichhölzer um. Großflächige<br />

Stromausfälle waren die Folge.<br />

Einsatzkräfte aus allen acht THW<br />

Landes- <strong>und</strong> Länderverbänden brachten<br />

Stromerzeuger <strong>und</strong> Netzersatzanlagen<br />

in die Schadensregion. Insgesamt<br />

setzte das THW während des<br />

sieben Tage dauernden Einsatzes 268<br />

Stromerzeuger, davon 67 Netzersatzanlagen<br />

mit einer Leistung von 175<br />

kVA <strong>und</strong> mehr ein – jede ist <strong>für</strong> sich<br />

im Stande, ein Krankenhaus mit<br />

Strom zu versorgen. In Spitzenzeiten<br />

waren 733 Helfer im Einsatz.<br />

Freitag, 25. November 2005,<br />

Raum Osnabrück<br />

Auf Gr<strong>und</strong> des starken Schneefalls<br />

verb<strong>und</strong>en mit Sturm schleppten die<br />

THW-Einsatzkräfte zunächst im Großraum<br />

Osnabrück (neben der Stadt<br />

Osnabrück hauptsächlich betroffen<br />

die Orte Bad Essen, Melle, Nordhorn,<br />

Quakenbrück <strong>und</strong> Lingen an der Ems)<br />

über 200 Kraftfahrzeuge frei, umgestürzte<br />

Bäume mussten beseitigt <strong>und</strong><br />

Zuwege freigeräumt werden. Auf<br />

Gr<strong>und</strong> von Oberleitungsschäden <strong>und</strong><br />

Schneeverwehungen kam der Bahnverkehr<br />

auf den Strecken über den<br />

Hauptbahnhof Osnabrück zum Erliegen.<br />

Da die Hotels im Umkreis ausgebucht<br />

waren, mussten etwa 250<br />

Reisende im Luftschutzbunker unter<br />

dem Bahnhof Osnabrück untergebracht<br />

werden, bevor sie am nächsten<br />

Tag ihre Reise fortsetzen konnten.<br />

Gleichzeitig kam es in der Innenstadt<br />

von Osnabrück <strong>und</strong> in der<br />

weiteren Umgebung zu einem Stromausfall,<br />

von dem etwa 600.000 Einwohner<br />

betroffen waren. Da das Notstromaggregat<br />

in den Städtischen<br />

Kliniken Osnabrück nicht zuverlässig<br />

Stromkapazitäten nach Leistungsklasse der Stromerzeuger am jeweiligen Einsatztag<br />

16000<br />

14000<br />

12000<br />

10000<br />

KVA<br />

8000<br />

6000<br />

4000<br />

2000<br />

0<br />

9/9/3<br />

Geräte<br />

131/31/30<br />

Geräte<br />

lief, übernahm das Technische Hilfswerk<br />

die Stromversorgung der Kliniken<br />

mit einer 200 kVA-Netzersatzanlage.<br />

Zudem wurden verschiedene<br />

Polizeidienststellen versorgt. Der<br />

Stromausfall dauerte je nach Region<br />

eine bis fünf St<strong>und</strong>en. Insgesamt war<br />

das THW hier mit 109 Helfern aus<br />

sechs Ortsverbänden im Einsatz. Die<br />

Störungen waren im Laufe des<br />

26. November 2005 behoben, die Verkehrswege<br />

zu diesem Zeitpunkt<br />

wieder frei.<br />

Bis dahin ein ganz normaler Wintertag<br />

mit den üblichen Problemen<br />

im Bereich Kritischer Infrastrukturen.<br />

An Störungen der Verkehrswege, wie<br />

auch an kleinere Stromausfälle ist<br />

man im Winter leidlich gewöhnt.<br />

Samstag, 26. November<br />

2005, Münsterland<br />

Ungewöhnlich an der Wetterlage<br />

in dieser Nacht war, dass bei Temperaturen<br />

um den Gefrierpunkt sehr<br />

schwerer Schnee fiel, der immer<br />

wieder antaute <strong>und</strong> anschließend<br />

gefror. Dadurch bildeten sich auf Bäumen<br />

<strong>und</strong> Oberleitungsmasten schwere<br />

Eispanzer, die in Verbindung mit<br />

dem gleichzeitig herrschenden starken<br />

Wind zum Umsturz von Bäumen,<br />

Herabfallen von Ästen <strong>und</strong> zum Bruch<br />

von Hochspannungsmasten führten.<br />

Entscheidender Faktor hierbei war<br />

das so genannte Seiltanzen. Dabei<br />

versetzt der Eispanzer in Verbindung<br />

mit starkem Wind die Freileitung in<br />

Schwingung, was bei Überlagerung<br />

von Schwingungen aus mehreren<br />

Mastfeldern letztlich zur Schwebung<br />

<strong>und</strong> schließlich zum Zerreißen der<br />

Freileitungen <strong>und</strong> Umknicken der<br />

Masten führt.<br />

Davon betroffen war der äußerste<br />

nordwestliche Bereich von Nordrhein-Westfalen,<br />

der Regierungsbezirk<br />

Münster <strong>und</strong> dort insbesondere<br />

die Landkreise Coesfeld, Borken <strong>und</strong><br />

Steinfurt.<br />

Unter der Last des Schnees hingen<br />

Freileitungen teilweise bis auf<br />

den Boden durch, so dass Straßen<br />

gesperrt werden mussten. Auf größeren<br />

Strecken brachen mehrere<br />

H<strong>und</strong>ert Freileitungsmasten. Davon<br />

betroffen war nicht nur das örtliche<br />

Verteilnetz, sondern auch Teile des<br />

Versorgungsnetzes. Auf der Spannungsebene<br />

von 110 KV wurden<br />

83 Masten beschädigt, was zu einer<br />

Zerstörung der Leitung auf 25 Kilometern<br />

führte. Daneben war das<br />

30 KV Netz auf 165 Kilometern <strong>und</strong><br />

das 10 KV Netz auf zirka 538 Kilome-<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 19<br />

165/31/66<br />

Geräte<br />

KVA<br />

169/32/67<br />

Geräte<br />

26.11.2005 27.11.2005 28.11.2005 29.11.2005 30.11.2005 01.12.2005 02.12.2005<br />

Foto: THW


Energiesicherheit – Blackout im Münsterland<br />

tern beschädigt. Dementsprechend<br />

waren zahlreiche Ortschaften des betroffenen<br />

Regierungsbezirks Münster<br />

– zusammen ca. 250.000 Einwohner<br />

– ab dem 26. November 2005, zum<br />

Teil bis zum 2. Dezember 2005 ohne<br />

Anbindung an das öffentliche Stromnetz.<br />

Eingeleitete Maßnahmen<br />

Die erste Alarmierung des THW<br />

erfolgte bereits in der Nacht zum<br />

26. November. Die ersten Kapazitäten<br />

im Bereich mobiler Stromerzeuger<br />

wurden sofort bereitgestellt. Das<br />

Land Nordrhein-Westfalen entschied<br />

sich zunächst, die anderen B<strong>und</strong>esländer<br />

über den Mechanismus einer<br />

länderübergreifenden Unterstützung<br />

des AK V der Innenministerkonferenz<br />

um Hilfe zu bitten. Im Ergebnis setzte<br />

das Land Hessen zahlreiche Stromerzeuger<br />

in Richtung Münsterland in<br />

Marsch, darunter auch die des THW.<br />

Gemeinsame Verbände mit den örtlichen<br />

Feuerwehren wurden in Bewegung<br />

gesetzt. Im Laufe des Wochenendes<br />

gewannen die örtlich Verantwortlichen<br />

zunehmend einen Lageüberblick<br />

<strong>und</strong> es stellte sich heraus,<br />

dass Stromerzeugerkapazitäten im<br />

erforderlichen Umfang auf dem gewählten<br />

Weg nicht bereitgestellt werden<br />

konnten. Daraufhin zog das Technische<br />

Hilfswerk b<strong>und</strong>esweit auf Anforderung<br />

der Bezirksregierung<br />

<strong>und</strong> des Landes große Netzersatzanlagen<br />

mit einer Kapazität zwischen<br />

175 <strong>und</strong> 250 kVA zusammen. Die letzten<br />

dieser Aggregate trafen im Laufe<br />

des Montags im Münsterland ein. Das<br />

THW setzte 268 Stromerzeuger<br />

gleichzeitig ein, davon 67 Netzersatzanlagen<br />

mit einer Leistung von<br />

jeweils mehr als 175 kVA. Durch den<br />

örtlichen Energieversorger wurden<br />

weitere 101 Stromerzeuger (55 konzerneigene,<br />

46 anderer EVU) mit noch<br />

höherer Leistung <strong>und</strong> durch die Feuerwehren<br />

unzählige kleine Stromerzeuger<br />

eingesetzt. Gleichzeitig waren<br />

über 900 Mitarbeiter im Auftrag des<br />

Energieversorgers mit der Wiederherstellung<br />

des Netzes beschäftigt.<br />

Vergleichsweise waren 733 THW-<br />

Helfer eingesetzt.<br />

Neben der Versorgung einzelner<br />

Betriebe oder Haushalte erfolgte die<br />

Einspeisung in kleinere Netzabschnitte.<br />

Dies ist an Umspann- <strong>und</strong> Verteilstationen<br />

ohne größeren technischen<br />

Aufwand möglich, bedarf aber des<br />

Zusammenwirkens zwischen Energieversorgungsunternehmen<br />

<strong>und</strong><br />

THW.<br />

Die Bilanz<br />

Durch die eingeleiteten Maßnahmen<br />

konnte die Zahl der nicht versorgten<br />

Einwohner bereits am Sonntag<br />

auf 80.000, am Montag auf 60.000<br />

<strong>und</strong> am Dienstag (nach Eintreffen der<br />

b<strong>und</strong>esweit zusammengezogenen<br />

Aggregate) auf 2.000 reduziert werden.<br />

Zusammenfassend ist festzustellen,<br />

dass die eingeleiteten Maßnahmen<br />

der örtlichen Behörden <strong>und</strong> des<br />

Energieversorgers gegriffen haben.<br />

Bei einem Stromausfall dieser Größenordnung<br />

mit einer Zerstörung dieser<br />

Zahl von Masten ist eine noch<br />

schnellere Behebung der Schäden<br />

nur schwer möglich. Soweit noch<br />

Optimierungsbedarf besteht, finden<br />

derzeit Gespräche zwischen dem<br />

Technischen Hilfswerk <strong>und</strong> Energieversorgungsunternehmen<br />

statt.<br />

Diese Erkenntnis verdeutlicht aber<br />

zugleich, dass man auf Stromausfälle<br />

dieser Länge <strong>und</strong> Intensität eingestellt<br />

sein sollte. Das bedeutet<br />

zunächst <strong>für</strong> die Bevölkerung, selbst<br />

entsprechende Vorkehrungen zu treffen.<br />

In den Haushalten sind heutzutage<br />

kaum noch Vorräte vorhanden<br />

<strong>und</strong> man macht sich in der Regel keine<br />

Gedanken mehr über die Frage<br />

des Betriebs einer Heizung ohne<br />

Strom. So wurde beispielsweise ein<br />

Supermarkt in Ochtrup am Sonntag<br />

mit Notstrom versorgt, damit die örtliche<br />

Bevölkerung sich mit Lebensmittelvorräten<br />

eindecken konnte.<br />

Landwirte sind durch moderne<br />

Geräte – wie etwa Melkmaschinen –<br />

vom Strom abhängig, ohne dass bei<br />

Betrieben unterhalb einer bestimmten<br />

Größe Vorkehrungen <strong>für</strong> eine<br />

Notstromversorgung getroffen wären.<br />

Es bietet sich an, auf örtlicher<br />

Ebene Zufluchtsorte <strong>für</strong> die betroffene<br />

Bevölkerung zu identifizieren. Bewährt<br />

hat sich etwa die Notstromversorgung<br />

einer Sporthalle. Diese ist<br />

dann beheizbar <strong>und</strong> bietet damit eine<br />

warme Schlafstätte <strong>für</strong> Bürger, die auf<br />

Gr<strong>und</strong> der Kälte ihre Häuser verlassen<br />

wollen oder müssen. Dort kann<br />

zudem warmes Essen ausgegeben<br />

werden <strong>und</strong> es besteht die Möglichkeit,<br />

warm zu duschen. Sind solche<br />

oder vergleichbare Zufluchtsorte<br />

vorher identifiziert <strong>und</strong> bekannt, wissen<br />

die Bürger im Ernstfall, wohin sie<br />

sich wenden können, <strong>und</strong> ein guter<br />

Teil an Unsicherheit fällt weg. Außerdem<br />

sollte die Sporthalle dann bereits<br />

im Vorfeld mit einer entsprechenden<br />

Vorrichtung <strong>für</strong> die Noteinspeisung<br />

versehen werden.<br />

Im Großen <strong>und</strong> Ganzen bleibt festzustellen,<br />

dass die Einwohner im Regierungsbezirk<br />

Münster trotz unserer<br />

heutigen vielfältigen Abhängigkeit<br />

von der Kritischen Infrastruktur<br />

„Strom“ mit der Situation gut zurechtgekommen<br />

sind. Doch gerade aus<br />

dieser Katastrophe sollten Lehren <strong>für</strong><br />

den deutschen <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

gezogen werden.<br />

20 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


Trinkwassersicherheit – Kooperationen in Alltag Kooperation <strong>und</strong> Krise<br />

