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Die Balalaika-Schule Die Prim-Balalaika stellt sich vor - Kai Kracht

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<strong>Die</strong> <strong>Balalaika</strong>-<strong>Schule</strong><br />

Seite 1 von 58<br />

Hier ist sie, die <strong>Balalaika</strong>, ein russisches Volksinstrument, klein und<br />

zierlich und so bescheiden mit ihren drei Saiten – und doch so<br />

vielseitig: Sie kann – wie die Gitarre, und gut auch mit ihr zusammen –<br />

Lieder mit Akkorden begleiten und dem Gesang diesen typisch<br />

russischen Klang verleihen, aber ihre Stärke liegt eindeutig im Melodiespiel: So<br />

verspielt ein heiteres Tanzliedchen klimpern, so sehnsuchtsvoll von einsamen<br />

Birken und verlorener Liebe singen, so aufpeitschend zum Kasatschok aufspielen,<br />

dass keiner mehr stillsitzen kann – das kann nur die <strong>Balalaika</strong>.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Prim</strong>-<strong>Balalaika</strong> <strong>stellt</strong> <strong>sich</strong> <strong>vor</strong><br />

Mit vollem Namen heisst sie "<strong>Prim</strong>-<strong>Balalaika</strong>", denn sie hat, von der etwas grösseren<br />

Sekund-<strong>Balalaika</strong> bis zur mannshohen Bass-<strong>Balalaika</strong>, noch fünf grössere<br />

Schwestern, die in den <strong>Balalaika</strong>-<br />

Orchestern zusammen spielen.<br />

Aber jede <strong>Balalaika</strong> hat diese<br />

charakteristische dreieckige Form. <strong>Die</strong><br />

entstand im 17. Jahrhundert als der<br />

volkstümliche Nachbau der altrussischen<br />

Domra, jener feinen, bei Hofe gespielten<br />

dreisaitigen Laute mit ihrem nahezu<br />

kreisrunden, sehr aufwendig<br />

gearbeiteten Schallkörper – das einfache<br />

Volk konnte <strong>sich</strong> dieses kostbare<br />

Instrument nicht leisten und baute es für<br />

<strong>sich</strong> mit einem schlichten dreieckigen<br />

Schallkörper nach. So ist die <strong>Balalaika</strong><br />

von Anfang an ein Instrument des<br />

Volkes, der Bauern und Handwerker,<br />

Fischer und Pelztierjäger, und erzählt in<br />

den <strong>Balalaika</strong>liedern vom Leben der<br />

einfachen Leute, von ihrer Arbeit, ihren<br />

Freuden und Sorgen, von Liebe und<br />

Sehnsucht, von Knechtschaft und<br />

Befreiung ...<br />

<strong>Die</strong> <strong>Prim</strong>-<strong>Balalaika</strong> hat ursprünglich drei<br />

Saiten aus Darm bzw. neuerdings auch<br />

aus Nylon, aber heute wird sie meist mit sechs Stahlsaiten gebaut: Das nimmt der<br />

<strong>Balalaika</strong> etwas von ihrer typischen Klangfarbe, verleiht ihr dafür aber einen<br />

strahlenderen, volleren Klang. <strong>Die</strong> jeweils zu zweit dicht beieinander liegenden


Seite 2 von 58<br />

Doppelsaiten werden praktisch behandelt wie eine einzige Saite: Sie werden beide<br />

stets auf denselben Ton gestimmt und beide gleichzeitig gegriffen. Wenn daher hier<br />

im Lehrgang mal von den "drei Saiten" der <strong>Balalaika</strong> die Rede ist, gilt dasselbe<br />

selbstverständlich auch für die "drei Doppelsaiten".<br />

Stimmung, Anschlag und Griffe der <strong>Balalaika</strong><br />

Früher hatte die <strong>Balalaika</strong> oft gar nur zwei Saiten: "Beim Spielen werden zwar beide<br />

Saiten mit dem Finger oder einer Federspule gerissen, die Melodietöne aber nur auf<br />

der einen Saite gegriffen, während die andere immer in demselben Ton fortschnurrt"<br />

– so beschreibt "Meyers Konversations Lexikon" von 1874 jenes klassische<br />

<strong>Balalaika</strong>spiel. Das erklärt uns einiges über die eigentümliche Stimmung und<br />

Spielweise unserer <strong>Balalaika</strong>, auch wenn sie heute drei Saiten hat und etwas<br />

anspruchsvoller gespielt werden will.<br />

Gestimmt<br />

werden zwei der drei <strong>Balalaika</strong>-Saiten bzw. Doppelsaiten auf<br />

denselben Ton, nämlich beide auf den Ton E" – das ist der Ton<br />

der hohen E-Saite der Gitarre.<br />

Um Ihre <strong>Balalaika</strong> immer bei bester Stimmung zu halten, könnten<br />

Sie <strong>sich</strong> eine Stimmflöte für Gitarre besorgen, den höchsten Ton<br />

darauf anblasen und die E-Saiten Ihrer <strong>Balalaika</strong> auf diesen Ton<br />

stimmen.<br />

Um dann die A-Saite zu stimmen, drücken Sie eine der beiden E-<br />

Saiten am 5. Bund ab: So erhalten Sie den Ton A" – den Ton der<br />

dritten <strong>Balalaika</strong>-Saite.<br />

Geschlagen<br />

werden die Saiten zwischen Schallloch und Halsansatz, gewöhnlich mit der<br />

Fingerkuppe des rechten Zeigefingers.<br />

Man kann die Saiten auch mit einem Plektron<br />

aus Filz oder Kunststoff anschlagen: Manche<br />

<strong>Balalaika</strong>s klingen dann klarer – und manche<br />

Zeigefinger sind sehr dankbar dafür.<br />

<strong>Die</strong> hier darge<strong>stellt</strong>e Handstellung verändert<br />

<strong>sich</strong> beim Schlagen nicht. <strong>Die</strong> Bewegung<br />

geschieht ausschliesslich aus dem Handgelenk heraus, ganz locker. Nur die Hand<br />

bewegt <strong>sich</strong> auf und ab, der Arm bewegt <strong>sich</strong> nicht, und die Fingerstellung der Hand<br />

verändert <strong>sich</strong> auch nicht. <strong>Die</strong> Finger sind locker, keineswegs verkrampft; ein<br />

Plektron dürfen sie nur gerade so fest halten, dass es ihnen beim Spielen nicht<br />

wegrutscht.<br />

<strong>Die</strong> Schlagtechnik der <strong>Balalaika</strong> ist ähnlich wie bei anderen Saiteninstrumenten. Wer


Seite 3 von 58<br />

also bereits Gitarre, Banjo, Ukulele, Mandoline usw. spielt, wird mit der folgenden<br />

Einführung in die Schlagtechniken keine Schwierigkeiten haben. Machen Sie bitte<br />

trotzdem mit! Fangen wir gleich an: Halten Sie die <strong>Balalaika</strong> in Spielhaltung!<br />

<strong>Die</strong> linke Hand soll nur den Hals der <strong>Balalaika</strong> halten, mehr hat sie hier nicht zu tun;<br />

ihre Finger sollen die Saiten nicht mal berühren.<br />

<strong>Die</strong> rechte Hand schwebt erwartungsvoll über den Saiten zwischen Halsansatz und<br />

Schallloch, denn allein um sie geht es hier – wir können uns ganz auf die rechte<br />

Hand konzentrieren.<br />

Für das Akkordspiel sind die Taktschläge wichtig. <strong>Die</strong> sollte jeder beherrschen, der<br />

<strong>sich</strong> mit seinem Instrument in eine gesellige Runde wagt, wo sein <strong>Balalaika</strong>spiel die<br />

Sangeslust weckt und er unversehens alle möglichen Lieder im Akkordspiel<br />

begleiten muss. <strong>Die</strong> <strong>Balalaika</strong> kann ja durchaus auch ein deutsches Volkslied, ein<br />

englisches Sea-Shanty oder ein italienisches Tanzliedchen begleiten und mit ihrer<br />

hohen Tonlage Gitarren- oder Akkordeonmusik schön ergänzen. <strong>Die</strong> dazugehörigen<br />

Akkordgriffe für alle gängigen Tonarten finden Sie später in der Grifftabelle im<br />

Anhang – jetzt aber wollen wir uns erstmal auf die Schlagtechnik konzentrieren:<br />

l Schlägt man die Saitenakkorde im Takt an, streicht die Schlaghand von oben<br />

nach unten über die Saiten und wird danach, ohne die Saiten zu berühren,<br />

nach oben zurückgeholt, um beim nächsten Abwärtsschlag wieder die Saiten<br />

anzureissen. Wir schlagen jetzt einen Vierertakt, also je Takt vier<br />

gleichmässige Abwärtsschläge – zählen Sie mit:<br />

Eins – Zwei – Drei – Vier – Eins – Zwei – Drei ...<br />

l Beim Vierertakt sind gewöhnlich der 1. und der 3. Schlag betont, der 2. und der<br />

4. Schlag klingen etwas leiser. Zählen Sie mit und betonen Sie beim Sprechen<br />

und beim Schlagen die Eins und die Drei:<br />

Eins – Zwei – Drei – Vier – Eins – Zwei – Drei ...<br />

l Um den strengen Taktschlag aufzulockern, kann die Schlaghand auch bei der<br />

Aufwärtsbewegung über die Saiten streichen – hier zum Beispiel nach dem 4.


Seite 4 von 58<br />

Schlag. Zählen Sie mit und ziehen Sie bei "und" die Hand von unten nach oben<br />

über die Saiten:<br />

Eins – Zwei – Drei – Vier und Eins – Zwei – Drei ...<br />

l Wir können auch alle unbetonten Schläge verdoppeln. Wenn wir diesen<br />

Schlagrhythmus kräftig üben und bald schnell und exakt spielen können, klingt<br />

er wie ein Reitergalopp:<br />

Eins – Zwei und Drei – Vier und Eins – Zwei und Drei ...<br />

Welche dieser Schlagtechniken Sie wählen, oder ob Sie besser einen neuen,<br />

eigenen Schlag erfinden – das hängt ganz vom Charakter des Liedes und vom<br />

Rhythmus der jeweiligen Melodie ab.<br />

Beim Melodiespiel ist der Anschlag der Saiten noch stärker vom Melodieverlauf<br />

bestimmt, weil auf jeden Ton der Melodie ein eigener Schlag kommt. Sie können<br />

den Melodieton ...<br />

l als einzelnen Ton "zupfen", wobei nur die eine Saite mit dem Melodieton<br />

einzeln mit dem Daumen oder einem Plektron von oben nach unten angerissen<br />

wird, oder<br />

l als Akkord anschlagen, wobei Melodieton und dazu passende Begleittöne<br />

gleichzeitig mit einem Abwärts-Schlag über alle Saiten angeschlagen werden,<br />

oder<br />

l mit einem "Tremolo" anschlagen: Dabei bewegt die Hand <strong>sich</strong> blitzschnell auf<br />

und ab und reisst bei jeder Abwärts- und auch bei jeder Aufwärts-Bewegung<br />

die Saiten an, so dass die Anschläge ganz schnell aufeinander folgen und der<br />

Eindruck eines lang anhaltenden Klangs entsteht. Der Tremolo-Schlag kann<br />

über alle drei Saiten geführt werden und einen Akkord erklingen lassen oder<br />

auch nur einen Einzelton auf einer einzigen Saite tremolieren.<br />

Probieren Sie all diese Techniken einmal aus, und was noch nicht so gut klappt, das<br />

können Sie ja im Laufe dieses Lehrgangs immer wieder üben.


Seite 5 von 58<br />

Besonders das Tremolo sollte man als <strong>Balalaika</strong>spieler beherrschen. Fangen Sie<br />

gleich einmal damit an, und achten Sie darauf, dass auch hierbei Ihr rechter Arm<br />

<strong>sich</strong> nicht bewegt und alle Bewegung nur aus dem Handgelenk kommt, dass Ihr<br />

Handgelenk dabei absolut locker bleibt und dass nur die Hand schnell, und<br />

schneller, und noch schneller auf und ab schwingt, bis Sie diesen anhaltenden,<br />

gleichmässig schwirrenden typischen <strong>Balalaika</strong>klang erreicht haben – Sie können<br />

das Tremolo nach Belieben in den Liedern einsetzen und damit Ihren Lied<strong>vor</strong>trag<br />

interessant und abwechslungsreich gestalten.<br />

Gegriffen<br />

wird mit allen fünf Fingern der linken Hand, also auch mit dem Daumen.<br />

Hier umgreifen Daumen und Zeigefinger<br />

den Hals der <strong>Balalaika</strong> und drücken die<br />

beiden Aussensaiten, die äussere E-Saite<br />

und die A-Saite, am dritten Bund ab,<br />

während die mittlere E-Saite beim<br />

Anschlagen leer mitschwingt.<br />

Probieren Sie's! Wenn alle Saiten klar<br />

klingen, ergeben die Töne einen C-Dur-<br />

Akkord.<br />

Auch bei diesem Griff greifen Daumen und<br />

Zeigefinger um den Hals der <strong>Balalaika</strong>. Der<br />

Daumen legt <strong>sich</strong> am dritten Bund über<br />

beide E-Saiten, während der Zeigefinger die<br />

A-Saite am zweiten Bund abdrückt.<br />

Versuchen Sie auch diesen Griff, bis alle<br />

Töne klar erklingen. <strong>Die</strong>s ist der G-Dur-Griff<br />

auf der <strong>Balalaika</strong>.<br />

Beide Griffe sind, neben der Handzeichnung, auch noch einmal schematisch als<br />

Griffbild darge<strong>stellt</strong>. Solch ein Griffbild wird von nun an über jeder Note unserer<br />

Lieder stehen und Ihnen anzeigen, wie Sie den betreffenden Ton des Liedes auf der<br />

<strong>Balalaika</strong> greifen können.<br />

Versuchen Sie jetzt einmal den Wechsel zwischen diesen beiden Griffen:<br />

C-Dur greifen<br />

und prüfen:<br />

Klingen alle<br />

Saiten?<br />

Gut! Dann ...<br />

G-Dur greifen<br />

und prüfen:<br />

Klingen alle<br />

Saiten?<br />

Gut! Dann ...<br />

C-Dur greifen<br />

und prüfen:<br />

Klingen alle<br />

Saiten?<br />

Gut! Dann ...<br />

G-Dur greifen<br />

und prüfen:<br />

Klingen alle<br />

Saiten?<br />

Gut ... usw.<br />

Eine gute Übung ist auch der Griffwechsel im Takt: Schlagen Sie einen Vierertakt im<br />

C-Dur-Griff, den nächsten im G-Dur-Griff, den folgenden Takt wieder im C-Dur-Griff


usw. Zählen Sie mit, und wechseln Sie immer auf Eins:<br />

C – Zwei – Drei – Vier – G – Zwei – Drei – Vier – C – Zwei – Drei – Vier ...<br />

