VGC News/Newsletters - Lakes Gliding Club
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Superschiff der 50er<br />
Der Condor IV<br />
Ein Doppelsitzer der Superlative - da denkt heute jeder an die<br />
aus der ASW-22 entwickelte ASH-25, die in ihren Leistungen<br />
mit den besten einsitzigen Segelftugzeugen mithalten kann.<br />
Ganz so neu ist die Idee, aus einem Hochleistungseinsitzer ein<br />
doppelsitziges Wettbewerbsftugzeug zu entwickeln, jedoch<br />
nicht Schon 1951 konstruierte Heini Di ttmar den Condor IV<br />
auf der Basis seines erfolgreichen Vorkriegs-Einsitzers Condor<br />
Ill. Wie gut dieser Condor war, bewies Emst-Giinther Haase<br />
im August 1952, als er mit einem Schnitt von 80,9 kn1Ih ein<br />
1000r Dreieek umrundete. Mit diesem Flug stellteer nkht nur<br />
den ersten deutschen Nachkriegs-Weltrekord in der Dop,pelsitzerklasse,<br />
sondern auch absolut auf. Zusammen mit dem<br />
von Hans Jacobs auf Basis des Weihe-Fltigels entwiekelten<br />
KIallich III mit Stahlrohrrumpf war der Condor IV zu seiner<br />
Zeit wohl das weltbeste in Serie gebaute Segelftugzeug.<br />
Zunachst wurde der Condor IV (his auf zwei Prototypen) beim<br />
Flugzeugbau Schmetz in Herzogenrath bei Aachen und spater<br />
mit vereinfachtem, nicht eingesehniirten Rumpf bei Schleicher<br />
auf dei' W'lsserkuppe in Serie gebaut. Einige weitere Exemplare<br />
des Schleicher-Condors wurden in Argentinien<br />
hergestellt. Nur wenige der vielleicht fiinfzebn hier gebauten<br />
Condore ftiegen heute noch. Beim Segelftug-Oldtimertreffen<br />
'93 im tscheehischen Zbraslavice hatte ich Gelegenheit, einige<br />
Flugeindriicke auf dem von Heini Dittmar selbst gebauten<br />
zweiten Prototypen des Condor IV BGA-2292 von Mike Birch<br />
zu sammeln. Der Konstrukteur baute dieses Exemplar<br />
zunachst speziell als Einsitzer fUr den Agypter Hassan Kamil,<br />
der mit ihm an den Weltmeisterschaften 1952 teilnahm. Heini<br />
Dittmar erprobte mit diesem Condor auch mit c1em<br />
Querruder-Vollausschlag gekoppelte, asymetrisch ausfahrencle<br />
Bremsklappen zur Erhohung c1er Wendigkeit. Diese Idee<br />
wurde in den letzten Jahren von KJaus Holighaus am Nimbus<br />
111 und IV wieder aufgegriffen und perfek,tioniertl Spater<br />
wurde die V-2 auf den Serienstandard gebracht und flog mil<br />
dem Kennzeichen D-8538 lange Zeit in Karlsruhe.<br />
Wer glaubt, Segelftug-Oldtimer seien allesamt Leichtgewichte.<br />
bei denen die Aufriistarbeit ohoe Bandscheibenprobteme<br />
vorgenommen werden kann, wird bei der Montage<br />
des Condor eines Besseren belehrt: Mit einem Leergewicht<br />
von etwa 360 Kilo, von dem gut 100 Kilo in jedem clef eleganten<br />
Knickftiigel wiederzufinden sind, zeigt sich der<br />
Condor heutigen Kunststoff-Doppelsitzern durchaus ebenbiirtig.<br />
(Die Schleicher-Condore waren deutlich leichter.) Im<br />
Laufe der Jahre wurden einige kleine Modi fi kationen, an<br />
diesem Condor vorgenommen. So erhielt er stan der eintei'ligen<br />
Steckhaube mit vielen kleinen Scheil:>chen eine der K-7<br />
vergleichbare, zweiteilige geblasene Klapphaube. Aueh das<br />
Fahrwerk, ursprunglich ein zweiradriges, an der Kufe eingehangtes<br />
Abwurffahrwerk, wurde durch ein festes, in die Kufe<br />
eingebautes Rad ersetzt<br />
Wer einmal eine K-2 (b) geflogen hat, wird sich im<br />
Condor-Cockpit sofort zurechtfinden. Das Condor-CQckpit<br />
wurde flir die beriihmte Schleicher-Schuldoppelsitzerreihe fast<br />
unverandert tibernomrnen. Wie bei diesen F1ugzeugen bilden<br />
auch die Condor-WurzeLrippen "Scheuklappen",. die dem hinten<br />
Sitzenden einige Sichtillloglichkeiten nebmen. Was beim<br />
Condor anders ist, das splirt man spatestens beim Anschleppen:<br />
Das Pendel-Hohenruder rillt relativ weit vorne liegendem Drel1<br />
punkt teilt heim Rollen dureh seine Massentragheit kranige<br />