Versorgungssicherheit<br />

in der Trinkwasserversorgung im Zusammenspiel<br />

zwischen betrieblichem Alltag <strong>und</strong> Extremsituationen<br />

Dipl.-Ing. Berthold Niehues, Bereichsleiter Wasser, Deutsche Vereinigung<br />

des Gas- <strong>und</strong> Wasserfaches e.V. (DVGW), Bonn<br />

Sicherheit in der Trinkwasserversorgung bedeutet <strong>für</strong> ein Unternehmen<br />

sowohl <strong>für</strong> den betrieblichen Alltags- als auch <strong>für</strong> den Extremfall ein geeignetes<br />

Management einzurichten. Ziel muss es sein, diese beiden Szenarien<br />

sinnvoll aufeinander abzustimmen. Der DVGW ist derzeit dabei, aus den<br />

unterschiedlichen internationalen <strong>und</strong> nationalen Aktivitäten sein Regelwerk<br />

als Handlungsrahmen <strong>für</strong> die Unternehmen anzupassen.<br />

Aspekte der Versorgungssicherheit<br />

in der Trinkwasserversorgung<br />

spielen in den letzten Jahren in den<br />

Unternehmen eine immer größere<br />

Rolle. Neben den Vorgaben der Trinkwasserverordnung<br />

in Bezug auf Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Hygiene <strong>und</strong> Ästhetik sind<br />

auch die Anforderungen aus der DIN<br />

2000 (ausreichender Druck, Menge)<br />

zu nennen.<br />

Damit diese umfassende Versorgungssicherheit<br />

gewährleistet werden<br />

kann, sind qualifiziertes Fachpersonal<br />

<strong>und</strong> eine funktionierende Aufbau-<br />

<strong>und</strong> Ablauforganisation in einem<br />

Unternehmen erforderlich. In der<br />

jüngsten Vergangenheit werden aufgr<strong>und</strong><br />

verschiedener Ereignisse Aspekte<br />

des Sicherheits-, Risiko- <strong>und</strong><br />

Krisenmanagements verstärkt diskutiert<br />

(WHO 2004). Dies wird u.a. durch<br />

mehrere Aktivitäten sowohl auf administrativer<br />

nationaler <strong>und</strong> europäischer<br />

Ebene als auch in normungstechnischen<br />

Bereichen (ISO, CEN)<br />

deutlich. Bei genauerer Betrachtung<br />

lassen sich häufig gemeinsame Kernelemente<br />

in den diversen Aktivitäten<br />

ausmachen, die allerdings mit unterschiedlichen<br />

Begrifflichkeiten <strong>und</strong><br />

Strategien belegt werden (s. Grafik).<br />

Damit aus den unterschiedlichen Aktivitäten<br />

keine Red<strong>und</strong>anzen oder<br />

auch Widersprüchlichkeiten entstehen,<br />

die in der Praxis dann zu Komplikationen<br />

führen könnten, ist es erforderlich,<br />

eine mit allen Beteiligten<br />

abgestimmte Strategie zur Implementierung<br />

<strong>und</strong> praxisgerechten Umset-<br />

zung eines Sicherheits-, Risiko- <strong>und</strong><br />

Krisenmanagements zu entwickeln.<br />

Ziel aller Aktivitäten muss es letztendlich<br />

sein, das erreichte Schutzniveau<br />

in der Trinkwasserversorgung<br />

zu erhalten <strong>und</strong>, wo notwendig, zu<br />

verbessern. Ein Blick auf die zurzeit<br />

diskutierten Konzepte zeigt, dass man<br />

zunächst zwischen den mehr betrieblichen<br />

Aspekten im Alltag zur Sicherung<br />

der Trinkwasserversorgung <strong>und</strong><br />

den mehr sicherheitsrelevanten Belangen<br />

zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

unterscheiden kann (s.<br />

Grafik).<br />

Bei Letzterem liegt der Fokus der<br />

Betrachtung auf Extremsituationen,<br />

Sabotageakten etc. Eine klare Trennung<br />

zwischen den beiden Bereichen<br />

lässt sich dabei allerdings nie genau<br />

ziehen. Dies zeigt sich in der Praxis<br />

Sicherung der Trinkwasserqualität<br />

Gefahren<br />

Water safety plan<br />

Prävention<br />

Risikobewertung<br />

Krisenmanagement<br />

Maßnahmeplan<br />

Handlungsplan<br />

Risikomanagement<br />

Störfall<br />

Vorsorgemaßnahmen<br />

Versorgungssicherheit<br />

vielfach auch in der Aufstellung <strong>und</strong><br />

Umsetzung der Maßnahmepläne<br />

nach § 16 Abs. 6 der Trinkwasserverordnung.<br />

Internationale <strong>und</strong><br />

europäische Aktivitäten:<br />

WHO-Trinkwasserleitlinie –<br />

Water Safety Plan<br />

Die WHO hat im September 2004<br />

eine Überarbeitung ihrer Trinkwasserleitlinie<br />

veröffentlicht.<br />

Eine wichtige Neuerung in diesen<br />

Richtlinien betrifft die Empfehlung<br />

sog. „Water Safety Plans“ zur Risikoanalyse,<br />

-bewertung <strong>und</strong> -steuerung<br />

der Trinkwasserversorgung aufzustellen<br />

<strong>und</strong> einzuführen. Im Wesentlichen<br />

bedeutet es die Einführung eines Risikomanagements<br />

in der Trinkwasserversorgung,<br />

d.h. Erkennen, Beurteilen<br />

<strong>und</strong> Steuern von betrieblichen<br />

Risiken von der Ressource bis zur<br />

Abgabestelle an den Verbraucher.<br />

Dieses Management deckt somit den<br />

betrieblichen Alltag in den Versorgungsunternehmen<br />

ab. Nähere Informationen<br />

zu den Water Safety Plans<br />

geben Schmoll & Müller-Wegener<br />

(2004) <strong>und</strong> Castell-Exner (2004).<br />

Risikoanalyse<br />

Sicherheitsmanagement<br />

Notfall<br />

„Babylonische Begriffsverwirrung“ r<strong>und</strong> um das Sicherheits-, Risiko- <strong>und</strong> Krisenmanagement<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 21<br />

Krise<br />

Notfallplan<br />

Sicherheitsplan<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

Foto: DVGW


Quelle: DVGW<br />

Trinkwassersicherheit – Kooperationen in Alltag <strong>und</strong> Krise<br />

EU-Grünbuch über ein<br />

europäisches Programm<br />

<strong>für</strong> den Schutz Kritischer<br />

Infrastrukturen<br />

Im Dezember 2005 hat die Europäische<br />

Kommission das „Grünbuch<br />

zum Schutz Kritischer Infrastrukturen“<br />

veröffentlicht. Hierbei geht es in<br />

erster Linie darum, Kritische Infrastrukturen<br />

auf europäischer <strong>und</strong> nationaler<br />

Ebene zu definieren <strong>und</strong> dazu<br />

notwendige Elemente zur Implementierung<br />

zu formulieren.<br />

Das Grünbuch soll dazu dienen,<br />

möglichst viele Akteure in die Diskussion<br />

um das europäische Programm<br />

<strong>für</strong> den Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

einzubeziehen <strong>und</strong> ihre<br />

Meinung zu den hier vorgestellten<br />

Optionen in Erfahrung zu bringen. Ein<br />

effizienter Schutz Kritischer Infrastruktureinrichtungen<br />

setzt Kommunikation,<br />

Koordination <strong>und</strong> Kooperation<br />

sowohl auf nationaler als auch<br />

auf EU-Ebene unter Einbeziehung aller<br />

Beteiligten voraus – Eigentümer/<br />

Betreiber von Infrastrukturen, Behörden,<br />

Berufs- <strong>und</strong> Industrieverbände<br />

in Zusammenarbeit mit allen Regierungsebenen<br />

<strong>und</strong> der Öffentlichkeit.<br />

Im Grünbuch werden Optionen<br />

vorgestellt, wie die Kommission der<br />

Fokus:<br />

Betrieblicher Alltag („safety“)<br />

DVGW-Regelwerk + TSM<br />

Aufforderung des Rates zur Ausarbeitung<br />

eines Europäischen Programms<br />

<strong>für</strong> den Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

(EPSKI) sowie eines<br />

entsprechenden Warn- <strong>und</strong> Informationsnetzes<br />

(WINKI) nachkommen<br />

kann.<br />

Der DVGW hat gemeinsam mit<br />

dem BGW im Januar <strong>2006</strong> eine Stellungnahme<br />

zu dem Grünbuch abgegeben<br />

(www.dvgw.de). Haupttenor<br />

ist, dass es sich bei der Wasserversorgung<br />

nicht um eine europäische<br />

Kritische Infrastruktur handelte, da<br />

die Wasserversorgung lokal/regional<br />

strukturiert ist <strong>und</strong> es keinen nennenswerten<br />

grenzüberschreitenden<br />

europäischen Wassertransport gibt.<br />

Nationale Aktivitäten:<br />

BMG/UBA-Vorhaben<br />

„Konsequenzen der neuen<br />

WHO-Trinkwasserleitlinien<br />

<strong>für</strong> die EG-Trinkwasserrichtlinie<br />

<strong>und</strong> die Trinkwasserhygiene<br />

in Deutschland“<br />

Das vom B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsministerium<br />

geförderte <strong>und</strong> durch das<br />

Umweltb<strong>und</strong>esamt durchgeführte<br />

Vorhaben hat zum Ziel, Gr<strong>und</strong>lagen<br />

<strong>für</strong> die Entwicklung einer gemeinsa-<br />

W 1010 W 1020 W 1050<br />

Sicherung der Trinkwasserqualität Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

WHO-water safety plans<br />

ISO-Strategic Advisory Group<br />

EG-Trinkwasserrichtlinie<br />

„Security“<br />

European programme for ciritical<br />

infrastructure protection (EPCIP)<br />

CEN BT WG 161 „Protection and<br />

security of the citizen“<br />

ISO-Guideline „Risk management“<br />

BMG/UBA BMI/BBK<br />

NOTFÄLLE<br />

Fokus:<br />

Sabotage, Extremsituationen,<br />

Katastrophen (security)<br />

Einbeziehung von „safety“ <strong>und</strong> „security“ in ein Gesamtkonzept <strong>für</strong> die Sicherheit in der<br />

Trinkwasserversorgung auf Basis des DVGW-Regelwerkes<br />

men deutschen Position zur Bewertung<br />

des WHO-Water Safety Plan-<br />

Ansatzes zu ermitteln. Die Notwendigkeit<br />

ergibt sich insbesondere<br />

dadurch, dass im Zuge der Revision<br />

der EG-Trinkwasserrichtlinie eine Diskussion<br />

auf europäischer Ebene zu<br />

erwarten ist. Das Projekt hat u.a. folgende<br />

Schwerpunkte:<br />

Planspielartige Probeläufe des<br />

WSP-Ansatzes mit ausgewählten<br />

Wasserversorgern<br />

Analyse des technischen Regelwerkes<br />

<strong>und</strong> der Trinkwassergesetzgebung<br />

im Hinblick auf Water<br />

Safety Plan-Elemente<br />

Expertenkonsultation mit Vertretern<br />

der Aufsichtsbehörden<br />

Workshop mit „kleinen“ Wasserversorgern/Aufsichtsbehörden<br />

Der DVGW hat dieses Forschungsvorhaben<br />

aktiv begleitet <strong>und</strong> die Ausarbeitung<br />

des Teilprojektes zur Analyse<br />

des DVGW-Regelwerkes <strong>und</strong> des<br />

Technischen Sicherheitsmanagements<br />

(TSM) in Bezug auf die Water<br />

Safety Plan-Konzeption übernommen.<br />

Im Ergebnis konnte gezeigt<br />

werden, dass wesentliche Aspekte<br />

des WHO-Konzeptes bereits im Regelwerk<br />

bzw. im TSM-Leitfaden enthalten<br />

sind. Nähere Informationen zu<br />

dem Teilprojekt sind in Baus u. a.<br />

(<strong>2006</strong>) aufgeführt.<br />

Der Abschlussbericht des BMG/<br />

UBA-Gesamtvorhabens wird voraussichtlich<br />

noch in <strong>2006</strong> vorliegen.<br />

BMI-Empfehlungen <strong>für</strong><br />

Unternehmen: Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen,<br />

Basisschutzkonzept<br />

Ziel des Basisschutzkonzeptes, das<br />

von BBK <strong>und</strong> BKA im Auftrag des<br />

B<strong>und</strong>esinnenministeriums (BMI) <strong>und</strong><br />

unter Mitarbeit fünf namhafter deutscher<br />

Unternehmen im August 2005<br />

erarbeitet wurde, ist die Reduzierung<br />

der Verw<strong>und</strong>barkeit Kritischer Infrastrukturen<br />

gegenüber natürlichen Ereignissen<br />

<strong>und</strong> Unfällen sowie gegenüber<br />

terroristischen Anschlägen <strong>und</strong><br />

kriminellen Handlungen. Das Basisschutzkonzept<br />

fokussiert dabei auf<br />

bauliche, organisatorische, personenbezogene<br />

<strong>und</strong> technische Schutzmaßnahmen.<br />

22 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


Branche<br />

Quelle: DVGW<br />

Staat<br />

Adressaten <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

strategischer Konzepte <strong>für</strong> Gefährdungsanalysen,<br />

<strong>für</strong> Risikomanagementsysteme<br />

sowie von Maßnahmen<br />

zur Risikominimierung sind zunächst<br />

die Unternehmensleitungen der Infrastrukturbetreiber.<br />

Ausgangspunkt des Konzeptes ist<br />

ein mehrstufiger Analyse- <strong>und</strong> Planungsprozess,<br />

der eine Ermittlung<br />

der Risiken <strong>und</strong> eine daran anknüpfende<br />

Überprüfung sowie gegebenenfalls<br />

eine Anpassung von Schutzmaßnahmen<br />

umfasst. Er lässt sich<br />

wie folgt gliedern:<br />

I. Bildung von Gefährdungskategorien,<br />

differenziert nach den Bereichen<br />

Naturkatastrophen, Unfälle, Terrorismus<br />

<strong>und</strong> Kriminalität<br />

II. Festlegung des jeweiligen<br />

Schutzniveaus<br />

III. Entwicklung von Schadens- <strong>und</strong><br />

Bedrohungsszenarien<br />

IV. Analyse von Schwachstellen<br />

Strategie <strong>für</strong> die<br />

Wasserversorgung<br />

Trinkwassersicherheit – Kooperationen in Alltag Kooperation <strong>und</strong> Krise<br />