Wenn Sie den Schlag durchhalten, ohne dass der Griffwechsel Sie aus dem Takt<br />

bringt, dann können Sie bereits unser erstes Lied begleiten:<br />

Unser erstes Lied: "<strong>Die</strong> Abendglocken"<br />

Wir begleiten das Lied hier mit den zwei Akkorden C-Dur und G-Dur.<br />

<strong>Die</strong> Abendglocken<br />

bearbeitet für die Liedbegleitung mit zwei Griffen<br />

Vetsherni zvon,<br />

vetsherni zvon,<br />

Der Klang der Abendglocken,<br />

der Klang der Abendglocken,<br />

Seite 6 von 58


kak mnoga dum<br />

navodit on ...<br />

wie viele Gedanken<br />

ruft er her<strong>vor</strong> ...<br />

Seite 7 von 58<br />

<strong>Die</strong>ses gemütvolle Lied wird langsam <strong>vor</strong>getragen. Schlagen Sie jeden Ton in<br />

gemässigtem Tempo mit einem einfachen Abwärts-Schlag an. So haben Sie genug<br />

Zeit, beim Griffwechsel die Fingerstellung zu verändern, damit der neue Griff gleich<br />

beim ersten Anschlag klar und rein klingen kann.<br />

Spielen Sie das Liedchen bitte immer wieder – es hat viele Strophen! Bald werden<br />

Sie die Griffe ohne Verzögerung und schliesslich auch ohne Hinschauen wechseln<br />

können.<br />

<strong>Die</strong> Melodie können Sie dazu summen, oder singen, und: Singen Sie russisch! <strong>Die</strong><br />

deutsche Übersetzung dient hier immer nur der Erklärung des russischen Textes<br />

und ist selbst nicht singbar – russische Lieder wollen auf Russisch gesungen<br />

werden.<br />

Um die russische Sprache mit unseren Buchstaben darstellen zu können, wird hier<br />

die international übliche Umschrift benutzt. Gönnen Sie Ihren Fingern mal eine<br />

Spielpause, und lesen Sie <strong>sich</strong> im Anhang die Hinweise zur russischen Aussprache<br />

Texte durch, be<strong>vor</strong> <strong>sich</strong> hier böse Fehler einschleichen.<br />

Und wenn Sie <strong>sich</strong> schliesslich ganz auf den russischen Text konzentrieren können<br />

und die Griffwechsel trotzdem tadellos klappen – dann können wir weitermachen.<br />

Unser erstes Lied "<strong>Die</strong> Abendglocken" – diesmal mit vier Griffen<br />

Für eine etwas anspruchsvollere Begleitung unseres Liedchens müssen wir noch<br />

zwei Griffe dazulernen, denn für eine ordentliche Liedbegleitung in C-Dur braucht<br />

man immer diese vier Griffe:<br />

C-Dur G-Dur G 7 F-Dur<br />

<strong>Die</strong> Griffe für C-Dur und G-Dur kennen wir schon. Nur der G-Septim-Akkord "G 7 "<br />

und der F-Dur-Akkord sind neu und wollen noch ein bisschen geübt werden, be<strong>vor</strong><br />

Sie <strong>sich</strong> an die neue Begleitung unseres Liedchens wagen:


<strong>Die</strong> Abendglocken<br />

bearbeitet für die Liedbegleitung mit vier Griffen<br />

Vetsherni zvon,<br />

vetsherni zvon,<br />

kak mnoga dum<br />

navodit on ...<br />

Der Klang der Abendglocken,<br />

der Klang der Abendglocken,<br />

wie viele Gedanken<br />

ruft er her<strong>vor</strong> ...<br />

Seite 8 von 58<br />

Mit diesen vier Griffen können Sie nun praktisch jedes Lied begleiten, das <strong>sich</strong> in der<br />

Tonart C-Dur – oder "in C", wie die Profis sagen – singen und spielen lässt.<br />

Blättern Sie irgendein Liederbuch durch, bei dem die Gitarrengriffe über den Noten<br />

stehen, und Sie werden eine ganze Reihe Lieder finden, die Sie mit diesen vier<br />

Griffen begleiten können. Und wenn Sie in einer Sing- und Spielgruppe musizieren,<br />

bitten Sie darum, die Lieder möglichst "in C" zu spielen, und lassen Sie <strong>sich</strong> von<br />

einem freundlichen Gitarristen die Griffwechsel ansagen, dann können Sie schon<br />

richtig mithalten.<br />

Vielleicht möchten Sie nun auch schon einmal verschiedene Arten ausprobieren, die<br />

Saiten anzuschlagen: Zuerst auf jeden Ton ein Schlag, dann vielleicht ein kleines<br />

Tremolo bei den langen Ganzenoten ...<br />

Damit haben wir uns unser Liedchen für das Akkordspiel erarbeitet und wagen nun<br />

einen ersten Schritt in die hohe Kunst des <strong>Balalaika</strong>spiels: in das Melodiespiel.


Unser erstes Lied "<strong>Die</strong> Abendglocken" im Melodiespiel<br />

Seite 9 von 58<br />

Wenn man <strong>sich</strong> ein Liedchen für das <strong>Balalaika</strong>-Melodiespiel erschliessen will,<br />

beginnt man immer damit, dass man <strong>sich</strong> die Melodietöne auf der <strong>Balalaika</strong><br />

zusammensucht und sie so lange übt, bis man die Melodie flott hintereinander weg<br />

zupfen kann.<br />

Das Herausfinden der Melodie ist stets der erste Schritt, und wenn Sie mal<br />

<strong>Balalaika</strong>-Virtuose sind, werden Sie es noch genau so machen.<br />

Haben Sie schon einmal versucht, die Melodie der "Abendglocken" auf Ihrer<br />

<strong>Balalaika</strong> zu zupfen? Versuchen Sie's! <strong>Die</strong> folgenden Griffnotierungen zeigen Ihnen,<br />

wo die Töne liegen. Reissen Sie mit dem Daumen – oder, wie hier darge<strong>stellt</strong>, mit<br />

einem Plektron – immer nur die eine Saite an, auf der der jeweilige Ton liegt:<br />

<strong>Die</strong> Abendglocken<br />

Zupfen der Melodietöne<br />

Vetsherni zvon,<br />

vetsherni zvon,<br />

kak mnoga dum<br />

navodit on ...<br />

Der Klang der Abendglocken,<br />

der Klang der Abendglocken,<br />

wie viele Gedanken<br />

ruft er her<strong>vor</strong> ...<br />

Üben Sie das Zupfen ruhig ein bisschen, bis Sie die Melodie fliessend abspielen<br />

können. Vielleicht probieren Sie auch mal ein Tremolo auf einer Saite – im <strong>Balalaika</strong>-<br />

Orchester spielt die <strong>Prim</strong>-<strong>Balalaika</strong> sehr häufig so die melodieführende Stimme, und


Seite 10 von 58<br />

auch im Solo-Lied<strong>vor</strong>trag kann man gut mal eine Partie nur auf einer Saite spielen.<br />

Wenn man die Melodie auf der <strong>Balalaika</strong> zupfen kann, ist der zweite Schritt stets,<br />

zu jedem der Melodietöne einen Griff zu finden, der auf den übrigen Saiten eine<br />

passende Akkordbegleitung dazugibt.<br />

Aus der Akkordbegleitung wissen wir: C, G, G 7 und F sind die Akkorde der<br />

"Abendglocken"-Melodie, und diese Akkorde behalten wir auch beim Melodiespiel<br />

bei. Aber auf dem langen Griffbrett der <strong>Balalaika</strong> gibt es viele Möglichkeiten, diese<br />

Akkorde zu greifen – je nachdem, wo auf dem Griffbrett der Melodieton liegt, den wir<br />

in den Akkord einbinden wollen:<br />

<strong>Die</strong>sen<br />

C-Dur-Griff<br />

kennen wir:<br />

<strong>Die</strong>sen<br />

G-Dur-Griff<br />

kennen wir:<br />

<strong>Die</strong>sen<br />

G-Septim-<br />

Griff<br />

kennen wir:<br />

<strong>Die</strong>sen<br />

F-Dur-Griff<br />

kennen wir:<br />

Und auch dies<br />

sind<br />

C-Dur-Griffe<br />

Und auch dies<br />

sind<br />

G-Dur-Griffe<br />

Und auch dies<br />

ist ein<br />

G-Septim-Griff<br />

Und auch dies<br />

ist ein<br />

F-Dur-Griff<br />

Haben Sie die neuen Griffe mal ausprobiert? Üben Sie sie ein bisschen, denn wir<br />

brauchen sie für unser Melodiespiel.


Wir werden jetzt jeden Ton der "Abendglocken"-Melodie einzeln <strong>vor</strong>stellen und<br />

erklären, wann und warum wir diese Griffe einsetzen:<br />

Akkord<br />

Notenbild<br />

C<br />

F<br />

G<br />

C<br />

C<br />

C<br />

C<br />

G<br />

Melodie-<br />

ton<br />

Melodie-<br />

griff<br />

Erklärung<br />

Der erste Ton der "Abendglocken"-Melodie liegt auf der<br />

E-Saite am dritten Bund. Er soll zu einem C-Dur-Akkord<br />

ergänzt werden. Wir könnten unseren alten C-Dur-Griff<br />

benutzen, aber um den Melodieton zu verstärken, greifen<br />

wir ihn doppelt und legen dazu den Daumen über beide<br />

E-Saiten.<br />

Der zweite Melodieton auf der E-Saite am fünften Bund<br />

soll in einen F-Dur-Akkord eingebettet werden. Auch hier<br />

legen wir den Daumen über beide E-Saiten und finden<br />

einen passenden Begleitton für den Zeigefinger auf der<br />

A-Saite am dritten Bund.<br />

Den dritten Ton der Melodie am dritten Bund der E-Saite<br />

müssen wir zu einem G-Dur-Akkord ergänzen. Da bietet<br />

<strong>sich</strong> der normale G-Dur-Griff an, der den Melodieton<br />

sowieso auf beiden E-Saiten greift und schön stark<br />

erklingen lässt.<br />

Der vierte Ton ist der tiefste, den die <strong>Balalaika</strong> überhaupt<br />

spielen kann: die leere E-Saite. Auch er soll auf beiden<br />

E-Saiten erklingen, um als Melodieton her<strong>vor</strong>gehoben zu<br />

werden. Der Zeigefinger auf der A-Saite am dritten Bund<br />

ergänzt den Klang zu einem C-Dur-Akkord.<br />

Der nächste Ton unserer Melodie wird wieder auf der E-<br />

Saite am dritten Bund gegriffen. Auch hier wandeln wir<br />

den normalen C-Dur-Griff ab, indem wir den Daumen<br />

über beide E-Saiten legen, um den Melodieton stärker<br />

her<strong>vor</strong>zuheben.<br />

Jetzt wenden wir einen kleinen Trick an: Weil die Melodie<br />

hier nur einen Sprung nach oben macht und danach<br />

zurückkehrt, lassen wir die Hand in der C-Dur-Griff-<br />

Position und greifen darüber hinweg den hohen<br />

Melodieton mit dem kleinen Finger auf der A-Saite.<br />

Hier ist die Melodie zurückgesprungen, und aus dem<br />

<strong>vor</strong>igen Griff brauchten wir nur den kleinen Finger von<br />

den Saiten zu heben: Der Zeigefinger steht schon da, wo<br />

der nächste Melodieton gegriffen wird, und der C-Dur-<br />

Akkord ist auch schon <strong>vor</strong>bereitet.<br />

Der Melodieton am fünften Bund der A-Saite verlangt<br />

einen neuen Griff. Dazu müssen wir die ganze Hand<br />

verschieben. Wir greifen den Melodieton mit dem<br />

Zeigefinger und legen den Daumen am siebten Bund<br />

über beide E-Saiten, damit ein G-Dur-Akkord entsteht.<br />

Seite 11 von 58


G<br />

G<br />

G<br />

G 7<br />

G<br />

F<br />

G 7<br />

C<br />

Der nächste Ton unserer Melodie liegt auf der E-Saite<br />

am dritten Bund und soll zu einem G-Dur-Akkord ergänzt<br />

werden. Da eignet <strong>sich</strong> unser altbekannter G-Dur-Griff.<br />

<strong>Die</strong> beiden Saiten, auf denen der Daumen den<br />

Melodieton greift, könnten wir vielleicht etwas kräftiger<br />

anschlagen.<br />

Hier lassen wir die Finger einfach im G-Dur-Griff stehen,<br />

denn sie greifen auch den nächsten Melodieton am<br />

zweiten Bund der A-Saite. Jetzt könnten wir vielleicht die<br />

A-Saite etwas kräftiger anschlagen, um diesen<br />

Melodieton her<strong>vor</strong>zuheben.<br />

Auch hier bleibt die Hand noch in der G-Dur-Griff-<br />

Position, wir verwandeln unseren altbekannten G-Dur-<br />

Griff nur ein bisschen und greifen den nächsten<br />

Melodieton am fünften Bund der A-Saite mit dem<br />

Ringfinger.<br />

Jetzt müssen wir unsere Hand in eine neue Position<br />

verschieben, aber die Fingerstellung können wir fast<br />

beibehalten, um den Melodieton im achten Bund der A-<br />

Saite zu einem schönen G-Septim-Griff zu ergänzen.<br />

So, die Fingerakrobatik ist überstanden – jetzt kommen<br />

nur noch Griffe, die wir schon gut kennen. Den<br />

Melodieton im dritten Bund der E-Saite greifen wir wieder<br />

mit unserem G-Dur-Griff.<br />

Hier liegt der Melodieton im fünften Bund der E-Saite.<br />

Wir ergänzen ihn, wie schon zu Anfang des Liedes, mit<br />

dem Zeigefinger am zweiten Bund der A-Saite zum F-<br />

Dur-Griff.<br />

Unser altbekannter G-Septim-Griff greift den Melodieton<br />

auf der A-Saite am zweiten Bund.<br />

Und mit unserem guten alten C-Dur-Griff greifen wir den<br />

letzten Ton unserer Melodie auf der A-Saite am dritten<br />

Bund.<br />

Seite 12 von 58<br />

Nun ist es nur noch ein kleiner Schritt, die Melodiegriffe aneinanderzufügen und die<br />

Melodie auf Ihrer <strong>Balalaika</strong> erklingen zu lassen. Hier ist – zum letzten Mal, und jetzt<br />

auch mit dem vollen Text – das schöne russische Volkslied "<strong>Die</strong> Abendglocken",<br />

bearbeitet für die hohe Kunst des <strong>Balalaika</strong>spiels: das Melodiespiel!


