12 Reisebericht<strong>samara</strong>.<strong>de</strong>Mein Aufenthalt in SamaraIn Deutschland war man sicheinig: „Einen so eisig kalten Winter,wie wir ihn in diesem Jahr imansonsten eher verregneten Deutschlan<strong>de</strong>rleben, gibt es doch eigentlichnur in Russland!“ Falsch gedacht!Ein Winter in Deutschland ist inkeiner Weise vergleichbar mit einemWinter in Russland, <strong>de</strong>nn die hiervorherrschen<strong>de</strong>n - 30Grad Celsiuslagen auch jenseits meiner bisherigenVorstellungskraft. DieseErkenntnis bleibt mir, einer Stu<strong>de</strong>ntinaus Deutschland, die ansonstennur das mil<strong>de</strong> nord<strong>de</strong>utsche Klimagewöhnt ist, nach einem zweiwöchigenAufenthalt in <strong>de</strong>r beeindrucken<strong>de</strong>nWolgastadt Samara. Mit einemlangen, warmen Petzmantel, wie erbei <strong>de</strong>n Frauen hier Gang und Gebeist, wären mir beim Erkundungsspaziergangdurch die InnenstadtSamaras höchstwahrscheinlich auchnicht die Wimpern eingefroren; eine<strong>de</strong>r wenigen Erfahrungen, auf dieich hier in Russland gerne hätteverzichten können. Ansonstenhinterließen Land und Leute einenausschließlich positiven Eindruckbei mir. Beson<strong>de</strong>rs beeindruckt warich, wie wahrscheinlich auch je<strong>de</strong>ran<strong>de</strong>re Besucher von weiter her, von<strong>de</strong>r zugefrorenen Wolga mit ihrenvereinzelten „Ba<strong>de</strong>stellen“. Wie manallerdings bei -30C in die Wolgaspringen kann, bleibt mir nach wievor unverständlich. Mit Bus undStraßenbahn ging es dann beistrahlen<strong>de</strong>m Sonnenschein zurUniversität, ins Einkaufszentrum, indie Innenstadt, zu einem Aussichtspunktüber <strong>de</strong>r Wolga und zu vielenweiteren schönen und interessantenOrten und Plätzen. Hierbei zeigtesich die Unentbehrlichkeit meinerGastgeberin und Freundin Kristina,<strong>de</strong>ren Einladung ich gerne gefolgtbin, sie einmal während ihresneunmonatigen Aufenthalts inSamara zu besuchen. Bei je<strong>de</strong>mGang aus <strong>de</strong>m Haus musste sie mirallerdings mit Rat und Tat zur Seitestehen, da ich mich aufgrund <strong>de</strong>rfehlen<strong>de</strong>n Kenntnisse in <strong>de</strong>rrussischen Sprache und <strong>de</strong>r überallvorzufin<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n kyrillischen Schriftzeichennicht einmal im Stan<strong>de</strong> sah,das Damen WC vom Herren WC zuunterschei<strong>de</strong>n. Trotz <strong>de</strong>r zugegebenermaßengroßen Sprachschwierigkeitenfühlte ich mich in Samarasehr gut aufgenommen, wie u.a.auch <strong>de</strong>r Besuch bei einer sehr netteneinheimischen Familie zeigte,die uns mit köstlichem, typischrussischem Essen verwöhnte. Einweiteres, unvergessliches Highlightstellte <strong>de</strong>r, von Kristina organisierteWochenendtrip nach Moskau dar.Alles in allem bleibt mir nur zusagen, dass mein Aufenthalt inSamara ein tolles, beeindrucken<strong>de</strong>sErlebnis für mich darstellte, an dasich mich auch zukünftig gernezurück erinnern wer<strong>de</strong>. Beson<strong>de</strong>rerDank gilt meine Gastgeberin undFreundin Kristina, die mir diesenunvergesslichen Aufenthalt so wun<strong>de</strong>rvollgestaltete. Am En<strong>de</strong> bleibtnur sagen: Samara ist auf je<strong>de</strong>n Falleine Reise wert!Vanessa Mielke