Aktualisierung des DVGW-Regelwerkes <strong>und</strong> des DVGW-TSM-Leitfadens<br />

(Risiko-, Sicherheits-, Krisenmanagement)<br />

Verbesserung der Abstimmung zwischen Behörden <strong>und</strong> WVU<br />

bei Konzeption von Maßnahmen seitens der Behörden<br />

(Katastrophenstäbe)<br />

Schaffung eindeutiger Regelungen zu den Kompetenzen <strong>für</strong> B<strong>und</strong>,<br />

Länder <strong>und</strong> Kommunen im Krisenfall<br />

Verbesserung der Ausrüstung anderer Beteiligter (z. B. THW,<br />

Feuerwehr, B<strong>und</strong>esgrenzschutz)<br />

Verbesserung/Schaffung zentraler Informationsstellen (z. B. Auskünfte<br />

bzgl. toxikologischer Relevanz von Stoffen)<br />

Notwendige Schritte zur Verbesserung der Sicherheit in der Wasserversorgung<br />

Aus der Vielzahl der vorgenannten<br />

Aktivitäten wird eine Reihe von<br />

Themenüberschneidungen deutlich.<br />

Aus Sicht der Wasserversorgung<br />

muss es Ziel sein, einerseits die Themenvielfalt<br />

sinnvoll aufeinander abzustimmen<br />

sowie Red<strong>und</strong>anzen <strong>und</strong><br />

Widersprüchlichkeiten in den jeweiligen<br />

Aktivitäten zu vermeiden. Der<br />

DVGW wird im Zuge der Fortschreibung<br />

seines Regelwerkes da<strong>für</strong> Sorge<br />

tragen, dass praxisgerechte An-<br />

forderungen <strong>und</strong> Handlungsanleitungen<br />

<strong>für</strong> die Branche definiert werden.<br />

Dies umfasst ein klares Konzept zur<br />

Umsetzung eines geeigneten Risiko<strong>und</strong><br />

Krisenmanagements <strong>für</strong> die Belange<br />

des täglichen Betriebes als<br />

auch <strong>für</strong> Extremereignisse (z. B. Naturkatastrophen).<br />

Der DVGW hat hierzu mit den beteiligten<br />

Ministerien <strong>und</strong> Behörden<br />

(BMG, UBA, BBK) die Vorgehensweise<br />

abgestimmt. Auf der Basis der<br />

Regelwerke W 1010 (DVGW 2000),<br />

W 1020 (DVGW 2003) <strong>und</strong> W 1050<br />

(DVGW 2002) (s. Grafik S. 22) soll ein<br />

zweiteiliges Regelwerk erarbeitet<br />

werden. Im ersten Teil sollen der betriebliche<br />

Alltag unter Einbeziehung<br />

von Vorsorgeplanung, Risikoanalyse<br />

<strong>und</strong> -bewertung im Vordergr<strong>und</strong> stehen.<br />

Der zweite Teil soll sich in erster<br />

Linie mit dem situativen Umgang eines<br />

Krisenfalls befassen, dies schließt<br />

insbesondere die Krisenkommunikation<br />

ein. Die Erarbeitung dieser Technischen<br />

Regeln soll bis Ende <strong>2006</strong><br />

abgeschlossen werden.<br />

Fazit<br />

Ausgelöst durch verschiedene Ereignisse<br />

in der jüngeren Vergangenheit<br />

wurde eine Vielzahl von Aktivitäten<br />

zum Sicherheits-, Risiko- <strong>und</strong> Krisenmanagement<br />

international <strong>und</strong><br />

national angestoßen. Für Außenstehende<br />

erscheinen diese Aktivitäten<br />

auf den ersten Blick verwirrend.<br />

Im Sinne der bisherigen Erfahrungen<br />

in der Wasserversorgung in<br />

Deutschland gilt es mit allen Beteiligten<br />

sinnvolle, nachvollziehbare <strong>und</strong><br />

praxisgerechte Lösungen <strong>für</strong> die<br />

Branche zu entwickeln. Der DVGW<br />

wird hierzu sein technisches Regelwerk<br />

mit Beteiligung der zuständigen<br />

Ministerien <strong>und</strong> Behörden zeitnah<br />

anpassen.<br />

Darüber hinaus gilt es im Dialog<br />

mit den Ministerien <strong>und</strong> den Behörden<br />

die vorhandenen Defizite, insbesondere<br />

im Katastrophenfall zur<br />

Sicherung einer hinreichenden Versorgung<br />

der Bevölkerung abzubauen.<br />

Hier sind u.a. eindeutige Regelungen<br />

zu den Kompetenzen <strong>für</strong><br />

B<strong>und</strong>, Länder <strong>und</strong> Kommunen im Krisenfall<br />

zu schaffen (s. Grafik S. 23).<br />

Literatur<br />

Baus, C., Bethmann, D., Castell-<br />

Exner, C. (<strong>2006</strong>): Das WHO Water<br />

Safety Plan-Konzept im Vergleich<br />

zum DVGW-Regelwerk <strong>und</strong> Technischen<br />

Sicherheitsmanagement.<br />

Energie Wasser Praxis, 57, H. 4.<br />

Castell-Exner, C. (2004): Die neuen<br />

WHO-Trinkwasserrichtlinien zur<br />

Trinkwasserqualität. in: Energie<br />

Wasser Praxis, 55, H. 12, S. 24 –<br />

27.<br />

DVGW (2003): Empfehlungen <strong>und</strong><br />

Hinweise <strong>für</strong> den Fall von Grenzwertüberschreitungen<br />

<strong>und</strong> anderen<br />

Abweichungen von Anforderungen<br />

der Trinkwasserversorgung.<br />

DVGW-Hinweis W 1020,<br />

Bonn Januar 2003.<br />

DVGW (2000): Leitfaden <strong>für</strong> die<br />

Erstellung eines Betriebshandbuches<br />

<strong>für</strong> Wasserversorgungsunternehmen.<br />

DVGW-Hinweis W 1010,<br />

Bonn Dezember 2000.<br />

DVGW (2002): Vorsorgeplanung<br />

<strong>für</strong> Notstandsfälle in der öffentlichen<br />

Trinkwasserversorgung. in:<br />

DVGW-Hinweis W 1050, Bonn März<br />

2002.<br />

Schmoll, O. & Müller-Wegener, U.<br />

(2004): Die dritte Auflage der<br />

WHO-Leitlinien <strong>für</strong> Trinkwasserqualität.<br />

Hintergr<strong>und</strong> <strong>und</strong> neue<br />

Entwicklungen. in: gwf Wasser/Abwasser,<br />

145, H. 13, München/Essen<br />

2004, S. 10 – 16.<br />

WHO (2004): Guidelines for drinking-water<br />

quality. in: 3 rd edition,<br />

Vol. 1 Recommendations, Genf<br />

2004.<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 23


Trinkwassersicherheit – Technische Lösungen<br />

Vorbereitung der Wasser<br />

auf die Sicherheits<br />

Dipl.-Ing. Heinz Jürgen Pfitzner, Freier Sachverständiger, Worms<br />

Trinkwasser, das „Lebensmittel Nr. 1“ ist das wichtigste Gut <strong>für</strong> alles Leben<br />

auf Erden <strong>und</strong> durch nichts zu ersetzen. Die Versorgung der Bevölkerung<br />

mit ges<strong>und</strong>em Trinkwasser in ausreichender Menge <strong>und</strong> Qualität ist eine<br />

elementare Aufgabe des Staates <strong>und</strong> ein wichtiger Teil der Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong><br />