<strong>Die</strong> Abendglocken<br />

bearbeitet für das Melodiespiel<br />

Vetsherni zvon,<br />

vetsherni zvon,<br />

kak mnoga dum<br />

navodit on ...<br />

O yunýkh dnyakh<br />

f krayu radnom,<br />

gdye ya lubyil,<br />

gdye otshi dom.<br />

I kak ya, snim<br />

navyek prastyas,<br />

tam slýshal zvon<br />

f pasledni ras.<br />

I skolkikh nyet<br />

uzhe v zhivýkh,<br />

tagda vesyolýkh<br />

maladýkh.<br />

I krepok ikh<br />

magilný son,<br />

Der Klang der Abendglocken,<br />

der Klang der Abendglocken,<br />

wie viele Gedanken<br />

ruft er her<strong>vor</strong> ...<br />

Über die Tage der Jugend<br />

im heimatlichen Kreise,<br />

wo ich liebte,<br />

wo mein Vaterhaus stand.<br />

Und wie ich, von ihm<br />

für immer Abschied nehmend,<br />

dort den Klang<br />

zum letzten Mal hörte.<br />

Und wie viele<br />

schon nicht mehr am Leben sind,<br />

die damals fröhlich<br />

und jung waren.<br />

Fest ist<br />

ihr Schlaf im Grabe,<br />

Seite 13 von 58


nye slýshen im<br />

vetsherni zvon.<br />

den Klang der Abendglocken<br />

hören sie nicht mehr.<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Seite 14 von 58<br />

Sehr schön klingt es, wenn Ihr Melodiespiel begleitet wird von einem anderen<br />

Instrument, z.B. einer zweiten <strong>Balalaika</strong> oder einer Gitarre, die einfach die Akkorde<br />

spielt, die hier mit roten Buchstaben über den Noten stehen.<br />

Dabei sind diese Akkorde allerdings verbindlich. Ihr Begleiter kann sie nicht einfach<br />

durch andere Akkorde ersetzen, die seiner Meinung nach besser passen. Sie<br />

müssten <strong>sich</strong> dann schon beide auf die neuen Akkorde einigen. Das ist durchaus<br />

möglich. Wir haben ja gesehen, dass man ein Lied sehr wohl auf verschiedene<br />

Weise begleiten kann:<br />

Sie erinnern <strong>sich</strong>, dass wir die "Abendglocken"-Melodie erst mit zwei Akkorden<br />

begleitet haben – das war nicht falsch, nur etwas simpel. Mit unseren vier<br />

Begleitakkorden kann man der Liedmelodie viel mehr Ausdruck verleihen. Nur – was<br />

man da ausdrücken will, das ist etwas sehr Individuelles: das ganz persönliche<br />

Liedverständnis.<br />

In der Weise, wie jemand ein Lied spielt, bringt er immer auch seine ganz<br />

persönliche Liedinterpretation zum Ausdruck, und das geht bis hin zu den<br />

Harmonien, in die er die Melodie einbettet. <strong>Die</strong> hier in unseren Liedbeispielen<br />

<strong>vor</strong>gegebenen Akkorde sind also nicht die einzig möglichen. Was oben schon über<br />

Schlagtechniken und Griffkombinationen gesagt wurde, gilt auch für die<br />

Akkordbegleitung: <strong>Die</strong> hier aufgezeichnete Spielweise unserer Lieder ist immer nur<br />

ein Vorschlag, keine Vorschrift!<br />

Unser zweites Lied: "Stenka Rasin"<br />

Auch diese eingängige Melodie ist seit langem über Russland hinaus bekannt<br />

geworden. Freunde russischen Wodkas haben in vielen Sprachen Trinklieder wie<br />

"Vodka, Vodka, drink of heaven, Vodka, Vodka, drink of hell" daraus gemacht, und<br />

auch bei uns wurde die Weise verschiedentlich mit deutschen Texten unterlegt, z.B.<br />

1920 für die komisch-schaurige Räuberballade "Durch des Huywalds tiefste Gründe"<br />

verwandt oder 1960 gar für die Schlagerschnulze "Wer das Scheiden hat erfunden".<br />

Doch in Wirklichkeit erzählt unser neues Lied von einem russischen Volkshelden,<br />

dem Kosaken-Ataman Stepan ('Stenka') Timofejewitsch Rasin, der <strong>sich</strong> mit seinen<br />

Donkosaken 1667 an die Spitze des grössten Bauernaufstandes setzte, den das<br />

russische Zarenreich je erlebte. Von der Ukraine bis zur Wolga, vom Schwarzen<br />

Meer bis nach Mittelrussland erhoben <strong>sich</strong> die Bauern gegen Leibeigenschaft,<br />

Ausbeutung und feudale Willkürherrschaft. Erst 1671 konnten die Armeen des Zaren<br />

den Aufstand blutig niederschlagen, Stenka Rasin wurde gefangen und auf dem<br />

Roten Platz in Moskau gevierteilt. Doch in den Legenden des Volkes blieb er<br />

lebendig, in Romanen und Filmen, in Sinfonien von Glasunow und Schostakowitsch


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– und in diesem Lied, in dem Stenka Rasin als grimmig entschlossener<br />

Freiheitskämpfer sehr drastisch unter Beweis <strong>stellt</strong>, dass er alles, Liebe und Leben,<br />

zu opfern bereit ist für den Kampf gegen Knechtschaft und Unterdrückung.<br />

Sie könnten <strong>sich</strong> diese Melodie nun eigentlich ohne weitere Erklärung selbst<br />

erarbeiten, denn es werden auch hier nur unsere bekannten Akkorde verwendet.<br />

Aber einige Griffe sind neu, und die Fingersätze sind doch etwas kniffelig, darum<br />

werden wir nun erst Zeile für Zeile besprechen, ehe wir dann das Lied als ganzes<br />

<strong>vor</strong>stellen. Wenn Sie jetzt gleich mitspielen und jede Zeile einzeln einüben, haben<br />

Sie es dann leichter!<br />

In der ersten Liedzeile sind uns alle Griffe bereits vertraut. Wie in allen Zeilen dieses Liedes,<br />

so werden auch hier die ersten zwei Melodietöne mit dem Daumen auf den E-Saiten<br />

gegriffen, die weiteren Töne der Zeile jedoch mit den Fingern auf der A-Saite. Um die<br />

Melodie her<strong>vor</strong>zuheben, könnten wir daher in jeder Zeile bei den ersten beiden Melodietönen<br />

verstärkt die E-Saiten anschlagen und bei den folgenden Tönen die A-Saite betonen.<br />

<strong>Die</strong> zweite Melodiezeile beginnen wir, wie die erste, mit unserem G-Dur-Griff, bei dem wir<br />

be<strong>vor</strong>zugt die E-Saiten anschlagen. Dann jedoch macht die Melodie einen grossen Sprung<br />

nach oben, und wir verschieben die ganze Hand: Der Daumen rutscht vom dritten zum<br />

siebten Bund und bleibt dort, während wir mit den Fingern die Melodietöne auf der A-Saite<br />

greifen. Erst beim letzten Ton wechselt der Daumen in den achten Bund und greift<br />

zusammen mit dem Zeigefinger einen neuen C-Dur-Griff, den wir uns merken wollen.


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Fast die ganze dritte Zeile hindurch kann der Daumen am achten Bund bleiben. Auch<br />

diesmal greift er mit den ersten beiden Griffen die Melodietöne, weswegen wir hier wieder<br />

verstärkt die E-Saiten anschlagen. Danach ist der Ton des Daumens nur noch Begleitton für<br />

das Melodiespiel der Finger auf der A-Saite. In unserer Notierung rutscht er aber beim<br />

<strong>vor</strong>letzten Ton kurz in den siebten Bund, damit hier ein schöner G-Dur-Akkord erklingt, be<strong>vor</strong><br />

er zum achten Bund zurückkehrt und die Zeile mit unserem neuen C-Dur-Griff abschliesst.<br />

<strong>Die</strong> letzte Melodiezeile beginnen wir wieder mit unserem G-Dur-Griff und schlagen verstärkt<br />

den Melodieton auf den E-Saiten an. Danach folgt die Hand der Melodie bei ihrem Sprung<br />

nach oben in unseren neuen C-Dur-Griff, greift die folgenden Melodietöne mit Griffen, die wir<br />

schon kennen, und kehrt für die letzten zwei Töne des Liedes wieder in die Ausgangslage<br />

zurück.<br />

Nehmen Sie <strong>sich</strong> Zeit bei der Erarbeitung der einzelnen Zeilen. Sie werden<br />

bemerken, dass manch ein Melodieton, der mehrfach <strong>vor</strong>kommt, auf ganz<br />

verschiedene Weise gegriffen werden kann, denn wir wählen stets die günstigste<br />

Griffkombination.<br />

Zudem versuchen wir, die Lage der linken Hand so wenig wie möglich zu verändern,<br />

weil das Entlangrutschen am Hals in eine neue Position jedesmal Zeit und<br />

besondere Aufmerksamkeit kostet.<br />

Und ist Ihnen die famose Technik aufgefallen, den Daumen auf einem Begleitton<br />

stehen zu lassen und mit flinken Fingern die Melodietöne dazu zu greifen? <strong>Die</strong>se<br />

Technik ist typisch für das <strong>Balalaika</strong>spiel, sie wird Ihnen bei den folgenden Liedern<br />

immer wieder begegnen. Dadurch, dass der Daumen den Begleitton hält, haben wir<br />

vier Finger frei für die Melodie: Das ermöglicht uns ein schnelles und mit der Zeit<br />

auch müheloses Spiel.


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Wenn Sie die vier Melodiezeilen nun aneinander reihen, können Sie ohne Probleme<br />

das ganze Lied spielen:<br />

Stenka Rasin


Iz za ostrova na strezhen,<br />

na prostor ryetshnoi volný<br />

výplývayut raspyisnýe<br />

ostrogrudnýe tshelný.<br />

Na pyeryednem Styenka Razin<br />

obnavshis sidyit s knyazhnoi,<br />

svadbu novuyu spravlyayet,<br />

on vesyolý i khmelnoi.<br />

Posadi ikh slýshen ropot:<br />

"Nas na babu promenyal!<br />

Tolko notsh s nyey provozhalsya,<br />

sam na utro baboi stal!"<br />

Etot ropot i nasmeshki<br />

slýshit grozný ataman,<br />

i on moshtshnoyu rukoyu<br />

obnyal persianki stan.<br />

Brový tshornýe soshlisya,<br />

nadvigayetsya graza,<br />

buinoi krovyu nalilisya<br />

atamanový glaza.<br />

"Fsyo otdam, nye pozhaleyu,<br />

buinu golovu otdam!"<br />

razdayotsya golos vlastný<br />

po okrestným byeregam.<br />

A ana, patupya otshi,<br />

nye zhýva i nye myertva,<br />

moltsha slushayet khmelnýe<br />

atamanový slava:<br />

"Volga, Volga, mat rodnaya,<br />

Volga, ruskaya ryeka,<br />

nye vidala tý padarka<br />

ot donskovo kazaka!<br />

I shtob nye býlo razdora<br />

myezhdu volnými ludmi,<br />

Volga, Volga, mat rodnaya,<br />

na krasavitsu, primi!"<br />

Moshtshným vzmakhom podýmayet<br />

on krasavitsu-knyazhnu<br />

i za bort yeyo brosayet<br />

v nabezhavshuyu volnu.<br />

"Shtosh vý tshortý priumýli?<br />

Ey, tý, Filka, schut, plyashi!<br />

Hinter der Insel her<strong>vor</strong> auf den Strom,<br />

auf die weite Fläche der Wogen<br />

schwimmen bunt bemalte<br />

Kähne mit spitzem Bug.<br />

Auf dem ersten sitzt Stenka Rasin,<br />

hält die Fürstin umarmt,<br />

er feiert seine neue Hochzeit,<br />

er ist fröhlich und berauscht.<br />

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Hinter ihnen hört man Gemurmel:<br />

"Er hat uns mit dem Weib vertauscht!<br />

Nur eine Nacht hat er mit ihr verbracht<br />

und am Morgen ist er selbst zum Weib geworden!"<br />

<strong>Die</strong>ses Gemurmel und Gespött<br />

hört der grimmige Ataman,<br />

und mit mächtigem Arme<br />

umfasst er die Figur der Perserin.<br />

<strong>Die</strong> schwarzen Augenbrauen ziehen <strong>sich</strong> zusammen,<br />

ein Gewitter zieht herauf,<br />

heisses Blut schiesst<br />

dem Ataman in die Augen.<br />

"Alles will ich geben, ich werde es nicht bedauern,<br />

selbst mein wildes Haupt will ich hergeben!"<br />

schallt seine mächtige Stimme<br />

über die benachbarten Ufer.<br />

Und sie, mit niedergeschlagenen Augen,<br />

mehr tot als lebendig,<br />

vernimmt schweigend die berauschten<br />

Worte des Atamans:<br />

"Wolga, Wolga, liebe Mutter,<br />

Wolga, du russischer Strom,<br />

du hast noch kein Geschenk gesehen<br />

von einem Donkosaken!<br />

Und damit keine Zwietracht herrsche<br />

unter freien Menschen,<br />

Wolga, Wolga, liebe Mutter,<br />

wegen eines schönen Mädchens – nimm du es!"<br />

Mit machtvollem Schwung hebt er<br />

die schöne Fürstin hoch<br />

und wirft sie über Bord<br />

in die heraneilenden Wogen.<br />

"Was lasst ihr Teufel den Kopf hängen?<br />

He, du, Filka, los, tanze!


Griyanyem, bratsý, udaluyu<br />

na pomyin yeya dushi!"<br />

Iz za ostrova na strezhen,<br />

na prostor ryetshnoi volný<br />

výplývayut raspyisnýe<br />

Styenki Razina tshelný.<br />

Singen wir, Brüder, was Verwegenes<br />

zum Gedenken an ihre Seele!"<br />

Hinter der Insel her<strong>vor</strong> auf den Strom,<br />

auf die weite Fläche der Wogen<br />

schwimmen die bunt bemalten<br />

Kähne Stenka Rasins.<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Seite 19 von 58<br />

Das Lied zu Ehren des grossen Volkshelden wird stets langsam, fast feierlich<br />

<strong>vor</strong>getragen. Sie haben also Zeit, alle Finger <strong>sich</strong>er zu plazieren, be<strong>vor</strong> Sie einen<br />

Griff anschlagen, und dann hören Sie genau hin: Sie sollten erst mit <strong>sich</strong> zufrieden<br />

sein, wenn die Griffe rasch und <strong>sich</strong>er wechseln und alle Saiten sauber klingen.<br />

Und damit auch die Akkordbegleitung nicht vergessen wird: Begleiten Sie auch<br />

dieses Lied einmal mit den Akkorden, die in roten Buchstaben über den Noten<br />

stehen. Hier sind noch einmal die Griffe, die Sie für eine Begleitung "in C" brauchen:<br />

C-Dur G-Dur G 7 F-Dur<br />

Unser drittes Lied: "Mondschein"<br />

<strong>Die</strong>ses fröhliche, ausgelassene Tanzliedchen nutzt durchweg die famose Technik<br />

des Melodiespiels flinker Finger über ausgehaltenen Daumen-Begleittönen. Anfangs<br />

sind die Fingersätze nicht ganz einfach, nach etwas Übung aber gestatten sie ein<br />

rasantes Melodiespiel. Das ist auch nötig, denn hier geht die Post ab ...<br />

Es sind verschiedene Textversionen bekannt, und alle sind witzig, schelmisch, frech.<br />

Aus aktuellem Anlass kann man auch rasch noch ein paar neue Verse hinzudichten,<br />

denn die Texte sind in Form und Inhalt recht anspruchslos.<br />

Das ist wohl auch der Grund, warum dieses Lied oft nur instrumental <strong>vor</strong>getragen<br />

wird – wichtiger als der Text ist allemal die schmissige Melodie. Kaum ein <strong>Balalaika</strong>-<br />

Orchester lässt es <strong>sich</strong> nehmen, dieses Liedchen auf seine Weise zu gestalten. Der<br />

