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YEHUDIT SASPORTAS - Galerie EIGEN+ART

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Entwurf dessen, was zur Umsetzung gelangen wird – und<br />

existiere als Manifestation des Miterlebens und der Tatsache,<br />

dass man dabei war. Das Landschaftsbild markiert den Ort,<br />

indem es ihn neu erschafft und an eine andere Stelle verlegt.<br />

Es wird zu einer Erinnerung dieses Miterlebens, der Sekundärerfahrung<br />

einer scheinbar durchlebten Begegnung.<br />

Doch diese Begegnung muss grundsätzlich in Zweifel gezogen<br />

werden. Wie könnte man sicher sein, dass zwischen<br />

dem, was da war, und dem, was gesehen wurde, irgendeine<br />

Korrelation besteht? Zwischen dem, was beobachtet, und<br />

dem, was als Abbild oder Schatten neu artikuliert wurde?<br />

Die darstellerischen Mittel sind wohlweislich begrenzt. Durch<br />

Rahmen und Fenster erreichen sie drei Dimensionen, die<br />

Oberfläche bleibt jedoch ein vereinfachtes Ritual aus farblosen<br />

Linien.<br />

Sogar ausführliche Bezugnahme auf das jeweilige Genre<br />

bietet keine Bezeichnung für Darstellungsformen, die sich<br />

irgendwo zwischen zwei und drei Dimensionen bewegen.<br />

Oder genauer, weiß jenen Raum nicht zu benennen, der<br />

durch eine Reihe vorsätzlich flacher Oberflächen bestimmt<br />

ist, mit der Hand herausgearbeitet, Zentimeter für Zentimeter<br />

über die Oberfläche, jedoch ohne Modulation oder Akzent.<br />

Der Raum kann nur mit der Hand geschaffen worden sein,<br />

und doch geht es keineswegs um sie, zumindest um keine<br />

bestimmte Hand.<br />

(Doch wessen Spuren sind es? In wessen Namen? Welchen<br />

Stil oder welche Absicht verraten sie?)<br />

‹ ‹ ‹<br />

Im Kontakt selbst scheiden sich Berührtes und<br />

Berührendes … 5<br />

Die Schwelle bedeutet keine Abgrenzung oder Trennung,<br />

obgleich sie diesen Anschein vermitteln mag. Sie ist ein<br />

unbestimmter Raum, der den Durchgang von einem Raum in<br />

einen anderen gewährt. Sie ist jedoch kaum ein in den Sand<br />

gezogener Strich oder eine endgültige Ziellinie. Die Schwelle<br />

ist ein Bewusstseinszustand, in dem der Übergang erfolgt<br />

oder nicht erfolgt. Ein Rest von Utopia, von einem scheinbar<br />

neutralen Terrain, wenn man sich einen solchen Ort vorstellen<br />

könnte. Einen Ort, an dem man nicht weiß, wo man war.<br />

Außerdem ist es eine Frage des Glaubens. Des Glaubens<br />

an das Bild, das die Schwelle vor einem errichtet hat. Oder<br />

anders ausgedrückt: Geht es vielleicht um die Aussetzung des<br />

Unglaubens?<br />

Doch selten genug reicht man nah genug heran, dass sich<br />

eine solche Unklarheit ergeben könnte. Man kann sich nicht<br />

sicher sein, ob man die Schwelle überschreiten oder meiden<br />

sollte. Sie ist ein Nicht-Raum oder eine Linie, von der man<br />

aus Gründen der Zweckmäßigkeit, wenn nicht sogar aufgrund<br />

naturgesetzlicher Gegebenheiten, annimmt, dass sie keinerlei<br />

Breite hat. Ein Moment, das Stase oder Punktum trotzt und<br />

sich der Definition oder räumlichen Festlegung widersetzt.<br />

Die Schwelle versetzt einen in fortwährende Bewegung,<br />

bringt einen von einem Raum in den anderen und definiert für<br />

einen Augenblick die Zwischenräume, die man durchquert.<br />

‹ ‹ ‹<br />

Eine Vergangenheit, die ohne Rückgriff auf Erinnerung,<br />

ohne Rückkehr zu Lebendig-Gegenwärtigem artikuliert<br />

– oder „gedacht“ – wird und die sich nicht aus<br />

Darstellungen zusammensetzt … 6<br />

Zu einem anderen Ausblick aus dem Fenster. Oder dem<br />

Blick auf einen Ausblick. Denn es kommt stets darauf an, wie<br />

weit der gewählte Standort von der Szene entfernt ist und was<br />

die Aussicht beim Zurücktreten verstellen mag. Perspektive<br />

beginnt mit der Bestimmung dessen, was aus der Position<br />

des Beobachters beobachtet wird. Hier definiert sich also das<br />

Objekt anhand der Bewegung durch es hindurch. Man bewegt<br />

sich durch diesen Raum und erkundet ihn mithilfe der eigenen<br />

Verkörperung. Und da man so gut wie nie stillsteht, verschiebt<br />

sich die Perspektive unter den eigenen Füßen. Von einem<br />

flüchtigen Blick zum nächsten ist sie nie dieselbe.<br />

Hinausschauen, überschauen, durchschauen. Durch Reflexion<br />

und Schatten wächst die Szene über sich selbst hinaus.<br />

Man weiß nie genau, durch was davon. Doch beides bleibt<br />

von Bedeutung.<br />

London, im Februar 007<br />

Innenseiten-05.indd 55 21.05.2007 0:18:47 Uhr<br />

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