Daseinsvorsorge.<br />

Ohne Wasser kein Leben!<br />

Dazu ein Auszug aus dem Kommentar<br />

zum LWG Rheinland-Pfalz,<br />

§ 46 Abs. 2 / WHG 7:<br />

„Die Versorgung der Bevölkerung<br />

mit einwandfreiem <strong>und</strong> ges<strong>und</strong>em<br />

Wasser gehört heute zu den wichtigsten<br />

<strong>und</strong> vordringlichsten Aufgaben<br />

der öffentlichen Daseinsvorsorge<br />

<strong>und</strong> ist durch nichts zu ersetzen.<br />

Sie ist von elementarer Bedeutung<br />

<strong>und</strong> im Beschluss vom 15.07.1981<br />

ZfW 1982, 293 des BverfG nachzulesen.“<br />

Um dieser Pflichtaufgabe im vollem<br />

Umfang gerecht zu werden,<br />

müssen die öffentlichen Trinkwasserversorgungsanlagen<br />

so erstellt<br />

<strong>und</strong> betrieben werden, dass in ausreichender<br />

Menge <strong>und</strong> Sauberkeit<br />

genügend Trinkwasser zur Verfügung<br />

steht <strong>und</strong> eine negative Beeinflussung<br />

des Trinkwassers durch<br />

Dritte nicht zu besorgen ist. Dies<br />

schließt auch den Lastfall einer „gewollten<br />

negativen Beeinflussung“<br />

der öffentlichen Trinkwasserversorgung<br />

mit ein. Sichere Trinkwasserversorgungsanlagen<br />

erschweren<br />

nicht nur kriminelle Energie eine Einflussnahme,<br />

sondern reduzieren Folgekosten<br />

durch:<br />

Reduzierung der Alarmpläne auf<br />

den Lastfall der höheren Gewalt<br />

(z. B. keine ausreichende Rohwassergewinnung)<br />

Reduzierung bis zur Verhinderung<br />

der Folgekosten bei dem Lastfall<br />

einer negativen Beeinflussung<br />

Schutz ganzer Agglomerationsräume<br />

<strong>und</strong> deren wirtschaftlicher Sektoren<br />

Letzteres soll Thema dieses Beitrages<br />

sein, da an diesem Punkt auch<br />

die freiheitlich-rechtliche Ordnung<br />

unseres Gemeinwesens tangiert ist.<br />

Sicherheit muss bezahlbar sein <strong>und</strong><br />

bleiben! Genau aus diesem Gr<strong>und</strong><br />

sind der Wasserversorgung Techniken<br />

an die Hand zu geben, um dieser Forderung<br />

gerecht zu werden sowie eine<br />

Umsetzung der Leitgedanken einer sicheren<br />

Trinkwasserversorgung zum<br />

Wohl der Allgemeinheit in Zukunft<br />

überhaupt zu ermöglichen.<br />

Fragestellungen<br />

Um ein Trinkwasserversorgungsnetz<br />

<strong>für</strong> zukünftige Sicherheitsanforderungen<br />

zu überprüfen, wird<br />

zunächst empfohlen, folgenden Fragenkatalog<br />

abzuarbeiten:<br />

1. An welcher Stelle kann eine negative<br />

Beeinflussung erfolgen <strong>und</strong> wie<br />

wird die entsprechende kriminelle<br />

Energie umgesetzt?<br />

2. Welche Auswirkungen können<br />

durch die Einflussnahme entstehen?<br />

3. Wie kann einer negativen Beeinflussung<br />

vorbeugend begegnet werden?<br />

– Vorschläge zur<br />

Aus Gründen der Ges<strong>und</strong>heits<strong>und</strong><br />

Daseins- Vorsorge zum Wohl aller<br />

Trinkwasserversorgungsanlagen<br />

müssen die Anlagen so erstellt <strong>und</strong><br />

betrieben werden, dass eine negative<br />

Beeinflussung des „Lebensmittels<br />

Nr. 1“ so weit wie möglich ausgeschlossen<br />

werden kann (Leitgedanke<br />

1).<br />

Des Weiteren wird deutlich, dass<br />

eine negative Beeinflussung des<br />

Trinkwassers nur durch eine Fremdeinleitung<br />

erfolgen kann (Leitgedanke<br />

2).<br />

Hieraus ergeben sich folgende<br />

Ableitungen <strong>und</strong> damit der dritte Leitgedanke:<br />

1. Kann man eine bestehende Sicherheitseinrichtung<br />

leicht umgehen,<br />

ist diese zwecklos.<br />

2. Kann man diese Einrichtung<br />

nicht umgehen <strong>und</strong> wird dadurch das<br />

kriminelle Ziel auch nicht durch Zerstörung<br />

erreicht, ist die Negativbeeinflussung<br />

des „Lebensmittels Nr. 1“<br />

nicht möglich (Leitgedanke 3).<br />

Diese drei Leitgedanken sichern,<br />

neben einer gr<strong>und</strong>sätzlich guten<br />

Trinkwasserqualität in der öffentlichen<br />

Trinkwasserversorgung die<br />

Gr<strong>und</strong>pfeiler einer guten Vorsorge<br />

<strong>und</strong> sind letztendlich Gesetzeswille.<br />

Um den gesetzlichen Vorgaben gerecht<br />

zu werden, wurden die Anlagenteile<br />

des Trinkwassertransportes<br />

bis hin zum Trinkwasserhausanschluss<br />

untersucht. An diesen Stellen<br />

ist eine unbemerkte negative Einflussnahme<br />

am leichtesten möglich,<br />

da weder der Unterflurhydrant noch<br />

eine Restentleerung über einen<br />

Rückflussverhinderer verfügen <strong>und</strong><br />

Wasserzähler betriebsbedingt so angebracht<br />

sind, dass man diese leicht<br />

demontieren kann.<br />

24 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


ersorgung<br />

probleme der Zukunft<br />

Lösungsvorschläge<br />

Für die geschilderten Probleme sind<br />

folgende Lösungsansätze denkbar:<br />

1. Durch das Auswechseln der<br />

Standrohrhalterung (Klauen) am Unterflurhydranten<br />

gegen einen Rückflussverhinderer<br />

mittels eingeklebter<br />

Abreißschrauben kann ein Dritter über<br />

diesen Punkt keine negative Einleitung<br />

in das Trinkwassertransportsystem<br />

vornehmen. Damit ist eine optimale<br />

Prävention gegen terroristische<br />

Anschläge gewährleistet. Als Werkstoff<br />

wird Edelstahl vorgeschlagen.<br />

2. Restentleerungen sollten mit<br />

einem Hydrostop o. Ä. gesichert werden.<br />

Flansche der Froschklappen sind<br />

einzubetonieren.<br />

3. Im Zuge von Neuerstellung oder<br />

Erneuerung von Trinkwasserhausanschlüssen<br />

muss der Rückflussverhinderer<br />

so angebracht werden, dass<br />

kein Dritter ihn umgehen kann. Dies<br />

ist nur im unzugänglichen, also im<br />

eingeerdetem Bereich, vornehmlich<br />

am Hausanschlussschieber, möglich.<br />

Als Werkstoff wird hier PE vorgeschlagen,<br />

weil die zu erwartenden Standzeiten<br />

denen der PE-Hausanschlussleitung<br />

gleichen.<br />

Kosten<br />

Unter der Vorgabe durchaus mittel-<br />

<strong>und</strong> langfristiger Umrüstzeiten<br />

von 20 Jahren <strong>für</strong> den Bereich der<br />

Transportleitungen <strong>und</strong> von 50 Jahren<br />

<strong>für</strong> den Trinkwasserhausanschluss<br />

ergibt sich eine Mehrbelastung<br />

des K<strong>und</strong>en von ca. 0,5 Euro,<br />

also von 50 Cent pro K<strong>und</strong>e <strong>und</strong><br />

Jahr; finanzielle Größenordnungen,<br />

die tatsächlich „Peanuts“ sind, jedoch<br />

eine enorme präventive Wirkung<br />

entfalten.<br />

Trinkwassersicherheit – Technische Kooperation<br />

Lösungen<br />

praktischen Umsetzung im Versorgungsnetz<br />

Zusammenfassung<br />

Der Schutz der öffentlichen Trinkwasserversorgung<br />

gehört zu den elementarsten<br />

Aufgaben, die zur Ges<strong>und</strong>heits-<br />

<strong>und</strong> Daseinsvorsorge als<br />

Pflichtaufgabe erbracht werden müssen.<br />

Nach dem heutigem Wissensstand<br />

kann <strong>und</strong> darf es nicht sein,<br />

dass eine Person ganze Agglomerationsräume<br />

samt anhängender Wirtschaft<br />

durch eine Kontaminierung<br />

des Trinkwassers so stark beeinflussen<br />

kann, dass diese kollabieren.<br />

Aufgr<strong>und</strong> der extremen psychologischen<br />

Wirkungen werden durch solche<br />

Ereignisse sowohl die Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Leib <strong>und</strong> Leben als auch Sicherheit<br />

<strong>und</strong> Ordnung massiv bedroht;<br />

also höchste Rechtsgüter. Der K<strong>und</strong>e,<br />

egal ob privater oder öffentlicher<br />

Abnehmer, setzt diese Sicherheitsvorkehrungen<br />

bereits voraus.<br />

Das Trinkwasserverteilungsnetz<br />

beinhaltet nicht nur fast 90 % des<br />

Anlagevermögens der öffentlichen<br />

Trinkwasserversorgung, sondern<br />

auch gleichzeitig den schwächsten<br />

Punkt im Trinkwasser-Verteilungssystem.<br />

Werden Trinkwasserversorgungsanlagen<br />

vor Eingriffen krimineller<br />

Energie bereits mit einfachen<br />

technischen Methoden geschützt,<br />

hat diese keine Chance einen Angriff<br />

auf Leib <strong>und</strong> Leben vorzunehmen.<br />

Eine sichere Trinkwasserversorgung<br />

reduziert die Kosten <strong>für</strong> kritische<br />

Strukturen auf das Wesentliche.<br />

„Manpower“ zur Vorbeugung ist<br />

günstiger <strong>und</strong> effizienter als der Einsatz<br />

<strong>für</strong> die Erstellung von Alarmplänen<br />

oder aber ein tatsächliches Krisen-<br />

<strong>und</strong> Katastrophenmanagement<br />

in einem konkreten Ereignis- bzw.<br />

Schadensfall. Systemvorschläge<br />

Schutz der öffentlichen<br />

Trinkwasserversorgung vor<br />

„negativer Einflussnahme“<br />

Hausanschluss Unterflurhydrant<br />

Rückflussverhinderer<br />

<strong>für</strong> den Trinkwasserhausanschlussschieber<br />

(im unzugänglichen<br />

Bereich)<br />

Unterteil<br />

mit Kugel<br />

Rückflussverhinderer<br />

<strong>für</strong> den Hausanschluss<br />

an der Anbohrstelle<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 25<br />

Oberteil<br />

Foto: creativ collection


Blick zum Nachbarn<br />

Schutz kritischer<br />

eine wichtige Aufgabe des Be<br />

Marc-Alexandre Graf, Projektleiter Schutz von Kritischen Infrastrukturen,<br />

Eidgenössisches Departement <strong>für</strong> Verteidigung, <strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />

Sport, <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong>, Bern<br />

Der Schutz kritischer Infrastrukturen wird immer wichtiger, einerseits durch<br />

die sich wandelnden Gefahren (extreme Naturereignisse, Cyberkriminalität,<br />

Terrorismus) <strong>und</strong> andererseits durch die zunehmende Verletzlichkeit<br />

der Infrastrukturen (Interdependenzen, Abhängigkeit von Energieversorgung<br />

<strong>und</strong> IT, usw.). In diesem Zusammenhang hat die Schweizer Regierung<br />

die Koordination der Arbeiten zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

dem <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong> übertragen.<br />

Ohne hochtechnisierte Infrastrukturen<br />

können moderne Gesellschaften<br />

nicht mehr existieren. Infrastrukturen<br />

bilden heute eine zentrale Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> das Funktionieren<br />

vieler politischer, wirtschaftlicher<br />

<strong>und</strong> gesellschaftlicher Prozesse. Der<br />

Grad der Funktionsfähigkeit von Infrastrukturen<br />

beeinflusst die Lebensqualität<br />

einer Gesellschaft <strong>und</strong> die<br />

Wertschöpfung der Wirtschaft in einem<br />

hohen Maß. Dies ist besonders<br />

der Fall in der Schweiz, wo ein stabiles<br />

<strong>und</strong> qualitativ hoch stehendes<br />

Infrastruktursystem einen wichtigen<br />

Standortfaktor darstellt. Entsprechend<br />

gering ist in der Schweiz die<br />

Akzeptanz <strong>für</strong> eingeschränkte oder<br />

nicht verfügbare Dienstleistungen.<br />

Die Bedeutung des Schutzes<br />

Kritischer Infrastrukturen<br />

Ein Ausfall von Infrastrukturen<br />

zieht meistens immense finanzielle<br />

Schäden <strong>für</strong> Staat, Gesellschaft <strong>und</strong>/<br />

oder Wirtschaft nach sich. Die zuneh-<br />

mende Konzentration von Werten<br />

(z. B. Personen, Immobilien, Mobilien,<br />

Kulturgüter) auf Ballungszentren<br />

sowie eine gegenüber früher erhöhte<br />

Nutzungsintensität führt insgesamt<br />

zu höheren potenziellen Schäden.<br />

Folgende Beispiele illustrieren dies<br />

<strong>und</strong> manifestieren die Verletzlichkeit<br />

von Infrastrukturen gegenüber diversen<br />

Bedrohungsformen in der<br />

Schweiz:<br />

Orkan Lothar führte am 26. Dezember<br />

1999 in der Schweiz zu direkten<br />

<strong>und</strong> indirekten Schäden von 1,7 Milliarden<br />

Franken. Die höchsten Kosten<br />

entstanden mit 760 Millionen<br />

Franken durch Waldschäden, die<br />

Schäden an Gebäuden <strong>und</strong> beweglichen<br />

Gütern betrugen 725 Millionen<br />

Franken.<br />

Schaden nehmen kann auch das<br />

Image einer Infrastruktur. So kam es<br />

am 22. Juni 2005 zu einem landesweiten<br />

Ausfall des Stromnetzes der<br />

Schweizer B<strong>und</strong>esbahn (SBB). Betroffen<br />

davon waren r<strong>und</strong> 1.500 Züge mit<br />

über 200.000 Reisenden. Die sonst<br />

als zuverlässig geltende SBB bezeichnete<br />

den erlittenen Imageschaden als<br />

groß, ohne genaue Zahlen zu nennen.<br />

Unabhängig davon entstand<br />

hoher finanzieller Schaden, der vor<br />

allem durch Zahlung von Entschädigungen<br />

verursacht wurde.<br />

Bisherige Aktivitäten<br />

Die Maßnahmen in den letzten<br />

Jahrzehnten im Bereich Schutz Kritischer<br />

Infrastrukturen in der Schweiz<br />

basiert u.a. auf den Arbeiten des Militärs<br />

<strong>und</strong> des Zivilschutzes (z. B.<br />

Schutz militärischer Bauten bzw.<br />

Schutzbauten gegen Waffenwirkungen),<br />

der Kernkraftwerk-Betreiber<br />

(baulich-technische <strong>und</strong> organisatorische<br />

Maßnahmen), der Betreiber<br />

von Wasserkraftanlagen (Überprüfung<br />

der Sicherheit von Stauanlagen)<br />

<strong>und</strong> der Polizei (Gebäudesicherheit).<br />

Zusätzlich laufen insbesondere seit<br />

1997 Aktivitäten zum Schutz der Informationsinfrastrukturen.<br />

Im Herbst 2003 erarbeitete das<br />

<strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

(BABS, im Ministerium <strong>für</strong> Verteidigung,<br />

<strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong><br />

Sport, VBS) eine Konzeptionsstudie<br />

„Schutz <strong>und</strong> Sicherheit von Kritischen<br />

Infrastrukturen”. Sie beinhaltet<br />

eine Methodik zur Identifikation<br />

<strong>und</strong> Beurteilung Kritischer Infrastrukturen<br />

sowie eine erste grobe Identifikation<br />

von folgenden, <strong>für</strong> die<br />

Schweiz relevanten Kritischen Infrastrukturen:<br />

26 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


Blick zum Nachbarn<br />

Infrastrukturen –<br />

völkerungsschutzes in der Schweiz<br />

Öffentliche Verwaltung<br />

Rettungs- <strong>und</strong> Notfallwesen<br />

Informations- <strong>und</strong> Kommunikationstechnik<br />

Energieversorgung<br />

Finanzwesen<br />

Industrie /produzierende Gewerbe<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

Transport <strong>und</strong> Logistik<br />

Wasser <strong>und</strong> Abwasser<br />

Lebensmittel<br />

<strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

<strong>und</strong> Schutz Kritischer<br />

Infrastrukturen<br />

Der Schweizer B<strong>und</strong>esrat hat im<br />

Juni 2005 dem <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

die koordinative Leitung<br />

der Arbeiten im Bereich Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen übertragen.<br />