Lied<strong>vor</strong>trag beginnt stets langsam und steigert das Tempo von Strophe zu Strophe,<br />

bis die Finger nur so über die Saiten wirbeln ... Erst wenn der letzte Tänzer atemlos<br />

aufgibt, fängt ein langes Tremolo der <strong>Balalaika</strong> das rasante Tempo auf, und eine<br />

letzte Strophe, betont langsam und mit kokett akzentuiertem Rhythmus, zelebriert


die hübsche Melodie ein letztes Mal, steigert <strong>sich</strong> dann doch wieder rasch zum<br />

Wirbelsturm und endet abrupt mit einem gewaltigen Schlag.<br />

Mondschein<br />

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Mnye nye spitsya, nye lezhitsya,<br />

i son minya nye biryot.<br />

Ya s-khadil bý k Sashe v gosti,<br />

da nye znayu gdye zhývyot.<br />

Ya s-khadil bý k Sashe w gosti,<br />

da nye znayu gdye zhývyot.<br />

Paprosil bý tovarisha<br />

moi tovarish dovidyot.<br />

Paprosil bý tovarisha<br />

moi tovarish dovidyot.<br />

No tovarish lutshe, krashe,<br />

bayus, Sashu atabyot.<br />

Svetit myesyats, svetit yasný,<br />

svetit byelaya zarya,<br />

osvetila put'-daroshku<br />

vdol do Sashina d<strong>vor</strong>a.<br />

Padkhazhu ya k Sashe, k domu,<br />

no agnya u Sashi nyet.<br />

Pastutshal ya pod okoshkom –<br />

moya Sasha krepko spit.<br />

"Stýdno, stýdno tibye, Sasha,<br />

so vetshera rano spat'!"<br />

"A tibye, moi drug, stýdnyeye<br />

do polunotshi gulyat'!"<br />

Ich kann nicht einschlafen, nicht liegen bleiben,<br />

der Schlaf will nicht kommen.<br />

Jetzt würde ich Sascha gern besuchen,<br />

doch ich weiss nicht, wie ich hinkomme.<br />

Jetzt würde ich Sascha gern besuchen,<br />

doch ich weiss nicht, wie ich hinkomme.<br />

Ich könnte ja meinen Freund fragen,<br />

der würde mich <strong>sich</strong>er hinführen.<br />

Ich könnte ja meinen Freund fragen,<br />

der würde mich <strong>sich</strong>er hinführen.<br />

Aber mein Freund ist besser, schöner,<br />

ich hab Angst, er macht mir Sascha abspenstig.<br />

Es scheint der Mond, er scheint so klar,<br />

er scheint weiss und hell,<br />

und er beleuchtete mir Weg und Pfad<br />

bis hin zu Saschas Gehöft.<br />

Und wie ich hinkomme zu Saschas Haus,<br />

sehe ich, da brennt schon kein Licht mehr.<br />

Ich klopfte an das Fensterchen –<br />

meine Sascha schlief tief und fest.<br />

Seite 21 von 58<br />

"Schäm dich, schäm dich, Sascha,<br />

so früh am Abend schon zu schlafen!"<br />

"Aber du, mein Freund, solltest dich erst recht schämen,<br />

bis Mitternacht um die Häuser zu ziehen!"<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Vielleicht haben Sie es gar nicht bemerkt: Unversehens sind wir hier in die neue<br />

Tonart A-Dur eingestigen. Hier sind die Griffe für eine Akkordbegleitung in A-Dur:<br />

A-Dur E-Dur E 7 D-Dur<br />

<strong>Die</strong> Akkordgriffe für A-Dur sollte man schon kennen, denn der Grundton dieser<br />

Tonart ist A, und das ist auch der Grundton der <strong>Balalaika</strong>-Melodiespiel-Saite. Darum<br />

lassen <strong>sich</strong> viele Melodien recht <strong>vor</strong>teilhaft in A-Dur spielen. Begleiten Sie zur Übung<br />

die "Mondschein"-Melodie doch auch mal nur mit Akkorden.


Unser viertes Lied: "Wie Wacholder auf dem Berge"<br />

Seite 22 von 58<br />

Hier kommt wieder ein flottes Tanzliedchen. Es hat auch diesen charakteristischen<br />

Zweivierteltakt, den wir schon bei "Mondschein" kennengelernt haben. Da ist<br />

praktisch jeder Schlag im Takt betont – es gibt keine Atempause, kein Ausruhen,<br />

Schlag auf Schlag kommt die Melodie daher und rüttelt durch ihren markanten, in<br />

jeder Liedzeile wiederkehrenden Rhythmus jeden auf.<br />

Der Text verrät uns einen uralten Liebeszauber: "Kalina", der männlich-herbe wilde<br />

Wacholder, und "Malina", die weiblich-süsse, im Garten gehütete Himbeere waren<br />

die heiligen Pflanzen der Göttin Ljuli, die im altslawischen Götterhimmel neben dem<br />

Sonnengott Dashd-Bog, dem Donnergott Perun und dem Hirtengott Weles zuständig<br />

war für die Erde, für Fruchtbarkeit und Wachstum und den Frühling und die Liebe –<br />

und damit offenbar die Lieblingsgöttin des russischen Bauernvolkes war, denn sie<br />

wird noch heute in dem weithin bekannten Lied "Kalinka" und in vielen anderen<br />

russischen Volksliedern besungen.<br />

So konnte die freundliche heidnische Göttin ein Jahrtausend russisch-orthodoxer<br />

Staatskirche fröhlich überleben, denn das Volk liess <strong>sich</strong> den Spass an seinen<br />

uralten Bräuchen und Liedern nicht verderben: "Wen geht das etwas an ...?"<br />

Hier ziehen die jungen Mädchen im Frühling auf den Berg, brechen frische<br />

Wacholderzweige, streuen sie auf den Weg – und die verständnisvolle Göttin Ljuli<br />

weiss, was Mädchen wünschen: Prompt kommt ein verwegener Bursch darüber<br />

hergeritten und zwinkert ihnen zu ...<br />

Auch diese Melodie spielen wir in A-Dur. Streckenweise gleitet sie jedoch in E-Dur-<br />

Harmonien hinüber, darum sollen hier kurz die Griffe für eine E-Dur-<br />

Akkordbegleitung <strong>vor</strong>ge<strong>stellt</strong> werden:<br />

E-Dur H-Dur H 7 A-Dur<br />

Beim Melodiespiel kommen die E-Dur-Akkorde <strong>vor</strong> allem im Zusammenhang mit<br />

anderen Tonarten <strong>vor</strong>; als Grundtonart einer Melodie wird E-Dur bei der <strong>Balalaika</strong><br />

kaum gebraucht. E-Dur ist jedoch eine beliebte Singlage: In einer Singgruppe<br />

werden viele Lieder "in E" angestimmt, darum lohnt es schon, <strong>sich</strong> für die<br />

Akkordbegleitung dieser Lieder die E-Dur-Griffe einzuprägen.


Nun aber endlich zu unserem neuen Lied:<br />

Wie Wacholder auf dem Berge<br />

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Kak na gorje kalina,<br />

kak na gorje kalina ...<br />

Nu shtozh, komu djelo, kalina?<br />

Nu komu kakoje djelo, kalina?<br />

Pod goroju malina,<br />

pod goroju malina!<br />

Nu shtozh, komu djelo, malina?<br />

Nu komu kakoje djelo, malina?<br />

Tam djevitsy guljali,<br />

tam krasnyje guljali.<br />

Nu shtozh, komu djelo, guljali?<br />

Nu komu kakoje djelo, guljali?<br />

Kalinushku lomali,<br />

kalinushku lomali.<br />

Nu shtozh, komu djelo, lomali?<br />

Nu komu kakoje djelo, lomali?<br />

Na dorozhku brosali,<br />

na dorozhku brosali.<br />

Nu shtozh, komu djelo, brosali?<br />

Nu komu kakoje djelo, brosali?<br />

Jekhal parin udaloj,<br />

jekhal parin udaloj.<br />

Nu shtozh, komu djelo, udaloj?<br />

Nu komu kakoje djelo, udaloj?<br />

Mignul djevke maladoj,<br />

mignul djevke maladoj.<br />

Nu shtozh, komu djelo, maladoj?<br />

Nu komu kakoje djelo, maladoj?<br />

Wie auf dem Berge der Wacholder wächst,<br />

wie auf dem Berge der Wacholder wächst ...<br />

Wen geht das etwas an, dass da Wacholder wächst?<br />

Wen geht das etwas an, dass da Wacholder wächst?<br />

Seite 24 von 58<br />

So wächst am Fusse des Berges die Himbeere,<br />

so wächst am Fusse des Berges die Himbeere!<br />

Wen geht das etwas an, dass da die Himbeere wächst?<br />

Wen geht das etwas an, dass da die Himbeere wächst?<br />

Dort gingen die Mädchen,<br />

dort gingen die Schönen.<br />

Wen geht das etwas an, dass sie da gingen?<br />

Wen geht das etwas an, dass sie da gingen?<br />

Sie brachen den guten Wacholder,<br />

sie brachen den guten Wacholder.<br />

Wen geht das etwas an, was sie da brachen?<br />

Wen geht das etwas an, was sie da brachen?<br />

Sie streuten ihn auf den Weg,<br />

sie streuten ihn auf den Weg.<br />

Wen geht das etwas an, was sie da streuten?<br />

Wen geht das etwas an, was sie da streuten?<br />

Ein verwegener Bursche kam geritten,<br />

ein verwegener Bursche kam geritten.<br />

Wen geht das etwas an? Er war verwegen!<br />

Wen geht das etwas an? Er war verwegen!<br />

Er zwinkerte einem jungen Mädchen zu,<br />

er zwinkerte einem jungen Mädchen zu.<br />

Wen geht das etwas an? Sie war jung!<br />

Wen geht das etwas an? Sie war jung!<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Üben Sie auch hier die Akkordbegleitung. Bei Sext-Akkorden, wie hier E 6 , können<br />

Sie den im Lied dazu angezeigten Griff übernehmen oder einfach den reinen Dur-<br />

Akkord, hier also E-Dur, spielen.<br />

Unser fünftes Lied: "<strong>Die</strong> Petersburger Strasse entlang"<br />

Strahlend beginnt diese Melodie und endet so traurig: Der da mit seiner Troika mit<br />

klingendem Glöckchen über die Petersburger Strasse davonrauscht, hinein ins<br />

Twerskoj-Jamskoj, das verrufenste Viertel des alten Moskau – das ist der Liebste,<br />

der seine Dunja verlassen hat ...


<strong>Die</strong> Petersburger Strasse entlang<br />

Vdol po Piterskoi,<br />

po darozhinkye,<br />

po Tverskoi-Jamskoi<br />

s kalakoltshikom ...<br />

<strong>Die</strong> Petersburger Strasse entlang,<br />

über den Weg<br />

zum Twerskoj-Jamskoj-Viertel<br />

mit klingendem Glöckchen ...<br />

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Pyishit milinikoi<br />

ko mnye gramotku,<br />

ko mnye gramotku,<br />

vyest' nye radostnu:<br />

"Nye sidyi, Dunya,<br />

pozno vetsherom,<br />

tý nye zhgi svyetshi<br />

vosku yarovo!<br />

Tý nye zhgi svyetshi<br />

vosku yarovo –<br />

tý nye zhdi k sibye<br />

druga milovo!"<br />

Vdol po Piterskoi,<br />

po darozhinkye,<br />

po Tverskoi-Jamskoi<br />

s kalakoltshikom ...<br />

Schreibt er der Liebsten,<br />

mir, ein Briefchen,<br />

ein kleines Briefchen an mich,<br />

eine traurige Nachricht:<br />

"Sitze nicht, Dunja,<br />

noch spät abends,<br />

und zünde nicht die Kerzen<br />

aus Wachs an!<br />

Brenne nicht die Kerzen<br />

aus Wachs –<br />

und warte nicht mehr<br />

auf deinen Geliebten!"<br />

<strong>Die</strong> Petersburger Strasse entlang,<br />

über den Weg<br />

zum Twerskoj-Jamskoj-Viertel<br />

mit klingendem Glöckchen ...<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Wenn Sie am Ende dieser Melodie auch das Gefühl hatten: "Da muss doch noch<br />

was kommen!", dann haben Sie ganz Recht. <strong>Die</strong>ses Lied hat nämlich eine sehr<br />

seltene Eigenart: Es hat kein Ende!<br />

Seite 26 von 58<br />

Nach unserem musikalischen Empfinden muss ein Lied mit dem Grundton,<br />

zumindest aber in der Grundtonart enden: Wenn wir also eine Melodie in A-Dur<br />

spielen, müsste sie auch mit dem Ton A oder wenigstens mit einer A-Dur-Harmonie<br />

abschliessen, damit der Spannungsbogen der Melodie zur Ruhe kommt.<br />

Aber diese A-Dur-Melodie endet eindeutig mit dem Ton E und einer E-Dur-<br />

Harmonie: <strong>Die</strong> Melodiespannung wird am Ende nicht aufgelöst, sondern überträgt<br />

<strong>sich</strong> auf die nächste Strophe; die beginnt tatsächlich in A-Dur und löst damit die<br />

Spannung für einen Moment, aber baut gleich wieder einen neuen Spannungsbogen<br />

auf, der am Ende wiederum offen bleibt und keine Entspannung bringt, wenn man<br />

nicht auch hier gleich wieder noch eine Strophe anhängt ...<br />

So pflanzt die ungelöste Melodiespannung <strong>sich</strong> fort von Strophe zu Strophe. Sie<br />

bleibt das ganze Lied hindurch im Raume stehen, wie eine Frage, die vergebens auf<br />

Antwort wartet, wie eine ungestillte Sehnsucht – wie die unerwiderte Liebe, die hier<br />

besungen wird.<br />

Erst ganz am Ende, wenn alle Strophen gespielt sind, könnte man dieses Lied doch<br />

noch zu einem harmonischen Abschluss bringen, wenn man den Melodieanfang<br />

noch einmal kurz anspielt und in A-Dur ausklingen lässt – nur die oberste Liedzeile<br />

"<strong>Die</strong> Petersburger Strasse entlang": Vielleicht kommt der Liebste ja auf diesem<br />

Wege auch wieder zurück?


