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3. Natürliche Phänomenmodellierung in der <strong>Computer</strong>graphik<br />
3.4.3. Zusammengesetzte Phänomene<br />
Die anspruchsvollste Aufgabe der computergraphischen Modellierung natürlicher Phänomene<br />
ergibt sich bei der Verbindung verschiedener Modellierungsregimes. Diese Verbindung<br />
entspricht einerseits der Verbindung zweier nicht-interaktiver Simulationsansätze<br />
und andererseits der Benutzerinteraktion mit einem dynamischen Phänomen. Die theoretische<br />
Herausforderung rührt aus der Schwierigkeit, für mehrere separate Subsysteme<br />
einen gemeinsamen formalen Rahmen zu entwickeln. Die gleiche Schwierigkeit, nämlich<br />
die Suche nach dem übergreifenden Urprinzip bestimmt bis heute auch die elementaren<br />
Teile der theoretischen Physik: Lassen sich die vier Grundkräfte einheitlich aus einer<br />
Theorie heraus erklären? Wenn dies tatsächlich eines Tages gelingen sollte, dann könnte<br />
man alle Erscheinungen der Natur mittels einer einzigen Logik reproduzieren. Für<br />
die Naturphänomenmodellierung in der <strong>Computer</strong>graphik bedeutete es, dass man jedes<br />
beliebige Phänomen in einer Logik ausdrücken könnte und folglich auch auf einem<br />
<strong>Computer</strong> erzeugen könnte.<br />
Davon ist die Menschheit durchaus noch weit entfernt. Denn das Optimum der Simulation<br />
kann nichts Besseres erzeugen als ein Welt-Abbild, das der wirklichen Welt zum<br />
Verwechseln ähnelt. Angenommen es gäbe solch einen perfekten Simulator. Jedem Atom<br />
der Wirklichkeit entspräche dann genau ein Simulator-Atom. Offensichtlich wäre das<br />
kein besonders brauchbarer Simulator. Man könnte stattdessen direkt ein Experiment in<br />
der wirklichen Welt durchführen.<br />
Für die <strong>Computer</strong>graphik bedeutet die Verbindung von Modellierungssystemen also<br />
auch weiterhin ein vielseitiges Betätigungsfeld. Es werden immer Annäherungen bleiben,<br />
aber jede neue Näherung kann erstaunliche Aspekte hervorbringen. In der bisherigen Literatur<br />
lassen sich zwei Untergruppen von zusammengesetzten Phänomenen abgrenzen:<br />
Zusammenführungen, die sich aus zwei Teilen vor und nach einzelnen topologieverändernden<br />
Ereignissen ergeben, sowie grundsätzlich hybride System, die andauernd miteinander<br />
im Austausch stehen. Jede Nahtstelle von einem Subsystem zum anderen kann<br />
auch für Benutzerinteraktion erschlossen werden. Das Vorbild beider Untergruppen stellt<br />
die Problematik der Randbedingungen bei der Fluidsimulation. Robert Bridson bezeichnet<br />
dies in [Bri08] als den heikelsten Punkt der Fluidsimulation. Denn an den Rändern<br />
zeigt sich die Schwierigkeit geeigneter Diskretisierung am deutlichsten, weil Fluidgrenzen<br />
im Normalfall nicht mit Diskretisierungszellgrenzen zusammenfallen.<br />
Die folgende Vorstellung der zusammengesetzten Phänomene geschieht nur überblicksartig,<br />
weil das Grundproblem des Grenzüberganges nicht beschränkbar ist auf konkrete<br />
Phänomengruppen, sondern prinzipiell ubiquitär auftreten kann, ähnlich wie in der Physik<br />
die Phasenübergänge.<br />
Topologieverändernde Phänomene<br />
Der einfachste Fall des Phänomenübergangs ergibt sich aus der plötzlichen Topologieveränderung,<br />
wenn ein einzelner Körper in kleinere Teile zerbricht. Die Modellierung des<br />
Starrkörpers muss durch Bruch oder Riss in die Modellierung vieler Körper überführt<br />
werden. Die Situation vor und nach dem Bruch ist gut modellierbar, die Bruchbildung<br />
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