Das <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong> <strong>für</strong> <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

wurde aufgr<strong>und</strong> seiner bisherigen<br />

Erfahrungen mit der Konzeption,<br />

dem Aufbau <strong>und</strong> der Werterhaltung<br />

von Schutzinfrastrukturen (Zivilschutz)<br />

sowie durch sein vorhandenes,<br />

breites Verständnis <strong>für</strong> Fragen<br />

des Schutzes <strong>und</strong> der Sicherheit von<br />

Infrastrukturen mit der interministeriellen<br />

Koordination betraut. Bei der<br />

Beantwortung von neuen Fragestellungen<br />

im Zusammenhang mit der<br />

Optimierung des Schutzes <strong>und</strong> der<br />

Sicherheit von Infrastrukturen kann<br />

auf dieses Know-how zurückgegriffen<br />

werden. Zudem ist diese Aufgabe im<br />

B<strong>und</strong>esgesetz über den <strong>Bevölkerungsschutz</strong><br />

<strong>und</strong> den Zivilschutz (BZG)<br />

in Artikel 2 (Zweckartikel) verankert:<br />

„Zweck des <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es ist<br />

es, die Bevölkerung <strong>und</strong> ihre Lebensgr<strong>und</strong>lagen<br />

bei Katastrophen <strong>und</strong> in<br />

Notlagen sowie im Falle bewaffneter<br />

Konflikte zu schützen sowie zur Begrenzung<br />

<strong>und</strong> Bewältigung von Schadenereignissen<br />

beizutragen.”<br />

Die Arbeiten des BABS erfolgen in<br />

enger Zusammenarbeit mit den verschiedenen,<br />

im Bereich des Schutzes<br />

von Kritischen Infrastrukturen tätigen<br />

Ministerien <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esämtern<br />

(mehr als 20 B<strong>und</strong>esstellen), den Kantonen<br />

<strong>und</strong> der Privatwirtschaft. Der<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen umfasst<br />

konzeptionelle, rechtliche, organisatorische<br />

<strong>und</strong> technische Maßnahmen,<br />

welche die Eintretenswahrscheinlichkeit<br />

bzw. das Ausmaß eines<br />

Ausfalls Kritischer Infrastrukturen reduzieren<br />

sollen. Daraus abgeleitete<br />

Maßnahmen können z. B. baulichtechnische<br />

Elemente (Schutz von<br />

Gebäuden gegen Erdbebenschäden),<br />

sicherheitstechnische Optimierungen<br />

(spezielle Zutrittsregelungen zu bestimmten<br />

Räumlichkeiten) oder aber<br />

auch IT-Verbesserungsvorschläge<br />

beinhalten (Einsatz von Firewalls zum<br />

Schutz von Informationsinfrastrukturen<br />

vor Hackerangriffen).<br />

Schrittweises Vorgehen<br />

In einer ersten Phase werden Begriffe<br />

<strong>und</strong> Gefährdungsszenarien definiert<br />

<strong>und</strong> bisherige in den verschiedenen<br />

Bereichen ausgeführte Arbeiten<br />

zusammengestellt. Diese Phase<br />

beinhaltet auch die Identifikation der<br />

<strong>für</strong> die Schweiz Kritischen Infrastrukturen<br />

<strong>und</strong> Infrastrukturteile. Anhand<br />

des kritischen Infrastrukturbereichs<br />

„Elektrizität“ sollen dann eine Strategie<br />

<strong>und</strong> Maßnahmen erarbeitet werden.<br />

Der Bereich Elektrizität wurde als<br />

Pilotprojekt gewählt, da die sichere<br />

Versorgung durch Elektrizität eine<br />

Gr<strong>und</strong>voraussetzung der modernen<br />

Industriegesellschaft darstellt. Eine<br />

Einschränkung der Stromversorgung<br />

hätte umfangreiche Konsequenzen:<br />

die reibungslose Produktion von Gütern<br />

<strong>und</strong> Dienstleistungen durch die<br />

Wirtschaft wird eingeschränkt, Absatz<br />

<strong>und</strong> Erlöse der Wirtschaft werden zurückgehen.<br />

Außerdem müssen die privaten<br />

Haushalte von vielen gewohnten<br />

<strong>und</strong> selbstverständlich gewordenen<br />

Annehmlichkeiten (z. B. funktionierender<br />

Kühlschrank, Licht <strong>und</strong> warmes<br />

Wasser) Abstand nehmen, was<br />

eine deutliche Verminderung der Lebensqualität<br />

bedeutet. In einem ersten<br />

Schritt sollen die Verletzlichkeit der<br />

Stromproduktion <strong>und</strong> der Verteilungsnetze<br />

analysiert sowie entsprechende<br />

Maßnahmen ausgearbeitet werden.<br />

Am Beispiel der Elektrizität sollen<br />

auch die Methodik <strong>und</strong> die<br />

Prozessabläufe modellhaft erarbeitet<br />

werden. Die Erfahrungen <strong>und</strong> Erkenntnisse<br />

sollen später bei der Risikoanalyse<br />

anderer kritischer Infrastrukturen<br />

angewendet werden können.<br />

Die Ergebnisse dieser ersten Phase<br />

der Arbeiten sollen Ende <strong>2006</strong> vorliegen.<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 27<br />

Foto: MEV


Foto: IABG<br />

Foto: IABG<br />

KRITIS international<br />

Vital Infrastructure Thre<br />

Dipl.-Ing. Rudolf Schäfer, Projektmanager, Industrieanlagen-Betriebsgesellschaft<br />

mbH (IABG), Ottobrunn<br />

Mitte Mai <strong>2006</strong> wurde im Rahmen des VITA-Projekts ein Demonstrator-<br />

Experiment zur synchronisierten Anwendung verschiedenartiger Szenario-Simulationswerkzeuge<br />

durchgeführt. Ein schwerer Schneesturm, eine<br />

Terror-Bedrohung <strong>und</strong> der damit einhergehende Kollaps der Elektrizitätsversorgung<br />

in zwei benachbarten Staaten einschließlich der Ausbreitungseffekte<br />

auf andere Infrastrukturen <strong>und</strong> die Bevölkerung waren die „Zutaten“<br />

der simulierten Übung. Damit wurde erfolgreich demonstriert, wie ein<br />

derartiges Konzept effizient auch länderübergreifend von öffentlichen <strong>und</strong><br />

privaten Betreiber-Organisationen auf verschiedenen Ebenen genutzt werden<br />

kann, um sich individuell auf Ausfälle von Kritischen Infrastrukturen<br />

sowie die auftretenden Domino-Effekte vorzubereiten. Darüber hinaus wurden<br />

in VITA u.a. Vorschläge zur Europäischen Forschung im Bereich Kritischer<br />

Infrastrukturen erarbeitet.<br />

Die Teilnehmer des VITA Übungsexperiments<br />

bei REE in Madrid.<br />

Das Jazz-novo tool zur Aufzeichnung<br />

des Verhaltens eines Operateurs in der<br />

OTS-Umgebung.<br />

Ein multidimensionales<br />

zum Schutz<br />

Das Europäische Sicherheitsforschungsprogramm<br />

Seit 2004 kommt in der Europäischen<br />

Union der Forschung zur Verbesserung<br />

der inneren Sicherheit<br />

eine hohe Priorität zu. Ab dem Jahr<br />

2007 werden mit dem European Security<br />

Research Program (ESRP) beträchtliche<br />

Forschungsmittel zur Verfügung<br />

gestellt. Mit vorbereitenden<br />

Aktionen zur Sicherheitsforschung<br />

(PASR) wurden von der EU in den<br />

Jahren 2004 bis <strong>2006</strong> bereits jeweils<br />

12 bis 15 Projekte pro Jahr zur Forschung<br />

verschiedener Sicherheitsaspekte<br />

gefördert. Einer dieser Aspekte<br />

ist der Schutz Kritischer Infrastrukturen.<br />

Diese PASR-Projekte sollen<br />

kurzfristig <strong>und</strong> mit begrenzten finanziellen<br />

Mitteln geeignete Schwerpunkte<br />

der künftigen Sicherheitsforschung<br />

aufzeigen.<br />

In diesem Rahmen wurde auch das<br />

VITA-Projekt von der EU als eines der<br />

ersten Projekte gefördert. VITA soll<br />

zum verbesserten Verständnis von<br />

Bedrohungs- <strong>und</strong> Risikofaktoren hin-<br />

sichtlich Kritischer Infrastrukturen<br />

beitragen. Darüber hinaus soll gezeigt<br />

werden, wie eine innovative Kombination<br />

bereits existierender Werkzeuge<br />

zur Entwicklung von Szenarien<br />

<strong>und</strong> zur Modellierung <strong>und</strong> Analyse<br />

zum Verständnis der gegenseitigen<br />

Abhängigkeiten von Kritischen Infrastrukturen<br />

auf politischer, operationeller<br />

<strong>und</strong> technischer Ebene beitragen<br />

kann.<br />

Unter der Federführung der IABG<br />

aus Ottobrunn bei München wurde<br />

VITA von einem Konsortium von sieben<br />

Firmen aus sechs EU-Mitgliedstaaten<br />

durchgeführt (IBBE, the Institute<br />

for Bio-cybernetics and Biomedical<br />

Engineering (Polen), the Swedish<br />

Defence Research Organisation FOI<br />

(Schweden), QinetiQ (Großbritannien),<br />

Red Eléctrica de España (Spanien),<br />

PM-Projektmanagement (Deutschland)<br />

<strong>und</strong> the Netherlands Organisation<br />

for Applied Scientific Research<br />

TNO (Holland)).<br />

Die VITA-Arbeitspakete<br />

TNO war <strong>für</strong> das erste Arbeitspaket<br />

zur systematischen Erfassung<br />

möglicher Bedrohungen von Kritischen<br />

Infrastrukturen zuständig <strong>und</strong><br />

hat dazu einen erweiterbaren Katalog<br />

von etwa 300 einzelnen Bedrohungen<br />

erarbeitet. Die Firma QinetiQ<br />

hat recherchiert, welche Werkzeuge<br />

potentiell im Rahmen von VITA zur<br />

Szenario-Entwicklung <strong>und</strong> Simulation<br />

eingesetzt werden können <strong>und</strong><br />

hierzu eine Datenbank einschließlich<br />

einer zugehörigen Bewertungsmethode<br />

erstellt. Parallel dazu wurden<br />

von FOI unter Verwendung des Bedrohungskataloges<br />

zwei geeignete<br />

Basis-Szenarien zur Störung von Kritischer<br />

Infrastrukturen entwickelt.<br />

28 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


europäisches Projekt<br />

Kritischer Infrastrukturen<br />

Eines dieser beiden wurde zum späteren<br />

Einsatz in der Demonstrator-<br />

Übung ausgewählt.<br />

Dabei haben alle VITA-Projektpartner<br />

ihre Erfahrungen zur Gestaltung<br />

der Szenarien eingebracht, um das<br />

entsprechende Verhalten der betrachteten<br />

Infrastrukturen (Elektrizitätsversorgung,<br />

Telekommunikation, Verkehr,<br />

Ges<strong>und</strong>heitswesen, Medien) im<br />

Zusammenspiel mit öffentlichen Zivilschutzkräften,<br />

dem nationalen Krisenmanagement<br />

sowie der internationalen<br />

Koordination abzubilden.<br />

Die nächste Herausforderung bestand<br />

darin, aufzuzeigen, wie kombinierte<br />

<strong>und</strong> synchronisierte Anwendungen<br />

der Szenario- <strong>und</strong> Übungswerkzeuge<br />

zur Analyse von Abhängigkeiten<br />

zwischen unterschiedlichen<br />

kritischen Infrastrukturen auf mehreren<br />

Ebenen beitragen können.<br />

Vorbereitung des<br />

Demonstrator-Experiments<br />

IBBE war <strong>für</strong> das Arbeitspaket zur<br />

Untersuchung der physiologischen<br />

Aspekte bei menschlichen Entscheidungsprozessen<br />

verantwortlich,<br />

beispielsweise in den Steuerungszentralen<br />

von kritischen Infrastrukturen.<br />

Eine kleine Multifuktionsmesseinheit,<br />

die am Kopf montiert ist, kann<br />

u.a. die Augen- <strong>und</strong> Kopfbewegungen<br />

sowie den Puls aufzeichnen, aus<br />

denen wichtige Rückschlüsse zum<br />

Verhalten des Bedienungspersonals<br />

in kritischen Situationen gezogen<br />

werden können.<br />

Für die Durchführung des Experiments<br />

wurde von der IABG das<br />

Werkzeug DEMOKRIT bereitgestellt,<br />

das aus vernetzten PCs zur Szenariosteuerung<br />

besteht. Damit können<br />

verschiedene Personen in der Not-<br />

KRITIS international<br />

ats and Assurance (VITA):<br />

Demonstrator-Konfiguration<br />

REE Operateure / Dispatcher<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 29<br />