Unser sechstes Lied: "Suliko"<br />

<strong>Die</strong>ses Lied voller Gemüt und Märchenzauber stammt aus dem Kaukasus.<br />

Suliko<br />

bearbeitet für das Melodiespiel in A-Dur<br />

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Ya mogilu miloi iskal,<br />

no yeyo naiti nye lekhko.<br />

Dolgo ya tomilsja i stradal.<br />

Gdye zhe tý, maya Suliko?<br />

Rozu po puti vstretil ya<br />

f poiskakh uidya daleko.<br />

"Roza pozhaley, utyesh minya,<br />

nyet li u tibya Suliko."<br />

Roza naklonivshis slekhka,<br />

svoi buton paskrýv shiroko.<br />

Tikho prosheptala mnye tagda:<br />

"Nye naiti tibye Suliko."<br />

Sredi roz dushistýkh, f teni<br />

zvonko pyesnyu pel solovyey.<br />

Ya u solovya tagda sprasil<br />

Suliko gdye on pritail.<br />

Soloveyka vdrug zamoltshal,<br />

rozu klyuvom tronul lekhko:<br />

"Tý nashol, shto ishtshesh", on skazal,<br />

"vyetshným snom zdyes spit Suliko."<br />

Ich suchte das Grab meiner Liebsten<br />

aber es war nicht leicht, es zu finden.<br />

Lange litt ich Qual und Leid.<br />

Wo bist du bloss, meine Suliko?<br />

Ich traf eine Rose unterwegs<br />

auf meiner Suche weit entfernt.<br />

"Bitte, liebe Rose, tröste mich:<br />

Ist Suliko nicht vielleicht bei dir?"<br />

<strong>Die</strong> Rose neigte <strong>sich</strong> leicht herab<br />

und öffnete ihre Knospe breit.<br />

Leise flüsterte sie mir dann zu:<br />

"Du musst Suliko nicht finden."<br />

Zwischen den duftenden Rosen, im Schatten,<br />

sang eine Nachtigall so klangvoll ihr Lied.<br />

Da fragte ich die Nachtigall,<br />

wo sie Suliko verborgen hielt.<br />

<strong>Die</strong> kleine Nachtigall verstummte plötzlich,<br />

berührte leicht die Rose mit dem Schnabel:<br />

"Du hast gefunden, was du suchst", sagte sie.<br />

"Suliko schläft hier in ewigem Schlaf."<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Wer weiss heute noch, dass dieses schlichte Liedchen mit der sehnsuchtsvollen<br />

Melodie alle Höhen und Tiefen einer politischen Karriere durchmachen musste?<br />

Seite 28 von 58<br />

Da das Lied, wie Stalin, aus Georgien stammt, galt es lange als "Stalins<br />

Lieblingslied" und wurde oft und überall gesungen. Als man 1956 in der Sowjetunion<br />

begann, mit Stalins Personenkult aufzuräumen, verschwand auch "Suliko" plötzlich<br />

in der Versenkung und wurde lange Zeit gemieden ...<br />

Doch heute lebt eine neue Generation, die wieder einen unbelasteten,<br />

unverkrampften Zugang zu diesem Liedchen findet und es singt – einfach weil<br />

"Suliko" ein schönes Lied ist.<br />

<strong>Die</strong> Melodie ist hier in A-Dur notiert, und Sie haben <strong>sich</strong> tapfer und geduldig die<br />

höchsten Höhen der <strong>Balalaika</strong> erobert – das ist gut so, denn so hohe Töne kommen<br />

auch in anderen Liedern immer wieder mal <strong>vor</strong>. Aber dass hier die halbe Melodie<br />

hoch über dem zehnten Bund gespielt werden muss, ist vielleicht etwas zu viel des<br />

Guten.<br />

Darum folgt jetzt die "Suliko"-Melodie noch einmal in einer anderen Tonart: Hier ist<br />

sie in D-Dur notiert, und vielleicht möchten Sie das Lied lieber so spielen.


Suliko<br />

bearbeitet für das Melodiespiel in D-Dur<br />

Seite 29 von 58<br />

Leider können wir nicht jede Melodie so einfach in eine andere Tonart transponieren<br />

und uns dadurch die Spieltechnik erleichtern.


Seite 30 von 58<br />

<strong>Die</strong> <strong>Balalaika</strong> hat zwar einen langen Hals und viele Bünde für viele Töne, aber ihre<br />

Tonspanne ist natürlich begrenzt – auf kaum zwei Oktaven, um genau zu sein. Das<br />

genügt, denn weiter reicht eine normale Singstimme auch nicht, und die "Suliko"-<br />

Melodie mit ihrem geringen Tonumfang von nur sieben Tönen lässt <strong>sich</strong> gleich<br />

mehrfach darin unterbringen.<br />

Andere russische Volkslieder aber schöpfen den Tonumfang der <strong>Balalaika</strong> voll aus<br />

und sind nur zu spielen, wenn wir etwas herumprobieren und herausfinden, in<br />

welcher Tonart die Melodie "auf die <strong>Balalaika</strong> passt" – "Stenka Rasin" zum Beispiel<br />

lässt <strong>sich</strong> nur in C-Dur spielen, die "Petersburger Strasse" dagegen nur in A und<br />

unser nächstes Lied vom "Eintönigen Glöckchen" nur in D-Dur.<br />

Zu<strong>vor</strong> aber sollen hier noch kurz die Griffe für eine einfache Akkordbegleitung in<br />

unserer neuen Tonart D-Dur zusammengefasst werden. Sie sind uns alle schon<br />

einmal begegnet. Aber um sie als D-Dur-Griffe zu üben und einzuprägen, können<br />

Sie "Suliko" und auch unser nächstes Lied einfach auch mal nur mit Akkorden<br />

begleiten.<br />

D-Dur A-Dur A 7 G-Dur<br />

Unser siebtes Lied: "Eintönig klingt das Glöckchen"<br />

<strong>Die</strong>ses gefühlvolle Lied ist auch bei uns sehr bekannt geworden. Hier sind es nicht<br />

die Abendglocken, die vertraute Erinnerungen wachrufen, sondern das kleine<br />

eintönige Glöckchen einer Troika.<br />

<strong>Die</strong> Troika – das ist das typisch russische Dreigespann: Drei Pferde sind<br />

nebeneinander <strong>vor</strong> einer Kutsche oder einem Schlitten angeschirrt. Das mittlere<br />

Pferd läuft in einer Gabeldeichsel, deren Stangen <strong>vor</strong>n zusammengehalten werden<br />

durch einen hölzernen Bogen, der <strong>sich</strong> hoch über den Pferderücken wölbt. Oben in<br />

diesem Bogen hängt stets ein Glöckchen, das während der Fahrt ständig bimmelt<br />

und die Pferde in Trab hält. Mit drei Pferden <strong>vor</strong> einem meist nur leichten Gefährt ist<br />

die Troika so schnell wie kein anderes Gespann.<br />

So jagt die Troika dahin auf staubiger Landstrasse, und der Mann auf dem<br />

Kutschbock singt ein trauriges Lied – da muss einem doch das Herz aufgehen!


Eintönig klingt das Glöckchen<br />

Adnazvutshno gremit kalakoltshik,<br />

i daroga pýlitsa slekhka,<br />

Eintönig klingt das Glöckchen,<br />

und der Weg staubt leicht,<br />

Seite 31 von 58


i unýlo po rovnomu polyu<br />

razlivayetsa pyesn yamshtshika.<br />

Stolko tshufstva v toi pyesnye unýloi,<br />

stolko tshufstva v napyewe radnom,<br />

schto v grudyi moyey khladnoi, astýloi,<br />

razgaryelosya sertse agnyom.<br />

I pripomnil ya notshi drugiye<br />

i rodnýe palya i lyesa,<br />

i na otshi, davno uzh sukhiye,<br />

nabyezhala, kak iskra, slyeza.<br />

Adnazvutshno gremit kalakoltshik,<br />

izdali otdavayas slekhka,<br />

i umolk moi yamshtshik, a daroga<br />

predo mnoi daleka, daleka.<br />

und traurig über die weite Flur<br />

ergiesst <strong>sich</strong> das Lied des Kutschers.<br />

So viel Gefühl lag in diesem traurigen Lied,<br />

so viel Gefühl in der vertrauten Weise,<br />

dass in meiner kühlen, kalt gewordenen Brust<br />

das Herz in Flammen aufging.<br />

Und ich erinnerte mich an andere Nächte,<br />

und an die heimatlichen Felder und Wälder,<br />

und in meine lang schon trockenen Augen<br />

trat, wie ein Funke, eine Träne.<br />

Seite 32 von 58<br />

Eintönig klingt das Glöckchen,<br />

von fern schallt leis sein Widerhall zurück,<br />

und mein Kutscher ist verstummt, doch der Weg,<br />

der <strong>vor</strong> mir liegt, ist noch so weit, so weit.<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Das Notenbild zeigt eine künstlerische Bearbeitung der alten Volksweise durch<br />

A.Sweschnikow; mit seinen zu Triolen gebundenen Achtelnoten sieht es sehr<br />

kompliziert aus. Aber lassen Sie <strong>sich</strong> dadurch nicht abschrecken. Hören Sie, wie<br />

russische Chöre dieses Lied <strong>vor</strong>tragen: stets langsam, sehr gefühlsbetont und<br />

dementsprechend auch rhythmisch sehr frei gestaltet – genau so gefühlvoll und frei<br />

sollten Sie's auch spielen!<br />

Unser achtes Lied: "Helles Ge<strong>sich</strong>t, rundes Ge<strong>sich</strong>t"<br />

Mit diesem Lied überschreiten wir in unserem <strong>Balalaika</strong>-Lehrgang die Schwelle zu<br />

einer neuen faszinierenden Welt. Bisher haben wir nur Lieder in Dur-Tonarten<br />

gespielt, aber der wahre Reichtum des russischen Volksliedgutes erschliesst <strong>sich</strong><br />

uns nun, wenn wir auch die Moll-Tonarten kennenlernen.<br />

Unser neues Lied begleitet uns auf diesem Schritt: Es beginnt in C-Dur und leitet<br />

dann über nach A-Moll. Sie können die Griffe ohne weiteres abspielen und <strong>sich</strong><br />

erstmal an der schönen Melodie erfreuen, be<strong>vor</strong> wir uns der neuen Tonart A-Moll<br />

intensiver zuwenden.<br />

Der Text dieses alten Kuban-Kosakenliedes verrät uns, dass auch diese rauen<br />

Kämpfer immer nur an eines denken: An ein schönes junges Mädchen mit einem<br />

Ge<strong>sich</strong>t wie Milch und Blut, hell und zart, hübsch und rund, das da steht und<br />

Wacholderzweige bricht ...<br />

Leider kenne ich nur diese eine Strophe, aber wie es weitergeht, kann man schon<br />

ahnen: Wir erinnern uns an den uralten russischen Volksglauben, den das Lied "Wie<br />

Wacholder auf dem Berge" schildert: Wacholderzweige, auf den Weg gestreut,<br />

zaubern flugs einen prächtigen Burschen herbei. Nun, da wird ein rechter Kosak<br />

<strong>sich</strong> nicht lange bitten lassen ...


Helles Ge<strong>sich</strong>t, rundes Ge<strong>sich</strong>t<br />

Byelolitsa, kruglalitsa,<br />

krasnaya dyewitsa<br />

Helles Ge<strong>sich</strong>t, rundes Ge<strong>sich</strong>t,<br />

schönes junges Mädchen<br />

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pri dolinushkye stayala,<br />

kalinu lamala ...<br />

stand da bei dem kleinen Tal,<br />

brach Wacholderzweige ...<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Was wir hier über Dur und Moll wissen müssen, lässt <strong>sich</strong> an diesem Lied schön<br />

aufzeigen und in wenigen Sätzen zusammenfassen:<br />

Seite 34 von 58<br />

l <strong>Die</strong> Melodie besteht aus vier Liedzeilen: Auf zwei Zeilen in C-Dur folgen zwei<br />

Zeilen in A-Moll. Das zeigt uns: C-Dur und A-Moll sind verwandte Tonarten, weil<br />

sie exakt dieselbe Tonreihe verwenden und <strong>sich</strong> nur im Aufbau ihrer Tonleitern<br />

unterscheiden: <strong>Die</strong> C-Dur-Tonleiter beginnt mit dem Grundton C, A-Moll mit<br />

dem Grundton A – das ist genau wie in diesem Lied: Der C-Dur-Teil beginnt mit<br />

dem Ton C, der A-Moll-Teil mit A.<br />

l <strong>Die</strong> ersten beiden Dur-Zeilen klingen unbeschwert, heiter, draufgängerisch, die<br />

letzten beiden Moll-Zeilen dagegen gefühlvoll, sehnsüchtig, schwärmerisch: Auf<br />

derart unterschiedliche Stimmungslagen gehen die Bezeichnungen "Dur" (von<br />

lateinisch durus = hart) und "Moll" (von lateinisch mollis = weich) zurück.<br />

Allerdings können auch Moll-Melodien durchaus fröhlich und ausgesprochen<br />

temperamentvoll sein, wie wir in unseren nächsten Liedern sehen werden.<br />

l Bei der Akkordbegleitung, die – wie hier in roten Buchstaben – in vielen<br />

Liedersammlungen über den Noten steht, werden die Dur-Akkorde stets mit<br />

grossen Buchstaben und Moll-Akkorde mit kleinen Buchstaben<br />

gekennzeichnet: A = A-Dur, a = A-Moll.<br />

Und hier sind auch gleich die A-Moll-Griffe, denn bei diesem Lied kann die<br />

Akkordbegleitung durch ein zweites Instrument den Dur/Moll-Wechsel in der Melodie<br />

sehr eindrucksvoll unterstreichen.<br />

A-Moll E-Dur E 7 D-Moll<br />

A-Moll und die dazu gehörigen Wechselgriffe sind für die Akkordbegleitung der<br />

<strong>Balalaika</strong> genau so wichtig wie die A-Dur-Griffe, denn der Grundton dieser Tonarten<br />

ist A, und das ist auch der Grundton der <strong>Balalaika</strong>-Melodiespiel-Saite. <strong>Die</strong> meisten<br />

Moll-Melodien russischer Volkslieder lassen <strong>sich</strong> gut in A-Moll spielen. Darum sollte<br />

man <strong>sich</strong> unbedingt die A-Moll-Griffe einprägen.