Seh!age aus und zwingt den Piloten, clen Kniippel krMtig<br />
festzuhalten. Das ist auch im F1ug empfehlenswert, gerade bei<br />
boigem Wetter mochte das Condor-Hohenruder ein beachtliches<br />
Eigelilleben zeigen. Da daff mall sich nicnt von den Kraften<br />
lauschen lassen: In seiner Reaktion allf Steuereingaben<br />
benimmt sich der schwere Doppelsitzer vonig normal unci<br />
prazise! Um es dem Piloten leicht zu machen, hat Besitzer Mike<br />
Birch seinem Condor groBe, handfreundliche Edelholz-Knlippelgriffe<br />
spendiert, bei denen nicht nur das F1iegen, sondern<br />
auch das Ansehen und Anfassen SpaB macht. Der BGA-2292<br />
hat tibrigens noch die Gabelseil-Seitenwand- Schleppkupplung<br />
- im F-Schlepp merkt man keinen Unterschied ZlI den heute<br />
iiblichen Kupplungen, wahrend der Windenstart dank der schwerpunktnahen<br />
Fesselung sehr angenehm und ohne Aufbaumneigung<br />
aussteuerbar ist.<br />
Im freien Flug zeigt der Condor liberraschende Qualitaten:<br />
DaB ein so schwerer Segler gut gleitet, ist gut vorstellbar. Aber<br />
daB er sich mit 65 bis 70 Stundenkilometern so angenehm und<br />
effektiv in der Thermik kurbeln laBt, daB man die meisten<br />
anderen Segelflugzeuge problemlos abhangt, damit hatte ieh<br />
nieht gerechnet! Eine gute Ruderwirkung, kombiniert mit<br />
einer hervorragenden Abstimmung erlaubt eine effektive Ausnutzung<br />
der guten F1ugleistungen des Condor, wenn man sich<br />
einmal an die ungewohnlichen Hohenruderkrafte gewohnt hat.<br />
Selbst bei unglinstigen Wetterlagen und starkem Wind verlockt<br />
der gut vierzig Jahre alte Doppelsitzer noeh heute zum Uberlandfliegen!<br />
Im Langsamflug benimmt sich der Condor ein<br />
wenig anders als die heute liblichen Doppelsitzer: Nachdem<br />
um 60 KmIh Fahrtmesseranzeige die Ruder extrem weich<br />
werden, will er beim weiteren Uberziehen eindeutig iiber den<br />
Fliigel abkippen. Dies ist allerdings weiter nicht schlimm,<br />
denn soba!d das Hohenruder zUriiekgenonunen und Gegenseitenruder<br />
getmten wh'd, stoppt die beginnende Drehung sofort<br />
und ohne nennenswerten Hohenverlust.<br />
Bei der Landung beeindrucken die Schempp-Hirth-Bremsklappen<br />
auf F1ligelober und Unterseite nicht nur durch ihre<br />
gute Wirkung. Auch die Krafte, mit denen sie sich heraussaugen<br />
wollen, sind mit "barig" recht gut beschrieben. Der<br />
Slip ist ebenfalls sehr wirksam. Die bei Schmetz hergestellten<br />
Condor IV, wie der jetzt in WipperfUrth beheimatete D-5000,<br />
hatten noch DFS-Bremsklappen mit schwacherer Wirkung<br />
und angenehmeren Betatigungskraften.<br />
"Bei so guten Leistungen fragt man sich, wieso nur so<br />
wenige Condor IV gebaut wurden. Nun, der Bauaufwand des<br />
18-Meter-Knickfliigels war sehr hoch, und die Finanzmittel<br />
der Vereine Anfang der 50er Jahre noch recht gering. So<br />
entschloB man sich bei Schleicher zu Entwicklung eiIlles<br />
weseliltlich vereinfachten, preisgiinstigeren <strong>Club</strong>-LeistLingsdoppelsitzers,<br />
der K-2. Der fUr den Condor bereits vereil1<br />
fachte, nicbt eingeschniirte Rumpf wurde hierfiir weitgehend<br />
iibernommen, das Pendel-Hohenruder durch ein Gedampftes<br />
ersetzt. Hue Nachfolger K-2b, K-7 und ASK-13 beherrsehten<br />
bis in die 80er Jahre die Vereinsflugzeugparks. Zudem gibt es<br />
seil 1956 keine Doppelsitzerklasse mehr auf den Segelflugweltmeisterschaften<br />
(das doppelsitzige Fliegen bei Meisterschaften<br />
in der Offenen Klasse wurde erst klirilich zugelassen),<br />
ein wichtiger Anreiz fUr den Kauf von Hoehleistungsdoppelsitzern<br />
war weggefallen. Heute zahlen die von ihren<br />
Besitzem liebevoll gepflegten und restaurierten Condore mit<br />
ihrem eleganten FIugbild zu den beliebtesten Oldtimern.<br />
Jochen Ewal (with kind permission of Fliegermagazin)<br />
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