Foto: IABG<br />

Foto: IABG


Foto: IABG<br />

KRITIS international<br />

fallübung definierte Rollen übernehmen,<br />

z. B. zur nationalen Krisenkoordination,<br />

den Medien, des Zivilschutzes,<br />

oder der Elektrizitätsnetz-<br />

Betreiber. Einem festgelegten<br />

Szenario folgend, werden damit vordefinierte<br />

einzelne Meldungen an<br />

bestimmte Rollenvertreter versendet,<br />

die auf die jeweils dargestellte Situation<br />

gemeinsam reagieren. Alle Aktionen<br />

<strong>und</strong> Reaktionen werden von<br />

DEMOKRIT <strong>für</strong> die spätere Analyse<br />

aufgezeichnet. Entsprechende Computermodelle<br />

erzeugen wetterbedingte<br />

Störungen von Transportverbindungen<br />

<strong>und</strong> Stromnetzen sowie<br />

zeitversetzt Kaskadeneffekte auf andere<br />

Infrastrukturen wie z. B. gestörte<br />

oder unterbrochene GSM <strong>und</strong> Festnetzleitungen.<br />

Der Verlauf der Notfallübung, der<br />

sich aus dem vorgegebenen Szenario<br />

<strong>und</strong> den Reaktionen der einzelnen<br />

Übungsparteien entwickelt, wird<br />

von einem übergeordneten Steuerungsteam<br />

überwacht. Dabei können<br />

entsprechende Maßnahmen zur<br />

Steuerung des Übungsverlaufs veranlasst<br />

werden, beispielsweise durch<br />

Veränderung der Wetterbedingungen<br />

oder der Einstreuung zusätzlicher<br />

Störfälle.<br />

Rollen-Diagramm<br />

VITALAND<br />

Goverment,<br />

Military<br />

National<br />

Crisis Mngmt.<br />

Civil Protect<br />

& Police<br />

Electrical<br />

Power<br />

Exercise Role Players<br />

External Observers<br />

International<br />

Co-ordination<br />

Simulation<br />

Models<br />

& Tools<br />

End Users, Media<br />

Zur Simulation der Elektrizitätsversorgung<br />

in den fiktiven Ländern wurde<br />

der OTS (Operator Training Simulator)<br />

des spanischen Elektrizitätsnetz-<br />

Betreibers Red Eléctrica eingesetzt,<br />

mit dem normalerweise die Operateure<br />

ausgebildet werden. Der OTS<br />

bildet das Verhalten des Elektrizitätsnetzes<br />

in Echtzeit sehr realitätsgetreu<br />

ab. Während der Übung lief der OTS<br />

zeitsynchron zum DEMOCRIT, um die<br />

realitätskonforme Interaktion des Bedienungspersonals<br />

mit den anderen<br />

Rollenvertretern (z. B. Polizei <strong>und</strong> Zivilschutz)<br />

zu gewährleisten.<br />

Machbarkeitsnachweis<br />

Nach unserem Kenntnisstand war<br />

es das erste Mal, dass das Verhalten<br />

mehrerer voneinander abhängiger Infrastruktursektoren<br />

unter verschiedenen<br />

Aspekten in einem konkreten<br />

Störfall-Szenario simuliert wurde.<br />

Das Experiment bildete mehrere<br />

Entscheidungsebenen ab, vom Konsol-Operateur<br />

eines Elektrizitätsnetz-<br />

Betreibers <strong>und</strong> lokalen Einsatzkräften<br />

bis hin zum nationalen Krisenmanagement,<br />

verschiedenen Endnutzern<br />

sowie der internationalen Koordination.<br />

ATIVIA<br />

Goverment,<br />

Military<br />

National<br />

Crisis Mngmt.<br />

Civil Protect<br />

& Police<br />

Electrical<br />

Power<br />

Insgesamt wurden drei Szenario-<br />

Sequenzen durchgespielt, von denen<br />

jede ca. zwei St<strong>und</strong>en dauerte. Die<br />

erste deckte die Entstehung des Notfalls<br />

ab: Kurz vor Weihnachten 2007<br />

kündigen Unbekannte Terroranschläge<br />

in den virtuellen Szenario-Ländern<br />

VITALAND, ATIVIA and NEUTRALIA<br />

an. Ein bereits vorhergesagter<br />

Schneesturm setzt ein <strong>und</strong> bringt den<br />

ohnehin stark belasteten Straßenverkehr<br />

in weiten Bereichen zum Erliegen.<br />

Kurze Zeit später treten Störungen<br />

in wichtigen Komponenten des<br />

Elektrizitätsnetzes auf <strong>und</strong> verursachen<br />

sich ausbreitende Stromausfälle.<br />

Dieses Szenario löste innerhalb<br />

weniger Minuten bei zehn echten<br />

Operateuren <strong>und</strong> fünfzehn DEMO-<br />

KRIT-Spielern, einschließlich Experten<br />

des deutschen <strong>B<strong>und</strong>esamt</strong>s <strong>für</strong><br />

<strong>Bevölkerungsschutz</strong> <strong>und</strong> Katastrophenhilfe<br />

(BBK), intensive Interaktionen<br />

aus. Dabei wurden Schneeräumdienste<br />

eingesetzt, Krankentransporte<br />

<strong>und</strong> viele weitere andere Maßnahmen<br />

veranlasst.<br />

Die zweite Sequenz, die „Eskalations-Phase“,<br />

erhöhte den Druck auf<br />

die Übungsparteien, da sich die Störungen<br />

der Elektrizitätsversorgung<br />

sowie der Kommunikationsverbindungen<br />

kaskadenartig ausbreiteten<br />

<strong>und</strong> auch andere Infrastrukturen in<br />

VITALAND <strong>und</strong> ATIVIA in Mitleidenschaft<br />

zogen.<br />

Die ausfallenden Kommunikationsverbindungen,<br />

der blockierte Verkehr<br />

sowie die Ungewissheit, inwieweit<br />

Terroranschläge die Netzausfälle verursacht<br />

haben könnten, vereitelten<br />

die intensiven Bemühungen der Operateure,<br />

das Elektrizitätsnetz zu stabilisieren,<br />

so dass sich die „Black-outs“<br />

weiter ausdehnten. Diese Umstände<br />

erschwerten auch den beiden nationalen<br />

Krisenstäben die Bewältigung<br />

der verschiedenen Notfallsituationen<br />

erheblich.<br />

Einer der OTS Operateure war an<br />

das Jazz-novo Überwachungssystem<br />

angeschlossen. Detaillierte physiologische<br />

Aufzeichnungen erlaubten die<br />

Auswertung seiner Entscheidungsprozesse<br />

als Reaktion auf die die <strong>für</strong><br />

ihn unvorhergesehenen Ereignisse.<br />

Dabei wurde ausgewertet, welche<br />

Informationen aus seinen verfügba-<br />

30 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


en Anzeigen von ihm benutzt wurden<br />

<strong>und</strong> wie lange er <strong>für</strong> die Einschätzung<br />

bestimmter Situationen benötigte.<br />

Trotz der Einschränkungen, die mit<br />

einer derartigen Übung verb<strong>und</strong>en<br />

sind, konnte eine Reihe von Aspekten<br />

zum Schutz kritischer Infrastrukturen<br />

beobachtet <strong>und</strong> untersucht<br />

werden. Lokale Sicherheitskräfte<br />

maßen beispielsweise den Unterstützungsanforderungen<br />

der Infrastrukturbetreiber<br />

zur Störungsbeseitigung<br />

in den geographisch verstreuten Anlagen<br />

zu geringe Bedeutung bei, was<br />

die Versorgungssituation weiter verschlechterte.<br />

Vor dem Hintergr<strong>und</strong><br />

der vielfältigen Herausforderungen<br />

(z. B. die Verlegung von Patienten eines<br />

Krankenhauses mit ausgefallenen<br />

Notstromaggregaten unter extrem<br />

schwierigen Verkehrsbedingungen<br />

bei gleichzeitigem Stromausfall in<br />

ganzen Regionen) kam es zu Koordinationsproblemen.<br />

Bürokratische Probleme an den<br />

Landesgrenzen <strong>für</strong> Einsatzkräfte der<br />

Betreiber sowie des Zivilschutzes<br />

machten die Situation <strong>für</strong> die Koordinierungskräfte<br />

ebenfalls nicht einfacher.<br />

Die länderübergreifende Koordination<br />

war teilweise formal <strong>und</strong><br />

langwierig, insbesondere was die<br />

Unterstützung durch militärische<br />

Hilfseinsätze betraf. Hier wurde das<br />

Fehlen vordefinierter Abläufe <strong>und</strong> Regelungen<br />

sowie einheitlicher Terminologien<br />

deutlich, was auch bereits<br />

in tatsächlichen Krisensituationen beobachtet<br />

werden konnte. Diese Effekte<br />

bestätigen die Übertragbarkeit der<br />

in der Notfallübung gewonnenen Erkenntnisse<br />

auf die Realität.<br />

Die dritte Sequenz behandelte die<br />

Wiederherstellungsphase nach zwei<br />

Tagen großräumigen Stromausfalls<br />

in Verbindung mit dem schweren<br />

Schneesturm <strong>und</strong> den sich daraus<br />

ergebenden Konsequenzen. Das Krisenmanagement<br />

war intensiv mit der<br />

internationalen Koordinierung der<br />

Einsatzkräfte <strong>und</strong> der Verteilung der<br />

Hilfsgüter beschäftigt. Dabei waren<br />

zwischen den beiden betroffenen<br />

Ländern auch Interessenskonflikte zu<br />

lösen, wie die unabhängigen Beobachter<br />

der Übung vom BBK, der Holländischen<br />

Gasunie, dem EU Joint<br />

Landkarte der virtuellen Länder<br />

Research Centre sowie dem Schweizer<br />

Außenministerium feststellen<br />

konnten.<br />

Bewertung<br />

Die Aufzeichnungen des Zusammenspiels<br />

der Übungsteilnehmer einschließlich<br />

der erstmaligen Jazznovo-Messungen<br />

bei einem Operateur<br />

der (simulierten) Krisensituation<br />

resultierten in einer sehr großen Datenmenge.<br />

Die detaillierte Analyse<br />

wird noch einige Zeit in Anspruch<br />

nehmen <strong>und</strong> soll u. a. zu verbesserten<br />

Trainingsmethoden des Bedienungspersonals<br />

von Betreibern führen.<br />

Die kombinierte Nutzung von OTS<br />

<strong>und</strong> DEMOCRIT zeigte die verschiedenen<br />

Abhängigkeiten <strong>und</strong> typische<br />

Kommunikationsprobleme bei der<br />

Notfall-Bewältigung auf. Die Notwendigkeit<br />

von nationalen <strong>und</strong> internationalen<br />

Übereinkünften zur Notfallvorsorge<br />

in Verbindung mit entsprechenden<br />

Notfallübungen auf verschiedenen<br />

Ebenen <strong>und</strong> unter Einbeziehung<br />

öffentlicher <strong>und</strong> privater Betreiber<br />

von Kritischen Infrastrukturen<br />

wurde deutlich.<br />

Werkzeuge wie DEMOKRIT ermöglichen<br />

auf effektive Weise zeitsynchron<br />

die Verbindung von Szenarien<br />

des nationalen Katastrophenschutzes<br />

KRITIS international<br />

mit einzelnen Kontrollzentren privater<br />

oder öffentlicher Kritischer Infrastrukturbetreiber.<br />

VITA hat gezeigt,<br />

wie derartige Interaktionen zu neuen<br />

Einsichten in die wechselseitige Abhängigkeit<br />

Kritischer Infrastrukturen<br />

führen.<br />

Es war der einhellige Konsens zwischen<br />

allen Teilnehmern, dass dieses<br />

Übungsexperiment erfolgreich<br />

die Eignung des Verfahrens zur Untersuchung<br />

von CIP-Phänomenen demonstriert<br />

hat. Der methodische<br />

Ansatz kann als Ausgangspunkt <strong>für</strong><br />

künftige Analysen des breiten Spektrums<br />

von Problemen der Kritischen<br />

Infrastrukturen in den verschiedenen<br />

Sektoren genutzt werden. Darüber<br />

hinaus ist die Betrachtungsebene frei<br />

skalierbar, d.h. die Untersuchungen<br />

lassen sich auf lokaler Unternehmensebene<br />

ebenso durchführen, wie<br />

auf internationaler Sektorenebene.<br />

Anfang Juli fand in Brüssel die<br />

VITA Abschlusskonferenz statt, bei<br />

der das Projekt <strong>und</strong> dessen Ergebnisse<br />

der interessierten Öffentlichkeit<br />

vorgestellt wurden. Dabei wurden<br />

auch Vorschläge zur künftigen Ausrichtung<br />

des Europäischen Sicherheitsforschungsprogrammsdiskutiert.<br />

Das VITA-Projekt wird von der EU<br />

gefördert (PASR-2004-004400).<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong> www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 31<br />