Unser neuntes Lied: "Kasanka"<br />

Das Lied von der Kasanka hat eine ganz schlichte, einfach schöne Melodie:<br />

Kasanka<br />

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Vdol da po ryetshke,<br />

vdol da po Kazanke<br />

sizý syelezyen plývyot,<br />

aida lyuli lyuli, aida lyuli lyuli,<br />

sizý syelezyen plývyot.<br />

Vdol da po byereshku,<br />

vdol da po krutomu,<br />

dobrý maladyets idyot,<br />

aida lyuli lyuli, aida lyuli lyuli,<br />

dobrý maladyets idyot.<br />

Sam on so kudryami,<br />

sam on so rusými,<br />

razgavarivayet on,<br />

aida lyuli lyuli, aida lyuli lyuli,<br />

razgavarivayet on:<br />

"Komuzh mayi kudrý,<br />

komuzh mayi rusý<br />

dostanutsya rastshesat',<br />

aida lyuli lyuli, aida lyuli lyuli,<br />

dostanutsya rastshesat'?"<br />

Dostavalis kudrý,<br />

dostavalis rusý<br />

krasnoi dyevitse tshesat',<br />

aida lyuli lyuli, aida lyuli lyuli,<br />

krasnoi dyevitse tshesat'.<br />

Ana ikh i tsheshet,<br />

ana ikh i gladit,<br />

volos k volosu kladyot,<br />

aida lyuli lyuli, aida lyuli lyuli,<br />

volos k volosu kladyot.<br />

Dort auf dem Flüsschen,<br />

dort auf der Kasanka<br />

da schwimmt ein graublauer Enterich,<br />

aida Ljuli Ljuli, aida Ljuli Ljuli,<br />

da schwimmt ein graublauer Enterich.<br />

Dort auf dem Üferchen,<br />

dort auf dem steilen,<br />

da geht ein guter Bursche,<br />

aida Ljuli Ljuli, aida Ljuli Ljuli,<br />

da geht ein guter Bursche.<br />

Er hat Locken,<br />

dunkelblonde Locken,<br />

und er spricht,<br />

aida Ljuli Ljuli, aida Ljuli Ljuli,<br />

und er spricht:<br />

"Wem nur werden meine Locken,<br />

meine dunkelblonden Locken<br />

erlauben, sie zu kämmen,<br />

aida Ljuli Ljuli, aida Ljuli Ljuli,<br />

erlauben, sie zu kämmen?"<br />

Da erlaubten die Locken,<br />

die dunkelblonden Locken<br />

einem hübschen Mädchen, sie zu kämmen,<br />

aida Ljuli Ljuli, aida Ljuli Ljuli,<br />

einem hübschen Mädchen, sie zu kämmen.<br />

Und sie kämmt sie,<br />

und sie glättet sie,<br />

und legt Haar zu Haar,<br />

aida Ljuli Ljuli, aida Ljuli Ljuli,<br />

und legt Haar zu Haar.<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Seite 36 von 58<br />

Ljuli – diesen Namen sollte man <strong>sich</strong> vielleicht merken. In Liebesdingen ist die<br />

altslawische Natur- und Liebesgöttin aus <strong>vor</strong>christlicher Zeit offenbar immer noch<br />

eine gute Adresse:<br />

In dem Lied "Wie Wacholder auf dem Berge" erhört sie den Liebeszauber der<br />

Mädchen und schickt ihnen einen feschen Burschen. Und hier ist es ein einsamer<br />

Jüngling, der hinaus geht zum Ufer der Kasanka, die bei der alten Tatarenhauptstadt<br />

Kasan in die Wolga mündet, um Ljuli sein Leid zu klagen – und hier findet <strong>sich</strong><br />

prompt ein schönes Mädchen ein, dem er <strong>sich</strong> mit Haut und Haar hingeben kann.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Balalaika</strong>-Griffe sind beim "Kasanka"-Lied so gewählt, dass die mittlere E-Saite<br />

stets leer mitschwingt. Das ist bei dieser Melodie möglich, weil sie nur mit A-Moll-<br />

und E-Dur-Akkorden begleitet wird und der Ton E der frei mitschwingenden mittleren


E-Saite zu beiden Akkorden passt.<br />

Seite 37 von 58<br />

Das erinnert an die urtümliche Spielweise auf der früher oft nur zweisaitigen<br />

<strong>Balalaika</strong>. Wie das geklungen hat, können Sie hier leicht ausprobieren: Spielen Sie<br />

nur mit den Fingern die Melodie auf der A-Saite und lassen Sie dazu stets beide E-<br />

Saiten leer mitschwingen – eine interessante Spielvariante, die Sie vielleicht in Ihren<br />

Lied<strong>vor</strong>trag einbauen möchten.<br />

Eine weitere Variante mit wieder anderem Klang entsteht, wenn Sie den Daumen bei<br />

jedem Griff nicht nur auf eine, sondern quer über beide E-Saiten legen. Probieren<br />

Sie's mal – <strong>sich</strong>er gefällt ihnen auch dieser Klang.<br />

<strong>Die</strong> Griffbilder über unseren Liedern sollen Sie ja nicht hindern, eigene Ideen<br />

auszuprobieren. Bei allen Griffen in C-Dur, E-Dur, A-Dur, A-Moll und E-Moll kann<br />

man theoretisch die mittlere E-Saite frei mitschwingen lassen und mit dem Daumen<br />

nur die äussere E-Saite abgreifen, anstatt ihn über beide E-Saiten zu legen. Ob's<br />

besser klingt – das ist letztlich oft auch eine Frage des persönlichen Geschmacks.<br />

Unser zehntes Lied: "Kalinka"<br />

Kaum ein russisches Volkslied ist rund um die Welt so bekannt geworden wie dieses<br />

"Kalinka, kalinka, kalinka maya ...": Sein mitreissender Refrain mit dem markanten<br />

Rhythmus in Sprache und Melodie, der drei, vier Mal wiederholt wird und jedesmal<br />

schneller, rasanter, ekstatischer wird, und plötzlich dann der Umschlag in die leise,<br />

getragene, fast sehnsüchtige Melodie der Strophe mit ihrem ungestillten Traum vom<br />

Liebesglück – das lässt uns auf eindrucksvolle Weise eine breite Spanne<br />

menschlicher Leidenschaften miterleben.<br />

Bei diesem Lied wird Ihnen vieles bekannt <strong>vor</strong>kommen: "Kalinka" (Wacholder) and<br />

"Malinka" (Himbeere) waren offenbar die traditionellen Opfergaben an die<br />

altslawische Göttin der "Mutter Erde", des Frühlings, der Liebe und Fruchtbarkeit mit<br />

Namen "Ljuli" - als die traditionelle himmlische Verbündete des russischen<br />

Bauernvolkes und der Verliebten überstand sie die Christianisierung und lebt heute<br />

noch fort einer ganzen Reihe von Volksliedern.<br />

<strong>Die</strong> meisten dieser Lieder beginnen mit einer sehr ähnlichen Melodieführung. Bei<br />

"Kasanka" und "Wie Wacholder auf dem Berge" und all den anderen Ljuli-Liedern in<br />

der Sammlung "Russische Volkslieder" beginnt die Melodie stets beim hohen E und<br />

führt hinab zum Grundton A. Das lässt vermuten, dass sie alle auf einen<br />

gemeinsamen Ursprung zurückgehen, etwa eine sehr alte Hymne oder ein<br />

heidnisches Ritual zu Ehren der Göttin Ljuli.<br />

Das Lied "Kalinka" könnte dieses Original sein oder ihm zumindest sehr weitgehend<br />

ähneln: Es hat noch die liturgische Form des Wechselgesangs: Der Refrain, von der<br />

Gemeinde bis zur Ekstase wiederholt, erinnert die Göttin immer wieder an die<br />

dargebrachten Opfergaben, und im Sologesang der Strophen wendet <strong>sich</strong> der<br />

Priester direkt an Ljuli und trägt ihr <strong>vor</strong>, was die Menschen <strong>sich</strong> von ihr dafür


Seite 38 von 58<br />

erhoffen: Eine reiche Ernte vielleicht, oder Kindersegen, oder die Errettung aus<br />

Hungersnot, aus Seuchen, aus Dürrezeiten ... In der heutigen Form des Liedes ist<br />

nur noch eine, nicht weniger wichtige Bitte geblieben: Der Wunsch nach Liebe!<br />

Kalinka


Kalinka, kalinka, kalinka maya,<br />

f sadu yagoda malinka, malinka maya.<br />

Pad sasnoyu, pad zelenoyu<br />

spat' palazhýtye vý minya,<br />

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Wacholder, Wacholder, Wacholder mein,<br />

im Garten die Beere, die Himbeere mein.<br />

Unter der Kiefer, unter der grünen<br />

legt mich zum Schlafen,


aida lyuli lyuli, aida lyuli lyuli,<br />

spat' palazhýtye vý minya.<br />

Kalinka, kalinka, kalinka maya,<br />

f sadu yagoda malinka, malinka maya.<br />

Akh tý sasyenushka, akh tý zelenaya,<br />

nye shumi zhe nado mnoi,<br />

aida lyuli lyuli, aida lyuli lyuli,<br />

nye shumi zhe nado mnoi!<br />

Kalinka, kalinka, kalinka maya,<br />

f sadu yagoda malinka, malinka maya.<br />

Krasavitsa, dusha dyevitsa,<br />

palyubi zhe tý minya,<br />

aida lyuli lyuli, aida lyuli lyuli,<br />

palyubi zhe tý minya!<br />

Kalinka, kalinka, kalinka maya,<br />

f sadu yagoda malinka, malinka maya.<br />

aida, Ljuli, Ljuli, aida, Ljuli, Ljuli,<br />

legt mich zum Schlafen!<br />

Seite 40 von 58<br />

Wacholder, Wacholder, Wacholder mein,<br />

im Garten die Beere, die Himbeere mein.<br />

Ach du liebe Kiefer, ach du grüne,<br />

rausche doch nicht so laut über mir,<br />

aida, Ljuli, Ljuli, aida, Ljuli, Ljuli,<br />

rausche doch nicht so laut über mir!<br />

Wacholder, Wacholder, Wacholder mein,<br />

im Garten die Beere, die Himbeere mein.<br />

Schönes Mädchen, liebes Mädchen,<br />

hab mich doch lieb,<br />

aida, Ljuli, Ljuli, aida, Ljuli, Ljuli,<br />

hab mich doch lieb!<br />

Wacholder, Wacholder, Wacholder mein,<br />

im Garten die Beere, die Himbeere mein.<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Be<strong>vor</strong> wir uns dem nächsten Lied zuwenden, hier noch ein Tip zu "Kalinka": Der<br />

Refrain "Kalinka, kalinka, kalinka maya ..." wird am Anfang, zwischen den Strophen<br />

und am Ende gespielt und jedesmal wiederholt, aber nicht nur einmal, sondern drei,<br />

vier Mal hintereinander: Der erste Durchgang beginnt betont langsam, aber dann<br />

wird der Refrain immer schneller und erreicht im letzten Durchgang ein furioses<br />

Tempo. Als <strong>Balalaika</strong>spieler sollte man darauf gut <strong>vor</strong>bereitet sein und für jedes<br />

Tempo eine spezielle Grifftechnik parat haben:<br />

1. Durchgang, langsam:<br />

So ist es im Lied oben notiert, und so klingt es wohl auch am besten: Jeder<br />

Melodieton hat seinen eigenen Akkordgriff – allerdings muss die Hand dabei ständig<br />

am Hals auf und ab rutschen, das kostet Zeit, und die haben wir nur am Anfang,<br />

wenn der Refrain noch sehr langsam <strong>vor</strong>getragen wird.


2. Durchgang, schneller:<br />

Seite 41 von 58<br />

Hier bewegt <strong>sich</strong> die Hand nur noch einmal vom hohen Anfangston aus nach unten<br />

und bleibt in dieser Lage – das spart Zeit!<br />

3. Durchgang, sehr schnell:<br />

Jetzt bleibt die Hand immer in derselben Lage, denn auch der Anfangston ist von<br />

hier aus zu greifen – wieder eine Vereinfachung, die ein schnelleres Spielen erlaubt.<br />

4. Durchgang, rasant:<br />

Am Ende wird die Melodie nur noch auf der A-Saite gespielt, und die beiden E-<br />

Saiten können leer mitschwingen, weil der Ton E zu allen Melodietönen passt.


Unser elftes Lied: "Kosakenpatrouille"<br />

Hier kommt ein Lied im flotten Reitergalopp daher:<br />

Kosakenpatrouille<br />

bearbeitet für das Melodiespiel in A-Moll<br />

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Polyushko, polye,<br />

polyushko shiroko, polye ...<br />

Yedut, ey, po polyu gyeroyi,<br />

ey, da ruskoi armiyi gyeroyi.<br />

Dyevushki platshut,<br />

dyevushkam sivodnya grustno:<br />

Milý da v armiyu uyekhal,<br />

ey, da milý v armiyu uyekhal.<br />

Dyevushki, gliantye,<br />

dyevushki, utritye slyozý!<br />

Pust' po silnyeye grianyem pyesnyu,<br />

ey, da nasha pyesnya boyevaya.<br />

Tol'ko mý vidyim,<br />

vidyim mý syeduyu tutshu:<br />

Vrazhya da sila iz za lyesa,<br />

ey, da vrazhya sila slovno tutsha.<br />

Feld, mein Feld<br />

mein weites Feld ...<br />

Da reiten, hej, übers Feld die Helden,<br />

hej, die Helden der russischen Armee.<br />

<strong>Die</strong> Mädchen weinen,<br />

die Mädchen sind heute traurig:<br />

Ihr Liebster ist zur Armee geritten,<br />

hej, der Liebste ist zur Armee geritten.<br />

Ihr Mädchen, schaut her,<br />

Mädchen, wischt die Tränen fort!<br />

Um so stärker soll unser Lied erklingen,<br />

hej, unser kämpferisches Lied.<br />

Wir sehen nur<br />

eine graue Wolke:<br />

<strong>Die</strong> Feindesmacht hinter dem Walde,<br />

hej, die Feindesmacht wie eine Wolke.<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Seite 43 von 58<br />

<strong>Die</strong>ses Lied mit seiner packenden, rastlos <strong>vor</strong>wärtsdrängenden Melodie entstand in<br />

den Bürgerkriegsjahren 1918-1922 und wurde wohl zuerst bei den "Weissen", bald<br />

aber auch bei den "Roten" gesungen – das mitreissende Lied hatte die Fronten<br />

überwunden, und beide Seiten besangen darin ihre vage Hoffnung, von der<br />

jeweiligen Feindesmacht nur noch eine graue Wolke zu sehen, wenn die <strong>sich</strong> hinter<br />

dem Wald aus dem Staube machte.<br />

"Kosakenpatrouille" ist der Titel, unter dem diese eingängige Melodie im flotten<br />

Reitergalopp <strong>vor</strong> einigen Jahrzehnten bei uns als Instrumentalstück populär wurde.<br />

Inzwischen führen auch russische Chöre und <strong>Balalaika</strong>-Orchester das Lied in ihrem<br />

Repertoire unter diesem Titel.<br />

Wenn Sie die Noten genau studieren, werden Sie feststellen, dass wir an zwei<br />

Stellen ein Problem haben: In der dritten und vierten Liedzeile geht die Melodie<br />

hinunter bis zum Ton D, der auf der <strong>Balalaika</strong> gar nicht mehr zu spielen ist.<br />

Wenn Sie an diesen Stellen die Noten und Griffe vergleichen, werden Sie<br />

entdecken, dass wir hier ein bisschen gemogelt haben: Wir spielen statt des Tons D<br />

einfach E und einen E-Dur-Akkord. Nun, das ist hier vielleicht verzeihlich, denn<br />

könnten wir dazu das D spielen, so würde aus E-Dur ein E-Septim-Akkord – wir<br />

brauchen also keinen Missklang zu befürchten, selbst wenn andere Instrumente<br />

oder Sänger gleichzeitig das D intonieren, das eigentlich hier am Platze wäre.<br />

Und diese kleine Mogelei zahlt <strong>sich</strong> aus, denn so ist die Melodie recht einfach zu<br />

spielen: <strong>Die</strong> Hand bleibt beständig in der untersten Spielstellung – da bleibt viel<br />

Raum für Oberstimmen ...<br />

Ach, man müsste zwei <strong>Balalaika</strong>s haben! Dann könnte eine die Melodie spielen, und


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Ach, man müsste zwei <strong>Balalaika</strong>s haben! Dann könnte eine die Melodie spielen, und<br />

ein zweiter <strong>Balalaika</strong>spieler könnte in der mittleren Lage eine Oberstimme dazu<br />

improvisieren, etwa so:<br />

Kosakenpatrouille<br />

1. Oberstimme<br />

Ach, man müsste drei <strong>Balalaika</strong>s haben! Dann könnte eine <strong>Balalaika</strong> die Melodie