Mai <strong>2010</strong>Reisebericht13Schon zum fünften Mal veranstaltete Prof.Gerhard Plumpe im Rahmen <strong>de</strong>r Partnerbeziehungenzwischen <strong>de</strong>r StaatlichenUniversität Samara und <strong>de</strong>r Ruhr-Universität Bochum einen Essaywettbewerbfür Stu<strong>de</strong>nten aus Samara und Togliatti.Wir sind 5 Stu<strong>de</strong>ntinnen, die ein Stipendiumfür einen zweimonatigen Aufenthaltan <strong>de</strong>r Ruhr-Universität Bochum gewonnenhaben.Hurra!!!Endlich sind wir in Deutschland. Glücklichgehen wir zur Gepäckrückgabe, abernach einer Weile verän<strong>de</strong>rt sich unsereLaune, da drei von uns ihre Koffer nichtbekommen! Ratlos gehen wir in <strong>de</strong>n Wartesaal<strong>de</strong>s Flughafens, und die einzigeliebe Person, die uns begrüßt und anlächelt,ist Marina Agronomowa. Sie begleitetuns bis zur Ruhr-Universität undstellt uns Professor Gerhard Plumpe vor.Ein italienischer AbendAm Abend erreichten wir endlich das„Papageienhaus“, das Stu<strong>de</strong>ntenwohnheim(es wird so genannt, weil es gelbgrün-weißgestrichen ist). Wir waren sehrhungrig und mü<strong>de</strong> (bis zum To<strong>de</strong>). Wirtrafen uns in <strong>de</strong>r Küche und verstan<strong>de</strong>n,dass wir kein Geschirr hatten! Deshalbbeschlossen wir, in <strong>de</strong>r Pizzeria, die in <strong>de</strong>rNähe liegt, zu essen… Oh-oh-oh…DiePortionen waren so groß, dass das Problemmit <strong>de</strong>m Essen für zwei Tage gelöstwar.Unser Multi-Kulti-Papageien-HausWozu sind wir eigentlich nach Deutschlandgekommen? Natürlich um die <strong>de</strong>utscheSprache zu verbessern und die <strong>de</strong>utscheKultur kennen zu lernen. Bald aberstellte es sich heraus: Echte <strong>de</strong>utscheKultur muss zuerst gesucht wer<strong>de</strong>n - eswar schwer dort einen Deutschen zu fin<strong>de</strong>n.Unser Stu<strong>de</strong>ntenhaus stellte einewun<strong>de</strong>rbare Mischung von Kulturen <strong>de</strong>rganzen Welt dar. Da wohnten junge Leuteaus Afrika und Lateinamerika, aus Indienund <strong>de</strong>r Ukraine, aus China, Japan, Polenund aus vielen an<strong>de</strong>ren Län<strong>de</strong>rn. Obwohldie Traditionen und Lebensstile in allenLän<strong>de</strong>rn so verschie<strong>de</strong>n sind, gibt es et-Deutschland, Tschüüüüüss!!!Einige Augenblicke <strong>de</strong>s Glücks…was, was für alle Kulturen typisch ist:Toleranz, Freundlichkeit, Rücksicht undHilfsbereitschaft. So beherbergt ein einfachesneunstöckiges Gebäu<strong>de</strong> vielfältigeKulturen, Sitten und Traditionen.Die besten Köchinnen <strong>de</strong>r WeltDas erste Gericht war bei uns in einemfrem<strong>de</strong>n Topf zubereiteter Tee. Dannaber, als wir uns schon richtig eingewöhnthatten, fingen wir an, verschie<strong>de</strong>ne russischeSpezialitäten zuzubereiten. UnsereMitbewohner beobachteten uns mit großemInteresse. Mittags aßen wir manchmalin <strong>de</strong>r Mensa. Die Menüs waren vielfältigund die Gerichte lecker.Geheimnisvolles BücherlabyrinthIm Gegensatz zu unserer