Foto: IABG


Glossar<br />

Teil 3 *<br />

Verstehen wir uns richtig?<br />

Ausfallplanung: Vorsorge zur Aufrechterhaltung<br />

oder Wiederherstellung<br />

von Unternehmensprozessen –<br />

z. B. in Unternehmen Kritischer Infrastrukturen<br />

– <strong>für</strong> den Fall unvorhergesehener<br />

Ereignisse.<br />

Business Continuity Management<br />

(BCM): Gesamtheit der organisatorischen,<br />

technischen <strong>und</strong> personellen<br />

Maßnahmen, die zur Fortführung des<br />

Kerngeschäfts eines Unternehmens<br />

unmittelbar nach Eintritt eines Krisenfalles<br />

<strong>und</strong> zur sukzessiven Fortführung<br />

des gesamten Geschäftsbetriebes<br />

bei länger andauernden Ausfällen<br />

oder Störungen dienen; Bestandteil<br />

des Managements der meisten<br />

Unternehmen Kritischer Infrastrukturen.<br />

Critical Information Infrastructure<br />

Protection (CIIP): international<br />

übliche Bezeichnung <strong>und</strong> Abkürzung<br />

<strong>für</strong> den Schutz der kritischen, IT-gestützten<br />

Informations- <strong>und</strong> Kommunikationsinfrastrukturen.<br />

Critical Infrastructure Protection<br />

(CIP): international übliche Bezeichnung<br />

<strong>und</strong> Abkürzung <strong>für</strong> den Schutz<br />

Kritischer Infrastrukturen.<br />

Dominoeffekt: Abfolge von Ereignissen,<br />

von denen jedes einzelne Ereignis<br />

zugleich Ursache <strong>für</strong> das nachfolgende<br />

ist; die Gesamtheit der Ereignisse<br />

ist auf ein <strong>und</strong> dasselbe<br />

Anfangsereignis zurückzuführen.<br />

Elementarschäden: Schäden aus<br />

Naturereignissen, wie beispielsweise<br />

Definierte Begriffe <strong>für</strong> eine klare K<br />

bearbeitet von Dr. Wolfram Geier, Bonn<br />

Dominoeffekt, Interdependenzen, Red<strong>und</strong>anz u. a. sind wichtige Begriffe<br />

des <strong>Bevölkerungsschutz</strong>es <strong>und</strong> des Krisenmanagements, wenn es um die<br />

Gefährdungen <strong>und</strong> den Schutz von so genannten Kritischen Infrastrukturen<br />

geht. Gemäß einschlägiger Definitionen aus der Fachliteratur werden die<br />

wichtigsten Begrifflichkeiten im Zusammenhang mit dem Themenschwerpunkt<br />

„Schutz Kritischer Infrastrukturen“ in Kurzfassung vorgestellt.<br />

Feuer, Hitze, Blitz- <strong>und</strong> Hagelschlag,<br />

Hochwasser, Sturmfluten, Frost, Lawinen,<br />

Steinschlag oder Erdbeben.<br />

European Programme for Critical<br />

Infrastructure Protection (EPCIP):<br />

Programm zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

der Europäischen Kommission,<br />

vorrangig zum Schutz von<br />

Kritischen Infrastrukturen, die eine<br />

internationale europäische, d. h. mehrere<br />

Mitgliedstaaten betreffende Dimension<br />

haben.<br />

Infrastruktur: Gesamtheit der öffentlichen<br />

Einrichtungen der Vorsorgeverwaltung,<br />

wie z. B. die der Allgemeinheit<br />

dienenden Einrichtungen <strong>für</strong><br />

Verkehr <strong>und</strong> Beförderung, Fernmeldewesen<br />

<strong>und</strong> Telekommunikation,<br />

Gas-, Wasser- <strong>und</strong> Elektrizitätsversorgung,<br />

Bildung <strong>und</strong> Kultur, Ges<strong>und</strong>heit,<br />

Sicherheit <strong>und</strong> Sozialwesen.<br />

Interdependenzen: Wechselwirkung<br />

oder gegenseitige Beeinflussung<br />

verschiedener Systeme, Systemteile<br />

oder aber Kritischer Infrastrukturen<br />

untereinander.<br />

ISO-Norm 17799: Internationaler<br />

Standard <strong>für</strong> die Informationssicherheit<br />

mit Anleitungen <strong>für</strong> den Aufbau<br />

<strong>und</strong> das Führen eines Informationssicherheitsmanagementsystems<br />

(ISMS).<br />

Kritikalität: bezeichnet ein relatives<br />

Maß <strong>für</strong> die Bedeutsamkeit einer<br />

Infrastruktur in Bezug auf die Konsequenzen,<br />

die eine Störung oder ein<br />

Funktionsausfall <strong>für</strong> die Versorgungs-<br />

sicherheit der Gesellschaft mit wichtigen<br />

Gütern <strong>und</strong> Dienstleistungen hat.<br />

Kritische Infrastrukturen: in<br />

Deutschland von Seiten der B<strong>und</strong>esregierung<br />

definiert als Organisationen<br />

<strong>und</strong> Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung<br />

<strong>für</strong> das staatliche Gemeinwesen,<br />

bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung<br />

nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe,<br />

erhebliche Störungen<br />

der öffentlichen Sicherheit<br />

oder andere dramatische Folgen eintreten<br />

würden. Zu den Kritischen Infrastrukturen<br />

zählen unter anderem<br />

der Energiesektor, der Sektor Informations-<br />

<strong>und</strong> Telekommunikationstechnik,<br />

der Sektor Transport <strong>und</strong><br />

Verkehr, der Sektor Versorgung einschließlich<br />

Trinkwasser <strong>und</strong> Lebensmittel,<br />

Ges<strong>und</strong>heit, Notfall- <strong>und</strong> Rettungswesen<br />

sowie Entsorgung, der<br />

Sektor Gefahrstoffe einschließlich<br />

sensitiver Industrien, der Sektor Behörden<br />

<strong>und</strong> Öffentliche Verwaltung,<br />

der Sektor Banken-, Finanz- <strong>und</strong> Versicherungswesen<br />

sowie auch symbolträchtige<br />

Bauwerke, Medien <strong>und</strong><br />

Großforschungseinrichtungen.<br />

Notfallplanung: Gesamtheit der<br />

konkreten Vorbereitungen <strong>für</strong> den<br />

Krisen- oder Katastrophenfall, die zu<br />

treffen sind, um dessen effektive Bewältigung<br />

zu gewährleisten; Notfallplanung<br />

ist ein wesentlicher Bestandteil<br />

der Notfallvorsorge.<br />

Public Private Partnership (PPP):<br />

international gebräuchliche Bezeichnung<br />

<strong>für</strong> die Zusammenarbeit von<br />

Öffentlicher Hand <strong>und</strong> privatwirtschaftlichen<br />

Unternehmen. PPP dient<br />

unter anderem der Mobilisierung privaten<br />

Kapitals <strong>und</strong> Fachwissens zur<br />

Erfüllung öffentlicher bzw. staatlicher<br />

Aufgaben. Im weiteren Sinn wird der<br />

Begriff auch <strong>für</strong> andere Arten der Zusammenarbeit<br />

von staatlichen Einrichtungen<br />

mit privaten Wirtschaftsunternehmen<br />

benutzt. PPP ist ein<br />

wichtiges Instrument beim Schutz<br />

32 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


mmunikation<br />

Kritischer Infrastrukturen, da die<br />

Mehrzahl der Kritischen Infrastrukturbetreiber<br />

privatwirtschaftliche Unternehmen<br />

sind.<br />

Qualitätsmanagement: Gesamtheit<br />

der Maßnahmen eines Unternehmens,<br />

die der Schaffung, Sicherung<br />

<strong>und</strong> Verbesserung der Qualität dienen.<br />

Die Umsetzung erfolgt im Unternehmen<br />

durch ein entsprechendes<br />

Qualitätsmanagementsystem (QMS),<br />

das sich meist an den ISO-9000er-<br />

Normen orientiert. Ein QMS ist u. a.<br />

Basis <strong>für</strong> ein umfassendes Schutz<strong>und</strong><br />

Sicherheitsmanagement in Unternehmen<br />

Kritischer Infrastrukturen.<br />

Red<strong>und</strong>anz: bezeichnet das mehrfache<br />

Vorhandensein identischer<br />

Strukturen <strong>und</strong> Ressourcen zum<br />

Zweck der Erhöhung der Ausfallsicherheit<br />

eines Systems.<br />

Risikoanalyse: wissenschaftlich<br />

basiertes Verfahren zur konkreten Ermittlung<br />

<strong>und</strong> Bewertung von konkreten<br />

Gefahrenpotentialen, Schadensausmaßen<br />

<strong>und</strong> Eintrittswahrscheinlichkeiten;<br />

spezifische Risikoanalysen<br />

sind notwendig, um das Risiko Kritischer<br />

Infrastrukturen zu erkennen.<br />

Schutz Kritischer Infrastrukturen:<br />

Gesamtheit aller staatlichen <strong>und</strong> privaten<br />

Maßnahmen, Gefährdungen<br />

Kritischer Infrastrukturen zu erkennen,<br />

Risiken <strong>für</strong> die Kritischen Infrastrukturen<br />

zu analysieren sowie Konzepte<br />

zur Risikominimierung zu entwickeln<br />

<strong>und</strong> umzusetzen.<br />

Vulnerabilität: Verletzlichkeit; steht<br />

<strong>für</strong> ein abstraktes Phänomen, das sich<br />

als Schadenanfälligkeit eines Objektes<br />

oder Systems gegenüber einem<br />

Gefahrenereignis spezifischer Art <strong>und</strong><br />

Stärke umschreiben lässt.<br />

* Teil 1 <strong>und</strong> 2 siehe „Notfallvorsorge“<br />

01/<strong>2006</strong>, S. 32 f. sowie 02/<strong>2006</strong>, S. 29<br />

Vulnerabilität von<br />

Logistikstrukturen<br />

im Lebensmittelhandel<br />

Reihe Angewandte Wissenschaft,<br />

<strong>Heft</strong> 512, Schriftenreihe des B<strong>und</strong>esministeriums<br />