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Ach, man müsste drei <strong>Balalaika</strong>s haben! Dann könnte eine <strong>Balalaika</strong> die Melodie<br />

spielen, die zweite die Oberstimme, und eine dritte <strong>Balalaika</strong> könnte weit oben auf<br />

der A-Saite, eine Oktave über der Hauptmelodie einfach nur die Melodietöne auf<br />

einer Saite zupfen oder tremolieren:<br />

Kosakenpatrouille<br />

2. Oberstimme, auf einer Saite gezupft oder tremoliert


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Wenn Sie jetzt noch ein paar Rhythmusinstrumente wie Holzblocktrommel, Taburin<br />

und Rassel hinzunehmen , um das Pferdegetrappel der herannahenden,<br />

<strong>vor</strong>beistürmenden und am Ende in der Ferne wieder verschwindenden Reiterhorde<br />

anzudeuten, dann können Sie dieses kleine Liedchen zu einer bühnenreifen<br />

Darbietung ausgestalten:<br />

l Vorspiel: Ein Rhythmusinstrument beginnt kaum hörbar und wird allmählich<br />

lauter, die anderen kommen dazu. Sie geben einen flotten Galopprhythmus <strong>vor</strong><br />

und behalten ihn das ganze Lied hindurch bei: Ram ratatam ratatam ratatam ...<br />

l 1. Strophe, leise beginnend: <strong>Die</strong> erste <strong>Balalaika</strong> setzt ein, die ersten Töne leise<br />

zupfend, dann zum Melodiespiel übergehend. Gegen Ende der Strophe kommt<br />

die zweite <strong>Balalaika</strong> dazu.<br />

l 2. Strophe, anschwellend: Zwei <strong>Balalaika</strong>s spielen die Melodie, die dritte<br />

<strong>Balalaika</strong> setzt zupfend ein und geht auch zum Melodiespiel über.<br />

l 3. Strophe, stark: Zwei <strong>Balalaika</strong>s spielen die Melodie, die dritte <strong>Balalaika</strong> die 1.<br />

Oberstimme.<br />

l 4. Strophe, Höhepunkt: Eine <strong>Balalaika</strong> spielt die Melodie, die zweite spielt die 1.<br />

Oberstimme, die dritte <strong>Balalaika</strong> zupft die 2. Oberstimme – weil's so schön ist,<br />

könnte man dies auch zwei Strophen lang durchhalten.<br />

l 5. Strophe, abschwellend: Zwei <strong>Balalaika</strong>s spielen die Melodie, die dritte zupft<br />

sie, leiser werdend, eine Oktave höher.<br />

l 6. Strophe, ausklingend: Eine <strong>Balalaika</strong> spielt die Melodie, eine zupft nur die<br />

Melodietöne. Beide werden leiser und klingen gegen Ende der ersten Hälfte der<br />

Strophe aus.<br />

l Nachspiel: <strong>Die</strong> Rhythmusinstrumente werden rasch leiser und verstummen.<br />

Applaus, Applaus, Applaus!!!<br />

Andererseits – wenn wir nicht gerade ein <strong>vor</strong>tragsreifes Arrangement für drei<br />

<strong>Balalaika</strong>s planen – müssten wir eigentlich nicht mogeln, wenn wir feststellen, dass<br />

eine Melodie den Tonumfang unserer <strong>Balalaika</strong> überschreitet: Wir suchen uns dann<br />

einfach eine andere Tonart, in der die ganze Melodie <strong>sich</strong> auf der <strong>Balalaika</strong> spielen<br />

lässt – das haben wir in unserem Lehrgang schon einige Male praktiziert und noch<br />

für jede Melodie die passende Tonart gefunden.<br />

Auch die "Kosakenpatrouille" muss man ja nicht in A-Moll spielen: Was in A-Moll<br />

nicht passt, das spielen wir eben in E-Moll, und so klingt unser Lied im Solo-Vortrag<br />

ohnehin viel besser.


Kosakenpatrouille<br />

bearbeitet für das Melodiespiel in E-Moll<br />

Hier können wir das ganze Lied auf der A-Saite spielen und so die Melodie viel<br />

eindrucksvoller zur Geltung bringen, als dies in der A-Moll-Version geschehen<br />

konnte.<br />

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Unser zwölftes Lied: "Schwarze Augen"<br />

Auch diese alte russische Zigeunerweise spielen wir in E-Moll:<br />

Schwarze Augen<br />

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Otshi tshornýe, otshi strastnýe,<br />

otshi zhgutshiye i prekrasnýe –<br />

kak lublyu ya vas, kak bayus ya vas!<br />

Znat', uvidel vas ya v nyedobrý tshas.<br />

Okh, nyedarom vý glubiný tyemney!<br />

Vizhu traur v vas po dushe mayey,<br />

vizhu plamya v vas ya pabyednoye:<br />

Sozhenu na nyom sertse byednoye.<br />

No nye grusten ya, nye petshalen ya,<br />

uteshitelna mnye sud'ba maya:<br />

Fsyo shto lutshevo vzhizni bog dal nam<br />

v zhertvu otdal ya ognevým glazam!<br />

Schwarze Augen, leidenschaftliche Augen,<br />

brennende, schöne Augen –<br />

wie ich euch liebe, wie ich euch fürchte!<br />

Seit ich euch sah, hab ich keine gute Stunde.<br />

Seite 49 von 58<br />

Ihr seid nicht umsonst von so dunkler Tiefe!<br />

Ich sehe in euch die Trauer über meine Seele,<br />

ich sehe in euch das unbezwingbare Feuer,<br />

auf dem mein armes Herz verbrennt.<br />

Doch ich bin nicht traurig, nicht bedrückt,<br />

glücklich erscheint mir mein Schicksal:<br />

Was Gott uns Gutes im Leben gegeben hat,<br />

hab ich geopfert für diese feurigen Augen.<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

Der mitreissende Schwung, den diese Zigeunerweise entwickelt, entspringt einfach<br />

daraus, dass das simple, aus nur fünf Tönen bestehende Motiv am Liedanfang <strong>sich</strong><br />

die ganze Strophe hindurch immer wieder wiederholt, <strong>sich</strong> aber dabei in so<br />

interessante Variationen steigert, dass die Motiv-Umkehrung am Schluss den<br />

Schwung gar nicht auffangen kann und man die Melodie immer nochmal spielen und<br />

hören möchte.<br />

Vielleicht fallen Ihnen noch weitere Variationen ein, um Ihre zweite, dritte Strophe<br />

abwechslungsreich zu gestalten – die Zigeuner hätten ihren hellen Spass daran!<br />

Übrigens: Wer <strong>sich</strong> hier an dem Begriff "Zigeuner" stösst, möge bedenken, dass der<br />

stattdessen bemühte Name "Sinti und Roma" nur die zwei grössten, aber<br />

keineswegs alle deutschen Stammesverbände des fahrenden Volkes umfasst und<br />

seinerseits eine Diskriminierung der kleineren Stämme dar<strong>stellt</strong>.<br />

<strong>Die</strong> russischen Gruppen – und um die geht's ja hier – kann man schon gar nicht<br />

"Sinti und Roma" nennen: Neben einer Vielzahl kleinerer Stämme leben dort <strong>vor</strong><br />

allem Roma, aber so gut wie keine Sinti.<br />

So bleibe ich denn beim Begriff "Zigeuner", der wohl vom persischen "ciganch" =<br />

"Musiker, Tänzer" hergeleitet ist – wo könnte das besser passen als hier?<br />

<strong>Die</strong>ses alte Lied von den glutvollen, unwiderstehlichen, alles verzehrenden Blicken<br />

aus schwarzen Augen ist wieder in A-Moll auf der <strong>Balalaika</strong> nicht zu spielen.<br />

Versuchen Sie's: Ob Sie unten beim Ton E der leeren E-Saite beginnen oder oben<br />

beim E am siebten Bund der A-Saite – jedesmal ist das Griffbrett zu kurz, um alle<br />

Töne der Melodie zu spielen. Also versuchen wir's, wie bei der "Kosakenpatrouille",<br />

mit einer anderen Tonart und spielen auch diese Melodie wieder in E-Moll.<br />

Und wie Sie schon bei der E-Moll-Version der "Kosakenpatrouille" und jetzt auch bei<br />

"Schwarze Augen" gesehen haben, wechseln wir in unseren E-Moll-Melodien häufig<br />

auch zu G-Dur und seinen Wechselgriffen C-Dur, D-Dur und D-Septim – E-Moll und<br />

G-Dur sind nämlich auch verwandte Tonarten, ebenso wie die beiden verwandten<br />

Tonarten A-Moll und C-Dur.


Tonarten A-Moll und C-Dur.<br />

Seite 50 von 58<br />

Und hier sind die Griffe für eine Akkordbegleitung in E-Moll. <strong>Die</strong> meisten kennen wir<br />

schon:<br />

E-Moll H-Dur H 7 A-Moll<br />

So, dies war die letzte Tonart, die wir in diesem Lehrgang kennenlernen. Sie<br />

beherrschen nun vier Dur- und zwei Moll-Tonarten, und damit sind Sie bestens<br />

ausgestattet, <strong>sich</strong> jedes Lied auf der <strong>Balalaika</strong> selbst zu erarbeiten – sowohl für die<br />

Akkordbegleitung wie auch für das Melodiespiel.<br />

Unser letztes Lied: "Kosakenwiegenlied"<br />

Kosaken – das waren verwegene Kerle, entlaufene Leibeigene, die alle Verfolger<br />

abgeschüttelt und <strong>sich</strong> bis an den Rand des Zarenreiches durchgeschlagen hatten:<br />

Dort, am Dnjepr und am Don, an der Wolga, am Kuban und in Sibirien, hatten <strong>sich</strong><br />

bald Scharen dieser wagemutigen, kämpferischen Draufgänger<br />

zusammengefunden, eroberten <strong>sich</strong> im unruhigen, stets umkämpften Grenzland<br />

eigene Siedlungsgebiete und lebten nun als freie Bauern in befestigten Dörfern, die<br />

sie ständig nach allen Seiten verteidigen mussten.<br />

Stolz benannten sie <strong>sich</strong> nach dem mongolischen Wort "kosak", was "freier Mensch"<br />

bedeutet, sie waren niemandem zu Tribut oder Gehorsam verpflichtet, erkannten<br />

keinerlei Obrigkeit an, und in Kriegszeiten wählten sie einen der ihren zum Anführer,<br />

den sie "Hetman" oder "Ataman" nannten und der danach, im Frieden, wieder das<br />

wurde, was alle waren: ein einfacher freier Bauer.<br />

Das stolze, ungebundene, kämpferische Kosakenleben hat immer wieder grosse<br />

Künstler inspiriert: So haben Ilja Repin mit seinem kolossalen Gemälde "<strong>Die</strong><br />

Saporoger Kosaken schreiben dem türkischen Sultan einen Brief", Alexander<br />

Glasunow mit seiner Sinfonie "Stenka Rasin" und Nikolai Gogol mit seiner Erzählung<br />

"Taras Bulba" dieser Kosakenherrlichkeit klassische Denkmäler gesetzt.<br />

Und in Gogols Erzählung ist es die ergreifende Schilderung der Mutter mit ihrer<br />

hingebungsvollen Liebe und ahnungsvollen Angst um das Schicksal ihrer Söhne, die<br />

der grosse Dichter Michail Lermontow eindrucksvoll verdichtet hat in seinem<br />

"Kosakenwiegenlied", das rasch zu einem Volkslied wurde:


Kosakenwiegenlied<br />

Spi mladyenets, moi prekrasný,<br />

bayushki bayu,<br />

tikho smotrit myesyats yasný<br />

f kolýbyel tvayu.<br />

Schlaf, mein Bub, mein schöner,<br />

bajuschki baju,<br />

still schaut der klare Mond<br />

in deine Wiege.<br />

Seite 51 von 58


Stanu skazývat' ya skazki,<br />

pyesenki spayu,<br />

tý-zh dremli, zakrývshi glazki,<br />

bayushki bayu.<br />

Sim uznayesh, budit vremya,<br />

branoye zhityo,<br />

smyelo vdyenish nogu f stremya<br />

i vazmyosh ruzhyo.<br />

Ya sedeltse boyevoye<br />

sholkom razoshyu.<br />

Spi, ditya mayo radnoye,<br />

bayushki bayu.<br />

Bogatýr tý budish s vidu<br />

i kazak dushoi.<br />

Pravazhat' tibya ya výdu,<br />

tý makhnyosh rukoi.<br />

Skolko gorkikh slyoz ukradkoi<br />

ya f tu notsh pralyu!<br />

Spi, moi angel, tikho, sladko,<br />

bayushki bayu.<br />

Stanu ya toskoi tomit'sya,<br />

byesutyeshno zhdat',<br />

stanu tselý dyen' molit'sya,<br />

po notsham gadat'.<br />

Stanu dumat', shto skutshayesh<br />

tý f tshuzhom krayu.<br />

Spi-zh, paka zabot nye znayesh,<br />

bayushki bayu.<br />

Dam tibye ya na darogu<br />

obrazok svyatoi,<br />

tý yevo, molyasya bogu,<br />

stav pyered saboi.<br />

Da, gotovyas v boi apasný,<br />

pomni mat' svayu.<br />

Spi, mladyenets, moi prekrasný,<br />

bayushki bayu.<br />

Ich will Märchen erzählen<br />

und Liedchen <strong>vor</strong>singen,<br />

du aber schlummre, die Äuglein geschlossen,<br />

bajuschki baju.<br />

Es kommt die Zeit, da wirst du kennenlernen<br />

das streitbare Leben,<br />

kühn wirst du den Fuss in den Steigbügel stemmen<br />

und das Gewehr nehmen.<br />

<strong>Die</strong> Satteldecke für dein Streitross<br />

werd ich dir aus Seide nähen.<br />

Schlaf, mein liebes kleines Kindchen,<br />

bajuschki baju.<br />

Ein Held wirst du sein von Ansehen<br />

und ein Kosak mit ganzem Herzen.<br />

Ich werde herauslaufen, dich zu begleiten,<br />

du wirst nur mit der Hand winken.<br />

Wie viele bittere Tränen werd ich heimlich<br />

in jener Nacht vergiessen!<br />

Schlaf, mein Engel, still und süss,<br />

bajuschki baju.<br />

Ich werde <strong>vor</strong> Sehnsucht vergehen,<br />

untröstlich werde ich warten,<br />

den ganzen Tag werde ich beten<br />

und nachts das Schicksal befragen.<br />

Ich werde denken, dass du Sorgen hast<br />

fern in fremdem Land.<br />

Schlaf jetzt, solange du Sorgen nicht kennst,<br />

bajuschki baju.<br />

Auf den Weg werd ich dir geben<br />

ein kleines Heiligenbildchen,<br />

das musst du, wenn du zu Gott betest,<br />

<strong>vor</strong> dir aufstellen.<br />

Seite 52 von 58<br />

Wenn du dich <strong>vor</strong>bereitest auf den gefährlichen Kampf<br />

denk an deine Mutter.<br />

Schlaf, mein Bub, mein schöner,<br />

bajuschki baju.<br />

(Hinweise zur russischen Aussprache im Anhang!)<br />

<strong>Die</strong> wunderschöne, schlichte Melodie, die das Volk bald zu diesen Worten fand, teilt<br />

Lermontows Verse in je zwei Strophen. Um den ursprünglichen Versaufbau von<br />

Lermontows Gedicht zu verstehen, müsste man immer zwei Strophen zu einem<br />

Vers zusammenfügen: Jeder Gedichtvers endet dann mit der Zeile "bajuschki baju".<br />

"Bajuschki baju" – diese zwei Worte lassen <strong>sich</strong> nicht übersetzen, sie sind einfach