Bibliothek, wo<strong>de</strong>r Bibliothekar alles für dich sucht,musst du in einer <strong>de</strong>utschen Bibliothekalle notwendigen Bücher selbst fin<strong>de</strong>n.Dazu brauchst du die Signatur, die du ineinem Katalog fin<strong>de</strong>st. Allmählich fan<strong>de</strong>nwir uns in <strong>de</strong>r Bibliothek zurecht. DieSignaturen waren wie Meridiane in diesemmystischen Bücherlabyrinth.Der erste SpaziergangAn einem Morgen kamen wir zur U-Bahn-Haltestelle und warfen wie gewöhnlichunsere Blicke auf die Leuchttafel…Oho!!! „Kein Fahrangebot. Warnstreik“.Und so ent<strong>de</strong>ckten wir einen schönenFußweg zur Uni.Festzug „Kulturschock“Am Rosenmontag fuhren wir nach Kölnzum Karneval. Die ersten Bekanntschaftenmachten wir schon im Zug: Der Zugwar übervoll mit jungen, bunten, schreien<strong>de</strong>nund singen<strong>de</strong>n Jungen und Mädchen.Das war ein richtiges Chaos. Der Karnevalselbst war toll: Ein kilometerlangerFestzug fuhr durch die Straßen <strong>de</strong>r Stadt,die Karnevalteilnehmer warfen Sträußchen,Bonbons und Spielzeuge in die Zuschauermengen.Lustiges und freundlichesAmbiente war überall zu spüren.KulturlebenVon allen Museen, die wir besuchten,gefielen uns drei am besten: Das ersteMuseum war das Deutsche Bergbaumuseumin Bochum. Dort besichtigten wir einMo<strong>de</strong>ll einer Kohlengrube. Einige vonuns versuchten sogar zu bohren. Es warschrecklich!In Düsseldorf waren wir im Filmmuseum.Das war eine ziemlich ungewöhnlicheErfahrung, weil es bei uns so etwas nichtgibt.In München beeindruckte uns beson<strong>de</strong>rsdas Spielzeugmuseum: Die Geschichte<strong>de</strong>r Puppenherstellung auf vier Etagen.Wenig – Platz – ÜberraschungWir fuhren nach München mit <strong>de</strong>r Bahn.Das war ein echtes Abenteuer. Wir musstenzwei Mal in <strong>de</strong>r Nacht umsteigen. Ineinem Zug reservierten wir Liegeplätze.Wir waren so froh darüber, dass wir dieMöglichkeit hatten 5 Stun<strong>de</strong>n zu schlafen.Aber als wir unsere Plätze sahen, wur<strong>de</strong>unser Glück zur Enttäuschung: 6 Liegeplätzein EINEM Abteil, dazu noch engerals in russischen Zügen. Essen, trinken,sich ausziehen, schlafen schien unmöglichin diesem Abteil.München : WintermärchenUnser Traum ging endlich in Erfüllung.Um 7 Uhr kamen wir im Münchener Hbfan. Der erste sehenswerte Ort war dieTheresienwiese mit <strong>de</strong>m großen Bavaria<strong>de</strong>nkmal.Marienplatz, Rathaus,Frauenkirche, Alter Peter Turm, Hofbräuhaus(ohne Bier zu trinken!), EnglischerGarten, Chinesischer Turm ... Das war nurunser erster Tag. Und am zweiten ... dasmärchenhafte Schloss „Neuschwanstein“.Die verschneiten Alpen, frische Luft, unberührteNatur und dieses Bauwerk: Diewun<strong>de</strong>rschöne Schöpfung <strong>de</strong>s verrücktenKönigs Ludwig II.Das alles wur<strong>de</strong> nur mit Hilfe von HerrnProf. Gerhard Plumpe möglich.Letzte WorteWir haben in diesen zwei Monaten vielerfahren und überlebten. Es gab gute undweniger gute Sachen. Und jetzt sagen wir„Tschüss, Deutschland! Wir hoffen aufein weiteres Treffen mit dir!“Prof. Dr. Plumpe mitAnna Golygina, Elena Sokolova,Elena Schimotschkina, Jekaterina Prochodzewaund Tatjana Ber