<strong>für</strong> Ernährung,<br />

Landwirtschaft <strong>und</strong> Verbraucherschutz,<br />

B<strong>und</strong>esanstalt <strong>für</strong> Landwirtschaft<br />

<strong>und</strong> Ernährung (Hrsg.),<br />

Landwirtschaftsverlag Münster-<br />

Hiltrup, 2005, 154 Seiten; 10,– Euro,<br />

ISSN 0723-7847 / ISBN 3-7843-<br />

0512-1<br />

Auszüge aus der Einleitung:<br />

„Mit der Veränderung der weltpolitischen<br />

Situation in den 80er <strong>und</strong><br />

90er Jahren des 20. Jahrh<strong>und</strong>erts, der<br />

Entwicklung neuer Dimensionen terroristischer<br />

Angriffe (11. September<br />

2001) <strong>und</strong> den noch weitgehend unbekannten<br />

Auswirkungen des Klimawandels<br />

kommen neuartige Fragen<br />

<strong>und</strong> Aufgabenstellungen auf die Notfallvorsorge<br />

zu. Eine bedeutende Rolle<br />

spielt die technologische Entwicklung<br />

sowie der Einsatz modernster<br />

Technologie im täglichen Leben.<br />

Schwerpunkte sind die Frage nach<br />

dem Anstieg der Vulnerabilität der<br />

Gesellschaft bei größeren Störungen<br />

<strong>und</strong> die Sicherheit der technologischen<br />

Abläufe unter wesentlich verschlechterten<br />

bzw. empfindlich gestörten<br />

Umgebungsbedingungen.“<br />

... <strong>und</strong> aus der abschließenden<br />

Zusammenfassung:<br />

„Die Gesellschaft erhöht ihr Risiko<br />

aus ökonomischen Gründen über<br />

die Kaufentscheidung nach dem<br />

niedrigsten Preis – dies ist das Fazit<br />

dieser Arbeit. Eine andere Formulierung<br />

des Sachverhaltes zeigt in die<br />

bessere Richtung: Sicherheit hat ihren<br />

Preis.“<br />

Zwischen diesen beiden Zitaten liegen<br />

ca. 120 Seiten der Beweisführung<br />

des Autors mit nachfolgendem<br />

Eindruck beim Rezensenten:<br />

Wer heute noch glaubt, dass die Ernährung<br />

der Bevölkerung in Kriegs-,<br />

Krisen- <strong>und</strong> Katastrophenzeiten mit<br />

Essenmarken, Suppenküchen <strong>und</strong><br />

Zwangsbewirtschaftung der landwirtschaftlichen<br />

Betriebe sichergestellt<br />

werden kann, wird durch dieses nütz-<br />

Für Sie gelesen <strong>und</strong> empfohlen<br />

liche, mit kompakter Information gefüllte<br />

Buch nachhaltig belehrt, nachdenklich<br />

<strong>und</strong> auch besorgt gemacht.<br />

Z.B. schlagen die Empfindlichkeiten,<br />

die sich aus der just in time-Versorgung<br />

ergeben oder die gr<strong>und</strong>legenden<br />

Abhängigkeiten von elektrischer<br />

Energie, von IT <strong>und</strong> EDV voll durch.<br />

Wenn sich die gesamte Lebensmittelversorgung<br />

der Bevölkerung ständig<br />

zu einem hohen Prozentsatz auf<br />

der Autobahn befindet, wenn das Aus<br />

der Elektroversorgung die gesamten<br />

Kassensysteme, Buchhaltungen, logistischen<br />

Steuerungssysteme, Kühlhäuser<br />

usw. außer Betrieb setzt, ergeben<br />

sich Lähmungen der Lebensmittelversorgung<br />

ungeheuren Ausmaßes.<br />

Manuelle alternative Ersatzverfahren<br />

<strong>für</strong> die Bedienung <strong>und</strong> den<br />

Betrieb ausgefallener Systeme gibt<br />

es nicht <strong>und</strong> am empfindlichsten gegen<br />

solche Schadenseinflüsse sind<br />

die vielen Filialen <strong>und</strong> Verkaufsstellen<br />

in der Fläche.<br />

Dieses Buch ist nicht nur denjenigen<br />

zu empfehlen, die sich ohnehin<br />

schon in irgendeiner Weise mit <strong>Bevölkerungsschutz</strong>,<br />

Notfallvorsorge<br />

<strong>und</strong> Gefahrenabwehr befassen – die<br />

lernen auch noch vieles hinzu. Sondern<br />

die Empfehlung richtet sich an<br />

alle, die Versorgungsverantwortung<br />

tragen wie z. B. an das Management<br />

von Firmen, an die Leitungen von<br />

Einrichtungen des Ges<strong>und</strong>heitswesens,<br />

der Alten- <strong>und</strong> Behindertenpflege,<br />

Kommunalpolitiker <strong>und</strong> Vorstände<br />

einschlägig tätiger Verbände. Im<br />

<strong>Bevölkerungsschutz</strong> spricht es u.a.<br />

die Verantwortlichen im Fachdienst<br />

Betreuungsdienst besonders an.<br />

Bei langzeitlichen <strong>und</strong> großräumigen<br />

Schadenslagen ist es schnell<br />

vorbei mit der Funktionsfähigkeit von<br />

Feldküchen <strong>und</strong> provisorischen Notaufnahmelagern.<br />

Die Einsatzvorschriften<br />

<strong>für</strong> den Betreuungsdienst<br />

müssen wohl vorsorglich überprüft<br />

<strong>und</strong> ggf. auf anderen Gr<strong>und</strong>lagen der<br />

Versorgung neu gefasst werden.<br />

Dieses Buch ist nicht nur zu empfehlen;<br />

es ist sogar zu fordern, dass<br />

diese gesammelten Erkenntnisse offiziell<br />

aufgearbeitet <strong>und</strong> nutzerorientierte<br />

Problemlösungen entwickelt<br />

werden.<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong><br />

www.WALHALLA.de/notfallvorsorge 33


Für Sie gelesen <strong>und</strong> empfohlen<br />

WAS IST WAS?<br />

Band 74<br />

Naturkatastrophen<br />

Von Rainer Crummenerl<br />

Tessloff Verlag, Nürnberg 2001<br />

48 Seiten; 8,90 Euro<br />

ISBN 3-7886-0414-X<br />

„Erdbeben, Vulkanausbrüche,<br />

Überschwemmungen oder Lawinenabgänge<br />

sind – wissenschaftlich betrachtet<br />

– noch keine Katastrophen,<br />

sondern Naturereignisse. Erst wenn<br />

bei diesen Ereignissen Menschen<br />

getötet oder verletzt werden, wenn<br />

Häuser <strong>und</strong> Fabriken, Stromleitungen<br />

<strong>und</strong> Straßen zerstört oder Ernten<br />

vernichtet werden, spricht man<br />

von Naturkatastrophen.“ So zu lesen<br />

im Band 74 der Kinderbuchreihe<br />

„WAS IST WAS?“, der sich dezidiert<br />

mit Katastrophen durch schwere Naturereignisse,<br />

ihren Ursachen <strong>und</strong><br />

Folgen <strong>und</strong> den Möglichkeiten der<br />

Vorsorge <strong>und</strong> Schutzvorkehr auseinandersetzt.<br />

Für Kinder ab etwa 9 Jahre<br />

zeigt dieses Bändchen der altbekannten<br />

Kinderbuchreihe sehr anschaulich,<br />

was die Ursachen von<br />

Erdbeben, Vulkanausbrüchen, Tsunamis,<br />

Sturmfluten, Hurrikanen <strong>und</strong><br />

Tornados, Dürren <strong>und</strong> Feuersbrünsten<br />

sind, welche Folgen sie auf<br />

Mensch <strong>und</strong> Infrastrukturen haben<br />

<strong>und</strong> welche Möglichkeiten des Schutzes<br />

es gibt. Neben einem kleinen historischen<br />

Rückblick auf die größten<br />

bekannten Katastrophen der Menschheitsgeschichte<br />

im Kontext mit den<br />

jeweiligen Fachkapiteln wird vor allem<br />

auf aktuelle Gefährdungssituationen<br />

<strong>und</strong> Risiken eingegangen. Dabei<br />

werden Fragen nach der Funktionsweise<br />

eines Tsunami-Frühwarndienstes<br />

ebenso gestellt, wie Fragen nach<br />

der Tornadogefahr <strong>für</strong> Deutschland,<br />

den Folgen des „Treibhauseffektes“<br />

oder aber der Problematik der Ballungszentren<br />

in der „Dritten Welt“<br />

<strong>und</strong> deren besondere Verletzlichkeit.<br />

Die Hochwassersperrwerke an der<br />

Themse <strong>und</strong> in den Niederlanden<br />

sowie Schnitte durch einen Seedeich<br />

zeigen beispielhaft konkrete Schutzmaßnahmen<br />

gegen Sturmfluten auf.<br />

Am Beispiel des Lawinenunglücks<br />

von 1999 in Galtür problematisiert<br />

<strong>und</strong> erklärt der Autor die besonderen<br />

Risiken der Bergregionen bis hin<br />

zum Langzeitschutz durch – leider<br />

oftmals abgeholzte – Bannwälder,<br />

Verbauungszäune <strong>und</strong> -netze. Auch<br />

wenn in einzelnen Kapiteln technische<br />

Innovationen, wie der Lawinen-<br />

Airbag <strong>für</strong> Skifahrer aufgezeigt werden,<br />

über deren Nutzen man geteilter<br />

Meinung sein kann, verweist<br />

Crummenerl immer wieder auf das<br />

Beziehungsgeflecht von Mensch,<br />

Natur, Infrastrukturen <strong>und</strong> Katastrophenpotentialen<br />

<strong>und</strong> ihren tatsächlichen<br />

Ursachen. Den jungen Lesern<br />

wird so nicht die Illusion eines<br />

(un-)möglichen 100%igen Schutzes<br />

vermittelt, sondern der Gedanke der<br />

Prävention <strong>und</strong> der Vorsorge in den<br />

Mittelpunkt gestellt. Ein kleines Glossar,<br />

das von „Aa-Lava“ über „El Niño“<br />

bis zu „Wächten“ reicht, ergänzt diesen<br />

reichhaltig bebilderten Band.<br />

Besonders bemerkenswert ist, dass<br />

es hier gelingt, ohne moralisierenden<br />

Unterton der jungen Leserschaft nahe<br />

zu bringen, dass auch in unseren Regionen<br />

schwere Naturereignisse großen<br />

Schaden anrichten können, die<br />

wirklichen Katastrophen jedoch meist<br />

in anderen <strong>und</strong> meist sehr armen<br />

Regionen, der so genannten „Dritten<br />

Welt“ geschehen. Trotz dieser Differenzierungen<br />

hinterlässt die Lektüre<br />

dieses wertvollen Kinderbuches<br />

mehr Verständnis <strong>für</strong> die Probleme<br />

der „Einen Welt“ <strong>und</strong> die Notwendigkeit<br />

einer globalen ganzheitlichen <strong>und</strong><br />

nachhaltigen Betrachtung als manche<br />

politische Erklärung der Erwachsenenwelt<br />

zum gleichen Thema. In Ergänzung<br />

mit Band 114 über die Feuerwehr<br />

<strong>und</strong> Band 120 über die Polizei,<br />

beide ebenfalls aus der Reihe<br />

„WAS IST WAS?“, kann Kindern<br />

durch die Lektüre ein beinahe spielerischer<br />

Zugang zur Thematik der Katastrophenvorsorge<br />

<strong>und</strong> der Gefahrenabwehr<br />

eröffnet werden – ein Zugang,<br />

der in Deutschland massiv zu<br />

fördern ist. Es wäre schön, wenn dieses<br />

Büchlein die Bücherregale<br />

möglichst vieler Kinderzimmer erreichen<br />

könnte <strong>und</strong> die Erklärung der<br />

Welt <strong>für</strong> Kinder nicht nur den Harry<br />

Potters überlassen bliebe.<br />

Aktuell<br />

KRITIS – Aktuelles<br />

aus dem BMI<br />

Mit Wirkung vom 01.08.<strong>2006</strong> hat<br />

im B<strong>und</strong>esministerium des Innern<br />

das neu eingerichtete Referat IS 6<br />

„Schutz Kritischer Infrastrukturen“<br />

seine Arbeit aufgenommen. Referatsleiter<br />

ist Ministerialrat Stefan<br />

Baron von Holtey. Das neue Referat<br />

in der Abteilung IS (Innere Sicherheit)<br />

koordiniert abteilungsübergreifend<br />

die Aktivitäten des<br />

BMI zum Schutz Kritischer Infrastrukturen<br />

in enger Zusammenarbeit<br />

mit den Geschäftsbereichsbehörden<br />

des BMI, die sich mit Kritischen<br />

Infrastrukturen beschäftigen<br />

(u. a. BBK, THW, BSI, BKA). Damit<br />

löst IS 6 das Referat P II 1 (Gr<strong>und</strong>satzangelegenheiten<br />

der Terrorismusbekämpfung)<br />

ab, das diese Koordinierungsaufgabe<br />

mehrere Jahre<br />

sehr erfolgreich ausgeführt hat.<br />

Im BMI arbeiten die Abteilung P,<br />

die Abteilung IS <strong>und</strong> die Abteilung<br />

IT zum Schutz von KRITIS eng <strong>und</strong><br />

abgestimmt zusammen.<br />

Neue Anschriften<br />

<strong>für</strong> BBK <strong>und</strong> THW<br />

seit 17.07.<strong>2006</strong><br />

BBK / THW, Postanschrift: Postfach<br />

1867, 53008 Bonn; Besucheradresse:<br />

Provinzialstraße 93, 53127<br />

Bonn, Tel. 01888 / 550-1818, www.<br />

bbk.b<strong>und</strong>.de, www.thw.b<strong>und</strong>.de<br />

Das Basisschutzkonzept<br />

des B<strong>und</strong>es<br />

Das B<strong>und</strong>esministerium des Innern<br />

hat zusammen mit dem BBK<br />

<strong>und</strong> dem BKA sowie in enger Abstimmung<br />

mit fünf großen deutschen<br />

Unternehmen im Herbst<br />

2005 ein praxisorientiertes Basisschutzkonzept<br />

„Schutz Kritischer<br />

Infrastrukturen – Empfehlungen <strong>für</strong><br />

Unternehmen“ herausgegeben.<br />

Das gesamte Konzept kann auf<br />

der Homepage des BBK unter<br />

www.bbk.b<strong>und</strong>.de abgerufen werden<br />

– auch in Englisch, Französisch<br />

<strong>und</strong> Russisch. Gleiches gilt <strong>für</strong> weitere<br />

Schutzempfehlungen im Bereich<br />

Kritische Infrastrukturen.<br />

34 www.WALHALLA.de/notfallvorsorge<br />

Notfallvorsorge 3/<strong>2006</strong>


TV-L Überleitung: Jetzt informieren<br />

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Die Überleitungstarifbestimmungen<br />

der Länder<br />

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Preisänderungen vorbehalten.<br />

Das neue Tarifrecht der Länder:<br />

praxisnah <strong>und</strong> zuverlässig erläutert<br />

Dieser WALHALLA-Kurzkommentar erläutert die <strong>für</strong> die<br />

Überleitung des vorhandenen Personals in das neue Tarifrecht<br />

maßgebenden Bestimmungen <strong>und</strong> erleichtert die<br />

schwierige Rechtsanwendung in der Übergangsphase:<br />

■ Darstellung der Eckpunkte des neuen Rechts<br />

■ Neue Entgelttabelle<br />

■ Zuordnung der Beschäftigten zu den neuen<br />

Entgeltgruppen<br />

■ Besitzstandsregelungen, Sonder- <strong>und</strong> Einmalzahlungen<br />

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Rechtssicherheit <strong>für</strong><br />

Beschäftigte <strong>und</strong><br />

Arbeitgeber<br />

Das neue Tarifrecht der Länder<br />

TV-L Jahrbuch Länder<br />

<strong>2006</strong><br />

Kommentierte<br />

Textsammlung<br />

Die neuen tariflichen<br />

Regelungen der Länder<br />

mit Überleitungstarifvertrag,Eingruppierungsregelungen<br />

<strong>und</strong> ergänzenden<br />

Tarifverträgen<br />

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Bestellen Sie ohne Risiko, Sie haben 14 Tage Widerrufsrecht.<br />

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Das neue Tarifrecht der Länder tritt am 1. November <strong>2006</strong><br />

in Kraft. Der Tarifvertrag <strong>für</strong> den öffentlichen Dienst der<br />

Länder (TV-L) löst den B<strong>und</strong>es-Angestelltentarifvertrag<br />

(BAT) ab. Die bisherigen Eingruppierungsregelungen bleiben<br />

bis auf Weiteres gültig. Näheres zum Inkrafttreten<br />

regelt ein Überleitungstarifvertrag.<br />

Das „TV-L Jahrbuch <strong>2006</strong>“ erleichtert die schwierige<br />

Rechtsanwendung in der Übergangsphase; es enthält:<br />

■ TV-L – Tarifvertrag <strong>für</strong> den öffentlichen Dienst der<br />

Länder<br />

■ Überleitungstarifvertrag<br />

■ BAT<br />

■ Vergütungsordnung<br />

■ die von der Tarifreform unberührt gebliebenen Tarifverträge<br />

(Tarifvertrag Altersversorgung, Tarifvertrag<br />

zur Regelung der Altersteilzeit, Tarifvertrag<br />

Rationalisierungsschutz)<br />

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