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"Bajuschki baju" – diese zwei Worte lassen <strong>sich</strong> nicht übersetzen, sie sind einfach<br />

nur sanfte, warme Klangwörter, mit denen russische Mütter ihre Kinder in den Schlaf<br />

singen. Werden die Kinder dann grösser, heisst es nur noch kurz "Bai bai!" – "Schlaf<br />

gut!"<br />

<strong>Die</strong>ses Lied können Sie nun einfach so vom Blatt spielen, stimmt's? Sie brauchen<br />

keine Erläuterungen mehr, keine Ratschläge, keine neuen Griffe. Sie schaffen das<br />

jetzt "spielend" selbst.<br />

Zum Geleit<br />

<strong>Die</strong> <strong>Schule</strong> ist aus! Aber das Lernen geht natürlich weiter: In meiner Sammlung<br />

"Russische Volkslieder" finden Sie noch viele weitere Lieder mit Griffbildern für das<br />

<strong>Balalaika</strong>-Melodiespiel, die Sie <strong>sich</strong> nun auch selbstständig erarbeiten können.<br />

Und bald werden Sie <strong>sich</strong> an eine neue Melodie wagen, die Sie irgendwo gehört<br />

haben, werden sie erst auf einer Saite zupfen, dann passende Melodiespiel-Griffe<br />

dazu finden und schliesslich zu einem Lied<strong>vor</strong>trag gestalten.<br />

Und schauen Sie anderen <strong>Balalaika</strong>spielern auf die Finger, lassen Sie <strong>sich</strong> neue<br />

Griffe, neue Schlagtechniken zeigen. Experimentieren Sie selbst, finden Sie<br />

interessante Klänge heraus. Unser Lehrgang konnte die Grundlagen vermitteln –<br />

aber Kunst ist immer individuell: Finden Sie Ihren eigenen Weg, Ihren eigenen Stil,<br />

Ihre eigenen Interpretationen der russischen Volksweisen.<br />

Ich möchte mich aber nicht von Ihnen verabschieden, ohne Ihnen meine<br />

Hochachtung auszusprechen, wenn Sie die <strong>Balalaika</strong>schule bis hierhin<br />

durchgearbeitet haben. Sie haben <strong>sich</strong> mit unendlich viel Geduld, Fleiss und<br />

Hartnäckigkeit eine neue Welt erschlossen: die reiche Welt dieser grossartigen<br />

russischen Volksmusik – und das nicht als passiver Zuhörer, sondern als<br />

musizierender, diese Musik mitgestaltender, Ihre persönliche Note einbringender<br />

aktiver <strong>Balalaika</strong>spieler.<br />

Aber eigentlich möchte ich mich überhaupt nicht von Ihnen verabschieden, sondern<br />

gerne weiterhin in Kontakt bleiben. Schreiben Sie mir, wenn Fragen oder Probleme<br />

auftauchen, wenn Sie Kritik und Verbesserungs<strong>vor</strong>schläge für die <strong>Balalaika</strong>schule<br />

haben, und besonders würde ich mich freuen, wenn Sie ein neues Lied<br />

kennenlernen, das ich meiner Sammlung noch hinzufügen könnte, damit alle ihre<br />

Freude daran haben ...<br />

Ich weiss, dass Sie die <strong>Balalaika</strong> von nun an nicht mehr<br />

loswerden – dieses kleine, zierliche, mit seinen drei Saiten so<br />

bescheidene und doch so vielseitige, ausdrucksstarke<br />

Instrument – und ich wünsche Ihnen viel, viel Freude damit!<br />

<strong>Kai</strong> <strong>Kracht</strong>


Anhang: Das Griffbrett<br />

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Hier ist – etwas schematisch darge<strong>stellt</strong> – das Griffbrett der <strong>Prim</strong>-<strong>Balalaika</strong> mit den<br />

Namen aller Töne, die man darauf spielen kann.<br />

In der Grafik sind nur die Namen für die erhöhten<br />

Halbtonstufen angezeigt, nicht aber die Namen der<br />

erniedrigten Halbtöne. Doch auf der <strong>Balalaika</strong> meinen die<br />

folgenden Notennamen-Paare jeweils exakt denselben Ton:<br />

Des = Cis, Es = Dis, Ges = Fis, As = Gis, B = Ais.<br />

Wenn Sie also ein Des hören wollen, setzen Sie den Finger<br />

auf Cis, denn Des ist nur ein anderer Name für Cis.<br />

<strong>Die</strong> Namen der Töne auf der äusseren E-Saite gelten<br />

natürlich genau so auch für die mittlere E-Saite. Sie sind dort<br />

nur deshalb nicht nochmal eingetragen, um stattdessen die<br />

Griffbrettmarkierungen abbilden zu können.<br />

<strong>Die</strong> Griffbrettmarkierungen, meist als kleine runde helle<br />

Scheiben in das Holz des Griffbretts eingelassen, sind bei<br />

den meisten <strong>Balalaika</strong>s in der hier darge<strong>stellt</strong>en Weise<br />

angeordnet, darum werden sie in diesem Lehrgang und bei<br />

den Liederblättern unserer Volksliedersammlung stets<br />

einheitlich in genau dieser Anordnung darge<strong>stellt</strong>.<br />

Sollten Sie bei Ihrem Instrument eine abweichende<br />

Markierung feststellen, könnten Sie – wenigstens für die<br />

Dauer dieses Lehrgangs – auf Ihrem Griffbrett die<br />

überzähligen Punkte dunkel übermalen bzw. fehlende Punkte<br />

mit heller Farbe dünn auftupfen.<br />

Wollen Sie einen bestimmten Ton spielen, z.B. ein A oder ein C?<br />

Dann setzen Sie Ihren Finger dort aufs Griffbrett, wo hier in der Abbildung der Name<br />

dieses Tons steht, und reissen Sie die entsprechende Saite an, dann erklingt der<br />

gewünschte Ton.<br />

Wollen Sie wissen, welchen Ton Ihr Finger gerade greift?<br />

Dann merken Sie <strong>sich</strong> die Saite und den Bund, wo Ihr Finger auf dem Griffbrett<br />

steht, suchen Sie nun die entsprechende Position in der Abbildung auf und lesen Sie<br />

dort den Namen des Tons ab.


Anhang: Grifftabelle<br />

C-<br />

Dur<br />

D-<br />

Dur<br />

E-<br />

Dur<br />

F-<br />

Dur<br />

G-<br />

Dur<br />

A-<br />

Dur<br />

H-<br />

Dur<br />

C G G 7 F<br />

D A A 7 G<br />

E H H 7 A<br />

F C C 7 B<br />

G D D 7 C<br />

A E E 7 D<br />

H Fis Fis 7 E<br />

A-<br />

Moll<br />

H-<br />

Moll<br />

Cis-<br />

Moll<br />

D-<br />

Moll<br />

E-<br />

Moll<br />

Fis-<br />

Moll<br />

Gis-<br />

Moll<br />

Seite 55 von 58<br />

a E E 7 d<br />

h Fis Fis 7 e<br />

cis Gis Gis 7 fis<br />

d A A 7 g<br />

e H H 7 a<br />

fis Cis Cis 7 h<br />

gis Dis Dis 7 cis<br />

<strong>Die</strong> Grifftabelle zeigt die <strong>Balalaika</strong>-Griffe, die Sie brauchen, wenn Sie eine


Seite 56 von 58<br />

<strong>Die</strong> Grifftabelle zeigt die <strong>Balalaika</strong>-Griffe, die Sie brauchen, wenn Sie eine<br />

gesungene oder gespielte Melodie mit <strong>Balalaika</strong>-Akkorden begleiten. Es gibt <strong>sich</strong>er<br />

raffiniertere Akkordgriffe, aber diese sind am leichtesten zu greifen.<br />

Links in der Grifftabelle finden Sie die Akkordbegleitung für sämtliche diatonischen<br />

Dur-Tonarten und rechts daneben die Griffe für die jeweils verwandte Moll-Tonart.<br />

Niemand muss die ganzen 56 Griffe der grossen Grifftabelle beherrschen! In der<br />

Praxis sind es nur wenige Tonarten, die immer wieder verwendet werden – diese<br />

wichtigen Tonarten können Sie gleich hier üben, mit unserem<br />

Schnellkurs für die Akkordbegleitung:<br />

Fis H E A D G C F B<br />

Wie Sie sehen, hat in unserer Schnellkurs-Tabelle jeder Griff mit rotem Buchstaben<br />

zwei Nachbarn:<br />

l H hat die Nachbarn Fis und E,<br />

l E hat die Nachbarn H und A,<br />

l A hat die Nachbarn E und D ...<br />

Und siehe da: <strong>Die</strong>se Nachbarn sind die Wechselgriffe!<br />

l H-Dur hat die Wechselgriffe Fis-Dur und E-Dur,<br />

l E-Dur hat die Wechselgriffe H-Dur und A-Dur,<br />

l A-Dur hat die Wechselgriffe E-Dur und D-Dur ...<br />

Und welche Wechselgriffe gehören zu C-Dur? Schauen Sie in die Tabelle:<br />

C hat die Nachbarn G und F. Also hat C-Dur die Wechselgriffe G-Dur und F-Dur.<br />

Und D-Dur? Welche Wechselgriffe brauche ich da? Schauen Sie in die Tabelle:<br />

D hat die Nachbarn A und G. Also hat D-Dur die Wechselgriffe A-Dur und G-Dur.<br />

Wer dieses Prinzip verstanden hat, kann mit diesen neun Griffen eigentlich schon<br />

alle gängigen Dur-Tonarten mit Akkorden begleiten. Septim-Akkordgriffe und<br />

verwandte Moll-Akkorde muss man <strong>sich</strong> bei Bedarf dann allerdings aus der grossen<br />

Grifftabelle heraussuchen.<br />

Von allen Moll-Tonarten der grossen Grifftabelle braucht man <strong>sich</strong> nur E-Moll, A-Moll<br />

und D-Moll mit den jeweiligen Wechselgriffen einzuprägen – das reicht in aller<br />

Regel.


Anhang: Zur russischen Aussprache Texte<br />

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Natürlich müsste man russische Texte eigentlich kyrillisch schreiben; jede Umschrift<br />

mit lateinischen Buchstaben muss unzulänglich bleiben. Aber die hier verwendete<br />

internationale Schreibweise kommt der russischen Aussprache schon sehr nah,<br />

wenn man ein paar Regeln beachtet:<br />

a, e, i, o, u, b, d, f, g, k, l, m, n, p, t ... – fast alle Buchstaben werden genau so<br />

ausgesprochen wie im Deutschen. Ausnahmen sind nur:<br />

r – wird immer mit der Zungenspitze gerollt.<br />

s – ist immer stimmlos, wie in "Glas",<br />

z – steht international für den stimmhaften "s"-Laut und klingt wie das "s" in<br />

"Glaser".<br />

sh – ist immer stimmlos, wie im Deutschen das "sch" in "Tasche",<br />

zh – dagegen klingt stimmhaft, wie in das "g" in "Etage".<br />

v – klingt, wie in "Vase", immer stimmhaft wie ein deutsches "w".<br />

kh – kennzeichnet international unseren "ch"-Laut, rau wie in "ach" – ausser<br />

<strong>vor</strong> "e" oder "i", da klingt «khe» wie in "Chemie" und «khi» wie in "China".<br />

y – kann in der international üblichen Schreibweise sowohl für den Vokal<br />

"dumpfes i" wie auch für den deutschen Konsonant-Laut "j" stehen. Das ist<br />

missverständlich, darum unterscheiden wir hier genauer: Ist der Vokal gemeint,<br />

schreiben wir «ý» mit Akzent, ist dagegen der "j"-Laut gemeint, schreiben wir<br />

ein einfaches «y»:<br />

ý – wird hier immer als "dumpfes i" gesprochen; genau genommen ist das ein<br />

Doppellaut, der vom "ü" zum "i" gleitet: Das "ü" klingt nur ganz kurz an, das "i"<br />

ist betont:<br />

<strong>Die</strong> russischen Wörter «mý», «tý», «vý» klingen wie "m ü i", "t ü i", "v ü i".<br />

y – wird, wie in "Himalaya", wie ein leichtes "j" ausgesprochen. Wenn es hinter<br />

einem Konsonanten steht, dann verschmilzt es fast mit ihm - bei «nyet» z.B.<br />

klingt das, als wollte man ein «n» und ein «j» gleichzeitig aussprechen, und<br />

heraus kommt ein "nj" – ein "weiches n" mit ganz leicht nachklingendem "j":<br />

«nyet» klingt wie "njet", «tyekst» wie "tjekst" und «Vyera» wie "Vjera".<br />

' – hat in der internationalen Umschrift praktisch dieselbe Funktion – es<br />

erweicht den da<strong>vor</strong>stehenden Konsonanten: «mat'» wird wie "matj"<br />

gesprochen, «tol'ko» wie "toljko, «gulyat'» wie "guljatj" ...<br />

a, e, i, o, u, ý – die Unterstreichung kennzeichnet in mehrsilbigen Wörtern den<br />

betonten Vokal. Er wird im Russischen lang gesprochen und deutlich betont.<br />

<strong>Die</strong> Betonung ist im Russischen sehr wichtig; würde man sie verändern, bekäme


<strong>Die</strong> Betonung ist im Russischen sehr wichtig; würde man sie verändern, bekäme<br />

das ganze Wort eine andere Aussprache und oft auch eine andere Bedeutung!<br />

Insgesamt wird das Russische weiter hinten im Rachen gesprochen als das<br />

Deutsche. Es klingt dadurch dumpfer, weicher, kraftvoller.<br />

Seite 58 von 58<br />

Und das ist überhaupt der Grund, warum wir uns hier so mit der russischen Sprache<br />

abplagen: Das russische Volkslied lebt zu einem wesentlichen Teil aus dem Element<br />

seiner Sprache. Das Russische "klingt" eben anders als das Deutsche, und das<br />

Eigentümliche der russischen Sprache muss "mitklingen" im russischen Lied.<br />

Es gibt schöne, einfühlsame deutsche Nachdichtungen russischer Liedtexte, aber<br />

mit einem deutschen Text ist es kein russisches Lied mehr. Es "klingt" nicht mehr<br />

russisch, und oft geht noch mehr verloren als die Klangfarbe der Sprache:<br />

Kalinka, kalinka, kalinka maja ...<br />

kann man nicht einfach übersetzen und singen<br />

Wacholder, Wacholder, Wacholder mein ...<br />

ohne dem Lied die markante Rhythmik des russischen Textes zu rauben und es<br />

dazu – durch Verpflanzung in einen anderen Kulturkreis, wo Wacholderschnaps<br />

bekannter ist als der Wacholderstrauch – zur Trinkerhymne zu degradieren.<br />

Darum wird hier bewusst keine singbare deutsche Textfassung angeboten, nur eine<br />

wörtliche Übersetzung – schliesslich sollte man wissen, was die Texte bedeuten.<br />

Aber singen muss man ein russisches Lied schon mit seinem russischen Text – und,<br />

wenn man's kann, mit einer <strong>Balalaika</strong> begleiten – nur dann ist es wirklich ein<br />

russisches Lied.<br />

© <strong>Kai</strong> <strong>Kracht</strong> 2002

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